Materialien zur Dacheindeckung - Restaurator im Handwerk eV
Materialien zur Dacheindeckung - Restaurator im Handwerk eV
Materialien zur Dacheindeckung - Restaurator im Handwerk eV
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
die Lehrpläne heutzutage vollgestopft sind mit theoretischem<br />
Wissen, findet sich <strong>im</strong>mer eine Möglichkeit, auf<br />
dieses Thema praktisch einzugehen.<br />
Be<strong>im</strong> Rundgang durch die Stadt Hollfeld wurden<br />
den Kindern nicht nur die Stadtmauer und die Stadttore<br />
sowie die Stadtplanung gezeigt, sondern es wurde<br />
auch auf verschiedene Dachformen und -eindeckungen<br />
hingewiesen. Besonders sensibilisiert wurden die Kinder<br />
für die prägenden Elemente eines Gebäudes, die Fenster<br />
und Türen und das Dach. An Negativbeispielen, z. B.<br />
Kunststofffenster mit breiten Rahmen oder unpassenden<br />
<strong>Dacheindeckung</strong>en, konnte <strong>im</strong> Vergleich zu gut sanierten<br />
Häusern auf die Spezifikation und Vielfalt hingewiesen<br />
werden. Es wurde über sakrale Bauten gesprochen,<br />
über Bürgerhäuser, Bauern- und Fachwerkhäuser, über<br />
spezielle Gebäude wie Mühlen und Fischereigebäude.<br />
Für drei 3. Klassen der Hollfelder Grundschule konnte<br />
dann der letzte Tag innerhalb der Projekttage als Erlebnisrallye<br />
auf der Burgruine Neideck gestaltet und so<br />
zu einem ganz besonderen Erlebnis werden.<br />
Mit einer 3. Klasse wurde ein praktischer Tag mit<br />
Fachwerk und Lehm innerhalb des Fachbetriebes für<br />
Denkmalpflege durchgeführt. Dies war natürlich ein<br />
greifbares Erlebnis für alle Schüler, die sich auch gut<br />
auf diesen Tag vorbereitet hatten. Mit Arbeitshemden,<br />
Handschuhen und einer guten Brotzeit erschienen die<br />
Schüler und Schülerinnen morgens auf dem Hof der<br />
Z<strong>im</strong>merei und Dachdeckerei DONATH in Wonsees.<br />
Dort hatten die Z<strong>im</strong>merleute eine historische Fachwerkwand<br />
aufgestellt. Diese war mit Staken belegt, sodass<br />
die Schüler nun die bereits eingeweichten Weidenruten<br />
unter Anleitung von zwei <strong>Restaurator</strong>en <strong>im</strong> <strong>Handwerk</strong><br />
in das vorhandene Stakenfachwerk einflechten konnten.<br />
Erstaunlich, welche Geschicklichkeit die Kinder hier<br />
an den Tag legten. Alle beteiligten sich aktiv, und jeder<br />
wollte mehrfach an vorderster Reihe stehen.<br />
Danach haben die Kinder mit ihren Händen die<br />
Fachwerkwand mit eingeweichtem Strohlehm aus Bottichen<br />
geschlossen. Es wurde darauf geachtet, dass die<br />
Lehmausfachung von beiden Seiten gleichzeitig erfolgte.<br />
Oft missgelang dies natürlich, und so wurden die Kinder<br />
nicht nur an den Arbeitshemden, sondern zu ihrer großen<br />
Freude auch in den Haaren und an den Armen mit<br />
Lehm bespritzt und beschmiert.<br />
Natürlich hatte jeder eine Aufgabe. Immer vier Schüler<br />
hatten ein Fachwerkfeld von unten nach oben verlaufend<br />
fertig mit Lehm zu schließen. Da jedoch <strong>im</strong>mer nur<br />
sechs Kinder an der Fachwerkwand tätig sein konnten,<br />
gab es parallel die Möglichkeit, Leichtlehmsteine mit<br />
Strohlehmmörtel <strong>im</strong> Versatz als 12er Wand aufzubauen.<br />
Andere Kinder konnten auf einem bereitgestellten Bock<br />
mit Schieferhammer und Brücke Schiefer zu beliebigen<br />
Formen <strong>zur</strong>echthauen.<br />
Dies alles hat den Kindern große Freude bereitet, und<br />
die praktische Handhabung wird ihnen noch lange in<br />
Erinnerung bleiben. Begeistert äußerten sich die Kinder<br />
über die <strong>Materialien</strong> Holz und Strohlehm sowie über das<br />
Material Naturdachschiefer.<br />
Noch jetzt, nach einem Jahr, werde ich oft in der Stadt<br />
Hollfeld von Kindern angesprochen: „Hallo Herr Mätzold,<br />
kennen Sie mich noch?“ Und die Freude leuchtet<br />
ihnen förmlich aus den strahlenden Augen. Es bleibt die<br />
Hoffnung, dass diese begeisternde Aktion Nachahmung<br />
in ganz Deutschland findet − es lohnt sich für unsere<br />
Kinder und für die Kultur unseres Landes.<br />
Andreas Mätzold<br />
ist Z<strong>im</strong>merermeister und <strong>Restaurator</strong> <strong>im</strong> <strong>Handwerk</strong>.<br />
E-Mail: amaetzold@t-online.de<br />
<strong>Restaurator</strong> <strong>im</strong> <strong>Handwerk</strong> – Ausgabe 1/2011 47