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Ausgabe 31 - 07 Das Stadtmagazin . BLOG

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november 2011 <strong>31</strong><br />

kandidat Goethes, dem die Oberaufsicht<br />

über die unmittelbaren<br />

Anstalten für Wissenschaft und<br />

Kunst oblag, hatte letztlich doch<br />

nicht nach Jena gewollt. Herzog<br />

Carl August von Weimar, der diese<br />

missliche Situation beseitigen<br />

wollte, ließ daraufhin im ganzen<br />

Lande herumfragen und bekam<br />

von mehreren Seiten den akademisch<br />

unbeschlagenen, dafür<br />

ausgewiesenen Autodidakten<br />

Döbereiner empfohlen.<br />

Quasi der erste Akt, den man<br />

Den DoKtortiteL gab’s<br />

zur Professur dazu.<br />

an Döbereiner vollzog, als dieser<br />

Anfang November 1810 in Jena<br />

eintraf, war seine Promovierung<br />

zum Dr. phil., da seine bisherigen<br />

Veröffentlichungen »bereits unverkennbar<br />

den Stempel der Genialität<br />

und Vollendung in sich<br />

trugen«. Für seine Karriere war<br />

der Titel sehr förderlich, für seinen<br />

leeren Geldbeutel nicht: Da<br />

Döbereiner mehr oder weniger<br />

mittellos nach Jena kam, wurde<br />

ihm der Doktortitel nur zur halben<br />

Gebühr berechnet.<br />

Aber auch diesen Betrag<br />

musste er wegen seiner großen<br />

finanziellen Nöte in Raten abbezahlen,<br />

zumal sein Gehalt in<br />

den ersten Jahren gerade einmal<br />

350 Taler betrug, wovon bereits<br />

gut 100 Taler in den Erhalt der<br />

Laborausstattung flossen. Erst<br />

mit seiner Ernennung zum ordentlichen<br />

Professor 1819 erhielt<br />

er 500 Taler, womit er aber immer<br />

noch deutlich unter einigen<br />

seiner Kollegen rangierte – Friedrich<br />

Schiller etwa erhielt jährlich<br />

800 Taler, nachdem er auf die<br />

diversen lukrativen Angebote<br />

verwiesen hatte, die ihm andere<br />

Universitäten unterbreitet hatten.<br />

Derartige Offerten erhielt<br />

Döbereiner zwar auch – die Universität<br />

im baltischen Dorpat bot<br />

ihm neben einem lukrativen Gehalt<br />

sogar noch einen erblichen<br />

Adelstitel als Dreingabe an – der<br />

Wahljenaer blieb seiner Universität<br />

und Herzog Carl<br />

August jedoch bis zu<br />

seinem Lebensende<br />

ohne Forderungen und<br />

Verhandlungen treu,<br />

auch wenn er so nie<br />

den grünen Zweig des<br />

Wohlstands erreichte.<br />

gLüCKsgriFF Für<br />

CArL August<br />

In seinem neuen<br />

Posten erwies sich<br />

der frisch gebackene<br />

außerordentliche<br />

Professor als unbedingter<br />

Gewinn<br />

und Glücksgriff für<br />

seine Förderer: Heute<br />

üblich, damals<br />

neu, war Döbereiner<br />

beispielsweise<br />

einer der ersten,<br />

der sich darum<br />

bemühte, dass seine<br />

Studenten Erkenntnis durch<br />

Anschaulichkeit gewinnen und<br />

dafür ein chemisches Praktikum<br />

einführte sowie Experimentalvorlesungen<br />

gab. Jena wurde<br />

unter Döbereiner zu einer der<br />

führenden Ausbildungsstätten<br />

der praktischen Chemie in<br />

Deutschland. Auch Rudolf Christian<br />

Böttger, der später, im Jahre<br />

1846, das Sicherheitszündholz<br />

er finden sollte, gehörte zu seinen<br />

Studenten.<br />

Neben seinen universitären<br />

Aufgaben oblag Döbereiner in<br />

den ersten Jahren dank seiner Erfahrungen<br />

auch die Aufsicht über<br />

lokalen Brauereien und Brennereien<br />

sowie weitere Gewerbezweige:<br />

1812 errichtete er beispielsweise<br />

in Tiefurt eine kleine<br />

Stärkezuckerfabrik, untersuchte<br />

in Bad Berka die vorhandenen<br />

Schwefelquellen für die Errichtung<br />

eines Schwefelheilbades,<br />

reiste im Auftrag des Herzogs von<br />

Sachsen-Weimar mit einem von<br />

ihm selbst konstruierten tragbaren<br />

physikalisch-chemischen<br />

Laboratorium durchs<br />

gesamte Land, um<br />

Wasseranalysen in<br />

Heilbädern durchzuführen,<br />

und installierte<br />

versuchsweise<br />

eine Wasserdampfheizung<br />

und eine<br />

Gasbeleuchtung im<br />

Jenaer Schloss.<br />

WissensCHAFt<br />

mACHt gLüCK-<br />

LiCH<br />

Die Mehrzahl<br />

seiner mehr als<br />

30-jährigen Forschungs-<br />

und Experimentierarbeit<br />

in<br />

Jena erbrachte zwar<br />

wichtige Detail- und<br />

Spezialerkenntnisse,<br />

hinterließ jedoch keine<br />

tief schürfenden<br />

Spuren in der Weltgeschichte<br />

der Naturwissenschaften<br />

– mit<br />

Ausnahme von zwei<br />

grundlegenden Entdeckungen.<br />

Zum einen gelten<br />

Döbereiners Erkenntnisse<br />

zu den Gesetzmäßigkeiten im<br />

Aufbau der chemischen Elementarsubstanzen<br />

noch heute als<br />

Pionierarbeiten für die Entdeckung<br />

und die Erstellung des Periodensystems<br />

der chemischen<br />

Elemente: 1817 hatte er herausgefunden,<br />

dass sich gewisse quantitative<br />

Gesetze hinsichtlich der<br />

spezifischen Gewichte und der<br />

Atomgewichte bei Elementgruppierungen<br />

finden lassen, so z.B.<br />

das Atomgewicht von Brom das<br />

arithmetische Mittel zwischen<br />

den Atomgewichten von Chlor<br />

und Jod bildet, alle drei somit<br />

als eine Dreieinheit – eine Triade<br />

– zusammengefasst werden können.<br />

Auch wenn seinen Beobachtungen<br />

erst Jahrzehnte<br />

DöBereiners erFinDung brachte<br />

die Entwicklung des Feuerzeugs<br />

entscheidend vorwärts.<br />

später entsprechende Aufmerksamkeit<br />

zukam, war damit ein<br />

erster grundlegender Schritt zur<br />

Erstellung einer Systematik der<br />

Elemente getan.<br />

Zweifellos zu seinen wichtigsten<br />

Forschungs- und Experimentierergebnissen<br />

gehören zum<br />

anderen auch Döbereiners Erkenntnisse<br />

zur Katalyse – genau<br />

genommen die Entdeckung, dass<br />

sich Wasserstoff im Gemisch mit<br />

Sauerstoff am Platinschwamm<br />

entzündet. Döbereiner ließ den<br />

leichtesten Stoff, den man kennt,<br />

also das Wasserstoffgas, auf den<br />

schwersten Stoff, den man damals<br />

kannte, das Platin, einwirken,<br />

und das Ergebnis war: Feuer,<br />

Glut und Flamme. Auf<br />

diesem Katalyseprin-<br />

sKiZZe<br />

DöBereiners<br />

zur<br />

Funktionsweise<br />

seines<br />

Feuerzeugs<br />

»

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