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94 go sixt culture<br />
Oart<br />
claude monet Am Strand von Trouville, 1870-71, Öl auf Leinwand, 38 x 46 cm,<br />
© Musee Marmottan, Paris, France/ Giraudon/ The Bridgeman Art Library<br />
Expedition ins Licht<br />
Wuppertal, Wolfsburg, Bern. Kunst-Diaspora? Ach was: Claude Monet,<br />
James Turrell und Giovanni Giacometti. Impressionismus-Meister,<br />
Installations-Künstler und Landschafts-Maler. Die Provinz leuchtet!<br />
Gelangweilt dösen die Mädels<br />
aus gutem Hause im blauweiß<br />
gestreiften Sonntagsstaat<br />
„Am Strand von Trouville“ vor sich hin.<br />
Männer nicht am Platze, mit sich selber<br />
einfallslos. Bürgerliche Jungmädchen-<br />
Tristesse vom Impressionismus-Gott<br />
Claude Monet detailreich und mit legerem<br />
kräftigem Pinselstrich eingefangen.<br />
Wie präzise 1870 der hymnische<br />
Seerosen-Komponist als Psychologe<br />
das sonntägliche Nichts am Strand des<br />
Badeorts einfängt, hat überraschende<br />
Klasse. Der Landschaftsmaler Monet<br />
zeigt sich als pfiffiger Analytiker großbürgerlichen<br />
Lebens.<br />
Magnetisch zieht das magische Blau<br />
den Betrachter in seine künstlich gestaltete<br />
Zentralperspektive. Lichtbahnen<br />
lassen vor dem Auge tiefe magnetische<br />
Räume wachsen, in denen zwei vereinzelte<br />
Menschen wie endlos haltlose We-<br />
sen verloren durchs Universum fliegen.<br />
Eine Welt, in der Personen jeden Halt<br />
verlieren, und die Magie des Raums zur<br />
dominanten Persönlichkeit wird. Der<br />
Mensch sucht sich und findet erstmal<br />
nur die vom US-Installationskünstler<br />
James Turrell gestaltete spirituelle Kraft.<br />
Gegenständliches, gar Tröstendes, hat<br />
der zeitgenössische Raumerfinder und<br />
Lichtpoet in seinem „Ganzfeld Piece“<br />
von 2008 nicht parat. Oder doch? Mo-<br />
net und Turrell, zwei Künstler und zwei<br />
Epochen, die verschiedener in ihrem jeweiligen<br />
Zeitgeist wie in ihren künstlerischen<br />
Mitteln nicht sein könnten. Und dennoch<br />
lassen Korrespondenzen die beiden zu Brüdern<br />
im Licht werden. Wo Monet mit Farbe<br />
Lebensräume und Lebensleere in den<br />
Rahmen hineinmalt, erzählt Turrell mit<br />
seinen Farb-Odysseen im Kunstraum von<br />
der ewigen Sehnsucht der Menschen nach<br />
ordnender Struktur.<br />
Wie ein Kommentar, ein kräftiger<br />
Kontrapunkt wirken dagegen die<br />
dramatischen neoimpressionistischen<br />
Farbflächen des Schweizer Malers<br />
Giovanni Giacometti in „Die Lerche“. Hier<br />
lässt der Künstler den Himmel in faszinierenden<br />
Farbflächen wie einen Schrei aufreißen.<br />
Ein malerischer Schrei nach kosmopolitischer<br />
Weite im engen Jura.<br />
Ob Giacometti in Bern, Turrell in Wolfsburg<br />
oder Monet in Wuppertal: Fahren Sie hin,<br />
besuchen Sie die kleinen feinen Pilgerstätten<br />
jenseits der Kunst-Metropolen. Lassen<br />
Sie in diesen dunklen Wintertagen die Sonne<br />
an Herz, Hirn und Glieder fahren. Die<br />
Provinz leuchtet. Unternehmen Sie einfach<br />
eine Expedition ins Licht. gerda harda brandt<br />
„MonET“ – von DEr hEyDT-MuSEuM wuPPErTAL<br />
Bis 28. Februar 2010; Von der Heydt-Museum<br />
turmhof 8, 42103 Wuppertal; t. 0202/563-26 26, F.<br />
0202/563-49 15; Di. + Mi. 11–18, Do. + Fr. 11–20,<br />
sa. + so. 10–18 Uhr; www.monet-ausstellung.de<br />
www.von-der-heydt-museum.de<br />
Giovanni Giacometti Die Lerche, 1920, Öl auf Leinwand, 119 x 109 cm,<br />
Bündner Kunstmuseum, Chur<br />
„GIovAnnI GIACoMETTI: FArBE IM LIChT“ –<br />
KunSTMuSEuM BErn Bis 21. Februar 2010<br />
Kunstmuseum Bern, Hodlerstr. 12, 3000 Bern 7<br />
t. +41 31 328 09 44, F. +41 31 328 09 55<br />
Di. 10–21 + Mi.–so. 10–17 Uhr<br />
www.kunstmuseumbern.ch<br />
„ThE woLFSBurG ProJECT“ – JAMES TurrELL<br />
Bis 5. April 2010; Kunstmuseum Wolfsburg,<br />
Hollerplatz 1, 38440 Wolfsburg;<br />
t. 05361/26 69-0; F. 05361/26 69-66<br />
Mi.–so., 11–18 + Di., 11–20 Uhr<br />
www.kunstmuseum-wolfsburg.de<br />
James turrell Ganzfeld<br />
Piece (Modell), 2008 begehbare<br />
Installation / installation<br />
© James Turrell, Foto: Zooey<br />
Braun, Stuttgart, 2009<br />
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