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Materialien zur Dacheindeckung - Restaurator im Handwerk eV

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heike notz Und BJörn toelStede<br />

Diese Geräusche waren uns fremd, was wird das?<br />

Als wir uns bei schönem Wetter <strong>im</strong> Sommer 2004<br />

in einem beschaulichen Ort <strong>im</strong> Weserbergland in einer<br />

Eisdiele eine Pause gönnten, konnten wir dabei einer<br />

örtlichen Z<strong>im</strong>merei bei Sanierungsmaßnahmen an einem<br />

Giebel zuschauen. Begleitet wurde die Maßnahme<br />

durch die Dorferneuerung, Förderung für die ländliche<br />

Orts- und Regionalentwicklung, wie wir aus eigener Erfahrung<br />

in diesem Dorf wissen. Dann wurden wir stutzig:<br />

zwei, drei Hammerschläge, und dann wieder Zuschnitt<br />

... diese Geräusche waren uns fremd, was wird<br />

das? Wir guckten genauer: Eichenkanthölzer wurden<br />

stumpf abgeschnitten und nur mit unterseitigen Eisenwinkeln<br />

befestigt. Wir waren baff, wußten aber nicht<br />

wie und ob wir uns da einmischen sollten und dürfen.<br />

Später sahen wir dann noch das Ergebnis der Maurerfirma.<br />

Sie mauerten fassadenbündig aus und nagelten Bretter<br />

auf die Fachwerkbalken, damit sie eine „Schablone“<br />

zum Abziehen des Putzes hatten. Das Wasser konnte<br />

direkt in den so entstandenen Kissenputz laufen und die<br />

Hölzer dauerhaft feucht halten.<br />

Und so wollte es der Zufall, dass die Bauherren 2005<br />

auf uns zukamen und wir die Arbeiten an ihrem Haus<br />

übernahmen. Nach etlichen anderen Aufträgen an dem<br />

Gebäude ging es dann <strong>im</strong> Jahre 2010 erneut an eben<br />

diesen Giebel, weil die Ausfachungen heraus zu kippen<br />

drohten.<br />

Es handelt sich um eine für die Region noch bis in<br />

das 18 Jahrundert typische Firstständerbauweise. Dabei<br />

reicht ein mittig in der Giebelseite angeordneter Ständer<br />

(Spitzsäule) von der Grundschwelle bis in den First,<br />

an welche von beiden Seiten die Sparren angeschlossen<br />

sind. Die gegenüberliegenden Giebel werden durch<br />

längs verlaufende Unterzüge miteinander verbunden und<br />

in der Regel durch Kopfbänder oder Streben mit langen<br />

Schwalbenschwanzblättern unterstützt. Ungewöhnlich<br />

daran ist, dass diese Bauweise schon als überholt galt<br />

und neuere Bauweisen <strong>im</strong> Fachwerkbau Einzug hielten,<br />

in der Holzmindener Gegend jedoch noch wesentlich<br />

länger an der eher mittelalterlichen Konstruktion festgehalten<br />

wurde. Es gilt die Gesamtkonstruktion eines<br />

historischen Gebäudes zu verstehen. Dann wären derart<br />

gravierende Fehler nicht passiert.<br />

Zunächst wurde der ganze Giebel erneuert − war das<br />

nötig? Dabei verblieb von der Spitzsäule nur noch das<br />

oberste Stück (ca. 1,2 m), eine vernünftige Verbindung<br />

zu dem neuen Holz wurde nicht hergestellt. Die Fachwerkschwelle<br />

wurde stumpf eingesetzt ohne eine Anbindung<br />

an die Seitenwände. Statisch ebenfalls wichtige<br />

Innenwände wurden nicht mit dem Giebel verbunden.<br />

Der gesamte Giebel fing an, sich nach außen zu beulen.<br />

Dies wiederum beförderte das Verdrehen der nur unterseitig<br />

mit Winkeln angebrachten Riegel. Die Gefache<br />

aus Hochlochziegeln, Zement-Kissenputz und deren<br />

Abdichtung zum Holz mit Acryl lösten sich. Nuten oder<br />

Dreiecksleisten zum Halten der Gefache gab es nicht.<br />

Das Holz muss be<strong>im</strong> Einbau doch recht feucht gewesen<br />

sein, da die klaffenden Verbindungen zwischen Riegeln<br />

und Ständern bis zu 2 cm betrugen. Durch den mittlerweile<br />

ausbeulenden Giebel zeigten sich bereits Riss-<br />

Das schlechte Beispiel<br />

bildungen an den Innenwänden. Und<br />

was bei den Abrissarbeiten fast zu einem<br />

Unfall führte, war die Tatsache,<br />

dass ganz kleine Riegel überhaupt<br />

nicht mehr befestigt wurden, da hier<br />

wahrscheinlich eine Kollision der<br />

Winkel zu Komplikationen führte.<br />

Sie wurden einfach mit eingemauert.<br />

Dass die Fenster in diesem Fachwerkhaus<br />

mit Metallrahmendübeln<br />

befestigt und mit PU-Schaum ausgespritzt<br />

waren und dass die Innendämmung<br />

mit Mineralwolle und<br />

Gipsplatte mehr schlecht als recht<br />

hergestellt war, verwunderte uns<br />

dann auch nicht mehr.<br />

Das Fazit daraus war, dass der gesamte<br />

Giebel nochmals überarbeitet<br />

werden musste. Um nicht noch einmal<br />

komplett neues Holz verwenden<br />

zu müssen, wurden die Fachwerkhölzer<br />

jetzt mit zweiseitigen Dollen (Eichenholzdübeln)<br />

verbunden. Lehmsteine<br />

wurden mit Dreiecksleisten in<br />

die Gefache gemauert, ein Sumpfkalkputz<br />

aufgebracht und das Wichtigste<br />

war, der Giebel wurde an die<br />

Gesamtkonstruktion angeschlossen.<br />

Innenseitig wurden Holzweichfaserplatten<br />

in Lehm gesetzt und verputzt.<br />

Die Bauherren haben das doppelte<br />

an Zeit und Geld in den Giebel gesteckt<br />

(wobei es erstaunlich ist, dass<br />

die vorherige Maßnahme ungefähr<br />

genauso teuer war wie unsere). Nun<br />

wurde eine Menge Geld ausgegeben,<br />

welches für andere ebenfalls nötige<br />

Baumaßnahmen an dem Haus momentan<br />

fehlt und somit die Bauzeit<br />

erheblich verlängert. Da die damalige<br />

Z<strong>im</strong>merei in Insolvenz gegangen ist,<br />

konnten keine Ansprüche mehr geltend<br />

gemacht werden.<br />

Anzeige<br />

Heike Notz und Björn Toelstede<br />

sind Inhaber der Z<strong>im</strong>merei Lenne Bau<br />

GmbH.<br />

E-Mail: LenneBauGmbH@t-online.de<br />

<strong>Restaurator</strong> <strong>im</strong> <strong>Handwerk</strong> – Ausgabe 1/2011 67

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