Theoretische und erkenntnistheoretische Konsequenzen ...
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Augenscheinlich sind aber diese „sozialkonstruktivistischen Ansätze“ (Ruggie 1998a;<br />
Risse 1999) die derzeit vorherrschende konstruktivistische Perspektive in den<br />
Internationalen Beziehungen, denn sie bieten eine (scheinbare) Lösung für das Problem<br />
des noch immer einflussreichen Rationalismus, der die Ausbildung <strong>und</strong> den Wandel von<br />
Interessen <strong>und</strong> Präferenzordnungen nicht erklären kann. Für einen sozialkonstruktivistisch<br />
ergänzten Rationalismus sind Interessen nicht durch materielle Strukturen<br />
determiniert, sondern auch das Resultat von Norm-Wirkung, von Wissen, von<br />
Handlungsoptionen, kurz: davon, wie Akteure sich <strong>und</strong> ihre Umwelt in der Handlungssituation<br />
sehen. Entsprechend wird zur Ergänzung einer rationalistischen<br />
Handlungstheorie auf sogenannte sozialkonstruktivistische Ansätze zurückgegriffen, die<br />
Erklärungen dafür bereitstellen sollen, wie <strong>und</strong> warum Akteure zu jenen Interessen<br />
kommen, die ihr Handeln erklären können. Die Wirkung von Normen, der Einfluss von<br />
Kultur, die Einbeziehung der Interessen von Alliierten oder Gemeinschaftsmitgliedern,<br />
die Bedeutung von argumentativen Überzeugungsvorgängen etc. wird dabei<br />
hervorgehoben, hier <strong>und</strong> da als Alternative zur rationalistischen Erklärung (vgl. z.B.<br />
Hopf 1998: 172; Ruggie 1998a: 885), häufig jedoch als Ergänzung, als<br />
Rahmenbedingung, unter der rationale Nutzenmaximierer ihre Interessen ausbilden.<br />
2.3 Probleme (sozial-) konstruktivistischer Analysen <strong>und</strong> Ansätze<br />
Der eben beschriebene, in den Internationalen Beziehungen vielfach verwendete<br />
„Sozialkonstruktivismus“ bzw. konstruktivistisch ergänzte Rationalismus beinhaltet drei<br />
Probleme, die ich in den folgenden Abschnitten verdeutlichen will. Damit werden<br />
entsprechend der Intention dieses Textes zugleich die Erkenntnismöglichkeiten von<br />
erweiterten konstruktivistischen Perspektiven gewissermaßen Stück für Stück<br />
vorgestellt: Während der oben erläuterte Staatskonstruktivismus die konsequenteste<br />
Engführung der konstruktivistischen Perspektive auf die internationale Politik ist, bringt<br />
der IB-Sozialkonstruktivismus die Einbeziehung der Gesellschaft, gesellschaftlicher<br />
Akteure <strong>und</strong> Konstruktionen in die IB-Analyse. Eine darüber hinausgehende<br />
Perspektivenerweiterung stellt ein reflexiver Konstruktivismus dar. In ihm werden<br />
zudem noch die wissenschaftliche Beobachtungsweise <strong>und</strong> ihre Weltkonstruktionen<br />
selbst in die Betrachtung mit einbezogen, die Analyse wird reflexiv nicht nur im<br />
Hinblick auf das eigene (wissenschaftliche) Beobachten, sondern auch bezüglich seiner<br />
Wirkungen auf gesellschaftliche Konstruktionen internationaler Politik, etwa auf