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PDF (550 KB) - kunst verlassen

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Anmerkungen<br />

Christine Eichel<br />

180<br />

Museum stellte. Die sich <strong>kunst</strong>haft gebenden Readymades der<br />

Ornamentalen Kultur jedoch sind wesentlich komplexer und in<br />

ihren Deutungsangeboten divergent. Die Dissoziierung von Sinn,<br />

ein Merkmal der künstlerischen Moderne, kehrt heute wieder als<br />

Rezeptionsverhalten, das sich den <strong>kunst</strong>voll aufgestylten Sinnangeboten<br />

verweigert und statt dessen individuelle Kontexte und<br />

damit individuell hergestellten Sinn generiert. Dieses Phänomen<br />

kann man mit einer Formulierung Hans Blumenbergs eine „Wiederverzauberung<br />

der Welt“ nennen, bei der sich die Ästhetisierungen<br />

der Warenwelt mit dem Bedürfnis nach Mythen jenseits<br />

der Ratio ergänzen.<br />

Wo in diesem Spiel findet der Künstler seinen Platz<br />

Das Spiel mit dem konsumgestählten Betrachter nehmen<br />

unter anderen jene Künstler auf, die gewissermaßen als Undercover-Agenten<br />

arbeiten, indem sie Werbekampagnen, Institutionen,<br />

Denkmale simulieren und sich der Warenwelt bis zur Ununterscheidbarkeit<br />

anverwandeln. Die Kunsträume Guillaume Bijls,<br />

der Galerien in Frisiersalons und Spielkasinos verwandelt, fragen<br />

ebenso nach Kontext und Rezeption wie die Kochaktionen von<br />

Rirkrit Tiravanija, der mit exotischen Speisen aufwartet. Doch was<br />

für ein Spiel wird da eigentlich getrieben<br />

Ein Blick auf die Vor- und Frühgeschichte der Kommunikativität<br />

von Waren kann erhellen, wie Kontexte durch ästhetische<br />

Kommunikation entstehen.<br />

Es ist kein Zufall, daß die Anfänge der Moderne zeitgleich<br />

mit dem Auftauchen der Begriffe Tauschwert und Gebrauchswert<br />

zu datieren sind. 1867 erscheint der erste Band des „Kapitals“,<br />

in dem Marx erstmals den Begriff der Ware analysiert. Als die<br />

Künste begannen, ihren tradierten Definitionen zu entlaufen, als<br />

etwa die Malerei sich von Abbildung und Darstellung zu entfernen<br />

begann, da markierte der Funktionswechsel der Künste eine<br />

Tendenz, die bis heute anhält – eine Tendenz der dialektischen<br />

Auseinandersetzung mit den Erscheinungsformen und Zirkulationsmechanismen<br />

der Warenwelt.<br />

Urbild des Betrachters wird der Flaneur, wie Benjamin ihn

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