09.11.2012 Aufrufe

Materialien zur Dacheindeckung - Restaurator im Handwerk eV

Materialien zur Dacheindeckung - Restaurator im Handwerk eV

Materialien zur Dacheindeckung - Restaurator im Handwerk eV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

64<br />

Kolumne<br />

rainer W. leonhardt<br />

Nachhaltigkeit<br />

Notwendigkeit oder Marketinginstrument?<br />

Im redaktionellen Teil einer großer deutschen Bauzeitung<br />

tauchte in einer der letzten Ausgaben 23 Mal der<br />

Begriff Nachhaltigkeit auf. Nachhaltigkeit ist das Modewort<br />

der letzten Jahre. Es gibt nachhaltige Steuerpolitik,<br />

Verkehrspolitik, Gesundheitspolitik, Wirtschaftspolitik,<br />

Baupolitik. Es gibt soziale Nachhaltigkeit, Nachhaltigkeitsstrategien<br />

und sogar einen Deutschen Nachhaltigkeitspreis.<br />

Der ursprüngliche Wortsinn entstammt der Forstwirtschaft,<br />

als Idee erstmals 1560 formuliert in der kursächsischen<br />

Forstordnung: „.....daß den Untertanen und<br />

Bergwerken, soviel möglichen und die Gehölze ertragen<br />

können, eine währende Hilfe, auch eine unseren Ämtern<br />

eine vor und vor bleibende und beharrliche Nutzung<br />

bleiben möge.“ Der Begriff selbst kommt <strong>im</strong> 18. Jahrhundert<br />

auf, als von der „nachhaltenden Nutzung“ der<br />

Wälder geschrieben wird. „Nachhaltigkeit der Nutzung“<br />

bezeichnet also zunächst die Bewirtschaftungsweise<br />

eines Waldes, bei welcher <strong>im</strong>mer nur so viel Holz entnommen<br />

wird, wie nachwachsen kann, sodass der Wald<br />

nie <strong>zur</strong> Gänze abgeholzt wird, sondern sich <strong>im</strong>mer wieder<br />

regenerieren kann. (Quelle: http://de.wikipedia.org/<br />

wiki/Nachhaltigkeit; 10.02.2011)<br />

Die Wirtschaft und allen voran die Bauindustrie<br />

haben sich aber heutzutage diesen Begriff zu eigen gemacht<br />

und setzen ihn gezielt für ihre Werbekampagnen<br />

ein, ohne den ursprünglichen Anspruch <strong>im</strong> Mindesten<br />

einzuhalten.<br />

Was bedeutet dieser Begriff heute?<br />

• Sorgsam mit den Ressourcen umgehen, vor allem mit<br />

den <strong>Materialien</strong>, die der Menschheit nur begrenzt <strong>zur</strong><br />

Verfügung stehen;<br />

• an kommende Generationen denken sowohl hinsichtlich<br />

des Ressourcenverbrauchs wie auch der möglichen<br />

Belastung durch den verursachten Abfall;<br />

• Reparaturfähigkeit der verwendeten <strong>Materialien</strong>.<br />

Anzeige<br />

<strong>Restaurator</strong> <strong>im</strong> <strong>Handwerk</strong> – Ausgabe 1/2011<br />

Die heute angebotenen Produkte der Bauindustrie:<br />

• Hergestellt aus Grundmaterialien, die nur begrenzt<br />

<strong>zur</strong> Verfügung stehen, obwohl es Altmaterialien oder<br />

Alternativen aus nachwachsenden Rohstoffen gibt;<br />

• <strong>Materialien</strong>, deren Produktionsorte tausende Kilometer<br />

entfernt vom Verwendungsplatz liegen und so<br />

entsprechende Transportenergien und -kosten mit sich<br />

bringen, obwohl vieles vor der eigenen Haustür wächst<br />

oder produziert werden kann;<br />

• Baumaterialien, die nicht zu reparieren sind oder deren<br />

Wegwerf-Charakter Programm ist;<br />

• Baumaterialien, deren Entsorgung in den meisten Fällen<br />

nur mit Einsatz von erheblichen Energiemengen<br />

möglich ist oder die als Sondermüll enden.<br />

Dazu drei Fragen für den Sanierungsbereich:<br />

• Wenn ein guter Teil der heute notwendigen Restaurierungsmaßnahmen<br />

nicht aus dem der Zeit geschuldeten<br />

Verfall der historischen <strong>Materialien</strong> resultiert, sondern<br />

sich mit der „Restaurierung der Restaurierung“<br />

beschäftigt, also mit Schäden, die durch Maßnahmen<br />

mit nach dem Kriege industriell gefertigten <strong>Materialien</strong><br />

herbeigeführt wurden und die nach relativ kurzen<br />

Zeiträumen neue Schäden verursacht haben, warum<br />

hat nicht längst ein viel umfassenderes Umdenken<br />

Platz gegiffen?<br />

• Warum geben uns viele sogenannte „moderne“ Baustoffe<br />

bei ihrer Entsorgung so viele Probleme auf?<br />

• Warum werden <strong>zur</strong>zeit so viele in den 60er, 70er und<br />

80er Jahren des 20. Jahrhunderts errichtete Gebäude<br />

nicht allein aus ästhetischen Gründen abgerissen, ist<br />

der überwiegende Teil der verwendeten Baumaterialien<br />

nicht zu reparieren?<br />

Den Qualitäten historischer Baumaterialien, sowohl ihren<br />

bauphysikalischen als auch den ästhetischen Eigenschaften,<br />

werden nicht nur keine Beachtung geschenkt,<br />

sondern sie werden gezielt diffamiert. Ein 120 Jahre altes,<br />

aber über Jahrzehnte nicht gewartetes und gepflegtes<br />

Kastendoppelfenster wird zu Schrott erklärt und in der<br />

Regel durch ein Plastikfenster ersetzt, einem Fenstertyp,<br />

dem man vor ca. 40 Jahren unbegrenzte Lebensdauer<br />

und keinerlei Pflegeaufwand bescheinigte. Dabei<br />

musste schon in den 90er Jahren in Thüringen, natürlich<br />

unter Verwendung von Steuermitteln, ein Werk mit angeschlossenem<br />

Labor gebaut werden, um die Recyclefähigkeit<br />

von Plastikfenstern zu untersuchen, weil so viele<br />

wieder ausgebaut werden mussten.<br />

Mittlerweile ist innerhalb von ca. 40 Jahren die 5.<br />

Generation von Plastikfenstern auf dem Markt, aber sie<br />

sind nach wie vor nicht besser als ein solide gefertigtes<br />

Holzfenster. Niemand käme auf die Idee, einen alten<br />

Da<strong>im</strong>ler Benz, der in den letzten Jahren nicht gepflegt<br />

wurde, als ein schlechtes Auto zu bezeichnen. Im Baubereich<br />

dagegen findet die Geringschätzung der alten<br />

Baumaterialien täglich statt, ein Blick in die Schuttcontainer<br />

auf Sanierungsbaustellen spricht da Bände.<br />

Auch in der Restaurierung ist man aus Schaden nicht<br />

unbedingt klug geworden. Jedem <strong>Restaurator</strong>, der eine in<br />

den letzten Jahrzehnten durchgeführte Restaurierungsmaßnahme<br />

erneut zu bearbeiten hat und der dabei auf<br />

<strong>Materialien</strong> stößt, die weder die Langlebigkeit noch die

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!