Zeit zum Vatersein - Webducation
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<strong>Zeit</strong> <strong>zum</strong> <strong>Vatersein</strong>
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Chancen einer befreienden Lebensrolle<br />
von<br />
Christoph Popp<br />
Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz<br />
Männerpolitische Grundsatzabteilung<br />
Fotos<br />
Hans Schlemper<br />
1
Dieses Buch gründet auf einem dreiteiligen Mailwechsel mit fünfundzwanzig<br />
Vätern, welche sich in unterschiedlicher Form in ihrer Vaterrolle<br />
eingerichtet haben. Zumeist handelt es sich dabei um eine Form<br />
partnerschaftlicher Rollenteilung innerhalb der Familie und mithin um<br />
eine teilzeitliche Erwerbstätigkeit.<br />
Die beteiligten Väter: Die beteiligten Väter:<br />
Peter Anliker, CH - Bern (Pan)<br />
Martin Bachmann, CH - Luzern (Mba)<br />
Christoph Balmer, CH - St. Gallen (Cba)<br />
Josef Bauernberger, A - Wien (Jba)<br />
Beda Bernauer, CH - Döttingen (Bbe)<br />
Thomas Beyeler, CH - Bern (Tbe)<br />
Christof Bieri, CH - Langnau i.E. (Cbi)<br />
Ludwig Büchel, A - Feldkirch (Lbü)<br />
Markus Gebert, CH - Mollis (Mgt)<br />
Martin Gessler, CH - Bülach (Mge)<br />
Michael Gohlke, CH - Zürich (Mgo)<br />
Martin Heeb, CH - Herisau (Mhe)<br />
Pius Hoffmann, CH - Thierachern (Pho)<br />
Matthias Huber, CH - Winterthur (Mhu)<br />
Josef Kühne, CH - Elgg (Jkü)<br />
Thomas Mitterstöger, A - Wien (Tmi)<br />
Klaus Muik, A - Wien (Kmu)<br />
Johannes Ortner, A - Neusiedl (Jor)<br />
Peter Schertenleib, Schweiz und Brasilien (Psc)<br />
Valentin Schiess, CH - Basel (Vsc)<br />
Josef Vogel, CH - Wabern (Jvo)<br />
Iwan Weiss, CH - Luzern (Iwe)<br />
Robert Winter (Pseudonym), A - Hohenems (Rwi)<br />
Siegfried Wötzlmayr, A - Wien (Swö)<br />
Gilberto Zappatini, CH - St. Gallen (Gza)<br />
2
Lieber Leser 5<br />
Einleitung 7<br />
1 Wenn ich an meinen Vater denke…. 13<br />
1.1 Erfahrungsberichte heutiger Väter … 15<br />
1.2 Die Rolle der Väter …. historisch betrachtet 33<br />
1.3 Die Suche nach dem Vater 38<br />
2 Was heisst schon "Vater sein" 42<br />
2.1 Erfahrungsberichte heutiger Väter… 45<br />
2.2 Die Bedeutung der Väter: neurobiologisch 74<br />
2.3 Die Bedeutung der Väter: entwicklungspsychologisch 80<br />
2.4 Die Bedeutung der Väter: soziologisch, pädagogisch 90<br />
3 Eine (neue) Kultur der Väterlichkeit 95<br />
3.1 Im Kreislauf des Lebens 95<br />
3.2 Im Gespräch bleiben 101<br />
3.3 Komplizen für Lebensabenteuer 108<br />
3.4 Selbstkritische Offenheit 112<br />
4 <strong>Vatersein</strong> konkret gestalten: Rollenmanagement 117<br />
4.1 Die “K-os-Theorie” der Geschlechterrolle 117<br />
4.2 Die Erfahrungswelt heutiger Väter 120<br />
4.3 Vaterschaft - eine Rolle neu erfinden 152<br />
4.4 Elternschaft in radikal veränderter Gesellschaftssituation 157<br />
4.5 Egalitäre Rollenteilung ein Zukunftsmodell 159<br />
4.6 Eine väterfreundliche Politik und Wirtschaft 163<br />
4.7 <strong>Vatersein</strong> unter erschwerten Bedingungen 168<br />
5 Die Rolle der Väter zur Sprache bringen 172<br />
5.1 Grenzen der Väterlichkeit 172<br />
5.2 Impulse für Väterrunden 173<br />
5.3 Impulse für Schule und Erwachsenenbildung 176<br />
6 Zum Abschluss bzw. <strong>zum</strong> Anfang 177<br />
6.1 Persönlich 179<br />
6.2 Materialien zur Väterthematik 181<br />
6.3 Bildkonzept 186<br />
Literaturliste 187<br />
Anhang Arbeitsblätter 192<br />
4
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Lieber Leser<br />
Lieber Leser<br />
Dieses Buch verlässt für einmal die politisch korrekte Perspektive und<br />
verwendet ausschließlich männliche Formulierungen. Es spricht Sie<br />
als Mann an; mehr noch, es wagt den Versuch, in Austausch zu treten,<br />
Fragen zu stellen und auf Antworten zu warten. Dabei ist nicht<br />
relevant, ob der Autor diese Antworten je zu Gehör bekommt, denn<br />
Sie werden so oder so Antworten geben, auf das Gelesene reagieren,<br />
in Teilen zustimmen oder widersprechen, Ihre Gedanken bündeln,<br />
vermengen, neu gliedern, prüfen, bekräftigen und bei der einen<br />
oder anderen Gelegenheit im eigenen Lebenszusammenhang zur<br />
Thematik der Vaterrolle Stellung beziehen.<br />
So oder so geht etwas weiter. Und so gesehen stehen wir gewissermaßen<br />
als Co-Autoren über unser gemeinsames Thema in<br />
Verbindung. Dieses Buch will im praktischen Alltag "weiter geschrieben"<br />
werden.<br />
Liebe Leserin<br />
Liebe Leserin<br />
Sie sind bis hierher gefolgt, wir freuen uns über Ihr Interesse. Das<br />
Buch lebt davon, dass auch zwischen Frauen und Männern, zwischen<br />
Müttern und Vätern über die angesprochenen Fragen und Impulse<br />
diskutiert wird und es will selbstverständlich nicht in einem geschlechterfixierten<br />
Blick verharren. Zudem ist für uns selbstverständlich, dass<br />
beide Elternteile für das Gedeihen unserer Kinder wichtig sind und<br />
dass es nicht darum gehen kann, Väter gegen Mütter auszuspielen.<br />
Aber es sind eben BEIDE Elternteile von Bedeutung! Weil die Rolle<br />
der Väter in den letzten Jahrzehnten aus diversen Gründen nahezu<br />
aus dem gesellschaftlichen Bewusstsein gefallen ist, besteht diesbezüglich<br />
ein beträchtlicher Nachholbedarf. Und dieser Reflexionsprozess<br />
will zunächst einmal "unter Männern" geleistet sein, auch<br />
deshalb der männerspezifische Blickwinkel.<br />
Herzlichen Dank<br />
Herzlichen Dank<br />
Dieses Buch hat viele Väter. Seine inhaltlichen Wurzeln liegen im<br />
Projekt "Väter gewinnen - Vernetzung und Coaching für Männer in der<br />
Haus- und Familienarbeit", welches in den Jahren 2004 bis 2007 in<br />
der Ostschweiz durchgeführt wurde. Ich danke meinen Kollegen aus<br />
dem Trägerverein ForumMann St. Gallen und all jenen Vätern, die im<br />
Rahmen von Väterrunden und Väterkursen, von E-Mail-Austausch<br />
5
und Coaching-Sequenzen ihre ganz persönlichen Erfahrungen beigesteuert<br />
haben. Sie haben dafür gesorgt, dass dieses Buch tatsächlich<br />
"im Lebensalltag wurzelt".<br />
Mein Dank geht an all jene Fachpersonen - Männer und Frauen - ,<br />
welche in verschiedenen Gremien zur Väterthematik ihre jeweiligen<br />
Perspektiven eingebracht und einen engagierten fachlichen Diskurs<br />
ermöglicht haben. Sie haben mit ihren kritischen und weiterführenden<br />
Gedanken der Thematik "Flügel verliehen". So gedieh dieses Buch<br />
ganz im Sinne des Reformpädagogen Friedrich Fröbel, welcher sein<br />
pädagogisches Bemühen so charakterisiert: "Was wir unseren<br />
Kindern vor allen Dingen mitgeben müssen, sind Wurzeln und Flügel."<br />
Mein Dank gilt auch dem Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung<br />
von Frau und Mann, welches das oben erwähnte Projekt maßgeblich<br />
finanzierte. Sodann danke ich dem kantonalen Lotteriefonds St.Gallen<br />
SWISSLOS, welcher mit einem materiellen Beitrag das Entstehen<br />
dieses Buches begünstigte. Mein Dank auch an den Leiter der<br />
Männerpolitischen Grundsatzabteilung, Dr. Johannes Berchtold, der<br />
die Idee zu diesem Buch als einem "internationalen Projekt" mit initiierte.<br />
Mein ganz besonderer Dank geht allerdings an Herrn<br />
Bundesminister Dr. Erwin Buchinger, welcher es schließlich ermöglichte,<br />
dass das Buch nun in der Schriftenreihe des österreichischen<br />
Bundesministeriums für Soziales und Kosumentenschutz erscheinen<br />
kann.<br />
6
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Einleitung<br />
Einleitung<br />
Wenn wir hier nun ganz konzentriert über die Bedeutung der Väter<br />
sprechen, dann hat dies nichts mit Geringschätzung der Mütter zu tun.<br />
Und es hat auch nicht damit zu tun, dass Mütter ihre Aufgabe nicht<br />
"richtig" gemacht hätten. Es hat jedoch damit zu tun, dass Mütter nun<br />
einmal einfach keine Väter sein können und dass Väter mehr sind als<br />
bloße Erzeuger und Ernährer. Väter bzw. verbindliche und spürbare<br />
männliche Bezugspersonen sind eine wichtige ja unersetzliche<br />
Ergänzung in der Lebens- und Erfahrungswelt von Kindern. Um die<br />
Ergänzung geht es also und nicht etwa um den Kampf der<br />
Geschlechter.<br />
Und noch etwas: Wenn wir Männer uns ernsthaft mit der Frage nach<br />
gelingendem und aktivem <strong>Vatersein</strong> auseinandersetzen, dann tun wir<br />
dies nicht nur für uns. In einer <strong>Zeit</strong>, in der althergebrachte Bilder von<br />
Männlichkeit - natürlich zu Recht - renoviert und zuweilen demontiert<br />
worden sind, fehlen unseren Söhnen Orientierungspunkte, nach<br />
denen Sie ein gelingendes Mannsein ausrichten könnten. Zitate wie<br />
die folgenden etwa sind reichlich ernüchternd und wenig geeignet,<br />
künftigen Vätern Mut zu machen.<br />
Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr.<br />
(Wilhelm. Busch, 1832-1908)<br />
Das Vertrauen junger Menschen erwirbt man am sichersten dadurch,<br />
dass man nicht ihr Vater ist.<br />
(Henry de Montherlant, 1896-1972)<br />
Mit unseren Überlegungen zur Vaterrolle tragen wir wesentlich dazu<br />
bei, dass unsere Söhne ein erstrebenswertes und zukunftsfähiges<br />
Bild vom Mannsein heute entwickeln können. Den medial konstruierten<br />
und gar zu oft destruktiven Männerbildern gilt es Entwürfe entgegenzustellen,<br />
die Mannsein mit Spaß, Mut, Freude, Verantwortungsbereitschaft,<br />
Rücksichtnahme etc. in Verbindung bringen.<br />
"Die Darstellung von Vaterschaft in den Medien bewegt sich heutzutage<br />
zwischen den Extremen des "neuen" Vaters, der sich liebevoll<br />
um seine Kinder kümmert und sich gleichzeitig im Haushalt engagiert<br />
und dem desinteressierten, die Familie vernachlässigenden oder<br />
sogar Gewalt ausübenden Vater." (vgl. Wassilios Fthenakis, Facetten<br />
der Vaterschaft, S.5)<br />
7
Zwischen Idealisierung und Dämonisierung gilt es also, einen konstruktiven<br />
Weg zu finden. Denn wo Mann- und <strong>Vatersein</strong> - bei aller<br />
berechtigten und notwendigen Kritik - pauschal und vorschnell mit<br />
"patriarchalem Gehabe", "häuslicher Gewalt", "unkontrollierten<br />
Gefühlen", "sexuellen Übergriffen" etc. in Zusammenhang gebracht<br />
wird, lässt sich keine positive Identität als Mann aufbauen. Und wo<br />
Mann- und <strong>Vatersein</strong> gewissermaßen am weiblichen Maßstab ausgerichtet<br />
oder idealisiert wird, geht nicht selten die "ureigene männliche<br />
Kraft und Dynamik" verloren.<br />
Dieses Buch möchte nicht mehr und nicht weniger, als zu selbstbewusstem<br />
und reflektiertem <strong>Vatersein</strong> anregen, Lust an der Vaterrolle<br />
wecken und Väter <strong>zum</strong> gegenseitigen Gespräch über diese besondere<br />
Lebensrolle ermuntern. Wenn Väter sich im Familiengeschehen<br />
vermehrt "einmischen", Position beziehen, mit sich verhandeln lassen,<br />
mitreden, Interesse zeigen, Anteil nehmen, ihre Vorlieben und<br />
ihre Begeisterung einbringen, den gewöhnlichen Alltag mitgestalten<br />
…. und dafür auch die nötige Familienzeit einfordern, dann geschieht<br />
etwas Neues.<br />
Wir gehen in einem ersten Schritt der Frage nach, wie heutige Väter<br />
ihre eigenen Väter erlebten. Erfahrungsberichte aus einem Mailwechsel<br />
mit derzeit lebenden, aktiven und engagierten Vätern stekken<br />
den Rahmen ab. Eine Rückblende in die Geschichte trägt dazu<br />
bei, die gegenwärtige Situation der Väter zu verstehen.<br />
In einem zweiten Schritt wenden wir uns der Frage zu, was denn<br />
<strong>Vatersein</strong> bedeutet. Wiederum wird das Feld abgesteckt durch<br />
Erfahrungsberichte von Vätern, durch deren Gedanken und Absichten<br />
bezüglich ihrer eigenen Rolle als Vater. Dieser Teil wird durch fachliche<br />
Reflexionen zur Bedeutung der Vaterrolle ergänzt. Dabei kommen<br />
sozial- und entwicklungspsychologische wie auch neurobiologische<br />
Aspekte zur Sprache. (VaterWert)<br />
Im dritten Schritt setzen wir uns mit der Frage auseinander, wie<br />
<strong>Vatersein</strong> heute gelebt wird bzw. gelebt werden kann. Fragen der<br />
Vereinbarkeit von Beruf und Familie, der eigenen Lebensprioritäten,<br />
des Rollenmanagements und der Psychohygiene werden erörtert und<br />
konkreten Erfahrungsberichten gegenübergestellt. Hier kommt auch<br />
zur Sprache, welche Faktoren im politischen und wirtschaftlichen Leben<br />
das <strong>Vatersein</strong> konstruktiv beeinflussen könnten. (Vater<strong>Zeit</strong>)<br />
8
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Im vierten Schritt geht es darum, konkrete Impulse für die eigene<br />
Lebensgestaltung zu gewinnen. Fragmente eines möglichen Selbstverständnisses<br />
als Vater werden skizziert. Impulse für die gezielte<br />
Reflexion unter Vätern (in Väterrunden etc.) sowie für die Bearbeitung<br />
der Väterthematik in höheren Schulen und in der Erwachsenenbildung<br />
werden aufgelistet. (VaterStil)<br />
Dass Erfahrungsberichte von Vätern (in Originalzitaten) einerseits und<br />
fachlich-theoretische Reflexionen andererseits nebeneinander stehen,<br />
ist beabsichtigt. Denn wichtig ist, dass die Aussagen der Väter in<br />
ihrer Echtheit wirken können. Die fachlichen Inputs ihrerseits verstehen<br />
sich nicht als "Rezepturen" für den konkreten Vater-Alltag. Es<br />
sind Gedankengänge auf einer übergeordneten Ebene, die aber vielleicht<br />
dazu beitragen können, das eigene Erleben als Vater aus neuen<br />
Perspektiven zu beleuchten.<br />
Qualität vor Quantität<br />
Qualität vor Quantität<br />
Es sei gleich vorweggenommen: in diesem Buch wird die <strong>Zeit</strong> <strong>zum</strong><br />
<strong>Vatersein</strong> ganz konkret und messbar angesprochen werden. Es<br />
braucht <strong>Zeit</strong> <strong>zum</strong> <strong>Vatersein</strong> und es ist <strong>Zeit</strong> <strong>zum</strong> <strong>Vatersein</strong>. Der oft<br />
gehörte Spruch, auf die Qualität und nicht auf die Quantität der Vatezeit<br />
komme es an, entspricht zwar dem <strong>Zeit</strong>geist, birgt jedoch die<br />
Gefahr von Beschönigung und Selbsttäuschung. Väterliche Präsenz<br />
ist etwas, das sich nicht einfach komprimieren und in hocheffizienten<br />
Dosen (gewissermaßen homöopathisch potenziert) verabreichen<br />
lässt. Gewiss: eine rein physische Präsenz ohne Aufmerksamkeitsund<br />
Einfühlungsbereitschaft ist eine leere Hülse und ein kurzer inniger<br />
Moment zwischen Vater und Kind ist ein Geschenk. Väterliche<br />
Präsenz kann unterschiedliche Formen annehmen und kann auch auf<br />
Distanz wirken - sofern die Vater-Kind-Beziehung auf einer ausreichenden<br />
Basis gemeinsamer Erfahrungen aufbauen kann. Doch um<br />
eine solche Basis aufzubauen, brauchen Kinder greifbare, spürbare<br />
und langfristig verfügbare verlässliche Bezugspersonen mit physischer<br />
Präsenz, was sich bestimmt als Bereicherung für alle<br />
Beteiligten erweisen wird.<br />
9
Editorial aus der Website Editorial www.vaetergewinnen.ch<br />
aus der Website www.vaetergewinnen.ch<br />
Väter gewinnen...<br />
Väter gewinnen …<br />
Spaß und Lebensfreude, Abwechslung und Anregung, Zufriedenheit<br />
und gesunde Balance, wenn sie sich der traditionellen Rollenzuschreibung<br />
entledigen und sich <strong>Zeit</strong> nehmen für das ganz gewöhnliche<br />
Alltagsleben mit ihren Kindern. Väter sind nicht nur Erzeuger und<br />
Ernährer. Und ist das Lebensfeld "Familie" nicht vielfältiger als jeder<br />
andere Beruf Wo sonst lassen sich so viele Spielräume nutzen, so<br />
viele Ideen einbringen und so viele persönliche Zeichen setzen<br />
Kinder gewinnen... Kinder gewinnen<br />
eine Basis für ihr Grund- und Selbstvertrauen, einen Begleiter auf<br />
dem Weg in ihre Lebensabenteuer, wenn sie auf einen Vater zählen<br />
dürfen, der auch im gewöhnlichen Alltag anwesend ist, der für sie<br />
spür- und greifbar ist, von Anfang an. Ein ganz gewöhnlicher Vater<br />
eben, mit Schwächen und Stärken, mit Leidenschaften und Nachlässigkeiten,<br />
dem man beim Putzen zuschauen und beim Kochen helfen<br />
kann.<br />
Mütter gewinnen... Mütter gewinnen …<br />
Abwechslung und Anregung, Raum für berufliche Weiterentwicklung.<br />
Wertschätzung, wenn sie beruhigt zur Arbeit gehen können, weil sie<br />
ihre Kinder "in guten Händen" wissen. Dies mag auch bei Nachbarn,<br />
Großeltern oder im Tageshort der Fall sein. Wenn jedoch der Vater<br />
sich die <strong>Zeit</strong> zur Kinderbetreuung nehmen kann, dann resultiert ein<br />
besonderer Beziehungsgewinn für alle Beteiligten.<br />
Unternehmen gewinnen... Unternehmen gewinnen …<br />
motivierte und verlässliche Mitarbeiter, die aus breiter Lebenserfahrung<br />
schöpfen können, wenn sie den Vätern unter ihnen<br />
Möglichkeiten zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie<br />
schaffen. Gemäß aktuellen Studien sind familienfreundliche Arbeitsbedingungen<br />
ein langfristiger Renditefaktor. Denn Väter, die sich teilzeitlich<br />
in der Haus- und Familienarbeit einbringen, tragen mit ihrer<br />
Sozialkompetenz, mit ihrer gesundheitlichen Stabilität, mit ihrem<br />
Verantwortungsbewusstsein und ihrer Kreativität wieder Mehrwert in<br />
die Unternehmung zurück.<br />
10
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Leitgedanken aus dem Projekt "Väter Leitgedanken gewinnen" aus dem Projekt "Väter gewinnen"<br />
Vater<strong>Zeit</strong><br />
Vater<strong>Zeit</strong><br />
Die Frage der Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist ganz entschieden<br />
auch ein Väter-Thema. Politische und wirtschaftliche<br />
Entwicklungen der letzten Jahrzehnte machen uns glauben, Väter<br />
seien "von Natur aus für den Außendienst gemacht" und weniger<br />
geeignet für die Familien- und Hausarbeit. Dem ist nicht so! Es gibt<br />
keinerlei biologische Gründe, den Vätern ihr Engagement in der<br />
Kindererziehung sowie in der Hausarbeit vorzuenthalten. Es gibt aber<br />
sehr wohl gesellschaftliche Rahmenbedingungen, welche dieses<br />
Engagement erschweren. Eine Gesellschaft, die das <strong>Vatersein</strong> ernst<br />
nimmt,<br />
gesteht Vätern ein <strong>Zeit</strong>budget für Familien- und Hausarbeit zu,<br />
gewährt Vätern ein Recht auf teilzeitliche Erwerbstätigkeit,<br />
schafft Möglichkeiten von Vaterschaftsurlaub und flexiblen<br />
Arbeitsformen und<br />
nimmt das <strong>Vatersein</strong> in die politischen Leitziele auf.<br />
VaterStil<br />
VaterStil<br />
Väter müssen nicht bessere Mütter sein, denn Väter bringen ihren<br />
eigenen und wichtigen Stil in den Familien- und Erziehungsalltag ein.<br />
Zahlreiche Studien belegen, dass Kinder mehr denn je auch einer<br />
männlichen Bezugsperson bedürfen, welche sich dauerhaft und verbindlich<br />
auf das ganz gewöhnliche Alltagsleben mit ihnen einlässt.<br />
"Kinder machen beim Vater eine entscheidende Erfahrung: Obwohl<br />
sie schwach und hilflos sind, nimmt ein starker und mächtiger Mensch<br />
sie bedingungslos an. Bei der Mutter ist diese Zuneigung nach neun<br />
Monaten uteriner Verbundenheit keine Überraschung, beim Vater ist<br />
sie eine Sensation. Wenn die Liebesbeziehung gelingt, prägt sie fundamental<br />
das Vertrauen und Selbst-Vertrauen des Kindes. Und kann<br />
beides ruinieren, wenn sie scheitert." (K. Grossmann, in: Geo 1/2001,<br />
S.164)<br />
11
VaterWert<br />
VaterWert<br />
Väter gewinnen an Lebenserfahrung, an sozialer und emotionaler<br />
Kompetenz, wenn sie sich aktiv und engagiert auf ihr <strong>Vatersein</strong> in seinen<br />
verschiedenen Aspekten einlassen. Wie die Ökologie in der<br />
Artenvielfalt (Biodiversität) einen Garant für ein langfristig gesundes<br />
Ökosystem sieht, erfahren Väter genauso die Vielfalt ihrer Lebensrollen<br />
als bereichernd und wertvoll. Und sie sollten <strong>Zeit</strong> dazu haben,<br />
sich diesen unterschiedlichen Rollen mit Hingabe zu widmen.<br />
Eine ausgewogene Balance unterschiedlicher Lebensrollen der Väter,<br />
die besonders auch dem Beziehungsaspekt Raum gewährt, nützt<br />
allen. Die Beziehung zur Partnerin wird reicher an Themen, das<br />
gegenseitige Verständnis und die Toleranz wächst, die Partnerin findet<br />
ihrerseits Raum zur beruflichen Entfaltung und gesellschaftlichen<br />
Anerkennung und die Kinder erleben einen "greifbaren" Vater.<br />
12
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
1 Wenn ich an meinen Vater denke<br />
1 Wenn ich an meinen Vater denke….<br />
Jeder Mensch, ob Frau oder Mann, hat einen Vater und hat somit schon<br />
ganz bestimmte Erfahrungen mit einem Vater gemacht. Wer sich mit<br />
dieser Thematik intensiver auseinandersetzt, ist (oder wird) wahrscheinlich<br />
seinerseits wieder Vater. <strong>Vatersein</strong> spielt im Leben zahlreicher<br />
Männer eine Rolle, und doch wird auffällig wenig über diesen<br />
Aspekt in der männlichen Biographie gesprochen. Deshalb soll hier einmal<br />
ganz bewusst dieser besonderen Rolle nachgegangen werden.<br />
Erfahrungsberichte aus einem Mail-Wechsel Erfahrungsberichte mit Väternaus einem Mail-Wechsel mit Vätern<br />
Auf einen Aufruf in der schweizerischen Männerzeitung (www.maennerzeitung.ch)<br />
und auf gezielte Anfrage hin haben sich 35 Väter<br />
gemeldet, die sich zu einem Mailwechsel über ihre Erfahrungen mit<br />
Vätern bzw. als Väter bereit erklärten; 25 davon haben schließlich<br />
beantwortete Fragenbogen eingereicht. Die Gruppe der Teilnehmenden<br />
kam "zufällig" bzw. interessegeleitet zustande.<br />
Von den befragten Vätern leben 18 in der Schweiz und sieben in Österreich.<br />
In den Antworten der Väter kommen die teilweise unterschiedlichen<br />
gesetzlichen Rahmenbedingungen (Elternkarenz, Wochenarbeitszeit<br />
etc.) der beiden Länder <strong>zum</strong> Vorschein. Dies mindert die<br />
Authentizität der Aussagen jedoch nicht. Ein Vergleich der diesbezüglichen<br />
Rechtsgrundlagen beider Länder kann in diesem Buch nicht geleistet<br />
werden.<br />
Die Gruppe der Teilnehmenden besteht zu 90% aus Vätern, die<br />
bereits Modelle partnerschaftlicher Rollenteilung praktizieren und somit<br />
einer teilzeitlichen Erwerbstätigkeit nachgehen. 21 Väter leben als<br />
Verheiratete in der gemeinsamen Familienwohnung bzw. im gemeinsamen<br />
Haus mit Partnerin und Kindern zusammen. Andere praktizieren<br />
individuelle Arrangements getrennter oder zeitlich getrennter<br />
Wohnformen (<strong>zum</strong> Teil auch aus beruflichen oder geographischen<br />
Gründen), geschieden, getrennt oder in neuer Partnerschaft lebend.<br />
Teilweise lebt das Kind an bestimmten Tagen beim Vater und wird<br />
auch dort betreut. Bei den in der Befragung repräsentierten Partnerschaften<br />
wird die (meist) außerhäusliche Erwerbstätigkeit durchschnittlich<br />
29 Stunden durch den Vater und durchschnittlich 22<br />
Stunden pro Woche durch die Mutter geleistet. Durchschnittlich leben<br />
in diesen Partnerschaften zwei Kinder (Quotient 2.24) mit einem mittleren<br />
Alter von zehn Jahren. Die befragten Väter sind im Durchschnitt<br />
13
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
44 Jahre alt. Sie sind mehrheitlich im pädagogischen, künstlerischen,<br />
sozialen, kirchlichen Bereich, in der Verwaltung oder in der<br />
Beratungsarbeit tätig. Einige schätzen den Status als (teilweise) selbständig<br />
Erwerbender, um die Balance zwischen Familien- und<br />
Erwerbsarbeit möglichst autonom gestalten zu können.<br />
Allen gemeinsam ist, dass sie sich um ein aktives <strong>Vatersein</strong> bemühen<br />
und für die Thematik in hohem Maße sensibilisiert sind. Die vorliegende<br />
Arbeit kann also nicht als repräsentativ für die Mehrheit der Väter<br />
gewertet werden, ermöglicht jedoch einen differenzierten Einblick in<br />
Befindlichkeit, Selbstverständnis und Motivation dieser Gruppe von<br />
Vätern.<br />
Diese Väter tragen als "Experten in eigener Sache" mit ihren<br />
Erfahrungsberichten einen wesentlichen Teil zu diesem Buch bei.<br />
<strong>Vatersein</strong> ist ein prägendes Erlebnis: Ausgehend von dieser These gilt<br />
es zunächst, bei den eigenen Erfahrungen mit einem Vater anzusetzen.<br />
Danach wollen wir uns einem zeitgemäßen Verständnis des<br />
Phänomens "<strong>Vatersein</strong>" annähern und Stoff zur individuellen und weiterführenden<br />
Diskussion zusammentragen, sei es in der Partnerschaft,<br />
in Väterrunden oder anderswo.<br />
1.1 Erfahrungsberichte heutiger Väter<br />
Meinen Vater erlebte ich als …<br />
1.1 Erfahrungsberichte heutiger Väter …<br />
Meinen Vater erlebte ich als…<br />
verantwortungsvoll, behütend, manchmal überfordert mit der<br />
Dynamik einer 8-köpfigen Familie, als starke Arbeitskraft, als Nestbauer<br />
für die Familie, als naturverbunden, als Sonntagskoch, als<br />
Erfinder und Musikfreund. (Cbi)<br />
Wenn er denn da war, als liebevoll, unfassbar und eigenartig konturlos.<br />
(Vsc)<br />
ruhig, bedächtig, müde, von der Arbeit ausgelaugt, geduldig, langsam,<br />
seriös, genau, hilfsbereit, integer, konfliktscheu, von allen<br />
geschätzt. (Tbe)<br />
zurückhaltend in direkten emotionalen und verbalen Äußerungen,<br />
feinfühlig, kontaktscheu, perfektionistisch, träumerische(n) Projekte(n)<br />
(nachsinnend), technisch interessiert, Selfmademan. (Er) hat sich fast<br />
alle seine beruflichen Fähigkeiten im Selbstlernen angeeignet. (Gza)<br />
15
kreatives Vorbild, als Förderer, als Erkenner (mich), als Macher,<br />
schwach, andere Menschen abwertend. Als künstlerischen<br />
Menschen, als sehr "grünen", biologisch-dynamischen, bärtigen<br />
und "Wollpullover tragenden" Mann. (Als) anders als alle andern<br />
Väter. (Iwe)<br />
Vorbild, abwesend, selbstsicher, allwissend, introvertiert (mit seltenen,<br />
aber heftigen Ausbrüchen), arbeitend, körperlich schwach.<br />
(Mgo)<br />
warmherzig, wohlwollend, engagiert, spaßig, stark, witzig, fröhlich,<br />
interessiert, "gschaffig" [arbeitsam], offen für Neues, experimentierfreudig,<br />
laut, "es Bhauptifüdle" [Besserwisser], manchmal streng.<br />
Er war, als ich Bub war, Lehrer (später im Sozialbereich tätig) und<br />
war wohl viel in der Schule am Schaffen, auch am Abend am<br />
Korrigieren zu Hause, aber nicht wirklich weg. Mein Vater war da,<br />
wenn ich ihn brauchte oder (wenn) er was wollte. Ansonsten hatte<br />
ich viele Freiheiten. Er unterstützte mich in meinen Aktivitäten, insbesondere<br />
(in der) Jugendarbeit später. (Er) teilte durchaus (auch<br />
meine) Lebensaspekte. Ich war <strong>zum</strong> Beispiel eine Leseratte, er las<br />
dann meine Jugendbuchempfehlungen auch gleich (und) so konnten<br />
wir uns über die Geschichten austauschen. (Mba)<br />
Meinen Vater erlebte ich als oft abwesend (und) beruflich sehr<br />
engagiert, als jemanden, der außerhalb der Familie sehr viele und<br />
intensive Kontakte pflegte. Als jemanden, der sehr viel unterwegs<br />
war und reiste. Als unnahbar und nicht auf die Bedürfnisse, die<br />
Sprache, die Themen von uns Kindern eingestellt. (Ich erlebte ihn)<br />
als weit weg, als aufbrausend, mit nicht angemessenen Reaktionen,<br />
(als) gepflegt und oft sehr schön und speziell gekleidet, wirkungsvoll<br />
in seiner Erscheinung. (Mhe)<br />
als Arbeitstier und Beschützer, als Einzelkämpfer und starken<br />
Schwächling. Er hält sich fern von engen Kontakten, um sich selber<br />
vor seiner eigenen ungewollten Sensibilität zu schützen und<br />
dabei nicht ertappt zu werden. Er versucht durch enorme Arbeitsaufwände<br />
(auch in der Freizeit, am Haus oder im Garten) und<br />
durch vordergründige Gefühllosigkeit, den geglaubten Anforderungen<br />
an ihn als Mann zu entsprechen. Meinen Vater erlebte ich<br />
als Kind mit großer Unsicherheit den eigenen Gefühlen (gegenüber),<br />
in einem Körper eines starken Mannes. Sein Motto ist:<br />
"Indianer und andere Männer kennen keinen Schmerz!" (Mgt)<br />
16
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
warm, verständnisvoll, groß, wichtig, bewundernswert, hart, als<br />
Familienmensch, abwesend, müde, ausgelaugt, im Anzug, zurechtweisend,<br />
unkontrolliert. (Mhu)<br />
stark, gewaltig und gewalttätig, erfolgreich, unsportlich, ungerecht,<br />
bevorzugte die ältere Schwester, fordernd, in den Ferien anwesend,<br />
in späteren Jahren großzügig. (Pan)<br />
Da er vor bald 30 Jahren starb, fällt es mir nicht so leicht, ihn zu<br />
beschreiben. Was (von ihm) ist Mythos und was Realität Er war<br />
ein sehr ruhiger, kontrollierter Mann. (Die) Erziehung (der Kinder)<br />
hat er an seine Frau delegiert. (Er) war "sehr nah am Wasser<br />
gebaut" und hat bei rührseligen Filmen schnell geweint, was ihm<br />
wiederum sehr peinlich war. (Psc)<br />
bedrohlich, brutal, jähzornig, launisch, übermächtig, beängstigend<br />
intelligent, gebildet. (Bbe)<br />
ruhigen, stillen Mann, meist abwesend, sehr arbeitsam. Als Versorger<br />
von sechs Kindern widmete er seinen Kindern fast ausschließlich<br />
sonntags <strong>Zeit</strong>. Durch seine Schichtarbeit war er vielfach<br />
nicht am Familientisch anwesend. Meist war er durch Abwesenheit<br />
präsent, in dem er irgendwie fehlte. Wir waren eine anzahlmäßig<br />
große Familie und doch war jede/r auf seine Art ganz allein. (Jkü)<br />
Als abwesend, als sporadischen Ferienvater, als von der Mutter<br />
"verteufelt". (Pho)<br />
als viel abwesend. Wenn da, dann als Rückhalt, In verschiedenen<br />
Lebensphasen recht unterschiedlich. Als Fels in der Brandung - so<br />
wie bei Ebbe und Flut war er aber nicht immer zu sehen. In späteren<br />
Jahren als "Kompagnon", als Hilfe bei der Eichung der eigenen<br />
Wertmaßstäbe. In der Jugend unnahbar, körperlich sehr zurückhaltend.<br />
(Tmi)<br />
arbeitsam, stolz auf sein Handwerk, religiös, familienbezogen,<br />
unabhängig. In der Familie streng und arbeitsbezogen, außen<br />
gesellig und gern gesehen, im Dorf als guter Zimmermann<br />
geschätzt und gefragt. (Jvo)<br />
17
Meinen Vater erlebte ich als präsent, treu, konsequent, belesen. Als<br />
"alten Marxisten", nachfragend, ideologisch. Der ruhige Pol ergänzend<br />
zur Mutter. (Cba)<br />
hart arbeitenden Menschen mit einem stark ausgeprägten<br />
Gerechtigkeitssinn. (Jba)<br />
ruhig, lustig, überlegt, planend, stark, müde, wenig über sich mitteilend,<br />
begeisterungsfähig, stumm, frustriert. (Lbü)<br />
überfordert, distanziert, abwesend, aufbrausend, manchmal auch<br />
liebevoll, manchmal auch humorvoll, jedoch viel zu wenig präsent<br />
in der Familie. (Kmu)<br />
fern, viel beschäftigt, klug, erfahren, gebildet. (Jor)<br />
humorvoll, hilfsbereit - vor allem außer Haus, im Haushalt nicht<br />
tätig. (Als) naturliebend, Jäger, gerne im Gasthaus, Kartenspieler,<br />
zu früh durch den Alkohol verstorben (kurz nach meinem 18.<br />
Geburtstag). (Rwi)<br />
Jähzornig, grob, taktlos, peinlich, bisweilen auch um Zuneigung<br />
bemüht, wenngleich dies unbeholfen artikuliert war. (Swö)<br />
Herausragende Erinnerungen Herausragende an meinen Erinnerungen Vater sind… an meinen Vater sind …<br />
dass er immer wieder Neues lernte: Ungefähr um die 50 lernte er<br />
schwimmen, einige Jahre später holte er die Autofahrprüfung nach.<br />
Und ich konnte mit ihm über soziale Veränderungen sprechen. Ich<br />
erlebte einen äußerst vielseitigen Vater, handwerklich, in der<br />
Küche, beim Kaninchen Schlachten, beim Pilze Sammeln und<br />
Flöten Schnitzen. Und wir Kinder konnten teilhaben. In besonderer<br />
Erinnerung bleiben mir die sonntäglichen Ausflüge in den Wald<br />
oder in die Berge. Es gab immer ein Feuer - die Verpflegung war<br />
jeweils sehr liebevoll. Heute sehe ich es als Sinnbild seiner Rolle<br />
als Ernährer im weiteren Sinne. (Cbi)<br />
das Warten darauf, dass er zur <strong>Zeit</strong> nach Hause komme, um<br />
gemeinsam Z'nacht zu essen - und wie immer die Enttäuschung: Er<br />
kommt doch nicht, es reicht nicht einmal fürs Gute-Nacht-Sagen.<br />
Am Morgen schlief er noch und ich musste schon zur Schule. Er<br />
18
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
hat mir das Traktor fahren beigebracht am steilen Hang. Er hat mir<br />
die endlose Geduld des "Tüftlers" vorgelebt. (Vsc)<br />
Wenn ich an meinen Vater denke, dann denke ich an die Gartenarbeit<br />
oder die Umbau- und Renovierungsarbeiten in dem Bauernhaus,<br />
in dem wir wohnten. Er kam von der Arbeit nach Hause, aß<br />
dann und arbeitete oft bis spätabends weiter. Ihm schien die Arbeit<br />
Spaß zu machen. Selber verlor er wenige Worte darüber. Er war<br />
eigentlich immer an der Arbeit. Auch für uns Kinder. So erinnere ich<br />
mich noch genau, wie er alte Holzski für mich wieder flott gemacht<br />
hat. … Ich war ihm für diese Arbeit aber nicht dankbar, lieber hätte<br />
ich neue Ski erhalten. Dankbar dagegen war ich ihm als Junge von<br />
etwa 4 Jahren, als er mir ein tolles Holzschwert gebastelt hat. Ich<br />
erinnere mich an ihn als Vorarbeiter in einer Baumschule beim<br />
Veredeln von Rosen. Obwohl mein Vater unter der Woche oft dauerbeschäftigt<br />
war, nahm er sich am Sonntag ganz <strong>Zeit</strong> für die<br />
Familie. Ich erinnere mich gerne an die vielen Wanderungen, die<br />
wir als Familie unternommen haben. Ich erlebte dabei meinen<br />
Vater als sehr entspannt, er konnte lachen, erklärte uns Kindern<br />
Dinge aus der Natur, erzählte manchmal sogar von sich, schilderte<br />
Erlebnisse aus seiner Kindheit. Ich erinnere mich an ein einziges<br />
Mal, dass wir Kinder mit dem Vater alleine ohne Mutter eine<br />
Wanderung unternahmen. Mir gefiel es, dass wir den Vater für uns<br />
allein hatten und ihn nicht mit der Mutter teilen mussten. (Tbe)<br />
dass er konsequent und beharrlich für unsere Anliegen eingetreten<br />
ist, wenn er feststellen musste, dass wir in der Schule ungerecht<br />
behandelt wurden. Er hat sich nicht gescheut, das mit seinem<br />
gebrochenen Deutsch zu machen. Er hat es nicht akzeptiert, dass<br />
wir, weil wir "Tschinggen-Kinder" [Ausländerkinder] waren, irgendwelche<br />
Benachteiligungen in Kauf nehmen müssten. Familiäre<br />
Auseinandersetzungen hat er eher mit Stillschweigen mitverfolgt.<br />
Einige wenige Male ist ihm der Kragen geplatzt und er wurde dann<br />
sehr laut und heftig. Das Wohlergehen der Familie stand immer vor<br />
seinen eigenen Bedürfnissen. Er hätte sich nie etwas gekauft,<br />
wenn er es sich nicht vorher auch für die anderen hätte leisten können.<br />
Es war ihm immer ein Anliegen, seinen Stiefsohn (meine<br />
Mutter war geschieden mit einem Kind, als sie geheiratet haben) so<br />
weit wie möglich gleich zu behandeln wie seine drei leiblichen<br />
Kinder. (Gza)<br />
19
lange Velotouren und Ausflüge nach seinem Geschmack, Jazzkonzerte<br />
besuchen, baden am Mittwochnachmittag im Zugersee,<br />
Autohasser, Verlasser unserer Familie. (Iwe)<br />
Ferien, Streit. (Mgo)<br />
Mittagessen, 12.30 Uhr, Nachrichten auf DRS 1, alle essen und<br />
hören zu, dann wird diskutiert über Politik, Gesellschaft - Vater<br />
erklärt, Mutter korrigiert -, Ferienaktion, in einer Woche bauen wir,<br />
nur mein Vater und ich, unseren ganzen Hühnerstall (groß!) neu,<br />
werken, bauen, schreinern. Ich bin (frühes Jugendalter,<br />
Sekundarschule) bei (einem) Freund im Nachbarort - acht km mit<br />
Velo [Fahrrad] - am Lernen, dann Filme schauen, megaspät, hab<br />
alles vergessen, weit nach Mitternacht, unter der Woche, da klopft<br />
es an die Parterre-Scheibe, ich erschrecke bös', mein Vater und er<br />
sagt, ob ich auch gleich mitkäme, er wäre grad vorbeigefahren mit<br />
dem Velo. Er hat mich abgeholt, extra mit Velo, hat mich nicht<br />
gerüffelt, sondern nur gesagt, dass es schon ein wenig zu spät sei.<br />
Das war wunderbar. (Dann erinnere ich mich an eine) Wanderung<br />
im Nationalpark, mehrere Tage, von Hütte zu Hütte. (An das)<br />
Finanzheft: Er wollte, dass ich genau Buch führe über meine<br />
Ausgaben. Ich hatte schnell ein "Globalbudget" zur Verfügung. Und<br />
das wurde oft mühsam, weil mir "viel Geld" zu haben schon passte,<br />
aber mit den Zahlen hatte ich's sonst nicht. Ringen mit dem<br />
Vater, "Armdrücken" machen und seine Muskeln sehen, mehrmalige,<br />
vorsätzliche 720 Grad Drehung im Auto auf Schneekreuzung.<br />
(Mba)<br />
Herausragende Erinnerungen an meinen Vater sind die Geschenke,<br />
die er mitbrachte, wenn er von einer Reise zurückkam. In<br />
der Erinnerung haben wir sehr wenig miteinander wirklich gesprochen,<br />
fühlte ich mich nicht wirklich abgeholt und verstanden,<br />
schlussendlich auch nicht getragen und unterstützt durch ihn. Er<br />
konnte nur mit mir sprechen, wenn wir alleine waren, meistens auf<br />
Wanderungen. Das erlebte ich aber oft als Stress, war ihm ausgeliefert,<br />
fühlte mich oft bedrängt. Seine einzige Aktivität im Haushalt<br />
war, dass er ab und zu kochte, sehr fein, dabei eine große<br />
Unordnung anrichtete, welche meine Mutter dann unter Protest<br />
aufräumen musste. Meine Mutter und mein Vater stritten ab und zu<br />
heftig, wobei wir uns auf die Seite der Mutter schlugen. Er argumentierte<br />
lautstark, meine Mutter weinte dann. Dann trennten sich<br />
meine Eltern (ich war ca. 14), meine Mutter war praktisch allein<br />
20
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
erziehend mit drei Kindern. Später bekannte sich mein Vater mir<br />
gegenüber als homosexuell (mit ca. 18), lebte Beziehungen zu<br />
Männern und Frauen. Ich war sehr verunsichert.- Im Umgang mit<br />
meinen eigenen Kindern konnte ich seine väterliche Seite erkennen<br />
und erleben, er war ein herrlicher Großvater, seit 8 Jahren ist<br />
er leider tot. (Mhe)<br />
Wenn ich an meinen Vater denke, erinnere ich mich an einen guten<br />
Handwerker und Beschützer. Er ist sehr handwerklich begabt und<br />
zeigte uns jeden Samstag, wie wir unsere Fahrräder selber reparieren<br />
können. Bei unseren Bauten von Holzhütten, hatte er immer<br />
einen guten Tipp oder ein Werkzeug zur Hand. Ich erinnere mich<br />
stark an einen Beschützer. Ich erlebte als kleiner Bube, wie ein<br />
Nachbar meine Mutter an den Haaren zog, worauf der Vater die<br />
Angelegenheit handgreiflich regelte. Auch beschützte er die Kinder<br />
vor dem Großvater, welcher im gleichen Haus wohnte und zu<br />
Schlägen neigte. Oft war er der starke Mann, welcher wie ein Ritter<br />
die Familie beschützte. Ich erinnere mich auch, dass mein Vater,<br />
wenn er nach Hause kam, das Essen einnahm, mit dem Hund spazieren<br />
ging und sich dann zurückzog. Körperlich war er anwesend,<br />
jedoch nicht spürbar. Mit dem Vater konnten nur Gespräche über<br />
Reparaturen, Hund, Waffen geführt werden. Er ließ kein Problemgespräch<br />
zu. Dies machte die Mutter. (Mgt)<br />
Da denke ich an den Sieg in einer Segelregatta zu zweit im gleichen<br />
Boot, an seinen warmen Händedruck beim Wochenendeinkauf<br />
in der Migros und an den Duft frischen Zopfes, an eine<br />
Wanderung, bei der er zeigte, wie glücklich er war, an die Wand<br />
gepinnten Verkaufszahlen in seinem Büro, an üble Streitereien zwischen<br />
meinen Eltern. Ich denke daran, wie er am Wochenende<br />
seine Hemden glättete und dazu Sport im TV schaute. Dann aber<br />
auch an das Gefühl, mit den mir wichtigen Anliegen nicht gesehen<br />
zu werden (speziell in der Pubertät mit dem Wunsch nach mehr<br />
Gerechtigkeit), "herabgekanzelt" zu werden, argumentativ unterlegen<br />
zu sein. (Das ist ein) Ansporn (für mich), mich weiterzubilden,<br />
gut zu argumentieren. (Mhu)<br />
gemeinsame Wanderungen, einmal abends auf der First (Berg im<br />
Berner Oberland) und spät nachts auf der offenen Sesselbahn ins<br />
Tal zu fahren. (Pan)<br />
21
(Ich) habe nicht mehr viele Erinnerungen. So mit 14 haben wir oft<br />
zusammen geboxt. Wir hatten ein Geschäft, wo er auch gearbeitet<br />
hat. Aber obschon er anwesend war, war er irgendwie doch nicht<br />
da, nicht spürbar für mich. (Psc)<br />
wie er meine Mutter schlug. Wie er einen meiner Brüder schlug.<br />
Hitchcock-Szene mit (dem) Revolver in der Hand, (als) er uns im<br />
Herbststurm nach draußen verfolgte, als wir alle aus dem Haus<br />
flüchteten. (Ich hatte vorher geschlafen. Es wurde mir nur gesagt:<br />
"Renn um dein Leben."). Wie er mir einmal (Betonung auf EIN Mal)<br />
bei den Physikaufgaben geholfen hat und ich dann später in der<br />
Prüfung einen 6-er [Bestnote in der Schweiz] schreibe. Ich war sehr<br />
glücklich und stolz. Die traurigen, hilflosen Augen, nachdem er wieder<br />
einmal komplett ausgerastet war. Wie er sich einmal bei mir<br />
entschuldigt hat, ich war etwa 16 (und er mir gegenüber eingestand),<br />
dass er mich in den gleichen Topf geworfen habe, wie<br />
meine vier älteren Geschwister. Er hat mich zwar nie erniedrigt<br />
oder geschlagen, aber positive Ermunterungen waren selten. Wir<br />
hatten ein großes Haus. Ich ging ihm, wann immer möglich, aus<br />
dem Weg. Ich sehe mich noch heute, wie ich mich hinter dem<br />
Vorhang verstecke und die Luft anhalte, damit er mich nicht<br />
bemerkt und an mir vorbeigeht. (Bbe)<br />
Da gibt es keine herausragenden Erinnerungen - es sind kleine<br />
Gesten, so, wie er mir <strong>zum</strong> Beispiel seine Hand auf den Kopf legte<br />
und mir damit sagte "Du bist ok, ich hab dich lieb." Wenn ich an<br />
meinen Vater denke, dann sehe ich einen Mann bei der Arbeit.<br />
Manchmal (er machte in seiner Freizeit Brennholz im Wald <strong>zum</strong><br />
Verkauf als Nebenverdienst und Hobby) half ich ihm im Wald. Dann<br />
arbeiteten wir zu zweit - ohne Worte. In den Pausen fielen ein paar<br />
Sätze. Das war alles. Ich kann nicht sagen, dass mir das damals<br />
besonders gefiel, aber es war eine der wenigen Möglichkeiten, um<br />
ihm nahe zu sein und <strong>Zeit</strong> mit ihm alleine zu verbringen. (Jkü)<br />
die Präsenz während der wenigen Ferien, Modellflugzeugbasteleien.<br />
(Pho)<br />
seine letzen Lebenswochen, insbesondere seine bewusste<br />
Verabschiedung von seiner engsten Familie (er ist vor cirka einem<br />
Jahr gestorben). Wie er mich in den Kindergarten begleitet hat, am<br />
Wochenende bei Ausflügen mit ihm Fußball gespielt, als Student<br />
bei ihm im Büro bei der Ablage mitgearbeitet. Dass er nicht<br />
22
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
schwimmen konnte. Oftmalige Krankenhausbesuche nach seiner<br />
Krebsoperation, Pflege und Hilfe beim Wiederaufbau. (Tmi)<br />
Sonntagsspaziergänge, auf denen er Blumen, Bäume, Tiere erklärte,<br />
Pfeifen aus Löwenzahn oder Holunder schnitzte. Wie er mich<br />
anleitete, Kaninchen zu halten, Holz zu spalten, alte krumme Nägel<br />
wieder gerade zu hämmern und anderes mehr. Auf der Alp von<br />
Hand Tannen fällen, Tannen entrinden, mit ihm zusammen über<br />
eine Leiter auf den Berg steigen und wie er mich auf dem Rückweg<br />
auf die Schulter nahm. (Jvo)<br />
Herausragende Erinnerungen an meinen Vater sind das "Chräbele"<br />
[Kitzeln] als kleiner Bub, die Kulturreisen durch Italien, die Literatur-<br />
Empfehlungen, (Cba)<br />
wie er als allein verdienender Arbeiter Frau und 6 Kinder über die<br />
Runden brachte. (Jba)<br />
(Er) tut, was seine Aufgabe ist und getan werden muss. (Er) hält zu<br />
mir, liebt mich und die Geschwister, aber dies ist nur zwischen den<br />
Zeilen zu finden; es ist zu weit weg und dadurch nicht richtig vertraut.<br />
Durch die Arbeit hatte er enorme körperliche Kraft beim<br />
Raufen. Seine eigenen Grenzen (Müdigkeit, keine Lust usw.)<br />
benennt er nicht, was zu Missverständnissen führt. (Lbü)<br />
das späte Heimkommen von seinen vielen außerfamiliären<br />
Engagements bei Vereinen, wenn wir - die Familie - bereits im Bett<br />
lagen und schliefen. Sein In-sich-gekehrt-sein in der Familie.<br />
Einzelne Male, wo ich gemeinsam mit ihm mit dem Auto mitfahren<br />
durfte, um z.B. Plakate für Vereinsaktivitäten aufzuhängen. (Kmu)<br />
unsere gemeinsamen Freizeitaktivitäten: wandern, Rad fahren, als<br />
Kind war das für mich imponierend. Als Jugendlicher schätzte ich<br />
seinen Willen, weiterhin dabei zu sein und mit<strong>zum</strong>achen. Sein<br />
unglaublich breites Allgemeinwissen, das er zu jeder Gelegenheit<br />
abrufen konnte. Seine berufsbedingte Abwesenheit, vor allem an<br />
Abenden. Sein großes Rednertalent und die Gabe, unverkrampft in<br />
der Öffentlichkeit aufzutreten und natürlich "rüberzukommen". (Jor)<br />
Ich durfte meinen Vater, der im Wegbau tätig war, öfters bei der<br />
Arbeit begleiten und kleine Aufgaben übernehmen. Zum Beispiel,<br />
wenn mein Vater das Trassee eines Weges vermessen hat, bin ich<br />
23
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
mit einem Stock auf der einen Seite gestanden und mein Vater hat<br />
auf der anderen Seite die Steigung gemessen. Mein Vater war häufig<br />
bei Bekannten oder Verwandten <strong>zum</strong> Jagen eingeladen. Ich<br />
durfte ihn dabei öfters begleiten, in aller Frühe mit ihm gemeinsam<br />
in den Wald gehen und auf einem Hochsitz auf das Wild warten. Als<br />
ich beim gemeinsamen Einkaufen in einem Supermarkt beim<br />
Diebstahl erwischt wurde, blieb dieser Fehler unter uns; er hat ihn,<br />
wie ich erfahren habe, nicht einmal meiner Mutter erzählt. (Rwi)<br />
Aus meiner früheren Kindheit bleibt mir am meisten seine<br />
Unbeherrschtheit in Erinnerung. Wenn etwas (ich) seinen Zorn<br />
erregte, war er richtig <strong>zum</strong> Fürchten - er hatte was von einem<br />
Patriarchen. Im Jugendlichenalter habe ich ihn dann nicht mehr<br />
sehr ernst genommen und er kam mir <strong>zum</strong> Teil schon etwas hilflos<br />
und auch lächerlich vor. (Swö)<br />
An meinem Vater schätze/schätzte ich An besonders meinem … Vater schätze/schätzte ich besonders…<br />
Er hat uns Kinder geliebt. Es gab natürlich auch unangenehme<br />
Momente der Überforderung. Auch wenn er viel außer Haus an der<br />
Arbeit war, fühlte ich mich durch seine Person getragen. Vielleicht,<br />
weil ihm die Familie so wichtig war. Ich erlebte ihn meistens arbeitend,<br />
konnte aber an diesen Arbeiten teilhaben und so mit ihm sein.<br />
Da er weder einen Verein noch das Restaurant besuchte, verbrachte<br />
er am Wochenende viel <strong>Zeit</strong> zu Hause. (Cbi)<br />
seine Großzügigkeit, wenn er sie denn zulässt, seine Herzlichkeit,<br />
wenn er sie denn zuließ. Sein Wissen (über die) und (sein)<br />
Verständnis (von) der Technik. Dass es uns materiell nie an etwas<br />
mangelte (aber alles in allem verblüffend wenig, wenn ich mir das<br />
so konkret vorstellen muss!) (Vsc)<br />
Ich schätze besonders seine ruhige, freundliche Art. Mich freut es,<br />
dass er einen guten Draht zu meinen Kindern hat und sie ihn sehr<br />
mögen. Ich schätze seine große Aufmerksamkeit und Anteilnahme,<br />
wenn er auf Besuch ist. (Tbe)<br />
Dass er zeitlich sehr viel zugegen war. Dass es ihm Freude machte,<br />
mir sein technisches Wissen zu vermitteln. Dass er mir gerne<br />
seine Bauprojekte zeigte, mit denen er sich beschäftigte. Er hat im<br />
Haushalt nahezu alles auch gemacht: Von der Babypflege übers<br />
Kochen bis <strong>zum</strong> Putzen habe ich bei ihm alles live mitbekommen.<br />
25
Da sein erster Beruf der eines Herrenschneiders war, war er auch<br />
die kompetente Ansprechperson für meine Mutter und die<br />
Schwestern, wenn etwas beim Schneidern besonders knifflig war.<br />
Besonders gerne hat er einen Kuchen gebacken. Das Rezept hatte<br />
er von seiner Mutter, der er lieber in der Küche half als dem Vater<br />
auf dem Feld oder im Wald. Wenn ich Familienfotos anschaue,<br />
dann wird deutlich, dass unser Vater die Seele der Familie war und<br />
nicht die Mutter. Er war derjenige, der gespürt hat, wie es um uns<br />
Kinder steht. (Gza)<br />
Er war immer zu Hause, er kochte fast immer, war beim<br />
Hausaufgabenmachen immer dabei, ließ mich in seinem Grafikatelier<br />
malen und kleben und sauen. (Iwe)<br />
seinen Humor. (Mgo)<br />
Ich habe von meinem Vater ur viel gelernt. Dabei finde ich anhaltend<br />
speziell stark seine Lernbereitschaft, seine Wandelbarkeit. Er<br />
hat sich über all die Jugend- und jungen Erwachsenenjahre immer<br />
wieder auch für uns interessiert, dafür, was ich lese, oder welche<br />
Musik ich höre, welchen Glauben ich leben will, welche Politik mir<br />
wichtig ist. Meine kindliche und insbesondere jugendliche Suchbewegung<br />
im Leben ging nicht spurlos an ihm vorbei, sondern er<br />
nahm meine Suche auch <strong>zum</strong> Anlass, seine Ansichten dazu ebenfalls<br />
zu überdenken. Ja, er hatte und hat wohl eine große Autorität<br />
und oft auch eine große Klappe. Er weiß, dass seine Annahmen/<br />
Modelle eben auch Annahmen sind, falsch sein können, ausgedient<br />
haben können. Und ändert sie dann, und gibt's dann und<br />
wann auch zu. (Mba)<br />
An meinem Vater schätzte/schätze ich besonders seine Offenheit<br />
für spannende Themen (<strong>zum</strong> Beispiel fernöstliche Philosophie,<br />
Esoterik, Meditation, usw.) und seine Gabe, uns einzubeziehen und<br />
dafür zu begeistern. Ich schätzte seine Art, sich intensiv mit einem<br />
Thema auseinander zu setzen, es von verschiedenen Seiten her<br />
zu beleuchten, zu reflektieren und damit umzugehen, bis es für ihn<br />
zu einer Art Abschluss kam. Ich schätze auch seine Art, mit vielen<br />
verschiedenen, interessanten Menschen in Kontakt zu sein. Er war<br />
sehr kreativ, hat uns inspiriert und die Gelegenheit gegeben, selber<br />
kreativ zu sein. Er konnte sehr gut kochen, war eine <strong>Zeit</strong> lang in<br />
einem Kochklub für Männer und hat mich ab und zu dorthin mitgenommen.<br />
(Mhe)<br />
26
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Mein Vater ist sehr zuverlässig, hilfsbereit und ehrlich (manchmal<br />
zu direkt und ehrlich). Er kümmert sich um die Familie und dass es<br />
ihr auf der materiellen Seite gut geht. Seit der Geburt meiner<br />
Tochter schätze ich besonders, wie er sich sichtlich über das<br />
Großkind freut - auch wenn er es nicht zugeben kann - oder wenn<br />
er es auf den Arm nimmt. Er beginnt jedoch bereits jetzt, obwohl<br />
meine Tochter erst acht Monate alt ist, Kindervelos usw. zu organisieren.<br />
(Mgt)<br />
dass er zu einer <strong>Zeit</strong>, als dies noch nicht sehr verbreitet war, sich<br />
im Haushalt engagierte. Dass er, bis wir jugendlich waren, sehr<br />
engagiert sich um uns Kinder gekümmert hat. Dass er sehr warmherzig<br />
ist (und) dass er Humor hat. (Mhu)<br />
Er hatte schöne Augen, manchmal war er gelassen, mein Vater<br />
konnte mir Besonderes ermöglichen, (<strong>zum</strong> Beispiel die) Mitfahrt auf<br />
einer Lokomotive (oder einen Marsch durch den Lötschbergtunnel.<br />
(Pan)<br />
seine ruhige, überlegte Art. Seinen Gerechtigkeitssinn. (Psc)<br />
seine liberale Denkensart (so paradox es klingt), seine Intelligenz<br />
und sein breites Wissen. Er hat meine Ausbildung bezahlt. (Das ist<br />
ja der Hammer! Kommt mir dazu nicht mehr in den Sinn Eine<br />
große Traurigkeit überkommt mich!) (Bbe)<br />
seine Schlichtheit. In seiner Einfachheit lebte er, was er für möglich<br />
und richtig hielt. Mein Vater war ein Mann, den man aus heutiger<br />
Sicht als "ungebildet" bezeichnen würde. Für mich hatte er etwas<br />
von der Figur des Straßenwischers im Roman "Momo". Meine<br />
Eltern trennten sich als ich 14 war. Ich hörte vom Vater vor und<br />
nach der Trennung selten eine Äußerung über die Ehe mit meiner<br />
Mutter, was ich ihm sehr zu Gute halte. (Jkü)<br />
Eine gewisse Herzlichkeit, Wärme in der kindlichen Wahrnehmung.<br />
(Meinen Vater habe ich mit cirka zehn Jahren das letzte Mal gesehen,<br />
und dann wieder mit 30 Jahren.) (Pho)<br />
seine Ruhe, seine Standhaftigkeit, sein Interesse an meiner<br />
Person. Dass ihm die Partnerschaft zu seiner Frau wichtig war.<br />
Seine Liebe zur Natur. (Tmi)<br />
27
Dass er zuverlässig da war, obwohl er auch viel mit der Arbeit<br />
beschäftigt war, seine Ehrlichkeit, Geradheit, seine Liebe zu seinem<br />
Beruf Zimmermann, seine Aussage: "Lerne soviel du kannst, das wird<br />
dir zugute kommen." Sein Suchen nach dem Sinn des Lebens, sein<br />
Interesse an Büchern wie Teilhard de Chardin, seine Bewunderung<br />
für das Göttliche, sein auf dem Boden stehen auch in schwierigen<br />
Lebensphasen, sein Dasein auch im Abwesendsein, die Sicherheit,<br />
"er ist da". Sein großes Bedürfnis, unabhängig und frei zu sein. (Jvo)<br />
An meinem Vater schätzte/schätze ich besonders, dass er mich zu<br />
einem eigenständigen Menschen geprägt und erzogen hat. Ich<br />
konnte mich selber entscheiden, aber ich musste es begründen<br />
können, warum und wozu. (Cba)<br />
(seine) Zielorientiertheit und (sein) Durchhaltevermögen. (Jba)<br />
Seine ruhige überlegte Art, Pläne zu schmieden und diese zu verwirklichen.<br />
Sein Durchhaltevermögen, wenn er was begonnen<br />
hatte. Sein Umgang mit dramatischen Erlebnissen (Krieg). Seine<br />
Einstellung <strong>zum</strong> Sterben und <strong>zum</strong> Tod. Sein zu uns Stehen in der<br />
Familie aber auch persönlich. (Lbü)<br />
seinen verschmitzten Humor und dass er für unser Auskommen gut<br />
sorgte. (Kmu)<br />
dass er trotz seiner beiden Berufe <strong>Zeit</strong> für uns Kinder fand, sich in<br />
der Freizeit mit uns herumtrieb. Dass er mir sein humanistisches<br />
Weltbild unverkrampft vermittelte. Dass er meine Musikausbildung<br />
förderte und durch seine Musikertätigkeit aktives Vorbild war. (Jor)<br />
seinen Humor, seine Naturliebe und Hilfsbereitschaft, sein Zumirstehen.<br />
(Rwi)<br />
Erst nach und nach ist mir klar geworden, dass sich mein Vater für<br />
uns Kinder ungeheuer abgerackert hat, um unsere Existenz einigermaßen<br />
zu sichern. Er hat auf seine Art einen großen Einsatz für<br />
uns geleistet. Was mir früher als Unbeholfenheit und Ruppigkeit im<br />
Umgang erschien, kann ich mittlerweile auch so verstehen, dass er<br />
seine Zärtlichkeit und Zuneigung zeigen wollte, es aber nicht besser<br />
konnte. Seine peinlichen und taktlosen Aktionen scheinen mir<br />
heute als kleine subversive Akte mit eigenwilligem Humor, als<br />
Ausbruchsversuche aus einer faden bürgerlichen Existenz. (Swö)<br />
28
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
An meinem Vater vermisse/vermisste An ich meinem besonders Vater … vermisse/vermisste ich besonders…<br />
Die Arbeit bedeutete für ihn Erfüllung und Sinnfindung. Vielleicht<br />
fehlte ihm aber die Gelassenheit und entspannte <strong>Zeit</strong> mit meiner<br />
Mutter. Er konnte die guten Momente nicht festhalten, genießen,<br />
reflektieren, sie sind an ihm vorbeigegangen. Es war einfach zuviel<br />
Arbeit, jeden Tag von neuem. (Cbi)<br />
(Belastend war) die Unberechenbarkeit seiner Launen und die fehlende<br />
Verbindlichkeit seiner Versprechen. (Vermisst habe ich)<br />
gelebte und gepflegte physische und psychische Herzlichkeit; ein<br />
Interesse an meinem Alltag, an meinen Plänen und Wünschen; den<br />
Willen bzw. die Kraft auf persönliche Fragen zu antworten. Er entschwindet<br />
dann abrupt in den Schlaf. (Vsc)<br />
Ich vermisse, dass er nicht aktiv den Kontakt zu uns Kindern pflegt.<br />
Ich spüre zwar, dass er sich über Kontakte freut, dass wir Kinder<br />
ihm aber nicht zu fehlen scheinen, wenn wir nicht da sind. Er lässt<br />
sich kaum hinter die Fassade blicken. Er scheint ruhig, ausgeglichen<br />
und doch habe ich immer das unbestimmte Gefühl, dass dahinter<br />
doch einiges mehr in Bewegung sei. Ich vermisse, dass ich<br />
so wenig weiß von ihm, von seinen Gefühlen, Wünschen,<br />
Hoffnungen, die er früher hatte und heute hat. Das macht ihn für<br />
mich zu einem Fremden. Ich vermisse, dass er nicht mehr Auseinandersetzungen<br />
mit mir, meinen Geschwistern und seiner<br />
Partnerin, meiner Mutter, geführt hat. Ich hätte mich gerne wenigstens<br />
einmal mit ihm gestritten und nicht immer mit der Mutter, die<br />
sich für alle und alles verantwortlich fühlte, aber auch für alles verantwortlich<br />
gemacht worden ist. (Tbe)<br />
Leider traute er sich nicht, das auch zu zeigen, dass er innerlich mit<br />
uns mitgegangen ist. Ich denke, dass es wichtig ist, kommunikativer<br />
zu sein, den Kindern mehr zu zeigen, wo ich selber bin. (Gza)<br />
körperliche Nähe, kämpfen und messen, Mitbestimmungsrecht,<br />
kindgerechte <strong>Zeit</strong>vertreibe, im Wald auf Bäume klettern, in der<br />
Natur sein, Stärke und Hinsehen, in der Natur schreien. (Iwe)<br />
seine Abwesenheit, mangelndes Einfühlungsvermögen. (Mgo)<br />
An meinem Vater habe ich eigentlich nichts zu motzen, klar, er war<br />
nicht perfekt, aber wunderbar. Das sage ich natürlich heute. Als<br />
29
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Junge ging mir oft auf den Sack, dass er alles besser zu wissen<br />
meinte (was ja oft auch so war), er hatte ne starke eigene Meinung,<br />
da hätte ich mir manchmal mehr Hören und weniger selber Reden<br />
gewünscht, ja das möchte ich, meine Kinder nicht zutexten. So<br />
richtig vermissen tu ich eigentlich gar nichts an meinem Vater, er<br />
war unter dem Strich einfach sehr OK. (Mba)<br />
An meinem Vater vermisste/vermisse ich besonders seine<br />
Anteilnahme an uns Kindern und allgemein an seiner Familie. Er<br />
hat sich ab und zu extra <strong>Zeit</strong> für uns genommen, machte sich frei,<br />
orientierte sich an uns, aber das war komisch, nicht echt! Ich vermisste<br />
den Ansprechpartner in ihm, das emotionale Gegenüber,<br />
den Halt und die Sicherheit, dass ich/wir ok sind, so, wie wir sind!<br />
Und ich vermisste in ihm den Gesprächspartner, den ich suchte<br />
und gebraucht hätte! (Mhe)<br />
Ich vermisse an meinem Vater etwas Leichtigkeit. Die Leichtigkeit,<br />
das Leben positiv zu sehen, (nicht nur als) Arbeit und Aufwand. Ich<br />
bedaure, dass er über Gefühle wie Trauer, Freude, Ohnmacht,<br />
Wut, Hilflosigkeit nicht spricht und Gefühle als unwichtig zur Seite<br />
legt. Ich vermisse spontane Besuche bei meiner Familie und dass<br />
er sich Hilfe holt. (Mgt)<br />
dass er für uns auch als Jugendliche da gewesen wäre, dass er<br />
seine Rolle beherzter wahrgenommen hätte, dass er meine Mutter<br />
mehr hätte wertschätzen können, dass er sich angreifbarer gezeigt<br />
hätte. (Mhu)<br />
Er war sehr oft abwesend (abends), er nahm wenig Anteil an meinen<br />
Interessen (Literatur, moderne Kunst), er machte mit mir keine<br />
Radtour, er machte keine Zeltferien mit mir. Mein Vater war kein<br />
guter Diskussionspartner, auch wenn wir sehr viel geredet haben.<br />
Er versuchte mich von seinen Meinungen zu überzeugen. Oft<br />
haben wir gestritten, <strong>zum</strong> Beispiel über die Nutzung der Kernenergie<br />
oder die Armee (das tut mir heute noch leid, diese <strong>Zeit</strong> hätten<br />
wir besser nutzen sollen). (Pan)<br />
Er war nicht spürbar, hat sich aus der Erziehung der Kinder rausgehalten,<br />
nie etwas mit mir alleine unternommen. (Psc)<br />
Was ich mir gewünscht hätte: die körperliche Nähe, einfach in den<br />
Arm genommen zu werden, ohne Worte, nur gehalten werden, für<br />
31
mich da sein, ganz. Mit ihm reden, meine Meinung sagen dürfen,<br />
mich an ihm "reiben" im Sinne von Auseinandersetzung, mit ihm<br />
streiten, philosophieren, spielen, weinen, lachen. Ich hätte mir von<br />
ihm mehr Führung gewünscht, mehr Weisheit, Schutz. (Bbe)<br />
So etwas wie einen Freund oder Kumpel in ihm zu haben. Ich vermisste<br />
oft jemanden, mit dem ich meine Sorgen besprechen konnte.<br />
Nie hatte ich das Gefühl, mein Vater interessiere sich dafür.<br />
Vielmehr war er selbst überfordert, wenn es darum ging, mir beizustehen<br />
oder Wege aus einer schwierigen Situation aufzeigen zu<br />
können. Mein Vater machte sich unsichtbar, ging Konflikten aus<br />
dem Weg. So war die Sehnsucht nach einem Vater präsenter als<br />
der Vater selbst. (Jkü)<br />
die Präsenz und Vorbildfunktion in der kindlichen und pubertären<br />
Entwicklung. (Pho)<br />
dass er in meiner Kindheit wenig <strong>Zeit</strong> mit mir verbracht hat, dass er<br />
mich nie in den Arm genommen hat, dass er mich nicht vor der<br />
Neugierde und Gluckenhaftigkeit meiner Mutter geschützt hat.<br />
(Tmi)<br />
dass er wenig <strong>Zeit</strong> hatte, dass er in der Familie eher wortkarg war,<br />
dass er viel mit Arbeit im Beruf und neben dem Beruf beschäftigt war.<br />
Dass er emotional verschlossen war, für sich alleine kämpfte, kämpfen<br />
musste. Dass er Freude, sein Glücklichsein mit seiner ihm so<br />
wichtigen Familie, mir und uns gegenüber, nicht zeigen konnte. (Jvo)<br />
An meinem Vater vermisste/vermisse ich besonders die Spontaneität,<br />
das Experimentelle, einfach mal loslegen, (auch mal) unvernünftig,<br />
chaotisch sein. (Er hatte) ein gewisses einseitiges Weltund<br />
Menschenbild, was nicht kulturell oder intellektuell war, war<br />
weniger interessant. (Cba)<br />
ein höheres Maß an Toleranz und Einfühlungsvermögen. (Jba)<br />
dass ich seine Liebe, die eindeutig da war, in allen möglichen<br />
Verkleidungen entdecken musste. Außer dem beliebten Raufen war<br />
sehr wenig körperlicher Kontakt. Er hat mir wenig geholfen, meine<br />
eigenen Stärken bewusst zu erkennen. Ich habe zu wenig von ihm<br />
erfahren, wie ich mit Niederlagen umgehen kann (<strong>zum</strong> Beispiel<br />
erkennen, was das Gute daran ist oder wie ich diese Erlebnisse<br />
32
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
durchschreiten kann, ohne langfristig geknickt daraus hervorzugehen).<br />
(Lbü)<br />
Einfühlungsvermögen, <strong>Zeit</strong>, Segen und das aktive Bejahen als<br />
Sohn. (Kmu)<br />
dass Schulthemen an ihm vorbeigingen, denn das war die Aufgabe<br />
der Mutter Dass er mich bei der späteren Studienwahl nicht aktiv<br />
unterstützte, aus Rücksicht, mich nicht in eine Richtung drängen zu<br />
wollen. Das empfinde ich heute als Versäumnis. Offenheit und<br />
Toleranz scheint ihm im Alter abhanden zu kommen und seine festgefahrene<br />
Meinung zu bestimmten Themen lässt eine unausgesprochene<br />
Kluft zwischen uns entstehen. (Jor)<br />
das Zeigen von Zärtlichkeit (meiner Mutter und uns Kindern gegenüber),<br />
das Zugeben seiner Alkoholkrankheit, sein sich Einbringen in<br />
den Haushalt. (Rwi)<br />
Besonders vermisst habe ich an meinem Vater Geduld; Geduld, um<br />
mir eine Tätigkeit zu erklären und mir Gelegenheit <strong>zum</strong> Einüben zu<br />
geben. Geduld, wenn mir etwas nicht gleich gelang. Vielleicht auch<br />
das Gefühl, er hätte genug Geduld, um darauf zu warten, dass ich<br />
ihm eine wichtige Angelegenheit erzähle, seinen Rat einhole, es mit<br />
ihm bespreche. (Swö)<br />
1.2 Die Rolle der Väter historisch betrachtet 1.2 Die Rolle der Väter …. historisch betrachtet<br />
Männer, die behaupten, sie seien die Herren im Haus, lügen auch bei<br />
anderen Gelegenheiten. (Mark Twain)<br />
Väter sind nicht mehr die Patriarchen, die tragenden Säulen einer<br />
Familiendynastie. Den Männern und Vätern wird nicht mehr automatisch<br />
Respekt und Macht zugebilligt. Sie müssen heute im<br />
Arbeitsteam wie auch in der Familie mit Argumenten überzeugen,<br />
konfliktbereit und versöhnlich sein, Umsicht und Kompromissfähigkeit<br />
walten lassen. Dieser gesellschaftliche Wandel ist unübersehbar und<br />
war auch längst nötig. Heute gilt es, die Familienzeit als ein partnerschaftlich<br />
geführtes Projekt gemeinsam zu gestalten, Möglichkeiten<br />
und Grenzen gemeinsam abzuwägen und in echter Zusammenarbeit<br />
ein gelingendes Familienleben zu realisieren.<br />
33
Doch zunächst eine kurze Rückblende: Kulturgeschichtlich folgte auf<br />
die Phase der Jäger und Sammler (vor 8000 v. Chr.), also zwischen<br />
8000 bis 2000 v. Chr. eine von matrilinearen Kulturen geprägte <strong>Zeit</strong>. Die<br />
folgenden drei Jahrtausende von 2000 v.Chr. bis 1000 n.Chr. waren von<br />
patrilinearen Kulturen geprägt. Seither entwickelt sich auf der Basis der<br />
Monogamie eine westliche bilaterale Kultur (Ballnik,P., Positive Väterlichkeit<br />
und männliche Identität - Lebenswelten Vater–Kind, Wien 2005,<br />
S.25). Die gesellschaftlich-wirtschaftlichen Entwicklungsphasen im<br />
Europa der letzten 200 Jahre können etwa durch folgende Stichworte<br />
charakterisiert werden:<br />
agrarisch - handwerkliche Kultur<br />
vorindustrielle <strong>Zeit</strong> (Manufakturen)<br />
Industrialisierung, Schwerindustrie<br />
Elektrifizierung<br />
Digitalisierung<br />
Globalisierung<br />
Virtualisierung<br />
Vor 200 Jahren waren im mitteleuropäischen Raum noch sehr viele<br />
Menschen im agrarischen Umfeld zuhause. Die (Groß-)Familien waren<br />
eindeutige Lebens- und Produktionsgemeinschaften. Männer und<br />
Frauen, Väter und Mütter, arbeiteten ganztags im selben Betrieb. Mit<br />
unterschiedlichen Aufgaben und Rollen betraut, wirkten alle nach ihren<br />
jeweiligen Kräften mit, die Existenzsicherung der Familie zu gewährleisten.<br />
Im Landwirtschafts- oder Gewerbebetrieb konnten (mussten) die<br />
Kinder in der täglichen Arbeit der Väter mitwirken. Seit etwa 150 Jahren<br />
leisteten viele Väter 14-Stunden-Arbeitszeiten in verrußten und lärmenden<br />
Fabriken. Die Industrialisierung hatte gerade erst begonnen. Zu<br />
Beginn des 20. Jahrhunderts waren zahlreiche Väter jahrelang abwesend,<br />
weil sie im Kriegsdienst standen. Die Aufbaujahre der zweiten<br />
Hälfte des 20. Jahrhunderts etablierten dann kontinuierlich die Grundlagen<br />
hin zu einer Wohlstands- und Konsumgesellschaft.<br />
Industrialisierung und Digitalisierung der Arbeitswelt haben zudem<br />
völlig neue Voraussetzungen geschaffen. Heute ist für die meisten<br />
34
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Menschen Arbeitswelt und Freizeit bzw. privater Lebensraum örtlich<br />
getrennt. Viele Väter üben Berufe aus, von denen ihre Kinder gar<br />
nichts mehr zu sehen bekommen, selbst wenn sie noch (<strong>zum</strong> Beispiel<br />
am "Tochtertag") durch die Sicherheitsschleusen der Unternehmensgebäude<br />
hindurchgelassen werden. In unseren Berufsfeldern hat eine<br />
tief greifende Virtualisierung stattgefunden, sodass die berufliche<br />
Arbeitstätigkeit immer seltener sicht- und greifbar ist.<br />
Zu einem weiteren evolutionsgeschichtlichen Aspekt: Menschen bringen<br />
Nachwuchs zur Welt, der zunächst sehr dürftig ausgestattet und<br />
extrem hilflos ist. Menschliche Kinder brauchen also<br />
Nahrung und wirtschaftliche Versorgung (Existenzsicherung),<br />
Schutz gegen Wetter, Katastrophen und Aggression,<br />
emotionale Versorgung (Fürsorge, Geborgenheit, Zuhause) sowie<br />
förderliche soziale und kulturelle Entwicklungsbedingungen<br />
(Sozialisation, Identität).<br />
Diese Grundbedürfnisse waren in einer agrarisch geprägten und auf<br />
Eigenversorgung angelegten (Subsistenz-)Wirtschaft noch unmittelbar<br />
erfahrbar und wurden direkt gestillt. Die industrialisierte, globalisierte<br />
und logistisch vernetzte Welt schafft hingegen völlig neue<br />
Voraussetzungen bezüglich der Zufriedenstellung der Grundbedürfnisse<br />
bzw. der Grundversorgung.<br />
In seiner historischen Analyse des Vaterkonzeptes in Europa (Dieter<br />
Lenzen, Transformationen des Vaters – zur Geschichte des<br />
Vaterkonzeptes in Europa, 2002, S.23) kommt Dieter Lenzen <strong>zum</strong><br />
Schluss, dass Väterlichkeit einstmals "etwas Ganzes aus werden lassen<br />
und Bestand erhalten" war, dass diese Funktion im Laufe der<br />
Geschichte jedoch zwischen Kirche, Staat und leibhaftiger Vaterrolle<br />
jeweils unterschiedliche Aufteilungen erfahren habe. In einem sukzessiven<br />
Pro-zess wurde die Rolle der Kirche wegrationalisiert, jene der<br />
leibhaftigen Väter demontiert und diejenige des Staates konsolidiert.<br />
Der Staat beanspruche heute eine allmächtige Position, die den<br />
Vätern lediglich noch eine Stützungsfunktion ("Steuern durch den<br />
Preis der Lebenszeitopferung in Gestalt von Arbeit beiliefern") zubillige.<br />
Dass damit wesentliche Dimensionen und Aspekte individueller<br />
und greifbarer Väterlichkeit an den Staat übergegangen seien,<br />
35
komme in der Rede von "Vater Staat" auch begrifflich <strong>zum</strong> Ausdruck.<br />
Eine neue "Väterlichkeit als Ausdruck einer Beziehung, die leibhaftige<br />
Menschen miteinander unterhalten", könne es allerdings so nicht<br />
geben.<br />
Das Ende des Patriarchats Das Ende des Patriarchats<br />
Die breite und tief greifende feministische Kritik an den überlieferten<br />
patriarchalen Strukturen und Denkweisen hat in den letzten 40 Jahren<br />
wichtige gängige Referenzpunkte eines konstruktiven Begriffs von<br />
"Väterlichkeit" relativiert. Männer und Väter kamen ziemlich pauschal<br />
in Verdacht, sozusagen von Geschlechts wegen potentiell gewalttätig,<br />
übergriffig, sozial unfähig und emotional behindert zu sein.<br />
So verständlich die Kritik an patriarchalen und ausbeuterischen<br />
Strukturen auch ist, sie schlägt häufig den Sack und meint den Esel.<br />
Deshalb ist nachvollziehbar, dass es für nicht wenige heute lebende<br />
Männer demotivierend und lähmend wirkt, quasi von vornherein pauschal<br />
mit Paschagehabe, Machismo und Ausbeutung identifiziert zu<br />
werden. Patriarchales Denken bzw. patriarchale Strukturen werden<br />
weniger individuell repräsentiert, scheinen aber in subtiler Form doch<br />
noch in verschiedenen gesellschaftlichen Einrichtungen und Gebräuchen<br />
durch. Derart fundamentale gesellschaftliche Wandlungsprozesse<br />
sind somit für alle - Männer wie Frauen - sehr herausfordernd<br />
und der Schwebezustand des "nicht mehr" und "noch nicht" ist<br />
im konkreten Alltag oftmals schwierig zu gestalten.<br />
Die in mancher Hinsicht notwendige "Dekonstruktion" althergebrachter<br />
Rollenbilder muss Hand in Hand gehen mit einer konstruktiven<br />
Neubestimmung. Es braucht positive männliche Vorbilder und von<br />
Männern selbst initiierte neue, in der veränderten sozialen Wirklichkeit<br />
lebbare, partnerschaftliche Lebenskonzepte.<br />
Neuerdings setzt allerdings auch auf feministischer Seite eine bemerkenswerte<br />
kritische Analyse ein (vgl. etwa Annette von Friesen,<br />
Schuld sind immer die andern. Die Nachwehen des Feminismus: frustrierte<br />
Frauen und schweigende Männer, Hamburg, 2006). Hier wird<br />
herausgearbeitet, dass durch ein ausgeprägtes Täter-Opfer-Denken<br />
auf Frauenseite und eine pauschale Verurteilung von Männern und<br />
Vätern sehr Vieles blockiert wurde … mit der Wirkung, dass so mancher<br />
Mann und Vater sich auf Rückzug und Schweigen verlegte. Denn<br />
auf diese Weise kann "mann" am wenigsten falsch machen.<br />
36
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Dass die Rückzugsstrategie nicht funktioniert, versteht sich von<br />
selbst. Männer werden - einzeln wie auch im Kollektiv - nicht darum<br />
herum kommen, einen eigenständigen und selbstbewussten<br />
Emanzipationsprozess in Gang zu bringen. Sie werden sich überlegen<br />
müssen, welchen Grundwerten sie sich widmen, welche<br />
Befreiungen sie einfordern und auch welche Kompromisse sie eingehen<br />
wollen.<br />
Es besteht Anlass zur Hoffnung, dass nun tatsächlich eine neue<br />
Bereitschaft <strong>zum</strong> Dialog jenseits von primären und sekundären<br />
Geschlechtermerkmalen einsetzt. Und es ist zu hoffen, dass heutige<br />
Männer und Väter sich offen und selbstbewusst, aber auch profiliert<br />
und konfliktfreudig in die anstehende geschlechterdemokratische<br />
Debatte einbringen. Denn wenn die Patriarchalismus-Kritik der letzten<br />
Jahrzehnte tatsächlich an die edlen Ziele eines menschlicheren,<br />
gerechteren und friedvolleren Zusammenlebens heranführen soll,<br />
dann ist eine selbstkritische, offene, kommunikations- und konfliktfreudige<br />
Haltung unerlässlich - bei Männern wie bei Frauen.<br />
"Väter sind für ihre Kinder da, indem sie "Väter weg sind"<br />
für ihre Kinder da indem sie weg sind"<br />
Die meisten Männer und Väter des 20. Jahrhunderts haben sich den<br />
kaum hinterfragten Prinzipien von Fleiß und Pflichtbewusstsein, von<br />
Gehorsam und Opferbereitschaft, von Leistungsbereitschaft bis zur<br />
Selbstausbeutung, von Genauigkeit bis hin <strong>zum</strong> Perfektionismus, von<br />
Verantwortungsbewusstsein bis zur Selbstaufgabe gebeugt. Sie<br />
haben sich - dem gesellschaftlichen Rollenmodell folgend - auf die<br />
Rolle des Ernährers konzentriert und die grenzenlose Bedürftigkeit<br />
des neuen "Kindes" Arbeitsmarkt bereitwillig akzeptiert.<br />
Hat die wirtschaftliche Entwicklung uns die Väter geraubt, wie kürzlich<br />
ein Fachmann meinte Oder haben wir, beziehungsweise unsere<br />
Väter, die eigenen Bedürfnisse allzu lange ignoriert, hintangestellt -<br />
oder allenfalls an anderen Orten kompensiert Zahlreiche gesellschaftliche<br />
"Mythen der Männlichkeit" (vgl. Markus Fäh, Der perfekte<br />
Mann, Bern, 2004, S.32f) haben den geistigen Kontext dafür geschaffen,<br />
dass die letzten Generationen von Männern und Vätern sich<br />
in ihren Rollen fundamental haben verunsichern lassen. Die mediale<br />
Berichterstattung hat das ihrige dazu beigetragen, dass Vaterbilder<br />
radikal demontiert worden sind. Und jetzt<br />
37
"Was verstehen wir eigentlich im Allgemeinen unter einem ‚Vater' …<br />
Wenn wir davon sprechen, dass ein Kind "bemuttert" wird, dann wissen<br />
wir genau, was gemeint ist. … Vaterschaft hingegen bezeichnet<br />
etwas völlig anderes. … Die Kunst des "BeVaterns" ist in unserer<br />
Gesellschaft fast ausgestorben." (Steve Biddulph, Männer auf der<br />
Suche - sieben Schritte zur Befreiung, Heyne-Verlag, 2003)<br />
Was macht die Vaterrolle bedeutsam Was sind die subjektiv wertvollen<br />
und prägenden Erlebnisse mit Vätern Weswegen lohnt es sich,<br />
Vater zu werden und Vater zu sein Wie kann eine aktive, eigenständige<br />
und selbstbewusste Väterlichkeit unter den heutigen Bedingungen<br />
konstruktiv und gewinnbringend gelebt werden Möge eine<br />
lustvoll gelebte neue Form von Mannsein diesbezüglich ihre motivierende<br />
und gestaltende Kraft entfalten.<br />
1.3 Die Suche nach 1.3 dem Vater Die Suche nach dem Vater<br />
Was fehlende oder abwesende Väter für Kinder bedeuten können,<br />
wurde in den letzten Jahrzehnten verschiedentlich und in vielfältiger<br />
Weise erforscht und aufgearbeitet. Eine Literaturanalyse unter dem<br />
Titel "Vaterentbehrung" (im Auftrag der Männerpolitischen Grundsatzabteilung<br />
des österreichischen Bundesministeriums für Soziales und<br />
Konsumentenschutz, Wien, 2003) versucht einen diesbezüglichen<br />
Überblick zu verschaffen. Es wird betont, dass es sehr bedeutsam sei,<br />
aus welchem Grund die Vaterentbehrung zustande kam (etwa durch<br />
Scheidung, Tod, Suizid, durch "Untertauchen", Verlassen, oder wegen<br />
einem unbekannten oder ignoriertem Vater etc.). Denn der Grund der<br />
Absenz beeinflusst wesentlich, wie die Zurückbleibenden über den<br />
entbehrten Vater sprechen. Ein durch "natürlichen" Tod verstorbener<br />
Vater, über den in Respekt und Würde gesprochen wird, kann für das<br />
Kind bei aller Entbehrung dennoch eine wertvolle Referenz und<br />
Identifikationsmöglichkeit darstellen. Ein Vater, der jedoch als ausschließlich<br />
negative Erinnerung abgelehnt bzw. "gedanklich verbannt"<br />
und tabuisiert wird, lässt nur ein großes Loch zurück. "So leiden<br />
Kinder deutlich stärker, wenn die Trennung vom Vater in einer strittigen<br />
Scheidung der Eltern bedingt ist." (Wassilios Fthenakis, Facetten<br />
der Vaterschaft, 2006, S.159)<br />
Auf dem Hintergrund therapeutischer Arbeit hat sich der<br />
Psychoanalytiker Horst Petri ("Das Drama der Vaterentbehrung -<br />
Chaos der Gefühle, Kräfte der Heilung", 1999) intensiv mit dieser<br />
Thematik auseinandergesetzt. Detailliert und eindrücklich beschreibt<br />
38
er, was die fehlende Identifikations- und Abgrenzungsmöglichkeit an<br />
seelischen Nöten und sekundären Krankheitsfolgen auslösen kann.<br />
So macht es z.B. "früh verinnerlichter Hass auf den nie gekannten<br />
Vater" nahezu unmöglich, eine positive Identifikation mit guten Seiten<br />
von Väterlichkeit ("gutes Vater-Objekt als inneres Hilfs-Ich") aufzubauen.<br />
Und ein fehlender Vater, der sich nicht dem Triangulierungs-<br />
Prozess (vgl. S. 83) stellt beziehungsweise stellen kann, kann die hilfreiche<br />
Dimension im Ablösungs- und Verselbständigungsprozess des<br />
heranwachsenden Kindes nicht <strong>zum</strong> Tragen bringen.<br />
Es scheint erwiesen, dass Väter einen wesentlichen Anteil beim<br />
Aufbau von Selbst- und Weltvertrauen des Kindes haben und gerade<br />
deshalb sind die tendenziell negativen Folgen der Vaterentbehrung<br />
nicht zu ignorieren. "Die Abwesenheit des Vaters schlägt sich im<br />
Selbstwertgefühl, der Selbstkontrolle, dem Wohlergehen und der<br />
Schulleistung des Kindes nieder." (Wassilios Fthenakis, Facetten der<br />
Vaterschaft, 2006, S.160) Allerdings wird auch davor gewarnt, die<br />
Vaterentbehrung - wie dies eine <strong>Zeit</strong>lang in Amerika zur Tendenz<br />
wurde - generell für sämtliche sozialen Probleme sowie für so manch<br />
abweichendes Verhalten junger Menschen verantwortlich zu machen.<br />
Und ebenso wenig darf dies zu einem Pauschalverdacht gegenüber<br />
Alleinerziehenden Anlass geben. Relevant bleibt, wie bereits erwähnt,<br />
in welcher Haltung über den abwesenden Vater gesprochen wird und<br />
ob sich eine neue und verlässliche Beziehung zu einer männlichen<br />
Bezugsperson aufbauen lässt.<br />
Auch die Romanliteratur kennt zahlreiche Variationen der Thematik<br />
des abwesenden Vaters und manches künstlerische Werk wurzelt im<br />
Bedürfnis, die Suche nach dem Vater aufzuarbeiten. Stellt Franz<br />
Kafkas "Brief an den Vater" (Reclam) noch eine von tiefer Verstörung<br />
gezeichnete Abrechnung mit einer als übermächtig erlebten Vaterfigur<br />
dar, so beschreibt Urs Widmer in seinem Werk "Das Buch des Vaters"<br />
(Diogenes TB, 2005) - wenngleich es nicht an Diskrepanz,<br />
Differenzen und familiärer Tragik mangelt - in ironischheiterem Ton<br />
das leidenschaftliche Leben seines Vaters.<br />
Der Salzburger Schriftsteller Walter Müller hat mit "Die Häuser meines<br />
Vaters" (Fischer-Verlag Frankfurt, 2005) einen gleichermaßen von<br />
Entbehrung und Zärtlichkeit gezeichneten Roman über seinen Vater<br />
vorgelegt, den er nie wirklich kennen lernen konnte. "Wenn man nie<br />
mit seinem Vater geredet hat, kann man sich immerhin die tollsten<br />
Geschichten über ihn ausdenken". Dabei handelt es sich um eine<br />
40
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
zuletzt doch liebevolle literarische Verarbeitung, wenn auch mit bitterem<br />
Unterton.<br />
Nun könnte man versucht sein, gerade damit die Vaterabwesenheit<br />
als produktive Kraft zu legitimieren. Angesichts des offenkundigen<br />
Schmerzes, der häufig damit verbunden ist, käme dies allerdings<br />
einer geradezu zynischen Sichtweise gleich.<br />
Wir wollen die defizitären Auswirkungen fehlender Väterlichkeit hier<br />
nicht weiter ausführen, sondern uns umso intensiver der Frage<br />
zuwenden, wie positive Väterlichkeit entstehen und diese gefördert<br />
werden kann.<br />
41
2 Was heisst schon 2 "Vater Was heißt sein" schon "<strong>Vatersein</strong>"<br />
Wo beginnt eigentlich <strong>Vatersein</strong> Peter Ballnik sagt dazu klipp und<br />
klar: "<strong>Vatersein</strong> beginnt im Kopf!" (Ballnik, Positive Väterlichkeit und<br />
männliche Identität, 2005, S.17). Diesen Gedanken wollen wir gar<br />
noch weitertreiben: Während sich das Muttersein auf eine biologische<br />
Evidenz stützen kann (es ist deutlich sichtbar, welcher Körper das<br />
Kind austrägt und aus welchem Leib das Kind geboren wird), ist das<br />
<strong>Vatersein</strong> zunächst einmal reine "Glaubenssache". Positiv formuliert:<br />
<strong>Vatersein</strong> beginnt mit einem bedeutsamen Akt an Vorschuss-<br />
Vertrauen. Und das ist es neben anderen Faktoren auch, was die<br />
Vaterrolle grundlegend von der Mutterrolle unterscheidet und der<br />
Vaterrolle eine unersetzliche sowie eigenständige Bedeutung gibt. Die<br />
Regensburger Familienforscherin Karin Grossmann hat dies ihrerseits<br />
so formuliert: "Kinder machen beim Vater eine entscheidende<br />
Erfahrung: Obwohl sie schwach und hilflos sind, nimmt ein starker und<br />
mächtiger Mensch sie bedingungslos an. Bei der Mutter ist diese<br />
Zuneigung nach neun Monaten uteriner Verbundenheit keine Überraschung,<br />
beim Vater ist sie eine Sensation. Wenn diese "Liebesbeziehung"<br />
gelingt, prägt sie fundamental das Vertrauen und Selbstvertrauen<br />
des Kindes. Und kann beides ruinieren, wenn sie scheitert."<br />
Mit der Aussage dieses Zitates konfrontiert, stellte einer der hier<br />
befragten Väter eher skeptische Überlegungen an: "Wenn ich aber die<br />
Richtigkeit der These unterstelle, könnte ich sie wie folgt erklären:<br />
Selbstvertrauen deshalb, weil der Vater nicht sicher und selbstverständlich<br />
ist wie die Mutter, welcher meist nichts anderes übrig bleibt,<br />
als ihre Rolle anzunehmen und auszuüben. Nimmt der Vater das Kind<br />
an, so tut er es quasi freiwillig und zeigt damit eine besondere Wertschätzung<br />
für das Kind, was dem Kind die Selbstwahrnehmung und<br />
Akzeptanz seiner Person erleichtert; Weltvertrauen vielleicht, weil der<br />
Vater eher der "großen Welt da draußen" zugerechnet wird und durch<br />
seine Präsenz für das Kind diesem den Anschein der Teilhabe an dieser<br />
Welt und deren "Beherrschung" suggeriert. Die These hat jedenfalls<br />
nach diesen Erklärungsversuchen einen Anflug von männlicher<br />
Hybris." (Swö) Mit der alten lateinischen Sentenz "mater certa, pater<br />
semper incertus est" (die Mutter ist gewiss, der Vater immer ungewiss)<br />
wird deutlich, dass es sich hierbei um ein Faktum mit menschheitsgeschichtlicher<br />
Tragweite handelt, dessen sich schon frühere<br />
Generationen bewusst waren.<br />
42
Auch der französische Entwicklungspsychologe Jean Le Camus weist<br />
auf die eigentliche Definitionsmacht der Mutter hin und auf die<br />
Tatsache, dass letztlich die "Mutter bestimmt, wer der Vater ist". Mit<br />
aller Radikalität hält er fest, dass <strong>Vatersein</strong> eine Rolle sei, die nur<br />
durch Anerkennung bzw. Zuschreibung durch die Umwelt zustande<br />
komme. Eine Mutter muss den Vater in dieser Rolle wollen, ansonsten<br />
kann sein Bemühen um Väterlichkeit leicht ins Leere laufen.<br />
Die aktuellen Debatten über "Kuckuckskinder" und über die<br />
Berechtigung <strong>zum</strong> (heimlichen, ohne Zustimmung der Mutter erfolgenden)<br />
Vaterschaftstest entbehren nicht einer gewissen Brisanz.<br />
Dennoch sei festgehalten, dass die obige Feststellung nicht auf eine<br />
allgemeine Verunsicherung und eine diesbezügliche Misstrauenshaltung<br />
abzielt. Es soll jedoch hervorgehoben sein, dass Väter eine<br />
enorme Vertrauensleistung erbringen! Noch bevor sie aktiv werden<br />
und mit dem Kind spielen, es wickeln etc., geschieht mit der Anerkennung<br />
der Vaterrolle ein großer Vertrauensvorschuss. Diesen gilt<br />
es anzuerkennen und wertzuschätzen. Auf diesem Vertrauensbeweis<br />
kann Väterlichkeit aufbauen.<br />
Peter Ballnik (a.a.O., S.17) charakterisiert Väterlichkeit bzw. den Vater<br />
zudem als<br />
Wechselwirkung zwischen einem schutzbedürftigen und einem<br />
schutzbietenden Wesen,<br />
eine Beziehung in Wohlgesonnenheit, Fürsorglichkeit und Nähe im<br />
Spannungsfeld zwischen Forderung und Förderung,<br />
einen Begleiter in die Welt / eine Person mit Erfahrungsvorsprung.<br />
Soziale Väterlichkeit kann auch unabhängig von biologischer<br />
Väterlichkeit <strong>zum</strong> Tragen kommen, etwa in Patchwork-, Pflege- und<br />
Adoptivfamilien.<br />
Tatsächlich wird es auf dem Hintergrund dieser Argumentationslinie<br />
sekundär, wer der biologische Vater ist. Oder anders ausgedrückt:<br />
Jeder Vater nimmt eine soziale Vaterrolle wahr (wenn er sie denn wahrnimmt);<br />
der Glaube an seine biologisch-genetische Vaterschaft mag es<br />
ihm allerdings erleichtern, zu diesem seinem Kind das erwähnte<br />
Vorschussvertrauen aufzubringen und seine soziale Verantwortung<br />
wahrzunehmen. Wenn biologische Vaterschaft gar nicht so relevant ist,<br />
44
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
dann darf die soziale Vaterschaft umso mehr in Freiheit und Balance zur<br />
Geltung gebracht werden. Väter könnten daraus ihr Recht ableiten, mit<br />
Übernahme von Vater-Verantwortung auch in relevantem Maße am<br />
Aufwachsen des Kindes teilhaben zu wollen und sich nicht auf die alleinige<br />
Ernährerrolle reduzieren zu lassen. Denn Väter sind für ihre Kinder<br />
in erster Linie als Interaktionspartner wichtig und vice versa.<br />
Die nachfolgenden Erfahrungsberichte aus unserem Mailwechsel<br />
zeichnen vielgestaltige Bilder über die Bedeutung der Vaterrolle.<br />
2.1 Erfahrungsberichte heutiger VätWann hast 2.1 Du Erfahrungsberichte begonnen, heutiger Väter…<br />
Vatergefühle zu entwickeln<br />
Wann hast Du begonnen, Vatergefühle zu entwickeln<br />
Ich trug das Gefühl bereits als junger Mann in mir. Vater zu werden,<br />
betrachtete ich als das größte Glück und ich wünschte mir immer<br />
eine Familie. Später, mit der Geburt des ersten Kindes fühlte ich<br />
mich von Anfang an wohl, sicher und entschieden, für dieses Kind<br />
immer da zu sein, mit allem, was dazugehört. Ein unglaublich tragendes<br />
und freudiges Gefühl. Und dankbar, dass ich in dieser Rolle<br />
als Vater leben darf. Das Gefühl hat sich in den elf Jahren Vaterschaft<br />
nicht verändert. (Cbi)<br />
Die "überwältigenden Gefühle", wenn ein Mann realisiert, dass er<br />
jetzt Vater dieses Kindes ist, kenne ich selber nicht. Für mich ist ein<br />
entscheidender Moment, dass ich meine Bereitschaft, Vater zu<br />
werden, meiner Partnerin ganz klar mitgeteilt habe. Mit dem bedeutungsvollen<br />
Nachsatz, dass ich eigentlich nicht begründen könne,<br />
weshalb. Als meine Partnerin dann schwanger wurde, dann freute<br />
mich das, vor allem auch, dass es so ohne großes bewusstes<br />
Zutun geschehen konnte. Unmittelbar nach der Geburt beider<br />
Töchter ist es ein sehr beglückendes Gefühl gewesen, sie in den<br />
Arm nehmen zu können, jetzt auch das Neugeborene aus dem<br />
Bauch meiner Partnerin tragen zu können. Was vielleicht mit<br />
Vatergefühl umschrieben werden könnte, ist eine innere Mitteilung<br />
<strong>zum</strong> Kind: "Du bist mir völlig unbekannt - ich habe den Wunsch dich<br />
kennen zu lernen." Ich könnte mir vorstellen, dass diese Zusage:<br />
"Ich möchte dich kennen lernen" ein wichtiger Teil vom<br />
Vaterwerden beziehungsweise <strong>Vatersein</strong> ist. (Gza)<br />
Bereits mit der Nachricht, dass ein neues Leben entsteht, begann<br />
bei mir der Bindungsprozess <strong>zum</strong> ungeborenen Kind. Mit der<br />
45
Geburt des Kindes (Geburtshaus, in Anwesenheit bei der natürlichen<br />
Entbindung) wurde diese Bindung Vater-Sohn augenblicklich<br />
manifest. Das Neugeborene hatte ab Geburt genauso Bezug <strong>zum</strong><br />
Vater, wie auch zur Mutter. Es ist alles eine Frage der geistig-körperlichen<br />
Präsenz. (Pho)<br />
Ich begleitete meine Frau zu den Vorsorgeuntersuchungen und<br />
hatte damit schon früh, bevor das Kind zur Welt kam, väterliche<br />
Gefühle. Beide Kinder kamen per Kaiserschnitt zur Welt. Ich hatte<br />
Gelegenheit, bei der Erstversorgung dabei zu sein und ihnen den<br />
ersten Schoppen zu geben. Ich war also von Anbeginn für das Kind<br />
mitverantwortlich, die Vatergefühle stellten sich deshalb automatisch<br />
ein. <strong>Vatersein</strong> fühlt sich gut an! Es ist eine neue Rolle, ein<br />
Seitenwechsel: Bisher war man immer Sohn, jetzt ist man plötzlich<br />
(auch) Vater. Im Quartier, in dem ich damals wohnte, grüßten mich<br />
manche Leute erst, als ich Vater wurde! <strong>Vatersein</strong> ist mit viel Zärtlichkeit<br />
verbunden, aber auch mit Autonomieverlust. Viele Entscheide<br />
werden jetzt unbewusst vom Kind getroffen, und man<br />
muss sich wohl oder übel darauf einstellen. Kinder zu haben ist<br />
wunderschön und mühsam. Kinder machen glücklich und müde.<br />
(Pan)<br />
Mit dem Bauch der Mutter wuchs auch mein Wunsch, ein verantwortungsvoller<br />
Vater und Begleiter für meine Kinder zu werden.<br />
Allerdings beschränkten sich da<strong>zum</strong>al die Vorbereitungskurse für<br />
werdende Väter auf die Geburtsvorbereitung. Wie man Vater wird<br />
und ist, das war mir überlassen. So standen mir, wie so manch<br />
anderem Mann, nur meine eigenen Erfahrungen als Sohn zur<br />
Verfügung. Aus ihnen schied ich das aus, "was ich meinen Kindern<br />
nicht antun wollte" und kreierte Wünsche und Vorstellungen, wie<br />
ich gerne sein würde. Wie fühlt sich <strong>Vatersein</strong> an Vor dem ersten<br />
Kind in erster Linie ein Gefühl der Verantwortung, auch als Last<br />
empfunden. Mein Gefühl als Vater heute ist immer noch eines der<br />
Verantwortung, aber - und dies als Gewinn von 25-jähriger Vaterschaft<br />
- zunehmend auch ein Gefühl der Freude und Genugtuung,<br />
"meinen" Kindern ein wichtiger Begleiter sein zu dürfen. (Jkü)<br />
Mit der Schwangerschaft meiner Frau. Wie fühlt es sich an GUT!<br />
(Mgo)<br />
Kann ich nicht genau sagen, aber Stationen oder Momente aufzählen:<br />
Verhütung absetzen: Schwangerschaft - Freude, Unsicherheit,<br />
46
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
diffuses Gefühl, baue Wickeltisch, Wohnung wird anders eingerichtet,<br />
handfeste Beschäftigung mit meiner Vaterschaft. Geburt: dabei<br />
sein, unterstützen, mitgehen, mitfühlen. Der Moment, als das Kind<br />
endlich da ist, berührt mich sehr, aber sind das Vatergefühle Im<br />
Spital abholen: Ich bin ziemlich aus dem Häuschen, innerlich desorientiert.<br />
Jetzt habe ich Verantwortung, aber welche Langsam<br />
entsteht Beziehung <strong>zum</strong> Kind: baden, wickeln, tragen, bis es einschläft,<br />
nachts aufstehen, manchmal überfordert, mit Stinkwut auf<br />
den "Störefried" Kind, der mein ganzes Leben aus den Fugen geraten<br />
ließ, weil ich einen ganz anderen Umgang mit der <strong>Zeit</strong> lernen<br />
muss. Aber auch Freude über das Ursprüngliche, Vitale, die<br />
Lebenskraft, über das Leben, das da heranwächst. Ein Wochenende<br />
allein mit dem Kind, das zudem noch krank ist: Fieber messen<br />
(das Kind will nicht), steigt das Fieber oder bleibt es Braucht<br />
es (ein) fiebersenkendes Zäpfchen oder eher nicht Wie viel hat es<br />
getrunken, es will natürlich auch nicht trinken, was für einen<br />
Säugling rasch gefährlich wird. Im Rückblick würde ich sagen, an<br />
diesem (anstrengenden und nervenaufreibenden) Wochenende bin<br />
ich definitiv Vater geworden. (Mge)<br />
Schon lange vor der Geburt des ersten Kindes: Wir hatten eine<br />
"Verhütungspanne" und dachten, dass meine Partnerin schwanger<br />
sei. Obwohl der <strong>Zeit</strong>punkt denkbar ungünstig gewesen wäre<br />
(anstehendes Lizentiat, finanziell prekäre Situation), spürte ich,<br />
dass ich mich auch freuen würde, und dass eine Abtreibung kein<br />
Thema wäre: Bei dieser Gelegenheit spürte ich den Wunsch, Vater<br />
zu werden. Während der ersten Schwangerschaft hatte ich<br />
dann schon häufig ein eher "defizitäres" Erleben. Meine intensivsten<br />
Gefühle waren eher Angst, Unsicherheit, ob ich der noch<br />
unbekannten Verantwortung gerecht würde, große Liebe und<br />
Verbundenheit zur Partnerin. Die Beziehung <strong>zum</strong> Kind aufzubauen,<br />
war mir aber nicht möglich und ich spürte stark den Unterschied zur<br />
Beziehung, die meine Partnerin zu ihm schon aufbaute. Bei der<br />
Geburt ergaben sich im Geburtshaus Komplikationen, so dass wir<br />
ins Spital wechseln mussten. Nach 36 Stunden vom Sprung der<br />
Fruchtblase bis zur Geburt waren wir beide sehr erschöpft und ich<br />
definitiv in einem veränderten Bewusstseinszustand. Aber gerade<br />
dieses Durchschreiten eines extremen Gefühlsbades öffnete mich<br />
von dieser Stunde an in ungekannter Weise, und ich erlebte das<br />
Kind als unfassbares Geschenk. Die Entwicklung der weiteren<br />
Beziehung war für mich stark von Körperlichkeit auch zu dritt<br />
geprägt. Ich hatte drei Monate Vaterschaftsurlaub und so konnten<br />
47
wir in den Tag hinein leben. Ich übernahm einen großen Teil der<br />
Versorgung und Pflege des Kindes. In diesen Tätigkeiten entwikkelte<br />
sich dann dieses "Väterliche". Ich fühlte die Schwere und<br />
doch völlige Selbstverständlichkeit der übernommenen Verantwortung.<br />
Und ich erlebte <strong>Zeit</strong>en eines unglaublichen Glücksgefühls:<br />
<strong>zum</strong> Beispiel: das Kind im Tuch, die Reflexionen der<br />
Blätter von Frühlingsbäumen in seinen dunklen Augen. (Mhu)<br />
Spontan erinnere ich mich an einen Wintertag 1978, als ich mit dem<br />
zweijährigen Sohn Manuel und meiner Partnerin einen Winterspaziergang<br />
rund um den Gurten unternahm. Es war kalt und ich<br />
war mit Kinderwagen, darin Manuel gut eingepackt, unterwegs.<br />
Schon das Durch-den-Wald-stampfen, das Stoßen des Kinderwagens<br />
über Schneewächten und eisige Stellen, und bei der<br />
Rückkehr das Umsorgen und Wärmen des Kinderkörpers. Diesen<br />
Tag verbinde ich mit meinen ersten Vatergefühlen. Einerseits ein<br />
kräftiger, Kraft kostender Spaziergang und andererseits ein behutsames,<br />
fast zärtliches Umsorgen des kleinen Kindes. <strong>Vatersein</strong><br />
fühlt sich als etwas Beschützendes an, das alle meine Kräfte,<br />
Sinne und Gedanken fordert und mir auch zeigt, dass all das bei<br />
mir als Mann vorhanden und abrufbar ist. (Jvo)<br />
Als ich erfuhr, dass ich Vater werde, erfüllte mich riesiges Glück.<br />
Für einige Minuten wich mir sämtliche Kraft aus den Fingern und<br />
ich war nicht mehr in der Lage, etwas zu halten. Die Freude hielt<br />
an und als ich das erste Ultraschallbild sah, verstärkte sich meine<br />
Vorfreude und ich hatte das erste Mal das Gefühl, dass ich meine<br />
Tochter im Herzen spüren konnte. Ich fühlte mich von da an verantwortlich<br />
für mein Töchterchen und meine Vorfreude war kaum mehr<br />
zu ertragen. Als die Bewegungen in Bauch anfingen, fühlte ich mich<br />
als Vater. Ich wusste von da an, dass meine Leila auf das<br />
Bauchstreicheln und meine Stimme reagierte. Meine Vatergefühle:<br />
Dies war ein schleichender Prozess und je mehr ich von meiner<br />
Tochter sehen und fühlen konnte, (umso) mehr entwickelten sich<br />
diese. <strong>Vatersein</strong> fühlt sich für mich fröhlich, belebend, stolz, fürsorglich,<br />
ängstlich, zärtlich, behütet, zufrieden, erfüllt, einfach<br />
unheimlich glücklich an. (Mgt)<br />
Habe bereits Vatergefühle entwickelt beim ersten Ultraschall-Bild<br />
(ca. zehnte Schwangerschaftswoche). (Die) Geburt war für mich<br />
überhaupt das einschneidendste Erlebnis meines bisherigen<br />
Lebens. Ein weiterer Schritt ist, das erste Mal alleine zu sein mit<br />
48
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
dem Baby. In der Karenzzeit war ich dann hauptverantwortlich für<br />
das eineinhalbjährige Kleinkind, was auch wieder sehr wichtig war<br />
für die Vertiefung der Beziehung. <strong>Vatersein</strong> fühlt sich gut an. Erfüllt<br />
mit Stolz; konfrontiert mit Leben und hat dadurch enormen<br />
Tiefgang. (Tmi)<br />
Als ich erfuhr, dass ich Vater werde, war ich zuerst einmal mächtig<br />
stolz auf mich. Große Freude machte sich breit. Meine Frau weilte<br />
in dem Moment in Brasilien und ich musste einen Monat - alleine -<br />
auf sie und "meinen" Bauch warten. Es war einfach ein wunderbar<br />
gutes Gefühl. Als ich dann Hayo bei der Geburt abnabeln durfte,<br />
wurde mir plötzlich auch die große Verantwortung klar. Heute - mit<br />
zwei kleinen Kindern - weiss ich, dass <strong>Vatersein</strong> wunderbar ist, ich<br />
liebe diese Rolle, aber manchmal ist es auch ganz schön schwierig.<br />
Wir als Paar, als Individuen müssen ganz oft hinten anstehen,<br />
was unsere Bedürfnisse anbelangt. (Psc)<br />
Vatergefühle Als die ersten beiden Schwangerschaften im frühesten<br />
Stadium verloren gingen. Mehr aber im Sinne von "ich kann<br />
Vater werden, (ich bin) zeugungsfähig und meine Frau ist gebärfähig".<br />
Dann während der ersten Schwangerschaft, die klappte, als<br />
eigentlich niemand damit gerechnet hatte aus medizinischer Sicht,<br />
und wir rückblickend klar wussten, wann das Kind gezeugt wurde.<br />
Schön und gleichzeitig mit Respekt, aber nicht reflektiert, sondern<br />
mehr mit einem Vertrauen zueinander und ins Umfeld, dass es gut<br />
werden wird. (Cba)<br />
Gute Frage! Das kam so langsam, ist eher leise gewachsen, so<br />
während der Schwangerschaft, irgendwie auch mit dem Bauch der<br />
werdenden Mutter. Einen Gump [Sprung] vorwärts haben meine<br />
Vatergefühle jeweils dann gemacht, wenn meine Partnerin schlief,<br />
aber das Baby im Bauch wach war und auf Druckspiele meinerseits<br />
reagierte, das war absolut ein Hammer. Es gab so einige wenige<br />
Augenblicke während der Schwangerschaft, da ich dem Kind näher<br />
war als meine Partnerin, da war die Beziehung wie direkt. Da<br />
ging es dann jeweils schon los mit Vatergefühlen. Das wurde dann<br />
stärker bei und nach der Geburt, mit allem Tun und Machen und<br />
Sein nachher. <strong>Vatersein</strong> ist groß, schön, stark. Ich fühle mich verantwortungsvoll,<br />
ich habe eine "richtige" Aufgabe, ich habe eine<br />
satte, intensive Rolle, mich braucht es. (Es) fühlt sich an wie die<br />
perfekte Mischung aus Supermann und "Total-machtloser-dem-<br />
Leben-Zugucker". Wenn ich da jetzt über diese Vatergefühle<br />
49
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
bezüglich meinen leiblichen Kindern sinniere, kommen mir noch<br />
andere Beziehungen in den Sinn, wo ich ähnliche Gefühle hatte:<br />
als Leiter einer Cevi-Gruppe ("meine Jungs!"), als Veranstalter von<br />
Kursen, Tagungen, in Projekten, in denen ich mich stark hinein gegeben<br />
habe, als Selbständiger am Schaffen. Ja, das hat schon<br />
was, ich kann irgendwie auch Papa-vergleichbare Gefühle zu<br />
anderen Menschen oder auch "Sachen" haben. (Mba)<br />
Zum ersten Mal mit meiner damaligen Partnerin. Ich war 26 Jahre<br />
alt, sie zwei Jahre älter und hatte drei Knaben. Das waren undeutliche<br />
und vage Gefühle, die ich heute als Vatergefühle deuten<br />
kann. Damals empfand ich "einfach" große Zuneigung und Zugehörigkeit.<br />
Zum zweiten Mal heftig und überwältigend bei der Geburt<br />
meiner Tochter. Das unbedingte Wissen und Gefühl: Ich stehe ein<br />
mit meinem ganzen Leben und meiner Kraft für dieses kleine, wunderbare<br />
Wesen hier in meiner Hand. Ich werde wachsen mit ihr und<br />
nicht weichen müssen, denn ich bin (ihr) Vater. Irgendwie: Endlich<br />
eine Beziehung, die nicht in Frage steht, die nicht verteidigt oder<br />
gerechtfertigt werden muss. Eine echte Erlösung. <strong>Vatersein</strong> ist<br />
wunderbar, die Verantwortung, das Vorbild, die Kraft, das<br />
Schützen, das Wählen und bald das Gewähren und schließlich<br />
Loslassen, im Vertrauen auf das gemeinsam Gelebte. (Vsc)<br />
Beim Alleinsein mit unserer Tochter (Papatage). <strong>Vatersein</strong> fühlt sich<br />
gut an. Ich merke, dass mich meine Tochter braucht. Eine<br />
Bereicherung für mein Leben. Es bringt mich als Mensch enorm<br />
weiter. Es wirft mich auf mich zurück und lässt mich meine Kindheit<br />
und Beziehung zu meinen Eltern nochmals durchleben. Ich werde<br />
erwachsen! (Iwe)<br />
Ich stellte mir bereits als Junge vor, einmal Vater von einem Jungen<br />
und einem Mädchen zu sein, hatte dabei auch konkrete Vorstellungen,<br />
was ich alles unternehmen würde mit ihnen, nämlich<br />
alles, was ich damals selber gerne tat: zelten, Feuer entfachen,<br />
Würste braten, spielen, etc. Als meine Partnerin schwanger war,<br />
wurden diese Vatergefühle wieder wach, die während Pubertät und<br />
Studienzeit eher im Hintergrund waren. Stolz, neuer Lebensabschnitt,<br />
(das) Bewusstsein, Verantwortung zu tragen. Ich spürte,<br />
dass ich nun vom Sohn <strong>zum</strong> Vater wurde. Nach der Geburt meines<br />
ersten Kindes, aber auch der beiden folgenden Kinder, spürte ich<br />
immer eine große Dankbarkeit. Ich war dankbar, überhaupt Vater<br />
von einem Kind sein zu können und hätte am liebsten die ganze<br />
51
Welt umarmt. Ich spüre mich als Vater fest als Teil des Wunders<br />
"Leben". Ich bin als Vater verantwortlich, dass Leben weiter geht,<br />
dass meine Kinder (eine) Zukunft haben, die über meine <strong>Zeit</strong> hinausgeht.<br />
(Tbe)<br />
Im Alter von 37 Jahren: <strong>Vatersein</strong> fühlt sich sehr gut an. (Jba)<br />
Schon bevor ich meine Frau kennen lernte, wollte ich immer Kinder<br />
haben, das war klar. Diese "theoretischen Gefühle" wurden mit der<br />
Geburt des ersten Kindes um die reale Praxis erweitert. <strong>Vatersein</strong><br />
ist für mich ein tiefes Gefühl von Richtigkeit und Stimmigkeit, das<br />
Herausforderungen und Belastungen relativiert und mich diese mit<br />
Gelassenheit sehen lässt. Ich will es nicht missen und empfinde<br />
Dankbarkeit, auch weil ich weiß, dass ich dabei mit den Kindern<br />
wachse und somit erwachsener werde. (Lbü)<br />
Das Verantwortlichsein empfand ich sehr stark schon bei unseren<br />
Haustieren, Hund u. Katzen. Unser einziger Hund starb in meinen<br />
Armen. Dann besonders (und in ganz neuer Qualität) mit der<br />
Geburt unserer ersten Tochter Lena, sehr stark auch mit der Geburt<br />
unseres zweiten Kindes, unseres Sohnes Lorenz. Für mich bedeutet<br />
<strong>Vatersein</strong>, Zuversicht auszustrahlen, mitzuerleben, anzuerkennen<br />
und vor allem zu "segnen", die Hand auf die Schulter unserer<br />
Kinder zu legen, um ihnen Rückhalt im Leben zu schenken. (Kmu)<br />
Kurz nach dem Schreck über das erste, ungeplante Kind entwickelte<br />
sich eine Vorfreude auf das Vater-Werden, vorgefühlte Verantwortung,<br />
vorgefühlter Stolz. Mit der Geburt wurde dann ganz offensichtlich<br />
Stolz und Freude spürbar, ein Menschenleben in die Welt<br />
gesetzt zu haben. Heute (die Kinder sind elf und 19 Jahre alt) empfinde<br />
ich das Vatergefühl oft als Belastung, als ständige Bewährungsprobe,<br />
als ständige Forderung "zu funktionieren". (Jor)<br />
In der Schwangerschaft bin ich überall hin, wo es nur ging, mitgegangen,<br />
(etwa <strong>zum</strong>) Arzt, (<strong>zum</strong>) Geburtsvorbereitungskurs. (Ich)<br />
hatte Bücher über das werdende Leben verschlungen und eine<br />
Segnungsfeier für Schwangere in unserer Pfarre organisiert. Nach<br />
der Geburt - durch Kaiserschnitt - wurde mir Samuel ca. eine halbe<br />
Stunde auf meinen Oberkörper gelegt. Diese halbe Stunde ist mir<br />
sehr wertvoll!!! Einige Wochen nach der Geburt habe ich in den<br />
Spiegel geschaut und plötzlich mich als Vater gesehen. Dieses<br />
Gefühl war noch sehr ungewohnt. Es erfüllt mich mit Stolz und<br />
52
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Freude, wenn Samuel wieder etwas Neues gelernt hat, wie beispielsweise<br />
vor kurzem das erste Mal alleine mit dem Löffel zu<br />
essen. (Rwi)<br />
Erste Vatergefühle waren gleich nach der Geburt vorhanden, als<br />
nach diesem dramatischen Geschehen unser Baby erschöpft da<br />
lag. Diese Vatergefühle haben sich im Zuge der Babypflege, dem<br />
Kosen, Kuscheln und Spielen mit dem Baby zunehmend verstärkt.<br />
Ich fühle eine tiefe Verbundenheit zu meinen Kindern, eine große<br />
Zärtlichkeit und eine Sorge (und) Verantwortung für ihr Wohlergehen.<br />
(Swö)<br />
Wie möchtest Du "Väterlichkeit", <strong>Vatersein</strong> Wie leben möchtest Du "Väterlichkeit" leben, Vater sein<br />
Ich möchte als Mann für die Kinder präsent sein, aber ich möchte<br />
auch die Partnerschaft pflegen und genießen. Und die Kinder dürfen<br />
sehen, dass ihr Papa auch <strong>Zeit</strong>en hat, (in denen) er alleine oder<br />
mit Freunden unterwegs ist. Meine Väterlichkeit im Alltag sieht nicht<br />
so anders aus als die Mütterlichkeit (meiner Partnerin): frühstükken,<br />
haushalten, kochen, essen, spielen, streiten, lachen, blödeln,<br />
Hausaufgaben machen, <strong>zum</strong> Zahnarzt gehen, in die Badi<br />
[Schwimmbad] gehen, Kontakte im Quartier pflegen. Ich weiß, dass<br />
ich nicht wie ihre Mama bin. Wichtig scheint mir, dass wir diese<br />
Unterschiedlichkeit gelten lassen und sie als richtig annehmen.<br />
Das geht gut so, denn wir als Eltern haben die gleichen Grundprinzipien:<br />
(Nämlich) Kinder so zu begleiten, dass sie sich zu<br />
selbstsicheren, gesunden und fröhlichen Wesen entwickeln können,<br />
was oft auch eine undiskutierbare Führung (auf der Seite) von<br />
uns Eltern bedeutet. (Cbi)<br />
Schon bevor meine Partnerin schwanger war, haben wir uns beruflich<br />
so eingerichtet, dass wir 50/50 Beruf/Familienarbeit realisieren<br />
konnten. <strong>Vatersein</strong> ist bei mir in gewissem Sinne synonym mit<br />
Familienarbeit und Hausarbeit machen. <strong>Vatersein</strong> heißt, den gleichen<br />
Anteil an häuslicher Arbeit und Kinderbetreuung zu machen<br />
wie die Frau/Mutter. Als wir schon beide Töchter hatten, ging meine<br />
Partnerin einmal für einen Monat mit einer Freundin nach Mexiko.<br />
(Da konnte ich feststellen, dass ich Beziehungsqualitäten übernehmen<br />
konnte, die die beiden Mädchen sonst eher bei meiner<br />
Partnerin suchten.) Das war ein Moment, wo ich mich deutlicher als<br />
Vater wahrgenommen hatte, vollumfänglich für die Kinder zuständig<br />
und auch von ihnen darauf verpflichtet zu sein. Ich habe diesen<br />
53
Monat in sehr guter, positiver Erinnerung. Es ist offensichtlich, dass<br />
ich mich in meinem Verhalten, in meinen Interaktionen, Entscheidungen<br />
und Zuwendungen von anderen Kriterien und Gefühlen leiten<br />
lasse als meine Partnerin. Aus dieser Sicht war mir schnell klar<br />
geworden, dass mein <strong>Vatersein</strong> etwas anderes ist als ihr Muttersein.<br />
(Gza)<br />
<strong>Vatersein</strong> bedeutet Verantwortung sich selbst und dem Kind gegenüber.<br />
Die Geborgenheit der ersten Lebensjahre schenken, die<br />
Herausforderungen als Begleiter in der Kindheit annehmen, bis hin<br />
zu "führenden" und "leitenden" Inhalten während einer entstehenden<br />
Adoleszenz. (Pho)<br />
Für mich und für meine Frau war von Anfang an klar, dass wir die<br />
Kinder zusammen wollten und dass wir uns auch gemeinsam um sie<br />
kümmern wollten. Ich habe deshalb von Anfang an mit den Kindern<br />
gelebt, bin mit ihnen spazieren gegangen etc. Später haben sie mich<br />
auch (zur) Arbeit begleitet. Mit andern Worten: Meine Kinder sollen<br />
meinen normalen Alltag miterleben können. Ich schalte nicht eine<br />
"quality hour" täglich ein und bin ansonsten nicht vorhanden. Da ich<br />
mit meiner Frau die Erwerbs- und Betreuungsarbeit teile, sind die<br />
Kinder auch im Haushalt und bei der Hausarbeit um mich, ich mache<br />
mit ihnen Schulaufgaben, helfe ihnen bei Spielen etc. <strong>Vatersein</strong> heißt<br />
für mich also in erster Linie, mit den Kindern zusammen zu leben,<br />
ganz normal zu leben, das volle Programm. (Pan)<br />
<strong>Vatersein</strong> bedeutet für mich heute, meinen Kindern (in erster Linie<br />
den Söhnen) eine mögliche Form des Mannseins vorzuleben. Als<br />
lebendes Modell zu wirken, dort Stellung zu beziehen, wo es für<br />
mich wichtig ist. Meinen Kindern möchte ich eine verlässliche<br />
Persönlichkeit und (ein) Partner sein, dies mehr in emotionaler als<br />
finanzieller Hinsicht. Ich wünsche mir, dass meine Kinder mich als<br />
Mann erleben, der sie niemals zurückweist, (der) <strong>Zeit</strong> für sie hat<br />
und (als) jemanden, mit dem sie auch <strong>Zeit</strong> verbringen möchten.<br />
<strong>Vatersein</strong> bedeutet auch loszulassen, auszuhalten, im Hintergrund<br />
zu stehen und Entwicklungen zuzulassen, ohne ständig die<br />
Richtung mitbestimmen zu wollen. Versuch und Irrtum sollen für<br />
meine Kinder (möglich) sein und ich möchte ihnen ein Hafen sein,<br />
in dem sie jederzeit ankern können. (Jkü)<br />
Liebe schenken, Vertrauen geben, Werte vermitteln, die Kinder zur<br />
Selbständigkeit erziehen, für meine Kinder da sein. (Mgo)<br />
54
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
<strong>Vatersein</strong> heißt für mich, eine verbindliche, persönliche, wertschätzende<br />
und gegenseitige Beziehung mit meinen Kindern zu haben:<br />
gegenseitig am Leben Anteil nehmen und Anteil haben lassen, vom<br />
äußeren und inneren Leben des anderen eine Ahnung haben.<br />
(Mge)<br />
In erster Linie Dasein, Empfänglichsein und Spürbarsein als<br />
Mensch und Gegenüber für meine Kinder. In dieser Präsenz versuche<br />
ich situativ angepasst und nicht von Grundsätzen geleitet zu<br />
handeln. (Mhu)<br />
<strong>Vatersein</strong> heißt für mich als erstes, als Vater vorhanden (zu) sein,<br />
als Vater präsent (zu) sein und wahrgenommen (zu) werden, ein<br />
mir <strong>Zeit</strong> nehmen für die Kinder und auch <strong>Zeit</strong> nehmen mit meiner<br />
Partnerin, um die Fragen, Situationen im Zusammenhang mit den<br />
Kindern auszutauschen und nach Lösungen, um Entscheidungen<br />
zu ringen, schauen, was ist gemeinsam, was unterschiedlich. Mein<br />
<strong>Vatersein</strong> lebe ich konkret mit den Abmachungen meiner Partnerin,<br />
wie wir uns Familien- und Berufsarbeit teilen. Meine Väterlichkeit<br />
lebe ich im Alltag, indem ich zu rund 50% Kinder- und Haushaltarbeit<br />
übernehme und während einer bestimmten <strong>Zeit</strong> meine<br />
beruflichen Ambitionen zurückstelle und (dennoch) gleichzeitig im<br />
Beruf stehe. (Jvo)<br />
<strong>Vatersein</strong> heißt für mich, dem Kind Liebe und Vertrauen zu geben,<br />
Werte zu vermitteln und Vorbild zu sein. Es heißt auch, Ängste um<br />
das Kind zu erleben, Zärtlichkeiten zu genießen, für das Kind zu<br />
sorgen und auch Freiheiten aufzugeben, um neue Freiheiten und<br />
Glück erleben zu dürfen. Ich möchte dem Kind zeigen, dass es<br />
immer geliebt wird und eine sichere und vertrauensvolle Burg zu<br />
Hause hat. Ich nehme mir vor, ihm auch Grenzen zu zeigen. Es soll<br />
wissen, dass es geliebt ist und Wert und Wertschätzung lernen. Ich<br />
möchte auch dem Kind und der Partnerin meine Gefühle in Bezug<br />
auf die Vaterrolle mitteilen. Ich möchte liebevoll, menschlich (mit<br />
allen Fehlern und Unzulänglichkeiten), vertrauensvoll Vater und<br />
Vorbild sein. (Mgt)<br />
<strong>Vatersein</strong> heißt für mich, das Kind in den Mittelpunkt zu stellen, mit<br />
all dem, was es braucht, wo es alleine gelassen werden will und wo<br />
es Rückhalt braucht. Es ist für mich mit viel Freude verbunden,<br />
aber auch mit Verantwortung übernehmen. Es war für mich ein<br />
neues Gefühl, einen Menschen zu haben, der vollständig abhängig<br />
55
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
ist von einem. Ich möchte für meine Kinder da sein, wenn sie mich<br />
brauchen. Ich möchte es zudem auch wahrnehmen können, ob sie<br />
mich brauchen, und was sie von mir brauchen: Rückhalt,<br />
Zärtlichkeit, Wissen, Erfahrung, Freiheit, Vertrauen. Im Alltag<br />
möchte ich den Kindern auch ausreichend <strong>Zeit</strong> widmen, um das zu<br />
bemerken, was sie von mir brauchen. Ich möchte die Kinder aber<br />
auch spüren lassen, dass meine Frau und ich eine Beziehung<br />
haben und es auch wichtig ist, diese Beziehung am Leben zu halten<br />
und dass mir das gut tut und damit auch ihnen. (Tmi)<br />
Ich möchte ein psychisch und physisch präsenter Vater sein. <strong>Zeit</strong><br />
haben für die Kinder, sie in ihrem Wachstum unterstützen, ihnen<br />
aber nicht alles abnehmen. Ihnen aber auch Grenzen setzen und<br />
auch mal konsequent und "böse" sein. Meine Rolle verstehe ich<br />
nicht als Kumpel. (Psc)<br />
Ich bin präsent, lebe meine Vaterrolle und die anderen Rollen (Job-<br />
Sharing, Hausmann, Familienmann), lebe das vor, in dem ich es einfach<br />
mache. Verstehe das nicht als "Demonstration", sondern als<br />
Angebot eines Vorbilds von Mann-Sein, das die Kinder annehmen,<br />
teilweise annehmen oder verwerfen können (was ja auch wieder bitter<br />
ist). Verstehe mich auch nicht als der erste Mann in der Geschichte<br />
der Menschheit, der Vater geworden ist. <strong>Vatersein</strong> ist alltäglich<br />
geworden. Das hat viel mit treu sein für mich zu tun. Ich nehme<br />
mir aber auch meine <strong>Zeit</strong> heraus. Die Kinder sollen meine verschiedenen<br />
Rollen sehen und erleben; bis auf die Berufsrolle, die bleibt für<br />
sie vorläufig abstrakt im Vergleich zu den anderen Rollen. (Cba)<br />
<strong>Vatersein</strong> heißt für mich da sein, <strong>Zeit</strong> haben. Da sein mit der ganzen<br />
Familie, heißt aber auch, vor Ort (zu) sein mit den Kindern,<br />
wenn die Mutter mal nicht da ist. Ich glaube, dass das mega wichtig<br />
ist: <strong>Zeit</strong>, die nur ich mit den Kindern habe. Das heißt <strong>zum</strong><br />
Beispiel konkret, dass ich die Arbeitszeit reduziert habe, bin im<br />
Schnitt zwei Wochentage zu Hause. <strong>Vatersein</strong> heißt für mich auch,<br />
dass ich mich den Kindern <strong>zum</strong>ute, mit dem, was ich mag oder<br />
nicht mag, (dass ich) mich zeige. Ich will Halt geben, Blödsinn<br />
machen, streiten, erziehen und meine Rolle als Vater hochhalten.<br />
Ich will die Kinder lieben, aber nicht alles lieben, was sie tun, oder<br />
so. Und dafür werden sie mich auch nicht immer lieben. Aber das<br />
gehört für mich auch <strong>zum</strong> <strong>Vatersein</strong>, dass ich Anliegen, (Werte,<br />
Einstellungen) hochhalte, auch gegen Widerstand, und dabei als<br />
normaler Mann auch mal an diesen scheitern kann. (Mba)<br />
57
Dazu gehört das selbstverständliche Verbinden von Beruf und<br />
Familie. Sie erlebt mich an der Arbeit, und die Arbeit muss hinnehmen,<br />
dass ich nur bedingt zur Verfügung stehe. Erwerbsleben ist<br />
nicht etwas Ausgrenzendes, sondern Teil vom Ganzen. Als Haltung<br />
(heißt <strong>Vatersein</strong>): "Ich vertraue dir, und du kannst dich auf mich verlassen."<br />
(Vsc)<br />
<strong>Vatersein</strong> heisst, einen Teil der Familienarbeit zu übernehmen, und<br />
nicht nur, Geld zu verdienen. Sicher zwei Tage pro Woche zu<br />
Hause zu sein und das Wachsen und Entwickeln der Kinder zu<br />
erleben. In der Kinder- und Familienalltagswelt zu sein. (Arztbesuche,<br />
Spielgruppe, Spielplatz mit andern Müttern, impfen gehen,<br />
basteln, freuen, krank sein, Nächte durchwachen …). (Iwe)<br />
Als Vater, der sich mit seiner Partnerin die Haus-, Familien- und<br />
Erwerbsarbeit teilt, nehme ich am Alltag der Kinder aktiv teil. Für<br />
mich gehören zur Väterlichkeit Fürsorglichkeit, Anteilnahme,<br />
Begeisterung, Ansporn. Traditionell als "weiblich" beschriebene<br />
Attribute fülle ich auf meine Art aus, möglicherweise anders als<br />
meine Partnerin. Als Vater sehe ich mich aber auch darin, die Kinder<br />
in die Welt einzuführen. Sie sollen von mir gestärkt und unterstützt<br />
werden, Kontakte zur außerfamiliären Welt zu knüpfen. Ich<br />
gebe ihnen auch meine Begeisterung für Themen, Aktivitäten,<br />
Werte mit, die mir wichtig sind. Sie sollen sich aber auch an mir reiben,<br />
mit mir streiten und sich mit mir auseinandersetzen, wie ich es<br />
auch mit ihnen mache. Ich will kein Sonntagsvater sein, der nur die<br />
Sonnenseite mit ihnen lebt und ihnen tolle Sachen bietet. Sie sollen<br />
auch den Alltag mit mir erleben und erfahren, dass ein Vater<br />
auch Verantwortung übernimmt, wenn es um die Aufteilung der<br />
"Ämtli" [Zuständigkeiten] geht oder um die Frage, ob ein Zehnjähriger<br />
nun einen MP3-Player <strong>zum</strong> Geburtstag erhält oder nicht.<br />
(Tbe)<br />
<strong>Vatersein</strong> bedeutet für mich die Übernahme von Verantwortung, die<br />
Zurückstellung eigener Bedürfnisse und auch materielle Einschränkung.<br />
(Jba)<br />
Ich arbeite 50%, bin zu Hause, wenn meine Frau arbeitet und<br />
mache alle Tätigkeiten im Haushalt. Ich unternehme einiges mit<br />
den Kindern: gemeinsam kochen, miteinander arbeiten, spielen<br />
usw. Es ist mir wichtig mitzubekommen und teilen zu können, wenn<br />
sie sich freuen oder Kummer haben. Meine Art, mit Dingen umzu-<br />
58
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
gehen, ist oft anders, als es die Frau tut. Es ist mir wichtig, dass die<br />
Kinder diese Möglichkeiten auch kennen lernen. Eine vertrauensvolle<br />
und offene Beziehung zu meinen Kindern ist mir wichtig. (Lbü)<br />
Ich möchte für die Kinder einfach DA SEIN, gemeinsam Familie<br />
erleben und gestalten, die Kinder im Garten und Haus mittun und<br />
mitarbeiten lassen, wenn ich werke. Ich will die Verantwortung in<br />
Bezug auf Kindergarten und Schule aktiv mittragen (in den Kindergarten<br />
begleiten, an Elternabenden teilnehmen, initiativ werden,<br />
wenn es Sinn macht (z.B. zu initiieren, dass Väter sich aktiv im<br />
Kindergarten als Männer engagieren - Väter gestalten jeweils ein<br />
Nachmittagsprogramm für die Buben pro Halbjahr). Ich möchte<br />
ihnen Empathie, Fantasie und Kreativität als wesentliche Werte im<br />
Leben vermitteln. (Kmu)<br />
Verantwortung tragen für junge Menschen, die ich ins Leben<br />
gesetzt habe, die in ihr Leben und in die Gesellschaft hineinwachsen.<br />
Das eigene Ich manchmal aus dem Zentrum räumen und das<br />
Ich meiner Kinder hervortreten lassen. Klar machen, dass ich als<br />
Vater nicht frei von Fehlern bin und zu meinen Fehlern stehe,<br />
solange ich aus ihnen lernen kann. (Jor)<br />
<strong>Vatersein</strong> heißt für mich vor allem da sein! (Rwi)<br />
<strong>Vatersein</strong> heißt für mich zunächst einmal, einfach auch da zu sein für<br />
die Kinder (nicht nur am Wochenende und nicht nur virtuell) und mit<br />
ihnen Alltag zu teilen und zu spielen, für sie ansprechbar zu sein. Ich<br />
möchte den Kindern Möglichkeiten zur Entwicklung geben, ihre<br />
Interessen, Neigungen und Fähigkeiten entfalten lassen, ihnen<br />
Freude an den Schönheiten der Welt vermitteln, Interesse an den<br />
Vorgängen in und um uns wecken oder aufrecht erhalten, Sensibilität<br />
und Rücksichtnahme im sozialen Umfeld fördern, Autonomie und<br />
Selbstbewusstsein stärken. (Swö)<br />
An meinem <strong>Vatersein</strong> ist mir wichtig<br />
An meinem <strong>Vatersein</strong> ist mir wichtig…<br />
dass ich zu meinen Kindern einen klaren, respektvollen und feinfühligen<br />
Umgang pflege und dass Regeln eingehalten werden müssen.<br />
Ich will mich ernsthaft Auseinandersetzungen stellen, ohne umzufallen.<br />
Ich lebe eine natürliche, vertrauensvolle Nähe und Körperlichkeit<br />
zu meinen Kindern. Dies ist für mich ein unermesslich starkes<br />
Gut der menschlichen Nähe und des Grundvertrauens. (Cbi)<br />
59
Ich bin eine der beiden nächsten Bezugspersonen, und ich spiele<br />
dabei den männlichen Part. Die Bemerkung, dass ich als Vater für<br />
unsere Töchter die erste (bedeutsame männliche Bezugsperson),<br />
das ist mir immer wieder sehr präsent. Ich bin der einzige, der ihnen<br />
davon erzählen kann, wie es ist, von "aussen" miterlebt zu haben,<br />
wie das ist, wenn eine Frau ein Kind bekommt. Diese Erfahrung von<br />
außen ist eine fundamental andere als die von innen. Das ermöglicht<br />
den Kindern zu lernen, dass jede Situation aus verschiedenen<br />
Standpunkten erlebt und reflektiert werden kann. (Gza)<br />
An meinem <strong>Vatersein</strong> ist mir zeitliche und mentale Präsenz wichtig.<br />
Als Vater möchte ich für meine Kinder Vermittler und Begleiter hin<br />
zur Selbstständigkeit sein und ihnen die Welt ohne Dogmen und<br />
Prinzipienreiterei erklären können. (Pho)<br />
Eine schwierige Frage! Ich glaube, dass ich echt sein möchte,<br />
nichts spielen, mich so geben, wie ich bin. Das Vater-Programm ist<br />
nicht ein anderes als das Alltagsprogramm. Ich will meine Kinder<br />
voll und ganz erleben, mit ihren Sorgen, Wünschen, Aggressionen,<br />
ihrer Freude, Überschwänglichkeit etc. Und sie sollen mich ganz<br />
erleben dürfen, mit Freude und Erfolg, mit Mutlosigkeit und<br />
Niederlagen, mit Kraft und Hinfälligkeit, mit Stress und Gelassenheit,<br />
mit guten und schlechten <strong>Zeit</strong>en. Natürlich versuche ich meinen<br />
Kindern ein Vorbild zu sein, aber nicht in dem Sinn, das sie<br />
mich kopieren müssen. Und auch ein Vorbild ist nicht perfekt, hat<br />
Ecken und Kanten, und das gehört dazu. (Pan)<br />
Ich will eine Bedeutung in ihrem Leben haben, für meine Kinder<br />
wichtig sein, wie sie für mich wichtig sind. (Mge)<br />
da (zu) sein, Verantwortung übernehmen. Ich möchte sie begleiten<br />
und in Ihrer Eigenart und Eigenständigkeit sehen und akzeptieren<br />
können. Ich möchte Ihnen zeigen, was mir wichtig ist im Leben und<br />
Ihnen die Freiheit lassen, zu spüren, was für sie das Wichtige ist.<br />
Ich möchte mich als Gegenüber anbieten aber nicht aufdrängen.<br />
(Mhu)<br />
Als Vater möchte ich für meine Kinder im Alltag da sein, mit ihnen<br />
den Haushalt, die Kommissionen [Einkäufe] machen, mich mit den<br />
Kindern in der Öffentlichkeit im Gemeinwesen zeigen, mit den<br />
Kindern spielen, mit ihnen lernen, ihnen Vorbild sein, mit ihnen die<br />
Natur entdecken, zeigen, erklären, was ich weiss, mit ihnen in die<br />
60
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Sterne schauen, Geschichten erzählen, mit ihnen staunen, überrascht<br />
sein, was sie alles wissen. (Jvo)<br />
Meine Kinder sollen spüren, dass sie geliebt (werden) und sich bei<br />
allem vertrauensvoll an den Vater oder die Mutter wenden können.<br />
Ich möchte versuchen, den Kindern Freiheit zu geben und sie sanft<br />
im Lebensweg zu begleiten, um, wenn sie stürzen, die Hand zu<br />
sein, welche ihnen aufstehen hilft. Ich möchte, dass meine Kinder<br />
merken, dass sie einen Vater haben, der Gefühle besitzt und diese<br />
auch ausdrücken kann. Ich möchte meine Kinder liebevoll stützen<br />
und begleiten. (Mgt)<br />
An meinem <strong>Vatersein</strong> ist mir wichtig, dass ich den Kindern ausreichend<br />
<strong>Zeit</strong> widme, dass sie mich als Person kennen und einschätzen<br />
lernen. Als Vater möchte ich für meine Kinder offen sein,<br />
Gesprächspartner sein. (Tmi)<br />
Liebe und Achtsamkeit und Vertrauen (zu) geben. Meinen Kindern<br />
möchte ich ein Vorbild sein, was aber nicht heisst, das sie keine<br />
Fehler von mir sehen dürfen. Ehrlichkeit ist mir sehr wichtig. Ich<br />
möchte auch Sachen nur mit ihnen alleine unternehmen. (Psc)<br />
Alltagsvater zu bleiben. Da sein für das Unvorhergesehene, dabei<br />
sein bei geplanten Dingen, da sein für das Wiederkehrende, wie<br />
Schularbeiten machen. Nicht in die Rolle des Event-Vaters kommen,<br />
nach dem Motto, wenn er präsent ist, dann läuft immer etwas!<br />
(Cba)<br />
Ich möchte meinen Kindern die Welt zeigen, erklären, möchte<br />
ihnen die Welt als fantastischen Ort erschließen helfen, damit sie<br />
selber Erfahrungen machen können, gute und schlechte. Ich möchte<br />
den Kindern Mut machen, ihren Weg zu gehen, ihre Kräfte zu<br />
entdecken und zu nutzen, ich will sie zu Neugier, Offenheit,<br />
Respekt gegenüber dem Leben anhalten. … Und dazu will ich mit<br />
ihnen spielen, bräteln, reisen, lesen, tanzen. … Ich will meinen<br />
Kindern zuhören; ich weiß (nur) halbwegs, was gut für mich ist, und<br />
wenn ich ehrlich bin, hab ich keine Ahnung, was für sie gut ist. Als<br />
Vater möchte ich sie begleiten, dass sie selber rauskriegen, was sie<br />
wollen. (Mba)<br />
Den Alltag erleben, nicht einfach für das Besondere zuständig zu<br />
sein, sondern das Normale (leben) an jedem Tag. (Vsc)<br />
61
<strong>Zeit</strong> haben, in der ich nichts anderes muss. Anders sein als die<br />
Mutter, weder besser noch schlechter, nur Vater. Die kleinen<br />
Wachstums- und Lernschritte in der Entwicklung zu sehen, die<br />
sicher nicht nur abends und an Wochenenden stattfinden. (Iwe)<br />
Mir <strong>Zeit</strong> für das Kind zu nehmen und viel miteinander zu unternehmen.<br />
(Jba)<br />
Ein Modell sein, wie man es auch machen kann, ohne Anspruch<br />
auf Vollständigkeit. Ich transportiere klar, dass ich nicht alles weiß<br />
oder kann, und dass es viele Möglichkeiten gibt, ein und dasselbe<br />
zu tun. Ich möchte, dass die Kinder lernen, sich gut zu spüren und<br />
gut für sich zu sorgen und sich so auf ihre Wahrnehmungen verlassen<br />
können. (Lbü)<br />
Als Vater möchte ich für meine Kinder ein herzlicher, empathischer<br />
Vater sein, der aber auch Grenzen setzen kann; ein Orientierungspunkt<br />
sein; die Begeisterung in mir spüren lassen für das Leben, für<br />
Menschen, die Natur, Kunst und Kultur und vieles mehr; meine<br />
Ansprüche zurücknehmen können, um Wesentlicheres weitergeben<br />
zu können; ich möchte mit meiner Frau den Kindern ein mögliches<br />
Beispiel an Partnerschaft vorleben, dass zwar nicht perfekt<br />
ist, das aber Orientierung bieten kann. Ich möchte durch meinen<br />
Glauben, den Kindern Halt anbieten können, der ihnen später einmal<br />
Mut und Kraft gibt, auch schwierige Situationen im Leben zu<br />
meistern. (Kmu)<br />
Lebenserfahrung vermitteln beziehungsweise anbieten, ohne sie<br />
aufdrängen zu wollen. Meinen Kindern ermöglichen, aus meinen<br />
Fehlern zu lernen; meine Kinder beschützen, meine Kinder "challengen".<br />
(Jor)<br />
Als Vater möchte ich für meine Kinder <strong>Zeit</strong> haben, sie meine Männlichkeit<br />
erleben lassen, zu meinen Grenzen stehen, als Partner meiner<br />
Frau sichtbar sein, Nähe und Zärtlichkeit schenken bzw. zulassen<br />
und den Kindern helfen, ihren eigenen Weg zu finden. (Rwi)<br />
Da sein und ansprechbar sein, wirklich diskursfähig sein (nicht nur<br />
in Einbahn kommunizieren). Die Bedürfnisse der Kinder anerkennen,<br />
sie in ihrer Entwicklung begleiten und nach Möglichkeit unterstützen.<br />
Wichtig ist mir auch der gegenseitige Respekt für die<br />
Person und Persönlichkeit des anderen. (Swö)<br />
62
Besonders intensiv erlebte Besonders Momente intensiv als Vater erlebte waren… Momente als Vater waren<br />
Authentische Reaktionen, auch wenn sie manchmal in Konfliktsituationen<br />
nicht angenehm sind, werden von meinen Kindern letztlich<br />
positiv aufgenommen. Konkret (bedeutet das): Es ist eben<br />
nicht immer Verhandlungsspielraum da, dann knallen eventuell mal<br />
die Türen und Minuten später ist alles vorbei, als wäre nichts gewesen.<br />
Oft sind es die stillen Momente am Abend, wenn der Tag abgerundet<br />
wird, die besonders innig sind. Besonders prägend ist es,<br />
wenn man Kinder bei Schwierigkeiten begleitet, wie längere Krankheit,<br />
Schulsorgen, entwicklungsbedingte Verunsicherungen. Mein<br />
<strong>Vatersein</strong> ist intensiver, wenn meine Partnerin arbeitsbedingt einen<br />
Tag und eine Nacht pro Woche außer Haus ist. (Cbi)<br />
Die ersten Lebensjahre (momentan zweieinhalbjährig), wenn das<br />
Kind Schutz sucht (Schmerzen, Angst, neue Herausforderungen),<br />
das Zu-Bett-bringen, wenn es sich behütet schlafen legt, die<br />
Begleitung bei prägenden Ereignissen. (Pho)<br />
Ein prägendes Erlebnis (will ich erzählen). Mein älterer Sohn war<br />
damals ein paar Wochen alt: Ich will am morgen zur Arbeit, da höre<br />
ich den Sohn in seiner Wiege weinen. Ich gehe zu ihm, um ihn meiner<br />
Frau <strong>zum</strong> Stillen zu bringen. Er dreht, als er mich kommen hört,<br />
in der Wiege den Kopf nach mir um und als er mich erkennt, lächelt<br />
er mich an - sein erstes Lächeln! Es galt mir, nicht meiner Frau! …<br />
Meine Vaterrolle erlebe ich besonders intensiv, wenn ich mit einem<br />
meiner Söhne etwas zu zweit unternehme: eine Velotour, eine<br />
Bergwanderung, etwas, das nur für uns zwei ist, das uns aneinander<br />
bindet. (Pan)<br />
Alle vier Geburten waren für mich eher anstrengende Ereignisse,<br />
bei denen ich mir teilweise überflüssig vorkam. Das großartige<br />
Gefühl, von dem viele Männer sprechen, kann ich weder nachvollziehen,<br />
geschweige denn teilen. Nach der Trennung von meiner<br />
ersten Frau und demzufolge der beiden Söhne folgte eine <strong>Zeit</strong>, in<br />
der ich mit den Söhnen <strong>zum</strong> ersten Mal alleine gemeinsame Wochenenden<br />
verbrachte. Diese Tage des intensiven Zusammenseins<br />
waren anstrengend und bereichernd zugleich. Ich war für sie während<br />
dieser <strong>Zeit</strong> der Wichtigste und Einzige. Dieser Überforderung<br />
fühlte ich mich anfangs nicht gewachsen, zunehmend ergaben sich<br />
jedoch Wege, die sich in einer Ehe in der Regel nicht bieten.<br />
Während Krankheiten war es ebenfalls wichtig, für meine Kinder da<br />
64
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
zu sein. Sie zu pflegen war immer eine dankbare und schöne Aufgabe,<br />
Nebenerscheinungen wie Schlafmangel mal außer Acht<br />
gelassen. (Jkü)<br />
Wenn meine Kinder die Nähe zu mir suchen, wenn ich alleine mit<br />
meinen Kindern unterwegs bin, wenn ich ihnen spielerische<br />
Aufgaben stelle. (Mgo)<br />
Gute-Nacht- und Guten-Morgen-Momente; mit den Kindern allein<br />
etwas unternehmen, zusammen etwas machen; Kinder verarzten,<br />
trösten, nach einem beigelegten Streit einander umarmen; Kind<br />
nach Schlittenunfall ins Spital fahren, Untersuchung und Diagnose<br />
und Behandlung abwarten; oder aus etwas Distanz die Kinder<br />
wahrnehmen: Wie sie sich in einer Kindergruppe tummeln, was sie<br />
machen; spezielle Entwicklungsschritte wahrzunehmen berührt<br />
mich. Das dürfen auch Kleinigkeiten sein, <strong>zum</strong> Beispiel zu wissen,<br />
wo der Konfitürenachschub zu finden ist und dafür selber in den<br />
Keller gehen. (Mge)<br />
Wir teilten uns die Kinderbetreuung 50% zu 50%. Das <strong>Vatersein</strong><br />
erlebte ich häufig intensiver, wenn ich alleine mit den Kindern bin.<br />
Auch die "Hausmännerferien", wo wir jeweils eine Woche zusammen<br />
waren, gaben ein ganz besonderes Gefühl. Zum Beispiel<br />
hatte mein älterer Sohn mal zwei Tage lang hohes Fieber. Der<br />
Jüngere war noch sehr klein (ca. 1,5 Jahre) und ich mag mich noch<br />
an die Nacht erinnern: Wir hatten aus drei Matratzen ein großes<br />
Bett gemacht. Auf jeder Seite hatte ich einen Sohn. Ich war im<br />
Stundentakt wach, um Fieber zu messen, Tee zu holen und dies<br />
und das. Da der Ort sehr abgelegen war und wir kein Auto dabei<br />
hatten, war ich auch etwas nervös und ängstlich. Gleichzeitig hatte<br />
ich aber eine große Zuversicht und Sicherheit in der Situation. Und<br />
ich spürte, wie uns das gemeinsame Bewältigen dieser Herausforderung<br />
nochmals näher brachte. Eher negativ erlebte ich mehrmals,<br />
wie ich vor allem den älteren Sohn anders haben wollte, als<br />
er war, respektive als er sich benahm. Ich hätte ihn mir kommunikativer<br />
und offener gewünscht und hatte lange sehr Mühe, seine Insich-Gekehrtheit<br />
und in manchen Situationen soziale Uninteressiertheit<br />
zu akzeptieren. (Mhu)<br />
Das Weinen, das Wütend sein der Kinder, das mich an meine<br />
Grenzen brachte und doch waren es wichtige Momente: Das mich<br />
zeigen mit den Kindern im Tragtuch oder Kinderwagen im Laden im<br />
65
Quartier; das Hineinwachsen in meine variantenreiche Vaterrolle<br />
und das auch selbstverständlich werden dieser Rolle. Das Lernen<br />
der Kinder von Skifahren, Langlaufen, im Haushalt mitarbeiten, im<br />
Garten pflanzen, jäten, beobachten. Einen Konflikt mit Schulfreunden<br />
(ca. 10-jährig) lösen helfen, indem ich diese eingeladen<br />
habe zu unserem Sohn nach Hause, mit ihnen gesprochen habe<br />
und diese sich auch wieder gefunden haben. Eine Bergtour mit<br />
Matthias (ca.13-jährig) auf das Morgenberghorn, bereits auch ein<br />
wenig an die Grenzen kommend, ein wunderbares Erlebnis.<br />
Vielfach auch Unternehmungen mit einem Kind alleine, mir extra<br />
<strong>Zeit</strong> nehmen für dieses. (Jvo)<br />
Jeden Tag erlebe ich für mich intensive prägende und glückliche<br />
Momente mit meiner Tochter. Immer wenn sie mich sieht, beginnt sie<br />
zu lachen und ihre Augen strahlen. Sie beginnt mit Armen und<br />
Beinen zu strampeln. Für mich gibt es kein schöneres Gefühl. Weiter<br />
prägend sind für mich die Erlebnisse mit den großen Pflegekindern.<br />
Immer wieder erlebe ich, wie ich ihnen Grenzen setzen muss, sie<br />
jedoch immer wieder bei mir Rat und Hilfe holen. Besonders schön<br />
ist für mich anzuschauen, wie einer der Pflegesöhne auf meine<br />
Tochter reagiert. Als er von der Schwangerschaft erfuhr, war er sehr<br />
eifersüchtig und ärgerlich. Er schrie, dass er dieses Kind aus dem<br />
Fenster werfen werde. Nun, seit Leila hier ist, begibt er sich immer<br />
zuerst zu ihr, um mit ihr zu spielen. Sie ist ihm sichtlich ans Herz<br />
gewachsen, und die beiden lachen einander oft an. (Mgt)<br />
Die Geburten waren alle drei sehr prägende Erlebnisse, kann sie<br />
nach wie vor minutiös nachvollziehen; das Schlafen legen der<br />
Kinder erlebe ich intensiv;<br />
alleine mit einem der drei U-Bahn- oder Straßenbahn fahren. Ein<br />
prägendes Erlebnis war auch der erste zweitägige Urlaub alleine<br />
mit dem älteren Sohn (er war gerade sechs Jahre). (Tmi)<br />
Ein sehr prägendes Erlebnis, sind die beiden Hausgeburten. Ich<br />
war sehr aktiv am Geburtsvorgang beteiligt. Habe beide Kinder<br />
abgenabelt. Da hat für mich das <strong>Vatersein</strong> so richtig begonnen. Ich<br />
musste bei beiden Kindern weinen und war sehr gerührt, als ich sie<br />
nach der Geburt in die Arme nehmen durfte. Auch das erste Mal<br />
draußen am Lagerfeuer schlafen mit Hayo (in der Nacht auf seinen<br />
vierten Geburtstag) war sehr prägend. Auch der Alltag, mit<br />
nicht so tollen Aufgaben wie Windeln wechseln usw. gibt eine<br />
unwahrscheinlich starke Verbindung. (Psc)<br />
66
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Fußball spielen mit meinem Sohn! (Fußball interessiert mich nicht,<br />
warum interessiert es die Jungs so) = Klare Aufgabe von mir als<br />
Vater. Rammeln mit allen drei Kindern, Velo(Fahrrad)fahren,<br />
Vorlesen, die Woche und die Termine der Kinder gemeinsam planen,<br />
koordinieren, bei den Hausaufgaben helfen, die Modelleisenbahn<br />
aus dem Keller holen, die ewigen Auseinandersetzungen am<br />
Tisch, wer wie viel isst, die nervtötenden Streitereien um NICHTS,<br />
wenn ich mich drücke und sage: "Geh und frag Mama …!" (Cba)<br />
Die Geburt war schon auch ein prägendes Vatererlebnis, steh ich<br />
doch da nach mehr als 2 Tagen, nix schlafen mit einem schreienden<br />
Kind in den Armen und bin total überfordert und weiß nicht was<br />
tun und glaub es nicht: Urplötzlich ist ein neuer Mensch da. Vorher<br />
war er immer in der Mutter, eigentlich mega weit weg, jetzt voll bei<br />
mir. Ein intensiver Moment ist für mich oft das Aufstehen, die<br />
Tagwache, wenn wir <strong>Zeit</strong> haben und nicht losstressen müssen,<br />
dann wenn Yael aus dem Bett steigt, bettwarm eben, in meine<br />
Arme kriecht, sich da ganz nah reinmümmelt, dann aufschaut, aus<br />
dem Mund stinkt und "dä do" sagt und auf etwas zeigt und sich wieder<br />
an mich schmiegt. Das haut mich um. Oder wenn wir zusammen<br />
tanzen und lachen, zu gutem altem Punkrock irr im Kreis hüpfen<br />
und uns dann müd' auf ne Matratze fallen lassen und kuscheln.<br />
Oder bei Wasser- und Waschaktivitäten, im Freibad, Hallenbad<br />
oder zu Hause, das Plantschen, das Wellnessen, das Spörteln, das<br />
ist als Vater supertoll. Meine Vaterrolle merke ich auch heftig, wenn<br />
Außergewöhnliches passiert, Unfälle, Kinderstreit mit Tränen … ,<br />
dann, wenn es was zu retten oder zu helfen oder zu organisieren<br />
gibt. (Mba)<br />
Die Geburt, das Kranksein, wenn ich erlebe, sie (die Tochter) macht<br />
wieder einen Entwicklungsschritt, (wenn) ich andere Menschen in<br />
ihr erkenne, die sie (sich) <strong>zum</strong> Vorbild nimmt, wenn sie mich fragt:<br />
"Warum ist..." (Vsc)<br />
Wenn ich in der Nacht alleine mit unserer Tochter bin. Wenn am<br />
Morgen eines Papatages meine Frau aus dem Haus zur Arbeit<br />
geht. Wenn ich mit andern Müttern im Sandkasten sitze und<br />
Apfelschnitze und Reiswaffeln esse. Wenn wir im Kaffee sitzen und<br />
Espresso und Apfelsaft trinken. Wenn wir als Familie im Spital<br />
unsere Tochter halten, während ihr das Augenlid genäht wird. (Iwe)<br />
67
Für mich ist grundsätzlich der Alltag mit den Kindern wichtig. Ich<br />
wehre mich dagegen, dass es vor allem nur um die "Quality Time"<br />
gehen soll, die Väter mit ihren Kindern verbringen. Nichtsdestotrotz<br />
erlebe ich immer wieder sehr intensive Momente, beispielsweise<br />
wenn ich mit einem meiner Kinder etwas alleine unternehme und<br />
wir so gemeinsam <strong>Zeit</strong> haben füreinander. So war es für mich ein<br />
sehr schönes Erlebnis mit meinem Ältesten letzten Sommer eine<br />
Velotour zu machen und miterleben zu können, wie er als damals<br />
Neunjähriger mit dieser Tour Neuland betrat und es sichtlich<br />
genoss die Welt zu erfahren. ... Heute Abend brachte ich die jüngste<br />
Tochter (fünf Jahre alt) zu Bett. Sie war zwar nach einem langen<br />
Tag sehr müde, wehrte sich aber mit Händen und Füßen,<br />
schrie und fand mich total daneben. Als sie endlich im Bett war,<br />
sang ich ihr ein Lied, ihr Groll verschwand, sie kehrte sich mir zu<br />
und erzählte von den Meerschweinchen der Nachbarskinder. Das<br />
finde ich ein wunderbares Erlebnis, das ich in ähnlicher Form<br />
immer wieder erlebe mit meinen Kindern. (Tbe)<br />
Im ersten Lebensjahr, in der <strong>Zeit</strong> der Väterkarenz, bei Freizeitaktivitäten<br />
bzw. wenn ich täglich mein Kind in den Kindergarten<br />
bringe und immer wieder auch abhole. (Jba)<br />
Bei mehrtägigen Wanderungen und mehrtägigen Radtouren mit<br />
nur einem Kind; in Konflikten, die es notwendig machen, neue<br />
Wege suchen; in den Ereignissen, die die Kinder bewegen und an<br />
denen ich teilhaben kann. Ich habe von den Kindern wieder ein<br />
Stück Leichtigkeit, ungetrübte Freude und einfaches " So Sein"<br />
gelernt, was meine eigene Lebensqualität sehr hebt, da ich mich<br />
weniger "verkopfe". (Lbü)<br />
Bei der Geburt unseres 3. Kindes, ANNA, mit der Geburt als wunderschönem,<br />
heiligem Erlebnis in unserem Leben; dass jedes Kind<br />
ein enormes Geschenk und ebenso eine große Herausforderung<br />
für unsere persönliche Reifung und Entwicklung bedeutet. (Kmu)<br />
Die Geburten meiner Kinder, speziell die ersten Wochen mit unserer<br />
Tochter (deren Geburt problematisch verlief, weshalb ich zwischen<br />
zwei Spitälern, in denen Mutter und Tochter getrennt untergebracht<br />
waren, hin und her jetten musste). … Alle besonderen Schulereignisse,<br />
Feiern, Bühnenauftritte der Kinder (Stolz!). Der erste<br />
Zahn, ein Fahrradunfall unserer Tochter (Selbstvorwürfe!); als einziger<br />
Vater inmitten von Müttern beim Elterntreffen in der Schule. (Jor)<br />
68
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Dieses Jahr darf ich einen "Vaterschaftsurlaub" machen. Für mich<br />
ist dies ein großes Geschenk, ein ganzes Jahr lang <strong>Zeit</strong> mit unserem<br />
Kind zu verbringen und die Hauptverantwortung für den<br />
Bereich "Haushalt" zu übernehmen. Ich erlebe mich heuer noch<br />
intensiver als VATER! (bewusst groß geschrieben, weil ich so in<br />
diese Rolle noch mehr hineinwachse). (Rwi)<br />
Wenn wir gemeinsam etwas (für die Kinder) Aufregendes unternehmen,<br />
wie - bei meinen Kleinen - der Besuch eines tollen Spielplatzes,<br />
einer Spielgruppe oder eines Kinderkonzertes. Wenn die<br />
Kinder etwas Neues erfahren und vor allem lernen (Entwicklungsschritte)<br />
und auf ihre neu erworbene Kompetenz stolz sind. (Swö)<br />
Was mein <strong>Vatersein</strong> besonders macht<br />
Was mein <strong>Vatersein</strong> besonders macht…<br />
Ich bin anders als meine Partnerin, mit anderen Stärken und<br />
Schwächen. Dieses Anderssein betrachte ich als wertvoll für die<br />
Kinder. Mein Sohn orientiert sich eindeutig mehr an mir, meine<br />
Tochter mehr an ihrer Mutter. (Cbi)<br />
Zentral ist für mich, dass Kinder einen Vertreter des männlichen<br />
Geschlechts UND eine Vertreterin des weiblichen Geschlechts<br />
erleben. … Wenn die Kinder erleben können, dass der Vater<br />
Facetten von Männlichem/Väterlichem lebt und die Mutter von<br />
Weiblichen/ Mütterlichem, dass das also nur Varianten einer immensen<br />
Vielfalt sind, … dann ist mein <strong>Vatersein</strong> doch recht gut<br />
gelungen. … Das Schönste an der Tatsache, dass es Väter und<br />
Mütter gibt: wir haben so das ganze Spektrum an Erfahrungen und<br />
Beziehungsmöglichkeiten zur Verfügung. (Gza)<br />
<strong>Vatersein</strong> ist eine emotional-mentale Zuwendung hin <strong>zum</strong> Kind. Im<br />
Gegensatz zur Mutterrolle, die oft von beschützender Emotionalität<br />
geprägt ist, stehe ich als Vater als Vermittler zwischen behütetem<br />
"Nest" und dem Risiko, in die "Freiheit zu fliegen". (Pho)<br />
Durch das von uns gewählte und praktizierte Modell erleben unsere<br />
beiden Söhne Vater und Mutter gleichermaßen als erwerbstätig, gleichermaßen<br />
als für den Haushalt zuständig. Als Teens merken sie<br />
aber den Unterschied zwischen Vater und Mutter. Wenn ich mit einem<br />
meiner Söhne oder auch mit beiden, aber ohne Mutter unterwegs bin,<br />
entsteht etwas "Männerbündlerisches" (etwas Männerverbindendes):<br />
das machen "wir Männer"... (ohne dass wir) ein spezielles Programm<br />
69
machen, höchstens vielleicht eine Sportart, die meine Frau nicht so<br />
gern ausübt... oder Ausflüge, die meine Frau nicht interessieren, <strong>zum</strong><br />
Beispiel in den Lötschbergtunnel oder an archäologische Fundstätten,<br />
das ist für die Söhne spannend und eine Erfahrung, die sie<br />
gerne mit mir teilen. (Pan)<br />
Es gibt nur den einen Vater. Er ist immer der Bestmögliche, respektive<br />
das Gegenteil. Mann sein lernt jedes Kind in erster Linie von<br />
seinem Vater. Dieses Bewusstsein grenzt mich sicher am stärksten<br />
ab von der Mutter. Väter lassen ihre Kinder mehr Risiken eingehen,<br />
sie stärken so Mut und Selbstbewusstsein ihrer Kinder auf eine<br />
andere Art als Mütter. Nur Väter haben die Möglichkeit, ihre Söhne<br />
in die Männerwelten einzuführen. (Jkü)<br />
Die körperliche Präsenz, das Raufen und Balgen, auch mal etwas<br />
fordern. (Mgo)<br />
Meine Vaterrolle muss sich nicht gegenüber der Mutterrolle auszeichnen.<br />
Ich lebe meine Art der Beziehungsgestaltung, mit meinen<br />
Ressourcen und meinen Behinderungen, da sind traditionelle<br />
Geschlechterstereotype drin und meine persönlichen Prägungen<br />
und Erfahrungen, die davon abweichen können. (Mge)<br />
Ich glaube, die Väter trauen ihren Kindern häufig früher mehr zu.<br />
Mit dem Risiko, sie dabei zu überfordern und der Chance, sie zu<br />
Entwicklungen anzuspornen. (Mge)<br />
Spätestens bei der Geburt beginnt das <strong>Vatersein</strong>, als gemeinsames<br />
Vater-Mutter-Dasein. Als Vater da sein, einer sein, der anders entscheidet,<br />
die Welt anders wahrnimmt, das Abenteuer sucht, die<br />
Natur erforscht, draußen schläft mit den Kindern, den Sternenhimmel<br />
und das Dunkle der Nacht aufzeigt, den Geräuschen nachgeht,<br />
die Spannung erträglich macht, den Kindern andere Spielräume<br />
gewährt, sie an Grenzen führt, sie ermuntert, diese auch zu<br />
überschreiten und auch das Verantwortungsgefühl stärkt. Natürlich<br />
sind das nicht nur väterliche Eigenschaften. … Und auch immer<br />
wieder als Eltern sich auseinandersetzen, was wir unseren Kindern<br />
mitgeben wollen, was nicht, wo wir unterschiedlicher Meinung sind.<br />
(Jvo)<br />
Für mich ist der Prozess, wie sich die Liebe <strong>zum</strong> Kind entwickelt,<br />
die Besonderheit. Wie eine wunderschöne Blume, welche da ist,<br />
70
aber noch nicht sichtbar und dann langsam aus dem Boden kommt<br />
und sich dann zu einer wunderschönen Blume entwickelt. Und dieser<br />
Prozess geht weiter. Auch die Beschützerrolle erachte ich als<br />
große und verantwortungsvolle Aufgabe, welche stolz aber auch<br />
ängstlich vor der Anforderung macht. (Mgt)<br />
Gegenüber der Mutter habe ich vor allem die Aufgabe, verstärkt<br />
Grenzen zu setzen, aber auch mehr zuzulassen und mehr zuzutrauen.<br />
Ich war diesbezüglich beim ersten Kind noch recht unsicher und<br />
bin oft auf die Ängste der Mutter eingegangen, habe darauf zu viel<br />
Rücksicht genommen, habe mich mit den drei Kindern viel stärker<br />
als Vater profiliert (obwohl unser Jüngster noch immer MAMA zu mir<br />
sagt). Ebenfalls stärker bei mir liegt die Obsorge für unsere<br />
Paarbeziehung. Ich bin darauf sensibler, wenn hier was nicht stimmt<br />
und versuche, gemeinsame Beziehungsarbeit einzufordern. (Tmi)<br />
Die Nähe Vater-Kind ist nie die gleiche wie Mutter-Kind. Dies zu<br />
akzeptieren, war für mich sehr wichtig, um genau die Punkte der<br />
Bedürfnisse der Kinder abzudecken, die die Mutter nicht abdecke<br />
kann. Vor allem versuchen dem Sohn ein gutes männliches Vorbild<br />
zu sein, ihm positive "Mannächraft" (Männerkraft) zu vermitteln. Bei<br />
der Tochter kann ich das noch nicht richtig definieren, sie ist erst<br />
neun Monate alt, aber ich denk, es ist ähnlich. (Psc)<br />
Es gibt noch eine weitere, zusätzliche Sicht und Art, wie der Alltag<br />
der Kinder miterlebt, mitgestaltet, interveniert wird - und umgekehrt<br />
auch. Es ist partnerschaftlich. Unsere Kinder erleben gleichberechtigte<br />
Partnerschaft. Das geht ja nur, wenn es mindestens zwei Menschen<br />
sind, zwei unterschiedliche (Vater/Mutter, bzw. Mann/ Frau),<br />
beide eigenständig und (dennoch) voneinander abhängig sind. (Cba)<br />
Ich glaube ich bin irgendwie gelassener als viele Mütter, aber das ist<br />
jetzt nur eine Behauptung. Was macht mein <strong>Vatersein</strong> speziell Mal,<br />
dass ich ein Mann bin. Ja, dass die Kinder mich als Mann erleben, ein<br />
Beispiel für einen Mann kriegen, das ist doch was. Ich traue den<br />
Kindern vielleicht mehr zu, oder lasse meinen Ängsten weniger Platz,<br />
gehe etwas mehr Risiken ein, auch in der Kinderbegleitung, <strong>zum</strong><br />
Beispiel bei Aktivitäten, beim Sport, ich raufe viel als Vater, das<br />
machen Mütter eher selten, als Vater baue ich gerne sichtbare<br />
Sachen, eine neue Feuerstelle oder so was, die Kinder und ich arbeiten<br />
viel mit Werkzeugen, vielleicht auch eher mehr als Mütter … .<br />
(Mba)<br />
72
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Für all die Dinge einstehen und (diese) mit einbringen, die ein offenes,<br />
nicht starres "Mannsbild" abgeben. (Vsc)<br />
Ich bin anders als die Mutter, bin ein Mann. Meine Bindung ist weniger<br />
körperlich ausgeprägt (schmusen, liebkosen). Ich kann mit meiner<br />
Tochter kämpfen und balgen. (Iwe)<br />
Als Mann und Vater bringe ich einen teils anderen Erfahrungsschatz<br />
ein, als meine Partnerin …. Ich erlebe mich teilweise gelassener<br />
als meine Partnerin. Ich merke, dass ich mir weniger Sorgen<br />
mache um die Kinder, sie stärker Konfliktsituationen untereinander<br />
oder mit anderen Kindern selber austragen lasse und darauf vertraue,<br />
dass sie selber Konfliktlösungsstrategien entwickeln .... Da<br />
die Erwartungshaltung gegenüber Vätern nicht so klar definiert ist,<br />
habe ich mehr Handlungsspielräume als eine Mutter.(Tbe)<br />
Das Besondere ist für mich die Übernahme der Verantwortung für<br />
einen Menschen und in Abgrenzung zur Mutterrolle auch das<br />
männliche Vorbild für meinen Sohn. (Jba)<br />
Ich finde die männliche Präsenz eine sehr wichtige Ergänzung zur<br />
weiblichen Seite, damit das Kind, aber auch ich als Mann, lernen<br />
kann. (Lbü)<br />
Die Mutter schenkt Geborgenheit, Heimat und die bedingungslose<br />
Liebe. Als Vater und Mann empfinde ich mich als ein "Tor zur Welt".<br />
(Kmu)<br />
Die jeweils unterschiedliche Rollenverteilung zwischen Vater/ Tochter<br />
bzw. Mutter/Tochter und Vater/Sohn bzw. Mutter/Sohn. So ergänzen<br />
sich beide Elternteile. Hier sehe ich auch Vorteile gemeinsam erziehender<br />
Eltern gegenüber Alleinerziehenden: für den Sohn sein<br />
Sparringpartner, Männerfreund, für die Tochter ihr Sonntagspapa (kritisch:<br />
die Festtagsstimmung in der Beziehung, wenn Vater für<br />
Belohnungen und Mutter für den Alltag zuständig ist). Als Vater verstehe<br />
ich andere Väter, sehe Parallelen zwischen ihren und meinen<br />
Problemen. Die Tatsache, dass ich für meine Kinder Verantwortung<br />
trage, erweitert meinen Lebenshorizont und lässt mich intensiver "reifen",<br />
als wenn ich nur für mich verantwortlich bin. Das ermöglicht mir<br />
gleichzeitig ein intensiveres Erleben der Generationenfrage und in<br />
weiterer Folge Verantwortung für die Welt von morgen (ist nicht so<br />
pathetisch gemeint, wie es vielleicht klingen mag). (Jor)<br />
73
Ich tue mir schwer, über DAS <strong>Vatersein</strong> zu sprechen, ich kann nur<br />
von MEINEM <strong>Vatersein</strong> reden: Mein <strong>Vatersein</strong> zeichnet aus, dass ich<br />
mehr <strong>Zeit</strong> mit meinem Sohn in der Natur verbringe, den Haushalt auf<br />
andere Weise manage, anders rede, andere Prioritäten setzten und<br />
MICH als Person, als Mann meinem Sohn zeige. (Rwi)<br />
Die Vaterrolle scheint mir mehr eine "erlernte", durch Praktizieren<br />
und Üben angeeignete, während die Mutterrolle schon durch die<br />
Geburt und ein eventuelles nachfolgendes Stillen rein natürlich entsteht<br />
sowie durch den "Müttermythos" und die klassischen Rollenzuteilungen<br />
verstärkt wird. Die Sorge und die Zärtlichkeit für das<br />
Kind scheint mir nicht geschlechtsspezifisch verschieden. (Swö)<br />
2.2 Die Bedeutung der 2.2Väter: Die neurobiologisch<br />
Bedeutung der Väter neurobiologisch<br />
Ist Mütterlichkeit genetisch angelegt Und Väterlichkeit nicht Gibt es<br />
Gene oder Nervenzellen, die "typisch weibliches" oder "typisch männliches"<br />
Verhalten steuern Sind Männer bzw. Väter aus biologischen<br />
Gründen weniger vorbereitet auf die Aufgaben der Kinderbetreuung<br />
und -pflege<br />
Wie etwa ist es zu erklären, dass <strong>zum</strong> Beispiel der Babysitterdienst in<br />
einer mittelgroßen Schweizer Stadt zwar Mädchen und Knaben ausbildet<br />
und vermittelt, dass die Knaben für diesen Dienst hingegen<br />
überdeutlich seltener angefragt werden als die Mädchen Welche<br />
vorwissenschaftlichen Annahmen zur Geschlechterfrage leiten uns,<br />
wenn wir im gesellschaftlichen Alltag unsere Entscheidungen treffen<br />
Bisherige Erkenntnisse legen die allgemeine Annahme nahe, dass die<br />
neuronale Ausstattung der Menschen geschlechtsunabhängig sei,<br />
dass es wohl aber individuelle Unterschiede in der neurologischen<br />
Verknüpfung gebe: Von der genetischen Unterschiedlichkeit von<br />
Männern und Frauen kann nicht einfach auf eine neuronale Unterschiedlichkeit<br />
geschlossen werden. "Emotionale Kompetenzen", mit<br />
denen Mütterlichkeit gemeinhin in Verbindung gebracht werden, sind<br />
auch für Väter zugänglich. Mehr noch: Eine neurobiologische<br />
Blickweise erschließt gar bedeutende Dimensionen der Vaterrolle.<br />
Gestützt auf neueste Erkenntnisse aus der Hirnforschung beschreibt<br />
Joachim Bauer (Warum ich fühle, was du fühlst - intuitive Kommunikation<br />
und das Geheimnis der Spiegelneurone, Hamburg 2005)<br />
das Phänomen der Spiegelnervenzellen, welche die eigentliche<br />
Grundausstattung für menschliches Lernen - und zwar als Lernen am<br />
74
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Vorbild - darstellen. Wenn ein Vater oder eine Mutter dem Kleinkind<br />
Nahrung eingibt und dabei unwillkürlich selbst den Mund öffnet, dann<br />
ist das intuitive Wissen um die Wirkweise der Spiegelnervenzellen mit<br />
im Spiel. Sie geben ein Handlungsmuster vor, damit das Kleinkind dieses<br />
"kopieren" kann. Denn unwillkürlich und unbewusst erstellen<br />
Menschen ein inneres Abbild von Handlungsabläufen (Matrix), die sie<br />
wahrnehmen. Und neu wahrgenommene Handlungsabläufe werden<br />
blitzschnell mit dem bereits vorhandenen Handlungsrepertoire abgeglichen.<br />
So ergänzen und erweitern sie bereits bekannte Verhaltensund<br />
Handlungsschemata und so differenziert das Kleinkind, unter<br />
Einbezug der Resonanz, die es mit seinen "Versuchsanordnungen"<br />
erzeugt, sein Verhaltensrepertoire.<br />
"Von der wahrgenommenen Handlung wird eine interne neuronale<br />
Kopie hergestellt, so als vollzöge der Beobachter die Handlung selbst.<br />
Ob er sie wirklich vollzieht, bleibt ihm freigestellt. Wogegen er sich<br />
aber nicht wehren kann, ist, dass seine in Resonanz versetzten<br />
Spiegelneurone das in ihnen gespeicherte Handlungsprogramm in<br />
seine innere Vorstellung heben (… auf der neurobiologischen Tastatur<br />
nachspielen…eine Art innere Simulation…)." (a.a.O., S.26)<br />
Auf dieser Basis innerer bzw. intuitiver Simulation entsteht zwischenmenschliches<br />
"Verstehen", gegenseitiges Einfühlen. Der Autor sieht in<br />
der Wirkungsweise der Spiegelnervenzellen geradezu den Schlüssel<br />
zur emotionalen Kompetenz, zur grundsätzlichen Fähigkeit sich in die<br />
Lebenssituation und Gefühlslage eines Gegenübers einfühlen zu können.<br />
Und an dieser Stelle wird besonders deutlich, dass emotionale<br />
Kompetenz nicht als abstrakte oder überindividuelle Größe erworben<br />
werden kann. Emotionale Kompetenz hat zu tun mit "sich berühren<br />
lassen", mit "innerem Nachbilden" von unmittelbar wahrgenommenen<br />
Lebensäußerungen eines menschlichen Gegenübers.<br />
Diverse Versuchsanordnungen brachten mittels Kernspintomographie<br />
zutage, dass diese Spiegelnervenzellen nur dann in Resonanz kommen,<br />
wenn Wahrnehmungen durch die Handlungsabläufe eines<br />
menschlichen Gegenübers (eine lebende handelnde Person) gemacht<br />
werden. "Weder eine Greifzange noch eine virtuelle Hand vermochten<br />
mit ihren Aktionen die Spiegelsysteme eines Beobachters anzuregen.<br />
(a.a.O., S.38). Und die Häufigkeit solcher Beobachtungen erhöht die<br />
Wahrscheinlichkeit, dass solche Handlungsabläufe tatsächlich auch<br />
nachvollzogen werden.<br />
75
Die hier erörterte neurobiologische Sichtweise findet ihre philosophische<br />
Entsprechung in der Aussage Martin Bubers: "Der Mensch wird<br />
<strong>zum</strong> Menschen am Du", welcher darauf seine Philosophie der<br />
Begegnung (das dialogische Prinzip) aufbaute.<br />
Die "neurobiologisch angelegte Bereitschaft zu spontanen Imitationsakten<br />
ist das Grundgerüst, um das herum sich die Beziehung zwischen<br />
Säugling und Bezugsperson entwickelt. Sie ist ein wechselseitiges<br />
Aufnehmen und spiegelndes Zurückgeben von Signalen, ein Abtasten<br />
und Erfühlen dessen, was den anderen gerade, im wahrsten Sinne des<br />
Wortes bewegt, begleitet vom Versuch, selbst Signale auszusenden<br />
und zu schauen, inwieweit sie vom Gegenüber zurückgespiegelt, das<br />
heißt erwidert werden. Dieses Spiel steht nicht nur am Anfang einer<br />
Liebesbeziehung, es bildet, in weniger intensiver Form, den Startpunkt<br />
jeder zwischenmenschlichen Beziehung." (a.a.O., S.58)<br />
Dieses Spiegelspiel braucht aus neuronalen Gründen also "echte<br />
Mitspieler", die selbst spiegeln können. "Die besten Mitspieler sind die<br />
Eltern, da sie auf Grund des Geburtserlebnisses von Natur aus mit<br />
einer Substanz gedopt sind, die ihre Bindungsfähigkeit erhöht:<br />
Oxytocin. Wo Eltern nicht zur Verfügung stehen, können liebevolle<br />
Bezugspersonen guten Ersatz bieten. Allerdings müssen sie eine längere<br />
<strong>Zeit</strong> bzw. dauerhaft zur Verfügung stehen, damit sich zwischen<br />
ihnen und dem Kind eine Bindung aufbauen kann." (a.a.O., S.59).<br />
Neurobiologische Überlegungen machen also deutlich, dass Väter, die<br />
sich mit ihrem Anderssein, ihrer ganz eigenen Stimmfärbung, ihrem<br />
eigenen Muskeltonus und ihrem speziellen Verhaltensrepertoire intensiv<br />
und liebevoll auf das gemeinsam entdeckende Spiel (wobei "Spiel"<br />
in diesem Sinne sämtliche Interaktionen umfasst, vom Mienenspiel bis<br />
<strong>zum</strong> Windeln wechseln) mit dem Kleinkind einlassen, eine unersetzliche<br />
und bereichernde Funktion wahrnehmen. Und das Schönste daran:<br />
Es handelt sich um ein Wechselspiel, um ein Spiel mit Resonanzen,<br />
welches bei allen Akteuren das "Handlungsrepertoire" erweitert bzw.<br />
bereichert. Ein Spiel, das von Geburt an gespielt werden kann. Womit<br />
auch gesagt ist, dass Väter für das Kleinkind (spätestens) von Geburt<br />
an von großer Bedeutung sind.<br />
Vermutlich wussten die Urvölker (Aka-Pygmäen in Zentralafrika und<br />
gewisse Stämme in Papua Neuguinea) intuitiv von dieser Bedeutung.<br />
Dort tragen die Väter die Kleinkinder in den ersten Monaten nach der<br />
Geburt besonders häufig mit sich herum, gewissermaßen im Sinne<br />
76
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
eines "Nachgeburtlichen Austragens". Während die Mutter-Kind-Beziehung<br />
sich durch die Schwangerschaft hindurch aufbauen konnte,<br />
wird die Grundlage zur Vater-Kind-Beziehung unmittelbar danach<br />
angelegt. (Hier ergibt sich ein Hinweis darauf, wie ein wirksamer<br />
Vaterschaftsurlaub bemessen sein müsste. Während rund neun<br />
Monaten sollte ein Vater über ganz viel Muße und <strong>Zeit</strong> verfügen, um<br />
sich auf das Kleinkind einlassen bzw. es bei sich tragen zu können).<br />
Das Lernen des Kleinkindes ist ein 1:1-Lernen und ein Lernen am<br />
Vorbild bzw. am Modell. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung,<br />
dass in dieser Lebensphase eine 1:1-Betreuung bzw. eine intensive<br />
Interaktion möglich ist. Joachim Bauer hat seine diesbezüglichen<br />
Überlegungen eingebettet in das Kapitel "Wie sich das Kind in die Welt<br />
spiegelt und das Problem des Autismus". Und er zieht die Schlussfolgerung,<br />
"dass Versuche, Neugeborene bzw. Kleinkinder emotionslos,<br />
nach rein "rationalen" oder "vernünftigen" Kriterien zu versorgen, verheerende<br />
Folgen haben. Sie ruinieren die Fähigkeit des Kindes, mit<br />
anderen Menschen in emotionalen Kontakt zu kommen und sich mit<br />
ihnen intuitiv verbunden zu fühlen. Das frühe Spiel mit spiegelnden<br />
Imitationen schafft die Grundlage dessen, was Daniel Goleman als<br />
emotionale Intelligenz beschrieben hat." (a.a.O., S.62)<br />
An dieser Stelle werden die Grenzen "professioneller, familienexterner<br />
Betreuung" deutlich, <strong>zum</strong>al diese keine 1:1-Betreuung bieten kann.<br />
Und gleichzeitig wird deutlich, welches Potential greifbare und fühlbare<br />
Väter in die emotionale und psychosoziale Entwicklung von<br />
Kindern einbringen könnten, wenn sie denn für diese essentielle Rolle<br />
freigestellt werden.<br />
Und daraus erwächst auch gleich die große Verpflichtung für die Väter,<br />
sich in wirklicher Präsenz zu üben. Die Aufmerksamkeit für das unmittelbare<br />
Geschehen, die Bereitschaft zur spontanen und direkten<br />
Interaktion ist das Entscheidende. Denn eine bloß physische Präsenz,<br />
bei der ein <strong>Zeit</strong>ung lesender Erwachsener die Aufgabe der Reizvermittlung,<br />
Interaktion und Herausforderung an ein Fernsehprogramm<br />
delegiert, würde eben noch keine neurobiologische Vorlage für<br />
Spiegelungsprozesse schaffen. (Groß-)Väter dagegen, die mit ausholenden<br />
Gesten und bedeutungsvoller Mimik (von ihren selbst erlebten)<br />
Geschichten erzählen, sind für Kinder eine unerschöpfliche Quelle der<br />
Faszination. Sie helfen mit, ein neues Universum zu kreieren.<br />
77
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Die neurobiologischen Erkenntnisse können weiters auch auf größere<br />
Kinder bzw. auf das Jugendalter übertragen werden. Diesbezüglich<br />
werden die Ausführungen des Neurobiologen Joachim Bauer gar<br />
besonders eindringlich: "Warum Fernsehprogramme für Kleinkinder<br />
förderlich sein sollen, bleibt das Geheimnis der Produzenten, die dies<br />
behaupten. Neuere Studien belegen, dass der Fernsehkonsum im<br />
Kleinkindalter statistisch eindeutig mit dem Risiko einer späteren<br />
Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS) korreliert. …<br />
Die Gleichgültigkeit, mit der wir zulassen, dass das in Videos und<br />
Filmen (und PC-Spielen) gezeigte Jagen, Quälen und Töten von<br />
Menschen für einen Großteil unserer Kinder und Jugendlichen eine<br />
prickelnd-amüsante Unterhaltung darstellt, ist erstaunlich, (da doch)<br />
das Ausmaß an täglichem Bildschirmkonsum in direkter und proportionaler<br />
Beziehung zu jugendlichem Gewaltverhalten steht. Aus neurobiologischer<br />
Sicht ist der Zusammenhang absolut klar: Das Gehirn<br />
ist ein permanent lernendes System. Es macht ausgerechnet dann,<br />
wenn es um die für Jugendliche überaus spannende und brisante<br />
Darbietung von Gewaltverhalten geht, keine Lernpause. Was wir<br />
sehen - dies ist die zentrale Botschaft der Spiegelneuronenforschung<br />
- wird in Nervenzellennetze eingeschrieben, die die Programme für<br />
eigene Handlungsmöglichkeiten kodieren." (a.a.O., S.120/121)<br />
Handlungen sind nicht Selbstzweck, sondern sie stehen stets in<br />
Zusammenhang mit Bedürfnissen und Lebensbedingungen eines<br />
Akteurs, und die permanente Rückkopplung von Handlung und<br />
Empfindung (Propriozeption), also die Wahrnehmung dessen, ob uns<br />
unsere Handlungen zu unmittelbarem Wohlgefühl verhelfen oder<br />
nicht, reguliert unser Handlungsrepertoire. "Wenn das Kind andere<br />
Menschen beobachtet, speichert es daher auch die jeweils typischen,<br />
zu einer speziellen Handlungsfolge gehörenden optischen Merkmale<br />
der Akteure. So entstehen Nervenzellennetze, aus denen sich nach<br />
und nach das optische Aufbereitungs- und Interpretationssystem<br />
(STS) entwickelt. … Über die ersten Lebensjahre hinweg orientiert es<br />
sich bei der Einschätzung aktueller Situationen daran, wie sie von der<br />
Bezugsperson beurteilt werden. Es übernimmt die Bewertungen der<br />
Eltern sogar dort, wo es um die eigene Befindlichkeit geht.".( a.a.O.,<br />
S.68). Typisch ist Solches etwa dann erkennbar, wenn das Kind bei<br />
seinen ersten Gehversuchen stürzt, mit dem Gesicht am Boden aufschlägt<br />
und dann zuerst zur Mutter schaut. Deren Reaktion gibt ihm<br />
Hinweise darauf, ob es nun Weinen oder ganz einfach wieder aufstehen<br />
soll.<br />
79
Auch dieses Beispiel mag als kleiner Hinweis stehen, wie bereichernd<br />
die Präsenz von Vätern sein kann: Nicht dass sie "es besser machen"<br />
würden, nein, aber die bloße Tatsache, dass sie "es anders machen,<br />
sich anders verhalten" erweitert das Handlungsrepertoire und die<br />
Lernmöglichkeiten für das Kind. Neuronale Netzwerke bauen auf<br />
Vielfalt. In der Vielfalt und Andersartigkeit liegt eine besondere Lernherausforderung.<br />
Was hier in Anlehnung an Joachim Bauer über die Bedeutung des<br />
Vorbildes aufgezeigt wurde, ließe sich in ähnlicher Form auch herleiten<br />
aus dem Fachbeitrag von Hans Biegert, "Auf das Vorbild kommt<br />
es an - eine Einführung in die Neurobiologie des Lernens":<br />
http://www.familienhandbuch.de/cmain/f_Fachbeitrag/a_Kindheitsfors<br />
chung/s_1527.html, (Stand 12.Nov 2007)<br />
2.3 Die Bedeutung der 2.3Väter: Die entwicklungspsychologisch<br />
Bedeutung der Väter entwicklungspsychologisch<br />
Es ist erstaunlich, dass die an sich sehr alltägliche und uns allen vertraute<br />
Rolle der Väter gleichzeitig eine derart selten reflektierte Rolle ist.<br />
Scheinbar "natürlich" und selbstverständlich meinen wir zu wissen, was<br />
ein Vater ist bzw. soll. Dabei prägen uns jedoch häufig mächtige<br />
Mythen. Der amerikanische Familientherapeut Bruce Linton listet die<br />
folgenden " fünf Mythen des <strong>Vatersein</strong>s" auf (www.fatherfsforum.com):<br />
Mythos 1:<br />
Mythos 2:<br />
Mythos 3:<br />
Mythos 4:<br />
Mythos 5:<br />
Nur die Gefühle der werdenden Mutter sind wichtig und<br />
richtig<br />
Neugeborene brauchen ihren Vater kaum, eine Mutter<br />
deckt alles ab<br />
Männer können nicht mit kleinen Kindern umgehen<br />
Männer, die sich auf ihre Kinder konzentrieren, sind<br />
Versager im Job<br />
Männer werden sich automatisch wie der eigene Vater<br />
verhalten.<br />
Und er listet sodann auch auf, wie diesen Mythen im konkreten Alltag<br />
begegnet werden kann:<br />
1. Nehmen Sie sich <strong>Zeit</strong>, darüber nachzudenken, inwiefern Sie das<br />
Vaterwerden (-sein) berührt. Teilen Sie Ihre Gefühle mit Ihrer<br />
Partnerin und anderen Vätern.<br />
2. Halten, wiegen Sie und sprechen Sie mit Ihrem Neugeborenen von<br />
Geburt an.<br />
80
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
3. Lernen Sie Wickeln, Baden, Füttern. Seien Sie ein Teil vom Alltag<br />
Ihres Babys.<br />
4. Überlegen Sie, zu welchen Kompromissen bei der Karriere Sie<br />
bereit sind, um <strong>Zeit</strong> mit Ihrem Kind zu verbringen. Es kommt auf<br />
den Versuch an.<br />
5. Nehmen Sie, was Ihnen am Besten gefällt am eigenen Vater, an<br />
Lehrern, Kollegen, Freunden und schaffen Sie sich daraus eine<br />
Identität als Vater. Jeder, der sich um Sie gekümmert hat, kann ein<br />
gutes Rollenvorbild sein.<br />
"Kinder machen beim Vater eine entscheidende Erfahrung: Obwohl sie<br />
schwach und hilflos sind, nimmt ein starker und mächtiger Mensch sie<br />
bedingungslos an. Bei der Mutter ist diese Zuneigung nach neun<br />
Monaten uteriner Verbundenheit keine Überraschung, beim Vater ist sie<br />
eine Sensation. Wenn die ‚Liebesbeziehung' gelingt, prägt sie fundamental<br />
das Vertrauen und Selbstvertrauen des Kindes. Und kann beides<br />
ruinieren, wenn sie scheitert." Dieses bereits zuvor erwähnte Zitat der<br />
Regensburger Familienforscherin Karin Grossmann mag auf den ersten<br />
Blick etwas gar überschwänglich klingen. Es bringt jedoch in verdichteter<br />
Form die wichtigsten entwicklungspsychologischen Argumente auf<br />
den Punkt:<br />
Zwischen Mutter und Kind besteht eine symbiotische, verschmelzende<br />
Beziehung von hoher Dichte. Totale Fürsorglichkeit auf der<br />
einen Seite - totale Abhängigkeit auf der anderen Seite. Es leuchtet<br />
ein, dass dieses Muster zu Beginn lebenswichtig ist, als fortdauerndes<br />
Beziehungsmuster jedoch verheerend wäre.<br />
Der Vater ist genetisch und emotional am Werdegang seines<br />
Kindes beteiligt. Im Wissen darum erzeugt er ebenfalls ein starkes<br />
Gefühl der Identifikation mit dem Kind, wenn auch zunächst auf<br />
eine gezwungenermaßen distanziertere Weise.<br />
Väter sind anders - und Väter erziehen anders. Ein Kind, das seinen<br />
Vater als konstante Bezugspersonen wahrnehmen kann, erfährt<br />
durch ihn zunächst einfach, dass es noch etwas Anderes gibt als die<br />
Mutter. Es erlebt erste Hinweise darauf, dass Verschiedenartigkeit<br />
und Vielfalt möglich ist. Was vielleicht banal klingt, ist schließlich die<br />
elementare Voraussetzung dafür, dass sich das Kind erlauben darf,<br />
anders zu werden als die Mutter, ohne gleich um Liebesentzug<br />
fürchten zu müssen.<br />
81
Die Elternrollen sind nicht einfach austauschbar. So schreibt der französische<br />
Entwicklungspsychologe Jean le Camus in seinem Buch "Väter<br />
- die Bedeutung des Vaters für die psychische Entwicklung des Kindes"<br />
(2001), dass es abwegig wäre, von der Vorstellung einer Nicht-Differenz<br />
zwischen den Geschlechtern und Generationen auszugehen (a.a.O.,<br />
S.10), da "das Kind notwendigerweise zwei Geschlechter braucht, die<br />
sich um zwei Pole und Wertigkeiten bewegen, die klar voneinander<br />
unterschieden sind." (a.a.O., S.23)<br />
Mutter<br />
Vater<br />
Für Sohn Entdeckung / Beachtung Bestätigung / Identifikation<br />
Für Tochter Bestätigung / Identifikation Entdeckung / Beachtung<br />
Camus betont weiter, die Rolle des Vaters sei "von Anfang an bedeutsam"<br />
und könne nicht einfach ersetzt werden! (a.a.O., S.11). Die<br />
Vater-Rolle repräsentiere vier entwicklungsgeschichtlich wichtige<br />
Dimensionen:<br />
biologisch (Erzeuger, Samen, Vererbung, Ahnenreihe, Tradition,<br />
Verwurzelung)<br />
juristisch (gesetzl. Vertretung an Kindes statt, Verantwortung, Fürsorgepflicht)<br />
alltagspraktisch (Lebensbegleiter, Erzieher, männliche Identifikationsfigur)<br />
und<br />
symbolisch (Repräsentant der Außenwelt, des Gesetzes, markiert<br />
den Übergang von der Naturordnung zur Sozialordnung, markiert<br />
Grenzsetzung, "Über-Ich")<br />
Die biologische und teilweise auch die symbolische Dimension sind<br />
an den leiblichen Vater geknüpft, wogegen die alltagspraktische und<br />
juristische Dimension auch durch eine andere männliche Bezugsperson<br />
wahrgenommen werden können, sofern diese verbindlich und<br />
langfristig im konkreten Alltagsleben des Kindes erfahrbar ist.<br />
Triangulierung<br />
Triangulierung<br />
Mutter und Kind sind in der Regel durch Schwangerschaft und Geburt<br />
biologisch verbunden bzw. gebunden. Sie bilden eine zunächst unauflösliche<br />
Zweierbeziehung (Dijade), eine Dominanz der Abhängigkeit<br />
(das Eine ist ohne das Andere nicht denkbar) und damit eine unumstößliche<br />
BASIS im Dreieck Vater-Mutter-Kind (Triade). Der Vater hat<br />
82
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
als erster "Außenstehender" die Aufgabe, die Mutter-Kind-Symbiose<br />
aufzubrechen bzw. zu erweitern. Er sorgt dafür, dass auch die<br />
Dreiecks-Schenkel "Vater-Kind" bzw. "Vater-Mutter" gleichgewichtig<br />
ins Spiel kommen. Die Tiefenpsychologie spricht diesbezüglich von<br />
der "Triangulierung" - der Dreieck-Bildung also.<br />
Wenn ein Vater gegenüber seiner Partnerin darauf besteht, dass er<br />
dem Kind (wohlüberlegt) etwas <strong>zum</strong>uten will, wenn er seinerseits für<br />
"innige Vater-Kind-Momente" (ohne Beisein der Mutter) sorgt, dann<br />
arbeitet er an der Triangulierung und entwickelt gleichzeitig einen<br />
eigenen Vater-Stil. Er betont den Dreiecks-Schenkel Vater-Kind.<br />
Wenn ein Vater einige <strong>Zeit</strong> nach der Geburt zuerst behutsam und<br />
dann immer drängender den Wunsch nach Sexualität <strong>zum</strong> Ausdruck<br />
bringt, dann ist er keinesfalls einfach ein Egoist. Er ruft damit die Paar-<br />
Ebene in Erinnerung, er betont den Dreiecks-Schenkel Mutter-Vater.<br />
Was im Alltag als "störend" empfunden werden kann und nicht selten<br />
zu Konflikten Anlass gibt, ist im Grunde eine ganz wichtige Funktion<br />
und trägt dazu bei, dass sich die Mutter wie auch das Kind mit diesem<br />
Triangulierungsprozess auseinandersetzen müssen. Die Kunst des<br />
Loslassens beginnt schon hier - und ist die Wurzel für eine gelingende<br />
Selbständigkeitsentwicklung im späteren Übergang <strong>zum</strong><br />
Erwachsenenalter.<br />
Und schließlich darf es noch <strong>Zeit</strong>en geben, die jede Ecke in diesem<br />
Dreieck für sich allein beanspruchen kann bzw. soll.<br />
Eigenzeit als Mutter:<br />
Eigenzeit als Mutter:<br />
Gerade für eine Mutter ist es bedeutungsvoll, dass sie sich bewusst mit<br />
ihrer Entbehrlichkeit auseinandersetzt. Eine Mutter muss nicht immer<br />
und überall verfügbar sein. Der Vater ist in diesem Moment Garant<br />
dafür, dass die Mutter schon früh kleine Schritte des Loslassens üben<br />
kann. Sie weiß das Kind in seinen Händen geborgen und vielleicht<br />
muss sie sogar ab und zu an diese Tatsache erinnert werden! Ein unerlässlicher<br />
Schritt im Hinblick auf eine gesunde Selbständigkeitsentwicklung<br />
eines Kindes. "Die Anwesenheit einer dritten Person, die nicht<br />
irgendwann dazukommt, sondern von Anfang an gleichberechtigte<br />
Bedeutung hat, stellt die natürlichste Lösung aus dem Abhängigkeitsund<br />
Überforderungsdilemma der frühen Mutter-Kind-Beziehung<br />
dar."(L. Schon, Vater und Sohn, 2002, S. 488)<br />
83
Eigenzeit als Kind:<br />
Eigenzeit als Kind:<br />
Das Kind soll mit zunehmenden Alter erfahren können, dass es auch<br />
<strong>Zeit</strong>en gibt, die es ganz für sich haben darf oder soll. Meist lässt sich<br />
etwas finden, mit dem es sich gerne beschäftigt. Und zuweilen gilt es<br />
auch, ein wenig zu warten. Hilfreich ist, wenn solche Eigenzeiten in<br />
Form eines Rituals und regelmäßig erfolgen (<strong>zum</strong> Beispiel während<br />
des ungestörten Mittagskaffees der Eltern). Diese Erfahrung darf<br />
(situationsgemäß und dosiert) auch schon dem Kleinkind zugemutet<br />
werden. Ein anregender Fundus von Alltagsritualen findet sich im<br />
Fachbeitrag von Michael Schnabel, "Alltagsrituale in Familien - Oasen<br />
der Zuneigung und Geborgenheit":<br />
http://www.familienhandbuch.de/cmain/f_Fachbeitrag/a_Erziehungsb<br />
ereiche/s_1945.html (Stand 12.Nov 2007)<br />
Eigenzeit als Vater:<br />
Eigenzeit als Vater:<br />
Erst ein Vater, der für sein eigenes Kräftegleichgewicht sorgt, wird auch<br />
in der Lage sein, ein solches Gleichgewicht in der Familie realisieren zu<br />
helfen. Auch ein Vater muss nicht pausenlos präsent sein und muss<br />
sich nicht zwischen Erwerbsarbeit, Kindergeschrei und Ansprüchen der<br />
Partnerin aufreiben. Wenn er in Sport, Hobby, Freundeskreis etc. für<br />
eine persönliche Balance sorgt, dient er indirekt allen.<br />
Väter, die sich im Beziehungsgefüge der jungen Familie einbringen<br />
bzw. einmischen, tragen somit ganz wesentlich zur Balance in diesem<br />
System bei; einer Balance zwischen Mutterzeit, Vaterzeit, Paarzeit<br />
und Eigenzeiten für jedes einzelne Familienmitglied (vgl. dazu den<br />
Begriff der "triadischen Fähigkeit" bei Kai von Klitzing, Vater-Mutter-<br />
Säugling, 2002).<br />
Diese Thematik der Triangulierung kann anhand der Arbeitsblätter im<br />
Anhang in differenzierter und grafisch aufbereiteter Form vertieft werden.<br />
Vielfalt statt Einfalt<br />
Vielfalt statt Einfalt<br />
Die meisten Autoren stimmen in der Ansicht überein, dass sich in<br />
hohem Maße bei den Müttern entscheidet, wie ein Vater in seine Rolle<br />
hineinwachsen kann. Mütter, die ihre eigene Zugangsweise <strong>zum</strong> Kind<br />
als EINE von mehreren Möglichkeiten betrachten, sind leichter in der<br />
Lage dem Partner zuzutrauen und zu<strong>zum</strong>uten, dass er den Umgang mit<br />
84
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
dem Kind nach eigener Façon verantwortlich gestalten kann. Mütter, die<br />
bereit sind Verantwortung und Einfluss über Kinder und Hausarbeit<br />
abzutreten, ermöglichen dem Partner erst die seinerseitige<br />
Verantwortungsübernahme - und üben sich frühzeitig im "Loslassen"..<br />
Das heißt anderseits: Väter müssen bereit sein, notfalls um ihr Recht<br />
<strong>zum</strong> <strong>Vatersein</strong> zu ringen, gegenüber dem Arbeitgeber und gegenüber<br />
der Partnerin. Väter sollten bereit sein, sich konstruktiv in das Mutter-<br />
Kind-Verhältnis "ein<strong>zum</strong>ischen". Das soll natürlich respektvoll und<br />
doch selbstbewusst geschehen, Solche Interventionen dürfen sich auf<br />
die Erkenntnis berufen, dass Vielfalt lebenswichtig ist! Ein Grundmotiv,<br />
das in der Ökologie längst bekannt ist (Biodiversität) und auch<br />
in systemischen Denkansätzen einen zentralen Stellenwert genießt.<br />
Grund genug, auch auf gesellschaftlicher und politischer Ebene für<br />
eine Aufwertung der Vaterrolle einzustehen.<br />
Nicht besser, aber anders Nicht besser, aber anders<br />
Traditionelle Rollenbilder sind immer noch stark prägend und unterschwellig<br />
wirkt oft noch die Annahme, Mütter seien biologisch prädestiniert<br />
zur Kindererziehung. Dem ist nicht so: Väter sind genauso<br />
geeignet für Fürsorge und Begleitung, aber sie machen es notwendigerweise<br />
etwas anders: nach Väter-Art eben. Umso wichtiger ist es,<br />
dass Väter am konkreten Lebensalltag der Familie teilhaben und diesen<br />
mit ihrer zeitlichen Präsenz mitgestalten können.<br />
Es geht nicht darum, "typisch mütterliche" und "typisch väterliche"<br />
Eigenschaften zu unterscheiden. Denn oft genug lässt sich ja feststellen,<br />
dass <strong>zum</strong> Beispiel Mut und Risikobereitschaft je nach Paar-<br />
Konstellation und Charakteren, oder je nach Situation und persönlicher<br />
Verfassung, unterschiedlich verteilt sein können. Wer sich heute<br />
mutig und herausfordernd verhält, kann sich morgen auch einmal<br />
ängstlich zeigen und umgekehrt.<br />
Dennoch scheint es, wenn wir etwa die alten Weisheitslehren der meisten<br />
Kulturkreise betrachten, durchaus gerechtfertigt, von einem<br />
"männlichen" und von einem "weiblichen" Prinzip zu sprechen. Die<br />
Jung'sche Psychologie differenziert diesbezüglich zwischen "animus"<br />
und "anima". Der Taoismus spricht von Yin und Yang etc. In derartigen<br />
Ansätzen kommen häufig und je nach Kontext Polaritäten von weich<br />
- hart, dynamisch - starr, anpassungsbereit - nicht anpassungsbereit,<br />
geben - empfangen, streiten - versöhnen etc. zur Aufzählung.<br />
85
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Lothar Schon (a.a.O., S.490f) beschreibt eine daran anschließende<br />
Sichtweise, die etwa folgende Gegenüberstellung skizziert.<br />
Weibliches/mütterliches Prinzip<br />
Verschmelzung (Integration)<br />
Dijade<br />
Harmonie<br />
Empathie<br />
Männliches/väterliches Prinzip<br />
Trennung (Desintegration)<br />
Triade<br />
Störung der Harmonie<br />
Abgrenzung zwischen Ich und Du<br />
Lothar Schon schlägt vor, von "dijadischem und triadischem Prinzip"<br />
anstatt von "mütterlichem und väterlichem Prinzip" zu sprechen.<br />
Damit könnte verhindert werden, dass erneut wieder Geschlechterstereotypien<br />
zementiert werden.<br />
Oder wenn <strong>zum</strong> Beispiel die stark emotionale und wertende Polarität<br />
zwischen "gut" und "böse" mit eingeführt wird, dann wird automatisch<br />
deutlich, dass diese Zuordnungen zwischen den Partnern flexibel und<br />
in wechselnden Konstellationen auftreten können. Wer hat nicht<br />
schon erlebt, wie ein "Du bist die liebste Mama!" urplötzlich in ein "Du<br />
bist die grausamste Mama!" umschlagen kann. Wer heute noch<br />
"böse" ist, ist in den Augen seines Kindes morgen wieder "gut, lieb"<br />
und umgekehrt; je nachdem, ob wir uns gerade zulassend oder verhindernd,<br />
erlaubend oder abgrenzend verhalten.<br />
Polarität erzeugt Spannung<br />
Polarität erzeugt Spannung<br />
Ein präsenter und verfügbarer Vater ermöglicht es der Mutter, nicht in<br />
eine Super-Mami-Rolle steigen und sich damit zwangsläufig überfordern<br />
zu müssen. Sie darf sich auch mal erlauben, "genug zu haben<br />
vom Kindergeschrei" oder an ihre Grenzen zu stoßen, sie darf sich<br />
auch mal "männlich abgrenzend" verhalten - im Wissen darum, dass<br />
der Vater in diesem Moment "mütterlich integrierende" Kräfte entfalten<br />
und die Situation in seiner Art "auffangen" und ausgleichen kann.<br />
Viele Lebensereignisse treten uns in so gearteten Spannungsbögen<br />
bzw. in befruchtender und anregender Polarität entgegen. Und nicht<br />
zuletzt basiert etwa das physikalische Phänomen der Elektrizität auf<br />
der Grundbewegung von "Anziehung" und "Abstoßung" bzw. auf der<br />
Spannung zwischen "positiv" und "negativ". So mag es hilfreich sein,<br />
auch im Zusammenleben von Müttern und Vätern, von Mädchen und<br />
Knaben, dieser spannungsvollen Polarität Raum zu geben. Momente<br />
der Harmonie stellen sich dann, als Geschenk bzw. als Glücksmoment,<br />
von selbst ein.<br />
87
Dies erfordert allerdings von beiden Elternteilen eine hohe Wachsamkeit<br />
in Bezug auf die Gefahr, dass sich einseitige Gewohnheiten<br />
und in der Folge davon auch einseitige Zuschreibungen "einschleichen"<br />
könnten. Nur wenn beide Elternteile das gesamte Spektrum der<br />
Verhaltensmöglichkeiten ausschöpfen, also "alle Register der Orgel"<br />
spielen, können sie einseitige Zuschreibungen wie "die stets gewährende<br />
Mutter" und "der stets strenge Vater" vermeiden.<br />
Väter sind Spiegelbilder und als solche bestens geeignet zur<br />
Auseinandersetzung mit dem Kind. Am Vater wird Vertrautes und<br />
Verhasstes sichtbar. Das Kind erkennt an ihm Gemeinsamkeiten<br />
("gemeinsame Leidenschaften", "ähnlich ticken", "aus dem selben Holz<br />
geschnitzt") und Unterschiede ("was einen stört", "Verhaltensweisen,<br />
von denen man sich abgrenzen möchte"). Dies sind wichtige Schritte in<br />
der Identitätsbildung, die nicht immer leicht auszuhalten sind.<br />
Das Zitat von Mark Twain illustriert dies folgendermaßen: "Als ich 14<br />
Jahre alt war, war mein Vater für mich so dumm, dass ich ihn kaum<br />
ertragen konnte. Aber als ich 21 wurde, war ich doch erstaunt, wieviel<br />
der alte Mann in sieben Jahren hinzu gelernt hatte." (Mark Twain,<br />
amerikan. Erzähler, 1835-1910<br />
Die Bedeutung der Väter Die Bedeutung für die Söhne der Väter für die Söhne<br />
Die Söhne brauchen im alltäglichen Leben spürbare und konkret<br />
erlebbare Vorbilder. Väter, die zielgerichtet ein Vorhaben anpacken,<br />
die sich in einer Panne irgendwie zu helfen wissen etc. Und Väter, bei<br />
denen sie hautnah erleben können, wie mit Begeisterung und<br />
Enthusiasmus, aber auch mit Frust und Verlust umgegangen werden<br />
kann. Auch dass Väter gelegentlich an Grenzen stoßen und wie sie<br />
damit umgehen, ist für Söhne eine bedeutungsvolle Erfahrung. Den<br />
Vater zu erleben, der im ganz gewöhnlichen Alltag auch mal einen<br />
Fehler eingesteht - und trotzdem in Würde und Respekt aus der<br />
Situation herausfindet; den Vater, der sich mutig einer Herausforderung<br />
stellt, der einen Konflikt in sachlichem Gespräch schlichten<br />
und vermitteln kann, dies alles sind bedeutsame Momente.<br />
Söhne erleben direkt, wie ein neues und zeitgemäßes Selbstverständnis<br />
von Männern im Alltag entwickelt werden kann: dialogbereit<br />
und doch entscheidungsfreudig, fordernd und doch nachsichtig,<br />
abgrenzend und doch einfühlsam, tolerant und doch klar, selbstbe-<br />
88
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
wusst und doch aufmerksam. Und die Söhne erhalten von ihren<br />
Vätern die dringend nötige Unterstützung im Loslösungsprozess.<br />
"Ich will gar nicht perfekt sein. Die Kinder sollen ruhig merken, dass wir<br />
Stärken und Schwächen haben - wie sie. Dass ihr Rambazamba uns an<br />
einem Tag kühl lässt, am nächsten jedoch tierisch nervt." (Bänz Friedli<br />
in der Kolumne "Der Hausmann", Migros-Magazin 4/06, als Antwort auf<br />
den Vorwurf, er bilde sich ein, ein perfekter Hausmann zu sein).<br />
Väter sind Männer. Sie dürfen und sollen ihre Männlichkeit auch in der<br />
Familie <strong>zum</strong> Tragen bringen. Väter müssen nicht "bessere Mütter"<br />
sein. Es wäre bedauerlich, wenn die Söhne ein neutralisiertes Bild<br />
vom Mannsein vermittelt bekämen oder einen "verweiblichten" Vater<br />
erfahren müssten, der all seine Ecken und Kanten abgeschliffen hat.<br />
Väter dürfen ihren Kindern eine kraftvolle und zupackende, auch mal<br />
ungeduldige und zielstrebige Männlichkeit <strong>zum</strong>uten. Und sie dürfen<br />
auch ihre verletzliche und ängstliche Seite zeigen - ganz und gar<br />
männlich. Und dass WC-Putzen rein weiblich (oder verweiblichend)<br />
und Stahl gießen ausschließlich männlich sei - solche gesellschaftlichen<br />
Trugschlüsse möchten doch mittlerweile überwunden sein.<br />
Die Bedeutung der Väter für die Töchter<br />
Die Bedeutung der Väter für die Töchter<br />
Julia Onken (Vatermänner, 1997) und andere Frauen haben mehrfache<br />
und eindrückliche Beispiele geliefert, wie wichtig die Reaktionen<br />
ihres Vaters für eine junge Frau seien: der Vater ist gewissermaßen<br />
die erste Instanz, an der sie erfahren/testen kann, ob sie als Frau für<br />
das andere Geschlecht von Interesse ist. Ein Vater, der in einem solchen<br />
Moment anerkennend und wertschätzend reagiert, ist für die<br />
heranwachsende Frau von großem Wert - und wenn er sie aus<br />
Gleichgültigkeit oder <strong>Zeit</strong>mangel ignoriert, dann hat er eine bedeutende<br />
Chance verpasst.<br />
Seiner Tochter liefert der Vater das erste Bild eines möglichen<br />
Partners. Mit seinem vorgelebten Engagement kann er indirekt mitprägen,<br />
nach welchen Werten seine Tochter dereinst ihren künftigen<br />
Partner und Vater ihrer Kinder auswählen wird.<br />
Väter können, was ihre Bedeutung für die Söhne betrifft, auf eigene<br />
Erfahrungen zurückgreifen. Sie selbst haben Erfahrungen mit einem<br />
Vater gemacht und entsprechende Vater-Gefühle oder Vater-<br />
Sehnsucht aufgebaut. Oder sie haben inspirierende und überzeugen-<br />
89
de väterliche Vorbilder erlebt, nach denen sie sich ausrichten können.<br />
Was ihre Bedeutung für die Töchter betrifft, können sie jedoch nicht<br />
auf eigene Erfahrungen zurückgreifen. Das Naheliegendste (ist also),<br />
sich mit der Partnerin austzuauschen und zu fragen, wie sie ihren<br />
Vater erlebt hat. Was war für sie besonders bedeutsam am Verhalten<br />
ihres Vaters Was war daran entwicklungsförderlich, respektvoll, dem<br />
Aufbau von Selbstvertrauen und Würde dienlich Was anderseits war<br />
hinderlich, einengend, missachtend, abwertend, dem Aufbau eines<br />
gesunden Selbstvertrauens abträglich<br />
Ein solches Gespräch wird nicht nur wertvolle Hinweise liefern über die<br />
Bedeutung des Vaters für eine Tochter, es wird ganz bestimmt auch zu<br />
einem vertieften gegenseitigen Verständnis verhelfen und der ernsthaften<br />
Suche nach einer Vater-Identität wichtige Impulse vermitteln.<br />
2.4 Die Bedeutung der 2.4Väter: Die soziologisch, Bedeutung der pädagogisch<br />
Väter soziologisch und pädago-gisch<br />
Positive Väterlichkeit Positive und männliche Väterlichkeit Identität und (Peter männliche Ballnik) Identität (Peter Ballnik)<br />
Weil bisherige wissenschaftliche Arbeiten - wenn überhaupt - den Vater<br />
meist in einem Problemkontext (als gewaltausübenden Vater, als getrennt<br />
oder geschieden lebenden Vater) thematisieren, suchte die Studie<br />
von Peter Ballnik aus interdisziplinärem Blickwinkel und gestützt auf qualitative<br />
Interviews mit Familien und insbesondere mit Kindern (projektives<br />
Verfahren) nach den Charakteristika gelingender Väterlichkeit. Dabei<br />
wird von der Grundposition ausgegangen, wonach "Mann und Frau als<br />
gleichwertig aber nicht als gleichartig" zu sehen seien und wonach ihre<br />
Erziehungsaufgaben sich komplementär ergänzten. "Väterlichkeit impliziert,<br />
dass ein Gegenüber geschützt, gepflegt und geführt werden muss,<br />
dass Sicherheit geschaffen werden muss. In einer väterlichen Beziehung<br />
ist einerseits Wohlgesonnenheit, Güte, Fürsorge und Nähe enthalten<br />
und andererseits Forderung und Führung. Väterlichkeit ist eine Rolle,<br />
die unabhängig davon, ob eine biologische Vaterschaft vorliegt, ausgeübt<br />
werden kann. … Väterlichkeit hat die Aufgabe, die Kinder in die Welt<br />
zu führen. Väterlichkeit unterscheidet sich klar von der Mütterlichkeit,<br />
beide wirken - im Idealfall - komplementär." (Ballnik, 2005, S.16/17)<br />
Die ausgeprägt wertorientierten Grundannahmen führen dann über<br />
detaillierte Gesprächs- und Bildanalysen zu einer verdichteten Darstellung<br />
positiver Väterlichkeit dargestellt in Form einer "Vaterpyramide".<br />
90
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Danach bilden die fünf Faktoren<br />
Zuneigung,<br />
Vertrauen,<br />
gemeinsame <strong>Zeit</strong>,<br />
Verantwortung/Verlässlichkeit und<br />
Stolz auf das Kind,das unerlässliche Fundament einer glückenden<br />
Vater-Kind-Beziehung.<br />
Darauf aufbauend werden vier weitere vaterspezifische Faktoren aufgezählt,<br />
welche im zeitlichen Entwicklungsverlauf sukzessive wichtiger<br />
werden:<br />
Mit den Kindern etwas tun, aktiv sein, der Vater als Tor zur Welt.<br />
Vorbild sein, Orientierung geben, auch Strenge.<br />
Altersgemäße Beziehung, sich auf die Kinder einlassen, für sie da<br />
sein, zuhören und<br />
eine Balance zwischen Nähe und Distanz aufbauen.<br />
Schließlich werden noch drei übergeordnete Faktoren erwähnt, die<br />
eher indirekt <strong>zum</strong> Tragen kommen:<br />
Der Vater als Introjekt, Über-Ich, Gewissen.<br />
Innere Bilder von Beziehungen zwischen Frau und Mann entwikkeln.<br />
Der "Segen" des Vaters beim Aufbruch in die Welt.<br />
"Letztlich ist die Beziehung zwischen Vater und Kind das Grundelement<br />
in der Lebenswelt Vater-Kind und die Essenz der positiven<br />
Väterlichkeit." (a.a.O., S.75) Auf der Basis einer guten Beziehungsqualität<br />
könne Väterlichkeit höchst individuelle Ausprägungen erfahren<br />
und auch erschwerende Bedingungen (ungünstige Erziehungs-Moden,<br />
Trennung etc.) konstruktiv integrieren. So ist dann die Herausarbeitung<br />
91
der vier verschiedenen Vatertypen (begeisternder Vater, einfühlendempathischer<br />
Vater, bodenständig-realitätsbezogener Vater, kreativer<br />
Vater) eher noch eine inspirierende Etüde als eine abschließende<br />
Charakterisierung des <strong>Vatersein</strong>s. (a.a.O., S.201)<br />
Von der Fülle des <strong>Vatersein</strong>s Von der Fülle - das des Variablenmodell <strong>Vatersein</strong>s - das von Variablenmodell R.Winter von Reinhard Winter<br />
Einer derart ausgeprägt werteorientierten Sicht auf die Väterlichkeit<br />
steht eine soziologisch "nüchternere" und ideologisch offenere Sichtweise<br />
<strong>zum</strong> Beispiel in der Arbeit von Reinhard Winter gegenüber.<br />
Dieser hat das "Variablenmodell balancierten Mannseins" auf die<br />
Vaterrolle ausgeweitet und interpretiert in der Schrift "Von der Fülle des<br />
<strong>Vatersein</strong>s" acht Begriffspaare bzw. Aspekte. Diese polaren Begriffspaare<br />
bilden ein dynamisches Modell, welches über die <strong>Zeit</strong>achse hinweg<br />
in unterschiedlicher und wechselnder Ausprägung die individuellen<br />
Ressourcen beleuchten und Entwicklungspotentiale erkennen lassen<br />
möchte. Demnach spielt sich Mannsein bzw. <strong>Vatersein</strong> ab auf den<br />
Polaritätsfeldern von<br />
Konzentration - Integration<br />
Aktivität - Reflexion<br />
Präsentation - Selbstbezug<br />
Kulturelle Lösung/Prozess - Kulturelle Bindung/Struktur<br />
Leistung - Entspannung<br />
Heterosozialer Bezug - Homosozialer Bezug<br />
Konflikt - Schutz<br />
Stärke - Begrenztheit<br />
Als Schlüsselbegriffe des guten <strong>Vatersein</strong>s nennt R. Winter zusammenfassend<br />
"Wahrnehmung, Kommunikation und Verantwortung".<br />
(R. Winter, Von der Fülle des <strong>Vatersein</strong>s - Ableitung Variablenmodell<br />
<strong>zum</strong> Thema <strong>Vatersein</strong>, Tübingen 2004 / kostenfreier pdf-Download:<br />
http://www.radix.ch/d/data/data_60.pdf), S.10)<br />
Das Variablenmodell strebt nicht nach einer einmal zu erreichenden<br />
und dann zu haltenden absoluten Balance. Es versteht sich als offener<br />
Prozess und bietet lediglich eine anregende gedankliche Struktur<br />
<strong>zum</strong> selbständigen Weiterdenken und Weiterfragen. "Es soll kein<br />
neues Ideal aufstellen und dient auch nicht als Anspruchskatalog. …<br />
Dieses Modell ist also nicht fertig, sondern funktioniert ein wenig wie<br />
bei IKEA: Das Material ist da, aber machen muss man es letztlich<br />
selbst und oft hilft einem der Bauplan auch nicht so viel." (a.a.O., S.8)<br />
92
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Die eher klassisch wertorientierte Sichtweise von Ballnik scheint aus<br />
der Bemühung heraus entstanden zu sein, Väterlichkeit so zu umschreiben,<br />
dass sie in und trotz massiv veränderter gesellschaftlicher<br />
Rahmenbedingungen hinreichend praktiziert werden kann. Die Studie<br />
scheint einer pragmatischen Haltung zu folgen, die sich zunächst einmal<br />
daran orientiert, was mehrheitsfähig und machbar ist: Die faktisch<br />
abwesenden Väter in arbeitsteiligen Rollenmodellen wenigstens für<br />
die besondere und besonders intensive Beziehung <strong>zum</strong> Kind sensibilisieren.<br />
Damit wird tendenziell der Grundsatz "Qualität vor Quantität"<br />
hochgehalten. Zwar ist der Vater arbeitsbedingt nur sehr selten anwesend,<br />
dann aber zu 100% oder mehr. Eine solche Sichtweise weist<br />
klar systemerhaltende Züge auf.<br />
Demgegenüber fordert das Balancemodell von Winter deutlich stärker<br />
heraus, wenn auch in einer zunächst individualisierten Perspektive.<br />
Beim einzelnen Vater liegt die Verantwortung für seine persönliche<br />
Balance. Er ist dafür verantwortlich, welche Lebensdimensionen er in<br />
welchem Maß und in welcher zeitlichen Abfolge in sein Lebenskonzept<br />
integrieren will. Variationsreichtum und Ausgleich (Balance)<br />
innerhalb eines Systems - auch des Systems Familie - ist die gedankliche<br />
Leitfigur. Das eröffnet sehr viel Spielraum und ermuntert, das<br />
ganze Spektrum der Möglichkeiten auszuloten und "mit den<br />
Polaritäten zu spielen". Allerdings ist dieser Ansatz damit noch sehr<br />
offen und erschließt manchem Vater mitunter noch zuwenig davon,<br />
worin Väterlichkeit nun bestehen könnte.<br />
93
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
3 Eine (neue) Kultur der Väterlichkeit 3 Eine (neue) Kultur der Väterlichkeit<br />
3.1. Im Kreislauf des Lebens<br />
3.1 Im Kreislauf des Lebens<br />
Eine neue Kultur der Väterlichkeit kann zunächst unter der Begriffsabfolge<br />
von "versöhnen - verantworten - vertrauen - versagen"<br />
betrachtet werden. Diese Begriffe können in einem steten Kreislauf<br />
gesehen werden … spiralförmig sich drehend und mit jedem<br />
Durchgang sich weiter verdichtend. Es sind Verben, Begriffe also, die<br />
sich auf das eigene Tun und die dahinterliegende Haltung beziehen.<br />
1. Versöhnen<br />
1. Versöhnen<br />
Zunächst ist es für jeden Mann bedeutsam, sich mit dem eigenen Vater<br />
bzw. mit der eigenen Vater-Erfahrung auseinanderzusetzen. Was hat<br />
mich an ihm beeindruckt Was hat mich jeweils rasend gemacht und<br />
weshalb Was blieb mir besonders in Erinnerung und was daran war<br />
besonders hilfreich, was besonders lähmend, entmutigend Wenn es<br />
noch möglich ist, dann ist das konkrete klärende Gespräch mit dem<br />
eigenen Vater ein wichtiger Schritt: "Wie war das damals für Dich<br />
Warum hast Du dich damals so verhalten Was waren Deine Ziele,<br />
Hoffnungen, Sehnsüchte als Vater" Ein solches Gespräch sollte aus<br />
einem Gefühl der Neugier heraus stattfinden können, aus dem<br />
Bemühen um echtes Verstehen und Nachvollziehen. Sind Gefühle von<br />
Groll, Verletztsein, massiven Vorwürfen oder gar von Rache im Vordergrund,<br />
dann ist es vermutlich noch zu früh für ein solches Gespräch,<br />
oder es sollte unter Beiziehung einer geeigneten und kommunikationserfahrenen<br />
Drittperson versucht bzw. vorbereitet werden.<br />
In der Auseinandersetzung mit dem eigenen Vater (wenn er nicht<br />
mehr lebt, dann kann dies auch in Erinnerung bzw. im Gespräch mit<br />
"stellvertretenden" Personen geschehen) gilt es, zu einer versöhnlichen<br />
Haltung zu finden. Die idealistischen Annahmen des Sohnes, die<br />
oftmals verklärenden Erwartungen an einen Vater müssen jetzt geprüft<br />
und "geeicht" werden können. Dies ist die Chance, sich mit<br />
Vaters Endlichkeit und seinem Nicht-Vollkommen-Sein zu versöhnen.<br />
Eigene Verletzungen und Enttäuschungen wollen nochmals intensiv<br />
wahrgenommen und erkannt sein und die Dankbarkeit über wertvolle<br />
und geschenkte Erfahrungen erhält hier ihren Platz. In dieser<br />
Reflexion wird es möglich, unerfüllt gebliebene Sehnsüchte und<br />
schmerzhafte Erinnerungen anzuerkennen und sich darauf zu besinnen,<br />
was den eigenen Kindern gegenüber dereinst "anders" gesche-<br />
95
hen soll, was ihnen gegenüber auf jeden Fall vermieden oder auf<br />
jeden Fall auch vermittelt werden will. In einem Akt der Versöhnung<br />
kann es günstigenfalls gelingen, die guten Erfahrungen gewissermaßen<br />
als wertvolle Früchte aus der Ernte auszusortieren und einem<br />
eigenen "inneren Vater-Bild" zuzuordnen. Die Versöhnung mit dem<br />
eigenen Vater schafft die Voraussetzung für eine integrierte eigene<br />
Väterlichkeit.<br />
2. Verantworten<br />
2. Verantworten<br />
Väterlichkeit hat mit Verantwortung zu tun. Verantwortung heißt<br />
zunächst "Antwort geben"; dem Leben mit der eigenen Art, Vater zu<br />
sein, und mit dem eigenen Lebensentwurf eine ganz eigene subjektive<br />
Antwort geben. Wer <strong>Vatersein</strong> bewusst gestaltet und sich als<br />
Dialogpartner im Frage-Antwort-Spiel des Lebens versteht, übernimmt<br />
Verantwortung.<br />
Verantwortung übernehmen folgt deshalb auf das Versöhnen. (Der<br />
eigenen Erfahrung das entnehmen, was förderlich und wertvoll erschien<br />
und das zurücklassen, was hinderlich war, wo ich mich enttäuscht oder<br />
herabgesetzt fühlte). Verantwortung bedeutet, auf die Fragen des<br />
Lebensalltags einzugehen, diese an sich heranzulassen und ernstzunehmen.<br />
Es bedeutet zudem, Position zu beziehen, Stellung zu nehmen,<br />
sich mit eigenem Profil einzubringen und wenn nötig "ein<strong>zum</strong>ischen".<br />
Das verlangt Mut. Weiter heißt Verantwortung tragen auch, zu<br />
eigenen Äußerungen und Handlungen zu stehen, sie zu begründen, sie<br />
im kritischen Diskurs zu prüfen - und gegebenenfalls auch bereit zu<br />
sein, zu einem Kompromiss, zu einer Verhaltensänderung oder gar zu<br />
einem Eingeständnis (zu einer "Entschuldigung").<br />
Wo und wem gegenüber gelingt es mir, in diesem Sinne<br />
Verantwortung zu übernehmen Weshalb gelingt es hier und andernorts<br />
nicht Wie weit reicht meine Verantwortungsbereitschaft Gelingt<br />
es mir, zwischen meiner Verantwortung und der Verantwortung meines<br />
Gegenübers zu unterscheiden In welchen Beziehungen gelingt<br />
mir dies leichter, wo gelingt dies weniger Weshalb<br />
3. Vertrauen<br />
3. Vertrauen<br />
So verstandene Verantwortung hat sehr viel mit Kommunikation zu<br />
tun, und sie setzt Vertrauen voraus. Verantwortung zu übernehmen<br />
heißt, das Vertrauen eines anderen Menschen zu genießen und mit<br />
96
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
dem eigenen Handeln auf diesen Vertrauensbeweis zu antworten.<br />
Verantwortung übertragen heißt demgemäß, einem anderen<br />
Menschen gegenüber Vertrauen aufzubringen und den Ausgang einer<br />
Verhandlung oder einer Handlung "in dessen Hände zu legen".<br />
Wo gelingt es mir, mich einem anderen Menschen bzw. dessen (<strong>zum</strong><br />
Beispiel beruflichen) Kompetenzen anzuvertrauen Was brauche ich<br />
dazu Wem gegenüber kann ich leichter Vertrauen aufbringen, bei<br />
wem weniger leicht Weshalb<br />
Wann gelingt es mir, einem anderen Menschen gegenüber Vertrauen<br />
aufzubringen, ihm etwas zuzutrauen oder gar zu<strong>zum</strong>uten Wem<br />
gegenüber gelingt dies leichter - wem gegenüber weniger leicht<br />
Weshalb<br />
4. Versagen 4. Wenn Verantwortung bzw. Vertrauen mit Einfluss nehmen, etwas<br />
Gestalten und Bewirken zu tun hat, so gehört unteilbar auch der Umgang<br />
mit Enttäuschung und Versagen dazu. Überall da, wo ich etwas<br />
verspreche, wo ich etwas auszuführen oder eben zu verantworten<br />
habe, können auch Fehler und Versäumnisse passieren. Es kann vorkommen,<br />
dass ich die in mich gesetzten Erwartungen, die versprochenen<br />
Ziele oder Ergebnisse nicht erfüllen oder die Aufgaben nicht erledigen<br />
kann. Es kann umgekehrt vorkommen, dass andere Menschen die<br />
Aufgaben und Erwartungen nicht erfüllen, die Ergebnisse und Ziele<br />
nicht erbringen, die ich in sie gesetzt bzw. von ihnen versprochen hatte.<br />
Der richtige Umgang mit Enttäuschungen ist eine entscheidende<br />
Lebenskompetenz. Es handelt sich um die Fähigkeit, bisherige und für<br />
mich verbindliche Realitäten, mir besonders wichtige Haltepunkte aufgeben<br />
und mein Verständnis der Wirklichkeit wieder neu einstellen zu<br />
können.<br />
Gelingt es mir, eigene Fehler und eigenes Versagen zu akzeptieren<br />
und einzuordnen Kann ich vor anderen Menschen dazu stehen Vor<br />
wem gelingt mir dies leichter, bei wem weniger leicht Wie verarbeite<br />
ich Erfahrungen von Scheitern, Versagen, nicht erfüllte Wünsche und<br />
Hoffnungen Gelingt es mir, Fehler und Versagen anderer Menschen<br />
zu akzeptieren und einzuordnen Bei wem gelingt mir dies leichter,<br />
bei wem weniger leicht Was lösen Gefühle von gekränkt oder gar<br />
gedemütigt sein bei mir aus Welche Reflexe dazu kenne ich<br />
Welche bewussten Strategien setze ich dann ein<br />
97
Gewalt ist Ausdruck von Gewalt Ohnmacht ist Ausdruck von Ohnmacht<br />
Die Auseinandersetzung mit solchen Fragen des Scheiterns und<br />
Versagens ist ein Schlüsselfaktor menschlicher Beziehungsgestaltung,<br />
ganz besonders aber ein Schlüsselfaktor männlicher<br />
Beziehungsgestaltung. Es kann nämlich davon ausgegangen werden,<br />
dass Männer nicht von Haus aus gewaltbereit, gewalttätig oder rücksichtslos<br />
sind. Zwar konfrontieren uns die Medien täglich mit<br />
Meldungen, in denen Männer und Väter als Täter und Verursacher<br />
von Gewalthandlungen und von Akten des Missbrauchs dargestellt<br />
sind. Zweifellos kommt es häufig vor, dass Männer sich in unangemessener,<br />
ausbeuterischer, rücksichtsloser und menschenverachtender<br />
Weise verhalten. Die Ausübung von Gewalthandlungen ist ethisch<br />
verwerflich und durch nichts zu rechtfertigen.<br />
Doch hier beginnt bereits die gesellschaftlich akzeptierte und teilweise<br />
gar gesellschaftlich verordnete Schizophrenie: Wie viele Männer<br />
wurden nicht schon darauf trainiert, Gewalt auszuüben, sich nicht<br />
erweichen zu lassen, unerbittlich und unhinterfragt Befehle auszuführen,<br />
rücksichtslos Ziele zu verfolgen, den Gegner klein zu machen<br />
etc. Solches Verhalten (oder wenn man will, solche Fähigkeiten) sind<br />
jedoch nicht "typisch männlich" sondern reine Produkte der<br />
Sozialisation, also gesellschaftlich angelernt und antrainiert.<br />
Wenn nun zu dieser "materiellen" Disposition noch eine "psychische"<br />
Disposition hinzukommt, dann ist der Übergang zur Gewaltausübung<br />
nicht mehr groß. Da, wo Männer auf Erfolg und Sieg konditioniert<br />
sind, da wo Männer nie lernen mussten, mit Versagen und<br />
Enttäuschung umzugehen, da werden Erfahrungen des Scheiterns<br />
sehr schnell als grenzenlose und existentielle Demütigung empfunden.<br />
Sehr häufig resultieren Gewalthandlungen aus solchen<br />
Erfahrungen tiefster Ohnmacht und Verletzung.<br />
Es ist somit für Väter von besonderer Wichtigkeit, dass sie in Anbetracht<br />
der großen Verantwortung, die sie einem kleinen und wehrlosen<br />
Lebewesen gegenüber tragen, sich selbstkritisch und offen mit solchen<br />
Fragen des Scheiterns auseinandersetzen. Wenn Väter sich aggressiv,<br />
gewalttätig oder respektlos bezüglich der Persönlichkeit und Intimität<br />
ihres Kindes oder ihrer Partnerin verhalten, dann ist dies mit nichts zu<br />
rechtfertigen, auch nicht mit Gefühlen des Unverstanden-, Gekränktoder<br />
Überfordert-Seins. Ganz besonders auch deshalb nicht, weil damit<br />
eine Situation der Abhängigkeit bzw. des Vertrauens ausgenützt würde.<br />
98
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Männer müssen deshalb üben, sich frühzeitig ihrer Befindlichkeit<br />
gewahr zu werden, sich für Klärung einzusetzen bzw. für ihre eigenen<br />
Belastungsgrenzen einzustehen, bevor ein unerträglicher Überdruck<br />
entsteht und es zur "Explosion" kommt.<br />
An dieser Stelle sei erwähnt, dass es bei Frauen wie Männern spezifische<br />
und subtile Formen von Machtausübung und Gewalt gibt. Da<br />
wo Frauen und Mütter bzw. Männer und Väter es verstehen, aus<br />
Gefühlen der Frustration, des Zurückgesetztseins, des Neids etc. heraus<br />
die subtilen Register der emotionalen Druckausübung auf<br />
Partner/in und Kinder zu ziehen, da wird die Spirale der Gewalt in<br />
Gang gesetzt bzw. in Bewegung gehalten.<br />
Partner, die in kommunikativer Verantwortung ihre Wahrnehmungen<br />
"auf den Tisch bringen", die verdeckte Stimmungen ansprechen und zur<br />
bewussten Stellungnahme herausfordern, tragen dazu bei solch unbewusste<br />
und unproduktive Strategien zu "entdecken" und zu verarbeiten.<br />
Echte und beiderseitige Veränderungsbereitschaft vorausgesetzt.<br />
Männer / Väter sind es gewohnt, zwischen Arbeit und Privatleben eine<br />
klare Trennung aufrechtzuerhalten. Darin verbirgt sich sowohl eine<br />
Chance als auch eine Gefahr. Mit dieser klaren Trennlinie sichern sie<br />
sich die Funktionsfähigkeit, sie halten allfällig störende oder blockierende<br />
Gefühle außen vor, um die gewohnten und von ihnen erwarteten<br />
Abläufe einwandfrei gewährleisten zu können. Die Gefahr jedoch<br />
besteht darin, sich innerlich aufzuspalten, sich auf ein reines<br />
Funktionieren zu konzentrieren und dabei andere Bedürfnisse zu verdrängen.<br />
Menschliche Grundbedürfnisse haben es jedoch an sich, dass<br />
sie früher oder später an die Oberfläche drängen. Je länger die<br />
Verdrängung dauerte, umso heftiger.<br />
Männer mit emotionaler Kompetenz sind Männer, die zur<br />
Selbstregulation fähig sind, die die Sorge für sich selbst und die Sorge<br />
um andere in Balance halten können. Die Selbstregulation ist so<br />
etwas wie das "Überdruckventil" beim Dampfkochtopf. Sie verhindert<br />
unkontrollierte Entladungen und Explosionen.<br />
Viele Männer/Väter sind in ihrem Berufsleben mit Führungs- und<br />
Leitungsaufgaben betraut. Sie haben zuweilen ein großes Geschick<br />
entwickelt in Bezug auf zeitgemäße Kommunikations- und Führungsstile.<br />
Der Einbezug der Ressourcen der Mitarbeiterschaft, das Nutzen<br />
von Stärken etc. ist in aller Munde. Kommunikations- und Konflikt-<br />
99
management-Seminare gehören vielerorts <strong>zum</strong> betrieblichen Alltag<br />
und strategisches Denken ist heute ein Muss. Weshalb fällt es manchmal<br />
schwer, diese Kompetenzen und mithin diese ressourcenorientierte<br />
Grundhaltung auch im privaten Umfeld <strong>zum</strong> Tragen zu bringen<br />
Nicht dass die Familie nun mit Zielvereinbarungsgesprächen und strategischen<br />
Meetings straff zu führen und im Benchmarking mit den<br />
Nachbarsfamilien unerbittlich zu messen sei, hoffentlich nicht. Doch<br />
weshalb die beruflichen Kompetenzen der rationalen Klarheit, der<br />
sachlichen und doch einfühlsamen Kommunikation, der gemeinsamen<br />
Zielausrichtung nicht auch im Familienleben <strong>zum</strong> Tragen bringen<br />
Dass Männer/Väter einen anderen Zugang zu Emotionalität und<br />
Empathie haben als Frauen, kann sich im wertschätzenden und<br />
respektvollen Dialog durchaus als Chance erweisen. Wenn sich rationale<br />
Sachlichkeit mit einer empathischen Haltung verbindet, Väter<br />
sich dialogisch, kommunikativ, offen und aufmerksam verhalten, dann<br />
kann die Unterschiedlichkeit von Vater und Mutter im familiären<br />
Miteinander sehr hilfreich und ergänzend genutzt werden.<br />
Wolfgang Müller-Commichau (und Allan Guggenbühl, Männer und<br />
emotionale Kompetenz, Wien, 2007) zeichnet mit dem<br />
"Selbstregulierungs-Quadrat" ein Hilfsmittel, um emotionale<br />
Kompetenz zu entwickeln. Dabei wird das Zusammenspiel folgender<br />
vier Faktoren ("Säulen der emotionalen Kompetenz") betrachtet:<br />
Selbstwahrnehmungsfähigkeit (Wie fühle ich mich Wie geht es<br />
mir<br />
Einfühlungsvermögen / Empathie (Wie geht es meinem<br />
Gegenüber)<br />
Interaktionskompetenz (Wie bringe ich diese Gefühle zur Sprache<br />
Wie gehen wir damit bzw. miteinander um)<br />
Fähigkeit zur Wahrnehmung und Respektierung eigener Grenzen<br />
Hier trifft sich das Modell des Selbstregulierungsquadrates mit der im<br />
vorausgehenden Abschnitt (Gewalt als Ausdruck von Ohnmacht)<br />
erwähnten Erfordernis, eigene Belastungsgrenzen zu erkennen und<br />
für angemessenen Druckabbau bzw. Entspannung zu sorgen.<br />
100
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
3.2 Im Gespräch bleiben<br />
3.2 Im Gespräch bleiben<br />
"Fragen bleiben jung, Antworten altern rasch." (Kurt Marti)<br />
Wenn wir auf unsere eigenen Erfahrungen mit unseren Vätern zurückblicken<br />
oder die Erfahrungsberichte lesen, dann wird "Vater" erschrekkend<br />
häufig mit "sprachlos", "stumm", "redefaul" etc. verbunden. Nun,<br />
ein Vater muss nicht zu allem und jedem seinen Kommentar abgeben,<br />
schon gar nicht, wenn er nicht darum gebeten wurde. Es ist absolut<br />
ok, dass einzelne Menschen lieber sparsamer mit Worten umgehen<br />
und ihr Dasein anders, mit Zeichen etwa, mit aufmerksamer<br />
Anteilnahme, mit Zuhören oder aktivem Zupacken <strong>zum</strong> Ausdruck bringen.<br />
Und dennoch: Väterlichkeit hat in erster Linie mit Kommunikation<br />
zu tun. Denken und Handeln, Fühlen und Absichten müssen einem<br />
Gegenüber (dem Kind wie der Partnerin) einsichtig sein, sie wollen<br />
verstehen und nachvollziehen können. Und wir sind herausgefordert,<br />
dies nachvollziehbar darzulegen bzw. transparent zu machen. Ob<br />
dies nun mit Zeichen, mit Worten, mit einem ermutigenden Blick, oder<br />
mit einem Ausruf des Erstaunens geschieht, ist sekundär. Wichtig ist,<br />
sich mitzuteilen und aktiv zu kommunizieren.<br />
Väter eignen sich ganz besonders, um ihren Kindern als ermutigende<br />
Lebensbegleiter zur Seite zu stehen. Oder anders ausgedrückt: Der<br />
Vater ist prädestiniert für die Rolle des Coachs. Nicht, dass nun aus<br />
jeder Tochter eine Martina Hingis oder aus jedem Sohn ein Roger<br />
Federer werden soll, nein. Der Respekt vor der Eigenart des Kindes verlangt<br />
es, dass ein Vater nicht seine persönlichen (Leistungs-) Ziele aufdrängt,<br />
es nicht für seinen persönlichen Ehrgeiz missbraucht, es nicht<br />
nötigt, seine eigenen unerfüllten Träume kompensieren zu müssen.<br />
Väter jedoch, die in selbstkritischer Distanz, mit eigener Entdeckungsfreude,<br />
mit Lust am Unbekannten und Neuen, neugierig und in<br />
hoffnungsvoller Zuversicht ihr Kind begleiten, sind äußerst hilfreiche<br />
"Expeditionsteilnehmer" auf der Entdeckungsfahrt des Kindes hinaus<br />
ins Meer des Lebens.<br />
Eine Väterlichkeit, die der Haltung des "Empowerments" (Selbst-<br />
Ermächtigung) folgt, begleitet das Kind behutsam, respektiert dessen<br />
eigenes Entwicklungstempo und bringt die eigene Lebenserfahrung<br />
schützend mit ein. Eine solche Haltung lässt sich mit der Begriffsabfolge<br />
"erinnern - ermutigen - ermächtigen - erproben" umschreiben.<br />
101
1. "Erinnern"<br />
1. "Erinnern"<br />
Mein echtes Interesse am Kind und seinen ganz eigenen Erfahrungen<br />
kann ich am besten dadurch ausdrücken, dass ich mir <strong>Zeit</strong> nehme<br />
zuzuhören, zuzuschauen, mir die neu erworbene Fähigkeit vorführen<br />
zu lassen. Kinder sind begierig darauf, zu lernen und zeigen auch<br />
gerne und mit Stolz, was sie gelernt haben. Mit zunehmendem Alter<br />
des Kindes kann ich diese Anteilnahme auch erweitern: "Wie hast Du<br />
das gemacht Wie ist es Dir gelungen, dass … Wie hast Du jenes<br />
Problem gelöst Wie hast Du es geschafft, trotz Rückschlägen und<br />
Misserfolgen weiter<strong>zum</strong>achen"<br />
Der gemeinsame Blick zurück, das Reflektieren und Auswerten einer<br />
bestimmten Erfahrung ist einerseits ein Ausdruck von Wertschätzung<br />
und anderseits eine wertvolle Gelegenheit, zu neuen Erkenntnissen zu<br />
kommen. Ganz nach dem Sprichwort "aus Erfahrung wird man klug"<br />
oder "Fehler sind da, damit wir aus ihnen lernen können". Überdies erkennt<br />
das Kind durch solche Gespräche, dass Fehler grundsätzlich<br />
Platz haben, dass Fehler passieren dürfen und dass es darauf ankommt,<br />
an erkannten Fehlern zu arbeiten bzw. zu lernen. Fehler hängen<br />
wir Menschen nicht gern "an die große Glocke". Da kann es bedeutsam<br />
sein, als Vater ab und zu interessiert (jedoch nicht bohrend) nachzufragen<br />
und damit zu vermitteln: Klar, auch Fehler gehören dazu, sie sind<br />
zuweilen sogar spannender als die "gelungenen" Ereignisse. Einen<br />
ganz besonderen Beitrag zu einer offenen "Fehlerkultur" leistet ein Vater<br />
dann, wenn er von seinen eigenen Erfahrungen erzählt, von seinen<br />
eigenen Misserfolgen, Ängsten, Abenteuern und Bubenstreichen. Hier<br />
vermittelt sich ganz automatisch die Einsicht: auch mein Vater ist "nur"<br />
ein Mensch, auch meinem Vater passieren Fehler und er kann unerschrocken<br />
darüber reden, ja sogar über seine eigenen Patzer und<br />
Misserfolge lachen.<br />
Als Vater habe ich zwangsläufig einen beträchtlichen Erfahrungsvorsprung.<br />
Das ist eine Chance - birgt aber gleichzeitig die Gefahr des<br />
vorschnellen Eingreifens. Es ist wichtig, mit eigenen "Lösungen" sparsam<br />
umzugehen, dem Kind Raum zu lassen für eigene Lösungsversuche,<br />
zuweilen gar auszuhalten, dass es etwas ausprobiert, bei dem<br />
ich am liebsten rufen würde: "Vergiss es, das gelingt dir nie, du musst<br />
das so anpacken …." Bevormundende Belehrungen kommen bei<br />
Kindern mit zunehmendem Alter weniger gut an. Sie möchten selbst<br />
ausprobieren, eigene Erfahrungen sammeln und sind natürlich dankbar,<br />
wenn jemand an der Seite steht, dem sie ab und zu eine Frage<br />
102
stellen können, von dem aber auch das Gefühl der Sicherheit ausgeht:<br />
Solange mir Papa zusieht, wird es wohl nicht "lebensgefährlich"<br />
sein. Viele Väter haben eine größere Risikobereitschaft als Mütter. Mit<br />
dem Mut <strong>zum</strong> "kalkulierten Risiko" können Väter Entscheidendes<br />
dazu beitragen, dass Kinder "über sich hinaus wachsen" können,<br />
dass sie sich neue Lernschritte zutrauen und sich eine vertrauensvoll<br />
mutige Lebenshaltung aneignen können. Ein rücksichtsvoller und einfühlsamer<br />
Vater führt sachte an die Grenzen heran, ohne zu forcieren<br />
und ohne übergroße Wagnisse einzugehen.<br />
2. "Ermutigen"<br />
2. "Ermutigen"<br />
Kinder entwickeln in der Regel schnell eigene Vorstellungen, was sie<br />
lernen oder erreichen möchten. Häufig bringen sie selbst die entwicklungsgemäß<br />
anstehenden Wünsche und Herausforderungen zur<br />
Sprache. Haben sich einmal die ersten "Misserfolge" eingestellt oder<br />
die ersten Grenzen gezeigt, dann erlahmen mitunter der Mut und die<br />
Ausdauer <strong>zum</strong> unermüdlichen Neuanfang. Sei dies beim Radfahren<br />
lernen, beim Hausaufgaben lösen oder beim Basteln. Hier ist eine<br />
väterliche Gelassenheit wertvoll. Jemand drückt mit seiner geduldigen<br />
Präsenz aus: "Probier ruhig noch einmal, Du kannst das schon, das<br />
wird Dir schon gelingen!" Ohne zu drängen und ohne zu überfordern,<br />
steht da einer daneben, der es schließlich auch einmal lernen musste<br />
und der es auch geschafft hat. So entsteht Zuversicht.<br />
Neue Herausforderungen bergen stets auch einen Anteil, der Angst<br />
macht. Angst ist ein wichtiges und wertvolles Signal. Das Kind wird in<br />
seinem späteren Lebensverlauf noch öfters darauf angewiesen sein,<br />
auf seine inneren Gefühle vertrauen und sich darauf verlassen zu<br />
müssen. Es ist deshalb sehr bedeutsam, dass es seine körpereigenen<br />
Signale zu achten lernt, dass es diese ernst nimmt und sich diese<br />
zunutze machen kann. Deshalb ist der väterliche Respekt solchen<br />
Unsicherheiten und Ängsten gegenüber äußerst wichtig. "Ja, Du<br />
darfst Angst haben. Aber vielleicht magst Du es trotzdem noch einmal<br />
versuchen. Ich stehe daneben, beobachte genau und verspreche Dir,<br />
dass ich bei Gefahr sofort eingreifen werde". "Was brauchst Du von<br />
mir, damit Du es wagen könntest, nochmals anzufangen …" An solchen<br />
Herausforderungen bildet sich Vertrauen aus, Vertrauen in die<br />
eigenen Kräfte und Vertrauen in die väterliche Sorgfalt.<br />
Väterliche Ermutigung kann eine große Kraft entfalten und kann das<br />
Selbstvertrauen und ein positives Lebensgefühl entscheidend prägen.<br />
104
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Vorausgesetzt, ein Vater kann diese Ermutigung behutsam und geduldig<br />
<strong>zum</strong> Ausdruck bringen. Die größte Gefahr besteht also zunächst<br />
in der Ungeduld, im <strong>Zeit</strong>druck. Sodann wird ein Vater leichter die nötige<br />
Geduld aufbringen, wenn er "mit sich selbst im Reinen ist": wer<br />
sich den eigenen Ängsten noch nicht gestellt hat - und diese am liebsten<br />
ärgerlich beiseite schieben würde, hat es wohl schwerer, in<br />
Gelassenheit zu reagieren. Es ist deshalb wichtig, sich ganz bewusst<br />
von falschem "Heldentum" und plakativen "Allgemeinplätzen" zu<br />
distanzieren. Aussagen wie "Nun tu' mal nicht so zimperlich…, beiß'<br />
auf die Zähne…, reiß' Dich zusammen…, wegen so einer Kleinigkeit<br />
weint man doch nicht gleich …" sind kontraproduktiv und lassen<br />
Einfühlung und Wertschätzung vermissen.<br />
3. "Ermächtigen"<br />
3. "Ermächtigen"<br />
Für viele Herausforderungen und Lebensaufgaben braucht es tatsächlich<br />
auch ein gewisses "Know-how". Wohl lassen sich viele Dinge<br />
im Leben auf ganz unterschiedliche Weise lösen und der Blick über<br />
die eigenen Landesgrenzen hinaus zeigt <strong>zum</strong> Beispiel schnell, dass<br />
man gewisse Dinge auch anders machen kann. In Kulturen und<br />
gesellschaftlichen Verbünden haben sich jedoch Gewohnheiten und<br />
Abläufe herausgebildet, die für die eigene Lebensbewältigung, wie<br />
auch für das Zusammenleben wichtig sind und vieles erleichtern können.<br />
"Know-how" vermitteln und in gesellschaftliche Gepflogenheiten<br />
einführen ist eine wichtige (nicht nur) väterliche Funktion.<br />
Das Vermitteln von Wissen und Know-how gelingt dann am leichtesten,<br />
wenn es mit einem unmittelbaren Bedürfnis des Kindes verknüpft<br />
ist. Wenn das Kind eine ganz bestimmte Frage, ein bestimmtes<br />
Vorhaben oder Ziel vor Augen hat, dann ist es am empfänglichsten<br />
für Erklärungen. Solche Erklärungen und Instruktionen sind dann für<br />
das Kind verarbeitbar, wenn sie kurz, konkret, verständlich, handlungsorientiert<br />
und klar (vgl. die SMART-Regel der Kommunikation)<br />
vorgetragen werden. Und wichtig zu wissen: "Es führen 100 Wege<br />
nach Rom." Man kann es stets auch noch anders ausprobieren,<br />
sofern man bereit ist, allfällige Konsequenzen zu tragen.<br />
Für den Vater lauert bei diesem Schritt die Gefahr, dass er in ein endloses<br />
Erklären und Instruieren verfallen könnte, je nach Temperament<br />
und je nach Leidenschaft und Perfektion, mit der er selbst diesem<br />
Thema oder dieser Aufgabe nachgeht. Das Auffassungsvermögen<br />
des Kindes ist begrenzt. Es will und kann im Moment lediglich den<br />
105
nächsten Schritt kennen lernen, für weitere Finessen ist später noch<br />
<strong>Zeit</strong>. Es fällt manchmal schwer, an dieser Stelle die eigenen<br />
Wertmaßstäbe zu verlassen und einmal mehr Geduld üben zu müssen.<br />
Doch wenn wir das Kind erst einmal für das Thema begeistert<br />
haben, dann wird es später von selbst wieder daran anknüpfen und<br />
noch mehr erfahren wollen. Wenn wir hingegen "den Karren überladen",<br />
dann ist leicht möglich, dass das Kind dieses Thema ein für alle<br />
Mal hinter sich lässt und "abhängt". Eine weitere, wenn auch geringere<br />
Gefahr besteht darin, dem Kind Know-how zu vermitteln, von dem<br />
ich selbst nicht überzeugt bin. "Das macht man halt so!" Wissen, das<br />
freudlos, lustlos und ohne ein Minimum an innerer Überzeugung vermittelt<br />
wird, reduziert sich auf ein rein technisches "Antrainieren". Das<br />
mag zuweilen auch angemessen oder ganz einfach nötig sein, man<br />
sollte sich allerdings bloß nicht wundern, wenn derartige Handlungen<br />
vom Kind ebenso lustlos und automatisch vollzogen und bei nächster<br />
Gelegenheit wieder vergessen werden.<br />
4. "Erproben"<br />
4. "Erproben"<br />
Handlungen, Aufgaben, Herausforderungen und Lernprozesse können<br />
vorab besprochen und geplant werden. Doch den eigentlichen<br />
Schritt muss jeder Mensch selbst gehen. Befriedigung und Erfolgserlebnisse<br />
stellen sich erst dann ein, wenn ich etwas selbst, aus eigener<br />
Kraft und mit eigenen Mitteln vollzogen habe. Und das Wissen<br />
darum, dass ich die neu erworbene Fähigkeit auch andernorts wieder<br />
"abrufen" und in neuen Zusammenhängen anwenden kann, vermittelt<br />
mir erst das Gefühl von "Können". Wir kommen also nicht darum<br />
herum, nach kürzerer oder längerer Vorbereitungszeit, in die Umsetzungsphase<br />
zu gehen und etwas auszuprobieren, uns zu erproben.<br />
Ein Schritt, der Mut erfordert und bei Gelingen ein Gefühl von<br />
Stolz vermittelt: "Ich hab's geschafft!"<br />
Kinder brauchen eine Umgebung, die ihnen auf vielfältigste Weise<br />
Raum <strong>zum</strong> Ausprobieren gibt. Das Kleinkind, das seine nächste<br />
Umgebung tastend erkundet, die ersten Gehversuche, das Kind, das<br />
unbedingt beim Kochen und Schneiden mithelfen muss, der erste<br />
Abend allein zuhause, der erste Ausflug mit Freunden, etc. - unzählige<br />
Schritte und unzählige "Bewährungsproben", die sich das Kind selbst<br />
stellen will. Eltern sind in dieser Phase ganz besonders gefordert, sich<br />
zurückzuhalten, nicht einzugreifen, vertrauensvoll abzuwarten.<br />
106
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Viele Väter erleben sich selbst als sehr pragmatisch und handlungsorientiert.<br />
Sie sind es gewohnt zuzupacken, sie fühlen sich rationellen<br />
Lösungen verpflichtet und sehen sich nicht als "Mann der großen<br />
Worte". Dennoch oder gerade deshalb lauert hier die Gefahr, zuwenig<br />
Raum <strong>zum</strong> Erproben zu geben bzw. diesen Raum zu beschneiden.<br />
Wir sind herausgefordert, die Kinder ihre Erfahrungen selbst machen<br />
und die Konsequenzen ihres Handelns selbst tragen zu lassen.<br />
Natürlich soll diese väterliche Zurückhaltung situationsgemäß erfolgen.<br />
Jede Äußerung von "siehst Du, ich habe Dir doch gesagt" oder<br />
gar hämisches Lächeln wäre da völlig unangepasst. Sachliche und<br />
gelassene Zurückhaltung - verbunden mit interessiert - neugieriger<br />
Anteilnahme ist angezeigt. "Es könnte Dir ja etwas gelingen, das ich<br />
selbst nie und nimmer für möglich gehalten hätte." Diese im positiven<br />
Sinn neugierige Anteilnahme führt direkt dazu, dass der Vater in der<br />
nächsten ruhigen Minute bzw. bei sich bietender Gelegenheit "den<br />
Kreis schließt" und beim Kind interessiert nachfragt: "Wie war das mit<br />
deinem gestrigen Vorhaben" "erinnern - ermutigen - ermächtigen -<br />
erproben" als Motto für die Praxis eben.<br />
"Ich wünsche, dass mein Sohn erfährt, dass grüne Gräser schneiden<br />
können, dass hoch im Baum kein Mensch erklärt, wie wir den Absturz<br />
meiden können.<br />
Ich wünsche, dass er Äpfel stiehlt, bevor wir sie als Nachtisch nehmen,<br />
ich will, dass er auf Amseln zielt, um sich nach Treffern selbst zu<br />
schämen.<br />
Ich wünsche, seine kleinen Tritte im Sand, im Schlamm, im Schnee zu<br />
sehen. Wie lächerlich klingt meine Bitte, nicht durch das große Beet<br />
zu gehen."<br />
(Werner Schneyder, Gelächter vor dem Aus)<br />
Auf die Haltung kommt es an<br />
Auf die Haltung kommt es an<br />
Nicht dass hier wieder zur alten "orthopädischen Schule" zurückgeführt<br />
werden soll, in der Kinder an Stühle gebunden und in die "richtige"<br />
Körperhaltung gezwungen wurden. Nein, die innere Haltung ist damit<br />
gemeint. Was nicht heißt, dass zwischen innerer Haltung und äußerer<br />
Körperhaltung kein Zusammenhang bestehe. Die innere Haltung<br />
(Einstellung), die der Vater dem Leben gegenüber entwickelt hat, drückt<br />
sich in seiner Körperhaltung und in seinem gesamten Verhalten dem<br />
Kind gegenüber aus. Mutige, weltoffene, neugierige und respektvolle<br />
Väter sind so etwas wie persönliche "Erlebnispädagogen" und für das<br />
einzelne Kind dann tatsächlich ein wenig das "Tor zur Welt".<br />
107
Väter, die sich als Coach des Kindes verstehen, werden<br />
anleiten und erklären,<br />
unterstützen, ohne dabei "die Steine aus dem Weg zu räumen",<br />
zutrauen und ermutigen,<br />
Erfahrungen sammeln lassen,<br />
"die Stange halten",<br />
unerschütterlich an die Ressourcen des Kindes glauben,<br />
kalkulierte Risiken eingehen und im Hintergrund absichern,<br />
Erfahrungen abhören und verarbeiten helfen,<br />
Regeln anerkennen und Respekt zeigen,<br />
Kraft einsetzen und Ziele verfolgen,<br />
integrieren und Konflikte lösen helfen.<br />
3.3 Komplizen für Lebensabenteuer<br />
3.3 Komplizen für Lebensabenteuer<br />
Väter können und müssen ihren Kindern (besonders ihren Söhnen)<br />
nicht die Freunde ersetzen, sie müssen nicht "auf jugendlich machen"<br />
und übertrieben lässig die Generationendifferenz verleugnen. Väter<br />
müssen nicht alles und jedes mittun und sich nicht jedem Schritt der<br />
Kinder anhängen oder gar einmischen. Und dennoch können Väter<br />
wunderbare Komplizen für die Lebensabenteuer ihrer Kinder sein.<br />
Komplizen zeichnen sich aus durch<br />
voneinander und umeinander wissen,<br />
einander ermutigen und unterstützen,<br />
sich gegenseitig ab und zu ins Vertrauen ziehen,<br />
auch gelegentlich riskante Manöver abdecken,<br />
gegenseitige Geheimnisse pflegen und schützen.<br />
108
Väter haben es - und hier kommt ihnen die biologische Unterschiedlichkeit<br />
bzw. natürliche Distanz zugute - meistens leichter in Sachen<br />
Abgrenzung gegenüber ihren Kindern, als dies bei Müttern der Fall ist.<br />
Vielen Vätern gelingt es relativ leicht, eine sachlich nüchterne Haltung<br />
einzunehmen, sich nicht gleich emotional vereinnahmen oder "verschlingen"<br />
zu lassen und die Erlebnisse des Kindes kritisch solidarisch<br />
zu begleiten. Väter können sich gewissermaßen zu "Experten"<br />
für Ablösungsfragen entwickeln und darin den Müttern gegenüber<br />
eine äußerst hilfreiche Außenperspektive einbringen. Dass dies<br />
gelingt, setzt allerdings ein behutsames und respektvolles Vorgehen<br />
voraus. Denn auch und gerade für eine Mutter ist es wichtig, dass sie<br />
sich bewusst mit ihrer Entbehrlichkeit auseinandersetzt. Eine Mutter<br />
muss nicht immer und überall verfügbar sein. Als Vater kann ich<br />
ermöglichen, dass die Mutter schon früh kleine Schritte des<br />
Loslassens üben kann: Sie darf unser Kind in meinen Händen geborgen<br />
wissen und vielleicht muss ich sie ab und zu an diese Tatsache<br />
erinnern! Als Vater setze ich mich ein für exklusive Vater-Kind-<strong>Zeit</strong>en,<br />
die ganz uns gehören, in denen unser eigener Maßstab gilt, und während<br />
der sich die Mutter eine eigene "Auszeit" gönnen darf und soll.<br />
Unerlässliche Schritte im Hinblick auf eine gesunde Selbständigkeitsentwicklung<br />
des Kindes.<br />
Eine weitere bedeutsame Dimension dieser Komplizenschaft kommt<br />
im Märchen "Eisenhans" der Gebrüder Grimm <strong>zum</strong> Ausdruck. Dort<br />
sieht sich der heranwachsende Sohn aufgefordert, "den Schlüssel<br />
unter dem Kopfkissen der Mutter zu stehlen und diesen dann fortzuwerfen".<br />
(vgl. Robert Bly, Eisenhans - ein Buch über Männer,<br />
München 1991). Die gewachsene und während vieler Jahre wichtige<br />
Intimität zwischen Mutter und Kind kommt jetzt an ihre Grenze und<br />
der Sohn beginnt, sich eine eigene Privatsphäre zu schaffen. Dieser<br />
Abgrenzungsschritt muss von ihm selbst ausgehen. Der Komplize<br />
(der Vater) "steht Schmiere" bei diesem waghalsigen Schritt (vgl.<br />
Markus Hofer, Kinder brauchen Väter). Er wird als "erfahrener Mann"<br />
seinen Sohn in diesem Vorhaben freudig und ermutigend unterstützen,<br />
im Wissen darum, dass es sich um einen unerlässlichen<br />
Ablösungsschritt handelt. Manche Mutter möchte dabei vielleicht ausrufen,<br />
sie werde ihrem Sohn den Schlüssel auch freiwillig geben - und<br />
mit dieser scheinbaren Großzügigkeit und Ablösungsbereitschaft<br />
unbewusst möglicherweise gleich einen neuen "Fallstrick" legen.<br />
Dieser Ablösungsschritt ist nicht ohne "Bruch" möglich und dieser<br />
"Bruch" muss vom Sohn selbst veranlasst werden!<br />
110
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Wir müssen in unserer Gesellschaft diesbezüglich leider ein beunruhigendes<br />
Phänomen feststellen: Die Zahl junger Männer, die nicht<br />
wirklich von ihren Müttern loskommen und den Weg in eine autonome,<br />
selbstbewusste und kraftvolle Lebensgestaltung als Mann nicht<br />
finden, ist drastisch am Ansteigen. Psychiatrische Kliniken stellen eine<br />
deutliche Zunahme von männlichen Jugendlichen mit psychotischen<br />
Erkrankungen, mit jugendlicher Orientierungs- und Perspektivelosigkeit,<br />
mit depressiven Phänomen, mit drogenindizierten Psychosen,<br />
Borderline-Erkrankungen etc. fest. Und den meisten dieser Verläufe<br />
ist die Verstrickung in eine komplexe Familiendynamik, der Loyalitätskonflikt<br />
zwischen den (oft getrennt lebenden) Elternteilen und eine<br />
nicht gelungene Ablösung von der Mutter gemeinsam. Selbst Mütter,<br />
die sich als aufgeschlossen, modern und selbstkritisch verstehen sind<br />
nicht davor gefeit, ihre Söhne unbewusst an sich zu binden. In<br />
Trennungssituationen der Eltern besteht diese Gefahr noch verstärkt.<br />
Da braucht es eine väterliche Instanz, die "in geheimer Komplizenschaft"<br />
mit dem Sohn diesen Ablösungsschritt konstruktiv zu bewältigen<br />
hilft.<br />
Sich aus der Symbiose mit der Mutter lossagen, um danach in Freiheit<br />
und auf der Ebene, auf welcher erwachsene Menschen sich begegnen,<br />
ein neues und liebevolles Band zwischen Mutter und Sohn zu<br />
legen, ist kein leichtes Unterfangen. Dieser Prozess kann Jahre dauern.<br />
Und mancher Vater kann diesbezüglich auch mit eigenen<br />
Erfahrungen aufwarten.<br />
Will ein Vater seinem Sohn in diesem Übergang hilfreich sein, so wird<br />
er diesbezüglich vor allem Standhaftigkeit zeigen und Konfrontationen<br />
aushalten müssen. Leicht möglich, dass in dieser Phase massive<br />
Gefühle der Konkurrenz zwischen Sohn und Vater auftreten. Hier den<br />
"weisen Überblick" zu behalten, ist nicht einfach und gelingt dann wohl<br />
am Besten, wenn sich in dieser <strong>Zeit</strong> die Partnerschaft zwischen Mutter<br />
und Vater neu verdichten und intensivieren kann. Ein wirkliches<br />
Geschenk ist es, wenn die Eltern in dieser Phase ihre Verliebtheit von<br />
damals neu entdecken können, angereichert mit dem Gefühl der<br />
Genugtuung über ein "intensives gemeinsames Projekt", das nun<br />
schon bald seinen Abschluss finden wird. Die Aufmerksamkeit beider<br />
darf sich nun wieder vermehrt auf die Partnerschaft richten. Die Liebe<br />
zwischen den Eltern, die damals die Basis legte für den Beginn eines<br />
neuen Lebens, tritt jetzt wieder in den Vordergrund und trägt dazu bei,<br />
dass der Ablösungsprozess zwischen Mutter und Sohn gelingen kann.<br />
111
Wenn die einstmalige Liebe zwischen Vater und Mutter zwischenzeitlich<br />
zerbrochen oder erloschen ist und die Eltern nicht mehr in Partnerschaft<br />
leben, dann ist der genannte Prozess etwas anspruchsvoller und delikater.<br />
Die gefühlsmäßige Antriebskraft, die die Elternbeziehung neu<br />
beleben und damit den Ablösungsprozess von den Kindern unterstützen<br />
kann, fällt in diesem Fall weg. Es ist auch leicht möglich, dass beide<br />
Elternteile neue Partnerschaften eingegangen sind - und damit in innerem<br />
Gleichgewicht ihre Liebesfähigkeit auf Erwachsenenebene neu<br />
ausrichten konnten. Dann wird dies den Ablösungsprozess zu den<br />
Kindern ebenfalls konstruktiv unterstützen können. Besondere Sorgfalt<br />
ist dann jedoch darauf zu verwenden, dass die Eltern sich trotz beendeter<br />
Liebesbeziehung in gegenseitiger Achtung und gegenseitigem<br />
Respekt begegnen können. Sie ersparen ihren Kindern damit einen tiefschürfenden<br />
Loyalitätskonflikt und ermöglichen einen ausgeglichenen<br />
Ablösungsprozess. Denn die Gefahr, die Kinder für die jeweils eigene<br />
Sichtweise der ehemaligen Partnerschaft gegenüber zu instrumentalisieren,<br />
tritt im Ablösungsprozess der Kinder nochmals verstärkt in<br />
Erscheinung. Und die Tatsache, dass zwar eine Partnerschaft aufgelöst<br />
werden kann, dass die gemeinsame Elternschaft jedoch zeitlebens<br />
bestehen bleibt, wird in dieser Phase besonders deutlich.<br />
3.4 Selbstkritische Offenheit 3.4 Selbstkritische Offenheit<br />
Vätern haftet - oftmals nicht zu Unrecht - das Image der Selbstgerechtigkeit<br />
an. In früheren Generationen konnte sich diese Haltung<br />
auf dem Boden eines patriarchalischen Selbstverständnisses noch<br />
leichter entfalten. Die Fähigkeit zur Selbstreflexion und Selbstkritik ist<br />
für Väter eine entscheidende Größe. Gerade da, wo Abhängigkeitsverhältnisse<br />
bestehen (sei es die materielle Abhängigkeit der Partnerin<br />
vom Mann, sei es die existentielle Abhängigkeit des Kleinkindes von<br />
seinen Eltern) sind wir besonders herausgefordert, unsere Motive<br />
selbskritisch zu prüfen. Geht es nur um meinen persönlichen Ehrgeiz,<br />
meine persönliche Eitelkeit oder um den Wunsch meines Kindes Geht<br />
es - im Tiefsten betrachtet - um meine eigene Frustration oder eigenen<br />
unerfüllten Sehnsüchte, weswegen ich meinem Kind unbedingt dies<br />
oder jenes ermöglichen bzw. ersparen will<br />
Als Vater bin ich zu unbedingtem Respekt der Persönlichkeit meines<br />
Kindes gegenüber verpflichtet. Es hat seine eigene Weltsicht, seine<br />
eigene "Wirklichkeit" und seine eigenen Gründe, so und nicht anders zu<br />
handeln. So bin ich zunächst einmal aufgefordert, nach dieser Sichtweise<br />
und diesen Gründen zu fragen. Das "Verstehen wollen" muss<br />
zunächst mein Leitmotiv sein. Nur im Notfall erlaube ich mir, mit Zwang<br />
112
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
einzugreifen und diesen Eingriff nachher auch, soweit möglich, altersgerecht<br />
zu erklären.<br />
Als Vater enthalte ich mich konsequent jeder Form von Macht- oder<br />
Gewaltausübung. Sollte mir dennoch mal "die Sicherung durchbrennen",<br />
so ist es meine selbstverständliche Pflicht, mich zu entschuldigen,<br />
mein Eingreifen bzw. meinen unkontrollierten Ausbruch zu erklären und<br />
wenn nötig, in geeigneter Form Wiedergutmachung zu leisten.<br />
Was bezüglich Fehlertoleranz oben erwähnt ist, darf ich auch für mich<br />
als Vater in Anspruch nehmen. Vorausgesetzt, ich bin bereit und in der<br />
Lage, aus einmaligen Fehlern zu lernen, meine Überforderung zu<br />
benennen und alles Erdenkliche zu unternehmen, dass derselbe<br />
"Fehler" sich nicht wiederholt. Die Auseinandersetzung mit eigenen<br />
Schwächen ist dabei ein zentraler Faktor und diesbezügliche<br />
Tabuisierungen gilt es auf jeden Fall zu vermeiden.<br />
Väterrunden<br />
Väterrunden<br />
Eine sehr geeignete Form der selbstkritischen Auseinandersetzung und<br />
der Reflexion ist die Väterrunde bzw. die Männergruppe, ein Ort des<br />
Austauschs im vertrauensvollen Kreis mit anderen Vätern. Im gemeinsamen<br />
und strukturierten Erfahrungsaustausch erkennen, dass andere<br />
Männer dieselben Zweifel, Fragen, Sorgen und Ängste mit sich tragen,<br />
sich bezüglich kniffliger Alltagsthemen Tipps von erfahrenen Kollegen<br />
geben lassen, (<strong>zum</strong> Beispiel wenn diese die pubertären Hackenschläge<br />
der Tochter bereits hinter sich haben, vgl. dazu etwa der treffende<br />
Buchtitel "..die Kunst, einen Kaktus zu umarmen"), ein derartiger<br />
Austausch kann für den Vater Balsam sein, wenn er sich wieder einmal<br />
mit der "Einsamkeit des Langstreckenläufers" konfrontiert sieht.<br />
Der gegenseitig kritische Umgang, die im positiven Sinne "schonungslos<br />
offene" Haltung der Kollegen, der reflektierende und tabulose Austausch<br />
ist für die Rolle des Vaters ein hochwirksames Instrument der<br />
"Qualitätssicherung" - und im günstigen Falle dann eine bedeutende<br />
Kraftquelle sowie eine wunderbare Möglichkeit zur Identifikation mit der<br />
Vaterrolle.<br />
113
Die Väterrunde orientiert Die Väterrunde sich an den orientiert fünf Regeln: sich an den fünf Regeln:<br />
Offenheit<br />
Ich bringe die Bereitschaft mit, mich authentisch ins Gespräch einzubringen.<br />
Akzeptanz<br />
Ich höre die Aussagen der Gesprächspartner an, ohne zu werten.<br />
Vertraulichkeit<br />
Ich behalte für mich, was ich in dieser Runde erfahre.<br />
Verlässlichkeit<br />
Ich verpflichte mich für eine Einheit von sieben Treffen und melde<br />
mich ab, wenn ich verhindert bin.<br />
Engagement<br />
Ich übernehme im Turnus organisatorische Verantwortung.<br />
Was herauskommt, wenn eine Runde von Vätern sich Gedanken macht<br />
<strong>zum</strong> eigenen Verständnis von Väterlichkeit (Kultur der Väterlichkeit), illustriert<br />
folgende Flip-Chart-Abschrift:<br />
Überblick, Gelassenheit und Besonnenheit<br />
(Lebens-)Erfahrung<br />
Vertrauen und Zutrauen<br />
Zupacken, wo nötig, gewähren lassen, wo möglich<br />
fragen statt antworten<br />
entscheiden lassen wo möglich, entscheiden wo nötig<br />
erklären und begründen<br />
Elitäres und perfektionistisches Denken vermeiden<br />
Machtentscheidungen vermeiden<br />
Väter entfalten Generalisten- statt Spezialistenqualitäten<br />
114
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Es wird sofort deutlich, dass hier von Qualitäten die Rede ist, die nicht<br />
nur im Kinderzimmer eine positive Wirkung entfalten. Auch die<br />
Partnerschaft, die Führungsaufgabe am Arbeitsplatz und andere<br />
Beziehungsfelder werden von einem neuen Verständnis von<br />
Väterlichkeit positiv beeinflusst werden.<br />
Gewiss ließen sich von hier aus interessante Bezüge herstellen zu<br />
derzeit aktuellen und in der Managementpraxis und -literatur häufig<br />
zitierten Ansätzen von Coaching und Mentoring. Mit der einschränkenden<br />
Nuance vielleicht, dass eine respektvolle Väterlichkeit konsequent<br />
ressourcenorientiert denken und sich einer Instrumentalisierung<br />
<strong>zum</strong> Zwecke der Performancesteigerung enthalten wird.<br />
Wann dereinst die Managementlehre auf eine "neue Väterlichkeit"<br />
referenzieren wird, wage ich noch nicht zu prognostizieren. Zumindest<br />
ist aber jetzt schon erkennbar, dass das Ansehen von "Familienbetrieben"<br />
bzw. von KMU's wieder deutlich am Steigen ist und dass<br />
deren Identifikationsgrad, deren Effizienz, Wirksamkeit und Verlässlichkeit<br />
wieder neu geschätzt wird. Es ist zu hoffen, dass "positive<br />
Väterlichkeit" auch in diesem Sinne eine Renaissance erleben wird.<br />
Ob dann Personalchefs ihren Mitarbeitern <strong>Zeit</strong> für Väterrunden einräumen<br />
werden, weil sie erkannt haben, dass der kollegiale<br />
Austausch in der Väterrunde in mehrfacher Hinsicht eine konstruktive<br />
Wirkung entfaltet Dieser Ort der (selbst-)kritischen Reflexion ermöglicht<br />
das ganzheitliche Ernstgenommen-Sein als Mitarbeiter, die<br />
gegenseitige Wahrnehmung mit Stärken und Schwächen, die gegenseitige<br />
Solidarität über das Arbeitsfeld hinaus. Ganz nebenbei wird<br />
eine Dialogform eingeübt, die sich auch trefflich im Kreise der<br />
Mitarbeiter, im Team etc. anwenden lässt.<br />
115
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
4 <strong>Vatersein</strong> konkret gestalten: 4 <strong>Vatersein</strong> Rollenmanagement konkret gestalten: Rollenmanagement<br />
4.1 Die K-os-Theorie der Geschlechterrolle” 4.1 Die “K-os-Theorie” der Geschlechterrolle<br />
Es gilt mittlerweile als gesundheitsstatistisch gesichert, dass viele<br />
Männer einen Lebensstil pflegen (müssen), der eindeutige Resultate<br />
zeigt: signifikant höhere Unfall- und Suizidraten, deutlich höhere<br />
Raten an Herzinfarkt- und Stress-Erkrankungen, höhere Rate an<br />
Burnout-Syndromen, höhere Rate an Verkehrsunfällen, deutlich<br />
höhere Rate an verzweiflungsbedingten Gewalttaten etc. als bei den<br />
Frauen.<br />
Man mag dazu verschiedene Erklärungstheorien bemühen. Wir<br />
gehen jedenfalls davon aus, dass Männer nicht von Natur aus unvernünftiger,<br />
rücksichtsloser und Grenzen missachtender sind als<br />
Frauen. Nehmen wir an, Männer unterliegen sozialen Rollen-<br />
Konstruktionen (Rollen-Zwängen) und werden unbemerkt und subtil<br />
zu Männern gemacht bzw. sozialisiert. Dann verbietet sich der voreilige<br />
Schluss, Männer seien einfach "selber Schuld" an all diesen alarmierenden<br />
Signalen. Und somit ist geboten, aus der Sicht gesellschaftlicher<br />
Verantwortung darüber nachzudenken, was Männer wohl<br />
in derart risikobehaftete Verhaltensweisen drängen könnte. (vgl. den<br />
Buchtitel "Risikofaktor Mann")<br />
Die drei K's der Männerwelt: Konkurrenz, Die drei K's Karriere, der Männerwelt: Kollaps. Konkurrenz, Karriere, Kollaps.<br />
Alle drei sind eindimensional auf das in der Regel außerhäusliche<br />
Feld der Erwerbsarbeit bezogene Faktoren. Diese erhalten durch die<br />
im Zuge der Globalisierung massiv verschärfte Arbeitsmarktsituation<br />
(fortschreitende Rationalisierungen, markante Zunahme von <strong>Zeit</strong>druck<br />
und Stress am Arbeitsplatz, steigender Perfektionsdruck, sinkende<br />
Toleranz gegenüber Leistungsschwankungen und psychischen<br />
Reaktionen, drohende Erwerbslosigkeit etc.) nur eine noch größere<br />
Bedeutung. Die Zunahme von Invalidisierungen und psychischem<br />
Kollaps etc. ist unübersehbar. Alarmierende Zahlen bezüglich<br />
"Männergesundheit" stellen einen markanten volkswirtschaftlichen<br />
Kostenfaktor dar. Was als Managerwitz herum gereicht wird -"Ein<br />
Mann, der 50 ist und noch keinen Herzinfarkt hatte, ist kein richtiger<br />
Mann bzw. mit dem stimmt was nicht!" - steckt noch tief im gesellschaftlichen<br />
Normengefüge. Zu faul Zu wenig einsatzbereit<br />
117
Die drei K's der Frauenwelt: Die drei Kinder, K's Küche, Frauenwelt: Kirche. Kinder, Küche, Kirche.<br />
Die drei K's der Frauenwelt haben ihre normierende Kraft im Laufe der<br />
letzten Jahre schon massiv eingebüßt. Damit eventuell verbundene einengende<br />
Rollenzuschreibungen waren aber <strong>zum</strong>indest mehrdimensional<br />
angelegt. "Kinder" steht für das breite Feld der Beziehungsarbeit, für<br />
das entwicklungsorientierte Unterstützen und Begleiten von (nicht ausschließlich<br />
heranwachsenden) Menschen. "Küche" steht für das unmittelbare<br />
und gegenwartsorientierte Feld der Hausarbeit. Hier sieht<br />
man/frau jeden Abend, was man/frau heute gemacht hat (vielleicht auch<br />
bereits nicht mehr, weil das Essen bereits verspeist ist, die Kinderkleider<br />
prompt wieder verschmutzt sind und das Badezimmer frisch verspritzt<br />
ist). "Kirche" steht für das schwer fassbare Feld der Sinngebungsarbeit.<br />
Zweifellos bedarf dieses Feld neuer Deutungen und vielfältiger Interpretationen.<br />
Doch die oben genannten Phänomene lassen nicht übersehen,<br />
dass Sinngebungsarbeit nötiger denn je ist. Alle diese Tätigkeiten<br />
sind elementar, alltäglich und kommen Menschen zugute, die wir<br />
kennen und denen wir nebst bloßer Nahrung, Sauberkeit etc. auch<br />
noch Zuneigung und Liebe zukommen lassen können. Diese Differenzierung<br />
der unterschiedlichen Dimensionen von Arbeit lehnt sich an die<br />
Arbeit von Christof Arn (HausArbeitsEthik; Strukturelle Probleme und<br />
Handlungsmöglichkeiten rund um die Haus- und Familienarbeit in sozialethischer<br />
Perspektive, Chur/Zürich, Verlag Rüegger, 2000) an.<br />
Das Konzept der Salutogenese (Aaron Antonovski), welches mittlerweile<br />
als richtungweisendes Konzept für internationale Gesundheitsprogramme<br />
gilt, ordnet den Dimensionen von Arbeit bzw. Gesundheit<br />
und Lebensqualität drei essentielle Kriterien zu: Die unmittelbaren<br />
Lebenszusammenhänge eines Menschen müssen für ihn verstehbar<br />
(nachvollziehen und einordnen können), handhabbar (sich gewachsen<br />
fühlen, beeinflussen und mitgestalten können) und sinnhaft (sich<br />
im Kontext eines größeren Ganzen verstehen können) sein.<br />
Salutogenese (A. Antonovski)<br />
Verstehbarkeit<br />
Handhabbarkeit<br />
Sinnhaftigkeit<br />
Dimensionen von Arbeit<br />
Beziehungsarbeit<br />
Unterhaltsarbeit<br />
Sinngebungsarbeit<br />
Chancengleichheit für Chancengleichheit die Männer für die Männer<br />
Männer ließen sich im letzten Jahrhundert parallel zu den wirtschaftlichen<br />
Entwicklungsphasen der Industrialisierung, Ökonomisierung und<br />
Digitalisierung auf eine sehr eindimensionale Rollenbestimmung festschreiben:<br />
Zuständig für das Erwerbseinkommen der Familie (und<br />
118
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
darüber hinaus noch für die "ehrenhafte" Aufgabe der Landesverteidigung)<br />
sollten sie das außerhäusliche Feld abdecken. Fleißig und<br />
gehorsam haben sie in erster Linie ihre berufliche Identität weiterentwickelt.<br />
Doch dieses enge Rollenkorsett zeitigte mit den drei K's der<br />
Männerwelt (Konkurrenz, Karriere, Kollaps) destruktive Dimensionen<br />
beträchtlichen Ausmaßes.<br />
Chancengleichheit für Männer muss also<br />
Chancengleichheit für Männer muss also<br />
Männern Zugang zu den drei anderen Arbeits-Feldern erschließen:<br />
Beziehungsarbeit, Unterhaltsarbeit und Sinngebungsarbeit.<br />
Männer mit Vater-<strong>Zeit</strong> ausstatten:<br />
Sie brauchen Freiräume bzw. zeitliche Verfügbarkeit, um konkret,<br />
alltäglich und haushaltspraktisch für ihre Kinder erfahrbar und greifbar<br />
zu werden. Nur so können Väter positive Erfahrungen vermitteln<br />
bzw. konstruktive Vorbildfunktionen entfalten.<br />
Vätern sowohl Aufgaben als auch Kompetenzen übertragen:<br />
Es ist unerlässlich, dass die bisherigen Inhaberinnen der häuslichen<br />
und familiären Aufgaben und Verantwortungen bereit sind,<br />
"Das Feld zeitweise zu räumen" bzw. Einfluss und Macht in diesem<br />
Bereich zu teilen. Väter wollen und müssen in der Beziehungs-,<br />
Erziehungs-, Haus- und Familienarbeit ihren je eigenen Vater-Stil<br />
entwickeln und einbringen können.<br />
Vätern einen gesellschaftlichen Eigenwert (Vater-Wert) zubilligen:<br />
Versteckte Diskriminierung von teilzeiterwerbstätigen Vätern im<br />
beruflichen, gesellschaftlichen, versicherungsrechtlichen etc.<br />
Kontext ist ein zentraler Innovationskiller.<br />
Männer / Väter gewinnen<br />
Männer / Väter gewinnen<br />
In den letzten Jahren wurde die Bedeutung der Haus- und<br />
Familienarbeit immer selbstbewusster ins Feld gerückt. Trotzdem sind<br />
wir noch weit davon entfernt, dass diese Arbeit volle gesellschaftliche<br />
Anerkennung genießt. Immerhin: Frauen führen heute ihre Lebenserfahrung,<br />
die sie durch die Haus- und Familienarbeit erworben haben,<br />
im Bewerbungsdossier an. Und in Personalmanagement-Diskussionen<br />
wird dieser Lebenserfahrung auch die entsprechende qualifizierende<br />
Bedeutung zuerkannt. Wie's dann im tatsächlichen Bewerbungsgespräch<br />
aussieht, steht auf einem anderen Blatt. Dennoch:<br />
119
Wenn Haus- und Familienarbeit die Frauen qualifiziert, weshalb sollte<br />
dies nicht genauso auf die Männer zutreffen Wir sind überzeugt,<br />
dass auch Männer dadurch ganz entscheidende Qualitäten entwikkeln<br />
können, die betriebs- und volkswirtschaftlich wesentlich sind. So<br />
etwa<br />
persönliche Balance und stabilere gesundheitliche Verfassung,<br />
Vielfalt, Abwechslung und Ausgleich,<br />
Sinnstiftungskompetenz und Sinnerfahrungen,<br />
Beziehungskompetenz und Beziehungsvielfalt,<br />
Unterhaltskompetenz und lebenspraktische Unabhängigkeit.<br />
Damit der Stellenwert der Haus- und Familienarbeit dereinst allgemein<br />
erkannt und anerkannt wird, wünschte man sich eine<br />
Plakatkampagne mit Slogans wie: "Haus- und Familienarbeit macht<br />
Sinn" oder "Haus- und Familienarbeit ist Ehrensache". Zunächst bleibt<br />
dies jedoch einfach einmal noch die Überzeugung von Einzelpersonen.<br />
Väter, die sich als Haus- und Familienmänner teilzeitlich engagieren,<br />
wählen Kooperation statt Konkurrenz, wählen die Ko-<br />
Evolution statt eine Solokarriere. Sie treffen eine berufliche Entscheidung<br />
und wählen ein ausgewogeneres Lebenskonzept.<br />
4.2 Die Erfahrungswelt 4.2 heutiger Die Erfahrungswelt Väter heutiger Väter<br />
Es ist unverkennbar: Die schwierige Vereinbarkeit von Beruf und<br />
Familie ist heute ganz klar auch ein Männerthema. Ein selbstverständliches<br />
Recht der Väter auf Teilhabe und Teilnahme am alltäglichen<br />
Lebensrahmen der Familie gibt es noch nicht. Dies, obwohl<br />
Umfragen zufolge etwa 60% der Väter gerne mehr Anteil am<br />
Familienleben nehmen würden.<br />
Männer unterziehen sich immer noch häufig einem Rollenbild von<br />
"keine Schwäche zeigen, durchhalten und durchbeißen, perfekt sein"<br />
etc., auch wenn dabei mitunter massive psychische Belastungen in<br />
Kauf genommen werden müssen. Potenziert wird dieser Druck besonders<br />
dann, wenn <strong>zum</strong> Beispiel durch Arbeitsplatzverlust, Scheidung etc.<br />
einem richtiggehend "der Boden unter den Füßen entzogen wird".<br />
Heutige Väter sind längst nicht mehr die Patriarchen von gestern, sie<br />
120
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
haben aber auch noch nicht zu einer neuen kollektiven Kultur der<br />
Väterlichkeit gefunden. Väter heute oszillieren - so die Einleitung zur<br />
Studie von Fthenakis (2006) - zwischen Glorifizierung und Überforderung<br />
Wie schaffen sie den "gesunden Ausgleich"<br />
Was die Ausübung meiner Vaterrolle erschwert Was die Ausübung meiner Vaterrolle erschwert<br />
Wenn ich am Abend nach der Arbeit noch gebunden bin, bzw. es<br />
mir nicht gelingt, die Arbeitswelt abzustreifen. Auch bin ich nicht<br />
immer gleich offen, lustig, frisch usw. Die Kinder reagieren eigentlich<br />
gut darauf, vor allem wenn ich deklariere, ich sei heute noch<br />
etwas müde oder so. (Cbi)<br />
Innerfamiliär (wünsche ich mir) Akzeptanz durch Mutter,<br />
Schwiegermutter und Schwiegervater - (Sie betrachten immer noch<br />
meine Frau) als hauptzuständig für die Kinder. Da wir versuchen,<br />
den Kindern auch Großeltern zu gönnen und diesen ihre Enkel,<br />
liegt hier viel Konfliktpotenzial. In der Arbeit: Ich werde aufgrund<br />
meiner 30 Stunden nicht für "voll" genommen, (wenn's um Zuteilen<br />
von Leitungsfunktion geht). Es war überhaupt erst im dritten Job<br />
möglich, 30Stunden zu arbeiten in einem meiner Ausbildung gemäßen<br />
Job. Ein 40Stunden-Job war für mich mit aktivem Wahrnehmen<br />
meiner Vater-Rolle unvereinbar. In der jetzigen Situation<br />
der Teilzeitkarenz erlebe ich, dass diese in der höheren Hierarchie-<br />
Ebene nicht berücksichtigt wird - bekomme trotz geringerer<br />
Stunden (15Stunden/Woche) Aufträge erteilt, die mit diesem<br />
<strong>Zeit</strong>budget nur schwer vereinbar sind. (Tmi)<br />
Trotz eines grundsätzlich positiv eingestellten Arbeitgebers musste<br />
ich und muss ich immer wieder dafür sorgen, Familientermine<br />
gegenüber Arbeitsterminen Priorität einzuräumen (auch in meiner<br />
eigenen inneren Planung). Beruf und Familie unter einen Hut zu<br />
bringen ist auch schwierig, weil ich die beiden Teile gleichzeitig<br />
wahrnehmen will. Also: Wenn die Arbeit intensiv ist, dann mache<br />
ich meinen Familienanteil möglichst lange selber und frage meine<br />
Partnerin erst um Unterstützung, wenn's nicht mehr anders geht.<br />
Belastungsgrenzen erreiche ich, sobald ein Kind krank ist und sich<br />
die Frage stellt, können wir es noch zur Schule schicken oder bleibt<br />
die Partnerin oder ich zu Hause Früher, mit Kindern bis im<br />
Kindergartenalter, bedeutete ein fiebriges Kind immer eine Krise<br />
mit Schlafmanko, Überbelastung, daraus folgend schlechter Kommunikation<br />
und Missverständnissen in der Partnerschaft (oder<br />
121
<strong>zum</strong>indest emotionalem Rückzug aus der Partnerschaft, weil die<br />
Kraft fehlte, sich überhaupt noch miteinander auszutauschen).<br />
Wenn ich selber nicht so zwäg (gut in Form) bin, eine leichte<br />
Erkältung habe, dann wird Doppelbelastung von Beruf und Familie<br />
viel. (Mge)<br />
Eine Erschwernis (war die fehlende Unterstützungsmöglichkeit aus<br />
der Verwandtschaft/Großeltern). Da meine Frau und ich uns seit<br />
jeher die Betreuungs- und Erwerbsarbeit teilen, aber beide unregelmäßig<br />
arbeiten, waren Konflikte kaum vermeidbar. Ich habe<br />
meine Kinder, insbesondere das Ältere, als Kleinkind oft mit zur<br />
Arbeit (als freier Journalist) genommen, was von manchen<br />
Veranstaltern aber klar abgelehnt wurde: Ein Kind gehört nicht hierhin,<br />
unabhängig davon, ob es stört (laut ist) oder nicht. (Pan)<br />
Die <strong>Zeit</strong>, die ich für mich selbst verbringen, selbst einteilen und<br />
über die ich frei verfügen kann, ist seit Jahren minimal. Wenn ich<br />
etwas "abschränzen" (abzweigen) kann, dann geht es dem<br />
Familienleben ab, so dass ich häufig darauf verzichte. Trotzdem<br />
spüre ich dann, wie mir diese <strong>Zeit</strong> fehlt. Dazu trägt bei, dass bei uns<br />
die großelterlichen Entlastungsmöglichkeiten relativ begrenzt sind.<br />
(Mhu)<br />
Die Lohnunterschiede (sind) noch so groß, dass meine Ehefrau die<br />
doppelte <strong>Zeit</strong> arbeiten müsste, um den gleichen Lohn zu bekommen.<br />
Besonders Belastend ist für mich die Situation, wie teilweise Männer<br />
reagieren, wenn gegenüber dem eigenen Kind Zärtlichkeiten ausgetauscht<br />
werden. Dies erachten viele Männer in meinem Bekanntenkreis<br />
als unmännlich und lehnen dies ab. Auch dass ich die Gefühle<br />
gegenüber meiner Tochter mitteile ist nicht für alle Männer verständlich.<br />
Männer und Gefühle!!! Ein weiterer Punkt ist für mich die dauernde<br />
Missbrauchsgeschichte. Teilweise werde ich schon komisch<br />
angeschaut, wenn ich mit meiner Tochter in der Wanne bade oder sie<br />
wickle. Ich finde es bedenklich, dass für Mütter es selbstverständlich<br />
ist, dass sie zu ihren Kindern zärtlich sein und dies zeigen dürfen,<br />
Wickeln und Baden kein Aufsehen erweckt, während die gleichen<br />
Handlungen bei Männern nicht als normal und männlich, sondern<br />
sogar mit einer gewissen Vorsicht angeschaut werden. (Mgt)<br />
Mit meiner Partnerin hatte ich viele Auseinandersetzungen im Finden<br />
von gemeinsamen Erziehungsstilen, im Umgang mit Fragen der<br />
Kinder, im Setzen von Grenzen, in der Art der Führung des Haus-<br />
122
halts. Auch im Durchsetzen meiner Ansichten, als junger Vater konnte<br />
ich mich nicht auf Vorbilder abstützen, Erfahrungen waren keine<br />
oder wenige vorhanden. … Und doch gab es Unterschiede, welche<br />
<strong>zum</strong> Teil blieben und wenn sie diskutiert und respektiert werden<br />
konnten, war es auch gut, mit diesen Verschiedenartigkeiten zu<br />
leben. (Jvo)<br />
Da ich oft alleine in der Schweiz bin, ist dies oft nicht einfach. Vier<br />
Wochen getrennt von Frau und Kindern ist schwierig. Ich bin aber<br />
zu fast 100% für den Broterwerb zuständig. Meine Frau studiert<br />
wieder, daneben arbeiten wir hier als Volontäre. Das ist für mich<br />
schwierig, dass gerade das fehlt, was mich nährt. Ich habe dafür<br />
regen Kontakt mit meinen Männerfreunden, wir machen ab und zu<br />
eine Schwitzhütte und so gibt es neben der sehr großen Arbeitsbelastung<br />
in der Schweiz auch wieder einen Ausgleich. (Psc)<br />
Mit einem 100% Arbeitspensum passiert es schon regelmäßig,<br />
dass ich nach "Feierabend" zwar physisch präsent zu Hause bin<br />
aber im Kopf trotzdem "abwesend". Ich beteilige mich in solchen<br />
Momenten nicht am Alltagsgeschehen der Kinder (der ganzen<br />
Familie), weil ich mich müde und ausgebrannt fühle, dies aber wiederum<br />
nur schwer äußern kann. Alle anderen Gründe scheinen mir<br />
neben diesem nur marginal. (Jkü)<br />
Wenn gleichzeitig alle Erwartungen, Forderungen oder Wünsche<br />
an mehrere meiner Rollen zusammentreffen, dann wird es eng. Zu<br />
eng, wenn dann auch noch das Unterstützungssystem "versagt",<br />
weil just dann natürlich auch <strong>zum</strong> Beispiel keine Kinderaufsicht<br />
(verfügbar ist) und die Schule (drei Kinder sind dort) auch noch<br />
kurzfristig dies und das anordnet, umstellt oder extra macht, was ja<br />
vom Lerninhalt her positiv ist, aber eigentlich immer noch, ob<br />
bewusst oder nicht, davon ausgeht, dass jemand ja immer zuhause<br />
ist und das organisiert. Und wenn beim Sohn dieses<br />
Mackergehabe durchbricht: Wenn er damit von der Schule oder<br />
von Freunden heimkommt, die in ganz anderen Familienverhältnissen<br />
aufwachsen - <strong>zum</strong> Teil auch im klassischen Sinn mit den<br />
abwesenden Vätern - und diesem Männerbild. … Hier geht die<br />
Post ab! (Cba)<br />
Die <strong>Zeit</strong> nach der Geburt unserer Tochter, da war die Auseinandersetzung<br />
mit meiner Frau nötig, damit klar wird, dass ich ran darf<br />
und will, das war wichtig. Und ist es eigentlich immer noch. Es ist<br />
124
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
für mich eine Herausforderung, immer wieder herauszufinden, wie<br />
wir uns organisieren wollen, wo wir etwas in Sachen Kinder gleich<br />
machen, dann aushalten, dass wir verschieden sind. Immer dann,<br />
wenn wir uns dem nicht widmen, dann wird's harzig. Wenig <strong>Zeit</strong> frei<br />
für mich zur Verfügung, das finde ich streng. Ich habe wenige<br />
Fenster, wo ich auftanken kann, hier muss ich Sorge tragen, sonst<br />
leidet meine Vater-Power, meine Lust auf die Vaterrolle. Sind fehlende<br />
Niederflurbusse eine Erschwernis des Papa-Alltags Nur ein<br />
bisschen und nicht wirklich. Auch stressig finde ich manchmal die<br />
Verplantheit, die enge Verbundenheit mit der Partnerin. Wenn<br />
jemand von uns etwas tut (länger arbeiten <strong>zum</strong> Beispiel), hat das<br />
schnell und oft zeitliche Konsequenzen für den anderen. Ich möchte<br />
ein Männer-Weekend, dann ist ihr das nicht mehr eigentlich egal,<br />
sondern dann heißt das, sie ist auch gebucht. Oder wir müssen<br />
sonst organisieren. Das ist sehr gewöhnungsbedürftig.(Mba)<br />
Ich finde es belastend, wenn die zeitlichen Anforderungen der<br />
Erwerbsarbeit mit meinen Aufgaben als Hausmann und Vater kollidieren.<br />
Da ich mit meiner Partnerin ein 50:50-Modell lebe, kommt<br />
dies zwar nicht wöchentlich vor. Da wir beide aber relativ häufig<br />
auch noch Sitzungen in unserer erwerbsarbeitsfreien <strong>Zeit</strong> haben,<br />
sind wir immer wieder herausgefordert, uns gut zu organisieren.<br />
Entweder teilen wir die Woche dann untereinander neu auf oder<br />
fragen die Schwiegermutter oder jemanden aus unserer Siedlung,<br />
die Kinder zu betreuen. Für uns stimmt der Satz "Organisation ist<br />
das halbe Leben". Ich denke, da haben es traditionelle Paare mit<br />
einer klaren Rollenteilung einfacher. Wir dagegen müssen immer<br />
wieder planen, organisieren, uns auf veränderte Situationen einstellen.<br />
Dies ist manchmal anstrengend, auch wenn ich es nicht<br />
anders wählen würde. (Tbe)<br />
Erschwerend in den ersten beiden Jahren war, dass mein Kind selten<br />
vor 23.00 Uhr geschlafen hat. Seit beide Elternteile voll berufstätig<br />
sind, wird die Vereinbarkeit von Beruf, Haushalt und Kindergarten<br />
vor allem im Krankheitsfall erschwert, wenn keine Großeltern<br />
verfügbar sind. (Jba)<br />
Ich werte und mache viele Dinge anders als meine Frau. Wenn<br />
diesbezüglich eine "richtig oder falsch - ich hab recht und du<br />
unrecht" -Debatte entsteht, empfinde ich dies als recht belastend.<br />
Wenn beruflich zu viel los ist und zu viel Energie reingeht, machen<br />
sich zu Hause meine Grenzen rascher bemerkbar. Das Loslassen<br />
125
der älteren Kinder, die beginnen, ihre eigene Wege zu gehen<br />
(wenn ich etwas oft anders machen würde, als sie dies tun), und<br />
trotzdem gut da sein können. (Lbü)<br />
Ich habe meine Arbeitszeit reduziert, um mehr <strong>Zeit</strong> für die Familie<br />
zu haben. Dies hat sich aber eher negativ auf den beruflichen<br />
Aufstieg ausgewirkt. (Kmu)<br />
Ganz klar die Mehrfachbelastung von Beruf und Familie. Dazu<br />
intensive Reisetätigkeit, die die Vaterrolle mitunter auf abendliche<br />
Telefon-Routinegespräche reduziert; der ständige innere Konflikt,<br />
wie viel <strong>Zeit</strong> und Energie ich für mich selbst aufwenden darf und<br />
wie viel für die Vaterrolle da sein "muss"; zur <strong>Zeit</strong>, obwohl die<br />
Kinder "aus dem Gröbsten heraus" sind, die zusätzliche zeitliche<br />
Belastung des Fernstudiums (das ich als "Spätberufener" wohl<br />
auch deshalb erst jetzt in Angriff nehme, da mein eigener Vater<br />
mich als jungen Menschen nicht stärker gepusht hatte). (Jor)<br />
Beruflicher Stress wirkte bei mir oft auch in die Familie hinein. Es<br />
brauchte oft einige <strong>Zeit</strong>, um wirklich als Vater und Ehemann präsent<br />
zu sein. Derzeit, als Vater in Karenz, erlebe ich mich oft als<br />
Einzelkämpfer (einziger Mann in der Eltern-Kind-Gruppe, einziger<br />
Mann am Spielplatz). (Rwi)<br />
Zunächst ganz banal (in) Momenten der Überforderung, <strong>zum</strong><br />
Beispiel als Folge von Stress, aus <strong>Zeit</strong>not, mehrfachen gleichzeitigen<br />
und/oder unerfüllbaren Anforderungen der Kinder (besonders<br />
in meinem Fall mit zwei kleinen Kindern), schwieriger Stimmungslage<br />
der Kinder usw. Manchmal bestimmte Erwartungshaltungen<br />
der Mutter der Kinder, wie etwas bezüglich der Kinder "richtig" zu<br />
machen wäre. (Swö)<br />
Was die Ausübung meiner Was die Vaterrolle Ausübung begünstigt meiner Vaterrolle / begünstigen begünstigt würde / begünstigen würde<br />
Für mich ist es enorm wichtig, in guter Beziehung zu meiner<br />
Partnerin zu stehen. Das ist für mich die Basis, dass ich beschwingt<br />
und freudig meine Vaterrolle leben kann. Meine Partnerin und ich:<br />
Beide üben Familien- und Erwerbsarbeit aus. Für beide ist die Aufteilung<br />
ideal, beide möchten die Welt der Familie sowie das Arbeitsleben<br />
auskosten. Grundlage ist ein partnerschaftlicher respektvoller<br />
Umgang. Wichtig erscheint uns, in der Familie einen ruhenden<br />
Pol zu haben und nicht dauernd auf Achse zu sein. (Cbi)<br />
126
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Unterstützend wirkt, dass man als Vater mit Kind unterwegs noch<br />
immer ein wenig Exot ist, und dadurch "<strong>zum</strong> Teil" auch mehr Aufmerksamkeit,<br />
Bewunderung und Hilfe (<strong>zum</strong> Beispiel beim Einsteigen<br />
in die Straßenbahn) bekommt. Die Kinder selbst holen einem aus<br />
dem Arbeits-Alltagstrott mit all ihren Bedürfnissen - sodass man den<br />
Arbeitsstress <strong>zum</strong>indest zeitweise vergisst. (Unterstützend erlebe<br />
ich) meine Frau und unser gemeinsames Ziel des aufgeteilten<br />
Kinder- und Arbeitsalltages, (weiter den) Austausch mit anderen<br />
Eltern, die einen ähnlichen Ansatz versuchen, die man über eine<br />
Kindergruppe oder Schule kennen lernt. (Tmi)<br />
Wir haben beide eine gewisse Flexibilität bezüglich Einteilung der<br />
Arbeitszeiten und Veränderung des Pensums. Wir können einen Teil<br />
der Termine selber einteilen (liegt in eigener Verantwortung). Wir<br />
haben wöchentlich eine Terminsitzung (20 Minuten), da werden alle<br />
Termine der nächsten zwei-drei Wochen gecheckt. Wir sind gleich<br />
entlohnt und haben einen gewissen finanziellen Spielraum (wir<br />
haben allerdings auch, was Konsum angeht, bescheidene<br />
Ansprüche). Teilzeitarbeit ist in unserem psychosozialen Arbeitsumfeld<br />
keine Ausnahme und grundsätzlich akzeptiert. Meine<br />
Partnerin und ich haben in der Praxis eine klare Aufteilung, wer wofür<br />
verantwortlich ist, wobei sich persönliche Vorlieben und Abneigungen<br />
meistens ergänzen, sodass wir keine langen Verhandlungen<br />
darüber führen müssen. Wir sind eher schmutztolerant,<br />
<strong>zum</strong>indest in dem Bereich, der in der Verantwortung des anderen<br />
liegt. (Wir hegen) keine Konkurrenzgefühle in der Partnerschaft,<br />
sowohl bezüglich Berufsrolle wie Familienrolle. (Mge)<br />
Die Tagesschule war für mich eine große Entlastung. Auch Nachbarn,<br />
mit denen wir die Kinderbetreuung gegenseitig koordinieren,<br />
machen vieles möglich. Da ich teilzeitlich arbeite, bin ich in der<br />
Schule begehrt als Begleiter beim Schlittschuhlaufen, beim Baden<br />
(hier ganz besonders, weil jemand mit den kleinen Buben in die<br />
Garderobe muss) und beim Basteln. Die unregelmäßige Arbeitszeit<br />
hat ja auch Vorteile: ist man an einem Sonntag weg (was ungünstig<br />
ist), ist man dafür auch wieder an einem Werktag da, was dem<br />
<strong>Vatersein</strong> zugute kommt. (Pan)<br />
Ich habe seit Jahren einen Job, bei dem ich sehr flexibel reagieren<br />
kann, wenn meine Präsenz zuhause gefragt ist. Natürlich leiste ich<br />
im Gegenzug auch überdurchschnittlichen Einsatz. Ich habe es<br />
auch als sehr angenehm erlebt, dass ich von Frauen-/Mütterseite<br />
127
eigentlich nur positive Reaktionen auf unser Modell erhalten habe.<br />
(Mhu)<br />
Besonders begünstigt mir die Haltung der Ehefrau und meiner<br />
Eltern meine Vaterrolle. Im weitern begünstigt mich persönlich<br />
meine Arbeitsstelle, welche es mir ermöglicht, Teilzeit zu arbeiten<br />
und meine <strong>Zeit</strong> oft selbständig einzuteilen. Ein weiterer wichtiger<br />
Punkt ist für mich der Austausch mit anderen Männern in meiner<br />
Ausbildung <strong>zum</strong> Gewaltberater. (Mgt)<br />
Klare Abmachungen zwischen mir und meiner Partnerin. Klare<br />
Haltungen, Abmachungen, Forderungen gegenüber den Kindern.<br />
(Es muss) klar geregelt sein, wer für welchen <strong>Zeit</strong>raum und für welche<br />
Aufgaben zuständig ist. Der Austausch mit Freunden über das<br />
<strong>Vatersein</strong>. Zusammen mit andern Familien und ihren Kindern die<br />
<strong>Zeit</strong> zu verbringen, zu gestalten. An den Tagen, an denen ich<br />
zuständig war, hiess das für mich in der Regel mit andern Müttern<br />
die Kinder zu hüten und <strong>Zeit</strong> zu verbringen, was auch gut gegangen<br />
ist. (Jvo)<br />
Dienstmädchen. Hier (in Brasilien) haben das alle, die es sich auch<br />
nur ein bisschen leisten können. (Psc)<br />
Ich nehme mir die Freiheit, meine Arbeitszeit weitgehend frei einzuteilen.<br />
Trotzdem habe ich in der Regel einen sehr regelmäßigen<br />
"Stundenplan" und bin zu fixen <strong>Zeit</strong>en auch zu Hause. Ich sehe die<br />
Familie beim Frühstück und Abendessen. Ich bin insofern berechenbar<br />
und zuverlässig für den Rest der Familie. (Jkü)<br />
Job-sharing-Modell, Partnerschaft, andere Väter in der gleichen<br />
Situation und im gleichen Modell in der Nachbarschaft, also ein<br />
sehr gutes Umfeld, inklusive Großeltern - auch <strong>zum</strong> gegenseitigen<br />
Hüten. Wir sind auch da voneinander abhängig. Das schafft eine<br />
gute Balance, dann bleibt auch das partnerschaftlich. (Cba)<br />
Dass ich freie berufliche Aufträge selber terminieren und gestalten<br />
kann. Dass ich einen flexiblen und offenen Chef habe, dass wir<br />
Freunde und Bekannte um uns rum haben, die entlasten und aushelfen<br />
können in Haushalt und Kinderbetreuung, dass ich als Vater<br />
nicht alles immer alleine tragen muss, dass ich als Vater mit meinem<br />
eigenen Vater einen guten Kontakt habe und wir uns über´s<br />
<strong>Vatersein</strong> austauschen können. Toll ist auch der Kontakt zu ande-<br />
128
en Eltern, zu hören, wie es andere Väter tun,… andere Väter zu<br />
treffen, auf dem Spielplatz, in der Migros. Dass ich gut Pläne<br />
machen kann und diese dann auch wieder vergessen kann, wenn<br />
der Tag anders kommt als eben geplant. Sehr, sehr hilfreich ist eine<br />
ausreichende und gute Kommunikation mit der Partnerin, das tut<br />
gut und entlastet auch mega. Mehr rauchfreie Beizen [Lokale]<br />
wären super. Ein Quartier, gar ein Haus mit Kindern und weiteren<br />
guten Eltern ist sehr hilfreich, da hat es schnell nutzbare Infrastruktur.<br />
Dass ich bei aller Umstellung auf Familienleben auch ein<br />
paar "alte Gewohnheiten" mit alten Freunden pflege. (Mba)<br />
Ich lebe in einem sozialen Umfeld, in dem ich in meiner Rolle als<br />
Vater unterstützt werde. Die aktive Übernahme dieser Rolle auch<br />
eine relativ große Selbstverständlichkeit genießt. Ich muss mich<br />
nicht rechtfertigen, dass ich Teilzeit erwerbstätig bin, weder gegenüber<br />
den Arbeitgebenden noch gegenüber FreundInnen oder<br />
Bekannten. In der Siedlung, in der ich mit meiner Familie lebe, hat<br />
es außerdem auch noch andere Väter, die zwar die meisten bedeutend<br />
mehr Erwerbsarbeit leisten als ich, aber dennoch eine aktive<br />
Vaterschaft pflegen. Mit einem Vater esse ich zusammen mit den<br />
Kindern einmal pro Woche gemeinsam zu Mittag. Auch da kommen<br />
"Vaterthemen" auf den Tisch. (Tbe)<br />
Die Gleitzeit im Beruf, die Nähe des Kindergartens sowie ein großer<br />
Park in der Nähe der Wohnung. (Jba)<br />
Gute Kooperation und Absprachen mit meiner Frau. Gegenseitige<br />
Anerkennung bei dem, was der Partner macht. Für mich selbst gut<br />
sorgen: Sport, Entspannung, Dinge tun, die interessant sind oder<br />
Spaß machen. Flexibilität und Spontaneität im Alltag, um mit den<br />
Gegebenheiten gelassen umgehen zu können. (Lbü)<br />
Ich habe meine Arbeitszeit reduziert, um mehr <strong>Zeit</strong> für die Familie<br />
zu haben. Dies habe ich als eines der größtmöglichen<br />
Commitments für die Familie und für das aktive <strong>Vatersein</strong> erlebt.<br />
Das Erleben von anderen Vätern mit ihren Kindern hat mir geholfen,<br />
mich in meiner Rolle als Vater besser sehen und verstehen zu<br />
lernen. Ich organisiere seit 2 Jahren Eltern-Kind-Camps. Es ist<br />
wichtig, sich <strong>Zeit</strong> jeweils nur für ein Kind zu nehmen. (Kmu)<br />
Meine Frau als Sparringpartner, die mir konstruktive Kritik gibt.<br />
Regelmäßige Reflexion über meine Vaterrolle und <strong>Zeit</strong> mit mir selbst.<br />
130
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Ausreichend Selbstkontrolle über Stressfaktoren, d.h. loslassen können,<br />
time out nehmen. In meinem Fall: Zur festen Morgenstunde am<br />
Wochenende alleine Rad fahren/trainieren, mit den Gedanken allein<br />
sein und sie auch schweifen lassen, d.h. den Alltag loslassen können);<br />
eine unverkrampfte Beziehung zu den Kindern - dabei muss ich<br />
ihnen auch klar machen, dass ich nicht ohne Fehler bin, schlechte<br />
Tage habe oder manchmal keine <strong>Zeit</strong> für sie habe. Ein realistisches<br />
Bild der <strong>Zeit</strong>scheiben meines Alltags. Dazu muss ich akzeptieren,<br />
dass ein Tag 24 Stunden hat und nicht mehr, dass Prioritäten gesetzt<br />
werden müssen, gleichzeitig aber jedem Tag ein neuer Tag mit wieder<br />
24 Stunden folgt. (Jor)<br />
In meinem Beruf hatte ich zwar viele Abendtermine, konnte mir die<br />
<strong>Zeit</strong> untertags aber sehr gut einteilen, so dass ich oft am Nachmittag<br />
- in der Wachzeit unseres Kindes - zuhause war. Dies hat mir<br />
sehr geholfen eine Beziehung zu Samuel aufzubauen. Die<br />
Möglichkeit, in Vaterschaftsurlaub zu gehen, sehe ich als wichtige,<br />
sehr nützliche Rahmenbedingung, um eine Beziehung <strong>zum</strong> Kind<br />
aufzubauen und <strong>zum</strong> gegenseitigen besseren Verständnis für die<br />
Rolle des Partners. (Rwi)<br />
Das glaubhaft vermittelte Gefühl, für hinreichend kompetent gehalten<br />
zu werden; ein unverkrampfter akzeptierender Umgang mit<br />
anderen Eltern (im Alltag nämlich oft Mütter). (Swö)<br />
So organisiere ich mir die So Rahmenbedingungen organisiere ich mir die für Rahmenbedingungen mein <strong>Vatersein</strong> für mein <strong>Vatersein</strong><br />
Die gute Nachbarschaft und gelegentlich die Großeltern sind bei<br />
Not zur Stelle. Der Alltag als Vater ist nicht so anders wie bei der<br />
Mutter. Es handelt sich viel um Nahrung, Gespräche, diverse<br />
Tätigkeiten und <strong>Zeit</strong> haben. Gewisse Bereiche sind klar aufgeteilt.<br />
Im Haushalt übernehme ich diejenigen Dinge, die mir besser liegen<br />
und die mir Spaß machen. Bügeln beispielsweise mag ich überhaupt<br />
nicht. (Cbi)<br />
Wichtigste Rahmenbedingung ist für mich der 30-Stunden-Job.<br />
Miteinbezogen vor allem meine Mutter, die ca. ein bis zwei Tage in<br />
der Woche Kinderbetreuung fix übernimmt, sehr flexibel ist und<br />
schnell einspringen kann. Eine <strong>Zeit</strong> lang haben wir Kindermädchen<br />
für einmal in der Woche abends gehabt. Das hat für die Beziehung<br />
viel gebracht, ist aber schwierig, Personen zu finden, denen die<br />
Kinder trauen und es ist schon etwas kostenintensiv. Abmach-<br />
131
ungen: Grundsätzlich haben wir jeweils unsere Kinder- und Arbeitstage<br />
und jede Woche wird am gemeinsamen Kalender geplant, da<br />
natürlich Termine dazwischen kommen, etc. Wochenende verbringen<br />
wir meistens gemeinsam, manchmal einer von uns Eltern mit<br />
einem Kind extra. Schön sind auch Kurzurlaube mit den Kindern<br />
alleine oder mit anderen Familien einmal auch ohne Partnerin. Zur<br />
Besprechung von Problemen machen wir manchmal eine Familienkonferenz,<br />
was vor allem unser 7-jähriger genießt und als Mittel<br />
sieht, Kritik an uns anzubringen. (Tmi)<br />
Regelungen finde ich zentral, auch Terminabsprachen (Familientermine<br />
oder auch Einzeltermine in der nicht fest verplanten <strong>Zeit</strong><br />
werden erst definitiv nach Rücksprache in der Familie abgemacht).<br />
Unabdingbar ist eine flexibel einsetzbare Kinderbetreuung für all<br />
die Ausnahmefälle, wo wir beide Sitzungen haben oder ein Weiterbildungsanlass<br />
oder schulfreie Tage der Kinder etc. Bei uns waren<br />
das: Großeltern, junge Frauen ("Babysitterinnen"), Gotte (Taufpatin),<br />
Nachbarschaftshilfe etc. Die Kinder (und wir) haben gelernt,<br />
dass Kinder für gewisse beschränkte <strong>Zeit</strong>en sich auch alleine organisieren<br />
können. Die berufliche Auseinandersetzung mit der<br />
Männer- und Vaterrolle hat mir wahrscheinlich zusätzliche Sicherheit<br />
gegeben, zu Hause meinen Platz wahrzunehmen. (Mge)<br />
Da wir die Betreuungsarbeit teilen, erleben mich meine Kinder in<br />
allen Betreuungsaufgaben ganz selbstverständlich. Nützlich sind<br />
die Tagesschule und die Unterstützung beim Kinderhüten durch<br />
Nachbarn, letzteres ist auch flexibel ab<strong>zum</strong>achen, im Gegensatz<br />
zur Tagesschule. (Pan)<br />
Die Übergänge empfinde ich immer als die größte Herausforderung:<br />
nach der Arbeit mich nochmals ganz auf die Kinder zu<br />
konzentrieren, nach dem Wochenende oder an erwerbsarbeitsfreien<br />
Tagen wieder auf den Erwerbsarbeitsstress einzustimmen. Ich<br />
versuche, mich durch Entspannungstechniken schneller neu zu<br />
fokussieren. Darüber hinaus hilft mir der Gedanke daran, dass die<br />
"Betreuungsarbeit" für mich eben nicht Arbeit sein soll, sondern das<br />
Zusammensein mit meinen Kindern wirklich ein tägliches<br />
Geschenk ist. An Abmachungen ist mir wichtig, dass die Kinder<br />
immer ungefähr wissen, wer nun hauptzuständig ist und die<br />
Entscheidungen fällt. Am Wochenende entscheiden wir dies ad hoc<br />
und manchmal erst, nachdem wir wegen dieser Unklarheit schon<br />
Probleme gekriegt haben. (Mhu)<br />
132
Ich versuche, wann immer möglich, <strong>Zeit</strong> für das Zusammensein mit<br />
meiner Tochter bei der Arbeit zu kompensieren. Ebenfalls versuche<br />
ich Arbeiten, wenn möglich, auf die Schlafenszeit meiner Tochter zu<br />
verlagern. Während meiner Freizeit versuche ich bewusst, die<br />
Kinderbetreuung zu übernehmen, um den Kontakt mit meiner<br />
Tochter zu vertiefen und zu intensivieren, um aber auch die Partnerin<br />
zu entlasten. Und ich nehme mir <strong>Zeit</strong> für die Tochter <strong>zum</strong> Spielen,<br />
Schmusen, Kuscheln, Baden, Wickeln, Spazieren, usw. (Mgt)<br />
Die Rahmenbedingungen werden vor allem davon bestimmt, wie<br />
ich meine berufliche Tätigkeit organisieren und reduzieren kann.<br />
Das gleiche gilt auch für meine Partnerin. Ein wichtiger Teil war<br />
auch mein Engagement im Quartier: Ich setzte mich mit anderen<br />
Familien für einen Kinderspielplatz ein, den wir schlussendlich<br />
auch realisieren konnten, für Kinderfeste im Rahmen des Quartiers,<br />
sowie weitere Begegnungsmöglichkeiten im Quartier. (Jvo)<br />
Unbeliebt bei mir, aber umso beliebter bei meinem Sohn ist der TV.<br />
Hayo kann eine halbe Stunde pro Tag schauen, und diese kann ich<br />
nützen, um für mich was zu machen. Wir organisieren die Woche<br />
im Voraus und dann immer am Vorabend den nächsten Tag.<br />
Manchmal übernachtet ein Dienstmädchen bei uns und ich und<br />
meine Frau haben einen Abend für uns. (Psc)<br />
Wir kennen in unserer Familie so genannte "Vater- und Muttertage".<br />
Tage, an denen sich die Kinder wünschen, mit wem sie einen<br />
Tag alleine gestalten und verbringen möchten. Wir führen eine<br />
Familienagenda und koordinieren darin auch Familientermine. Wir<br />
kennen einen wöchentlichen "Familienrat", wo wir auf die vergangene<br />
Woche zurückblicken. Und dazwischen treffen wir viele<br />
Einzelabsprachen und Abmachungen.(Jkü)<br />
Job-sharing-Modell und ein ständiges "Familienplanungsbüro"<br />
daheim, um alles zu koordinieren. Oder möglichst vieles, denn das<br />
Unvorhergesehene und Übersehene folgt sogleich. Wir teilen uns<br />
mit einer anderen Familie die Anstellung einer Hausangestellten in<br />
Teilzeitarbeit. (Cba)<br />
Wir haben eine nahezu egalitäre Rollenteilung, will heißen je zwei<br />
Wochentage zu Hause (für Betreuung und Hausarbeit und beide<br />
oft) an Wochenenden zu Hause. (ZEIT ist) eine wichtige Rahmenbedingung<br />
für mein <strong>Vatersein</strong>. Meine Eltern übernehmen Yael fix<br />
134
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
einen Tag pro Woche und können auch, da pensioniert und rüstig,<br />
auch noch für Spezialfälle und Notlagen angefragt werden. Der<br />
Haushalt muss praktisch eingerichtet und geführt werden, da ist<br />
eine gute Organisation schon wichtig, dass ich mich (als Vater) in<br />
der Wohnung auch gestaltend bewege und so organisieren helfe,<br />
dass mir wohl ist (mich nicht als Gast fühlen muss). Ein gutes<br />
Handy mit tollen Leuten drin ist super. Dass ich mir auch an<br />
Vatertagen erwachsene Kontakte organisiere und nicht nur um Yael<br />
und das Haus schwirre, sondern in der Stadt Leute treffe, Austausch<br />
habe. (Mba)<br />
Ich denke, dass meine Partnerin und ich gut organisiert sind. Beide<br />
sind wir ungefähr zu 50 % erwerbstätig, haben daneben aber auch<br />
noch ehrenamtliche Tätigkeiten. Meine Partnerin arbeitet in der<br />
ersten Wochenhälfte, ich in der zweiten. (Gegenseitige Kinderhütedienste<br />
mit einer Familie) aus der Nachbarschaft (unterstützen die<br />
Betreuung der Kinder über die Mittagszeit). Wir wechseln uns<br />
immer ab beim Abholen der Kinder. Daneben kommt es immer wieder<br />
vor, dass Sitzungen in unsere erwerbsarbeitsfreie <strong>Zeit</strong> fallen. In<br />
diesen unregelmäßigen aber planbaren Fällen können wir auf die<br />
Unterstützung von NachbarInnen oder der Schwiegermutter zählen.<br />
(Auch die) Kindertagesstätte (war) eine wichtige Unterstützung,<br />
die auch von den Kindern sehr geschätzt wurde. (Tbe)<br />
Grundsätzlich übernehme ich den Großteil des Einkaufs, das tägliche<br />
Bringen in den Kindergarten und die Zusammenstellung des<br />
Wochenendprogramms. (Jba)<br />
Die Rahmenbedingungen verändern sich immer wieder und es<br />
braucht immer wieder neue Absprachen mit der Partnerin, besonders,<br />
wenn es um berufliche Veränderungen geht, die beiderseits<br />
<strong>Zeit</strong> beanspruchen. Praktisch unternehme und beschäftige ich<br />
mich etwas mehr mit den Kindern, während meine Frau etwas<br />
mehr Haushalt macht - das ist abgesprochen mit der Partnerin.<br />
Sonst ist für beide klar, dass jeder alles macht, wenn der andere<br />
nicht da ist. (Lbü)<br />
Durch die reduzierte Arbeitszeit steht mir eine Mehrzeit für die aktive<br />
Beteiligung am Haushalt zur Verfügung, d.h. für aktives Spielen<br />
mit den Kindern, für Lebensmittel-Einkauf, Körperpflege der Kinder,<br />
Mithilfe bei der Reinigung der Wohnung. (Kmu)<br />
135
Die Absprache mit meiner Frau über Rollenteilung und gleichzeitig<br />
das große Verständnis ihrerseits. Wenn klare Regelungen und<br />
Abmachungen fehlen, führt dies auf Dauer zu Missverständnissen<br />
und Spannungen. Genauso natürlich, wenn ich mich an Abmachungen<br />
nicht halte. Warum bin ich hier weniger konsequent als<br />
meine Frau Ist das "Vater-Gen" von Haus aus schlampig ausgerichtet<br />
In vielen Bereichen dürfte in unserer Familie die "klassische"<br />
Rollenteilung gelten (Mutter organisiert den Haushalt und die<br />
Erziehung, Vater die Infrastruktur und den Großteil des<br />
Familieneinkommens), total unspektakulär, gleichzeitig irgendwie<br />
unbefriedigend. Eine Haushaltshilfe einmal die Woche schafft beiden<br />
Eltern <strong>Zeit</strong> füreinander und für die Kinder. (Jor)<br />
Unsere Aufteilung der Karenzzeit: 1. Jahr Frau, 2. Jahr Mann,<br />
danach je nach beruflicher Perspektive Aufteilung der Erwerbsarbeitszeit.<br />
Da die Eltern meiner Frau im gleichen Ort wohnen,<br />
haben wir sehr unkompliziert die Möglichkeit, zu einem Babysitter<br />
zu kommen. Zusätzlich gibt es in unserem Ort eine Babysittervermittlung,<br />
über die wir ein junges Mädchen als Babysitterin vermittelt<br />
bekamen. In meinem Fitnessstudio gibt es eine Kinderbetreuung<br />
und ein kostengünstiges "Mamipaket" (Fitness + Kinderbetreuung),<br />
das sie für mich <strong>zum</strong> "Papipaket" umbenannt haben. Dies<br />
ist wieder ein äußeres Zeichen, dass ich als Vater mit Kind ein Exot<br />
bin! (Rwi)<br />
Im Wesentlichen in Absprache mit meiner Frau zur Aufteilung der<br />
Betreuung der Kinder; entweder in zeitlicher Hinsicht (wer, wann<br />
oder gemeinsam) oder bezüglich bestimmter Aufgaben; bis dato<br />
nehmen wir - außer den Großeltern - kaum Dritte in Anspruch;<br />
meine Erwerbsarbeit ist von ihrer zeitlichen Lagerung im Wesentlichen<br />
fixiert. (Swö)<br />
Rahmenbedingungen, Rahmenbedingungen, die mir erlauben würden, die mein mir <strong>Vatersein</strong> erlauben wunschgemäß würden, mein zu <strong>Vatersein</strong> leben:<br />
seitens der Partnerin wunschgemäß zu leben: seitens der Partnerin<br />
Rahmenbedingungen sind optimal. (Cbi)<br />
Wunsch und ernsthaftes Bestreben, sich Kinder und Arbeit gleich<br />
zu teilen; aktiv Partnerschaft pflegen; auch eigenen Interessen<br />
nachgehen. (Tmi)<br />
136
(Die) Partnerin muss eine eigene Berufsidentität haben (Beruf<br />
muss ihr eine gewisse Spannung und Herausforderung und gewisse<br />
Entwicklungsmöglichkeiten bieten). (Die) Partnerin darf nicht ihr<br />
Heil und das des Kindes darin sehen, als Mutter die allwissende<br />
Allein-Umsorgerin des Kindes zu sein. (Mge)<br />
Von meiner Partnerin wünschte ich mir mehr Großzügigkeit in<br />
Bezug auf die Hausarbeit (nicht die eigenen Normen durchzusetzen<br />
versuchen). (Pan)<br />
Ein ganz klares Zugeständnis an meine diesbezügliche Kompetenz<br />
und mit der Bereitschaft, mir die Kinder auch wirklich zu überlassen,<br />
ist/war Voraussetzung. Auf der anderen Seite ist es mir auch<br />
wichtig, dass meine Frau auch wirklich die Verantwortung für ihren<br />
Teil des Familieneinkommens übernimmt. So hat sie <strong>zum</strong> Beispiel<br />
während über eines Jahres eine Arbeitsstelle angenommen, von<br />
der von Beginn weg klar war, dass sie nicht erfüllend sein werde,<br />
und von da aus nach einer befriedigenderen Lösung gesucht. Dies<br />
ermöglicht es mir auch wirklich, nicht den ganzen "Ernährerstress"<br />
zu tragen. (Mhu)<br />
Einerseits sollte die Teilzeitarbeit vermehrt auch durch Männer<br />
möglich sein und im Gegenzug die Erwerbsarbeit der Frau gleich<br />
bezahlt werden. Zudem sollte auch ein Vater Vaterschaftsurlaub<br />
beziehen können. (Mgt)<br />
Als sehr wichtig habe ich erfahren, dass wir uns als Paar auch<br />
immer wieder ein Wochenende, einen Abend zu zweit alleine organisiert<br />
und eingeplant haben. Ohne diese Verschnauf- und Genuss-<br />
Pausen (obwohl sie ab und zu auch für Konflikte herhalten mussten)<br />
wäre unsere Paarbeziehung verarmt und ausgetrocknet. Das<br />
Arbeiten an meinen eigenen Grenzen und Unzulänglichkeiten, zeitweise<br />
auch unter Zuhilfenahme von Fachberatung, habe ich für<br />
mich als gut empfunden, war auch nicht zu stolz, auf diese zu verzichten.<br />
(Jvo)<br />
Wie schon gesagt, für die Finanzen arbeite ich. Meine Frau arbeitet<br />
aber sehr viel in sozialen Projekten. Am Anfang war das für mich<br />
schwierig, heute weiß ich aber, das sie so sehr viel für uns macht.<br />
(Psc)<br />
138
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Teilzeitarbeit für beide Partner - ich denke an ein Arbeitspensum für<br />
zwei Personen von total ca. 140%. Das würde Freiraum schaffen<br />
für alle Beteiligten. Die <strong>Zeit</strong> der Abwesenheit des einen Partners<br />
wäre dabei kein Verlust, sondern ein Gewinn für den anderen, weil<br />
dadurch die Kinder diesem alleine "gehören". Die Intensität der<br />
Beziehung zwischen Kind und dem einen Elternteil wird dadurch<br />
erhöht. (Jkü)<br />
Keine Wünsche, weil wir das umgesetzt haben, was möglich ist.<br />
Das ist gut, wertvoll, entlastend - ich idealisiere es aber auch nicht.<br />
Auch dieses Modell muss man wollen, und es ist auch aufwändig!<br />
(Cba)<br />
Es gibt wohl wie so oft keine Pauschalrezepte, wie das zu organisieren<br />
ist, dass es einem wohl ist. Da gehört Teilzeit dazu, Kinderzeit<br />
ohne die Mutter, das Feld der Kinderbetreuung muss von den<br />
Männern den Frauen abgerungen werden. Es gehört auch Teilzeit<br />
der Mutter dazu, es ist mir eminent wichtig, dass die Partnerin relevant<br />
auch an der Geldmittelbeschaffung beteiligt ist. Ja, klar Papatage<br />
gehen anders als Mamatage und beide sind sie wunderbar.<br />
(Mba)<br />
Ich bin sehr zufrieden mit unserer Rollenteilung. Da wir beide die<br />
Aufgaben im Haus-, Familien- und Erwerbsarbeitsbereich hälftig<br />
verteilen, ist auch die Rollenabgrenzung unter der Woche gut möglich.<br />
An Wochenenden ist es da bisweilen schwieriger, da wir beide<br />
dann immer wieder herausgefordert sind, uns gemeinsam abzustimmen.<br />
(Tbe)<br />
Größere Flexibilität der Arbeitszeit bzw. der Betreuungsangebote<br />
im Krankheitsfall, so dass man nicht jedes Mal Pflegeurlaub nehmen<br />
muss. (Jba)<br />
Mit der gegebenen Situation bin ich recht zufrieden, da sie inzwischen<br />
auch recht gut funktioniert. (Lbü)<br />
Der Schlüsselfaktor ist für mich meistens die <strong>Zeit</strong>: Je mehr davon<br />
da ist, desto mehr kann ich mich in der Familie, bei den Kindern, für<br />
die Partnerschaft und für den Haushalt engagieren. (Kmu)<br />
Wir sind beide voll berufstätig. Während die Kinder klein waren,<br />
hätte ich mir mehr <strong>Zeit</strong> mit ihnen gewünscht, was - wie bei vielen<br />
139
Familien - ein "ökonomisches Luftschloss" darstellte. Mein Wunschrollenbild<br />
ist jedenfalls nicht "Mutter schmeißt den Alltag und Vater<br />
ist das Sahnehäubchen nach Dienstschluss". Aus diesem Grund<br />
versuche ich, mich in den Alltag einzubringen und dabei auch den<br />
Kindern zu vermitteln, dass der Vater eben auch "Alltag" bedeutet.<br />
Das bedeutet gar nicht so viel Rollenabgrenzung mit meiner Frau,<br />
sondern vielmehr aktives Einbringen durch mich selbst. (Jor)<br />
Die wichtigste Rahmenbedingung ist für mich das Vertrauen meiner<br />
Frau, die es mir zutraut, als Vater - in aller Begrenztheit und in meinem<br />
Anderssein - kompetent zu sein. Aufgrund dieses Vertrauens<br />
ist es möglich und sinnvoll, dass wir uns die Erwerbs- und<br />
Familienarbeit aufteilen. (Rwi)<br />
Festlegung, wer in welchem Umfang wofür die Verantwortung übernimmt:<br />
Keine Vorgaben zur Ausfüllung der Vaterrolle bzw. Kontrolle<br />
der vollständigen Übernahme der Konzepte der Partnerin; die gleichzeitige<br />
Teilung von Erwerbs- und Familienarbeit zwischen beiden<br />
Eltern scheint mir ideal, weil sie eine gleichmäßige Verantwortung für<br />
das Familiäre fördert und durch die Wahrnehmung der beiden<br />
Bereiche eine interessante Abwechslung schafft, <strong>zum</strong>al die Anforderungen<br />
aus Familie und Beruf ziemlich verschieden sind. (Swö)<br />
Rahmenbedingungen, Rahmenbedingungen, die mir erlauben würden, die mir mein erlauben <strong>Vatersein</strong> würden, wunschgemäß mein <strong>Vatersein</strong> zu leben:<br />
seitens des Arbeitgebers wunschgemäß zu leben: seitens des Arbeitgebers<br />
Rahmenbedingungen sind optimal. Ich kann auch mal später zur<br />
Arbeit gehen, wenn meine Frau außerordentliche Termine hat.<br />
(Cbi)<br />
30-Stunden-Job, in dem man auch voll akzeptiert wird. Möglichkeit,<br />
sich einen Job mit viel Verantwortung zu teilen auch mit Firmen-<br />
Handy. Auch an meinen Kinder-Tagen erreichbar zu sein, ist für mich<br />
nicht das Problem. Wenn es mir zuviel wird, kann ich das Handy<br />
auch abschalten. Manche Entscheidungen müssen halt rasch getroffen<br />
werden. Man ist dann oft auch entscheidungsfreudiger, wenn<br />
man mit dem Kind spielen möchte oder wickeln angesagt ist, etc.<br />
Flexible Arbeitszeiten, Kinder bringen/holen muss bei Bedarf möglich<br />
sein. Heim-Arbeitsplatz bzw. Möglichkeit, von zu Hause aus auf den<br />
Firmen-Computer zuzugreifen. So kann man kurzfristig reagieren.<br />
(Das) darf aber nicht von (der) Firma vorausgesetzt werden und<br />
müsste eigentlich auch extra abgegolten werden. (Tmi)<br />
140
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Flexiblere Arbeitszeitmodelle, Entwicklungsmöglichkeiten in der<br />
Arbeit, Aufteilung von verantwortlichen Positionen. Als teilzeiterwerbstätiger<br />
Arbeitnehmer bin ich bei mehr Flexibilität mehr selber<br />
verantwortlich, meine Bindung an die Arbeit nimmt zu, verglichen<br />
mit einer angeordneten Präsenz. Bei einem Teilzeitpensum mache<br />
ich gewisse Abstriche, was Karriere oder auch nur schon Einflussnahme<br />
an der Arbeitsstelle betrifft. (Mge)<br />
Ein Erziehungsbonus wäre wirtschaftlich sehr nützlich. Teilzeit<br />
konnte ich mir als Freiberufler organisieren. In Bezug auf die<br />
Karrieremöglichkeit bin ich dagegen total desillusioniert. Nach 18<br />
Jahren Vaterschaft, d.h. nur teilzeitlicher Arbeit und meistens als<br />
Freiberufler, kann ich meine Karriere in den Kamin schreiben - aus<br />
und fertig! Meine Frau hat beruflich keine große Karriere gemacht,<br />
ist dagegen politisch sehr erfolgreich und jetzt bereit für den Sprung<br />
aufs nationale Parkett. Ihr half die Doppelrolle. (Pan)<br />
Natürlich hilft mir hier das relativ hohe Einkommen, das es ermöglicht<br />
mit ca. 140 Stellenprozenten gut zu leben. Teilzeitarbeit ist in<br />
meinem Berufsfeld normal und kein Karriereblocker. Weiterbildung<br />
hatte ich immer im Verhältnis zu den Stellenprozenten, manchmal<br />
auch mehr, zugute. Mein Beitrag hier war, dass ich diese auch konsequent<br />
beziehe, um fachlich am Ball zu bleiben. Ich würde mir vermehrt<br />
Unterstützung bei der "Karriereplanung" wünschen. (Mhu)<br />
Teilzeitarbeit für Männer ohne finanzielle Einschränkungen und<br />
ohne die Karrieremöglichkeiten einzuschränken, flexiblere Arbeitszeiten<br />
(z.B. vermehrt Jahresarbeitszeit oder Arbeit von zu Hause<br />
aus), das Verständnis dafür fördern, dass Teilzeitangestellte motivierte<br />
Mitarbeiter und weniger häufig krank sind. (Mgt)<br />
Bei einem eher einfachen Lebensstil haben uns 110 Stellenprozente<br />
für eine fünfköpfige Familie ausgereicht. Eine Weiterbildung<br />
konnte ich nur modular, pro Jahr ein bis zwei Wochen, verteilt<br />
über rund zehn Jahre machen (mit besonderem Abgrenzungsaufwand).<br />
Meine Partnerin konnte erst später eine Ausbildung zur<br />
Supervisorin in Angriff nehmen. Karrieremöglichkeiten sind mit<br />
einer Teilzeitanstellung klar eingeschränkt, um nicht zu sagen praktisch<br />
unmöglich. Ich konnte mich ständig soviel weiterbilden, dass<br />
ich mich in meinem Berufsfeld auf dem Laufenden halten konnte<br />
und das Interesse am Beruf immer wach blieb. (Jvo)<br />
141
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Ich bin selbstständig Erwerbender, teile mir meine <strong>Zeit</strong> selber ein,<br />
habe so aber auch mehr Risiken. Karriere im üblichen Sinn gibt es<br />
nicht, nur neue Felder. Weiterbildung bezahle ich mir selbst. Kann<br />
es mir aber nach über 15 Jahren als Selbständiger nie und nimmer<br />
vorstellen, angestellt zu sein. (Psc)<br />
Das Postulat "gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit" sollte endlich<br />
in die Praxis umgesetzt werden. Damit werden vor allem gut verdienende<br />
Väter entlastet, wenn die heute noch schlecht bezahlten<br />
Frauenjobs die nötige Aufwertung erfahren. Genügend Kinderbetreuungsplätze,<br />
flexible Arbeitszeitmodelle etc. sind Postulate, die<br />
ich hier nicht wiederholen aber trotzdem unterstützen möchte. (Jkü)<br />
Teilzeitarbeit ist ja möglich. Aber familienfreundlicher könnte die<br />
Institution schon noch werden, weil es schon noch eine Kultur ist:<br />
man arbeitet voll und ist stets verfügbar. Aber die "Schlimmsten"<br />
sind jene, die Teilzeit arbeiten und keine Familie haben, ("ich habe<br />
immer am Montag frei" oder "ich arbeite nur am Nachmittag").<br />
Flexibilität zeichnet wohl die Väter und Mütter aus, denn unsere<br />
Tage beginnen immer um halb Sieben am Morgen und dauern bis<br />
halb Zehn in der Nacht, gleich in welcher Rolle wir sind. Da muss<br />
ich manchmal schon vorrechnen, was mir diese Sitzung an<br />
Aufwand abverlangt und mich kostet. Dafür will ich auch am Ende<br />
ein Resultat sehen! (Cba)<br />
Flexibilität ist mir wichtig, für Unvorhergesehenes (offen sein können),<br />
und dass Ausnahmen vom gewöhnlichen Arbeitsfluss möglich<br />
sind. Dass auch bei 60% berufliche Weiterentwicklung möglich<br />
ist, interessante Aufträge/Aufgaben da sind etc. Wenn ich etwas<br />
sehr klar habe und mich dafür einsetzen kann und den Mehrwert<br />
auch für´s Unternehmen sichtbar machen kann, kriege ich das in<br />
der Regel auch von Arbeitgebern bewilligt. (Mba)<br />
Ich war während 5 Jahren selbständig (erwerbstätig) und konnte<br />
mir daher die Arbeitszeiten bis zu einem gewissen Grad auch selber<br />
einteilen. Neu bin ich wieder fest angestellt zu 40% und zu etwa<br />
10 % noch freischaffend tätig. Ich habe eine Arbeitgeberin, bei der<br />
niemand Vollzeit arbeitet, die Laufbahnmöglichkeiten angesichts<br />
der Betriebsgröße (sechs Teilzeitstellen) gering sind, dagegen die<br />
Arbeitsinhalte von den einzelnen Mitarbeitern sehr geprägt werden<br />
können. Punkto Weiterbildung und Infrastruktur sind alle einander<br />
gleichgestellt, egal ob sie 40% oder 80 % erwerbstätig sind. (Tbe)<br />
143
In Krisenzeiten kann das Belastungsmaß sehr stark ansteigen und<br />
wirkt sich dann in der Familie aus. <strong>Zeit</strong>lich habe ich ein sehr gutes<br />
Modell, das die Möglichkeit der Arbeitsteilung stützt. Karrieremöglichkeiten<br />
sind mit meiner 50 % Anstellung nicht machbar.<br />
Bemerkbar macht sich auch das immer geringer werdende<br />
Realeinkommen. Das zeigt Grenzen auf. (Lbü)<br />
Flexible Arbeitszeiten sind sehr wesentlich. Das Arbeiten von zu<br />
Hause aus, kann auch helfen, kurzfristig notwendige Abwesenheiten<br />
auszugleichen. Ein weiterer Schlüsselfaktor ist die Anerkennung<br />
der aktiven Beteiligung als Vater im Familienleben in den<br />
Unternehmen, in der Politik und in der ganzen Gesellschaft. (Kmu)<br />
Gleiche Einkommensstruktur für Mütter und Väter, Teilzeit trotz<br />
Karriere auch für Väter, Verständnis für Familienrollen. Wir lebten<br />
fünf Jahre in Schweden und haben dort die Selbstverständlichkeit<br />
kennen und schätzen gelernt, dass selbst Spitzen-Manager um<br />
16.00 Uhr ein Meeting verlassen, um die Kinder vom Kindergarten<br />
abzuholen. (Jor)<br />
Mein Arbeitgeber hat mir durch flexible Arbeitszeiten und jetzt mit<br />
der Gewährung einer Karenzzeit gute Möglichkeiten gegeben, als<br />
Vater <strong>Zeit</strong> mit meinem Kind zu verbringen. (Rwi)<br />
Eine größtmögliche Flexibilität in der Leistungserbringung, beginnend<br />
mit Gleitzeit und deren extensiver Nutzungsmöglichkeit ohne<br />
unbedingte Einhaltung von Kernzeiten, kurzfristige Änderung der<br />
Arbeitszeit, Telearbeit etc.. (Swö)<br />
Rahmenbedingungen, Rahmenbedingungen, die mir erlauben würden, die mir mein erlauben <strong>Vatersein</strong> würden, wunschgemäß mein <strong>Vatersein</strong> zu wunschgemäß<br />
zu öffentlichen leben, seitens Meinung der Gesellschaft/der öffentlichen<br />
leben,<br />
seitens der Gesellschaft/der Meinung<br />
Wir haben unsere Wünsche realisiert, es gibt keine Reibungsflächen<br />
seitens der öffentlichen Akzeptanz. (Cbi)<br />
Geringere Einkommens-Disparitäten. Mit meinem Modell ist die<br />
Erreichung einer Spitzenposition eher unmöglich. Wenn aber weniger<br />
Unterschied zwischen Spitzen- und Durchschnittsverdienenden<br />
ist, wäre Kinder-Bekommen finanziell gesehen nicht gar so eine<br />
große Einbuße.<br />
144
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Generell müsste die Erwerbsarbeit in ihrer Bedeutung zurückgeschraubt<br />
werden. (Tmi)<br />
Ein bisschen mehr Gelassenheit und Toleranz, wenn man hört,<br />
dass andere Menschen ein anderes Familienmodell leben. (Mge)<br />
Noch immer gilt jemand, der ernsthaft Vater sein will, als faul. Wenn<br />
eine Frau zu Hause die Hausarbeit macht, wird ein Mann im gleichen<br />
Fall höchstens "die Kinder hüten". Man traut den Männern<br />
das <strong>Vatersein</strong> nach wie vor nicht zu, da habe ich schon Schwierigkeiten<br />
bei den eigenen Geschwistern. (Pan)<br />
Dass "<strong>Vatersein</strong>" als wichtige Aufgabe und nicht als persönliches<br />
Hobby wie Schießverein oder Briefmarkensammeln wahrgenommen<br />
wird. (Mhu)<br />
Es muss Öffentlichkeitsarbeit betreffend Vaterrolle, Vatergefühlen,<br />
<strong>Vatersein</strong>, Vater leben gemacht werden, sei dies in Presseberichten,<br />
in Gesprächsforen, in Infoveranstaltungen usw.. Wichtig<br />
ist für mich, dass es gesellschaftsfähig ist, ein liebender und fürsorglicher<br />
und zärtlicher Vater zu sein, und dass dies sich in keiner<br />
Weise mit der Rolle als Mann schneidet. (Mgt)<br />
Hier heisst es, von den guten Erfahrungen zu sprechen und weitere<br />
Männer in ihrer Vaterrolle zu ermutigen. Anfangs der 80er Jahre<br />
kam ich mir als Exot vor mit Kind im Tragtuch oder im Kinderwagen,<br />
während heute diese Väter bereits ein wenig mehr <strong>zum</strong><br />
Strassenbild gehören. Die Gesellschaft, die öffentliche Meinung<br />
erlebe ich heute als genug tolerant für Väter, die sich in der Familie<br />
engagieren. Doch fehlt noch vielen Vätern der Mut, die Neugierde,<br />
das Sich-Auseinandersetzen mit Kindern und Familie, um diese<br />
Rolle zu leben. Eine Wertschätzung wird von der Gesellschaft für<br />
das <strong>Vatersein</strong> nicht gegeben. Wenn ich jedoch bedenke, welche<br />
Bedeutung, welchen Wert in der Schweiz z.B. das Auto, der Fernseher,<br />
das Handy, die Ferien, haben, so findet das <strong>Vatersein</strong><br />
irgendwo auf einer kleinen Insel statt, auf die sich nur zufällig<br />
jemand verirrt. (Jvo)<br />
Hier in Brasilien ist es schon noch viel schwieriger. Hier ist der<br />
Vater entweder arbeitslos, oft dann auch mit Alkoholproblemen,<br />
oder er arbeitet voll. Hausarbeit usw. macht der typische<br />
Brasilianer überhaupt nicht. Ich aber schon. Da wir in einer sehr<br />
145
weiblich geprägten Lebensgemeinschaft wohnen, bin ich aber sehr<br />
akzeptiert als Hausmann. (Psc)<br />
Die Rolle der Väter/Männer sollte intensiver (vor allem von den<br />
Männern selbst) diskutiert werden. Männer dürfen sich nicht mehr<br />
als reine Wirtschaftsfaktoren instrumentalisieren lassen. Den sozialen<br />
Aspekten des Menschseins soll mehr Beachtung geschenkt<br />
werden. Männer sind keine "Leistungsmaschinen", sondern<br />
Menschen, die in ihrer Entfaltung durch diesen Leistungsdruck oft<br />
gehemmt werden. Männertreffs sollen gefördert und in ihrer<br />
Bedeutung für die Männer neu definiert werden. Männer brauchen<br />
Männer als Gegenüber, um ihr Mannsein reflektieren zu können.<br />
Ein Mann ist dann ein Mann, wenn er sich in seiner Ganzheit erfahren<br />
kann (nicht einseitig gegenüber der Frau, dem Arbeitgeber, der<br />
Kirche, der Gesellschaft, etc.). Rollenbilder sind als solche zu entlarven<br />
und nicht gleichzusetzen mit dem Mannsein. (Jkü)<br />
Väter dürfen nicht mehr als - sagen wir mal - 30 Wochenstunden<br />
arbeiten. Sie können ja dann später wieder voll einsteigen, wenn<br />
die Kinder flügge sind. Mütter dürfen nicht ausschließlich voll<br />
Mutter und Hausfrau sein, sie haben ein Recht auf eine<br />
Teilzeitarbeit. Für beide gilt: Die Kinder haben ein Recht auf ein<br />
partnerschaftliches Vater-Mutter-Modell. Väter sind vom Gesetz<br />
her gezwungen, ihre Präsenzrolle einzulösen. "Abwesende Väter"<br />
werden zurückgeholt. (Streunende Hunde gibt es bei uns auch<br />
nicht.) Aber eben - da kommen wir vom Hundertsten ins<br />
Tausendste. (Cba)<br />
Da fühle ich mich eigentlich gut unterstützt. Ich kriege viele gute<br />
Rückmeldungen, wenn ich mit Kindern unterwegs bin, im Bus, (in<br />
der) Tram wird geholfen, oft unaufgefordert, die Menschen freuen<br />
sich oft und in der Regel sehr an Kindern und auch an Vätern. Klar,<br />
manchmal gibt's Blicke, wenn die Tochter weint, ob ich das wohl<br />
könne, oder auch verbale Reaktionen, wenn ich Yael klettern lasse<br />
("da müend si schon luege"). Wenn ich aber mein Ding weiterziehe,<br />
mich nicht verunsichern lasse, entspannt sich das jeweils<br />
meist schnell wieder.(Mba)<br />
In meiner sozialen Nische kann ich meine Vaterrolle gut wahrnehmen<br />
und erlebe Unterstützung. Gesamtgesellschaftlich dagegen<br />
orte ich großen Handlungsbedarf. Männer als Väter werden zwar<br />
zunehmend zu einem Medienthema, trotzdem gelten immer noch<br />
146
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
die Mütter als die Hauptverantwortlichen für Hausarbeit und Kinderbetreuung.<br />
Frauen haben teils Mühe, diese "Muttermacht" abzugeben,<br />
viele Männer, das stelle ich leider auch immer wieder fest,<br />
geben sich rhetorisch zwar sehr aufgeschlossen gegenüber aktiver<br />
Vaterschaft, im Alltag verharren sie aber immer noch in einem traditionellen<br />
Vaterbild, das Vätern die Rolle des Alleinverdieners und<br />
Frauen die Rolle der Alleinerzieherin zuweist. (Tbe)<br />
Mehr Bewusstsein, was heute Vereinbarkeit von Familie und Beruf<br />
bedeutet, vor allem, wenn das soziale Netz früherer <strong>Zeit</strong>en (Großeltern,<br />
Nachbarn, Verwandte) bei weitem nicht mehr in diesem<br />
Ausmaß gegeben ist. (Jba)<br />
Ich meine, dass jemand das, was er alles im alltäglichen und beziehungsmäßigen<br />
Zusammenleben zu Hause schafft und erreicht,<br />
auch in allen anderen Teams kann. Dies wird meiner Meinung nach<br />
sehr unterschätzt und somit auch nicht honoriert. Auch leistet<br />
jemand, der 50% arbeitet, erwiesenermaßen mehr als 50%. Auch<br />
dies wird nicht anerkannt. (Lbü)<br />
Die öffentliche Meinung prägt oft das Werteverhalten der<br />
Menschen. Damit ist es ganz wesentlich und wichtig, dass Männer,<br />
die sich in den Familien engagieren, nicht als schwache Männer<br />
dargestellt werden, ganz im Gegenteil. Sie verzichten oft auf die<br />
von der Gesellschaft hoch angesehenen Reputationen wie Geld,<br />
Macht, Stellung. (Kmu)<br />
Zusammengefasst: "Väter sollen weinen dürfen", d.h. weg von der<br />
Rolle des distanzierten Familienoberhaupts. Aber diese Stereotypen<br />
dürften überholt sein. Ich erlebe jedenfalls keine gesellschaftlichen<br />
Einschränkungen bzgl. meiner Vaterrolle. (Jor)<br />
Es hat zwar in der letzten Generation ein Umdenken begonnen,<br />
aber in der Realität ist es immer noch so, dass Erziehungs- und<br />
Hausarbeit als Frauensache angesehen wird. Als Exot, der in diesem<br />
Bereich die Hauptverantwortung übernommen hat, wünsche<br />
ich mir mehr Männer, die als Väter in der Gesellschaft, am Spielplatz,<br />
in Eltern-Kind-Runden, bei Elternabenden präsent sind. (Rwi)<br />
Väter sollten im Kinderalltag nicht als Exoten betrachtet werden.<br />
Sie sollten in Wahrnehmung ihrer Rolle akzeptiert und wertgeschätzt<br />
sowie zur Annahme einer aktiven Vaterrolle ermuntert und<br />
147
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
unterstützt werden, z.B. durch speziell an Väter gerichtete Angebote<br />
wie Volkshochschule, Väterbildungsseminare, ein Vater-Kind-<br />
Pass-Modul. (Swö)<br />
Rahmenbedingungen, die mir die erlauben mir erlauben würden, würden, mein <strong>Vatersein</strong> mein <strong>Vatersein</strong> wunschgemäß<br />
zu leben, seitens der gesetzgebenden seitens Instanz der gesetzgebenden (politisch, juristisch) Instanz (politisch,<br />
wunschgemäß zu leben,<br />
juristisch)<br />
Sehr störend ist immer noch der Grundabzug (Koordinationsabzug)<br />
der Pensionskasse im partnerschaftlichen Modell (bei zwei Teilzeitanstellungen).<br />
(Cbi)<br />
Anheben des Steuersatzes für Spitzenverdienende; Teilzeitjobs im<br />
Öffentlichen Dienst fördern; Kinderbetreuungseinrichtungen mit<br />
Möglichkeit <strong>zum</strong> Kontakt der Eltern untereinander fördern. Vaterschafts-Urlaub<br />
für <strong>Zeit</strong> nach der Geburt - die ersten zwei Wochen<br />
sind eine ganz intensive <strong>Zeit</strong> mit dem Kind und auch zur Neu-<br />
Positionierung der Familienmitglieder. (Tmi)<br />
Rahmenbedingungen, welche die unterschiedlichen Familienmodelle<br />
möglichst gleich (gerecht) behandeln: Besteuerung,<br />
Sozialversicherungen, Förderung partnerschaftlicher Familienmodelle<br />
bei den eigenen Angestellten. (Mge)<br />
Ein Vaterschaftsurlaub wäre gut, und auch die Freistellung/<br />
Reduktion beim Militärdienst wäre nützlich, obschon mir da die<br />
Behörden schon ein Stück weit entgegen gekommen sind.(Es<br />
braucht) auch väterfreundlichere Regelungen bei einer Scheidung.<br />
(Ich könnte mir eine Scheidung keinesfalls leisten, <strong>zum</strong> Glück ist<br />
nächstens keine zu befürchten). Eine echte Väterförderung von<br />
staatlicher Seite könnte/müsste auch die Akzeptanz des <strong>Vatersein</strong>s<br />
in der Gesellschaft zu verbessern versuchen. (Pan)<br />
Gesetzliche Vorgaben über das minimale Angebot an Teilzeitstellen<br />
auf allen Hierarchiestufen bei mittleren und größeren Betrieben.<br />
(Mhu)<br />
Teilzeit fördern, Vaterschaftsurlaub, Möglichkeiten, um Stellen zu<br />
teilen (<strong>zum</strong> Beispiel 40 % und 60%), Erziehungsarbeit anrechnen<br />
(Pensionskasse, AHV, ALK ), statt Militärdienst Vaterschaftsdienst<br />
in der eigenen Familie als Vaterschaftsurlaub, Förderung von<br />
Projekten, um die Vaterrolle in der Gesellschaft zu stärken und zu<br />
fördern. (Mgt)<br />
149
Hier kann nur auf gute gesetzliche Rahmenbedingungen, wie<br />
Tagesschulen, Teilzeitarbeit, Wiedereinstieg ins Berufsleben,<br />
Kinderzulagen etc. gesetzt werden. Persönlich sind/wären mir sehr<br />
hohe Kinderzulagen lieber, damit ein Ehepaar mit Teilzeitarbeit sich<br />
möglichst selber mit Unterstützung im Quartier, in der Verwandtschaft<br />
organisieren und finanzieren könnte. So wäre die Familie<br />
autonomer, könnte mit dem Geld ihre Kinderbetreuung selber organisieren<br />
und finanzieren, Familien könnten sich zusammen organisieren<br />
und vieles bekäme mehr Bedeutung, weil eben Geld vorhanden<br />
wäre. Die Familie als wirtschaftlicher Faktor, als Arbeitgeberin,<br />
tönt ganz gut. (Jvo)<br />
Als Selbständiger erwarte ich vom Staat nicht viel. Vaterschaftsurlaub<br />
wäre aber sicher eine tolle Sache. (Psc)<br />
Diese sollen Tendenzen in der Rollenteilung und -findung aufzeigen<br />
und unterstützen. (Jkü)<br />
Vision: Blockzeiten, die diesen Namen verdienen. Es gibt ein<br />
Bundesamt für Väter/Mütter, das vieles von oben dazu ausarbeitet.<br />
Junge Männer haben ein Recht auf einen Zivildienst und müssen<br />
mindestens zwei Jahre lang Hausarbeit machen. Diese "unmännlich"<br />
unproduktive Arbeit, bei der man durch harte Arbeit nichts verändert,<br />
denn die Wäsche ist immer wieder schmutzig, der Staub<br />
setzt sich immer wieder an, und so weiter. Das würde unsere aufgeteilte<br />
Gesellschaft längerfristig wohl partnerschaftlicher und kindergerechter<br />
machen. (Cba)<br />
Vaterschaftsurlaub, glaube ich, wäre sehr, sehr wichtig, die ersten<br />
drei Monate sind Matchentscheidend. Wenn ich in diesen drei<br />
Monaten nicht präsent bin bei den Kindern, den Neugeborenen,<br />
dann ist das Feld der "Kinderbetreuung" notwendigerweise von der<br />
Mutter oft ausschließlicher besetzt und das Feld ist schwer zurückzuerobern.<br />
Wenn Männer aber dann da sind, die Mütter die Wochenbettzeit<br />
schonend gestalten können, wenn's geht, dann wird<br />
automatisch klar, dass beide, Mama und Papa gut nach dem Kind<br />
schauen können. Darum: Drei Monate bezahlter Urlaub für beide,<br />
nicht Schmalspurwochen! Und noch was: Dass wir als junge<br />
Familie nach wie vor, trotz nun weniger Einkommen, zusammen<br />
mehr versteuern müssen, als vorher bei größerer Erwerbstätigkeit<br />
getrennt, das ist ein reiner Skandal. Wer überlegt sich denn so<br />
was (Mba)<br />
150
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Wichtig wäre meines Erachtens ein ausgebauter Vaterschafts- oder<br />
gar Elternurlaub, à la Schweden. Teilzeitstellen für Väter müssten<br />
zur Norm werden während der Familienphase und nicht zur lobenswerten<br />
Ausnahme. Väter, die Vollzeit erwerbstätig sind, sollten sich<br />
rechtfertigen müssen und nicht die Teilzeiterwerbstätigen. Auch die<br />
Individualbesteuerung von gemeinsam erwerbstätigen Paaren sollte<br />
endlich realisiert werden. Daneben ist in der beruflichen Vorsorge<br />
dafür zu sorgen, dass Teilzeiterwerbstätige gegenüber Vollzeiterwerbstätigen<br />
nicht diskriminiert werden. Familienergänzende<br />
Kinderbetreuung, Tagesschulen, Mittagstische usw.: Ich habe aber<br />
Mühe damit, wenn (es nur darum geht), Frauen den Zugang zur<br />
Erwerbsarbeit zu erleichtern. Familienergänzende Einrichtungen<br />
sollen Mütter UND Väter bei der Vereinbarkeit von Beruf und<br />
Familie ergänzend unterstützen. Für mich selber ist es keine<br />
Option, wenn die Kinderbetreuung gänzlich von den Eltern weg an<br />
Dritte "outgesourct" wird, nur damit beide sich Vollzeit der<br />
Erwerbsarbeit widmen können. (Tbe)<br />
Mehr Flexibilität beim Kinderbetreuungsgeld, damit mehr Väter in<br />
Karenz gehen, sowie Ganztagskinderbetreuungseinrichtungen und<br />
Ganztagsschulen. (Jba)<br />
<strong>Vatersein</strong> braucht eine sozialpolitische wie auch subjektive<br />
Aufwertung. Gegenwärtig wird zwar angesprochen, wie wichtig<br />
Väter sind, aber dies wirkt meist nur recht nett. Gelebt und praktiziert<br />
wird, dass richtige Männer eben arbeiten gehen und richtig<br />
Karriere und Kohle machen. (Lbü)<br />
Die gesetzgebende Instanz müsste vermehrt flexiblere Modelle für<br />
den Vater und seine zeitliche Präsenz in der Familie schaffen. Erst<br />
wenn etwas gesetzlich unterfüttert ist, wird sich im Denken und in<br />
der Haltung der breiten Gesellschaft etwas substanziell verändern<br />
können. (Kmu)<br />
In der von mir erlebten klassischen Familienform sehe ich keinen<br />
Änderungsbedarf. Dass sich zu aktuellen Themen, wie gleichgeschlechtlichen<br />
Partnerschaften mit Kinderwunsch, sowie allein<br />
erziehenden Vätern/Müttern einiges tut, ist zu begrüßen. Mehr<br />
Offenheit für diese "neue" Realität seitens der Gesetzgeber wäre<br />
wünschenswert. (Jor)<br />
151
Die Möglichkeit zur Väterkarenz ist eine wichtige Rahmenbedingung,<br />
muss aber auch "leistbar" sein. Da der Mann und Vater meist immer<br />
noch mehr verdient, ist die Frage nach Aufteilung der Erziehungszeit<br />
oft auch eine finanzielle Frage. Ich wünsche mir, wie in manchen<br />
europäischen Ländern, eine finanziell tragbare Möglichkeit, um mehr<br />
<strong>Zeit</strong> mit meinem Kind verbringen zu können (z.B. Papamonat,<br />
Karenzgeld an bisherigen Verdienst gekoppelt). (Rwi)<br />
Zur Erhöhung der Quote betreuender Väter wäre eine einkommensabhängige<br />
Karenzleistung zielführend. Als erste Maßnahme<br />
im Sinne einer Minimalvariante wäre auch ein "Papamonat"<br />
(Karenz nach der Geburt gegen Fortzahlung der Bezüge aus<br />
öffentlichen Mitteln) sinnvoll. (Swö)<br />
4.3 Vaterschaft - eine 4.3 Rolle Vaterschaft neu erfinden - eine Rolle neu erfinden<br />
Vaterschaft oder "Vater schafft" Damit sich eine neue Kultur der<br />
Väterlichkeit entwickeln kann, müssen wir gesellschaftlich bereit sein,<br />
die alten Rollenzuschreibungen fallen zu lassen und Männern bzw.<br />
Vätern neue Qualitäten zuzugestehen. Wir müssen uns darin üben,<br />
althergebrachte und scheinbar "typisch männliche Defizite" in neuem<br />
Licht zu sehen und konstruktiv umzudeuten. Ein Versuch:<br />
"Männer sind zuhause meistens geistig abwesend (<strong>Zeit</strong>ung, TV etc.)"<br />
heißt dann:<br />
An Vaters "geistiger Abwesenheit" lernen die Kinder, ihre Bedürfnisse<br />
laut und deutlich zu äußern und dafür einzustehen (wogegen die alles<br />
umfassende Aufmerksamkeit und das Ablesen der Wünsche von den<br />
Augen des Kindes leicht eine überzogene Versorgungshaltung hervorrufen<br />
kann).<br />
"Männer sind stets auf Leistung und Zielerreichung fixiert und überfordern<br />
damit die Kinder dauernd" heißt dann:<br />
An Vaters Leistungs- und Zielorientierung lernen die Kinder, ihre<br />
Grenzen zu erkennen bzw. zu äußern, was sie nicht wollen oder können.<br />
Gleichzeitig lernen Sie, vermeintliche Grenzen zu erweitern und<br />
Ängste zu überwinden.<br />
"Männer sind häufig gefühllos bzw. weniger in der Lage, sich in andere<br />
Menschen / Kinder einzufühlen" heißt dann:<br />
An Vaters emotionaler Zurückhaltung lernen die Kinder, Ereignisse<br />
auch sachlich zu betrachten.<br />
152
"Männer sind oft verschlossen, wenig mitteilungsbereit und schlechte<br />
Zuhörer" heisst dann: An Vaters verbaler Kargheit lernen die Kinder,<br />
Gedanken zu bündeln und "auf den Punkt zu bringen".<br />
"Männer sind zuwenig aufmerksam und können nicht zwei Dinge<br />
gleichzeitig tun."<br />
Sie haben eine höhere Toleranzschwelle, greifen später ein und lassen<br />
damit mehr Raum für Selbstverantwortung. Sie sind konzentriert<br />
und fokussiert: "Wenn, dann richtig".<br />
"Männer sind oft leichtsinnig im Umgang mit Kindern" heißt dann:<br />
Sie sind risikobereit und mutig.<br />
Nicht dass damit jedes männliche Verhalten erklärt und "rein gewaschen"<br />
werden soll. Doch wir brauchen auch nicht an althergebrachten<br />
Vorurteilen zu kleben, die ihre herausfordernde Wirkung längst verloren<br />
haben. Es lohnt sich, nach weiteren Beispielen aus dem eigenen Alltag<br />
zu suchen und im angeregten Gespräch mit der Partnerin diese<br />
Vorurteile oder Glaubenssätze nach obigem Muster in eine Chance/<br />
Ressource zu verwandeln. Dabei geht es nicht um "Rechthaben", sondern<br />
vielmehr darum, Perspektiven zu erweitern und für eingebrannte<br />
Deutungsmuster neue Betrachtungsweisen auszuprobieren.<br />
Was bewirken negative Was Vaterbilder bewirken beim negative Kind Vaterbilder beim Kind<br />
Es ist von großer Bedeutung, dass Väter in ihrer Andersartigkeit<br />
gewürdigt werden (und das gilt natürlich auch in umgekehrter<br />
Richtung). Dass Väter andere Verhaltensmuster praktizieren als die<br />
Mütter, ist für die Kinder zunächst ein grosser Gewinn. Denn da wird<br />
erfahrbar, dass es "auch anders gehen kann", dass die Reaktionsund<br />
Verhaltensweisen der Mutter nicht absolut sind. Und dass sich<br />
das Kind demzufolge auch erlauben darf, anders zu werden (als die<br />
Mutter). Diese Tatsache wird bereits in der vorsprachlichen Phase<br />
wirksam.<br />
Früher wurde besonderer Wert darauf gelegt, dass Vater und Mutter<br />
"aus einem Munde sprechen" bzw. die genau gleichen Regeln vertreten.<br />
Man nahm an, dass Kinder nicht mit Divergenzen umgehen könnten.<br />
In der heutigen "Multi-Options-Gesellschaft", in der alles gilt und<br />
nichts mehr unmöglich ist, ist uns klar geworden, dass Kinder durchaus<br />
mit Vielfalt umgehen können. Was in A gilt, muss nicht unbedingt<br />
auch in B gelten.<br />
154
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
So ist es gut, dass der Vater anders ist bzw. sich anders verhält. Auch<br />
wenn die Mutter große Mühe damit hat. Haltungs-Differenzen müssen<br />
Eltern auf der Erwachsenenebene miteinander klären und aushandeln.<br />
Besonders herausfordernd wird diese Aufgabe, wenn Eltern in<br />
Trennung oder Scheidung leben und sich nicht mehr konstruktiv verständigen<br />
können. Dann gilt es ganz besonders, darauf zu achten, dass<br />
über den jeweils anderen Elternteil nicht abwertend gesprochen wird.<br />
Abwertungen des anderen Elternteils, Aussagen wie etwa "Werde nur<br />
ja nicht wie dein Vater " sind äusserst gefährlich und für ein Kind sehr<br />
verunsichernd. Und für den Sohn bedeutet dies: Du bist nicht wie die<br />
Mutter (was biologisch evident ist) und sollst auch nicht werden "wie<br />
der Vater". Ja, dann bleibt ihm nur noch das grosse Vakuum.<br />
Väter sind herausgefordert, in Anerkennung ihrer persönlichen<br />
Grenzen, ihren Partnerinnen gegenüber Verhandlungsbereitschaft zu<br />
zeigen und eine solche auch von ihrer Seite her einzufordern. Ein<br />
Vater soll auch seine Bedürfnisse artikulieren, exklusive Vater-Kind-<br />
<strong>Zeit</strong>en einfordern und diese auch einlösen. Seitens seiner Partnerin<br />
darf er erwarten, dass sie seinen Vater-Stil respektiert und zulässt,<br />
auch wenn dieser von ihrem eigenen "Für-gut-Befinden" abweicht.<br />
Wenn Väter sich aktiv und zeitlich relevant in der Haus- und Familienarbeit<br />
einbringen, dann dürfen sie auch erwarten bzw. voraussetzen,<br />
dass die Partnerin "Platz freimacht" und eigene Ansprüche um<br />
Einfluss und Perfektion (Machtanspruch) kritisch hinterfragt.<br />
Wer kennt nicht die heimtückischen Situationen in der Paarkommunikation,<br />
wenn manchmal ganz ungewollt doppelte Botschaften<br />
ausgesendet werden: "Bitte hilf mir endlich! Du tust ja nie!".<br />
Kurz danach: "Ach lass mich mal ran, das kannst Du nicht. "In solchen<br />
Situationen wird deutlich, dass Überforderung und Klage längst nicht<br />
automatisch die Bereitschaft beinhaltet, Verantwortung abzugeben<br />
und "den Platz zu räumen, wenn Vater-<strong>Zeit</strong> angesagt ist". Fürsorglichkeit<br />
und Kontrolle können nahe beieinander liegen.<br />
Sich solchen erhellenden Diskussionen zu stellen, ist unbequem und<br />
verlangt von beiden Beteiligten Mut und Ausdauer. Es ist jedoch eine<br />
notwendige Voraussetzung für ein langfristiges Gleichgewicht in der<br />
Beziehung.<br />
155
Wie kann Vater-<strong>Zeit</strong> konkret Wie kann aussehen Vater-<strong>Zeit</strong> konkret aussehen<br />
Vater-Kind-Ferien:<br />
Ein Vater gibt sich die Chance, jährlich eine VaKi- Ferienwoche nur<br />
mit seinen Kindern zusammen zu verbringen. (Vielleicht gar zusammen<br />
mit anderen Vätern und deren Kindern). Natürlich soll ein solches<br />
Unterfangen dem Lebensalter der Kinder angepasst sein:<br />
Als Vater von Kleinkindern bleibt er <strong>zum</strong> Beispiel zu Hause und<br />
ermöglicht seiner Partnerin eine Woche Ferien oder Besuch auswärts.<br />
Als Vater von Vorschulkindern geht er vielleicht an einen nahe gelegenen<br />
See <strong>zum</strong> Zelten.<br />
Als Vater von Schulkindern ist es dann mitunter eine Velotour oder<br />
eine Wanderung von Hütte zu Hütte, etc.<br />
Väter schaffen sich damit die Chance, eine eigenständige und vom<br />
eigenen Vater-Stil geprägte Beziehung zu den Kindern aufzubauen,<br />
und sie ermöglichen damit ihren Kindern unvergessliche gemeinsame<br />
Erlebnisse.<br />
Vater-Tag:<br />
Der Vater deklariert einen Tag der Woche/des Monats als Vatertag<br />
und besteht <strong>zum</strong> Beispiel auch gegenüber der Partnerin darauf, dass<br />
an diesem Tag die Regeln des Vaters (bzw. die Vater-Kind-Vereinbarungen)<br />
gelten. Natürlich werden diese Regeln nicht absichtlich als<br />
gegenläufige aufgestellt; aber es ist eben wichtig, dass im Vater-Kind-<br />
Arrangement andere Prioritäten gesetzt werden dürfen (und z.B. die<br />
Bastelarbeit wichtiger sein darf als die geputzten Schuhe).<br />
Vater-Food:<br />
Der Vater übernimmt für gewisse Mahlzeiten in der Woche die<br />
Verantwortung - und damit auch das Recht, selbst bzw. mit den<br />
Kindern zusammen zu entscheiden, ob's heute eine Fertigpizza oder<br />
ein variantenreiches Spaghetti-Buffet sein soll.<br />
Vater-Regeln:<br />
Als Vater gilt es zu beachten, dass die Vaterzeit mit den Kindern "alltagstauglich"<br />
sein sollte und nicht auf einen Ausnahmezustand reduziert<br />
bleibt. So gilt es, mit den Kindern klare Regeln der Gesprächsund<br />
Konfliktkultur und des gegenseitigen Respekts zu vereinbaren.<br />
156
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
4.4 Elternschaft in radikal veränderter Gesellschaftssituation<br />
Haben das Modell Ehe und die Lebensform als Kleinfamilie ausgedient<br />
Die sehr hohe Zahl an Scheidungen ließe vermuten, dass<br />
Paare nicht mehr konfliktwillig oder konfliktfähig seien, dass Paare<br />
eine sinkende Belastbarkeit und Stressresistenz zeigen. Zudem könnte<br />
man schlussfolgern, dass die hohe Zahl an Fällen von Jugendgewalt<br />
darauf zurückzuführen sei, dass Eltern nicht mehr in der Lage<br />
seien, Grenzen zu setzen bzw. nicht mehr zu erziehen wüssten.<br />
Wir unterliegen dabei der gesellschaftlich weit verbreiteten Tendenz,<br />
kollektive Problematiken zu individualisieren. Dabei übersehen wir,<br />
dass es eine glatte Überforderung wäre, von der Kleinfamilie zu<br />
erwarten, sie könne die massiven Veränderungen in unserer Gesellschaft<br />
kompensieren und auffangen. Viele der heute drängenden<br />
gesellschaftlichen Problematiken haben auch gesellschaftliche<br />
Ursachen bzw. verlangen eine systembezogene bzw. vernetzte<br />
Betrachtungsweise.<br />
"Ein Kind braucht ein ganzes Dorf." Diese afrikanische Weisheit bringt<br />
<strong>zum</strong> Ausdruck, dass gemeinsame und gesellschaftlich abgestützte<br />
Bemühungen nötig sind und dass nach neuen Netzwerken des<br />
Zusammenlebens gesucht werden muss. Dabei wird die konkret vorgelebte<br />
Rolle nach wie vor eine wichtige und unersetzliche Bedeutung<br />
für das Aufwachsen der Kinder haben. Diese Kraft des lebenden<br />
Vorbilds (vgl. dazu auch die Hinweise in Kapitel 3.6 zur Wirkungsweise<br />
der Spiegelneuronen) lässt sich nicht einfach durch professionalisierte<br />
Strukturen ersetzen.<br />
Eltern müssen in der medialisierten Welt ganz neue Aufgaben erbringen:<br />
Selektieren und bewerten von Informationen, Eindrücke verarbeiten<br />
helfen, individuelle Werte-Konstruktionen aufbauen helfen, Widersprüche<br />
aushalten können, Risiken voraussehen und absichern.<br />
Eltern stehen in hohen beruflichen Anforderungen und müssen gleichzeitig<br />
komplexe Beziehungs- und Kommunikations-Anforderungen<br />
meistern. Dabei sind die Rückzugs- und Spielräume der Eltern nicht<br />
größer geworden. Dies kann beträchtlichen Beziehungs- und<br />
Erziehungs-Stress erzeugen.<br />
Wir neigen in Konfliktsituationen leicht zu einer statischen Sichtweise:<br />
"Du bist unwillig, inkonsequent, zu faul, schlecht" oder "Männer sind<br />
halt so, Frauen sind eben anders." Wenn es uns gelingt, zu einer<br />
157
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
dynamischen Sichtweise zu wechseln, dann können wir einfachen<br />
Schuldzuweisungsmustern ausweichen: "Wir stehen gemeinsam in<br />
einer stark veränderten und wenig kinderfreundlichen Gesellschaftssituation.<br />
Wir sind gemeinsam bemüht, unseren Kindern bestmögliche<br />
Startbedingungen zu schaffen. Wir können an dieser Herkules-<br />
Aufgabe manchmal auch scheitern."<br />
Weiterführend könnte es sein, wenn Eltern sich als "Komplizen" für<br />
das Kindeswohl verstehen, etwa nach dem Motto. "Wir versuchen, in<br />
schwierigen gesellschaftlichen Bedingungen das Beste für unsere<br />
Kinder zu machen und Spielräume so gut wie möglich zu nutzen."<br />
Dabei sollen auch die Grenzen der Machbarkeit respektiert und das<br />
eigene Gleichgewicht beachtet werden dürfen.<br />
Konkrete Schritte als Vater<br />
Konkrete Schritte als Vater<br />
Am Arbeitsplatz kann ich subtil die Bedürfnisse als Vater anmelden<br />
("steter Tropfen höhlt den Stein"), Verhandlungsbereitschaft zeigen<br />
und einfordern, flexible Arbeitszeiten prüfen und über Möglichkeiten<br />
der Teilzeitarbeit verhandeln.<br />
In der Partnerschaft sorge ich <strong>zum</strong>indest dafür, den Wunsch nach<br />
Rollenteilung wach zu halten ("Kommt <strong>Zeit</strong> kommt Rat"), wenn sich ein<br />
Jobsharing derzeit nicht realisieren lässt. Mit den Kindern suche ich<br />
bewusst "mutterfreie" <strong>Zeit</strong>en zu pflegen, und bezüglich der Partnerschaft<br />
gilt es, regelmäßig für "kinderfreie" Paarzeiten zu sorgen.<br />
Im Austausch mit anderen Vätern kann ich Unterstützung auf meine<br />
konkreten Anliegen und Fragen finden und gemeinsam können wir<br />
mithelfen, den Väteranliegen auch im gesellschaftlichen und politischen<br />
Leben eine Stimme zu geben.<br />
4.5 Egalitäre Rollenteilung ein Zukunftsmodell 4.5 Egalitäre Rollenteilung ein Zukunftsmodell<br />
1994 befragte die Schweizer Soziologin Margret Bürgisser 28 Paare mit<br />
egalitärer Rollenteilung über deren Arbeitsteilung, deren berufliches<br />
Engagement und deren Verständnis von Elternschaft. Zehn Jahre später<br />
befragte sie dieselben Familien und bezog nun auch die Kinder in<br />
die Befragung mit ein. Die Folgestudie im Rahmen des Nationalfondsprojekts<br />
52 "Kinder, Jugend und Generationenbeziehungen"<br />
untersuchte, wie sich das Modell egalitärer Rollenteilung im <strong>Zeit</strong>verlauf<br />
bewährt bzw. verändert hat. Es zeigte sich, "dass die Paarkonstel-<br />
159
lationen insgesamt sehr stabil sind, gleichwohl aber individuelle und<br />
paarspezifische Entwicklungschancen bieten, als eine Kette von wechselseitig<br />
gut aufeinander abgestimmten Veränderungen. Durch parallel<br />
verlaufende Entwicklungen wird die Machtbalance erhalten und die<br />
Beziehungsstabilität gestärkt. Entwicklungsverläufe, die einen Partner<br />
einseitig begünstigen, erweisen sich jedoch als konfliktträchtig. Die<br />
große Mehrheit der Befragten ist mit der bisher praktizierten Rollenteilung<br />
zufrieden und will sie in Zukunft beibehalten." So bilanziert die<br />
Autorin: "Die egalitäre Rollenteilung ist langfristig entwicklungsfähig und<br />
für Eltern wie Kinder mit viel Lebens- und Beziehungsqualität verbunden".<br />
(Bürgisser, Margret, Egalitäre Rollenteilung, Zürich/Chur, 2006)<br />
Bemerkenswert ist, dass in dieser Studie auch die Sicht der Kinder<br />
detailliert erfasst werden konnte (Genaueres dazu in: Bürgisser,<br />
Margret / Baumgarten, Diana: Kinder in unterschiedlichen Familienformen.<br />
Wie lebt es sich im egalitären, wie im traditionellen Modell<br />
Chur/Zürich 2006). Kinder aus Familien mit egalitärer Rollenteilung -<br />
so die zusammenfassende Feststellung -<br />
schätzen den gemeinsamen Alltag mit dem Vater. Er ist für seine<br />
Kinder ein verständnisvoller Gesprächspartner, was nicht zuletzt<br />
der Quantität der "Vaterzeit" zuzuschreiben ist.<br />
nehmen die Persönlichkeit ihrer Eltern vielfältiger und facettenreicher<br />
wahr und<br />
scheinen sehr von der engen Beziehung <strong>zum</strong> Vater zu profitieren,<br />
was besonders im weniger geschlechts- bzw. rollentypischen<br />
Denken und Handeln der Mädchen bzw. Frauen <strong>zum</strong> Ausdruck<br />
kommt.<br />
Dagegen erlebten die Kinder traditioneller Familien, dass die<br />
Beziehung zur Mutter viel enger geknüpft sei als jene <strong>zum</strong> Vater.<br />
Manche Kinder aus traditionellen Lebensformen vermissen ihre Väter<br />
im Alltag und wünschen sich "weniger Mutter".<br />
So zieht die Autorin aus der Elternstudie folgende Schlussfolgerungen<br />
bezüglich des egalitär partnerschaftlichen Rollenteilungsmodells:<br />
Es zeichnet sich durch annähernd gleich verteilte "Familienzeit"<br />
beider Partner aus und es ermöglicht ein gleichwertiges<br />
Engagement des Vaters in der Kinderbetreuung.<br />
160
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Es bewährt sich in der Langzeitperspektive als ein erfolgreiches<br />
Modell familiärer Organisation.<br />
Es ermöglicht stabilere Paarbeziehungen (auffallend wenig<br />
Trennungen/Scheidungen) und konstantere Berufsbiographien,<br />
was einer hohen Verhandlungs-, Konflikt- und Kompromissbereitschaft<br />
der Partner sowie einem generellen Streben nach Konstanz<br />
zuzuschreiben sei.<br />
Es ermöglicht parallel verlaufende Statusveränderungen und trägt<br />
damit zu einer hohen Beziehungsstabilität und -zufriedenheit bei.<br />
Selbst der vergleichsweise hohe Organisationsaufwand und<br />
Austauschbedarf wirke sich auf die Beziehung stabilisierend aus.<br />
Es ermöglicht beiden Partnern einen guten Ressourcenausgleich<br />
zwischen Erwerbs- und Familienarbeit und trägt somit zur psychosozialen<br />
Gesundheit von Eltern und Kindern bei.<br />
Beide Partner zeichnen sich durch hohe berufliche Motivation und<br />
Leistungsbereitschaft aus und können sich im Arbeitsmarkt trotz<br />
Teilzeitarbeit behaupten und entwickeln und in hohem Maße ihre<br />
Sozialkompetenz ins Unternehmen einbringen. Allerdings wird auf<br />
klassische Karrierechancen verzichtet bzw. werden diese zugunsten<br />
der familiären Verfügbarkeit auch gar nicht angestrebt.<br />
Es lässt eine insgesamt geschlechtergerechte Arbeitsteilung zu,<br />
bei weitgehend ausgewogener Verteilung der Verantwortlichkeiten.<br />
Individuelle bzw. ressourcenbezogene "Spezialitäten" sind möglich<br />
und einzelne Tätigkeiten können durchaus auch in "traditioneller"<br />
Weise aufgeteilt werden.<br />
Es verlangt eine vergleichsweise hohe Toleranz und Konfliktbereitschaft,<br />
da z.B. unterschiedliche Standards in der Ausführung<br />
von Hausarbeiten etc. ein gewisses Konfliktpotential bergen.<br />
Es verlangt wirtschaftlich und bildungsmäßig spezifische Voraussetzungen<br />
und eignet sich deshalb vor allem für gut (ähnlich gut)<br />
qualifizierte Personen mit geringen Lohnunterschieden.<br />
"Da überlieferte Vorstellungen von <strong>Vatersein</strong> wie Alleinverdiener, starke<br />
Festung, strafende Hand für mich sehr fraglich sind, fühle ich mich<br />
in meinem <strong>Vatersein</strong> manchmal auch unsicher. Wer bin ich Eine<br />
161
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
väterliche Mutter als Teilzeiterwerbstätiger oder ein mütterlicher Vater<br />
als Teilzeithausmann Wenn ich von den Kindern als "Mapa" oder<br />
"Pama" angesprochen werde, scheint mir dies Ausdruck des möglicherweise<br />
unsicheren Status meines <strong>Vatersein</strong>s zu sein. Tröstlich ist<br />
hier, dass auch meine Partnerin so angesprochen wird. Vielleicht ist<br />
diese Ambivalenz aber auch gut, da sie für mich als Vater und für<br />
meine Partnerin als Mutter vielfältigere Handlungsmuster erlaubt, als<br />
wenn immer klar wäre, was <strong>Vatersein</strong> oder Mutter sein bedeutet."<br />
(Tbe / Zitat aus dem Mailwechsel)<br />
4.6 Eine väterfreundliche Politik und Wirtschaft 4.6 Eine väterfreundliche Politik und Wirtschaft<br />
Vision: Die Bedeutung der Elternrolle für das Gedeihen der Kinder<br />
wird neu erkannt. Mütter und Väter werden durch die gesellschaftlichen<br />
Rahmenbedingungen in ihrer Rolle gestützt und sie erfahren<br />
dadurch gesellschaftliche Wertschätzung. Es wird sichergestellt, dass<br />
Mütter und Väter während rund 15 bis 20 Jahren (der intensivsten<br />
Phase im "Projekt Familie") sich in der Kinderbetreuung abwechseln<br />
können und dass beide einer beruflichen Teilzeitbeschäftigung nachgehen<br />
können. Zur Optimierung entsprechender Schnittstellen stehen<br />
strukturelle Unterstützungsmaßnahmen bereit (familienexterne<br />
Betreuungsangebote, Tagesschulen, Transportdienste, Elternbildungsangebote,<br />
Kommunikationsplattformen für Eltern).<br />
Das gemeinsame Engagement am "Projekt Familie" wird gleichermaßen<br />
als beruflicher Leistungsausweis gewertet, wie dies etwa bei<br />
besonderen Projekten, Zusatzengagements und Weiterbildungen der<br />
Fall ist. Eine Gleichstellung von Teilzeitarbeitenden (Lohnpolitik,<br />
Karrierechancen, Sozialversicherungs- und Steuerpolitik etc.) ist vollumfänglich<br />
realisiert.<br />
Eine so ausgestaltete Gesellschaft setzt auf die Erkenntnis, dass die<br />
Polarität der Geschlechter in gegenseitiger Wertschätzung in allen<br />
Lebensbereichen befruchtend <strong>zum</strong> Ausdruck kommen kann. Das<br />
Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Eine so verstandene<br />
Polarität erfordert die permanente Suche nach Ausgleich, nach<br />
Balance - im Wissen darum, dass Gleichgewicht nicht statisch ist und<br />
nie eine absolute Balance zu erreichen ist. Sich einschwingen nahe<br />
dem Ausgleichspunkt, vor- und nachgeben, sich einlassen und sich<br />
zurücknehmen, sich identifizieren und sich abgrenzen, einfühlsam<br />
mitgehen und nüchtern beobachten, Emotionen zeigen und Vernunft<br />
walten lassen - in diesem Spannungsbogen spielt sich Leben ab.<br />
163
Deshalb ist es wichtig und bereichernd, dass Frauen auch in der<br />
Politik in Erscheinung treten, dass Frauen vermehrt Führungsfunktionen<br />
bekleiden. Und es ist wichtig, dass Männer sich vermehrt<br />
in der Haus- und Familienarbeit sowie in erzieherischen Berufen einbringen.<br />
Eine derartige Rollenflexibilität erzeugt jedoch erst dann<br />
einen Zugewinn und etwas wirklich Neues, wenn es in gemeinsamer<br />
Bemühung gelingt, das menschliche Miteinander gerechter, friedlicher<br />
und rücksichtsvoller auszugestalten (und nicht einfach etablierte<br />
Machtpositionen neu zu besetzen), wenn es gelingt, die geschlechtsspezifischen<br />
Sensibilitäten und Qualitäten im neuen Kontext <strong>zum</strong><br />
Tragen zu bringen.<br />
Auf Männerseite heißt dies zunächst: Männer übernehmen<br />
Verantwortung für ihre eigene Gesundheit und ihr Wohlbefinden - im<br />
Wissen darum, dass nur ausgeglichene balancierte und sich anpassende<br />
Organismen in der Natur langfristige Überlebenschancen<br />
haben. Sie setzen nicht mehr länger auf einseitige Konzepte wie etwa<br />
der deutsche Ex-Wirtschaftsminister Martin Bangemann, der einmal<br />
freimütig bekannte, "die richtige Frau im Haus erspart den Herzschrittmacher",<br />
sowie die im Wirtschaftsleben weit verbreitete Annahme, ein<br />
Herzinfarkt sei Ausdruck überdurchschnittlicher Leistungsbereitschaft<br />
und damit eigentlich "Ehrensache". Eine neue Einstellung dem Leben<br />
gegenüber tritt etwa dann zutage, wenn Männer sich nicht mehr länger<br />
instrumentalisieren lassen für gesundheitsschädigende Selbstausbeutung<br />
im Leistungssport, für einseitige berufliche Karrieren.<br />
Oder wenn Männer sich nicht mehr auf Aggression und Gewalt und<br />
letztlich für Kriegsdienste trimmen lassen.<br />
Männlichkeit<br />
Männlichkeit<br />
Die Debatte um "neue Väter" bzw. um die Frage, ob nun der "familienengagierte<br />
Softie" oder doch lieber der "echte Mann" zu wünschen<br />
sei, ist müßig bzw. kontraproduktiv. In diesbezüglichen Äußerungen,<br />
auch von Frauenseite, kommt <strong>zum</strong> Ausdruck, dass die "alte"<br />
Geschlechterordnung noch nicht wirklich überwunden ist. Eine neue<br />
Väterlichkeit, die nur deshalb zustande kommt, weil sie von den<br />
Partnerinnen gefordert wird, hat keine Tragkraft. Und eine neue Väterlichkeit,<br />
die von Rückzugsverhalten, ängstlicher "Bescheidenheit" und<br />
Anpassung geprägt ist, hat keine prägende Kraft. Da jedoch, wo<br />
Männer die althergebrachten und (auch von Frauen repetierten)<br />
Mythen der Männlichkeit gründlich hinterfragen und selbstbewusst<br />
und mutig aufbrechen, dort geschieht etwas Neues.<br />
164
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Männer also, die um ihrer selbst willen sich für eine gesellschaftliche<br />
Mitgestaltungsmöglichkeit, im Kleinen wie im Großen, einsetzen, um<br />
eine vielfältigere Lebenskonzeption kämpfen, sich lebensfeindlichen<br />
"Sachzwängen" von Gesellschaft und Wirtschaft widersetzen und ihre<br />
Liebesfähigkeit auch im konkreten Alltag "ins Spiel bringen", prägen<br />
eine "neue Väterlichkeit".<br />
Professionalität<br />
Professionalität<br />
Eine auf Optimierung und Perfektionierung getrimmte Gesellschaft entwickelt<br />
früher oder später auch die Idee, dass die Lebensbegleitung von<br />
Kindern "sinnvollerweise" professionalisiert werden müsste. Einerseits<br />
weil dies qualitative Normen erfülle, optimal nachvollziehbar und steuerbar<br />
sei, anderseits weil dies auch rationeller sei. Mit dem Professionalitätsdenken<br />
ist es so eine Sache: Es folgt dem Linearitätsprinzip<br />
und sucht die Perfektionierung. Gewisse Lebensäußerungen entziehen<br />
sich jedoch erfolgreich den linearen und auf Standardisierung ausgerichteten<br />
Tendenzen: Je mehr wir etwas "in den Griff" zu bekommen<br />
trachten, umso mehr entwickeln sich "Ausnahmen", neue und zuvor<br />
noch nicht bekannte Krankheiten, Verhaltensauffälligkeiten etc. Die<br />
neurobiologischen Überlegungen (Kapitel 2.2) zeigen eindrücklich,<br />
dass wir uns wohl oder übel mit der Nichtnormierbarkeit des Lebens<br />
abfinden müssen. Und da bietet sich die persönliche, individuelle und<br />
liebevolle Hinwendung <strong>zum</strong> Einzelnen an, die authentische und greifbare<br />
Beziehung, das Geheimnis des Lebens. An dieser Stelle ist und bleibt<br />
elterliche Präsenz unersetzbar. Und an dieser Stelle erhalten wir uns als<br />
Eltern eine einzigartige Lebenskompetenz, die nicht "verstaatlicht" werden<br />
sollte. So gesehen ist es zwar begrüssenswert, dass familienexterne<br />
Betreuungsangebote geschaffen werden; diese sollten jedoch erst in<br />
zweiter Linie und ergänzend zur gleichberechtigten Beteiligung der<br />
Väter an der Haus- und Familienarbeit <strong>zum</strong> Tragen kommen.<br />
Väterfreundlichkeit in Politik und Wirtschaft<br />
Väterfreundlichkeit in Politik und Wirtschaft<br />
Väter haben ein spezifisches Vereinbarkeitsproblem im Spannungsfeld<br />
zwischen Beruf, Familie, Partnerschaft, Bildungs- und Karrierepflichten,<br />
Existenz-, Leistungs- und Erfolgsdruck, sozialer Prägung,<br />
Umfelderwartungen etc. Den meisten Vätern geht die nötige <strong>Zeit</strong> für<br />
Rollen- und Selbstreflexion im "Hamsterrad des Alltags" verloren.<br />
Deshalb muss die gesellschaftliche Bedeutung der Vaterrolle vermehrt<br />
und öffentlich thematisiert werden.<br />
165
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
In der Unternehmenswelt und im Kontext der Erwerbsarbeit muss<br />
der Reflexion und dem Erfahrungsaustausch unter Vätern Raum<br />
gegeben werden.<br />
Die Schweiz kennt viele und traditionell auf Mütter fokussierte<br />
Gefäße der Unterstützung in Familien- und Erziehungsfragen.<br />
Diese Angebote müssen unbedingt um väterspezifische<br />
Dimensionen erweitert und in Form und Fragestellung auf die<br />
Bedürfnisse von Vätern zugeschnitten werden.<br />
Aus gleichstellungspolitischer Sicht ist mittels arbeitsvertraglicher<br />
Regelungen den Vätern zu ermöglichen, dass sie im Feld der<br />
Haus- und Familienarbeit ihre Sozial- und Managementkompetenzen<br />
ausbauen können, ohne deswegen Karriere- oder Imageeinbußen<br />
in Kauf nehmen zu müssen. (Etwa durch Anrechnung der<br />
Erfahrungsjahre in Haus- und Familienarbeit bei Frau und Mann.)<br />
Solches setzt insbesondere voraus, dass ein großes Angebot an<br />
Teilzeitstellen (auch auf Kaderstufe) geschaffen wird. Dazu ist die<br />
sozialversicherungsrechtliche Gleichstellung von Teilzeit- und<br />
Vollzeit-Erwerbsarbeit sowie die Lohngerechtigkeit zwischen den<br />
Geschlechtern unabdingbar.<br />
Die gesellschaftliche Anerkennung der Haus- und Familienarbeit<br />
muss dem Stellenwert der Erwerbsarbeit angeglichen werden. Dies<br />
kann z.B. durch Steuer- oder Vorsorgegutschriften (zweite Säule)<br />
für geleistete Familienarbeit <strong>zum</strong> Ausdruck kommen.<br />
Nach der Mutterschaftsregelung ist nun in substantiellem Umfang<br />
ein Vaterschaftsurlaub (oder noch wirksamer ein Elternzeit-Modell<br />
nach skandinavischem Vorbild mit eingebundenem Vaterschaftsurlaub)<br />
zu regeln.<br />
Familienergänzende Kinderbetreungsangebote und Anpassungen<br />
im Schulsystem sind geeignet, Familien mit partnerschaftlicher<br />
Rollenteilung im Schnittstellenbereich zu unterstützen.<br />
Wenn das Paradigma des Alleinernährers erst einmal aufgebrochen<br />
ist, dann bleibt schließlich noch der Anpassungsbedarf im<br />
Hinblick auf eine geschlechtergerechte Rechtssprechung. Die<br />
gemeinsame elterliche Verantwortung ist als Rechtsgrundsatz zu<br />
verankern. Vätern muss es auch nach einer Trennung oder<br />
167
Scheidung möglich sein, ihre Vaterrolle in physischer Präsenz zu<br />
leben und ihre Vaterverantwortung direkt wahrzunehmen.<br />
4.7 <strong>Vatersein</strong> unter erschwerten 4.7 <strong>Vatersein</strong> Bedingungen<br />
unter erschwerten Bedingungen<br />
Väter sind für ihre Kinder "da", indem sie "weg" sind.<br />
Diese saloppe Aussage trifft leider oftmals den Nagel auf den Kopf. In<br />
der deutlich verschärften Situation auf dem Arbeitsmarkt trauen sich<br />
viele Männer/Väter nicht mehr, ihre persönlichen bzw. familiären<br />
Bedürfnisse anzubringen. Die Erfordernisse des Betriebes genießen<br />
oberste Priorität, und ein zeitraubender Arbeitsweg frisst dann noch<br />
die restliche Reserve auf. Zwei Drittel der heutigen Väter geben an,<br />
sie würden gerne mehr <strong>Zeit</strong> für Ihre Kinder aufwenden, wenn dies ihr<br />
Beruf nur zuließe.<br />
Selbst wenn diese Aussage in manchen Fällen auch eine<br />
Schutzbehauptung sein mag: Unsere Kontakte und Beratungsgespräche<br />
im Rahmen der Väterarbeit zeigen deutlich, dass viele<br />
Väter an der ihnen aufgezwungenen Familienferne leiden. Ganz<br />
schmerzlich spürbar wird es bei manchem Vater erst dann, wenn er<br />
vor der Scheidung steht: Plötzlich wird deutlich, dass all seine beruflichen<br />
Ambitionen, alle Überstunden und Weiterbildungen, die er vermeintlich<br />
der Familie zuliebe auf sich nahm, nicht mehr gefragt sind.<br />
Und er realisiert in diesem Moment, dass ihn diese gut gemeinte<br />
Einseitigkeit völlig von der Dynamik seiner Familie entfremdet hat.<br />
Spätestens jetzt wird deutlich, dass die einseitige Fixierung auf das<br />
berufliche Fortkommen nicht trägt und das "Beziehungsgeflecht<br />
Familie" ein unersetzliches Netzwerk darstellt.<br />
168
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
<strong>Vatersein</strong> nach Trennung oder Scheidung<br />
<strong>Vatersein</strong> nach Trennung oder Scheidung<br />
Folgt man dem entwicklungspsychologischen Denkmodell der "Triangulation"<br />
(vgl. Kap.2.3,), so muss im Falle einer Trennung oder<br />
Scheidung meist noch ein zusätzlicher und höchst anspruchsvoller<br />
Schritt erfolgen. Denn mit neuen Folgebeziehungen der Eltern kommen<br />
neue Bezugspersonen ins Spiel: Der neue Partner der Mutter<br />
nimmt eine "soziale Vaterrolle" ein, oder die neue Partnerin des Vaters<br />
übernimmt eine "soziale Mutterrolle", wenn der Lebensmittelpunkt der<br />
Kinder bei diesem Elternteil ist.<br />
Nun müssen gar vier unterschiedliche Pole sich im Gespräch abstimmen<br />
und über Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten und Kompetenzen<br />
gegenüber den Kindern sich einigen. Man ist versucht, dabei von der<br />
"Quadratur des Kreises" zu sprechen. Eine sehr anspruchsvolle Aufgabe,<br />
umso mehr, als Beziehungen ja häufig gerade deshalb scheitern,<br />
weil man nicht mehr miteinander reden kann. Kommt dazu, dass bei<br />
nicht einvernehmlichen Trennungen mitunter ungewollte Gründe vorliegen,<br />
die zur Trennung führten und dass diesbezüglich noch Frustration,<br />
Bitterkeit oder Rivalitätsgefühle gegenüber dem neuen Partner/der<br />
neuen Partnerin bestehen. Verständliche Gefühle, die den hohen<br />
Kommunikationsbedarf in dieser Phase auch nicht gerade erleichtern.<br />
Fest steht: Kinder haben ein Grundbedürfnis nach verlässlichen und<br />
tragenden Beziehungen und nach Menschen, mit denen sie sich auseinandersetzen<br />
können. Kinder brauchen keine fehlerfreien oder perfekten<br />
Vorbilder, wohl aber greifbare und spürbare Wegbegleiter und<br />
Menschen, die ihnen Vertrauen entgegenbringen. Und Kinder sind<br />
sehr wohl in der Lage, zwischen verschiedenen Lebenszusammenhängen<br />
zu unterscheiden, Regeln im Hause B gleichwertig stehen zu<br />
lassen neben den Regeln im Hause A.<br />
Wenn es auf der Erwachsenenebene gelingt, eine möglichst detaillierte<br />
Absprache bezüglich Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten und<br />
Aufgaben gegenüber den Kindern zu treffen, dann können sich die meisten<br />
Kinder gut darauf einstellen bzw. damit arrangieren. Und wenn im<br />
Zuge eines solchen Prozesses gar in gegenseitigem Respekt eine einvernehmliche<br />
Lösung kreiert werden kann, dann stellt dies für die<br />
Kinder einen Gewinn dar: Nebst der biologischen Vater-/Mutterschaft<br />
kommt dann noch eine soziale Vater-/Mutterschaft hinzu.<br />
169
Es liegt eigentlich im klaren Interesse aller Beteiligten, diesen Quadrierungsprozess<br />
konstruktiv zu gestalten. Denn aus Kampfscheidungen<br />
resultiert für niemanden ein Gewinn. Und wenn die gesundheitlichen,<br />
sozialen und entwicklungspsychologischen Folgen mit eingerechnet<br />
werden, dann müsste ja auch aus gesellschaftlicher Sicht alles daran gesetzt<br />
werden, dass Trennungen konstruktiv verlaufen. Partnerschaften<br />
können getrennt werden, die gemeinsame biologische Elternschaft hingegen<br />
kann nicht aufgelöst werden. Aus dieser Erkenntnis folgt selbstverständlich,<br />
dass die gemeinsame elterliche Verantwortung gesetzlich<br />
verankert werden müsste. Und auf der Basis der gemeinsamen elterlichen<br />
Verantwortung (gemeinsame elterliche Sorge) sollte jede erdenkliche<br />
Unterstützung bereitgestellt werden für die konstruktive Bewältigung<br />
von Trennungen (Trennungsberatung, Mediation, Rollencoaching,<br />
Elternbildung etc.).<br />
Bekanntermaßen ist das derzeitige Scheidungsrecht bzw. die derzeitige<br />
Scheidungspraxis noch stark geprägt von Denkkategorien des<br />
"Rechthabens". Da werden dann Fakten und Vermutungen, Historisches<br />
und Aktuelles etc. bunt gemischt und letztlich auf Fragen der "Schuld"<br />
bzw. des "Anrechts / Rechthabens" hin zugespitzt. Solche Verläufe<br />
folgen dem Win-Loose-Prinzip; oft sind es dann die Väter, die auf die<br />
Zahlvaterfunktion hin reduziert werden und noch ein marginales<br />
Besuchsrecht zugesprochen erhalten. Wer sich in dieser Form als<br />
"Unterlegener" disqualifiziert fühlt, muss doppelte Anstrengungen<br />
erbringen, um seine Väterlichkeit ausfüllen und spüren zu können.<br />
Der "Rückzug der Väter" nach Trennungen und Scheidungen ist nicht<br />
einfach mit Desinteresse oder Verantwortungslosigkeit zu begründen.<br />
Dieser Rückzug ist zu einem schönen Teil "systembedingt". Wer sich<br />
an den Rand gedrängt fühlt, hat es viel schwerer, eine positive Identifikation<br />
aufzubauen. Deshalb und im Blick auf das Wohl und Interesse<br />
der Kinder muss alles unternommen werden, dass "Quadrierungsprozesse"<br />
nach Möglichkeit dem "Win-win-Prinzip" folgen. Das Wohl<br />
des Kindes muss im Mittelpunkt der Bemühungen stehen und die<br />
Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten und Aufgaben im Hinblick auf<br />
die weiter bestehende Elternschaft sind möglichst umfassend und<br />
detailliert zu klären. Und da diese Klärung als laufender Prozess zu<br />
verstehen ist, ist es auch unumgänglich, solche Regelungen in regelmäßigen<br />
Abständen und in Absprache mit allen Beteiligten zu überprüfen.<br />
Da könnte eine neue und äußerst hilfreiche Form der<br />
Elternberatung etabliert werden.<br />
170
5 Die Rolle der Väter 5 Die zur Rolle Sprache der Väter bringen zur Sprache bringen<br />
5.1 Grenzen der Väterlichkeit 5.1 Grenzen der Väterlichkeit<br />
Liebe<br />
Liebe<br />
Es mag aufgefallen sein, dass erstaunlich selten von der Liebe die<br />
Rede war. Weder die Liebe der Eltern zueinander, die in den meisten<br />
Fällen die Basis bildet für das keimende neue Leben des Kindes,<br />
noch die Liebe der Eltern zu ihren Kindern wurde angesprochen.<br />
Reicht es nicht einfach aus, seine Kinder zu lieben, ohne all die komplizierten<br />
Erörterungen zur Väterlichkeit Gibt es eine spezifische<br />
Vaterliebe<br />
Liebe ist eine starke und tragende Grundkraft im Leben. Und zweifellos<br />
bringen viele Väter ihren Kindern gegenüber eine sehr große<br />
Liebe <strong>zum</strong> Ausdruck. Nicht selten in indirekter Form, nämlich indem<br />
sie "aus Liebe" beträchtliche Entbehrungen auf sich nehmen. Liebe<br />
findet höchst individuellen Ausdruck, und Väter würden wohl mit ganz<br />
unterschiedlichen Stichworten die Liebe zu ihren Kindern umschreiben.<br />
So wichtig und scheinbar selbstverständlich die Liebe der Eltern<br />
zu ihren Kindern ist, so komplex und verfänglich kann dieses Phänomen<br />
auch sein. Liebe ist schwer zu fassen, und leider kommt es nicht<br />
selten vor, dass unter dem Etikett der "Liebe" Dinge geschehen, die<br />
letztlich von Überforderung, Eigennutz, Egoismus, persönlicher Eitelkeit<br />
etc. geprägt sind und die Integrität der "geliebten Person" in massiver<br />
Weise verletzen können.<br />
Der Begriff "Liebe" ist zuwenig präzise, um für derart wichtige Fragen<br />
unserer Lebensgestaltung hilfreich sein zu können. Diese Aussage<br />
muss das Phänomen "Liebe" als Grundkraft des Lebens überhaupt<br />
nicht in Frage stellen. Wir können die vorliegenden Ausführungen vielmehr<br />
als Versuch verstehen, die Liebe eines Vaters zu seinem Kind<br />
differenziert zu umschreiben. Als Annäherungen an ein hochkomplexes<br />
Gefühlsgeschehen.<br />
Initiation<br />
Initiation<br />
Wenn von Väterlichkeit und Männlichkeit die Rede ist, dann kommen<br />
wir eigentlich nicht darum herum, auch den Begriff der Initiation zu klären.<br />
Die meisten Kulturen kannten spezielle Rituale und Wege, die<br />
heranwachsenden Jungen in die Welt und Verantwortung der Männer<br />
172
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
einzuführen (zu initiieren). Die westlichen und industrialisierten<br />
Kulturen haben dieses Wissen und diese Traditionen praktisch gänzlich<br />
verloren. Ob die derzeit wahrnehmbaren massiven Verunsicherungen<br />
männlicher Jugendlicher in Bezug auf ihre gesellschaftliche<br />
Funktion und ihre Perspektiven mit der fehlenden Initiation zu begründen<br />
sind, bleibe dahingestellt. Derartige Untersuchungen und Überlegungen<br />
müssten in einer anderen Arbeit weitergeführt werden.<br />
Deutlich ist jedoch, dass die initiatorischen Aufgaben nicht nur vom<br />
leiblichen Vater wahrgenommen werden können. Es ist bedeutsam,<br />
dass der Sohn sich dafür ein neues Vorbild, einen erfahrenen Mann<br />
oder Mentor, außerhalb seiner verwandtschaftlichen Bindung sucht.<br />
Es ist durchaus möglich, dass eine solche Beziehung etwa im Kontext<br />
einer glückenden beruflichen Ausbildung entstehen kann. Wenn in<br />
dieser Beziehung auch ein tiefes Vertrauen möglich ist und nebst<br />
beruflichen auch Lebens- und Sinnfragen Platz haben, dann werden<br />
Mentor-Qualitäten wirksam. Auch Sport kann diesbezüglich ein sinnvolles<br />
Umfeld schaffen, sofern er eine einseitige Leistungsorientierung<br />
überwinden kann.<br />
5.2 Impulse für Väterrunden<br />
Konzept<br />
5.2 Impulse für Väterrunden<br />
Konzept<br />
Chancen und Bedeutung der Väterrunden sind in Kapitel 3.4 dargestellt<br />
worden. Eine wirklich offene und nutzbringende Auseinandersetzung<br />
in der Väterrunde bedarf einiger Voraussetzungen, umso<br />
mehr dann, wenn es sich um eine selbst geleitete Runde handelt, die<br />
ohne Moderation durch eine Fachperson auskommt. Das Konzept<br />
Väterrunden beschreibt in geraffter Form die minimale Basis, auf die<br />
sich die Teilnehmenden einer Väterrunde verständigen sollten.<br />
Methodische Impulse<br />
Methodische Impulse<br />
Damit die selbstgeleitete Väterrunde als wirksam erlebt werden kann,<br />
empfiehlt sich die Beachtung einer sich stets wiederholenden<br />
Gesprächsstruktur. Wenn eine entsprechende Grafik in der Mitte der<br />
Väterrunde (auf dem Boden/auf dem Tisch) ausgelegt wird, dann<br />
kann jeder der Teilnehmenden sich vergewissern, in welcher Phase<br />
das Gespräch gerade steht und mitverantwortlich eingreifen, wenn<br />
das Gespräch allzu sehr abdriften oder allzu einseitig dominiert werden<br />
sollte.<br />
173
Väterrunde<br />
Gespräch strukturieren<br />
Einstieg / Impuls<br />
Die Väterrunde funktioniert nach dem<br />
Prinzip der Selbstorganisation und Selbstverantwortung.<br />
Alle bemühen sich um<br />
- Aufmerksamkeit für Gesprächs-Struktur<br />
- Aufmerksamkeit für Gesprächs-Kultur<br />
- Einstiegs-Impulse abwechselnd gestalten<br />
Abschluss / Ergebnis sichern<br />
- Befindlichkeit nach der Väterrunde<br />
- Zufrieden mit Struktur/Verlauf des<br />
Abends<br />
- offene Themen / Ideen / Wünsche<br />
Fragen sammeln + priorisieren<br />
Organisatorisches<br />
Standortbestimmung: was bestimmt die<br />
Befindlichkeit Welche Fragen bzw.<br />
Themenwünsche wurden mitgebracht<br />
- Reihenfolge der Themen festlegen<br />
- <strong>Zeit</strong>raster festlegen<br />
- Gesprächsregeln in Erinnerung rufen<br />
Inhalte bearbeiten<br />
vgl. Kreismodell „erinnern, ermutigen,<br />
ermächtigen, erproben“<br />
Es lassen sich erfahrungsgemäss ca. 2-3<br />
Themen pro Abend bearbeiten.<br />
2-3 mal<br />
174
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Väterrunde<br />
Inhalte bearbeiten<br />
erinnern<br />
Protagonist: stellt seine Fragestellung vor,<br />
beschreibt die Sachlage, erzählt, blickt auf<br />
Erfahrungen zurück<br />
Väterrunde: hört aktiv zu / respektiert die<br />
persönlichen Sichtweisen<br />
erproben<br />
Protagonist: einen konkreten Umsetzungs-<br />
Entschluss formulieren:<br />
in welcher konkreten Situation will ich<br />
mich bei nächster Gelegenheit wie genau<br />
verhalten<br />
Welche Anregungen nehme ich mit<br />
ermutigen<br />
Väterrunde: einfühlend nachfragen, neue<br />
Blickwinkel einbringen, zu verstehen<br />
versuchen, Stärken und Ressourcen<br />
ergründen, positiv feedbacken, ermutigen<br />
Protagonist: wo nötig präzisieren, erklären<br />
/ ansonsten zuhören, sich anregen lassen<br />
ermächtigen<br />
alle: themenbezogene Erfahrungen<br />
austauschen, erprobte Strategien<br />
beschreiben, Handlungsmöglichkeiten und<br />
Szenarien entwerfen<br />
Hinsichtlich textlicher Impulse und Materialien für Väterrunden wird an<br />
dieser Stelle auf das Kapitel 6.2 verwiesen.<br />
175
5.3 Impulse für Schule 5.3 und Impulse Erwachsenenbildung<br />
für Schule und Erwachsenenbildung<br />
Im Rahmen eines Projektes für den Themenkreis Familienwerdung<br />
hat der Autor die im Anhang beigefügten Arbeitsblätter entwickelt.<br />
Ein Faktenblatt zur Bedeutung der Vaterrolle lädt ein zur detaillierten<br />
Auseinandersetzung mit dem entwicklungspsychologisch bedeutsamen<br />
Thema der Triangulation. Diese theoretischen Impulse können<br />
anhand eines Arbeitsblattes unmittelbar ins eigene Lebensfeld übersetzt<br />
werden.<br />
Ein weiteres Faktenblatt erweitert das Thema Rollenmanagement in<br />
Richtung einer Reflexion des eigenen <strong>Zeit</strong>managements. Das dazugehörige<br />
Arbeitsblatt lädt ein zur Auseinandersetzung mit den eigenen<br />
Lebensprioritäten.<br />
Fragen zu einzelnen Aspekten der Thematik sind jeweils im<br />
Faktenblatt thesenartig dargestellt. Pointierte Aussagen fordern heraus<br />
zur Diskussion (<strong>zum</strong> Beispiel in Kleingruppen) und zur<br />
Konfrontation mit eigenen diesbezüglichen Erfahrungen.<br />
176
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
6 Zum Abschluss bzw. <strong>zum</strong> Anfang<br />
6 Zum Abschluss bzw. <strong>zum</strong> Anfang<br />
Wir haben versucht, die besondere Rolle der Väter aus verschiedenen<br />
Perspektiven zu beleuchten. Diese Überlegungen erfolgten vor<br />
dem Hintergrund einer sich rasant und fundamental verändernden<br />
Gesellschaft. Die zunehmend virtualisierte, globalisierte, beschleunigte<br />
und höchstem Konkurrenzdruck ausgesetzte Arbeitswelt hat völlig<br />
neue Rahmenbedingungen geschaffen - und unter anderem den<br />
Kindern das konkret erlebbare Vatervorbild entzogen. Vater-Kind-<br />
Erlebnisse müssen sich heute und bei klassischer Rollenteilung in der<br />
Familie oft auf den Sportevent am Wochenende oder den Besuch im<br />
Freizeitpark konzentrieren. Und eine Familie mit (zwei) Kindern zu<br />
haben, droht in ausgesprochen karrierebewussten Lebensläufen zu<br />
einem weiteren Statussymbol zu verkommen.<br />
Väter geraten in einen kaum auflösbaren Vereinbarkeitsdruck zwischen<br />
Karriere und Kindern. Die Dominanz der arbeitsweltlichen Anforderungen<br />
ist offenbar riesengroß und scheinbar unhinterfragbar. Es drängt<br />
sich sogar die Frage auf, ob es angemessen wäre, von einer "Diktatur<br />
der beruflichen Bedingungen" zu sprechen. Wo liegen die Grenzen des<br />
Erträglichen bzw. des Sinnvollen Männer sind es gewohnt, in einer<br />
Mischung von Gewissenhaftigkeit und Erfolgshoffnung unermessliche<br />
Leistungen zu erbringen und dabei ihre persönlichen Grenzen (zu) weit<br />
hinauszuschieben. <strong>Vatersein</strong> ist jedoch mehr als ein Hobby, ist mehr als<br />
die Mitgliedschaft in einem Verein. Diese Rolle konfrontiert somit unweigerlich<br />
mit der Sinn-Frage und fordert zur Prioritätensetzung auf.<br />
<strong>Vatersein</strong> ist eine Lebensrolle, die neben den Anforderungen der<br />
Arbeitswelt einen ebenbürtigen Anspruch hat.<br />
Wenn Väter sich künftig für ihr <strong>Vatersein</strong> einsetzen und entschlossen<br />
ihre "<strong>Zeit</strong> <strong>zum</strong> <strong>Vatersein</strong>" einfordern - am Arbeitsplatz, gegenüber der<br />
Partnerin, im gesellschaftlichen Umfeld - dann tun sie dies zunächst<br />
einmal sich selbst zuliebe. Sie tun dies aus der Überzeugung heraus,<br />
damit eine einmalige Chance hinsichtlich ihrer ganz persönlichen<br />
Lebensqualität wahrzunehmen. Die Väterkampagne des Landes<br />
Nordrhein-Westfalen aus dem Jahr 1999 titelte mit dem folgerichtigen<br />
Slogan: "Verpass' nicht die Rolle deines Lebens!". Das einmalige<br />
Erlebnis, Kinder ins Leben hinein begleiten zu dürfen, stellt eine zwar<br />
intensive und dennoch eigentlich kurze Phase im Leben dar. Weshalb<br />
also nicht während dieser 10 - 20 Jahre die Prioritäten auf die<br />
Vaterrolle setzen und danach sich noch der beruflichen (Selbst)-<br />
Verwirklichung widmen<br />
177
Engagierte Väter sind und bleiben engagierte Mitarbeiter. Väter, die<br />
sich mit umfassendem Verantwortungsbewusstsein während der<br />
Familienphase entschlossen für ihre Kinder eingesetzt haben, haben<br />
bereits "ein gewichtiges Projekt" erfolgreich abgeschlossen. Sie sind<br />
in der Lage, mit innerer Gelassenheit und der inneren Zufriedenheit<br />
dessen, der nach bestem Wissen und Gewissen ein nachhaltiges<br />
Projekt begleitet hat, sich neuen Aufgaben zuzuwenden. Und sie werden<br />
diese neuen Aufgaben mit derselben Identifikation und Entschlossenheit,<br />
mit demselben Engagement und Verantwortungsbewusstsein,<br />
mit derselben Verlässlichkeit und Beharrlichkeit angehen.<br />
Vielleicht kommt die <strong>Zeit</strong> schon bald, da Unternehmen den oft übersteigerten<br />
"Jugendkult" relativieren und die besondere Ressource<br />
"gestandener Väter" neu entdecken werden.<br />
Väter, die sich und ihre Bedürfnisse ernst nehmen, ohne sich gleich<br />
als "Nabel der Welt" zu sehen, die sich der Diskussion und den familiären<br />
Verhandlungsprozessen stellen, ohne stets "Recht behalten zu<br />
müssen", beteiligen sich offen und kooperativ an der gemeinsamen<br />
Suche nach einem lebenswerten Leben für alle.<br />
Den Gleichstellungsbemühungen ist es zu verdanken, dass Väter und<br />
Männer sich nun aus den einseitigen Rollenzuschreibungen als<br />
Erzeuger und Ernährer befreien dürfen.<br />
Die Verantwortung für das Existenzeinkommen der Familie kann<br />
geteilt werden. Wenn Väter sich vermehrt und mit zeitlich relevanten<br />
Anteilen in der Haus- und Familienarbeit einbringen, dann sichern sie<br />
sich mittelbar auch einen Anteil an der inner- und ausserfamiliären<br />
Beziehungsarbeit - was spätestens im Falle einer Trennung/<br />
Scheidung sehr wirksam <strong>zum</strong> Tragen kommen kann. "Ausgleichende<br />
Gerechtigkeit" im wahrsten Sinne des Wortes wird hier wirksam.<br />
Und schließlich darf nochmals darauf hingewiesen werden, dass eine<br />
derartige Haltung nicht etwa als "selbstsüchtig" oder "faul" diskreditiert<br />
werden darf: Väter, die auf diese Art neue Rollenbilder entwerfen,<br />
nehmen eine bedeutende Vorbildrolle wahr und leisten einen wichtigen<br />
Beitrag für die Lebensbedingungen einer künftigen Generation<br />
von Vätern auf dem Weg zu einer menschlicheren Gesellschaft.<br />
178
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
6.1 Persönlich<br />
6.1 Persönlich<br />
Meine persönlichen Vater-Erfahrungen: Aufgewachsen bin ich als<br />
Ältester von vier Kindern in einer Handwerker-Familie. Die<br />
Lebenswelt meines Vaters bestand aus Erwerbsarbeit in der Fabrik,<br />
aus Unterhaltsarbeiten an Haus und Garten, aus Arbeiten in der eigenen<br />
Werkstatt (Möbel, Reparaturen etc. für den Eigengebrauch) und<br />
in geringem Maß aus Weiterbildung. Ich erlebte meinen Vater als sehr<br />
arbeitsamen "Familienmenschen", geprägt von einem großen<br />
Verantwortungsgefühl und Pflichtbewusstsein, dem er jedoch notgedrungen<br />
meistens durch außerfamiliäre Arbeit nachkommen musste.<br />
Er war nur in sehr begrenztem Maß in Vereinen und öffentlichem<br />
Leben engagiert und pflegte kaum Kontakte und Freundschaften, die<br />
ganz dem eigenen Wohlbefinden gewidmet waren.<br />
So bestehen meine besonderen Vater-Erinnerungen <strong>zum</strong> Beispiel<br />
darin, dass wir Kinder zusammen mit dem Vater ein riesiges<br />
Neocolor-Wandgemälde an die Zimmerwand malen durften, bevor<br />
diese im Zuge einer Renovierung mit einer Täfer-Verkleidung versehen<br />
wurde. Dass er mir als Primarschüler zutraute, im Garten den<br />
alten Zwetschgenbaum zu fällen. Eine Sonntagswanderung ganz<br />
allein mit meinem Vater; oder etwa eine mehrtägige Wanderung im<br />
Nationalpark allein mit meinem Vater.<br />
Meine dunklen Vater-Erinnerungen bestehen aus einem jahrelangen<br />
Abgrenzungskampf. Es war ein manchmal verzweifelter Kampf gegen<br />
das "Zurechtgebogenwerden" und eine dringend notwendige Abgrenzung<br />
gegenüber seinem rigiden Wertesystem. Sein Selbständigkeitsbegriff<br />
lautete: "Mach bitte endlich das, was ich für richtig halte,<br />
ohne dass ich es Dir ständig sagen muss". Dieses Abgrenzen gipfelte<br />
in einigen Ausbrüchen, in denen er mir auch mal die Türe wies und mich<br />
"verwünschte". Das war ein Stachel, der tief ging. Heute erkenne ich,<br />
dass mein Vater oft überfordert war mit der Herkules-Aufgabe, den vermeintlichen<br />
Erwartungen der Gesellschaft gerecht zu werden, "wohlgeratene"<br />
Kinder heranzuziehen, das Diktat der moralisch-religiösen<br />
Regeln zu beachten, die Erwartungen und Forderungen seiner Frau zu<br />
erfüllen und überdies den beruflichen Leistungsanforderungen nachzukommen,<br />
damit die Existenz seiner Familie gesichert war. Gemessen<br />
an den nicht einfachen Rahmenbedingungen eine bewundernswerte<br />
Leistung. Wenn ich mich über etwas beklagen wollte, dann darüber,<br />
dass er sich nicht stärker durchgesetzt und für seine eigenen<br />
Belastungsgrenzen eingesetzt hat. Eine akzentuierte und selbstbe-<br />
179
wusstere Haltung als Mann hätte eine zuweilen "überbordende"<br />
Mütterlichkeit relativieren können.<br />
Meine Vater-Wünsche: Ich wünschte mir, dass ein Vater als<br />
Mutmacher wirkt, dass er als ruhender Pol und als "Mensch mit<br />
Erfahrungsvorsprung" gelassen dastehen kann, dass er den Kindern<br />
Raum <strong>zum</strong> Ausprobieren lässt.<br />
In meinem 43. Lebensjahr unternahm ich zusammen mit meinem<br />
damals 74 Jahre alten Vater eine gemeinsame Reise nach Marrokko.<br />
Ein gemeinsames Wagnis, ein gegenseitiges Sich-Einlassen, eine<br />
mehrfache Grenzerfahrung, aber auch ein versöhnendes gemeinsames<br />
Erlebnis. Ein spätes Geschenk an uns beide.<br />
In meiner eigenen Vaterrolle darf ich jetzt erleben, dass <strong>Vatersein</strong> sehr<br />
viel Spass machen und Erfüllung vermitteln kann: junge Menschen auf<br />
ihrem Lebensweg begleiten, mit ihnen exklusive Erlebnisse teilen, in<br />
gegenseitigem Respekt über Lebensfragen diskutieren, neue<br />
Sichtweisen entdecken, ein Stück gemeinsame Geschichte schreiben,<br />
miteinander streiten, mich herausfordern lassen und Dinge tun, die ich<br />
mir selbst bisher nicht zugetraut hätte. Voneinander lernen - meinen<br />
Horizont erweitern, mich überflügeln lassen, ohne neidisch zu werden.<br />
Unsere Familien-Geschichte gründet auf der sehr einschneidenden,<br />
zunächst schmerzhaften und dann bereichernden Erfahrung mit unserer<br />
ersten Tochter Maria. Als Hausgeburt 1983 geboren verstarb sie im<br />
Alter von 2 ½ Jahren durch einen Unfall. Dass das Leben danach doch<br />
weiterging und mit der Geburt von Franziska und Lukas neue und äusserst<br />
lebenswerte Dimensionen erfuhr, betrachte ich als Geschenk.<br />
Ich danke Maria, Franziska und Lukas für die gemeinsamen<br />
Erfahrungen und Entdeckungen, für die gemeinsam durchgestandenen<br />
"Mühen" und die gemeinsam erlebten Freuden. Ich danke meiner<br />
Frau Renata für die mittlerweile 25-jährige Treue im "Projektteam"<br />
unserer Familie, für die große Toleranz und Geduld im alltäglichen Auf<br />
und Ab, für ihre Aufmerksamkeit für den Augenblick, für die zuweilen<br />
erforderliche Bereitschaft <strong>zum</strong> Durchhalten und für die zahlreichen<br />
gemeinsam geteilten Momente des Glücks.<br />
Und ich danke meinen Eltern, dass sie mit ihrem engagierten und verlässlichen<br />
Verständnis von <strong>Vatersein</strong> bzw. Muttersein den Grundstein<br />
gelegt hatten für mein Leben, meine Erlebensmöglichkeiten und für<br />
diese vorliegende Auseinandersetzung mit dem <strong>Vatersein</strong>.<br />
180
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
6.2 Materialien zur Väterthematik<br />
6.2 Materialien zur Väterthematik<br />
Nimm dir <strong>Zeit</strong> <strong>zum</strong> Arbeiten - es ist der Preis des Erfolges.<br />
Nimm dir <strong>Zeit</strong> <strong>zum</strong> Denken - es ist die Quelle der Kraft.<br />
Nimm dir <strong>Zeit</strong> <strong>zum</strong> Spielen - es ist das Geheimnis ewiger Jugend.<br />
Nimm dir <strong>Zeit</strong> <strong>zum</strong> Lesen - es ist der Brunnen der Weisheit.<br />
Nimm dir <strong>Zeit</strong> <strong>zum</strong> Träumen - es bringt dich den Sternen näher.<br />
Nimm dir <strong>Zeit</strong> dich umzuschauen - der Tag ist zu kurz, um selbstsüchtig<br />
zu sein.<br />
Nimm dir <strong>Zeit</strong> <strong>zum</strong> Lachen - es ist die Musik der Seele.<br />
Nimm dir <strong>Zeit</strong> freundlich zu sein - es ist der Weg <strong>zum</strong> Glück.<br />
Nimm dir <strong>Zeit</strong> zu lieben und geliebt zu werden - es ist der wahre<br />
Reichtum des Lebens.<br />
Nimm dir <strong>Zeit</strong> <strong>zum</strong> Vater sein - es vereint viele Lebensfacetten und<br />
lehrt dich, Ausgleich zu schaffen.<br />
(Multhaupt, Hermann: Möge der Wind immer in deinem Rücken sein<br />
- alte irische Segenswünsche, Aachen 1995. Letzte Zeile: freie<br />
Ergänzung des Autors)<br />
Männlichkeit I<br />
Männlichkeit I<br />
je weniger Schlaf ich benötige,<br />
je mehr Schmerzen ich ertragen kann,<br />
je mehr Alkohol ich vertrage,<br />
je weniger ich mich darum kümmere, was ich esse,<br />
je weniger ich jemanden um Hilfe bitte und von jemandem abhängig bin,<br />
je mehr ich meine Gefühle kontrolliere und unterdrücke,<br />
je weniger ich auf meinen Körper achte, desto männlicher bin ich.<br />
(Herb Goldberg)<br />
Männlichkeit II<br />
Männlichkeit II<br />
Männer werden von Frauen geboren.<br />
Männer müssen Männer werden.<br />
Mütter können Söhne nicht zu Männern machen, weil sie Frauen sind.<br />
Männer sind deshalb gezwungen, sich als Heranwachsende von den<br />
Frauen abzuwenden und dergestalt eine eigene Identität zu erwerben.<br />
Männer müssen lernen, wer sie sind und was sie wollen, ohne sich<br />
auf die Wünsche und Hoffnungen der Frauen zu beziehen. Sonst können<br />
sie innerlich keine Männer werden.<br />
181
Nur in sich souveräne Männer können dann ohne Angst und ohne<br />
Herrschaftsgelüste wieder auf Frauen zugehen und demokratisch mit<br />
ihnen leben.<br />
Männlichkeit III<br />
Männlichkeit III<br />
Wir Männer müssen uns für eine neue gesellschaftliche Arbeitsteilung<br />
einsetzen, in der wir Pflichten in der Hausarbeit, in der Kindererziehung<br />
und in der Fürsorge gegenüber unseren Frauen mitverantwortlich<br />
übernehmen.<br />
Wir Männer müssen lernen, gegen schlagende, hetzende und frauenfeindliche<br />
Geschlechtsgenossen Stellung zu beziehen.<br />
Wir Männer haben die historische Pflicht, uns für ein demokratisches<br />
Arrangement der Geschlechter in Politik, Wirtschaft und Kultur einzusetzen.<br />
Dabei müssen wir bereit sein, angestammte Positionen zu teilen.<br />
(Walter Hollstein, Potent werden - das Handbuch für Männer, Huber<br />
Verlag, Bern 2001, S.366)<br />
WENN<br />
WENN<br />
Ich mein leben noch einmal leben dürfte, würde ich viel mehr Fehler<br />
machen.<br />
Ich würde entspannen.<br />
Ich würde viel verrückter sein als in diesem Leben.<br />
Ich wüsste nur wenige Dinge, die ich wirklich sehr ernst nehmen würde.<br />
Ich würde mehr Risiko eingehen.<br />
Ich würde mehr reisen.<br />
Ich würde mehr Berge besteigen, mehr Flüsse durchschwimmen<br />
Und mehr Sonnenuntergänge betrachten.<br />
Ich würde mehr Eis und weniger Salat essen.<br />
Ich hätte mehr echte Probleme und weniger eingebildete.<br />
Sehen Sie, ich bin einer dieser Menschen,<br />
die immer vorausschauend und vernünftig leben,<br />
Stunde um Stunde, Tag für Tag.<br />
O ja, es gab schöne Momente,<br />
und wenn ich noch einmal leben dürfte, hätte ich mehr davon.<br />
Ich würde eigentlich nur noch welche haben.<br />
Nur schöne, einen nach dem anderen.<br />
182
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Wenn ich mein Leben noch einmal leben dürfte,<br />
würde ich bei den ersten Frühlingsstrahlen barfuß gehen<br />
und vor dem Spätherbst nicht damit aufhören.<br />
Ich würde vieles einfach schwänzen.<br />
Ich würde mehr Achterbahn fahren.<br />
Ich würde öfter in der Sonne liegen.<br />
(Aus: Harley Davidson, manager magazin 6/98. Zitiert in Lothar<br />
Seiwert, Wenn Du es eilig hast gehe langsam, Campus 3/1999)<br />
Parabel "Der Dombau"<br />
Parabel "Der Dombau"<br />
Drei Bauarbeiter waren dabei, Steine zu behauen, als ein Fremder zu<br />
ihnen trat und den ersten Arbeiter fragte: "Was tun Sie da" "Sehen<br />
Sie das denn nicht" meinte der und sah nicht einmal auf. "Ich behaue<br />
Steine." "Und was tun Sie da" fragte der Fremde den zweiten.<br />
Seufzend antwortete der: "Ich muss Geld verdienen, um für meine<br />
Familie Brot zu beschaffen. Meine Familie ist groß." Der Fremde fragte<br />
auch einen dritten: "Was tun Sie da" Dieser blickte hinauf in die<br />
Höhe und antwortete leise und stolz: "Ich baue einen Dom!"<br />
(Quelle unbekannt)<br />
Zitate<br />
Zitate<br />
"Wenn Du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht Männer zusammen,<br />
um Holz zu beschaffen, Werkzeuge vorzubereiten, Aufgaben zu<br />
vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die<br />
Sehnsucht nach dem weiten endlosen Meer."<br />
(Antoine de Saint Exupéry)<br />
Um ein Kind ins Leben zu begleiten, braucht es ein ganzes Dorf.<br />
(Afrikanisches Sprichwort)<br />
"Welch Glück sondergleichen, ein Mannsbild zu sein."<br />
(Johann Wolfgang von Goethe, Egmont)<br />
"Was sind wir Männer doch für'n lustiger Verein." (Heinz Rühmann)<br />
"Ein Mann zu sein, heißt - genau genommen - verantwortlich zu sein."<br />
(Antoine de Saint Exupéry)<br />
183
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
"Was aber stimmt und was ich schlimmer finde - was dich anbelangt<br />
- ist, dass du dich selbst für selbstverständlich hältst."<br />
(Richard Ford, "Der Frauenheld")<br />
"Behandle die Menschen so, als wären sie, was sie sein sollten, und<br />
du hilfst ihnen zu werden, was sie sein könnten."<br />
(Johann Wolfgang von Goethe)<br />
"Ich habe kein Vaterland - weil mein Vater kein Land hat."<br />
(Werner Schneyder)<br />
"Ein Kind zu erziehen ist leicht. Schwer ist zuweilen nur, das Ergebnis<br />
zu lieben." (Werner Schneyder, Gelächter vor dem Aus)<br />
"Ich wünsche, dass mein Sohn erfährt, dass grüne Gräser schneiden<br />
können, dass hoch im Baum kein Mensch erklärt, wie wir den Absturz<br />
meiden können.<br />
Ich wünsche, dass er Äpfel stiehlt, bevor wir sie als Nachtisch nehmen,<br />
ich will, dass er auf Amseln zielt, um sich nach Treffern selbst zu<br />
schämen.<br />
Ich wünsche, seine kleinen Tritte im Sand, im Schlamm, im Schnee zu<br />
sehen. Wie lächerlich klingt meine Bitte, nicht durch das große Beet<br />
zu gehen."<br />
(Werner Schneyder, Gelächter vor dem Aus)<br />
"Um sich selbst in der Hand haben zu können, muss man sich sehr<br />
klein machen." (Werner Schneyder)<br />
"Glaube an deine Grenzen, und du wirst zweifellos recht behalten."<br />
(Richard Bach, Autor von "Die Möwe Jonathan")<br />
"Würdest Du mir sagen, wie ich von hier aus weitergehen soll" "Das<br />
hängt <strong>zum</strong> größten Teil davon ab, wohin du möchtest" sagte die<br />
Katze. "Ach, wohin ist mir eigentlich gleich ..." sagte Alice. "Dann ist<br />
es auch egal, wie du weitergehst", sagte die Katze.<br />
(Lewis Carroll, Alice im Wunderland)<br />
"Leben Sie jetzt die Fragen. Vielleicht leben Sie dann allmählich, ohne<br />
es zu merken, eines fernen Tages in die Antwort hinein."<br />
(Rainer Maria Rilke, Briefe an einen jungen Dichter)<br />
185
"Gehen heißt also, auf etwas sinnen, nach dem Sinn fragen, nach<br />
dem Ziel suchen. Wer sich auf den Weg macht, fragt nach dem Sinn<br />
des Lebens."<br />
(Anselm Grün)<br />
"Männer die behaupten, sie seien die Herren im Haus, lügen auch bei<br />
anderen Gelegenheiten."<br />
(Mark Twain)<br />
"Als ich 14 Jahre alt war, war mein Vater für mich so dumm, dass ich<br />
ihn kaum ertragen konnte. Aber als ich 21 wurde, war ich doch<br />
erstaunt, wieviel der alte Mann in sieben Jahren hinzu gelernt hatte."<br />
(Mark Twain, amerikan. Erzähler, 1835-1910)<br />
6.3 Bildkonzept<br />
6.3 Bildkonzept<br />
Alle Fotos von<br />
Hans Schlemper, Dr. phil. (Erziehungswissenschaft)<br />
Mainau-Straße 4, D-78464 Konstanz<br />
e-mail: hans.schlemper@gmx.de.<br />
Hans Schlemper ist Vater von vier Kindern, das jüngste ist fünf Jahre<br />
alt. Die Entstehung der Fotos beruht auf einer Bitte der Volkshochschule<br />
Konstanz und ihres Leiters, Dr. Lothar Stetz, um Bildmaterial<br />
für eine Begleitaustellung <strong>zum</strong> Themenkomplex "Väter-Bilder" (im<br />
Rahmen des "Konstanzer Väter-Winters" 2004/2005, eine<br />
Veranstaltung der VHS und des Fachbereichs Psychologie der<br />
Universität Konstanz).<br />
Laut Flyer der VHS wollen die Fotos "die sichtbaren Momente des<br />
Vater-'Bildes' in verschiedenen Situationen einfangen und spannungsreich<br />
präsentieren." Die Fotos entstanden mehrheitlich während<br />
des Sommers 2004 in Paris, einige in Freiburg/Brsg sowie an einer<br />
Fasnacht-Veranstaltung in Konstanz.<br />
Die meisten Aufnahmen wurden mit einem 35 mm Objektiv gemacht,<br />
einmal, um den situativen Kontext einzufangen, <strong>zum</strong> andern aber<br />
auch um zu vermeiden, daß die motivisch Gemeinten sich anvisiert<br />
und 'angeschossen' fühlten.<br />
186
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Literatur<br />
Literatur<br />
Arn, Christof<br />
HausArbeitsEthik ; Strukturelle Probleme und Handlungsmöglichkeiten<br />
rund um die Haus- und Familienarbeit in sozialethischer<br />
Perspektive, Chur/Zürich: Verlag Rüegger, 2000<br />
Ballnik, Peter; Martinetz, Elisabeth; Garbani Ballnik, Ornella<br />
Positive Väterlichkeit und männliche Identität, Lebenswelten Vater–<br />
Kind; Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und<br />
Konsumentenschutz, Wien 2005<br />
Bauer, Joachim<br />
Warum ich fühle, was du fühlst, Intuitive Kommunikation und das<br />
Geheimnis der Spiegelneurone, Hoffmann und Campe, Hamburg,<br />
2005<br />
Biddulph, Steve<br />
Männer auf der Suche – sieben Schritte zur Befreiung, Heyne<br />
Verlag 2003<br />
Ein immer noch ausgezeichneter und umfassender Zugang zu den<br />
Themenkreisen rund um eine zeitgemässe männliche Identität und<br />
Rollendefinition.<br />
Biegert Hans<br />
Auf das Vorbild kommt es an – eine Einführung in die Neurobiologie<br />
des Lernens, in:<br />
http://www.familienhandbuch.de/cmain/f_Fachbeitrag/a_Kindheitsforschung/s_1527.html<br />
(Stand 12.Nov 2007)<br />
Bly, Robert<br />
Eisenhans – ein Buch über Männer, Kindler Verlag, München 1991<br />
Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und<br />
Konsumentenschutz, Männerpolitische Grundsatzabteilung, Österreich<br />
Väter heute – haben Zukunft: Stationen des <strong>Vatersein</strong>s , DVD, 2006<br />
“Die hervorragend aufgebaute DVD führt an die verschiedenen<br />
Dimensionen und Themen des <strong>Vatersein</strong>s heran; Gespräche und<br />
Dialoge ermöglichen einen unmittelbaren Bezug <strong>zum</strong> eigenen<br />
Erleben; Kommentare von Fachpersonen vertiefen die Thematik.“<br />
187
Bürgisser, Margret<br />
Egalitäre Rollenteilung – Erfahrungen und Entwicklungen im<br />
<strong>Zeit</strong>verlauf.<br />
Verlag Rüegger, Zürich/Chur 2006<br />
Bürgisser, Margret / Baumgarten, Diana<br />
Kinder in unterschiedlichen Familienformen. Wie lebt es sich im<br />
egalitären, wie im traditionellen Modell, Chur/Zürich 2006<br />
Fäh, Markus<br />
Der perfekte Mann,<br />
Zytglogge-Verlag, Bern 2004<br />
Fthenakis, Wassilios E.<br />
Facetten der Vaterschaft. Perspektiven einer innovativen<br />
Väterpolitik. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und<br />
Jugend (Hrsg.), Berlin 2006<br />
(kostenfreier pdf-Download unter<br />
http://www.bmfsfj.de/Kategorien/Forschungsnetz/forschungsberichte,did=70116.html<br />
)<br />
Guggenbühl, Allan; Müller-Comichau,Wolfgang<br />
Männer und emotionale Kompetenz, Bundesministerium für soziale<br />
Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz, Wien 2005<br />
Hofer, Markus<br />
Kinder brauchen Väter – Söhne und Töchter über ihre Väter, Topos<br />
Verlag, 2001<br />
“Aussagen von Schülerinnen und Schülern – subtil zusammengestellt<br />
– zeichnen ein authentisches Bild dessen, wie Kinder sich ihre<br />
Väter wünschen. Darauf aufbauend erschliesst der Autor die<br />
Bedeutung der Väter auf eindrückliche Weise.“<br />
Hollstein, Walter<br />
Potent werden – das Handbuch für Männer, Huber Verlag Bern<br />
2001,<br />
von Klitzing, Kai<br />
Vater-Mutter-Säugling, in: Heinz Walter (Hrsg), Männer als Väter,<br />
Psychosozial-Verlag, Giessen 2002<br />
188
ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Le Camus, Jean<br />
Väter – Die Bedeutung des Vaters für die psychische Entwicklung<br />
des Kindes, Beltz Verlag, 2001<br />
“Eine auf entwicklungspsychologischen Studien basierende<br />
Darlegung der Bedeutung der Väter. Wissenschaftlich fundiert,<br />
erhellend ... dafür etwas weniger umsetzungs- und praxisorientiert.“<br />
Le Camus, Jean<br />
<strong>Vatersein</strong> heute – für eine neue Vaterrolle, Beltz Verlag, 2006<br />
Lenzen, Dieter<br />
Transformationen des Vaters – zur Geschichte des Vaterkonzeptes<br />
in Europa.<br />
in: Heinrich-Böll-Stiftung (Hrsg.); Vater werden, Vater sein, Vater<br />
bleiben – psychosoziale, rechtliche und politische<br />
Rahmenbedingungen, Berlin 2002<br />
Linton, Bruce<br />
Finding time for fatherhood – men’s concerns as parents, 1998,<br />
www.fathersforum.com<br />
Onken, Julia<br />
Vatermänner. Ein Bericht über die Vater-Tochter-Beziehung und<br />
ihren Einfluss auf die Partnerschaft, Beck’sche Reihe, 1997<br />
Petri, Horst<br />
Das Drama der Vaterentbehrung. Chaos der Gefühle – Kräfte der<br />
Heilung, Herder Freiburg 1999<br />
Popp, Christoph<br />
“… in zweiter Linie Tagesstrukturen“, in: Mitteilungsblatt der<br />
Frauenzentrale St.Gallen, St.Gallen 1/2006<br />
Popp, Christoph<br />
“Väter, mischt euch ein!“, in: Männerzeitung 4/2006, „Mann wird<br />
Vater“, S.20/21, www.maennerzeitung.ch<br />
Richter, Robert; Schäfer, Eberhard<br />
Das Papa-Handbuch. Alles was Sie wissen müssen zu<br />
Schwangerschaft, Geburt und dem ersten Jahr zu dritt. Gräfe und<br />
Unzer. 2005<br />
189
“Ein umfassender Ratgeber und Mutmacher für werdende und<br />
frischgebackene Väter. Viele konkrete Hinweise, Zeichnungen und<br />
Tipps helfen, die neue Rolle zu reflektieren und ermutigen zur<br />
eigenständigen und intensiven Hinwendung <strong>zum</strong> Kind.“<br />
Rohner-Dobler, Felix<br />
Familien brauchen Väter - Ermutigungen und Rituale, Kösel Verlag<br />
2006<br />
“Der Autor geht von der besonderen Kraft und Zärtlichkeit der Väter<br />
aus und betont deren Einzigartigkeit. Das Buch liefert unzählige<br />
praktische Ideen und Tipps, wie der Alltag mit Kindern – in jeder<br />
Lebensphase – feinfühlig, begeisternd und kreativ gestaltet werden<br />
kann ...aus der eigenen Ressource heraus.“<br />
Schlenz, Kester<br />
Mensch PAPA! Vater werden – das letzte Abenteuer. Ein Mann<br />
erzählt.<br />
Goldmann Verlag München, 1996<br />
“süffige und erholsame Lektüre für den Nachttisch – weckt auch<br />
müde Lebensgeister“<br />
Schnabel, Michael<br />
Alltagsrituale in Familien – Oasen der Zuneigung und Geborgenheit,<br />
in:<br />
http://www.familienhandbuch.de/cmain/f_Fachbeitrag/a_Erziehungsbereiche/s_1945.html<br />
(Stand 12.Nov 2007)<br />
Schneyder, Werner<br />
Gelächter vor dem Aus – die besten Aphorismen und Epigramme,<br />
Kindler Verlag, München 1980<br />
Schon, Lothar<br />
Vater und Sohn. Entwicklungspsychologische Betrachtungen der<br />
ersten Jahre, in: Walter, Heinz (Hrsg), Männer als Väter, Giessen<br />
2002, S. 490f<br />
Seiwert, Lothar J.<br />
Wenn Du es eilig hast, gehe langsam. Das neue <strong>Zeit</strong>management<br />
in einer beschleunigten Welt. Sieben Schritte zur <strong>Zeit</strong>souveränität<br />
und Effektivität. Campus Verlag Frankfurt 1999<br />
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ZEIT ZUM VATERSEIN<br />
Walter, Heinz (Hrsg)<br />
Männer als Väter. Sozialwissenschaftliche Theorie und Empirie,<br />
Psychosozial-Verlag Giessen 2002<br />
Winter, Reinhard<br />
Von der Fülle des <strong>Vatersein</strong>s – Ableitung Variablenmodell <strong>zum</strong><br />
Thema <strong>Vatersein</strong>, Tübingen 2004 / kostenfreier pdf-Download:<br />
http://www.radix.ch/d/data/data_60.pdf)<br />
Links<br />
www.fathersdirect.com<br />
www.fathersforum.com/readingroom.html<br />
Elektronische und englische Fassung des Buches des amerikanischen<br />
Familientherapeuten Dr. Bruce Linton, Finding Time for<br />
Fatherhood, (1998) über die Dimensionen der Vaterrolle.<br />
www.familienhandbuch.de<br />
Ein unerschöpfliches Online-Kompendium zur ganzen Themenbreite<br />
der Familiengestaltung, Familienberatung und Familienpolitik,<br />
betreut vom Institut des renommierten Väterforschers<br />
Dr. Wassilios E. Fthenakis.<br />
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Anhang Arbeitsblätter
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Impressum<br />
Eigentümer, Herausgeber und Verleger:<br />
Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz<br />
Männerpolitische Grundsatzabteilung (Sektion V, Abteilung 5)<br />
1010 Wien, Stubenring 1<br />
Layout:<br />
Umschlagentwurf und Layout: Günter Jexenflicker, BMSK<br />
Druck:<br />
Druckerei Berger, Horn; BMSK<br />
ISBN<br />
978-3-200-01125-0<br />
Verlagsort, Herstellungsort:<br />
Wien<br />
Erscheinungsjahr:<br />
Juni 2008<br />
Diese Publikation kann beim BMSK-Bestellservice unter 0800-20 20 74 oder<br />
https://broschuerenservice.bmsk.gv.at bezogen werden.<br />
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Vervielfältigung, der Übersetzung, der Mikroverfilmung, der Wiedergabe in Fernsehen und<br />
Hörfunk, sowie der Verarbeitung und Einspeicherung in elektronische Medien, wie z.B.<br />
Internet oder CD-Rom.<br />
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