Materialien zur Dacheindeckung - Restaurator im Handwerk eV
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Kolumne<br />
rainer W. leonhardt<br />
Nachhaltigkeit<br />
Notwendigkeit oder Marketinginstrument?<br />
Im redaktionellen Teil einer großer deutschen Bauzeitung<br />
tauchte in einer der letzten Ausgaben 23 Mal der<br />
Begriff Nachhaltigkeit auf. Nachhaltigkeit ist das Modewort<br />
der letzten Jahre. Es gibt nachhaltige Steuerpolitik,<br />
Verkehrspolitik, Gesundheitspolitik, Wirtschaftspolitik,<br />
Baupolitik. Es gibt soziale Nachhaltigkeit, Nachhaltigkeitsstrategien<br />
und sogar einen Deutschen Nachhaltigkeitspreis.<br />
Der ursprüngliche Wortsinn entstammt der Forstwirtschaft,<br />
als Idee erstmals 1560 formuliert in der kursächsischen<br />
Forstordnung: „.....daß den Untertanen und<br />
Bergwerken, soviel möglichen und die Gehölze ertragen<br />
können, eine währende Hilfe, auch eine unseren Ämtern<br />
eine vor und vor bleibende und beharrliche Nutzung<br />
bleiben möge.“ Der Begriff selbst kommt <strong>im</strong> 18. Jahrhundert<br />
auf, als von der „nachhaltenden Nutzung“ der<br />
Wälder geschrieben wird. „Nachhaltigkeit der Nutzung“<br />
bezeichnet also zunächst die Bewirtschaftungsweise<br />
eines Waldes, bei welcher <strong>im</strong>mer nur so viel Holz entnommen<br />
wird, wie nachwachsen kann, sodass der Wald<br />
nie <strong>zur</strong> Gänze abgeholzt wird, sondern sich <strong>im</strong>mer wieder<br />
regenerieren kann. (Quelle: http://de.wikipedia.org/<br />
wiki/Nachhaltigkeit; 10.02.2011)<br />
Die Wirtschaft und allen voran die Bauindustrie<br />
haben sich aber heutzutage diesen Begriff zu eigen gemacht<br />
und setzen ihn gezielt für ihre Werbekampagnen<br />
ein, ohne den ursprünglichen Anspruch <strong>im</strong> Mindesten<br />
einzuhalten.<br />
Was bedeutet dieser Begriff heute?<br />
• Sorgsam mit den Ressourcen umgehen, vor allem mit<br />
den <strong>Materialien</strong>, die der Menschheit nur begrenzt <strong>zur</strong><br />
Verfügung stehen;<br />
• an kommende Generationen denken sowohl hinsichtlich<br />
des Ressourcenverbrauchs wie auch der möglichen<br />
Belastung durch den verursachten Abfall;<br />
• Reparaturfähigkeit der verwendeten <strong>Materialien</strong>.<br />
Anzeige<br />
<strong>Restaurator</strong> <strong>im</strong> <strong>Handwerk</strong> – Ausgabe 1/2011<br />
Die heute angebotenen Produkte der Bauindustrie:<br />
• Hergestellt aus Grundmaterialien, die nur begrenzt<br />
<strong>zur</strong> Verfügung stehen, obwohl es Altmaterialien oder<br />
Alternativen aus nachwachsenden Rohstoffen gibt;<br />
• <strong>Materialien</strong>, deren Produktionsorte tausende Kilometer<br />
entfernt vom Verwendungsplatz liegen und so<br />
entsprechende Transportenergien und -kosten mit sich<br />
bringen, obwohl vieles vor der eigenen Haustür wächst<br />
oder produziert werden kann;<br />
• Baumaterialien, die nicht zu reparieren sind oder deren<br />
Wegwerf-Charakter Programm ist;<br />
• Baumaterialien, deren Entsorgung in den meisten Fällen<br />
nur mit Einsatz von erheblichen Energiemengen<br />
möglich ist oder die als Sondermüll enden.<br />
Dazu drei Fragen für den Sanierungsbereich:<br />
• Wenn ein guter Teil der heute notwendigen Restaurierungsmaßnahmen<br />
nicht aus dem der Zeit geschuldeten<br />
Verfall der historischen <strong>Materialien</strong> resultiert, sondern<br />
sich mit der „Restaurierung der Restaurierung“<br />
beschäftigt, also mit Schäden, die durch Maßnahmen<br />
mit nach dem Kriege industriell gefertigten <strong>Materialien</strong><br />
herbeigeführt wurden und die nach relativ kurzen<br />
Zeiträumen neue Schäden verursacht haben, warum<br />
hat nicht längst ein viel umfassenderes Umdenken<br />
Platz gegiffen?<br />
• Warum geben uns viele sogenannte „moderne“ Baustoffe<br />
bei ihrer Entsorgung so viele Probleme auf?<br />
• Warum werden <strong>zur</strong>zeit so viele in den 60er, 70er und<br />
80er Jahren des 20. Jahrhunderts errichtete Gebäude<br />
nicht allein aus ästhetischen Gründen abgerissen, ist<br />
der überwiegende Teil der verwendeten Baumaterialien<br />
nicht zu reparieren?<br />
Den Qualitäten historischer Baumaterialien, sowohl ihren<br />
bauphysikalischen als auch den ästhetischen Eigenschaften,<br />
werden nicht nur keine Beachtung geschenkt,<br />
sondern sie werden gezielt diffamiert. Ein 120 Jahre altes,<br />
aber über Jahrzehnte nicht gewartetes und gepflegtes<br />
Kastendoppelfenster wird zu Schrott erklärt und in der<br />
Regel durch ein Plastikfenster ersetzt, einem Fenstertyp,<br />
dem man vor ca. 40 Jahren unbegrenzte Lebensdauer<br />
und keinerlei Pflegeaufwand bescheinigte. Dabei<br />
musste schon in den 90er Jahren in Thüringen, natürlich<br />
unter Verwendung von Steuermitteln, ein Werk mit angeschlossenem<br />
Labor gebaut werden, um die Recyclefähigkeit<br />
von Plastikfenstern zu untersuchen, weil so viele<br />
wieder ausgebaut werden mussten.<br />
Mittlerweile ist innerhalb von ca. 40 Jahren die 5.<br />
Generation von Plastikfenstern auf dem Markt, aber sie<br />
sind nach wie vor nicht besser als ein solide gefertigtes<br />
Holzfenster. Niemand käme auf die Idee, einen alten<br />
Da<strong>im</strong>ler Benz, der in den letzten Jahren nicht gepflegt<br />
wurde, als ein schlechtes Auto zu bezeichnen. Im Baubereich<br />
dagegen findet die Geringschätzung der alten<br />
Baumaterialien täglich statt, ein Blick in die Schuttcontainer<br />
auf Sanierungsbaustellen spricht da Bände.<br />
Auch in der Restaurierung ist man aus Schaden nicht<br />
unbedingt klug geworden. Jedem <strong>Restaurator</strong>, der eine in<br />
den letzten Jahrzehnten durchgeführte Restaurierungsmaßnahme<br />
erneut zu bearbeiten hat und der dabei auf<br />
<strong>Materialien</strong> stößt, die weder die Langlebigkeit noch die