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GL 4/2007 - der Lorber-Gesellschaft eV

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<strong>GL</strong> 4/<strong>2007</strong> Erneuerung des Geistes<br />

35<br />

Erneuerung des Geistes<br />

Johannes Tauler (1301-1361)<br />

„Wenn <strong>der</strong> Geist in <strong>der</strong> Kontemplation völlig einsinkt<br />

und einschmilzt mit seinem Innersten in Gottes Innerstes,<br />

so wird er da erneuert und neu gebildet. Und so viel mehr<br />

wird <strong>der</strong> Geist vom Geiste Gottes überflutet und überformt,<br />

so viel er diesen Weg nach innen bewusst und reinen<br />

Herzens gegangen ist und nichts als Gott im Sinne gehabt<br />

hat: so völlig erfüllt Gott sein Wesen, wie am Morgen <strong>der</strong><br />

Sonne Licht die Luft erfüllt und sie mit Helle durchstrahlt.<br />

Johannes Tauler<br />

Deutscher Theologe<br />

und Mystiker, Schüler<br />

Meister Eckharts<br />

Wer könnte diese Einswerdung scheiden, da <strong>der</strong> Geist eingekehrt und eins<br />

geworden ist mit dem Abgrund seines Ursprungs. Wäre es möglich, den<br />

Geist im Geiste zu sehen, man sähe ihn ohne Zweifel für Gott an.<br />

In dieser Einkehr und Erneuerung schwingt sich <strong>der</strong> Geist über sich<br />

selbst hinaus und hinein in die Finsternis <strong>der</strong> Unerkanntheit Gottes, wo er<br />

jenseits von allen Beilegungen, allem Gewordenen ist: jenseits von Name,<br />

Form und Bild, über alle Weisen und über alle Wesen.<br />

Zu dieser Einkehr und Erneuerung des Geistes ist die Nacht und ihre<br />

Stille sehr nützlich und för<strong>der</strong>lich. In <strong>der</strong> Stille <strong>der</strong> Nacht soll er sich allen<br />

Sinnen und Neigungen entziehen und sich recht in sich hineinsenken, sich<br />

über alle Bil<strong>der</strong>, Formen und Kräfte hinausschwingen und hinein in die<br />

Finsternis <strong>der</strong> Unerkanntheit Gottes; darin überlasse er sich völlig Gott und<br />

frage nach nichts und for<strong>der</strong>e nichts, wende sich nur mit seiner ganzen<br />

Liebe Gott zu und werfe in ihn alle seine Schwächen, Sorgen und Fehler,<br />

alle Dinge, die er vor hat und die sein Herz bewegen - alles das übergebe<br />

er dem göttlichen Willen und überlasse es <strong>der</strong> wirkenden göttlichen Liebe.<br />

Nichts an<strong>der</strong>es soll <strong>der</strong> Einwärtsgewendete im Sinne haben - nichts<br />

mehr wollen, we<strong>der</strong> Ruhe noch Wirksamkeit, we<strong>der</strong> dies noch jenes - als<br />

allein das eine: sich gänzlich dem Willen Gottes hinzugeben und zu<br />

überlassen.<br />

Wenn er alsdann in diesem inneren Wirkenlassen steht und Gott gäbe<br />

ihm dann ein, die Stille und ihre Seligkeit zu lassen und hinzugehen, um<br />

einem Kranken zu dienen o<strong>der</strong> einem Bedürftigen zu helfen, so soll er<br />

hingehen und es in Freude und Willigkeit tun. Wer solchermaßen Gottes<br />

Willen tut - ohne Warum -, dem kann es geschehen, dass Gott ihm<br />

gegenwärtiger ist und ihm mehr Gutes erweist in dem äußerlichen Werk<br />

als vielleicht in <strong>der</strong> tiefsten Stille und Meditation.“

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