21.01.2015 Aufrufe

Theoretische und erkenntnistheoretische Konsequenzen ...

Theoretische und erkenntnistheoretische Konsequenzen ...

Theoretische und erkenntnistheoretische Konsequenzen ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

16<br />

prinzipiell umgangen werden könnten. Es geht also nicht um die Frage von perception<br />

or misperception (Jervis 1976), sondern um die Beobachtung des Beobachtens<br />

(Beobachtung Zweiter Ordnung), 11 weil sich daraus der Beobachtungsmodus erkennen<br />

lässt, aus dem die entsprechende Wirklichkeit (-skonstruktion) resultiert. Aktive<br />

Beobachtungssysteme benutzen selbstgewählte (in der Regel unbewusst gewählte)<br />

Beobachtungsmechanismen, um mit ihren verschiedenen Wahrnehmungen umzugehen.<br />

Daraus ergeben sich die Wirklichkeitskonstruktionen, die somit als Produkte des<br />

Beobachtens <strong>und</strong> nicht als Abbilder des Beobachteten analysiert werden. Diese Analyse<br />

des Beobachtens wird deshalb als „Beobachtung Zweiter Ordnung“ bezeichnet, weil<br />

sich die Beobachtung nicht darauf richtet, was beobachtet wird, sondern wie beobachtet<br />

wurde, mit welchen Unterscheidungen beobachtet <strong>und</strong> dabei Wirklichkeit konstruiert<br />

wurde. 12 Es handelt sich also um eine Analyse des Beobachtens, des<br />

Beobachtungsprozesses.<br />

Das reflexive Moment dieses Konstruktivismus resultiert aus der Einsicht, dass es sich<br />

(auch) bei diesen „Beobachtungen Zweiter Ordnung“ um „Beobachtungen“, also um<br />

Produkte von Beobachtungssystemen handelt, die nicht Abbilder des Beobachteten<br />

hervorbringen, sondern Konstruktionen der Beobachtungssysteme sind. Jede<br />

wissenschaftliche Beobachtung, sowohl dessen, was beispielsweise politische<br />

EntscheidungsträgerInnen als ihre Wirklichkeit konstruieren <strong>und</strong> beschreiben (Beobachtung<br />

Erster Ordnung) als auch des dabei zum Einsatz kommenden<br />

Beobachtungssystems anhand der Frage, wie es beobachtet (Beobachtung Zweiter<br />

Ordnung) ist immer (nur) Beobachtung, also Produkt der beobachtenden Beobachtungssysteme.<br />

In dieser Einsicht <strong>und</strong> der daraus resultierenden Konsequenz, den eigenen<br />

wissenschaftlichen Beobachtungen keinen prinzipiell anderen Status – im Sinne<br />

besserer Welterkenntnis – zuzuschreiben sowie der Reflexion der eigenen<br />

Beobachtungen mithilfe von Beobachtungen Zweiter Ordnung bezogen auf das eigene<br />

Beobachten liegt das spezifische Moment einer reflexiv-konstruktivistischen<br />

Perspektive.<br />

11<br />

12<br />

Dies unterscheidet sich von einer anderen Verwendung der Bezeichnung „Beobachtung zweiter Ordnung“,<br />

mit der die Beobachtung einer Beobachtung bezeichnet wird.<br />

„Beobachten findet immer dann statt, wenn etwas unterschieden <strong>und</strong>, in Abhängigkeit von der<br />

Unterscheidung, bezeichnet wird. [...] Erkenntnis ist anders als die Umwelt, weil die Umwelt keine<br />

Unterscheidungen enthält, sondern einfach ist, wie sie ist. [...] Ein Beobachter mag feststellen, daß es in der<br />

Umwelt andere Beobachter gibt. Aber er kann dies nur feststellen, wenn er diese Beobachter unterscheidet<br />

von dem, was sie beobachten; oder unterscheidet von Umweltgeschehnissen, die er nicht als Beobachten<br />

bezeichnet. Mit anderen Worten: Alles Beobachtbare ist Eigenleistung des Beobachters, eingeschlossen das<br />

Beobachten von Beobachtern“ (Luhmann 1988: 15f; vgl. auch Luhmann 1992: 73).

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!