Deutschlernen in Spielgruppen plus Ein Leitfaden für die ... - SSLV
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4 <strong>Deutschlernen</strong> <strong>in</strong> <strong>Spielgruppen</strong> <strong>plus</strong> | E<strong>in</strong> <strong>Leitfaden</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong> Praxis<br />
E<strong>in</strong>leitung<br />
Die sprachliche und soziale Vielfalt <strong>in</strong> der<br />
Schweiz hat <strong>in</strong> den letzten Jahren e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensive<br />
öffentliche Diskussion ausgelöst<br />
und das gesellschaftliche Bewusstse<strong>in</strong><br />
<strong>für</strong> e<strong>in</strong>e Förderung aller K<strong>in</strong>der vor Schulbeg<strong>in</strong>n<br />
erhöht. Zahlreiche nationale und<br />
<strong>in</strong>ternationale Stu<strong>die</strong>n (z. B. UNESCO-Stu<strong>die</strong>,<br />
EPPE: Effective Provision of Preschool<br />
Education, ECCE: European Child Care<br />
and Education) beurteilen e<strong>in</strong> unterstützendes<br />
Umfeld und förderliche Strukturen<br />
im Vorschulalter als wirksames Merkmal<br />
erfolgreicher Bildungssysteme. Solche<br />
Strukturen wirken vorbeugend gegenüber<br />
der Bildungsschere, <strong>die</strong> sich bereits<br />
im Vorschulalter zu öffnen be g<strong>in</strong>nt. Angemessene<br />
Sprachkompetenzen gelten<br />
als zentrale Faktoren <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e gel<strong>in</strong>gende<br />
Bildungsbiografie e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des. Sprachkompetente<br />
K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d <strong>für</strong> e<strong>in</strong>en erfolgreichen<br />
Start <strong>in</strong> <strong>die</strong> Schulzeit gerüstet,<br />
während <strong>die</strong> anderen – meist K<strong>in</strong>der aus<br />
anregungsarmen und/oder e<strong>in</strong>gewanderten<br />
Familien – wegen mangelnden<br />
Wortschatzes Schwierigkeiten haben,<br />
dem Unterricht zu folgen.<br />
Diese Erkenntnis legt den Schluss nahe,<br />
bereits <strong>in</strong> <strong>Spielgruppen</strong> vermehrt e<strong>in</strong>e<br />
qualitative und umfangreiche Sprachförderung<br />
anzubieten, <strong>die</strong> unterstützend <strong>für</strong><br />
<strong>die</strong> Gesamtentwicklung kle<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>der<br />
ist und e<strong>in</strong>e Basis bildet, um ihre Schulkarriere<br />
bereits ab dem K<strong>in</strong>dergarten mit<br />
soliden Sprachkompetenzen und guten<br />
Chancen zu starten.<br />
Die Sprache kle<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>der entwickelt sich<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Wechselwirkung verschiedener<br />
Faktoren: familiäres und ausserfamiliäres<br />
Umfeld, <strong>in</strong>dividuelle Lernerfahrungen,<br />
nützliche Anregungen, Zugang zu k<strong>in</strong>dgerechten<br />
Me<strong>die</strong>n usw. Von <strong>die</strong>sen Faktoren<br />
wird auch <strong>die</strong> Sprach- und Wissensvernetzung<br />
im Langzeitgedächtnis wesentlich<br />
bee<strong>in</strong>flusst. Je vielfältiger <strong>die</strong> Anreize<br />
und Lernerfahrungen im Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>dalter<br />
s<strong>in</strong>d, umso dichter vernetzen sich Neuronen<br />
und Sprache im sogenannten mentalen<br />
Lexikon (Stadelmann, 2003; Ratey,<br />
2003).<br />
Zugang zur Sprachbildung<br />
verbessern<br />
Trotz Erkenntnissen bezüglich e<strong>in</strong>er notwendigen<br />
Unterstützung im Vorschulalter<br />
ist es dem Schweizer Bildungssystem<br />
noch nicht gelungen, <strong>die</strong> Ungleichheit im<br />
Zugang zur Sprachbildung zu verm<strong>in</strong>dern<br />
oder gar zu vermeiden. Besonders bei der<br />
Förderung von Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>dern aus sozial benachteiligtem<br />
Umfeld schöpft <strong>die</strong> Schweiz<br />
im <strong>in</strong>ternationalen Vergleich bei weitem<br />
nicht alle Möglichkeiten aus; Länder wie<br />
Schweden, Chile, Neuseeland oder Australien<br />
erkannten bereits vor Jahren <strong>die</strong><br />
Vorschulbildung als zentrale Ressource<br />
e<strong>in</strong>er vernetzten Welt und schufen auf<br />
Regierungsebene Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />
<strong>für</strong> <strong>die</strong> frühe Sprachförderung aller K<strong>in</strong>der.<br />
E<strong>in</strong> ungleicher Zugang zu Bildung hat<br />
erhebliche Folgen <strong>für</strong> <strong>die</strong> betroffenen<br />
K<strong>in</strong>der. Wichtige Potenziale werden verschleudert.<br />
Die Chancenungleichheit verursacht<br />
langfristig Kosten <strong>für</strong> <strong>die</strong> Gesellschaft.<br />
E<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierliche Unterstützung<br />
der K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> <strong>Spielgruppen</strong> und anderen<br />
E<strong>in</strong>richtungen <strong>für</strong> Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>der trägt zur<br />
M<strong>in</strong>derung von Folgekosten bei und zahlt<br />
sich langfristig aus. Mit der Frühförderung<br />
nutzt <strong>die</strong> Gesellschaft ihr eigenes Integrationspotenzial<br />
und fördert e<strong>in</strong>en Prozess,<br />
welcher durch <strong>die</strong> zunehmende Heterogenität<br />
unserer Gesellschaft unabd<strong>in</strong>gbar ist.<br />
Zentrale Anliegen des Projekts<br />
Spielgruppe <strong>plus</strong><br />
Im Wissen darum, dass sprachliche Impulse<br />
durch Eltern und andere Bezugspersonen,<br />
wie beispielsweise <strong>Spielgruppen</strong>leiter<strong>in</strong>nen<br />
1 , <strong>die</strong> Basis <strong>für</strong> e<strong>in</strong>e gute<br />
(Sprach)entwicklung junger K<strong>in</strong>der legen,<br />
hat <strong>die</strong> Bildungsdirektion des Kantons<br />
Zürich zusammen mit den regionalen<br />
Jugendsekretariaten 2006 <strong>in</strong> vier multikulturellen<br />
Zürcher Geme<strong>in</strong>den das Projekt<br />
Spielgruppe <strong>plus</strong> <strong>in</strong>itiiert. Während zweier<br />
Jahre wurden K<strong>in</strong>der deutscher und nicht<br />
deutscher Erstsprache ab zweie<strong>in</strong>halb<br />
Jahren bis zum K<strong>in</strong>dergartene<strong>in</strong>tritt mit<br />
Sprachlernsequenzen unterstützt. Das Angebot<br />
fand zweimal pro Woche statt, umfasste<br />
zwei bis zweie<strong>in</strong>halb Stunden und<br />
wurde <strong>in</strong> den <strong>Spielgruppen</strong>alltag <strong>in</strong>tegriert.<br />
Zentrale Anliegen des Förderansatzes<br />
<strong>in</strong> <strong>Spielgruppen</strong> <strong>plus</strong> liegen <strong>in</strong> der Be ziehungs<br />
entwicklung der K<strong>in</strong>der zu den Bezugspersonen<br />
und im Spracherwerb. Dieser<br />
Ansatz berücksichtigt altersgerechte<br />
entwicklungs- und lernpsychologische<br />
Aspekte, ergänzt durch e<strong>in</strong>e Sprachförderung,<br />
<strong>die</strong> <strong>in</strong> pädagogisch-didaktischen<br />
E<strong>in</strong>heiten stattf<strong>in</strong>det. Die Sprachlernsequenzen<br />
erweitern <strong>die</strong> unterschiedlichen<br />
Spielaktivitäten der <strong>Spielgruppen</strong> <strong>plus</strong> und<br />
erfolgen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Lernweise, welche dem<br />
Interesse junger K<strong>in</strong>der entspricht.<br />
Für <strong>die</strong> eigentliche Sprachförderung wurden<br />
im Projekt Spielgruppe <strong>plus</strong> ausge<br />
wählte Bauste<strong>in</strong>e des Sprachförderpro<br />
gramms Kon-Lab (Konstanzer<br />
La bo ra to rium) e<strong>in</strong>gesetzt (s. S. 16ff.). Aufgrund<br />
langjähriger Forschungen ist es<br />
laut Kon-Lab s<strong>in</strong>nvoll, K<strong>in</strong>der deutscher<br />
und nicht deutscher Erstsprache aus anregungsarmem<br />
Umfeld früh zu fördern<br />
und ihre Sprachkompetenz <strong>in</strong> Bereichen<br />
wie E<strong>in</strong>- und Mehrzahlbildung, Verkle<strong>in</strong>erungen<br />
und weiterer regelgeleiteter<br />
Aspekte zu entwickeln. Vor <strong>die</strong>sem H<strong>in</strong>tergrund<br />
wird <strong>die</strong> spezifische Sprachförderung<br />
der K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> <strong>Spielgruppen</strong> <strong>plus</strong><br />
mit Kon-Lab-Bauste<strong>in</strong>en als unterstützend<br />
erachtet (vorschulische Förderansätze<br />
s. S. 7).<br />
1 Der Vere<strong>in</strong>fachung wegen wird <strong>in</strong> der vorliegenden Broschüre mehrheitlich <strong>die</strong> weibliche Form verwendet; <strong>Spielgruppen</strong>leiter s<strong>in</strong>d mitgeme<strong>in</strong>t.