franziskusbote 2/07_ok - Stiftung St. Franziskus Heiligenbronn
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Die Pflegeversicherung vor der Reform<br />
Im Hintergrund steht die Frage, welchen<br />
<strong>St</strong>ellenwert das Leben im Alter hat<br />
<strong>Heiligenbronn</strong>/Berlin. Seit Monaten diskutiert<br />
ein exklusiver Ministerkreis hinter<br />
verschlossenen Türen mögliche Eckpunkte<br />
einer Reform der Pflegeversicherung. Waren<br />
zunächst kaum verlässliche Informationen<br />
zu vernehmen, fließen seit einigen Tagen<br />
einzelne verstreute Inhalte in die öffentliche<br />
und politische Diskussion ein. Daher ist<br />
beim Erscheinen dieses Artikels auch noch<br />
offen, wie die Reform der Pflegeversicherung<br />
inhaltlich und finanziell aussehen<br />
kann, wann sie in Kraft treten bzw. ob sie –<br />
aus koalitionspolitischen Gründen – überhaupt<br />
kommen wird.<br />
Wichtig vor allem für die Betroffenen ist,<br />
dass eine fundierte Reform kommt – aus<br />
inhaltlichen und finanziellen Gründen.<br />
Die Pflegeversicherung ist kein Pflegefall,<br />
wie oft behauptet wird. Aber es besteht<br />
Reformbedarf. Dazu ist ein Blick zurück<br />
notwendig.<br />
Blick zurück auf die 90-er Jahre<br />
Mit Einführung der Pflegeversicherung Mitte<br />
der 90-er Jahre hat sich die Altenhilfelandschaft<br />
massiv verändert. Als ein Beispiel<br />
sei nur die Abschaffung des klassischen Altenheims<br />
genannt, das von einer bestimmten<br />
Zielgruppe älterer Menschen zwar nach<br />
wie vor nachgefragt wird, aber nicht oder<br />
kaum mehr finanziert werden kann. Alternativangebote<br />
wie das betreute Seniorenwohnen,<br />
das Sicherheit unter gleichzeitiger<br />
Wahrung weitest möglicher Selbstbestimmung<br />
garantiert, sind an die <strong>St</strong>elle dieses<br />
klassischen Angebots getreten.<br />
Die positiven Auswirkungen der Pflegeversicherung<br />
für den Betroffenen liegen<br />
u.a. in einer finanziellen Entlastung bei der<br />
Inanspruchnahme pflegerischer Dienstleistungen,<br />
in einer Kostentransparenz sowie in<br />
einer großen Auswahlmöglichkeit bei den<br />
angebotenen Dienstleistungen aufgrund<br />
des massiven Wettbewerbs unterschiedlicher<br />
Dienstleister. Inzwischen ist die Pflegeversicherung<br />
allerdings selbst in die Jahre<br />
gekommen und so zeigen sich auch die<br />
gravierenden Nachteile, anhand derer<br />
auf die zukünftigen Herausforderungen<br />
nicht mehr adäquat reagiert werden kann.<br />
Auch dazu seien schwerpunktmäßig drei<br />
Beispiele genannt:<br />
Was wird die Reform der Pflegeversicherung den älteren Menschen, die in Heimen leben, und ihren<br />
Angehörigen bringen? Vieles ist noch offen bei der Ausgestaltung der Reform. Fotos: Bormann<br />
6<br />
Der finanzielle Leistungsumfang<br />
(<strong>St</strong>ichwort „Teilkaskoversicherung“) ist durch<br />
den Grundsatz der Beitragsstabilität seit<br />
Einführung der Pflegeversicherung gleich<br />
geblieben. Dies hat zur Folge, dass sich der<br />
Eigenanteil für denjenigen, der die Pflegeleistungen<br />
in Anspruch nimmt, seit Jahren<br />
kontinuierlich erhöht hat.<br />
Durch die rechtliche und damit rein körperliche<br />
Fixierung des Pflegebegriffs ist es<br />
nicht möglich, den Bedürfnissen demenziell<br />
erkrankter alter Menschen in der Betreuung<br />
und Versorgung gerecht zu werden.<br />
Die Einführung der streng voneinander<br />
abgegrenzten Sektoren von ambulanten,<br />
teilstationären und stationären Angeboten<br />
führt zu einem hohen bür<strong>ok</strong>ratischen Aufwand<br />
und verteuert die jeweiligen Angebote<br />
extrem.<br />
Die Liste der Beispiele ließe sich beliebig<br />
verlängern. Schon unter diesen Gesichtspunkten<br />
und in Anbetracht der sich abzeichnenden<br />
demographischen Entwicklung<br />
sowie des sich vermindernden Potenzials<br />
pflegender Angehöriger zeigt sich der<br />
fachliche und finanzielle Reformbedarf<br />
bei der Pflegeversicherung. Dieser kann in<br />
folgenden Punkten und in Anlehnung an<br />
vielfache Äußerungen der Spitzenverbände,<br />
in die die Argumente seitens der <strong><strong>St</strong>iftung</strong><br />
<strong>St</strong>. <strong>Franziskus</strong> <strong>Heiligenbronn</strong> mit eingeflossen<br />
sind, zusammengefasst werden:<br />
Veränderung bzw. Erweiterung<br />
des Pflegebedürftigkeitsbegriffs (<strong>St</strong>ichwort<br />
„Demenz“);<br />
Erweiterung des Leistungsumfangs und<br />
damit verbunden:<br />
Dynamisierung der Leistungshöhe;<br />
Überwindung der starren Grenzen zwischen<br />
ambulanten und stationären Angeboten,<br />
um – wie es der pflegepolitische<br />
Sprecher der CDU-Fraktion, Willi Zylajew,<br />
einmal gesagt hat, „die Pflege auch neu<br />
vom Menschen her denken zu können“;<br />
bessere Unterstützung von pflegenden<br />
Angehörigen, insbesondere in der häuslichen<br />
Betreuung, und von chronisch<br />
Kranken;<br />
Abbau überflüssiger Bür<strong>ok</strong>ratie;<br />
franziskus-bote 2/<strong>07</strong>