PDF (550 KB) - kunst verlassen
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Vom Flaschentrockner zur Imbißbude<br />
Anmerkungen<br />
riationen in einem Naherholungsgebiet“ 9 . Der Gebrauchswert<br />
wurde betont durch eine amtliche Genehmigung, Crêpes zu verkaufen,<br />
der Tauschwert innerhalb des Kunstmarktes war präsent<br />
durch die zeitweilige Plazierung vor einem Ausstellungsgebäude.<br />
Jenseits dieser Pole aber bleibt ein Moment der Unbestimmtheit,<br />
eine – zugegeben – plakative Handlung im Kontext Kunst als<br />
Intervention innerhalb der Lebenswelt.<br />
Der Imbißwagen war eines der Projekte einer Ausstellung,<br />
deren Titel auf einen Text von Laurie Anderson zurückgeht: „Do<br />
all oceans have walls“ Die Ausstellungsmacher schreiben dazu:<br />
„Die Frage stellt ein Delphin, der von Geburt an in einem Bassin<br />
im Zoo lebt. Seine Suche nach einer äußeren, ihm unbekannten<br />
Welt leitet zu den Bedingungen seiner eigenen Existenz. Er<br />
beginnt, die eigene Welt zu relativieren, die ihm dennoch als<br />
Modell zur Erfassung weiterer, möglicherweise andersgearteter<br />
Welten dient.“ 10 Das Bild des Delphins beschreibt anschaulich<br />
den Unterschied zwischen Flaneur und Kunstbetrachter: Während<br />
der Flaneur die Welt, in die er taucht, nicht in Frage stellt<br />
und die Wahrnehmungen auf sein individuelles multiples Interpretationssystem<br />
rückbezieht, ist durch den Eingriff des Künstlers<br />
das Interpretationssystem selbst zum Thema geworden.<br />
Ein anderes Projekt der Ausstellung zeigt genauer, worum es<br />
geht. „Bremer Freiheit“ nennt Peter Friedl seine Arbeit – drei<br />
Paar maßgefertigte Schuhe für sich und seine beiden Kuratoren.<br />
Eine bewegte Skulptur, so der Künstler, vielleicht auch ein Sockel.<br />
Und „das Publikum“ ist wieder einmal nicht da, wenn einer der<br />
Schuhträger spazierengeht – eine Undercover-Skulptur also,<br />
eine unerkannte Geste der Differenz in einer Welt der Reproduktionen.<br />
Der künstlerische Blick präsentiert sich als <strong>kunst</strong>immanente<br />
Erinnerungsarbeit. Was bleibt, sind Fotos der Schuhe und<br />
der Diskurs – ein aufgezeichnetes Gespräch der Maßbeschuhten,<br />
veröffentlicht im Katalog. Diese Souvenirs markieren die Eckpunkte<br />
des künstlerischen Kontextes. Es werden Erfahrungen<br />
193<br />
10 ebd., S. 1