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Zeit zum Vatersein - Webducation

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<strong>Zeit</strong> <strong>zum</strong> <strong>Vatersein</strong>


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Chancen einer befreienden Lebensrolle<br />

von<br />

Christoph Popp<br />

Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz<br />

Männerpolitische Grundsatzabteilung<br />

Fotos<br />

Hans Schlemper<br />

1


Dieses Buch gründet auf einem dreiteiligen Mailwechsel mit fünfundzwanzig<br />

Vätern, welche sich in unterschiedlicher Form in ihrer Vaterrolle<br />

eingerichtet haben. Zumeist handelt es sich dabei um eine Form<br />

partnerschaftlicher Rollenteilung innerhalb der Familie und mithin um<br />

eine teilzeitliche Erwerbstätigkeit.<br />

Die beteiligten Väter: Die beteiligten Väter:<br />

Peter Anliker, CH - Bern (Pan)<br />

Martin Bachmann, CH - Luzern (Mba)<br />

Christoph Balmer, CH - St. Gallen (Cba)<br />

Josef Bauernberger, A - Wien (Jba)<br />

Beda Bernauer, CH - Döttingen (Bbe)<br />

Thomas Beyeler, CH - Bern (Tbe)<br />

Christof Bieri, CH - Langnau i.E. (Cbi)<br />

Ludwig Büchel, A - Feldkirch (Lbü)<br />

Markus Gebert, CH - Mollis (Mgt)<br />

Martin Gessler, CH - Bülach (Mge)<br />

Michael Gohlke, CH - Zürich (Mgo)<br />

Martin Heeb, CH - Herisau (Mhe)<br />

Pius Hoffmann, CH - Thierachern (Pho)<br />

Matthias Huber, CH - Winterthur (Mhu)<br />

Josef Kühne, CH - Elgg (Jkü)<br />

Thomas Mitterstöger, A - Wien (Tmi)<br />

Klaus Muik, A - Wien (Kmu)<br />

Johannes Ortner, A - Neusiedl (Jor)<br />

Peter Schertenleib, Schweiz und Brasilien (Psc)<br />

Valentin Schiess, CH - Basel (Vsc)<br />

Josef Vogel, CH - Wabern (Jvo)<br />

Iwan Weiss, CH - Luzern (Iwe)<br />

Robert Winter (Pseudonym), A - Hohenems (Rwi)<br />

Siegfried Wötzlmayr, A - Wien (Swö)<br />

Gilberto Zappatini, CH - St. Gallen (Gza)<br />

2


Lieber Leser 5<br />

Einleitung 7<br />

1 Wenn ich an meinen Vater denke…. 13<br />

1.1 Erfahrungsberichte heutiger Väter … 15<br />

1.2 Die Rolle der Väter …. historisch betrachtet 33<br />

1.3 Die Suche nach dem Vater 38<br />

2 Was heisst schon "Vater sein" 42<br />

2.1 Erfahrungsberichte heutiger Väter… 45<br />

2.2 Die Bedeutung der Väter: neurobiologisch 74<br />

2.3 Die Bedeutung der Väter: entwicklungspsychologisch 80<br />

2.4 Die Bedeutung der Väter: soziologisch, pädagogisch 90<br />

3 Eine (neue) Kultur der Väterlichkeit 95<br />

3.1 Im Kreislauf des Lebens 95<br />

3.2 Im Gespräch bleiben 101<br />

3.3 Komplizen für Lebensabenteuer 108<br />

3.4 Selbstkritische Offenheit 112<br />

4 <strong>Vatersein</strong> konkret gestalten: Rollenmanagement 117<br />

4.1 Die “K-os-Theorie” der Geschlechterrolle 117<br />

4.2 Die Erfahrungswelt heutiger Väter 120<br />

4.3 Vaterschaft - eine Rolle neu erfinden 152<br />

4.4 Elternschaft in radikal veränderter Gesellschaftssituation 157<br />

4.5 Egalitäre Rollenteilung ein Zukunftsmodell 159<br />

4.6 Eine väterfreundliche Politik und Wirtschaft 163<br />

4.7 <strong>Vatersein</strong> unter erschwerten Bedingungen 168<br />

5 Die Rolle der Väter zur Sprache bringen 172<br />

5.1 Grenzen der Väterlichkeit 172<br />

5.2 Impulse für Väterrunden 173<br />

5.3 Impulse für Schule und Erwachsenenbildung 176<br />

6 Zum Abschluss bzw. <strong>zum</strong> Anfang 177<br />

6.1 Persönlich 179<br />

6.2 Materialien zur Väterthematik 181<br />

6.3 Bildkonzept 186<br />

Literaturliste 187<br />

Anhang Arbeitsblätter 192<br />

4


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Lieber Leser<br />

Lieber Leser<br />

Dieses Buch verlässt für einmal die politisch korrekte Perspektive und<br />

verwendet ausschließlich männliche Formulierungen. Es spricht Sie<br />

als Mann an; mehr noch, es wagt den Versuch, in Austausch zu treten,<br />

Fragen zu stellen und auf Antworten zu warten. Dabei ist nicht<br />

relevant, ob der Autor diese Antworten je zu Gehör bekommt, denn<br />

Sie werden so oder so Antworten geben, auf das Gelesene reagieren,<br />

in Teilen zustimmen oder widersprechen, Ihre Gedanken bündeln,<br />

vermengen, neu gliedern, prüfen, bekräftigen und bei der einen<br />

oder anderen Gelegenheit im eigenen Lebenszusammenhang zur<br />

Thematik der Vaterrolle Stellung beziehen.<br />

So oder so geht etwas weiter. Und so gesehen stehen wir gewissermaßen<br />

als Co-Autoren über unser gemeinsames Thema in<br />

Verbindung. Dieses Buch will im praktischen Alltag "weiter geschrieben"<br />

werden.<br />

Liebe Leserin<br />

Liebe Leserin<br />

Sie sind bis hierher gefolgt, wir freuen uns über Ihr Interesse. Das<br />

Buch lebt davon, dass auch zwischen Frauen und Männern, zwischen<br />

Müttern und Vätern über die angesprochenen Fragen und Impulse<br />

diskutiert wird und es will selbstverständlich nicht in einem geschlechterfixierten<br />

Blick verharren. Zudem ist für uns selbstverständlich, dass<br />

beide Elternteile für das Gedeihen unserer Kinder wichtig sind und<br />

dass es nicht darum gehen kann, Väter gegen Mütter auszuspielen.<br />

Aber es sind eben BEIDE Elternteile von Bedeutung! Weil die Rolle<br />

der Väter in den letzten Jahrzehnten aus diversen Gründen nahezu<br />

aus dem gesellschaftlichen Bewusstsein gefallen ist, besteht diesbezüglich<br />

ein beträchtlicher Nachholbedarf. Und dieser Reflexionsprozess<br />

will zunächst einmal "unter Männern" geleistet sein, auch<br />

deshalb der männerspezifische Blickwinkel.<br />

Herzlichen Dank<br />

Herzlichen Dank<br />

Dieses Buch hat viele Väter. Seine inhaltlichen Wurzeln liegen im<br />

Projekt "Väter gewinnen - Vernetzung und Coaching für Männer in der<br />

Haus- und Familienarbeit", welches in den Jahren 2004 bis 2007 in<br />

der Ostschweiz durchgeführt wurde. Ich danke meinen Kollegen aus<br />

dem Trägerverein ForumMann St. Gallen und all jenen Vätern, die im<br />

Rahmen von Väterrunden und Väterkursen, von E-Mail-Austausch<br />

5


und Coaching-Sequenzen ihre ganz persönlichen Erfahrungen beigesteuert<br />

haben. Sie haben dafür gesorgt, dass dieses Buch tatsächlich<br />

"im Lebensalltag wurzelt".<br />

Mein Dank geht an all jene Fachpersonen - Männer und Frauen - ,<br />

welche in verschiedenen Gremien zur Väterthematik ihre jeweiligen<br />

Perspektiven eingebracht und einen engagierten fachlichen Diskurs<br />

ermöglicht haben. Sie haben mit ihren kritischen und weiterführenden<br />

Gedanken der Thematik "Flügel verliehen". So gedieh dieses Buch<br />

ganz im Sinne des Reformpädagogen Friedrich Fröbel, welcher sein<br />

pädagogisches Bemühen so charakterisiert: "Was wir unseren<br />

Kindern vor allen Dingen mitgeben müssen, sind Wurzeln und Flügel."<br />

Mein Dank gilt auch dem Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung<br />

von Frau und Mann, welches das oben erwähnte Projekt maßgeblich<br />

finanzierte. Sodann danke ich dem kantonalen Lotteriefonds St.Gallen<br />

SWISSLOS, welcher mit einem materiellen Beitrag das Entstehen<br />

dieses Buches begünstigte. Mein Dank auch an den Leiter der<br />

Männerpolitischen Grundsatzabteilung, Dr. Johannes Berchtold, der<br />

die Idee zu diesem Buch als einem "internationalen Projekt" mit initiierte.<br />

Mein ganz besonderer Dank geht allerdings an Herrn<br />

Bundesminister Dr. Erwin Buchinger, welcher es schließlich ermöglichte,<br />

dass das Buch nun in der Schriftenreihe des österreichischen<br />

Bundesministeriums für Soziales und Kosumentenschutz erscheinen<br />

kann.<br />

6


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Einleitung<br />

Einleitung<br />

Wenn wir hier nun ganz konzentriert über die Bedeutung der Väter<br />

sprechen, dann hat dies nichts mit Geringschätzung der Mütter zu tun.<br />

Und es hat auch nicht damit zu tun, dass Mütter ihre Aufgabe nicht<br />

"richtig" gemacht hätten. Es hat jedoch damit zu tun, dass Mütter nun<br />

einmal einfach keine Väter sein können und dass Väter mehr sind als<br />

bloße Erzeuger und Ernährer. Väter bzw. verbindliche und spürbare<br />

männliche Bezugspersonen sind eine wichtige ja unersetzliche<br />

Ergänzung in der Lebens- und Erfahrungswelt von Kindern. Um die<br />

Ergänzung geht es also und nicht etwa um den Kampf der<br />

Geschlechter.<br />

Und noch etwas: Wenn wir Männer uns ernsthaft mit der Frage nach<br />

gelingendem und aktivem <strong>Vatersein</strong> auseinandersetzen, dann tun wir<br />

dies nicht nur für uns. In einer <strong>Zeit</strong>, in der althergebrachte Bilder von<br />

Männlichkeit - natürlich zu Recht - renoviert und zuweilen demontiert<br />

worden sind, fehlen unseren Söhnen Orientierungspunkte, nach<br />

denen Sie ein gelingendes Mannsein ausrichten könnten. Zitate wie<br />

die folgenden etwa sind reichlich ernüchternd und wenig geeignet,<br />

künftigen Vätern Mut zu machen.<br />

Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr.<br />

(Wilhelm. Busch, 1832-1908)<br />

Das Vertrauen junger Menschen erwirbt man am sichersten dadurch,<br />

dass man nicht ihr Vater ist.<br />

(Henry de Montherlant, 1896-1972)<br />

Mit unseren Überlegungen zur Vaterrolle tragen wir wesentlich dazu<br />

bei, dass unsere Söhne ein erstrebenswertes und zukunftsfähiges<br />

Bild vom Mannsein heute entwickeln können. Den medial konstruierten<br />

und gar zu oft destruktiven Männerbildern gilt es Entwürfe entgegenzustellen,<br />

die Mannsein mit Spaß, Mut, Freude, Verantwortungsbereitschaft,<br />

Rücksichtnahme etc. in Verbindung bringen.<br />

"Die Darstellung von Vaterschaft in den Medien bewegt sich heutzutage<br />

zwischen den Extremen des "neuen" Vaters, der sich liebevoll<br />

um seine Kinder kümmert und sich gleichzeitig im Haushalt engagiert<br />

und dem desinteressierten, die Familie vernachlässigenden oder<br />

sogar Gewalt ausübenden Vater." (vgl. Wassilios Fthenakis, Facetten<br />

der Vaterschaft, S.5)<br />

7


Zwischen Idealisierung und Dämonisierung gilt es also, einen konstruktiven<br />

Weg zu finden. Denn wo Mann- und <strong>Vatersein</strong> - bei aller<br />

berechtigten und notwendigen Kritik - pauschal und vorschnell mit<br />

"patriarchalem Gehabe", "häuslicher Gewalt", "unkontrollierten<br />

Gefühlen", "sexuellen Übergriffen" etc. in Zusammenhang gebracht<br />

wird, lässt sich keine positive Identität als Mann aufbauen. Und wo<br />

Mann- und <strong>Vatersein</strong> gewissermaßen am weiblichen Maßstab ausgerichtet<br />

oder idealisiert wird, geht nicht selten die "ureigene männliche<br />

Kraft und Dynamik" verloren.<br />

Dieses Buch möchte nicht mehr und nicht weniger, als zu selbstbewusstem<br />

und reflektiertem <strong>Vatersein</strong> anregen, Lust an der Vaterrolle<br />

wecken und Väter <strong>zum</strong> gegenseitigen Gespräch über diese besondere<br />

Lebensrolle ermuntern. Wenn Väter sich im Familiengeschehen<br />

vermehrt "einmischen", Position beziehen, mit sich verhandeln lassen,<br />

mitreden, Interesse zeigen, Anteil nehmen, ihre Vorlieben und<br />

ihre Begeisterung einbringen, den gewöhnlichen Alltag mitgestalten<br />

…. und dafür auch die nötige Familienzeit einfordern, dann geschieht<br />

etwas Neues.<br />

Wir gehen in einem ersten Schritt der Frage nach, wie heutige Väter<br />

ihre eigenen Väter erlebten. Erfahrungsberichte aus einem Mailwechsel<br />

mit derzeit lebenden, aktiven und engagierten Vätern stekken<br />

den Rahmen ab. Eine Rückblende in die Geschichte trägt dazu<br />

bei, die gegenwärtige Situation der Väter zu verstehen.<br />

In einem zweiten Schritt wenden wir uns der Frage zu, was denn<br />

<strong>Vatersein</strong> bedeutet. Wiederum wird das Feld abgesteckt durch<br />

Erfahrungsberichte von Vätern, durch deren Gedanken und Absichten<br />

bezüglich ihrer eigenen Rolle als Vater. Dieser Teil wird durch fachliche<br />

Reflexionen zur Bedeutung der Vaterrolle ergänzt. Dabei kommen<br />

sozial- und entwicklungspsychologische wie auch neurobiologische<br />

Aspekte zur Sprache. (VaterWert)<br />

Im dritten Schritt setzen wir uns mit der Frage auseinander, wie<br />

<strong>Vatersein</strong> heute gelebt wird bzw. gelebt werden kann. Fragen der<br />

Vereinbarkeit von Beruf und Familie, der eigenen Lebensprioritäten,<br />

des Rollenmanagements und der Psychohygiene werden erörtert und<br />

konkreten Erfahrungsberichten gegenübergestellt. Hier kommt auch<br />

zur Sprache, welche Faktoren im politischen und wirtschaftlichen Leben<br />

das <strong>Vatersein</strong> konstruktiv beeinflussen könnten. (Vater<strong>Zeit</strong>)<br />

8


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Im vierten Schritt geht es darum, konkrete Impulse für die eigene<br />

Lebensgestaltung zu gewinnen. Fragmente eines möglichen Selbstverständnisses<br />

als Vater werden skizziert. Impulse für die gezielte<br />

Reflexion unter Vätern (in Väterrunden etc.) sowie für die Bearbeitung<br />

der Väterthematik in höheren Schulen und in der Erwachsenenbildung<br />

werden aufgelistet. (VaterStil)<br />

Dass Erfahrungsberichte von Vätern (in Originalzitaten) einerseits und<br />

fachlich-theoretische Reflexionen andererseits nebeneinander stehen,<br />

ist beabsichtigt. Denn wichtig ist, dass die Aussagen der Väter in<br />

ihrer Echtheit wirken können. Die fachlichen Inputs ihrerseits verstehen<br />

sich nicht als "Rezepturen" für den konkreten Vater-Alltag. Es<br />

sind Gedankengänge auf einer übergeordneten Ebene, die aber vielleicht<br />

dazu beitragen können, das eigene Erleben als Vater aus neuen<br />

Perspektiven zu beleuchten.<br />

Qualität vor Quantität<br />

Qualität vor Quantität<br />

Es sei gleich vorweggenommen: in diesem Buch wird die <strong>Zeit</strong> <strong>zum</strong><br />

<strong>Vatersein</strong> ganz konkret und messbar angesprochen werden. Es<br />

braucht <strong>Zeit</strong> <strong>zum</strong> <strong>Vatersein</strong> und es ist <strong>Zeit</strong> <strong>zum</strong> <strong>Vatersein</strong>. Der oft<br />

gehörte Spruch, auf die Qualität und nicht auf die Quantität der Vatezeit<br />

komme es an, entspricht zwar dem <strong>Zeit</strong>geist, birgt jedoch die<br />

Gefahr von Beschönigung und Selbsttäuschung. Väterliche Präsenz<br />

ist etwas, das sich nicht einfach komprimieren und in hocheffizienten<br />

Dosen (gewissermaßen homöopathisch potenziert) verabreichen<br />

lässt. Gewiss: eine rein physische Präsenz ohne Aufmerksamkeitsund<br />

Einfühlungsbereitschaft ist eine leere Hülse und ein kurzer inniger<br />

Moment zwischen Vater und Kind ist ein Geschenk. Väterliche<br />

Präsenz kann unterschiedliche Formen annehmen und kann auch auf<br />

Distanz wirken - sofern die Vater-Kind-Beziehung auf einer ausreichenden<br />

Basis gemeinsamer Erfahrungen aufbauen kann. Doch um<br />

eine solche Basis aufzubauen, brauchen Kinder greifbare, spürbare<br />

und langfristig verfügbare verlässliche Bezugspersonen mit physischer<br />

Präsenz, was sich bestimmt als Bereicherung für alle<br />

Beteiligten erweisen wird.<br />

9


Editorial aus der Website Editorial www.vaetergewinnen.ch<br />

aus der Website www.vaetergewinnen.ch<br />

Väter gewinnen...<br />

Väter gewinnen …<br />

Spaß und Lebensfreude, Abwechslung und Anregung, Zufriedenheit<br />

und gesunde Balance, wenn sie sich der traditionellen Rollenzuschreibung<br />

entledigen und sich <strong>Zeit</strong> nehmen für das ganz gewöhnliche<br />

Alltagsleben mit ihren Kindern. Väter sind nicht nur Erzeuger und<br />

Ernährer. Und ist das Lebensfeld "Familie" nicht vielfältiger als jeder<br />

andere Beruf Wo sonst lassen sich so viele Spielräume nutzen, so<br />

viele Ideen einbringen und so viele persönliche Zeichen setzen<br />

Kinder gewinnen... Kinder gewinnen<br />

eine Basis für ihr Grund- und Selbstvertrauen, einen Begleiter auf<br />

dem Weg in ihre Lebensabenteuer, wenn sie auf einen Vater zählen<br />

dürfen, der auch im gewöhnlichen Alltag anwesend ist, der für sie<br />

spür- und greifbar ist, von Anfang an. Ein ganz gewöhnlicher Vater<br />

eben, mit Schwächen und Stärken, mit Leidenschaften und Nachlässigkeiten,<br />

dem man beim Putzen zuschauen und beim Kochen helfen<br />

kann.<br />

Mütter gewinnen... Mütter gewinnen …<br />

Abwechslung und Anregung, Raum für berufliche Weiterentwicklung.<br />

Wertschätzung, wenn sie beruhigt zur Arbeit gehen können, weil sie<br />

ihre Kinder "in guten Händen" wissen. Dies mag auch bei Nachbarn,<br />

Großeltern oder im Tageshort der Fall sein. Wenn jedoch der Vater<br />

sich die <strong>Zeit</strong> zur Kinderbetreuung nehmen kann, dann resultiert ein<br />

besonderer Beziehungsgewinn für alle Beteiligten.<br />

Unternehmen gewinnen... Unternehmen gewinnen …<br />

motivierte und verlässliche Mitarbeiter, die aus breiter Lebenserfahrung<br />

schöpfen können, wenn sie den Vätern unter ihnen<br />

Möglichkeiten zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie<br />

schaffen. Gemäß aktuellen Studien sind familienfreundliche Arbeitsbedingungen<br />

ein langfristiger Renditefaktor. Denn Väter, die sich teilzeitlich<br />

in der Haus- und Familienarbeit einbringen, tragen mit ihrer<br />

Sozialkompetenz, mit ihrer gesundheitlichen Stabilität, mit ihrem<br />

Verantwortungsbewusstsein und ihrer Kreativität wieder Mehrwert in<br />

die Unternehmung zurück.<br />

10


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Leitgedanken aus dem Projekt "Väter Leitgedanken gewinnen" aus dem Projekt "Väter gewinnen"<br />

Vater<strong>Zeit</strong><br />

Vater<strong>Zeit</strong><br />

Die Frage der Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist ganz entschieden<br />

auch ein Väter-Thema. Politische und wirtschaftliche<br />

Entwicklungen der letzten Jahrzehnte machen uns glauben, Väter<br />

seien "von Natur aus für den Außendienst gemacht" und weniger<br />

geeignet für die Familien- und Hausarbeit. Dem ist nicht so! Es gibt<br />

keinerlei biologische Gründe, den Vätern ihr Engagement in der<br />

Kindererziehung sowie in der Hausarbeit vorzuenthalten. Es gibt aber<br />

sehr wohl gesellschaftliche Rahmenbedingungen, welche dieses<br />

Engagement erschweren. Eine Gesellschaft, die das <strong>Vatersein</strong> ernst<br />

nimmt,<br />

gesteht Vätern ein <strong>Zeit</strong>budget für Familien- und Hausarbeit zu,<br />

gewährt Vätern ein Recht auf teilzeitliche Erwerbstätigkeit,<br />

schafft Möglichkeiten von Vaterschaftsurlaub und flexiblen<br />

Arbeitsformen und<br />

nimmt das <strong>Vatersein</strong> in die politischen Leitziele auf.<br />

VaterStil<br />

VaterStil<br />

Väter müssen nicht bessere Mütter sein, denn Väter bringen ihren<br />

eigenen und wichtigen Stil in den Familien- und Erziehungsalltag ein.<br />

Zahlreiche Studien belegen, dass Kinder mehr denn je auch einer<br />

männlichen Bezugsperson bedürfen, welche sich dauerhaft und verbindlich<br />

auf das ganz gewöhnliche Alltagsleben mit ihnen einlässt.<br />

"Kinder machen beim Vater eine entscheidende Erfahrung: Obwohl<br />

sie schwach und hilflos sind, nimmt ein starker und mächtiger Mensch<br />

sie bedingungslos an. Bei der Mutter ist diese Zuneigung nach neun<br />

Monaten uteriner Verbundenheit keine Überraschung, beim Vater ist<br />

sie eine Sensation. Wenn die Liebesbeziehung gelingt, prägt sie fundamental<br />

das Vertrauen und Selbst-Vertrauen des Kindes. Und kann<br />

beides ruinieren, wenn sie scheitert." (K. Grossmann, in: Geo 1/2001,<br />

S.164)<br />

11


VaterWert<br />

VaterWert<br />

Väter gewinnen an Lebenserfahrung, an sozialer und emotionaler<br />

Kompetenz, wenn sie sich aktiv und engagiert auf ihr <strong>Vatersein</strong> in seinen<br />

verschiedenen Aspekten einlassen. Wie die Ökologie in der<br />

Artenvielfalt (Biodiversität) einen Garant für ein langfristig gesundes<br />

Ökosystem sieht, erfahren Väter genauso die Vielfalt ihrer Lebensrollen<br />

als bereichernd und wertvoll. Und sie sollten <strong>Zeit</strong> dazu haben,<br />

sich diesen unterschiedlichen Rollen mit Hingabe zu widmen.<br />

Eine ausgewogene Balance unterschiedlicher Lebensrollen der Väter,<br />

die besonders auch dem Beziehungsaspekt Raum gewährt, nützt<br />

allen. Die Beziehung zur Partnerin wird reicher an Themen, das<br />

gegenseitige Verständnis und die Toleranz wächst, die Partnerin findet<br />

ihrerseits Raum zur beruflichen Entfaltung und gesellschaftlichen<br />

Anerkennung und die Kinder erleben einen "greifbaren" Vater.<br />

12


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

1 Wenn ich an meinen Vater denke<br />

1 Wenn ich an meinen Vater denke….<br />

Jeder Mensch, ob Frau oder Mann, hat einen Vater und hat somit schon<br />

ganz bestimmte Erfahrungen mit einem Vater gemacht. Wer sich mit<br />

dieser Thematik intensiver auseinandersetzt, ist (oder wird) wahrscheinlich<br />

seinerseits wieder Vater. <strong>Vatersein</strong> spielt im Leben zahlreicher<br />

Männer eine Rolle, und doch wird auffällig wenig über diesen<br />

Aspekt in der männlichen Biographie gesprochen. Deshalb soll hier einmal<br />

ganz bewusst dieser besonderen Rolle nachgegangen werden.<br />

Erfahrungsberichte aus einem Mail-Wechsel Erfahrungsberichte mit Väternaus einem Mail-Wechsel mit Vätern<br />

Auf einen Aufruf in der schweizerischen Männerzeitung (www.maennerzeitung.ch)<br />

und auf gezielte Anfrage hin haben sich 35 Väter<br />

gemeldet, die sich zu einem Mailwechsel über ihre Erfahrungen mit<br />

Vätern bzw. als Väter bereit erklärten; 25 davon haben schließlich<br />

beantwortete Fragenbogen eingereicht. Die Gruppe der Teilnehmenden<br />

kam "zufällig" bzw. interessegeleitet zustande.<br />

Von den befragten Vätern leben 18 in der Schweiz und sieben in Österreich.<br />

In den Antworten der Väter kommen die teilweise unterschiedlichen<br />

gesetzlichen Rahmenbedingungen (Elternkarenz, Wochenarbeitszeit<br />

etc.) der beiden Länder <strong>zum</strong> Vorschein. Dies mindert die<br />

Authentizität der Aussagen jedoch nicht. Ein Vergleich der diesbezüglichen<br />

Rechtsgrundlagen beider Länder kann in diesem Buch nicht geleistet<br />

werden.<br />

Die Gruppe der Teilnehmenden besteht zu 90% aus Vätern, die<br />

bereits Modelle partnerschaftlicher Rollenteilung praktizieren und somit<br />

einer teilzeitlichen Erwerbstätigkeit nachgehen. 21 Väter leben als<br />

Verheiratete in der gemeinsamen Familienwohnung bzw. im gemeinsamen<br />

Haus mit Partnerin und Kindern zusammen. Andere praktizieren<br />

individuelle Arrangements getrennter oder zeitlich getrennter<br />

Wohnformen (<strong>zum</strong> Teil auch aus beruflichen oder geographischen<br />

Gründen), geschieden, getrennt oder in neuer Partnerschaft lebend.<br />

Teilweise lebt das Kind an bestimmten Tagen beim Vater und wird<br />

auch dort betreut. Bei den in der Befragung repräsentierten Partnerschaften<br />

wird die (meist) außerhäusliche Erwerbstätigkeit durchschnittlich<br />

29 Stunden durch den Vater und durchschnittlich 22<br />

Stunden pro Woche durch die Mutter geleistet. Durchschnittlich leben<br />

in diesen Partnerschaften zwei Kinder (Quotient 2.24) mit einem mittleren<br />

Alter von zehn Jahren. Die befragten Väter sind im Durchschnitt<br />

13


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

44 Jahre alt. Sie sind mehrheitlich im pädagogischen, künstlerischen,<br />

sozialen, kirchlichen Bereich, in der Verwaltung oder in der<br />

Beratungsarbeit tätig. Einige schätzen den Status als (teilweise) selbständig<br />

Erwerbender, um die Balance zwischen Familien- und<br />

Erwerbsarbeit möglichst autonom gestalten zu können.<br />

Allen gemeinsam ist, dass sie sich um ein aktives <strong>Vatersein</strong> bemühen<br />

und für die Thematik in hohem Maße sensibilisiert sind. Die vorliegende<br />

Arbeit kann also nicht als repräsentativ für die Mehrheit der Väter<br />

gewertet werden, ermöglicht jedoch einen differenzierten Einblick in<br />

Befindlichkeit, Selbstverständnis und Motivation dieser Gruppe von<br />

Vätern.<br />

Diese Väter tragen als "Experten in eigener Sache" mit ihren<br />

Erfahrungsberichten einen wesentlichen Teil zu diesem Buch bei.<br />

<strong>Vatersein</strong> ist ein prägendes Erlebnis: Ausgehend von dieser These gilt<br />

es zunächst, bei den eigenen Erfahrungen mit einem Vater anzusetzen.<br />

Danach wollen wir uns einem zeitgemäßen Verständnis des<br />

Phänomens "<strong>Vatersein</strong>" annähern und Stoff zur individuellen und weiterführenden<br />

Diskussion zusammentragen, sei es in der Partnerschaft,<br />

in Väterrunden oder anderswo.<br />

1.1 Erfahrungsberichte heutiger Väter<br />

Meinen Vater erlebte ich als …<br />

1.1 Erfahrungsberichte heutiger Väter …<br />

Meinen Vater erlebte ich als…<br />

verantwortungsvoll, behütend, manchmal überfordert mit der<br />

Dynamik einer 8-köpfigen Familie, als starke Arbeitskraft, als Nestbauer<br />

für die Familie, als naturverbunden, als Sonntagskoch, als<br />

Erfinder und Musikfreund. (Cbi)<br />

Wenn er denn da war, als liebevoll, unfassbar und eigenartig konturlos.<br />

(Vsc)<br />

ruhig, bedächtig, müde, von der Arbeit ausgelaugt, geduldig, langsam,<br />

seriös, genau, hilfsbereit, integer, konfliktscheu, von allen<br />

geschätzt. (Tbe)<br />

zurückhaltend in direkten emotionalen und verbalen Äußerungen,<br />

feinfühlig, kontaktscheu, perfektionistisch, träumerische(n) Projekte(n)<br />

(nachsinnend), technisch interessiert, Selfmademan. (Er) hat sich fast<br />

alle seine beruflichen Fähigkeiten im Selbstlernen angeeignet. (Gza)<br />

15


kreatives Vorbild, als Förderer, als Erkenner (mich), als Macher,<br />

schwach, andere Menschen abwertend. Als künstlerischen<br />

Menschen, als sehr "grünen", biologisch-dynamischen, bärtigen<br />

und "Wollpullover tragenden" Mann. (Als) anders als alle andern<br />

Väter. (Iwe)<br />

Vorbild, abwesend, selbstsicher, allwissend, introvertiert (mit seltenen,<br />

aber heftigen Ausbrüchen), arbeitend, körperlich schwach.<br />

(Mgo)<br />

warmherzig, wohlwollend, engagiert, spaßig, stark, witzig, fröhlich,<br />

interessiert, "gschaffig" [arbeitsam], offen für Neues, experimentierfreudig,<br />

laut, "es Bhauptifüdle" [Besserwisser], manchmal streng.<br />

Er war, als ich Bub war, Lehrer (später im Sozialbereich tätig) und<br />

war wohl viel in der Schule am Schaffen, auch am Abend am<br />

Korrigieren zu Hause, aber nicht wirklich weg. Mein Vater war da,<br />

wenn ich ihn brauchte oder (wenn) er was wollte. Ansonsten hatte<br />

ich viele Freiheiten. Er unterstützte mich in meinen Aktivitäten, insbesondere<br />

(in der) Jugendarbeit später. (Er) teilte durchaus (auch<br />

meine) Lebensaspekte. Ich war <strong>zum</strong> Beispiel eine Leseratte, er las<br />

dann meine Jugendbuchempfehlungen auch gleich (und) so konnten<br />

wir uns über die Geschichten austauschen. (Mba)<br />

Meinen Vater erlebte ich als oft abwesend (und) beruflich sehr<br />

engagiert, als jemanden, der außerhalb der Familie sehr viele und<br />

intensive Kontakte pflegte. Als jemanden, der sehr viel unterwegs<br />

war und reiste. Als unnahbar und nicht auf die Bedürfnisse, die<br />

Sprache, die Themen von uns Kindern eingestellt. (Ich erlebte ihn)<br />

als weit weg, als aufbrausend, mit nicht angemessenen Reaktionen,<br />

(als) gepflegt und oft sehr schön und speziell gekleidet, wirkungsvoll<br />

in seiner Erscheinung. (Mhe)<br />

als Arbeitstier und Beschützer, als Einzelkämpfer und starken<br />

Schwächling. Er hält sich fern von engen Kontakten, um sich selber<br />

vor seiner eigenen ungewollten Sensibilität zu schützen und<br />

dabei nicht ertappt zu werden. Er versucht durch enorme Arbeitsaufwände<br />

(auch in der Freizeit, am Haus oder im Garten) und<br />

durch vordergründige Gefühllosigkeit, den geglaubten Anforderungen<br />

an ihn als Mann zu entsprechen. Meinen Vater erlebte ich<br />

als Kind mit großer Unsicherheit den eigenen Gefühlen (gegenüber),<br />

in einem Körper eines starken Mannes. Sein Motto ist:<br />

"Indianer und andere Männer kennen keinen Schmerz!" (Mgt)<br />

16


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

warm, verständnisvoll, groß, wichtig, bewundernswert, hart, als<br />

Familienmensch, abwesend, müde, ausgelaugt, im Anzug, zurechtweisend,<br />

unkontrolliert. (Mhu)<br />

stark, gewaltig und gewalttätig, erfolgreich, unsportlich, ungerecht,<br />

bevorzugte die ältere Schwester, fordernd, in den Ferien anwesend,<br />

in späteren Jahren großzügig. (Pan)<br />

Da er vor bald 30 Jahren starb, fällt es mir nicht so leicht, ihn zu<br />

beschreiben. Was (von ihm) ist Mythos und was Realität Er war<br />

ein sehr ruhiger, kontrollierter Mann. (Die) Erziehung (der Kinder)<br />

hat er an seine Frau delegiert. (Er) war "sehr nah am Wasser<br />

gebaut" und hat bei rührseligen Filmen schnell geweint, was ihm<br />

wiederum sehr peinlich war. (Psc)<br />

bedrohlich, brutal, jähzornig, launisch, übermächtig, beängstigend<br />

intelligent, gebildet. (Bbe)<br />

ruhigen, stillen Mann, meist abwesend, sehr arbeitsam. Als Versorger<br />

von sechs Kindern widmete er seinen Kindern fast ausschließlich<br />

sonntags <strong>Zeit</strong>. Durch seine Schichtarbeit war er vielfach<br />

nicht am Familientisch anwesend. Meist war er durch Abwesenheit<br />

präsent, in dem er irgendwie fehlte. Wir waren eine anzahlmäßig<br />

große Familie und doch war jede/r auf seine Art ganz allein. (Jkü)<br />

Als abwesend, als sporadischen Ferienvater, als von der Mutter<br />

"verteufelt". (Pho)<br />

als viel abwesend. Wenn da, dann als Rückhalt, In verschiedenen<br />

Lebensphasen recht unterschiedlich. Als Fels in der Brandung - so<br />

wie bei Ebbe und Flut war er aber nicht immer zu sehen. In späteren<br />

Jahren als "Kompagnon", als Hilfe bei der Eichung der eigenen<br />

Wertmaßstäbe. In der Jugend unnahbar, körperlich sehr zurückhaltend.<br />

(Tmi)<br />

arbeitsam, stolz auf sein Handwerk, religiös, familienbezogen,<br />

unabhängig. In der Familie streng und arbeitsbezogen, außen<br />

gesellig und gern gesehen, im Dorf als guter Zimmermann<br />

geschätzt und gefragt. (Jvo)<br />

17


Meinen Vater erlebte ich als präsent, treu, konsequent, belesen. Als<br />

"alten Marxisten", nachfragend, ideologisch. Der ruhige Pol ergänzend<br />

zur Mutter. (Cba)<br />

hart arbeitenden Menschen mit einem stark ausgeprägten<br />

Gerechtigkeitssinn. (Jba)<br />

ruhig, lustig, überlegt, planend, stark, müde, wenig über sich mitteilend,<br />

begeisterungsfähig, stumm, frustriert. (Lbü)<br />

überfordert, distanziert, abwesend, aufbrausend, manchmal auch<br />

liebevoll, manchmal auch humorvoll, jedoch viel zu wenig präsent<br />

in der Familie. (Kmu)<br />

fern, viel beschäftigt, klug, erfahren, gebildet. (Jor)<br />

humorvoll, hilfsbereit - vor allem außer Haus, im Haushalt nicht<br />

tätig. (Als) naturliebend, Jäger, gerne im Gasthaus, Kartenspieler,<br />

zu früh durch den Alkohol verstorben (kurz nach meinem 18.<br />

Geburtstag). (Rwi)<br />

Jähzornig, grob, taktlos, peinlich, bisweilen auch um Zuneigung<br />

bemüht, wenngleich dies unbeholfen artikuliert war. (Swö)<br />

Herausragende Erinnerungen Herausragende an meinen Erinnerungen Vater sind… an meinen Vater sind …<br />

dass er immer wieder Neues lernte: Ungefähr um die 50 lernte er<br />

schwimmen, einige Jahre später holte er die Autofahrprüfung nach.<br />

Und ich konnte mit ihm über soziale Veränderungen sprechen. Ich<br />

erlebte einen äußerst vielseitigen Vater, handwerklich, in der<br />

Küche, beim Kaninchen Schlachten, beim Pilze Sammeln und<br />

Flöten Schnitzen. Und wir Kinder konnten teilhaben. In besonderer<br />

Erinnerung bleiben mir die sonntäglichen Ausflüge in den Wald<br />

oder in die Berge. Es gab immer ein Feuer - die Verpflegung war<br />

jeweils sehr liebevoll. Heute sehe ich es als Sinnbild seiner Rolle<br />

als Ernährer im weiteren Sinne. (Cbi)<br />

das Warten darauf, dass er zur <strong>Zeit</strong> nach Hause komme, um<br />

gemeinsam Z'nacht zu essen - und wie immer die Enttäuschung: Er<br />

kommt doch nicht, es reicht nicht einmal fürs Gute-Nacht-Sagen.<br />

Am Morgen schlief er noch und ich musste schon zur Schule. Er<br />

18


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

hat mir das Traktor fahren beigebracht am steilen Hang. Er hat mir<br />

die endlose Geduld des "Tüftlers" vorgelebt. (Vsc)<br />

Wenn ich an meinen Vater denke, dann denke ich an die Gartenarbeit<br />

oder die Umbau- und Renovierungsarbeiten in dem Bauernhaus,<br />

in dem wir wohnten. Er kam von der Arbeit nach Hause, aß<br />

dann und arbeitete oft bis spätabends weiter. Ihm schien die Arbeit<br />

Spaß zu machen. Selber verlor er wenige Worte darüber. Er war<br />

eigentlich immer an der Arbeit. Auch für uns Kinder. So erinnere ich<br />

mich noch genau, wie er alte Holzski für mich wieder flott gemacht<br />

hat. … Ich war ihm für diese Arbeit aber nicht dankbar, lieber hätte<br />

ich neue Ski erhalten. Dankbar dagegen war ich ihm als Junge von<br />

etwa 4 Jahren, als er mir ein tolles Holzschwert gebastelt hat. Ich<br />

erinnere mich an ihn als Vorarbeiter in einer Baumschule beim<br />

Veredeln von Rosen. Obwohl mein Vater unter der Woche oft dauerbeschäftigt<br />

war, nahm er sich am Sonntag ganz <strong>Zeit</strong> für die<br />

Familie. Ich erinnere mich gerne an die vielen Wanderungen, die<br />

wir als Familie unternommen haben. Ich erlebte dabei meinen<br />

Vater als sehr entspannt, er konnte lachen, erklärte uns Kindern<br />

Dinge aus der Natur, erzählte manchmal sogar von sich, schilderte<br />

Erlebnisse aus seiner Kindheit. Ich erinnere mich an ein einziges<br />

Mal, dass wir Kinder mit dem Vater alleine ohne Mutter eine<br />

Wanderung unternahmen. Mir gefiel es, dass wir den Vater für uns<br />

allein hatten und ihn nicht mit der Mutter teilen mussten. (Tbe)<br />

dass er konsequent und beharrlich für unsere Anliegen eingetreten<br />

ist, wenn er feststellen musste, dass wir in der Schule ungerecht<br />

behandelt wurden. Er hat sich nicht gescheut, das mit seinem<br />

gebrochenen Deutsch zu machen. Er hat es nicht akzeptiert, dass<br />

wir, weil wir "Tschinggen-Kinder" [Ausländerkinder] waren, irgendwelche<br />

Benachteiligungen in Kauf nehmen müssten. Familiäre<br />

Auseinandersetzungen hat er eher mit Stillschweigen mitverfolgt.<br />

Einige wenige Male ist ihm der Kragen geplatzt und er wurde dann<br />

sehr laut und heftig. Das Wohlergehen der Familie stand immer vor<br />

seinen eigenen Bedürfnissen. Er hätte sich nie etwas gekauft,<br />

wenn er es sich nicht vorher auch für die anderen hätte leisten können.<br />

Es war ihm immer ein Anliegen, seinen Stiefsohn (meine<br />

Mutter war geschieden mit einem Kind, als sie geheiratet haben) so<br />

weit wie möglich gleich zu behandeln wie seine drei leiblichen<br />

Kinder. (Gza)<br />

19


lange Velotouren und Ausflüge nach seinem Geschmack, Jazzkonzerte<br />

besuchen, baden am Mittwochnachmittag im Zugersee,<br />

Autohasser, Verlasser unserer Familie. (Iwe)<br />

Ferien, Streit. (Mgo)<br />

Mittagessen, 12.30 Uhr, Nachrichten auf DRS 1, alle essen und<br />

hören zu, dann wird diskutiert über Politik, Gesellschaft - Vater<br />

erklärt, Mutter korrigiert -, Ferienaktion, in einer Woche bauen wir,<br />

nur mein Vater und ich, unseren ganzen Hühnerstall (groß!) neu,<br />

werken, bauen, schreinern. Ich bin (frühes Jugendalter,<br />

Sekundarschule) bei (einem) Freund im Nachbarort - acht km mit<br />

Velo [Fahrrad] - am Lernen, dann Filme schauen, megaspät, hab<br />

alles vergessen, weit nach Mitternacht, unter der Woche, da klopft<br />

es an die Parterre-Scheibe, ich erschrecke bös', mein Vater und er<br />

sagt, ob ich auch gleich mitkäme, er wäre grad vorbeigefahren mit<br />

dem Velo. Er hat mich abgeholt, extra mit Velo, hat mich nicht<br />

gerüffelt, sondern nur gesagt, dass es schon ein wenig zu spät sei.<br />

Das war wunderbar. (Dann erinnere ich mich an eine) Wanderung<br />

im Nationalpark, mehrere Tage, von Hütte zu Hütte. (An das)<br />

Finanzheft: Er wollte, dass ich genau Buch führe über meine<br />

Ausgaben. Ich hatte schnell ein "Globalbudget" zur Verfügung. Und<br />

das wurde oft mühsam, weil mir "viel Geld" zu haben schon passte,<br />

aber mit den Zahlen hatte ich's sonst nicht. Ringen mit dem<br />

Vater, "Armdrücken" machen und seine Muskeln sehen, mehrmalige,<br />

vorsätzliche 720 Grad Drehung im Auto auf Schneekreuzung.<br />

(Mba)<br />

Herausragende Erinnerungen an meinen Vater sind die Geschenke,<br />

die er mitbrachte, wenn er von einer Reise zurückkam. In<br />

der Erinnerung haben wir sehr wenig miteinander wirklich gesprochen,<br />

fühlte ich mich nicht wirklich abgeholt und verstanden,<br />

schlussendlich auch nicht getragen und unterstützt durch ihn. Er<br />

konnte nur mit mir sprechen, wenn wir alleine waren, meistens auf<br />

Wanderungen. Das erlebte ich aber oft als Stress, war ihm ausgeliefert,<br />

fühlte mich oft bedrängt. Seine einzige Aktivität im Haushalt<br />

war, dass er ab und zu kochte, sehr fein, dabei eine große<br />

Unordnung anrichtete, welche meine Mutter dann unter Protest<br />

aufräumen musste. Meine Mutter und mein Vater stritten ab und zu<br />

heftig, wobei wir uns auf die Seite der Mutter schlugen. Er argumentierte<br />

lautstark, meine Mutter weinte dann. Dann trennten sich<br />

meine Eltern (ich war ca. 14), meine Mutter war praktisch allein<br />

20


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

erziehend mit drei Kindern. Später bekannte sich mein Vater mir<br />

gegenüber als homosexuell (mit ca. 18), lebte Beziehungen zu<br />

Männern und Frauen. Ich war sehr verunsichert.- Im Umgang mit<br />

meinen eigenen Kindern konnte ich seine väterliche Seite erkennen<br />

und erleben, er war ein herrlicher Großvater, seit 8 Jahren ist<br />

er leider tot. (Mhe)<br />

Wenn ich an meinen Vater denke, erinnere ich mich an einen guten<br />

Handwerker und Beschützer. Er ist sehr handwerklich begabt und<br />

zeigte uns jeden Samstag, wie wir unsere Fahrräder selber reparieren<br />

können. Bei unseren Bauten von Holzhütten, hatte er immer<br />

einen guten Tipp oder ein Werkzeug zur Hand. Ich erinnere mich<br />

stark an einen Beschützer. Ich erlebte als kleiner Bube, wie ein<br />

Nachbar meine Mutter an den Haaren zog, worauf der Vater die<br />

Angelegenheit handgreiflich regelte. Auch beschützte er die Kinder<br />

vor dem Großvater, welcher im gleichen Haus wohnte und zu<br />

Schlägen neigte. Oft war er der starke Mann, welcher wie ein Ritter<br />

die Familie beschützte. Ich erinnere mich auch, dass mein Vater,<br />

wenn er nach Hause kam, das Essen einnahm, mit dem Hund spazieren<br />

ging und sich dann zurückzog. Körperlich war er anwesend,<br />

jedoch nicht spürbar. Mit dem Vater konnten nur Gespräche über<br />

Reparaturen, Hund, Waffen geführt werden. Er ließ kein Problemgespräch<br />

zu. Dies machte die Mutter. (Mgt)<br />

Da denke ich an den Sieg in einer Segelregatta zu zweit im gleichen<br />

Boot, an seinen warmen Händedruck beim Wochenendeinkauf<br />

in der Migros und an den Duft frischen Zopfes, an eine<br />

Wanderung, bei der er zeigte, wie glücklich er war, an die Wand<br />

gepinnten Verkaufszahlen in seinem Büro, an üble Streitereien zwischen<br />

meinen Eltern. Ich denke daran, wie er am Wochenende<br />

seine Hemden glättete und dazu Sport im TV schaute. Dann aber<br />

auch an das Gefühl, mit den mir wichtigen Anliegen nicht gesehen<br />

zu werden (speziell in der Pubertät mit dem Wunsch nach mehr<br />

Gerechtigkeit), "herabgekanzelt" zu werden, argumentativ unterlegen<br />

zu sein. (Das ist ein) Ansporn (für mich), mich weiterzubilden,<br />

gut zu argumentieren. (Mhu)<br />

gemeinsame Wanderungen, einmal abends auf der First (Berg im<br />

Berner Oberland) und spät nachts auf der offenen Sesselbahn ins<br />

Tal zu fahren. (Pan)<br />

21


(Ich) habe nicht mehr viele Erinnerungen. So mit 14 haben wir oft<br />

zusammen geboxt. Wir hatten ein Geschäft, wo er auch gearbeitet<br />

hat. Aber obschon er anwesend war, war er irgendwie doch nicht<br />

da, nicht spürbar für mich. (Psc)<br />

wie er meine Mutter schlug. Wie er einen meiner Brüder schlug.<br />

Hitchcock-Szene mit (dem) Revolver in der Hand, (als) er uns im<br />

Herbststurm nach draußen verfolgte, als wir alle aus dem Haus<br />

flüchteten. (Ich hatte vorher geschlafen. Es wurde mir nur gesagt:<br />

"Renn um dein Leben."). Wie er mir einmal (Betonung auf EIN Mal)<br />

bei den Physikaufgaben geholfen hat und ich dann später in der<br />

Prüfung einen 6-er [Bestnote in der Schweiz] schreibe. Ich war sehr<br />

glücklich und stolz. Die traurigen, hilflosen Augen, nachdem er wieder<br />

einmal komplett ausgerastet war. Wie er sich einmal bei mir<br />

entschuldigt hat, ich war etwa 16 (und er mir gegenüber eingestand),<br />

dass er mich in den gleichen Topf geworfen habe, wie<br />

meine vier älteren Geschwister. Er hat mich zwar nie erniedrigt<br />

oder geschlagen, aber positive Ermunterungen waren selten. Wir<br />

hatten ein großes Haus. Ich ging ihm, wann immer möglich, aus<br />

dem Weg. Ich sehe mich noch heute, wie ich mich hinter dem<br />

Vorhang verstecke und die Luft anhalte, damit er mich nicht<br />

bemerkt und an mir vorbeigeht. (Bbe)<br />

Da gibt es keine herausragenden Erinnerungen - es sind kleine<br />

Gesten, so, wie er mir <strong>zum</strong> Beispiel seine Hand auf den Kopf legte<br />

und mir damit sagte "Du bist ok, ich hab dich lieb." Wenn ich an<br />

meinen Vater denke, dann sehe ich einen Mann bei der Arbeit.<br />

Manchmal (er machte in seiner Freizeit Brennholz im Wald <strong>zum</strong><br />

Verkauf als Nebenverdienst und Hobby) half ich ihm im Wald. Dann<br />

arbeiteten wir zu zweit - ohne Worte. In den Pausen fielen ein paar<br />

Sätze. Das war alles. Ich kann nicht sagen, dass mir das damals<br />

besonders gefiel, aber es war eine der wenigen Möglichkeiten, um<br />

ihm nahe zu sein und <strong>Zeit</strong> mit ihm alleine zu verbringen. (Jkü)<br />

die Präsenz während der wenigen Ferien, Modellflugzeugbasteleien.<br />

(Pho)<br />

seine letzen Lebenswochen, insbesondere seine bewusste<br />

Verabschiedung von seiner engsten Familie (er ist vor cirka einem<br />

Jahr gestorben). Wie er mich in den Kindergarten begleitet hat, am<br />

Wochenende bei Ausflügen mit ihm Fußball gespielt, als Student<br />

bei ihm im Büro bei der Ablage mitgearbeitet. Dass er nicht<br />

22


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

schwimmen konnte. Oftmalige Krankenhausbesuche nach seiner<br />

Krebsoperation, Pflege und Hilfe beim Wiederaufbau. (Tmi)<br />

Sonntagsspaziergänge, auf denen er Blumen, Bäume, Tiere erklärte,<br />

Pfeifen aus Löwenzahn oder Holunder schnitzte. Wie er mich<br />

anleitete, Kaninchen zu halten, Holz zu spalten, alte krumme Nägel<br />

wieder gerade zu hämmern und anderes mehr. Auf der Alp von<br />

Hand Tannen fällen, Tannen entrinden, mit ihm zusammen über<br />

eine Leiter auf den Berg steigen und wie er mich auf dem Rückweg<br />

auf die Schulter nahm. (Jvo)<br />

Herausragende Erinnerungen an meinen Vater sind das "Chräbele"<br />

[Kitzeln] als kleiner Bub, die Kulturreisen durch Italien, die Literatur-<br />

Empfehlungen, (Cba)<br />

wie er als allein verdienender Arbeiter Frau und 6 Kinder über die<br />

Runden brachte. (Jba)<br />

(Er) tut, was seine Aufgabe ist und getan werden muss. (Er) hält zu<br />

mir, liebt mich und die Geschwister, aber dies ist nur zwischen den<br />

Zeilen zu finden; es ist zu weit weg und dadurch nicht richtig vertraut.<br />

Durch die Arbeit hatte er enorme körperliche Kraft beim<br />

Raufen. Seine eigenen Grenzen (Müdigkeit, keine Lust usw.)<br />

benennt er nicht, was zu Missverständnissen führt. (Lbü)<br />

das späte Heimkommen von seinen vielen außerfamiliären<br />

Engagements bei Vereinen, wenn wir - die Familie - bereits im Bett<br />

lagen und schliefen. Sein In-sich-gekehrt-sein in der Familie.<br />

Einzelne Male, wo ich gemeinsam mit ihm mit dem Auto mitfahren<br />

durfte, um z.B. Plakate für Vereinsaktivitäten aufzuhängen. (Kmu)<br />

unsere gemeinsamen Freizeitaktivitäten: wandern, Rad fahren, als<br />

Kind war das für mich imponierend. Als Jugendlicher schätzte ich<br />

seinen Willen, weiterhin dabei zu sein und mit<strong>zum</strong>achen. Sein<br />

unglaublich breites Allgemeinwissen, das er zu jeder Gelegenheit<br />

abrufen konnte. Seine berufsbedingte Abwesenheit, vor allem an<br />

Abenden. Sein großes Rednertalent und die Gabe, unverkrampft in<br />

der Öffentlichkeit aufzutreten und natürlich "rüberzukommen". (Jor)<br />

Ich durfte meinen Vater, der im Wegbau tätig war, öfters bei der<br />

Arbeit begleiten und kleine Aufgaben übernehmen. Zum Beispiel,<br />

wenn mein Vater das Trassee eines Weges vermessen hat, bin ich<br />

23


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

mit einem Stock auf der einen Seite gestanden und mein Vater hat<br />

auf der anderen Seite die Steigung gemessen. Mein Vater war häufig<br />

bei Bekannten oder Verwandten <strong>zum</strong> Jagen eingeladen. Ich<br />

durfte ihn dabei öfters begleiten, in aller Frühe mit ihm gemeinsam<br />

in den Wald gehen und auf einem Hochsitz auf das Wild warten. Als<br />

ich beim gemeinsamen Einkaufen in einem Supermarkt beim<br />

Diebstahl erwischt wurde, blieb dieser Fehler unter uns; er hat ihn,<br />

wie ich erfahren habe, nicht einmal meiner Mutter erzählt. (Rwi)<br />

Aus meiner früheren Kindheit bleibt mir am meisten seine<br />

Unbeherrschtheit in Erinnerung. Wenn etwas (ich) seinen Zorn<br />

erregte, war er richtig <strong>zum</strong> Fürchten - er hatte was von einem<br />

Patriarchen. Im Jugendlichenalter habe ich ihn dann nicht mehr<br />

sehr ernst genommen und er kam mir <strong>zum</strong> Teil schon etwas hilflos<br />

und auch lächerlich vor. (Swö)<br />

An meinem Vater schätze/schätzte ich An besonders meinem … Vater schätze/schätzte ich besonders…<br />

Er hat uns Kinder geliebt. Es gab natürlich auch unangenehme<br />

Momente der Überforderung. Auch wenn er viel außer Haus an der<br />

Arbeit war, fühlte ich mich durch seine Person getragen. Vielleicht,<br />

weil ihm die Familie so wichtig war. Ich erlebte ihn meistens arbeitend,<br />

konnte aber an diesen Arbeiten teilhaben und so mit ihm sein.<br />

Da er weder einen Verein noch das Restaurant besuchte, verbrachte<br />

er am Wochenende viel <strong>Zeit</strong> zu Hause. (Cbi)<br />

seine Großzügigkeit, wenn er sie denn zulässt, seine Herzlichkeit,<br />

wenn er sie denn zuließ. Sein Wissen (über die) und (sein)<br />

Verständnis (von) der Technik. Dass es uns materiell nie an etwas<br />

mangelte (aber alles in allem verblüffend wenig, wenn ich mir das<br />

so konkret vorstellen muss!) (Vsc)<br />

Ich schätze besonders seine ruhige, freundliche Art. Mich freut es,<br />

dass er einen guten Draht zu meinen Kindern hat und sie ihn sehr<br />

mögen. Ich schätze seine große Aufmerksamkeit und Anteilnahme,<br />

wenn er auf Besuch ist. (Tbe)<br />

Dass er zeitlich sehr viel zugegen war. Dass es ihm Freude machte,<br />

mir sein technisches Wissen zu vermitteln. Dass er mir gerne<br />

seine Bauprojekte zeigte, mit denen er sich beschäftigte. Er hat im<br />

Haushalt nahezu alles auch gemacht: Von der Babypflege übers<br />

Kochen bis <strong>zum</strong> Putzen habe ich bei ihm alles live mitbekommen.<br />

25


Da sein erster Beruf der eines Herrenschneiders war, war er auch<br />

die kompetente Ansprechperson für meine Mutter und die<br />

Schwestern, wenn etwas beim Schneidern besonders knifflig war.<br />

Besonders gerne hat er einen Kuchen gebacken. Das Rezept hatte<br />

er von seiner Mutter, der er lieber in der Küche half als dem Vater<br />

auf dem Feld oder im Wald. Wenn ich Familienfotos anschaue,<br />

dann wird deutlich, dass unser Vater die Seele der Familie war und<br />

nicht die Mutter. Er war derjenige, der gespürt hat, wie es um uns<br />

Kinder steht. (Gza)<br />

Er war immer zu Hause, er kochte fast immer, war beim<br />

Hausaufgabenmachen immer dabei, ließ mich in seinem Grafikatelier<br />

malen und kleben und sauen. (Iwe)<br />

seinen Humor. (Mgo)<br />

Ich habe von meinem Vater ur viel gelernt. Dabei finde ich anhaltend<br />

speziell stark seine Lernbereitschaft, seine Wandelbarkeit. Er<br />

hat sich über all die Jugend- und jungen Erwachsenenjahre immer<br />

wieder auch für uns interessiert, dafür, was ich lese, oder welche<br />

Musik ich höre, welchen Glauben ich leben will, welche Politik mir<br />

wichtig ist. Meine kindliche und insbesondere jugendliche Suchbewegung<br />

im Leben ging nicht spurlos an ihm vorbei, sondern er<br />

nahm meine Suche auch <strong>zum</strong> Anlass, seine Ansichten dazu ebenfalls<br />

zu überdenken. Ja, er hatte und hat wohl eine große Autorität<br />

und oft auch eine große Klappe. Er weiß, dass seine Annahmen/<br />

Modelle eben auch Annahmen sind, falsch sein können, ausgedient<br />

haben können. Und ändert sie dann, und gibt's dann und<br />

wann auch zu. (Mba)<br />

An meinem Vater schätzte/schätze ich besonders seine Offenheit<br />

für spannende Themen (<strong>zum</strong> Beispiel fernöstliche Philosophie,<br />

Esoterik, Meditation, usw.) und seine Gabe, uns einzubeziehen und<br />

dafür zu begeistern. Ich schätzte seine Art, sich intensiv mit einem<br />

Thema auseinander zu setzen, es von verschiedenen Seiten her<br />

zu beleuchten, zu reflektieren und damit umzugehen, bis es für ihn<br />

zu einer Art Abschluss kam. Ich schätze auch seine Art, mit vielen<br />

verschiedenen, interessanten Menschen in Kontakt zu sein. Er war<br />

sehr kreativ, hat uns inspiriert und die Gelegenheit gegeben, selber<br />

kreativ zu sein. Er konnte sehr gut kochen, war eine <strong>Zeit</strong> lang in<br />

einem Kochklub für Männer und hat mich ab und zu dorthin mitgenommen.<br />

(Mhe)<br />

26


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Mein Vater ist sehr zuverlässig, hilfsbereit und ehrlich (manchmal<br />

zu direkt und ehrlich). Er kümmert sich um die Familie und dass es<br />

ihr auf der materiellen Seite gut geht. Seit der Geburt meiner<br />

Tochter schätze ich besonders, wie er sich sichtlich über das<br />

Großkind freut - auch wenn er es nicht zugeben kann - oder wenn<br />

er es auf den Arm nimmt. Er beginnt jedoch bereits jetzt, obwohl<br />

meine Tochter erst acht Monate alt ist, Kindervelos usw. zu organisieren.<br />

(Mgt)<br />

dass er zu einer <strong>Zeit</strong>, als dies noch nicht sehr verbreitet war, sich<br />

im Haushalt engagierte. Dass er, bis wir jugendlich waren, sehr<br />

engagiert sich um uns Kinder gekümmert hat. Dass er sehr warmherzig<br />

ist (und) dass er Humor hat. (Mhu)<br />

Er hatte schöne Augen, manchmal war er gelassen, mein Vater<br />

konnte mir Besonderes ermöglichen, (<strong>zum</strong> Beispiel die) Mitfahrt auf<br />

einer Lokomotive (oder einen Marsch durch den Lötschbergtunnel.<br />

(Pan)<br />

seine ruhige, überlegte Art. Seinen Gerechtigkeitssinn. (Psc)<br />

seine liberale Denkensart (so paradox es klingt), seine Intelligenz<br />

und sein breites Wissen. Er hat meine Ausbildung bezahlt. (Das ist<br />

ja der Hammer! Kommt mir dazu nicht mehr in den Sinn Eine<br />

große Traurigkeit überkommt mich!) (Bbe)<br />

seine Schlichtheit. In seiner Einfachheit lebte er, was er für möglich<br />

und richtig hielt. Mein Vater war ein Mann, den man aus heutiger<br />

Sicht als "ungebildet" bezeichnen würde. Für mich hatte er etwas<br />

von der Figur des Straßenwischers im Roman "Momo". Meine<br />

Eltern trennten sich als ich 14 war. Ich hörte vom Vater vor und<br />

nach der Trennung selten eine Äußerung über die Ehe mit meiner<br />

Mutter, was ich ihm sehr zu Gute halte. (Jkü)<br />

Eine gewisse Herzlichkeit, Wärme in der kindlichen Wahrnehmung.<br />

(Meinen Vater habe ich mit cirka zehn Jahren das letzte Mal gesehen,<br />

und dann wieder mit 30 Jahren.) (Pho)<br />

seine Ruhe, seine Standhaftigkeit, sein Interesse an meiner<br />

Person. Dass ihm die Partnerschaft zu seiner Frau wichtig war.<br />

Seine Liebe zur Natur. (Tmi)<br />

27


Dass er zuverlässig da war, obwohl er auch viel mit der Arbeit<br />

beschäftigt war, seine Ehrlichkeit, Geradheit, seine Liebe zu seinem<br />

Beruf Zimmermann, seine Aussage: "Lerne soviel du kannst, das wird<br />

dir zugute kommen." Sein Suchen nach dem Sinn des Lebens, sein<br />

Interesse an Büchern wie Teilhard de Chardin, seine Bewunderung<br />

für das Göttliche, sein auf dem Boden stehen auch in schwierigen<br />

Lebensphasen, sein Dasein auch im Abwesendsein, die Sicherheit,<br />

"er ist da". Sein großes Bedürfnis, unabhängig und frei zu sein. (Jvo)<br />

An meinem Vater schätzte/schätze ich besonders, dass er mich zu<br />

einem eigenständigen Menschen geprägt und erzogen hat. Ich<br />

konnte mich selber entscheiden, aber ich musste es begründen<br />

können, warum und wozu. (Cba)<br />

(seine) Zielorientiertheit und (sein) Durchhaltevermögen. (Jba)<br />

Seine ruhige überlegte Art, Pläne zu schmieden und diese zu verwirklichen.<br />

Sein Durchhaltevermögen, wenn er was begonnen<br />

hatte. Sein Umgang mit dramatischen Erlebnissen (Krieg). Seine<br />

Einstellung <strong>zum</strong> Sterben und <strong>zum</strong> Tod. Sein zu uns Stehen in der<br />

Familie aber auch persönlich. (Lbü)<br />

seinen verschmitzten Humor und dass er für unser Auskommen gut<br />

sorgte. (Kmu)<br />

dass er trotz seiner beiden Berufe <strong>Zeit</strong> für uns Kinder fand, sich in<br />

der Freizeit mit uns herumtrieb. Dass er mir sein humanistisches<br />

Weltbild unverkrampft vermittelte. Dass er meine Musikausbildung<br />

förderte und durch seine Musikertätigkeit aktives Vorbild war. (Jor)<br />

seinen Humor, seine Naturliebe und Hilfsbereitschaft, sein Zumirstehen.<br />

(Rwi)<br />

Erst nach und nach ist mir klar geworden, dass sich mein Vater für<br />

uns Kinder ungeheuer abgerackert hat, um unsere Existenz einigermaßen<br />

zu sichern. Er hat auf seine Art einen großen Einsatz für<br />

uns geleistet. Was mir früher als Unbeholfenheit und Ruppigkeit im<br />

Umgang erschien, kann ich mittlerweile auch so verstehen, dass er<br />

seine Zärtlichkeit und Zuneigung zeigen wollte, es aber nicht besser<br />

konnte. Seine peinlichen und taktlosen Aktionen scheinen mir<br />

heute als kleine subversive Akte mit eigenwilligem Humor, als<br />

Ausbruchsversuche aus einer faden bürgerlichen Existenz. (Swö)<br />

28


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

An meinem Vater vermisse/vermisste An ich meinem besonders Vater … vermisse/vermisste ich besonders…<br />

Die Arbeit bedeutete für ihn Erfüllung und Sinnfindung. Vielleicht<br />

fehlte ihm aber die Gelassenheit und entspannte <strong>Zeit</strong> mit meiner<br />

Mutter. Er konnte die guten Momente nicht festhalten, genießen,<br />

reflektieren, sie sind an ihm vorbeigegangen. Es war einfach zuviel<br />

Arbeit, jeden Tag von neuem. (Cbi)<br />

(Belastend war) die Unberechenbarkeit seiner Launen und die fehlende<br />

Verbindlichkeit seiner Versprechen. (Vermisst habe ich)<br />

gelebte und gepflegte physische und psychische Herzlichkeit; ein<br />

Interesse an meinem Alltag, an meinen Plänen und Wünschen; den<br />

Willen bzw. die Kraft auf persönliche Fragen zu antworten. Er entschwindet<br />

dann abrupt in den Schlaf. (Vsc)<br />

Ich vermisse, dass er nicht aktiv den Kontakt zu uns Kindern pflegt.<br />

Ich spüre zwar, dass er sich über Kontakte freut, dass wir Kinder<br />

ihm aber nicht zu fehlen scheinen, wenn wir nicht da sind. Er lässt<br />

sich kaum hinter die Fassade blicken. Er scheint ruhig, ausgeglichen<br />

und doch habe ich immer das unbestimmte Gefühl, dass dahinter<br />

doch einiges mehr in Bewegung sei. Ich vermisse, dass ich<br />

so wenig weiß von ihm, von seinen Gefühlen, Wünschen,<br />

Hoffnungen, die er früher hatte und heute hat. Das macht ihn für<br />

mich zu einem Fremden. Ich vermisse, dass er nicht mehr Auseinandersetzungen<br />

mit mir, meinen Geschwistern und seiner<br />

Partnerin, meiner Mutter, geführt hat. Ich hätte mich gerne wenigstens<br />

einmal mit ihm gestritten und nicht immer mit der Mutter, die<br />

sich für alle und alles verantwortlich fühlte, aber auch für alles verantwortlich<br />

gemacht worden ist. (Tbe)<br />

Leider traute er sich nicht, das auch zu zeigen, dass er innerlich mit<br />

uns mitgegangen ist. Ich denke, dass es wichtig ist, kommunikativer<br />

zu sein, den Kindern mehr zu zeigen, wo ich selber bin. (Gza)<br />

körperliche Nähe, kämpfen und messen, Mitbestimmungsrecht,<br />

kindgerechte <strong>Zeit</strong>vertreibe, im Wald auf Bäume klettern, in der<br />

Natur sein, Stärke und Hinsehen, in der Natur schreien. (Iwe)<br />

seine Abwesenheit, mangelndes Einfühlungsvermögen. (Mgo)<br />

An meinem Vater habe ich eigentlich nichts zu motzen, klar, er war<br />

nicht perfekt, aber wunderbar. Das sage ich natürlich heute. Als<br />

29


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Junge ging mir oft auf den Sack, dass er alles besser zu wissen<br />

meinte (was ja oft auch so war), er hatte ne starke eigene Meinung,<br />

da hätte ich mir manchmal mehr Hören und weniger selber Reden<br />

gewünscht, ja das möchte ich, meine Kinder nicht zutexten. So<br />

richtig vermissen tu ich eigentlich gar nichts an meinem Vater, er<br />

war unter dem Strich einfach sehr OK. (Mba)<br />

An meinem Vater vermisste/vermisse ich besonders seine<br />

Anteilnahme an uns Kindern und allgemein an seiner Familie. Er<br />

hat sich ab und zu extra <strong>Zeit</strong> für uns genommen, machte sich frei,<br />

orientierte sich an uns, aber das war komisch, nicht echt! Ich vermisste<br />

den Ansprechpartner in ihm, das emotionale Gegenüber,<br />

den Halt und die Sicherheit, dass ich/wir ok sind, so, wie wir sind!<br />

Und ich vermisste in ihm den Gesprächspartner, den ich suchte<br />

und gebraucht hätte! (Mhe)<br />

Ich vermisse an meinem Vater etwas Leichtigkeit. Die Leichtigkeit,<br />

das Leben positiv zu sehen, (nicht nur als) Arbeit und Aufwand. Ich<br />

bedaure, dass er über Gefühle wie Trauer, Freude, Ohnmacht,<br />

Wut, Hilflosigkeit nicht spricht und Gefühle als unwichtig zur Seite<br />

legt. Ich vermisse spontane Besuche bei meiner Familie und dass<br />

er sich Hilfe holt. (Mgt)<br />

dass er für uns auch als Jugendliche da gewesen wäre, dass er<br />

seine Rolle beherzter wahrgenommen hätte, dass er meine Mutter<br />

mehr hätte wertschätzen können, dass er sich angreifbarer gezeigt<br />

hätte. (Mhu)<br />

Er war sehr oft abwesend (abends), er nahm wenig Anteil an meinen<br />

Interessen (Literatur, moderne Kunst), er machte mit mir keine<br />

Radtour, er machte keine Zeltferien mit mir. Mein Vater war kein<br />

guter Diskussionspartner, auch wenn wir sehr viel geredet haben.<br />

Er versuchte mich von seinen Meinungen zu überzeugen. Oft<br />

haben wir gestritten, <strong>zum</strong> Beispiel über die Nutzung der Kernenergie<br />

oder die Armee (das tut mir heute noch leid, diese <strong>Zeit</strong> hätten<br />

wir besser nutzen sollen). (Pan)<br />

Er war nicht spürbar, hat sich aus der Erziehung der Kinder rausgehalten,<br />

nie etwas mit mir alleine unternommen. (Psc)<br />

Was ich mir gewünscht hätte: die körperliche Nähe, einfach in den<br />

Arm genommen zu werden, ohne Worte, nur gehalten werden, für<br />

31


mich da sein, ganz. Mit ihm reden, meine Meinung sagen dürfen,<br />

mich an ihm "reiben" im Sinne von Auseinandersetzung, mit ihm<br />

streiten, philosophieren, spielen, weinen, lachen. Ich hätte mir von<br />

ihm mehr Führung gewünscht, mehr Weisheit, Schutz. (Bbe)<br />

So etwas wie einen Freund oder Kumpel in ihm zu haben. Ich vermisste<br />

oft jemanden, mit dem ich meine Sorgen besprechen konnte.<br />

Nie hatte ich das Gefühl, mein Vater interessiere sich dafür.<br />

Vielmehr war er selbst überfordert, wenn es darum ging, mir beizustehen<br />

oder Wege aus einer schwierigen Situation aufzeigen zu<br />

können. Mein Vater machte sich unsichtbar, ging Konflikten aus<br />

dem Weg. So war die Sehnsucht nach einem Vater präsenter als<br />

der Vater selbst. (Jkü)<br />

die Präsenz und Vorbildfunktion in der kindlichen und pubertären<br />

Entwicklung. (Pho)<br />

dass er in meiner Kindheit wenig <strong>Zeit</strong> mit mir verbracht hat, dass er<br />

mich nie in den Arm genommen hat, dass er mich nicht vor der<br />

Neugierde und Gluckenhaftigkeit meiner Mutter geschützt hat.<br />

(Tmi)<br />

dass er wenig <strong>Zeit</strong> hatte, dass er in der Familie eher wortkarg war,<br />

dass er viel mit Arbeit im Beruf und neben dem Beruf beschäftigt war.<br />

Dass er emotional verschlossen war, für sich alleine kämpfte, kämpfen<br />

musste. Dass er Freude, sein Glücklichsein mit seiner ihm so<br />

wichtigen Familie, mir und uns gegenüber, nicht zeigen konnte. (Jvo)<br />

An meinem Vater vermisste/vermisse ich besonders die Spontaneität,<br />

das Experimentelle, einfach mal loslegen, (auch mal) unvernünftig,<br />

chaotisch sein. (Er hatte) ein gewisses einseitiges Weltund<br />

Menschenbild, was nicht kulturell oder intellektuell war, war<br />

weniger interessant. (Cba)<br />

ein höheres Maß an Toleranz und Einfühlungsvermögen. (Jba)<br />

dass ich seine Liebe, die eindeutig da war, in allen möglichen<br />

Verkleidungen entdecken musste. Außer dem beliebten Raufen war<br />

sehr wenig körperlicher Kontakt. Er hat mir wenig geholfen, meine<br />

eigenen Stärken bewusst zu erkennen. Ich habe zu wenig von ihm<br />

erfahren, wie ich mit Niederlagen umgehen kann (<strong>zum</strong> Beispiel<br />

erkennen, was das Gute daran ist oder wie ich diese Erlebnisse<br />

32


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

durchschreiten kann, ohne langfristig geknickt daraus hervorzugehen).<br />

(Lbü)<br />

Einfühlungsvermögen, <strong>Zeit</strong>, Segen und das aktive Bejahen als<br />

Sohn. (Kmu)<br />

dass Schulthemen an ihm vorbeigingen, denn das war die Aufgabe<br />

der Mutter Dass er mich bei der späteren Studienwahl nicht aktiv<br />

unterstützte, aus Rücksicht, mich nicht in eine Richtung drängen zu<br />

wollen. Das empfinde ich heute als Versäumnis. Offenheit und<br />

Toleranz scheint ihm im Alter abhanden zu kommen und seine festgefahrene<br />

Meinung zu bestimmten Themen lässt eine unausgesprochene<br />

Kluft zwischen uns entstehen. (Jor)<br />

das Zeigen von Zärtlichkeit (meiner Mutter und uns Kindern gegenüber),<br />

das Zugeben seiner Alkoholkrankheit, sein sich Einbringen in<br />

den Haushalt. (Rwi)<br />

Besonders vermisst habe ich an meinem Vater Geduld; Geduld, um<br />

mir eine Tätigkeit zu erklären und mir Gelegenheit <strong>zum</strong> Einüben zu<br />

geben. Geduld, wenn mir etwas nicht gleich gelang. Vielleicht auch<br />

das Gefühl, er hätte genug Geduld, um darauf zu warten, dass ich<br />

ihm eine wichtige Angelegenheit erzähle, seinen Rat einhole, es mit<br />

ihm bespreche. (Swö)<br />

1.2 Die Rolle der Väter historisch betrachtet 1.2 Die Rolle der Väter …. historisch betrachtet<br />

Männer, die behaupten, sie seien die Herren im Haus, lügen auch bei<br />

anderen Gelegenheiten. (Mark Twain)<br />

Väter sind nicht mehr die Patriarchen, die tragenden Säulen einer<br />

Familiendynastie. Den Männern und Vätern wird nicht mehr automatisch<br />

Respekt und Macht zugebilligt. Sie müssen heute im<br />

Arbeitsteam wie auch in der Familie mit Argumenten überzeugen,<br />

konfliktbereit und versöhnlich sein, Umsicht und Kompromissfähigkeit<br />

walten lassen. Dieser gesellschaftliche Wandel ist unübersehbar und<br />

war auch längst nötig. Heute gilt es, die Familienzeit als ein partnerschaftlich<br />

geführtes Projekt gemeinsam zu gestalten, Möglichkeiten<br />

und Grenzen gemeinsam abzuwägen und in echter Zusammenarbeit<br />

ein gelingendes Familienleben zu realisieren.<br />

33


Doch zunächst eine kurze Rückblende: Kulturgeschichtlich folgte auf<br />

die Phase der Jäger und Sammler (vor 8000 v. Chr.), also zwischen<br />

8000 bis 2000 v. Chr. eine von matrilinearen Kulturen geprägte <strong>Zeit</strong>. Die<br />

folgenden drei Jahrtausende von 2000 v.Chr. bis 1000 n.Chr. waren von<br />

patrilinearen Kulturen geprägt. Seither entwickelt sich auf der Basis der<br />

Monogamie eine westliche bilaterale Kultur (Ballnik,P., Positive Väterlichkeit<br />

und männliche Identität - Lebenswelten Vater–Kind, Wien 2005,<br />

S.25). Die gesellschaftlich-wirtschaftlichen Entwicklungsphasen im<br />

Europa der letzten 200 Jahre können etwa durch folgende Stichworte<br />

charakterisiert werden:<br />

agrarisch - handwerkliche Kultur<br />

vorindustrielle <strong>Zeit</strong> (Manufakturen)<br />

Industrialisierung, Schwerindustrie<br />

Elektrifizierung<br />

Digitalisierung<br />

Globalisierung<br />

Virtualisierung<br />

Vor 200 Jahren waren im mitteleuropäischen Raum noch sehr viele<br />

Menschen im agrarischen Umfeld zuhause. Die (Groß-)Familien waren<br />

eindeutige Lebens- und Produktionsgemeinschaften. Männer und<br />

Frauen, Väter und Mütter, arbeiteten ganztags im selben Betrieb. Mit<br />

unterschiedlichen Aufgaben und Rollen betraut, wirkten alle nach ihren<br />

jeweiligen Kräften mit, die Existenzsicherung der Familie zu gewährleisten.<br />

Im Landwirtschafts- oder Gewerbebetrieb konnten (mussten) die<br />

Kinder in der täglichen Arbeit der Väter mitwirken. Seit etwa 150 Jahren<br />

leisteten viele Väter 14-Stunden-Arbeitszeiten in verrußten und lärmenden<br />

Fabriken. Die Industrialisierung hatte gerade erst begonnen. Zu<br />

Beginn des 20. Jahrhunderts waren zahlreiche Väter jahrelang abwesend,<br />

weil sie im Kriegsdienst standen. Die Aufbaujahre der zweiten<br />

Hälfte des 20. Jahrhunderts etablierten dann kontinuierlich die Grundlagen<br />

hin zu einer Wohlstands- und Konsumgesellschaft.<br />

Industrialisierung und Digitalisierung der Arbeitswelt haben zudem<br />

völlig neue Voraussetzungen geschaffen. Heute ist für die meisten<br />

34


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Menschen Arbeitswelt und Freizeit bzw. privater Lebensraum örtlich<br />

getrennt. Viele Väter üben Berufe aus, von denen ihre Kinder gar<br />

nichts mehr zu sehen bekommen, selbst wenn sie noch (<strong>zum</strong> Beispiel<br />

am "Tochtertag") durch die Sicherheitsschleusen der Unternehmensgebäude<br />

hindurchgelassen werden. In unseren Berufsfeldern hat eine<br />

tief greifende Virtualisierung stattgefunden, sodass die berufliche<br />

Arbeitstätigkeit immer seltener sicht- und greifbar ist.<br />

Zu einem weiteren evolutionsgeschichtlichen Aspekt: Menschen bringen<br />

Nachwuchs zur Welt, der zunächst sehr dürftig ausgestattet und<br />

extrem hilflos ist. Menschliche Kinder brauchen also<br />

Nahrung und wirtschaftliche Versorgung (Existenzsicherung),<br />

Schutz gegen Wetter, Katastrophen und Aggression,<br />

emotionale Versorgung (Fürsorge, Geborgenheit, Zuhause) sowie<br />

förderliche soziale und kulturelle Entwicklungsbedingungen<br />

(Sozialisation, Identität).<br />

Diese Grundbedürfnisse waren in einer agrarisch geprägten und auf<br />

Eigenversorgung angelegten (Subsistenz-)Wirtschaft noch unmittelbar<br />

erfahrbar und wurden direkt gestillt. Die industrialisierte, globalisierte<br />

und logistisch vernetzte Welt schafft hingegen völlig neue<br />

Voraussetzungen bezüglich der Zufriedenstellung der Grundbedürfnisse<br />

bzw. der Grundversorgung.<br />

In seiner historischen Analyse des Vaterkonzeptes in Europa (Dieter<br />

Lenzen, Transformationen des Vaters – zur Geschichte des<br />

Vaterkonzeptes in Europa, 2002, S.23) kommt Dieter Lenzen <strong>zum</strong><br />

Schluss, dass Väterlichkeit einstmals "etwas Ganzes aus werden lassen<br />

und Bestand erhalten" war, dass diese Funktion im Laufe der<br />

Geschichte jedoch zwischen Kirche, Staat und leibhaftiger Vaterrolle<br />

jeweils unterschiedliche Aufteilungen erfahren habe. In einem sukzessiven<br />

Pro-zess wurde die Rolle der Kirche wegrationalisiert, jene der<br />

leibhaftigen Väter demontiert und diejenige des Staates konsolidiert.<br />

Der Staat beanspruche heute eine allmächtige Position, die den<br />

Vätern lediglich noch eine Stützungsfunktion ("Steuern durch den<br />

Preis der Lebenszeitopferung in Gestalt von Arbeit beiliefern") zubillige.<br />

Dass damit wesentliche Dimensionen und Aspekte individueller<br />

und greifbarer Väterlichkeit an den Staat übergegangen seien,<br />

35


komme in der Rede von "Vater Staat" auch begrifflich <strong>zum</strong> Ausdruck.<br />

Eine neue "Väterlichkeit als Ausdruck einer Beziehung, die leibhaftige<br />

Menschen miteinander unterhalten", könne es allerdings so nicht<br />

geben.<br />

Das Ende des Patriarchats Das Ende des Patriarchats<br />

Die breite und tief greifende feministische Kritik an den überlieferten<br />

patriarchalen Strukturen und Denkweisen hat in den letzten 40 Jahren<br />

wichtige gängige Referenzpunkte eines konstruktiven Begriffs von<br />

"Väterlichkeit" relativiert. Männer und Väter kamen ziemlich pauschal<br />

in Verdacht, sozusagen von Geschlechts wegen potentiell gewalttätig,<br />

übergriffig, sozial unfähig und emotional behindert zu sein.<br />

So verständlich die Kritik an patriarchalen und ausbeuterischen<br />

Strukturen auch ist, sie schlägt häufig den Sack und meint den Esel.<br />

Deshalb ist nachvollziehbar, dass es für nicht wenige heute lebende<br />

Männer demotivierend und lähmend wirkt, quasi von vornherein pauschal<br />

mit Paschagehabe, Machismo und Ausbeutung identifiziert zu<br />

werden. Patriarchales Denken bzw. patriarchale Strukturen werden<br />

weniger individuell repräsentiert, scheinen aber in subtiler Form doch<br />

noch in verschiedenen gesellschaftlichen Einrichtungen und Gebräuchen<br />

durch. Derart fundamentale gesellschaftliche Wandlungsprozesse<br />

sind somit für alle - Männer wie Frauen - sehr herausfordernd<br />

und der Schwebezustand des "nicht mehr" und "noch nicht" ist<br />

im konkreten Alltag oftmals schwierig zu gestalten.<br />

Die in mancher Hinsicht notwendige "Dekonstruktion" althergebrachter<br />

Rollenbilder muss Hand in Hand gehen mit einer konstruktiven<br />

Neubestimmung. Es braucht positive männliche Vorbilder und von<br />

Männern selbst initiierte neue, in der veränderten sozialen Wirklichkeit<br />

lebbare, partnerschaftliche Lebenskonzepte.<br />

Neuerdings setzt allerdings auch auf feministischer Seite eine bemerkenswerte<br />

kritische Analyse ein (vgl. etwa Annette von Friesen,<br />

Schuld sind immer die andern. Die Nachwehen des Feminismus: frustrierte<br />

Frauen und schweigende Männer, Hamburg, 2006). Hier wird<br />

herausgearbeitet, dass durch ein ausgeprägtes Täter-Opfer-Denken<br />

auf Frauenseite und eine pauschale Verurteilung von Männern und<br />

Vätern sehr Vieles blockiert wurde … mit der Wirkung, dass so mancher<br />

Mann und Vater sich auf Rückzug und Schweigen verlegte. Denn<br />

auf diese Weise kann "mann" am wenigsten falsch machen.<br />

36


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Dass die Rückzugsstrategie nicht funktioniert, versteht sich von<br />

selbst. Männer werden - einzeln wie auch im Kollektiv - nicht darum<br />

herum kommen, einen eigenständigen und selbstbewussten<br />

Emanzipationsprozess in Gang zu bringen. Sie werden sich überlegen<br />

müssen, welchen Grundwerten sie sich widmen, welche<br />

Befreiungen sie einfordern und auch welche Kompromisse sie eingehen<br />

wollen.<br />

Es besteht Anlass zur Hoffnung, dass nun tatsächlich eine neue<br />

Bereitschaft <strong>zum</strong> Dialog jenseits von primären und sekundären<br />

Geschlechtermerkmalen einsetzt. Und es ist zu hoffen, dass heutige<br />

Männer und Väter sich offen und selbstbewusst, aber auch profiliert<br />

und konfliktfreudig in die anstehende geschlechterdemokratische<br />

Debatte einbringen. Denn wenn die Patriarchalismus-Kritik der letzten<br />

Jahrzehnte tatsächlich an die edlen Ziele eines menschlicheren,<br />

gerechteren und friedvolleren Zusammenlebens heranführen soll,<br />

dann ist eine selbstkritische, offene, kommunikations- und konfliktfreudige<br />

Haltung unerlässlich - bei Männern wie bei Frauen.<br />

"Väter sind für ihre Kinder da, indem sie "Väter weg sind"<br />

für ihre Kinder da indem sie weg sind"<br />

Die meisten Männer und Väter des 20. Jahrhunderts haben sich den<br />

kaum hinterfragten Prinzipien von Fleiß und Pflichtbewusstsein, von<br />

Gehorsam und Opferbereitschaft, von Leistungsbereitschaft bis zur<br />

Selbstausbeutung, von Genauigkeit bis hin <strong>zum</strong> Perfektionismus, von<br />

Verantwortungsbewusstsein bis zur Selbstaufgabe gebeugt. Sie<br />

haben sich - dem gesellschaftlichen Rollenmodell folgend - auf die<br />

Rolle des Ernährers konzentriert und die grenzenlose Bedürftigkeit<br />

des neuen "Kindes" Arbeitsmarkt bereitwillig akzeptiert.<br />

Hat die wirtschaftliche Entwicklung uns die Väter geraubt, wie kürzlich<br />

ein Fachmann meinte Oder haben wir, beziehungsweise unsere<br />

Väter, die eigenen Bedürfnisse allzu lange ignoriert, hintangestellt -<br />

oder allenfalls an anderen Orten kompensiert Zahlreiche gesellschaftliche<br />

"Mythen der Männlichkeit" (vgl. Markus Fäh, Der perfekte<br />

Mann, Bern, 2004, S.32f) haben den geistigen Kontext dafür geschaffen,<br />

dass die letzten Generationen von Männern und Vätern sich<br />

in ihren Rollen fundamental haben verunsichern lassen. Die mediale<br />

Berichterstattung hat das ihrige dazu beigetragen, dass Vaterbilder<br />

radikal demontiert worden sind. Und jetzt<br />

37


"Was verstehen wir eigentlich im Allgemeinen unter einem ‚Vater' …<br />

Wenn wir davon sprechen, dass ein Kind "bemuttert" wird, dann wissen<br />

wir genau, was gemeint ist. … Vaterschaft hingegen bezeichnet<br />

etwas völlig anderes. … Die Kunst des "BeVaterns" ist in unserer<br />

Gesellschaft fast ausgestorben." (Steve Biddulph, Männer auf der<br />

Suche - sieben Schritte zur Befreiung, Heyne-Verlag, 2003)<br />

Was macht die Vaterrolle bedeutsam Was sind die subjektiv wertvollen<br />

und prägenden Erlebnisse mit Vätern Weswegen lohnt es sich,<br />

Vater zu werden und Vater zu sein Wie kann eine aktive, eigenständige<br />

und selbstbewusste Väterlichkeit unter den heutigen Bedingungen<br />

konstruktiv und gewinnbringend gelebt werden Möge eine<br />

lustvoll gelebte neue Form von Mannsein diesbezüglich ihre motivierende<br />

und gestaltende Kraft entfalten.<br />

1.3 Die Suche nach 1.3 dem Vater Die Suche nach dem Vater<br />

Was fehlende oder abwesende Väter für Kinder bedeuten können,<br />

wurde in den letzten Jahrzehnten verschiedentlich und in vielfältiger<br />

Weise erforscht und aufgearbeitet. Eine Literaturanalyse unter dem<br />

Titel "Vaterentbehrung" (im Auftrag der Männerpolitischen Grundsatzabteilung<br />

des österreichischen Bundesministeriums für Soziales und<br />

Konsumentenschutz, Wien, 2003) versucht einen diesbezüglichen<br />

Überblick zu verschaffen. Es wird betont, dass es sehr bedeutsam sei,<br />

aus welchem Grund die Vaterentbehrung zustande kam (etwa durch<br />

Scheidung, Tod, Suizid, durch "Untertauchen", Verlassen, oder wegen<br />

einem unbekannten oder ignoriertem Vater etc.). Denn der Grund der<br />

Absenz beeinflusst wesentlich, wie die Zurückbleibenden über den<br />

entbehrten Vater sprechen. Ein durch "natürlichen" Tod verstorbener<br />

Vater, über den in Respekt und Würde gesprochen wird, kann für das<br />

Kind bei aller Entbehrung dennoch eine wertvolle Referenz und<br />

Identifikationsmöglichkeit darstellen. Ein Vater, der jedoch als ausschließlich<br />

negative Erinnerung abgelehnt bzw. "gedanklich verbannt"<br />

und tabuisiert wird, lässt nur ein großes Loch zurück. "So leiden<br />

Kinder deutlich stärker, wenn die Trennung vom Vater in einer strittigen<br />

Scheidung der Eltern bedingt ist." (Wassilios Fthenakis, Facetten<br />

der Vaterschaft, 2006, S.159)<br />

Auf dem Hintergrund therapeutischer Arbeit hat sich der<br />

Psychoanalytiker Horst Petri ("Das Drama der Vaterentbehrung -<br />

Chaos der Gefühle, Kräfte der Heilung", 1999) intensiv mit dieser<br />

Thematik auseinandergesetzt. Detailliert und eindrücklich beschreibt<br />

38


er, was die fehlende Identifikations- und Abgrenzungsmöglichkeit an<br />

seelischen Nöten und sekundären Krankheitsfolgen auslösen kann.<br />

So macht es z.B. "früh verinnerlichter Hass auf den nie gekannten<br />

Vater" nahezu unmöglich, eine positive Identifikation mit guten Seiten<br />

von Väterlichkeit ("gutes Vater-Objekt als inneres Hilfs-Ich") aufzubauen.<br />

Und ein fehlender Vater, der sich nicht dem Triangulierungs-<br />

Prozess (vgl. S. 83) stellt beziehungsweise stellen kann, kann die hilfreiche<br />

Dimension im Ablösungs- und Verselbständigungsprozess des<br />

heranwachsenden Kindes nicht <strong>zum</strong> Tragen bringen.<br />

Es scheint erwiesen, dass Väter einen wesentlichen Anteil beim<br />

Aufbau von Selbst- und Weltvertrauen des Kindes haben und gerade<br />

deshalb sind die tendenziell negativen Folgen der Vaterentbehrung<br />

nicht zu ignorieren. "Die Abwesenheit des Vaters schlägt sich im<br />

Selbstwertgefühl, der Selbstkontrolle, dem Wohlergehen und der<br />

Schulleistung des Kindes nieder." (Wassilios Fthenakis, Facetten der<br />

Vaterschaft, 2006, S.160) Allerdings wird auch davor gewarnt, die<br />

Vaterentbehrung - wie dies eine <strong>Zeit</strong>lang in Amerika zur Tendenz<br />

wurde - generell für sämtliche sozialen Probleme sowie für so manch<br />

abweichendes Verhalten junger Menschen verantwortlich zu machen.<br />

Und ebenso wenig darf dies zu einem Pauschalverdacht gegenüber<br />

Alleinerziehenden Anlass geben. Relevant bleibt, wie bereits erwähnt,<br />

in welcher Haltung über den abwesenden Vater gesprochen wird und<br />

ob sich eine neue und verlässliche Beziehung zu einer männlichen<br />

Bezugsperson aufbauen lässt.<br />

Auch die Romanliteratur kennt zahlreiche Variationen der Thematik<br />

des abwesenden Vaters und manches künstlerische Werk wurzelt im<br />

Bedürfnis, die Suche nach dem Vater aufzuarbeiten. Stellt Franz<br />

Kafkas "Brief an den Vater" (Reclam) noch eine von tiefer Verstörung<br />

gezeichnete Abrechnung mit einer als übermächtig erlebten Vaterfigur<br />

dar, so beschreibt Urs Widmer in seinem Werk "Das Buch des Vaters"<br />

(Diogenes TB, 2005) - wenngleich es nicht an Diskrepanz,<br />

Differenzen und familiärer Tragik mangelt - in ironischheiterem Ton<br />

das leidenschaftliche Leben seines Vaters.<br />

Der Salzburger Schriftsteller Walter Müller hat mit "Die Häuser meines<br />

Vaters" (Fischer-Verlag Frankfurt, 2005) einen gleichermaßen von<br />

Entbehrung und Zärtlichkeit gezeichneten Roman über seinen Vater<br />

vorgelegt, den er nie wirklich kennen lernen konnte. "Wenn man nie<br />

mit seinem Vater geredet hat, kann man sich immerhin die tollsten<br />

Geschichten über ihn ausdenken". Dabei handelt es sich um eine<br />

40


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

zuletzt doch liebevolle literarische Verarbeitung, wenn auch mit bitterem<br />

Unterton.<br />

Nun könnte man versucht sein, gerade damit die Vaterabwesenheit<br />

als produktive Kraft zu legitimieren. Angesichts des offenkundigen<br />

Schmerzes, der häufig damit verbunden ist, käme dies allerdings<br />

einer geradezu zynischen Sichtweise gleich.<br />

Wir wollen die defizitären Auswirkungen fehlender Väterlichkeit hier<br />

nicht weiter ausführen, sondern uns umso intensiver der Frage<br />

zuwenden, wie positive Väterlichkeit entstehen und diese gefördert<br />

werden kann.<br />

41


2 Was heisst schon 2 "Vater Was heißt sein" schon "<strong>Vatersein</strong>"<br />

Wo beginnt eigentlich <strong>Vatersein</strong> Peter Ballnik sagt dazu klipp und<br />

klar: "<strong>Vatersein</strong> beginnt im Kopf!" (Ballnik, Positive Väterlichkeit und<br />

männliche Identität, 2005, S.17). Diesen Gedanken wollen wir gar<br />

noch weitertreiben: Während sich das Muttersein auf eine biologische<br />

Evidenz stützen kann (es ist deutlich sichtbar, welcher Körper das<br />

Kind austrägt und aus welchem Leib das Kind geboren wird), ist das<br />

<strong>Vatersein</strong> zunächst einmal reine "Glaubenssache". Positiv formuliert:<br />

<strong>Vatersein</strong> beginnt mit einem bedeutsamen Akt an Vorschuss-<br />

Vertrauen. Und das ist es neben anderen Faktoren auch, was die<br />

Vaterrolle grundlegend von der Mutterrolle unterscheidet und der<br />

Vaterrolle eine unersetzliche sowie eigenständige Bedeutung gibt. Die<br />

Regensburger Familienforscherin Karin Grossmann hat dies ihrerseits<br />

so formuliert: "Kinder machen beim Vater eine entscheidende<br />

Erfahrung: Obwohl sie schwach und hilflos sind, nimmt ein starker und<br />

mächtiger Mensch sie bedingungslos an. Bei der Mutter ist diese<br />

Zuneigung nach neun Monaten uteriner Verbundenheit keine Überraschung,<br />

beim Vater ist sie eine Sensation. Wenn diese "Liebesbeziehung"<br />

gelingt, prägt sie fundamental das Vertrauen und Selbstvertrauen<br />

des Kindes. Und kann beides ruinieren, wenn sie scheitert."<br />

Mit der Aussage dieses Zitates konfrontiert, stellte einer der hier<br />

befragten Väter eher skeptische Überlegungen an: "Wenn ich aber die<br />

Richtigkeit der These unterstelle, könnte ich sie wie folgt erklären:<br />

Selbstvertrauen deshalb, weil der Vater nicht sicher und selbstverständlich<br />

ist wie die Mutter, welcher meist nichts anderes übrig bleibt,<br />

als ihre Rolle anzunehmen und auszuüben. Nimmt der Vater das Kind<br />

an, so tut er es quasi freiwillig und zeigt damit eine besondere Wertschätzung<br />

für das Kind, was dem Kind die Selbstwahrnehmung und<br />

Akzeptanz seiner Person erleichtert; Weltvertrauen vielleicht, weil der<br />

Vater eher der "großen Welt da draußen" zugerechnet wird und durch<br />

seine Präsenz für das Kind diesem den Anschein der Teilhabe an dieser<br />

Welt und deren "Beherrschung" suggeriert. Die These hat jedenfalls<br />

nach diesen Erklärungsversuchen einen Anflug von männlicher<br />

Hybris." (Swö) Mit der alten lateinischen Sentenz "mater certa, pater<br />

semper incertus est" (die Mutter ist gewiss, der Vater immer ungewiss)<br />

wird deutlich, dass es sich hierbei um ein Faktum mit menschheitsgeschichtlicher<br />

Tragweite handelt, dessen sich schon frühere<br />

Generationen bewusst waren.<br />

42


Auch der französische Entwicklungspsychologe Jean Le Camus weist<br />

auf die eigentliche Definitionsmacht der Mutter hin und auf die<br />

Tatsache, dass letztlich die "Mutter bestimmt, wer der Vater ist". Mit<br />

aller Radikalität hält er fest, dass <strong>Vatersein</strong> eine Rolle sei, die nur<br />

durch Anerkennung bzw. Zuschreibung durch die Umwelt zustande<br />

komme. Eine Mutter muss den Vater in dieser Rolle wollen, ansonsten<br />

kann sein Bemühen um Väterlichkeit leicht ins Leere laufen.<br />

Die aktuellen Debatten über "Kuckuckskinder" und über die<br />

Berechtigung <strong>zum</strong> (heimlichen, ohne Zustimmung der Mutter erfolgenden)<br />

Vaterschaftstest entbehren nicht einer gewissen Brisanz.<br />

Dennoch sei festgehalten, dass die obige Feststellung nicht auf eine<br />

allgemeine Verunsicherung und eine diesbezügliche Misstrauenshaltung<br />

abzielt. Es soll jedoch hervorgehoben sein, dass Väter eine<br />

enorme Vertrauensleistung erbringen! Noch bevor sie aktiv werden<br />

und mit dem Kind spielen, es wickeln etc., geschieht mit der Anerkennung<br />

der Vaterrolle ein großer Vertrauensvorschuss. Diesen gilt<br />

es anzuerkennen und wertzuschätzen. Auf diesem Vertrauensbeweis<br />

kann Väterlichkeit aufbauen.<br />

Peter Ballnik (a.a.O., S.17) charakterisiert Väterlichkeit bzw. den Vater<br />

zudem als<br />

Wechselwirkung zwischen einem schutzbedürftigen und einem<br />

schutzbietenden Wesen,<br />

eine Beziehung in Wohlgesonnenheit, Fürsorglichkeit und Nähe im<br />

Spannungsfeld zwischen Forderung und Förderung,<br />

einen Begleiter in die Welt / eine Person mit Erfahrungsvorsprung.<br />

Soziale Väterlichkeit kann auch unabhängig von biologischer<br />

Väterlichkeit <strong>zum</strong> Tragen kommen, etwa in Patchwork-, Pflege- und<br />

Adoptivfamilien.<br />

Tatsächlich wird es auf dem Hintergrund dieser Argumentationslinie<br />

sekundär, wer der biologische Vater ist. Oder anders ausgedrückt:<br />

Jeder Vater nimmt eine soziale Vaterrolle wahr (wenn er sie denn wahrnimmt);<br />

der Glaube an seine biologisch-genetische Vaterschaft mag es<br />

ihm allerdings erleichtern, zu diesem seinem Kind das erwähnte<br />

Vorschussvertrauen aufzubringen und seine soziale Verantwortung<br />

wahrzunehmen. Wenn biologische Vaterschaft gar nicht so relevant ist,<br />

44


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

dann darf die soziale Vaterschaft umso mehr in Freiheit und Balance zur<br />

Geltung gebracht werden. Väter könnten daraus ihr Recht ableiten, mit<br />

Übernahme von Vater-Verantwortung auch in relevantem Maße am<br />

Aufwachsen des Kindes teilhaben zu wollen und sich nicht auf die alleinige<br />

Ernährerrolle reduzieren zu lassen. Denn Väter sind für ihre Kinder<br />

in erster Linie als Interaktionspartner wichtig und vice versa.<br />

Die nachfolgenden Erfahrungsberichte aus unserem Mailwechsel<br />

zeichnen vielgestaltige Bilder über die Bedeutung der Vaterrolle.<br />

2.1 Erfahrungsberichte heutiger VätWann hast 2.1 Du Erfahrungsberichte begonnen, heutiger Väter…<br />

Vatergefühle zu entwickeln<br />

Wann hast Du begonnen, Vatergefühle zu entwickeln<br />

Ich trug das Gefühl bereits als junger Mann in mir. Vater zu werden,<br />

betrachtete ich als das größte Glück und ich wünschte mir immer<br />

eine Familie. Später, mit der Geburt des ersten Kindes fühlte ich<br />

mich von Anfang an wohl, sicher und entschieden, für dieses Kind<br />

immer da zu sein, mit allem, was dazugehört. Ein unglaublich tragendes<br />

und freudiges Gefühl. Und dankbar, dass ich in dieser Rolle<br />

als Vater leben darf. Das Gefühl hat sich in den elf Jahren Vaterschaft<br />

nicht verändert. (Cbi)<br />

Die "überwältigenden Gefühle", wenn ein Mann realisiert, dass er<br />

jetzt Vater dieses Kindes ist, kenne ich selber nicht. Für mich ist ein<br />

entscheidender Moment, dass ich meine Bereitschaft, Vater zu<br />

werden, meiner Partnerin ganz klar mitgeteilt habe. Mit dem bedeutungsvollen<br />

Nachsatz, dass ich eigentlich nicht begründen könne,<br />

weshalb. Als meine Partnerin dann schwanger wurde, dann freute<br />

mich das, vor allem auch, dass es so ohne großes bewusstes<br />

Zutun geschehen konnte. Unmittelbar nach der Geburt beider<br />

Töchter ist es ein sehr beglückendes Gefühl gewesen, sie in den<br />

Arm nehmen zu können, jetzt auch das Neugeborene aus dem<br />

Bauch meiner Partnerin tragen zu können. Was vielleicht mit<br />

Vatergefühl umschrieben werden könnte, ist eine innere Mitteilung<br />

<strong>zum</strong> Kind: "Du bist mir völlig unbekannt - ich habe den Wunsch dich<br />

kennen zu lernen." Ich könnte mir vorstellen, dass diese Zusage:<br />

"Ich möchte dich kennen lernen" ein wichtiger Teil vom<br />

Vaterwerden beziehungsweise <strong>Vatersein</strong> ist. (Gza)<br />

Bereits mit der Nachricht, dass ein neues Leben entsteht, begann<br />

bei mir der Bindungsprozess <strong>zum</strong> ungeborenen Kind. Mit der<br />

45


Geburt des Kindes (Geburtshaus, in Anwesenheit bei der natürlichen<br />

Entbindung) wurde diese Bindung Vater-Sohn augenblicklich<br />

manifest. Das Neugeborene hatte ab Geburt genauso Bezug <strong>zum</strong><br />

Vater, wie auch zur Mutter. Es ist alles eine Frage der geistig-körperlichen<br />

Präsenz. (Pho)<br />

Ich begleitete meine Frau zu den Vorsorgeuntersuchungen und<br />

hatte damit schon früh, bevor das Kind zur Welt kam, väterliche<br />

Gefühle. Beide Kinder kamen per Kaiserschnitt zur Welt. Ich hatte<br />

Gelegenheit, bei der Erstversorgung dabei zu sein und ihnen den<br />

ersten Schoppen zu geben. Ich war also von Anbeginn für das Kind<br />

mitverantwortlich, die Vatergefühle stellten sich deshalb automatisch<br />

ein. <strong>Vatersein</strong> fühlt sich gut an! Es ist eine neue Rolle, ein<br />

Seitenwechsel: Bisher war man immer Sohn, jetzt ist man plötzlich<br />

(auch) Vater. Im Quartier, in dem ich damals wohnte, grüßten mich<br />

manche Leute erst, als ich Vater wurde! <strong>Vatersein</strong> ist mit viel Zärtlichkeit<br />

verbunden, aber auch mit Autonomieverlust. Viele Entscheide<br />

werden jetzt unbewusst vom Kind getroffen, und man<br />

muss sich wohl oder übel darauf einstellen. Kinder zu haben ist<br />

wunderschön und mühsam. Kinder machen glücklich und müde.<br />

(Pan)<br />

Mit dem Bauch der Mutter wuchs auch mein Wunsch, ein verantwortungsvoller<br />

Vater und Begleiter für meine Kinder zu werden.<br />

Allerdings beschränkten sich da<strong>zum</strong>al die Vorbereitungskurse für<br />

werdende Väter auf die Geburtsvorbereitung. Wie man Vater wird<br />

und ist, das war mir überlassen. So standen mir, wie so manch<br />

anderem Mann, nur meine eigenen Erfahrungen als Sohn zur<br />

Verfügung. Aus ihnen schied ich das aus, "was ich meinen Kindern<br />

nicht antun wollte" und kreierte Wünsche und Vorstellungen, wie<br />

ich gerne sein würde. Wie fühlt sich <strong>Vatersein</strong> an Vor dem ersten<br />

Kind in erster Linie ein Gefühl der Verantwortung, auch als Last<br />

empfunden. Mein Gefühl als Vater heute ist immer noch eines der<br />

Verantwortung, aber - und dies als Gewinn von 25-jähriger Vaterschaft<br />

- zunehmend auch ein Gefühl der Freude und Genugtuung,<br />

"meinen" Kindern ein wichtiger Begleiter sein zu dürfen. (Jkü)<br />

Mit der Schwangerschaft meiner Frau. Wie fühlt es sich an GUT!<br />

(Mgo)<br />

Kann ich nicht genau sagen, aber Stationen oder Momente aufzählen:<br />

Verhütung absetzen: Schwangerschaft - Freude, Unsicherheit,<br />

46


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

diffuses Gefühl, baue Wickeltisch, Wohnung wird anders eingerichtet,<br />

handfeste Beschäftigung mit meiner Vaterschaft. Geburt: dabei<br />

sein, unterstützen, mitgehen, mitfühlen. Der Moment, als das Kind<br />

endlich da ist, berührt mich sehr, aber sind das Vatergefühle Im<br />

Spital abholen: Ich bin ziemlich aus dem Häuschen, innerlich desorientiert.<br />

Jetzt habe ich Verantwortung, aber welche Langsam<br />

entsteht Beziehung <strong>zum</strong> Kind: baden, wickeln, tragen, bis es einschläft,<br />

nachts aufstehen, manchmal überfordert, mit Stinkwut auf<br />

den "Störefried" Kind, der mein ganzes Leben aus den Fugen geraten<br />

ließ, weil ich einen ganz anderen Umgang mit der <strong>Zeit</strong> lernen<br />

muss. Aber auch Freude über das Ursprüngliche, Vitale, die<br />

Lebenskraft, über das Leben, das da heranwächst. Ein Wochenende<br />

allein mit dem Kind, das zudem noch krank ist: Fieber messen<br />

(das Kind will nicht), steigt das Fieber oder bleibt es Braucht<br />

es (ein) fiebersenkendes Zäpfchen oder eher nicht Wie viel hat es<br />

getrunken, es will natürlich auch nicht trinken, was für einen<br />

Säugling rasch gefährlich wird. Im Rückblick würde ich sagen, an<br />

diesem (anstrengenden und nervenaufreibenden) Wochenende bin<br />

ich definitiv Vater geworden. (Mge)<br />

Schon lange vor der Geburt des ersten Kindes: Wir hatten eine<br />

"Verhütungspanne" und dachten, dass meine Partnerin schwanger<br />

sei. Obwohl der <strong>Zeit</strong>punkt denkbar ungünstig gewesen wäre<br />

(anstehendes Lizentiat, finanziell prekäre Situation), spürte ich,<br />

dass ich mich auch freuen würde, und dass eine Abtreibung kein<br />

Thema wäre: Bei dieser Gelegenheit spürte ich den Wunsch, Vater<br />

zu werden. Während der ersten Schwangerschaft hatte ich<br />

dann schon häufig ein eher "defizitäres" Erleben. Meine intensivsten<br />

Gefühle waren eher Angst, Unsicherheit, ob ich der noch<br />

unbekannten Verantwortung gerecht würde, große Liebe und<br />

Verbundenheit zur Partnerin. Die Beziehung <strong>zum</strong> Kind aufzubauen,<br />

war mir aber nicht möglich und ich spürte stark den Unterschied zur<br />

Beziehung, die meine Partnerin zu ihm schon aufbaute. Bei der<br />

Geburt ergaben sich im Geburtshaus Komplikationen, so dass wir<br />

ins Spital wechseln mussten. Nach 36 Stunden vom Sprung der<br />

Fruchtblase bis zur Geburt waren wir beide sehr erschöpft und ich<br />

definitiv in einem veränderten Bewusstseinszustand. Aber gerade<br />

dieses Durchschreiten eines extremen Gefühlsbades öffnete mich<br />

von dieser Stunde an in ungekannter Weise, und ich erlebte das<br />

Kind als unfassbares Geschenk. Die Entwicklung der weiteren<br />

Beziehung war für mich stark von Körperlichkeit auch zu dritt<br />

geprägt. Ich hatte drei Monate Vaterschaftsurlaub und so konnten<br />

47


wir in den Tag hinein leben. Ich übernahm einen großen Teil der<br />

Versorgung und Pflege des Kindes. In diesen Tätigkeiten entwikkelte<br />

sich dann dieses "Väterliche". Ich fühlte die Schwere und<br />

doch völlige Selbstverständlichkeit der übernommenen Verantwortung.<br />

Und ich erlebte <strong>Zeit</strong>en eines unglaublichen Glücksgefühls:<br />

<strong>zum</strong> Beispiel: das Kind im Tuch, die Reflexionen der<br />

Blätter von Frühlingsbäumen in seinen dunklen Augen. (Mhu)<br />

Spontan erinnere ich mich an einen Wintertag 1978, als ich mit dem<br />

zweijährigen Sohn Manuel und meiner Partnerin einen Winterspaziergang<br />

rund um den Gurten unternahm. Es war kalt und ich<br />

war mit Kinderwagen, darin Manuel gut eingepackt, unterwegs.<br />

Schon das Durch-den-Wald-stampfen, das Stoßen des Kinderwagens<br />

über Schneewächten und eisige Stellen, und bei der<br />

Rückkehr das Umsorgen und Wärmen des Kinderkörpers. Diesen<br />

Tag verbinde ich mit meinen ersten Vatergefühlen. Einerseits ein<br />

kräftiger, Kraft kostender Spaziergang und andererseits ein behutsames,<br />

fast zärtliches Umsorgen des kleinen Kindes. <strong>Vatersein</strong><br />

fühlt sich als etwas Beschützendes an, das alle meine Kräfte,<br />

Sinne und Gedanken fordert und mir auch zeigt, dass all das bei<br />

mir als Mann vorhanden und abrufbar ist. (Jvo)<br />

Als ich erfuhr, dass ich Vater werde, erfüllte mich riesiges Glück.<br />

Für einige Minuten wich mir sämtliche Kraft aus den Fingern und<br />

ich war nicht mehr in der Lage, etwas zu halten. Die Freude hielt<br />

an und als ich das erste Ultraschallbild sah, verstärkte sich meine<br />

Vorfreude und ich hatte das erste Mal das Gefühl, dass ich meine<br />

Tochter im Herzen spüren konnte. Ich fühlte mich von da an verantwortlich<br />

für mein Töchterchen und meine Vorfreude war kaum mehr<br />

zu ertragen. Als die Bewegungen in Bauch anfingen, fühlte ich mich<br />

als Vater. Ich wusste von da an, dass meine Leila auf das<br />

Bauchstreicheln und meine Stimme reagierte. Meine Vatergefühle:<br />

Dies war ein schleichender Prozess und je mehr ich von meiner<br />

Tochter sehen und fühlen konnte, (umso) mehr entwickelten sich<br />

diese. <strong>Vatersein</strong> fühlt sich für mich fröhlich, belebend, stolz, fürsorglich,<br />

ängstlich, zärtlich, behütet, zufrieden, erfüllt, einfach<br />

unheimlich glücklich an. (Mgt)<br />

Habe bereits Vatergefühle entwickelt beim ersten Ultraschall-Bild<br />

(ca. zehnte Schwangerschaftswoche). (Die) Geburt war für mich<br />

überhaupt das einschneidendste Erlebnis meines bisherigen<br />

Lebens. Ein weiterer Schritt ist, das erste Mal alleine zu sein mit<br />

48


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

dem Baby. In der Karenzzeit war ich dann hauptverantwortlich für<br />

das eineinhalbjährige Kleinkind, was auch wieder sehr wichtig war<br />

für die Vertiefung der Beziehung. <strong>Vatersein</strong> fühlt sich gut an. Erfüllt<br />

mit Stolz; konfrontiert mit Leben und hat dadurch enormen<br />

Tiefgang. (Tmi)<br />

Als ich erfuhr, dass ich Vater werde, war ich zuerst einmal mächtig<br />

stolz auf mich. Große Freude machte sich breit. Meine Frau weilte<br />

in dem Moment in Brasilien und ich musste einen Monat - alleine -<br />

auf sie und "meinen" Bauch warten. Es war einfach ein wunderbar<br />

gutes Gefühl. Als ich dann Hayo bei der Geburt abnabeln durfte,<br />

wurde mir plötzlich auch die große Verantwortung klar. Heute - mit<br />

zwei kleinen Kindern - weiss ich, dass <strong>Vatersein</strong> wunderbar ist, ich<br />

liebe diese Rolle, aber manchmal ist es auch ganz schön schwierig.<br />

Wir als Paar, als Individuen müssen ganz oft hinten anstehen,<br />

was unsere Bedürfnisse anbelangt. (Psc)<br />

Vatergefühle Als die ersten beiden Schwangerschaften im frühesten<br />

Stadium verloren gingen. Mehr aber im Sinne von "ich kann<br />

Vater werden, (ich bin) zeugungsfähig und meine Frau ist gebärfähig".<br />

Dann während der ersten Schwangerschaft, die klappte, als<br />

eigentlich niemand damit gerechnet hatte aus medizinischer Sicht,<br />

und wir rückblickend klar wussten, wann das Kind gezeugt wurde.<br />

Schön und gleichzeitig mit Respekt, aber nicht reflektiert, sondern<br />

mehr mit einem Vertrauen zueinander und ins Umfeld, dass es gut<br />

werden wird. (Cba)<br />

Gute Frage! Das kam so langsam, ist eher leise gewachsen, so<br />

während der Schwangerschaft, irgendwie auch mit dem Bauch der<br />

werdenden Mutter. Einen Gump [Sprung] vorwärts haben meine<br />

Vatergefühle jeweils dann gemacht, wenn meine Partnerin schlief,<br />

aber das Baby im Bauch wach war und auf Druckspiele meinerseits<br />

reagierte, das war absolut ein Hammer. Es gab so einige wenige<br />

Augenblicke während der Schwangerschaft, da ich dem Kind näher<br />

war als meine Partnerin, da war die Beziehung wie direkt. Da<br />

ging es dann jeweils schon los mit Vatergefühlen. Das wurde dann<br />

stärker bei und nach der Geburt, mit allem Tun und Machen und<br />

Sein nachher. <strong>Vatersein</strong> ist groß, schön, stark. Ich fühle mich verantwortungsvoll,<br />

ich habe eine "richtige" Aufgabe, ich habe eine<br />

satte, intensive Rolle, mich braucht es. (Es) fühlt sich an wie die<br />

perfekte Mischung aus Supermann und "Total-machtloser-dem-<br />

Leben-Zugucker". Wenn ich da jetzt über diese Vatergefühle<br />

49


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

bezüglich meinen leiblichen Kindern sinniere, kommen mir noch<br />

andere Beziehungen in den Sinn, wo ich ähnliche Gefühle hatte:<br />

als Leiter einer Cevi-Gruppe ("meine Jungs!"), als Veranstalter von<br />

Kursen, Tagungen, in Projekten, in denen ich mich stark hinein gegeben<br />

habe, als Selbständiger am Schaffen. Ja, das hat schon<br />

was, ich kann irgendwie auch Papa-vergleichbare Gefühle zu<br />

anderen Menschen oder auch "Sachen" haben. (Mba)<br />

Zum ersten Mal mit meiner damaligen Partnerin. Ich war 26 Jahre<br />

alt, sie zwei Jahre älter und hatte drei Knaben. Das waren undeutliche<br />

und vage Gefühle, die ich heute als Vatergefühle deuten<br />

kann. Damals empfand ich "einfach" große Zuneigung und Zugehörigkeit.<br />

Zum zweiten Mal heftig und überwältigend bei der Geburt<br />

meiner Tochter. Das unbedingte Wissen und Gefühl: Ich stehe ein<br />

mit meinem ganzen Leben und meiner Kraft für dieses kleine, wunderbare<br />

Wesen hier in meiner Hand. Ich werde wachsen mit ihr und<br />

nicht weichen müssen, denn ich bin (ihr) Vater. Irgendwie: Endlich<br />

eine Beziehung, die nicht in Frage steht, die nicht verteidigt oder<br />

gerechtfertigt werden muss. Eine echte Erlösung. <strong>Vatersein</strong> ist<br />

wunderbar, die Verantwortung, das Vorbild, die Kraft, das<br />

Schützen, das Wählen und bald das Gewähren und schließlich<br />

Loslassen, im Vertrauen auf das gemeinsam Gelebte. (Vsc)<br />

Beim Alleinsein mit unserer Tochter (Papatage). <strong>Vatersein</strong> fühlt sich<br />

gut an. Ich merke, dass mich meine Tochter braucht. Eine<br />

Bereicherung für mein Leben. Es bringt mich als Mensch enorm<br />

weiter. Es wirft mich auf mich zurück und lässt mich meine Kindheit<br />

und Beziehung zu meinen Eltern nochmals durchleben. Ich werde<br />

erwachsen! (Iwe)<br />

Ich stellte mir bereits als Junge vor, einmal Vater von einem Jungen<br />

und einem Mädchen zu sein, hatte dabei auch konkrete Vorstellungen,<br />

was ich alles unternehmen würde mit ihnen, nämlich<br />

alles, was ich damals selber gerne tat: zelten, Feuer entfachen,<br />

Würste braten, spielen, etc. Als meine Partnerin schwanger war,<br />

wurden diese Vatergefühle wieder wach, die während Pubertät und<br />

Studienzeit eher im Hintergrund waren. Stolz, neuer Lebensabschnitt,<br />

(das) Bewusstsein, Verantwortung zu tragen. Ich spürte,<br />

dass ich nun vom Sohn <strong>zum</strong> Vater wurde. Nach der Geburt meines<br />

ersten Kindes, aber auch der beiden folgenden Kinder, spürte ich<br />

immer eine große Dankbarkeit. Ich war dankbar, überhaupt Vater<br />

von einem Kind sein zu können und hätte am liebsten die ganze<br />

51


Welt umarmt. Ich spüre mich als Vater fest als Teil des Wunders<br />

"Leben". Ich bin als Vater verantwortlich, dass Leben weiter geht,<br />

dass meine Kinder (eine) Zukunft haben, die über meine <strong>Zeit</strong> hinausgeht.<br />

(Tbe)<br />

Im Alter von 37 Jahren: <strong>Vatersein</strong> fühlt sich sehr gut an. (Jba)<br />

Schon bevor ich meine Frau kennen lernte, wollte ich immer Kinder<br />

haben, das war klar. Diese "theoretischen Gefühle" wurden mit der<br />

Geburt des ersten Kindes um die reale Praxis erweitert. <strong>Vatersein</strong><br />

ist für mich ein tiefes Gefühl von Richtigkeit und Stimmigkeit, das<br />

Herausforderungen und Belastungen relativiert und mich diese mit<br />

Gelassenheit sehen lässt. Ich will es nicht missen und empfinde<br />

Dankbarkeit, auch weil ich weiß, dass ich dabei mit den Kindern<br />

wachse und somit erwachsener werde. (Lbü)<br />

Das Verantwortlichsein empfand ich sehr stark schon bei unseren<br />

Haustieren, Hund u. Katzen. Unser einziger Hund starb in meinen<br />

Armen. Dann besonders (und in ganz neuer Qualität) mit der<br />

Geburt unserer ersten Tochter Lena, sehr stark auch mit der Geburt<br />

unseres zweiten Kindes, unseres Sohnes Lorenz. Für mich bedeutet<br />

<strong>Vatersein</strong>, Zuversicht auszustrahlen, mitzuerleben, anzuerkennen<br />

und vor allem zu "segnen", die Hand auf die Schulter unserer<br />

Kinder zu legen, um ihnen Rückhalt im Leben zu schenken. (Kmu)<br />

Kurz nach dem Schreck über das erste, ungeplante Kind entwickelte<br />

sich eine Vorfreude auf das Vater-Werden, vorgefühlte Verantwortung,<br />

vorgefühlter Stolz. Mit der Geburt wurde dann ganz offensichtlich<br />

Stolz und Freude spürbar, ein Menschenleben in die Welt<br />

gesetzt zu haben. Heute (die Kinder sind elf und 19 Jahre alt) empfinde<br />

ich das Vatergefühl oft als Belastung, als ständige Bewährungsprobe,<br />

als ständige Forderung "zu funktionieren". (Jor)<br />

In der Schwangerschaft bin ich überall hin, wo es nur ging, mitgegangen,<br />

(etwa <strong>zum</strong>) Arzt, (<strong>zum</strong>) Geburtsvorbereitungskurs. (Ich)<br />

hatte Bücher über das werdende Leben verschlungen und eine<br />

Segnungsfeier für Schwangere in unserer Pfarre organisiert. Nach<br />

der Geburt - durch Kaiserschnitt - wurde mir Samuel ca. eine halbe<br />

Stunde auf meinen Oberkörper gelegt. Diese halbe Stunde ist mir<br />

sehr wertvoll!!! Einige Wochen nach der Geburt habe ich in den<br />

Spiegel geschaut und plötzlich mich als Vater gesehen. Dieses<br />

Gefühl war noch sehr ungewohnt. Es erfüllt mich mit Stolz und<br />

52


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Freude, wenn Samuel wieder etwas Neues gelernt hat, wie beispielsweise<br />

vor kurzem das erste Mal alleine mit dem Löffel zu<br />

essen. (Rwi)<br />

Erste Vatergefühle waren gleich nach der Geburt vorhanden, als<br />

nach diesem dramatischen Geschehen unser Baby erschöpft da<br />

lag. Diese Vatergefühle haben sich im Zuge der Babypflege, dem<br />

Kosen, Kuscheln und Spielen mit dem Baby zunehmend verstärkt.<br />

Ich fühle eine tiefe Verbundenheit zu meinen Kindern, eine große<br />

Zärtlichkeit und eine Sorge (und) Verantwortung für ihr Wohlergehen.<br />

(Swö)<br />

Wie möchtest Du "Väterlichkeit", <strong>Vatersein</strong> Wie leben möchtest Du "Väterlichkeit" leben, Vater sein<br />

Ich möchte als Mann für die Kinder präsent sein, aber ich möchte<br />

auch die Partnerschaft pflegen und genießen. Und die Kinder dürfen<br />

sehen, dass ihr Papa auch <strong>Zeit</strong>en hat, (in denen) er alleine oder<br />

mit Freunden unterwegs ist. Meine Väterlichkeit im Alltag sieht nicht<br />

so anders aus als die Mütterlichkeit (meiner Partnerin): frühstükken,<br />

haushalten, kochen, essen, spielen, streiten, lachen, blödeln,<br />

Hausaufgaben machen, <strong>zum</strong> Zahnarzt gehen, in die Badi<br />

[Schwimmbad] gehen, Kontakte im Quartier pflegen. Ich weiß, dass<br />

ich nicht wie ihre Mama bin. Wichtig scheint mir, dass wir diese<br />

Unterschiedlichkeit gelten lassen und sie als richtig annehmen.<br />

Das geht gut so, denn wir als Eltern haben die gleichen Grundprinzipien:<br />

(Nämlich) Kinder so zu begleiten, dass sie sich zu<br />

selbstsicheren, gesunden und fröhlichen Wesen entwickeln können,<br />

was oft auch eine undiskutierbare Führung (auf der Seite) von<br />

uns Eltern bedeutet. (Cbi)<br />

Schon bevor meine Partnerin schwanger war, haben wir uns beruflich<br />

so eingerichtet, dass wir 50/50 Beruf/Familienarbeit realisieren<br />

konnten. <strong>Vatersein</strong> ist bei mir in gewissem Sinne synonym mit<br />

Familienarbeit und Hausarbeit machen. <strong>Vatersein</strong> heißt, den gleichen<br />

Anteil an häuslicher Arbeit und Kinderbetreuung zu machen<br />

wie die Frau/Mutter. Als wir schon beide Töchter hatten, ging meine<br />

Partnerin einmal für einen Monat mit einer Freundin nach Mexiko.<br />

(Da konnte ich feststellen, dass ich Beziehungsqualitäten übernehmen<br />

konnte, die die beiden Mädchen sonst eher bei meiner<br />

Partnerin suchten.) Das war ein Moment, wo ich mich deutlicher als<br />

Vater wahrgenommen hatte, vollumfänglich für die Kinder zuständig<br />

und auch von ihnen darauf verpflichtet zu sein. Ich habe diesen<br />

53


Monat in sehr guter, positiver Erinnerung. Es ist offensichtlich, dass<br />

ich mich in meinem Verhalten, in meinen Interaktionen, Entscheidungen<br />

und Zuwendungen von anderen Kriterien und Gefühlen leiten<br />

lasse als meine Partnerin. Aus dieser Sicht war mir schnell klar<br />

geworden, dass mein <strong>Vatersein</strong> etwas anderes ist als ihr Muttersein.<br />

(Gza)<br />

<strong>Vatersein</strong> bedeutet Verantwortung sich selbst und dem Kind gegenüber.<br />

Die Geborgenheit der ersten Lebensjahre schenken, die<br />

Herausforderungen als Begleiter in der Kindheit annehmen, bis hin<br />

zu "führenden" und "leitenden" Inhalten während einer entstehenden<br />

Adoleszenz. (Pho)<br />

Für mich und für meine Frau war von Anfang an klar, dass wir die<br />

Kinder zusammen wollten und dass wir uns auch gemeinsam um sie<br />

kümmern wollten. Ich habe deshalb von Anfang an mit den Kindern<br />

gelebt, bin mit ihnen spazieren gegangen etc. Später haben sie mich<br />

auch (zur) Arbeit begleitet. Mit andern Worten: Meine Kinder sollen<br />

meinen normalen Alltag miterleben können. Ich schalte nicht eine<br />

"quality hour" täglich ein und bin ansonsten nicht vorhanden. Da ich<br />

mit meiner Frau die Erwerbs- und Betreuungsarbeit teile, sind die<br />

Kinder auch im Haushalt und bei der Hausarbeit um mich, ich mache<br />

mit ihnen Schulaufgaben, helfe ihnen bei Spielen etc. <strong>Vatersein</strong> heißt<br />

für mich also in erster Linie, mit den Kindern zusammen zu leben,<br />

ganz normal zu leben, das volle Programm. (Pan)<br />

<strong>Vatersein</strong> bedeutet für mich heute, meinen Kindern (in erster Linie<br />

den Söhnen) eine mögliche Form des Mannseins vorzuleben. Als<br />

lebendes Modell zu wirken, dort Stellung zu beziehen, wo es für<br />

mich wichtig ist. Meinen Kindern möchte ich eine verlässliche<br />

Persönlichkeit und (ein) Partner sein, dies mehr in emotionaler als<br />

finanzieller Hinsicht. Ich wünsche mir, dass meine Kinder mich als<br />

Mann erleben, der sie niemals zurückweist, (der) <strong>Zeit</strong> für sie hat<br />

und (als) jemanden, mit dem sie auch <strong>Zeit</strong> verbringen möchten.<br />

<strong>Vatersein</strong> bedeutet auch loszulassen, auszuhalten, im Hintergrund<br />

zu stehen und Entwicklungen zuzulassen, ohne ständig die<br />

Richtung mitbestimmen zu wollen. Versuch und Irrtum sollen für<br />

meine Kinder (möglich) sein und ich möchte ihnen ein Hafen sein,<br />

in dem sie jederzeit ankern können. (Jkü)<br />

Liebe schenken, Vertrauen geben, Werte vermitteln, die Kinder zur<br />

Selbständigkeit erziehen, für meine Kinder da sein. (Mgo)<br />

54


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

<strong>Vatersein</strong> heißt für mich, eine verbindliche, persönliche, wertschätzende<br />

und gegenseitige Beziehung mit meinen Kindern zu haben:<br />

gegenseitig am Leben Anteil nehmen und Anteil haben lassen, vom<br />

äußeren und inneren Leben des anderen eine Ahnung haben.<br />

(Mge)<br />

In erster Linie Dasein, Empfänglichsein und Spürbarsein als<br />

Mensch und Gegenüber für meine Kinder. In dieser Präsenz versuche<br />

ich situativ angepasst und nicht von Grundsätzen geleitet zu<br />

handeln. (Mhu)<br />

<strong>Vatersein</strong> heißt für mich als erstes, als Vater vorhanden (zu) sein,<br />

als Vater präsent (zu) sein und wahrgenommen (zu) werden, ein<br />

mir <strong>Zeit</strong> nehmen für die Kinder und auch <strong>Zeit</strong> nehmen mit meiner<br />

Partnerin, um die Fragen, Situationen im Zusammenhang mit den<br />

Kindern auszutauschen und nach Lösungen, um Entscheidungen<br />

zu ringen, schauen, was ist gemeinsam, was unterschiedlich. Mein<br />

<strong>Vatersein</strong> lebe ich konkret mit den Abmachungen meiner Partnerin,<br />

wie wir uns Familien- und Berufsarbeit teilen. Meine Väterlichkeit<br />

lebe ich im Alltag, indem ich zu rund 50% Kinder- und Haushaltarbeit<br />

übernehme und während einer bestimmten <strong>Zeit</strong> meine<br />

beruflichen Ambitionen zurückstelle und (dennoch) gleichzeitig im<br />

Beruf stehe. (Jvo)<br />

<strong>Vatersein</strong> heißt für mich, dem Kind Liebe und Vertrauen zu geben,<br />

Werte zu vermitteln und Vorbild zu sein. Es heißt auch, Ängste um<br />

das Kind zu erleben, Zärtlichkeiten zu genießen, für das Kind zu<br />

sorgen und auch Freiheiten aufzugeben, um neue Freiheiten und<br />

Glück erleben zu dürfen. Ich möchte dem Kind zeigen, dass es<br />

immer geliebt wird und eine sichere und vertrauensvolle Burg zu<br />

Hause hat. Ich nehme mir vor, ihm auch Grenzen zu zeigen. Es soll<br />

wissen, dass es geliebt ist und Wert und Wertschätzung lernen. Ich<br />

möchte auch dem Kind und der Partnerin meine Gefühle in Bezug<br />

auf die Vaterrolle mitteilen. Ich möchte liebevoll, menschlich (mit<br />

allen Fehlern und Unzulänglichkeiten), vertrauensvoll Vater und<br />

Vorbild sein. (Mgt)<br />

<strong>Vatersein</strong> heißt für mich, das Kind in den Mittelpunkt zu stellen, mit<br />

all dem, was es braucht, wo es alleine gelassen werden will und wo<br />

es Rückhalt braucht. Es ist für mich mit viel Freude verbunden,<br />

aber auch mit Verantwortung übernehmen. Es war für mich ein<br />

neues Gefühl, einen Menschen zu haben, der vollständig abhängig<br />

55


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

ist von einem. Ich möchte für meine Kinder da sein, wenn sie mich<br />

brauchen. Ich möchte es zudem auch wahrnehmen können, ob sie<br />

mich brauchen, und was sie von mir brauchen: Rückhalt,<br />

Zärtlichkeit, Wissen, Erfahrung, Freiheit, Vertrauen. Im Alltag<br />

möchte ich den Kindern auch ausreichend <strong>Zeit</strong> widmen, um das zu<br />

bemerken, was sie von mir brauchen. Ich möchte die Kinder aber<br />

auch spüren lassen, dass meine Frau und ich eine Beziehung<br />

haben und es auch wichtig ist, diese Beziehung am Leben zu halten<br />

und dass mir das gut tut und damit auch ihnen. (Tmi)<br />

Ich möchte ein psychisch und physisch präsenter Vater sein. <strong>Zeit</strong><br />

haben für die Kinder, sie in ihrem Wachstum unterstützen, ihnen<br />

aber nicht alles abnehmen. Ihnen aber auch Grenzen setzen und<br />

auch mal konsequent und "böse" sein. Meine Rolle verstehe ich<br />

nicht als Kumpel. (Psc)<br />

Ich bin präsent, lebe meine Vaterrolle und die anderen Rollen (Job-<br />

Sharing, Hausmann, Familienmann), lebe das vor, in dem ich es einfach<br />

mache. Verstehe das nicht als "Demonstration", sondern als<br />

Angebot eines Vorbilds von Mann-Sein, das die Kinder annehmen,<br />

teilweise annehmen oder verwerfen können (was ja auch wieder bitter<br />

ist). Verstehe mich auch nicht als der erste Mann in der Geschichte<br />

der Menschheit, der Vater geworden ist. <strong>Vatersein</strong> ist alltäglich<br />

geworden. Das hat viel mit treu sein für mich zu tun. Ich nehme<br />

mir aber auch meine <strong>Zeit</strong> heraus. Die Kinder sollen meine verschiedenen<br />

Rollen sehen und erleben; bis auf die Berufsrolle, die bleibt für<br />

sie vorläufig abstrakt im Vergleich zu den anderen Rollen. (Cba)<br />

<strong>Vatersein</strong> heißt für mich da sein, <strong>Zeit</strong> haben. Da sein mit der ganzen<br />

Familie, heißt aber auch, vor Ort (zu) sein mit den Kindern,<br />

wenn die Mutter mal nicht da ist. Ich glaube, dass das mega wichtig<br />

ist: <strong>Zeit</strong>, die nur ich mit den Kindern habe. Das heißt <strong>zum</strong><br />

Beispiel konkret, dass ich die Arbeitszeit reduziert habe, bin im<br />

Schnitt zwei Wochentage zu Hause. <strong>Vatersein</strong> heißt für mich auch,<br />

dass ich mich den Kindern <strong>zum</strong>ute, mit dem, was ich mag oder<br />

nicht mag, (dass ich) mich zeige. Ich will Halt geben, Blödsinn<br />

machen, streiten, erziehen und meine Rolle als Vater hochhalten.<br />

Ich will die Kinder lieben, aber nicht alles lieben, was sie tun, oder<br />

so. Und dafür werden sie mich auch nicht immer lieben. Aber das<br />

gehört für mich auch <strong>zum</strong> <strong>Vatersein</strong>, dass ich Anliegen, (Werte,<br />

Einstellungen) hochhalte, auch gegen Widerstand, und dabei als<br />

normaler Mann auch mal an diesen scheitern kann. (Mba)<br />

57


Dazu gehört das selbstverständliche Verbinden von Beruf und<br />

Familie. Sie erlebt mich an der Arbeit, und die Arbeit muss hinnehmen,<br />

dass ich nur bedingt zur Verfügung stehe. Erwerbsleben ist<br />

nicht etwas Ausgrenzendes, sondern Teil vom Ganzen. Als Haltung<br />

(heißt <strong>Vatersein</strong>): "Ich vertraue dir, und du kannst dich auf mich verlassen."<br />

(Vsc)<br />

<strong>Vatersein</strong> heisst, einen Teil der Familienarbeit zu übernehmen, und<br />

nicht nur, Geld zu verdienen. Sicher zwei Tage pro Woche zu<br />

Hause zu sein und das Wachsen und Entwickeln der Kinder zu<br />

erleben. In der Kinder- und Familienalltagswelt zu sein. (Arztbesuche,<br />

Spielgruppe, Spielplatz mit andern Müttern, impfen gehen,<br />

basteln, freuen, krank sein, Nächte durchwachen …). (Iwe)<br />

Als Vater, der sich mit seiner Partnerin die Haus-, Familien- und<br />

Erwerbsarbeit teilt, nehme ich am Alltag der Kinder aktiv teil. Für<br />

mich gehören zur Väterlichkeit Fürsorglichkeit, Anteilnahme,<br />

Begeisterung, Ansporn. Traditionell als "weiblich" beschriebene<br />

Attribute fülle ich auf meine Art aus, möglicherweise anders als<br />

meine Partnerin. Als Vater sehe ich mich aber auch darin, die Kinder<br />

in die Welt einzuführen. Sie sollen von mir gestärkt und unterstützt<br />

werden, Kontakte zur außerfamiliären Welt zu knüpfen. Ich<br />

gebe ihnen auch meine Begeisterung für Themen, Aktivitäten,<br />

Werte mit, die mir wichtig sind. Sie sollen sich aber auch an mir reiben,<br />

mit mir streiten und sich mit mir auseinandersetzen, wie ich es<br />

auch mit ihnen mache. Ich will kein Sonntagsvater sein, der nur die<br />

Sonnenseite mit ihnen lebt und ihnen tolle Sachen bietet. Sie sollen<br />

auch den Alltag mit mir erleben und erfahren, dass ein Vater<br />

auch Verantwortung übernimmt, wenn es um die Aufteilung der<br />

"Ämtli" [Zuständigkeiten] geht oder um die Frage, ob ein Zehnjähriger<br />

nun einen MP3-Player <strong>zum</strong> Geburtstag erhält oder nicht.<br />

(Tbe)<br />

<strong>Vatersein</strong> bedeutet für mich die Übernahme von Verantwortung, die<br />

Zurückstellung eigener Bedürfnisse und auch materielle Einschränkung.<br />

(Jba)<br />

Ich arbeite 50%, bin zu Hause, wenn meine Frau arbeitet und<br />

mache alle Tätigkeiten im Haushalt. Ich unternehme einiges mit<br />

den Kindern: gemeinsam kochen, miteinander arbeiten, spielen<br />

usw. Es ist mir wichtig mitzubekommen und teilen zu können, wenn<br />

sie sich freuen oder Kummer haben. Meine Art, mit Dingen umzu-<br />

58


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

gehen, ist oft anders, als es die Frau tut. Es ist mir wichtig, dass die<br />

Kinder diese Möglichkeiten auch kennen lernen. Eine vertrauensvolle<br />

und offene Beziehung zu meinen Kindern ist mir wichtig. (Lbü)<br />

Ich möchte für die Kinder einfach DA SEIN, gemeinsam Familie<br />

erleben und gestalten, die Kinder im Garten und Haus mittun und<br />

mitarbeiten lassen, wenn ich werke. Ich will die Verantwortung in<br />

Bezug auf Kindergarten und Schule aktiv mittragen (in den Kindergarten<br />

begleiten, an Elternabenden teilnehmen, initiativ werden,<br />

wenn es Sinn macht (z.B. zu initiieren, dass Väter sich aktiv im<br />

Kindergarten als Männer engagieren - Väter gestalten jeweils ein<br />

Nachmittagsprogramm für die Buben pro Halbjahr). Ich möchte<br />

ihnen Empathie, Fantasie und Kreativität als wesentliche Werte im<br />

Leben vermitteln. (Kmu)<br />

Verantwortung tragen für junge Menschen, die ich ins Leben<br />

gesetzt habe, die in ihr Leben und in die Gesellschaft hineinwachsen.<br />

Das eigene Ich manchmal aus dem Zentrum räumen und das<br />

Ich meiner Kinder hervortreten lassen. Klar machen, dass ich als<br />

Vater nicht frei von Fehlern bin und zu meinen Fehlern stehe,<br />

solange ich aus ihnen lernen kann. (Jor)<br />

<strong>Vatersein</strong> heißt für mich vor allem da sein! (Rwi)<br />

<strong>Vatersein</strong> heißt für mich zunächst einmal, einfach auch da zu sein für<br />

die Kinder (nicht nur am Wochenende und nicht nur virtuell) und mit<br />

ihnen Alltag zu teilen und zu spielen, für sie ansprechbar zu sein. Ich<br />

möchte den Kindern Möglichkeiten zur Entwicklung geben, ihre<br />

Interessen, Neigungen und Fähigkeiten entfalten lassen, ihnen<br />

Freude an den Schönheiten der Welt vermitteln, Interesse an den<br />

Vorgängen in und um uns wecken oder aufrecht erhalten, Sensibilität<br />

und Rücksichtnahme im sozialen Umfeld fördern, Autonomie und<br />

Selbstbewusstsein stärken. (Swö)<br />

An meinem <strong>Vatersein</strong> ist mir wichtig<br />

An meinem <strong>Vatersein</strong> ist mir wichtig…<br />

dass ich zu meinen Kindern einen klaren, respektvollen und feinfühligen<br />

Umgang pflege und dass Regeln eingehalten werden müssen.<br />

Ich will mich ernsthaft Auseinandersetzungen stellen, ohne umzufallen.<br />

Ich lebe eine natürliche, vertrauensvolle Nähe und Körperlichkeit<br />

zu meinen Kindern. Dies ist für mich ein unermesslich starkes<br />

Gut der menschlichen Nähe und des Grundvertrauens. (Cbi)<br />

59


Ich bin eine der beiden nächsten Bezugspersonen, und ich spiele<br />

dabei den männlichen Part. Die Bemerkung, dass ich als Vater für<br />

unsere Töchter die erste (bedeutsame männliche Bezugsperson),<br />

das ist mir immer wieder sehr präsent. Ich bin der einzige, der ihnen<br />

davon erzählen kann, wie es ist, von "aussen" miterlebt zu haben,<br />

wie das ist, wenn eine Frau ein Kind bekommt. Diese Erfahrung von<br />

außen ist eine fundamental andere als die von innen. Das ermöglicht<br />

den Kindern zu lernen, dass jede Situation aus verschiedenen<br />

Standpunkten erlebt und reflektiert werden kann. (Gza)<br />

An meinem <strong>Vatersein</strong> ist mir zeitliche und mentale Präsenz wichtig.<br />

Als Vater möchte ich für meine Kinder Vermittler und Begleiter hin<br />

zur Selbstständigkeit sein und ihnen die Welt ohne Dogmen und<br />

Prinzipienreiterei erklären können. (Pho)<br />

Eine schwierige Frage! Ich glaube, dass ich echt sein möchte,<br />

nichts spielen, mich so geben, wie ich bin. Das Vater-Programm ist<br />

nicht ein anderes als das Alltagsprogramm. Ich will meine Kinder<br />

voll und ganz erleben, mit ihren Sorgen, Wünschen, Aggressionen,<br />

ihrer Freude, Überschwänglichkeit etc. Und sie sollen mich ganz<br />

erleben dürfen, mit Freude und Erfolg, mit Mutlosigkeit und<br />

Niederlagen, mit Kraft und Hinfälligkeit, mit Stress und Gelassenheit,<br />

mit guten und schlechten <strong>Zeit</strong>en. Natürlich versuche ich meinen<br />

Kindern ein Vorbild zu sein, aber nicht in dem Sinn, das sie<br />

mich kopieren müssen. Und auch ein Vorbild ist nicht perfekt, hat<br />

Ecken und Kanten, und das gehört dazu. (Pan)<br />

Ich will eine Bedeutung in ihrem Leben haben, für meine Kinder<br />

wichtig sein, wie sie für mich wichtig sind. (Mge)<br />

da (zu) sein, Verantwortung übernehmen. Ich möchte sie begleiten<br />

und in Ihrer Eigenart und Eigenständigkeit sehen und akzeptieren<br />

können. Ich möchte Ihnen zeigen, was mir wichtig ist im Leben und<br />

Ihnen die Freiheit lassen, zu spüren, was für sie das Wichtige ist.<br />

Ich möchte mich als Gegenüber anbieten aber nicht aufdrängen.<br />

(Mhu)<br />

Als Vater möchte ich für meine Kinder im Alltag da sein, mit ihnen<br />

den Haushalt, die Kommissionen [Einkäufe] machen, mich mit den<br />

Kindern in der Öffentlichkeit im Gemeinwesen zeigen, mit den<br />

Kindern spielen, mit ihnen lernen, ihnen Vorbild sein, mit ihnen die<br />

Natur entdecken, zeigen, erklären, was ich weiss, mit ihnen in die<br />

60


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Sterne schauen, Geschichten erzählen, mit ihnen staunen, überrascht<br />

sein, was sie alles wissen. (Jvo)<br />

Meine Kinder sollen spüren, dass sie geliebt (werden) und sich bei<br />

allem vertrauensvoll an den Vater oder die Mutter wenden können.<br />

Ich möchte versuchen, den Kindern Freiheit zu geben und sie sanft<br />

im Lebensweg zu begleiten, um, wenn sie stürzen, die Hand zu<br />

sein, welche ihnen aufstehen hilft. Ich möchte, dass meine Kinder<br />

merken, dass sie einen Vater haben, der Gefühle besitzt und diese<br />

auch ausdrücken kann. Ich möchte meine Kinder liebevoll stützen<br />

und begleiten. (Mgt)<br />

An meinem <strong>Vatersein</strong> ist mir wichtig, dass ich den Kindern ausreichend<br />

<strong>Zeit</strong> widme, dass sie mich als Person kennen und einschätzen<br />

lernen. Als Vater möchte ich für meine Kinder offen sein,<br />

Gesprächspartner sein. (Tmi)<br />

Liebe und Achtsamkeit und Vertrauen (zu) geben. Meinen Kindern<br />

möchte ich ein Vorbild sein, was aber nicht heisst, das sie keine<br />

Fehler von mir sehen dürfen. Ehrlichkeit ist mir sehr wichtig. Ich<br />

möchte auch Sachen nur mit ihnen alleine unternehmen. (Psc)<br />

Alltagsvater zu bleiben. Da sein für das Unvorhergesehene, dabei<br />

sein bei geplanten Dingen, da sein für das Wiederkehrende, wie<br />

Schularbeiten machen. Nicht in die Rolle des Event-Vaters kommen,<br />

nach dem Motto, wenn er präsent ist, dann läuft immer etwas!<br />

(Cba)<br />

Ich möchte meinen Kindern die Welt zeigen, erklären, möchte<br />

ihnen die Welt als fantastischen Ort erschließen helfen, damit sie<br />

selber Erfahrungen machen können, gute und schlechte. Ich möchte<br />

den Kindern Mut machen, ihren Weg zu gehen, ihre Kräfte zu<br />

entdecken und zu nutzen, ich will sie zu Neugier, Offenheit,<br />

Respekt gegenüber dem Leben anhalten. … Und dazu will ich mit<br />

ihnen spielen, bräteln, reisen, lesen, tanzen. … Ich will meinen<br />

Kindern zuhören; ich weiß (nur) halbwegs, was gut für mich ist, und<br />

wenn ich ehrlich bin, hab ich keine Ahnung, was für sie gut ist. Als<br />

Vater möchte ich sie begleiten, dass sie selber rauskriegen, was sie<br />

wollen. (Mba)<br />

Den Alltag erleben, nicht einfach für das Besondere zuständig zu<br />

sein, sondern das Normale (leben) an jedem Tag. (Vsc)<br />

61


<strong>Zeit</strong> haben, in der ich nichts anderes muss. Anders sein als die<br />

Mutter, weder besser noch schlechter, nur Vater. Die kleinen<br />

Wachstums- und Lernschritte in der Entwicklung zu sehen, die<br />

sicher nicht nur abends und an Wochenenden stattfinden. (Iwe)<br />

Mir <strong>Zeit</strong> für das Kind zu nehmen und viel miteinander zu unternehmen.<br />

(Jba)<br />

Ein Modell sein, wie man es auch machen kann, ohne Anspruch<br />

auf Vollständigkeit. Ich transportiere klar, dass ich nicht alles weiß<br />

oder kann, und dass es viele Möglichkeiten gibt, ein und dasselbe<br />

zu tun. Ich möchte, dass die Kinder lernen, sich gut zu spüren und<br />

gut für sich zu sorgen und sich so auf ihre Wahrnehmungen verlassen<br />

können. (Lbü)<br />

Als Vater möchte ich für meine Kinder ein herzlicher, empathischer<br />

Vater sein, der aber auch Grenzen setzen kann; ein Orientierungspunkt<br />

sein; die Begeisterung in mir spüren lassen für das Leben, für<br />

Menschen, die Natur, Kunst und Kultur und vieles mehr; meine<br />

Ansprüche zurücknehmen können, um Wesentlicheres weitergeben<br />

zu können; ich möchte mit meiner Frau den Kindern ein mögliches<br />

Beispiel an Partnerschaft vorleben, dass zwar nicht perfekt<br />

ist, das aber Orientierung bieten kann. Ich möchte durch meinen<br />

Glauben, den Kindern Halt anbieten können, der ihnen später einmal<br />

Mut und Kraft gibt, auch schwierige Situationen im Leben zu<br />

meistern. (Kmu)<br />

Lebenserfahrung vermitteln beziehungsweise anbieten, ohne sie<br />

aufdrängen zu wollen. Meinen Kindern ermöglichen, aus meinen<br />

Fehlern zu lernen; meine Kinder beschützen, meine Kinder "challengen".<br />

(Jor)<br />

Als Vater möchte ich für meine Kinder <strong>Zeit</strong> haben, sie meine Männlichkeit<br />

erleben lassen, zu meinen Grenzen stehen, als Partner meiner<br />

Frau sichtbar sein, Nähe und Zärtlichkeit schenken bzw. zulassen<br />

und den Kindern helfen, ihren eigenen Weg zu finden. (Rwi)<br />

Da sein und ansprechbar sein, wirklich diskursfähig sein (nicht nur<br />

in Einbahn kommunizieren). Die Bedürfnisse der Kinder anerkennen,<br />

sie in ihrer Entwicklung begleiten und nach Möglichkeit unterstützen.<br />

Wichtig ist mir auch der gegenseitige Respekt für die<br />

Person und Persönlichkeit des anderen. (Swö)<br />

62


Besonders intensiv erlebte Besonders Momente intensiv als Vater erlebte waren… Momente als Vater waren<br />

Authentische Reaktionen, auch wenn sie manchmal in Konfliktsituationen<br />

nicht angenehm sind, werden von meinen Kindern letztlich<br />

positiv aufgenommen. Konkret (bedeutet das): Es ist eben<br />

nicht immer Verhandlungsspielraum da, dann knallen eventuell mal<br />

die Türen und Minuten später ist alles vorbei, als wäre nichts gewesen.<br />

Oft sind es die stillen Momente am Abend, wenn der Tag abgerundet<br />

wird, die besonders innig sind. Besonders prägend ist es,<br />

wenn man Kinder bei Schwierigkeiten begleitet, wie längere Krankheit,<br />

Schulsorgen, entwicklungsbedingte Verunsicherungen. Mein<br />

<strong>Vatersein</strong> ist intensiver, wenn meine Partnerin arbeitsbedingt einen<br />

Tag und eine Nacht pro Woche außer Haus ist. (Cbi)<br />

Die ersten Lebensjahre (momentan zweieinhalbjährig), wenn das<br />

Kind Schutz sucht (Schmerzen, Angst, neue Herausforderungen),<br />

das Zu-Bett-bringen, wenn es sich behütet schlafen legt, die<br />

Begleitung bei prägenden Ereignissen. (Pho)<br />

Ein prägendes Erlebnis (will ich erzählen). Mein älterer Sohn war<br />

damals ein paar Wochen alt: Ich will am morgen zur Arbeit, da höre<br />

ich den Sohn in seiner Wiege weinen. Ich gehe zu ihm, um ihn meiner<br />

Frau <strong>zum</strong> Stillen zu bringen. Er dreht, als er mich kommen hört,<br />

in der Wiege den Kopf nach mir um und als er mich erkennt, lächelt<br />

er mich an - sein erstes Lächeln! Es galt mir, nicht meiner Frau! …<br />

Meine Vaterrolle erlebe ich besonders intensiv, wenn ich mit einem<br />

meiner Söhne etwas zu zweit unternehme: eine Velotour, eine<br />

Bergwanderung, etwas, das nur für uns zwei ist, das uns aneinander<br />

bindet. (Pan)<br />

Alle vier Geburten waren für mich eher anstrengende Ereignisse,<br />

bei denen ich mir teilweise überflüssig vorkam. Das großartige<br />

Gefühl, von dem viele Männer sprechen, kann ich weder nachvollziehen,<br />

geschweige denn teilen. Nach der Trennung von meiner<br />

ersten Frau und demzufolge der beiden Söhne folgte eine <strong>Zeit</strong>, in<br />

der ich mit den Söhnen <strong>zum</strong> ersten Mal alleine gemeinsame Wochenenden<br />

verbrachte. Diese Tage des intensiven Zusammenseins<br />

waren anstrengend und bereichernd zugleich. Ich war für sie während<br />

dieser <strong>Zeit</strong> der Wichtigste und Einzige. Dieser Überforderung<br />

fühlte ich mich anfangs nicht gewachsen, zunehmend ergaben sich<br />

jedoch Wege, die sich in einer Ehe in der Regel nicht bieten.<br />

Während Krankheiten war es ebenfalls wichtig, für meine Kinder da<br />

64


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

zu sein. Sie zu pflegen war immer eine dankbare und schöne Aufgabe,<br />

Nebenerscheinungen wie Schlafmangel mal außer Acht<br />

gelassen. (Jkü)<br />

Wenn meine Kinder die Nähe zu mir suchen, wenn ich alleine mit<br />

meinen Kindern unterwegs bin, wenn ich ihnen spielerische<br />

Aufgaben stelle. (Mgo)<br />

Gute-Nacht- und Guten-Morgen-Momente; mit den Kindern allein<br />

etwas unternehmen, zusammen etwas machen; Kinder verarzten,<br />

trösten, nach einem beigelegten Streit einander umarmen; Kind<br />

nach Schlittenunfall ins Spital fahren, Untersuchung und Diagnose<br />

und Behandlung abwarten; oder aus etwas Distanz die Kinder<br />

wahrnehmen: Wie sie sich in einer Kindergruppe tummeln, was sie<br />

machen; spezielle Entwicklungsschritte wahrzunehmen berührt<br />

mich. Das dürfen auch Kleinigkeiten sein, <strong>zum</strong> Beispiel zu wissen,<br />

wo der Konfitürenachschub zu finden ist und dafür selber in den<br />

Keller gehen. (Mge)<br />

Wir teilten uns die Kinderbetreuung 50% zu 50%. Das <strong>Vatersein</strong><br />

erlebte ich häufig intensiver, wenn ich alleine mit den Kindern bin.<br />

Auch die "Hausmännerferien", wo wir jeweils eine Woche zusammen<br />

waren, gaben ein ganz besonderes Gefühl. Zum Beispiel<br />

hatte mein älterer Sohn mal zwei Tage lang hohes Fieber. Der<br />

Jüngere war noch sehr klein (ca. 1,5 Jahre) und ich mag mich noch<br />

an die Nacht erinnern: Wir hatten aus drei Matratzen ein großes<br />

Bett gemacht. Auf jeder Seite hatte ich einen Sohn. Ich war im<br />

Stundentakt wach, um Fieber zu messen, Tee zu holen und dies<br />

und das. Da der Ort sehr abgelegen war und wir kein Auto dabei<br />

hatten, war ich auch etwas nervös und ängstlich. Gleichzeitig hatte<br />

ich aber eine große Zuversicht und Sicherheit in der Situation. Und<br />

ich spürte, wie uns das gemeinsame Bewältigen dieser Herausforderung<br />

nochmals näher brachte. Eher negativ erlebte ich mehrmals,<br />

wie ich vor allem den älteren Sohn anders haben wollte, als<br />

er war, respektive als er sich benahm. Ich hätte ihn mir kommunikativer<br />

und offener gewünscht und hatte lange sehr Mühe, seine Insich-Gekehrtheit<br />

und in manchen Situationen soziale Uninteressiertheit<br />

zu akzeptieren. (Mhu)<br />

Das Weinen, das Wütend sein der Kinder, das mich an meine<br />

Grenzen brachte und doch waren es wichtige Momente: Das mich<br />

zeigen mit den Kindern im Tragtuch oder Kinderwagen im Laden im<br />

65


Quartier; das Hineinwachsen in meine variantenreiche Vaterrolle<br />

und das auch selbstverständlich werden dieser Rolle. Das Lernen<br />

der Kinder von Skifahren, Langlaufen, im Haushalt mitarbeiten, im<br />

Garten pflanzen, jäten, beobachten. Einen Konflikt mit Schulfreunden<br />

(ca. 10-jährig) lösen helfen, indem ich diese eingeladen<br />

habe zu unserem Sohn nach Hause, mit ihnen gesprochen habe<br />

und diese sich auch wieder gefunden haben. Eine Bergtour mit<br />

Matthias (ca.13-jährig) auf das Morgenberghorn, bereits auch ein<br />

wenig an die Grenzen kommend, ein wunderbares Erlebnis.<br />

Vielfach auch Unternehmungen mit einem Kind alleine, mir extra<br />

<strong>Zeit</strong> nehmen für dieses. (Jvo)<br />

Jeden Tag erlebe ich für mich intensive prägende und glückliche<br />

Momente mit meiner Tochter. Immer wenn sie mich sieht, beginnt sie<br />

zu lachen und ihre Augen strahlen. Sie beginnt mit Armen und<br />

Beinen zu strampeln. Für mich gibt es kein schöneres Gefühl. Weiter<br />

prägend sind für mich die Erlebnisse mit den großen Pflegekindern.<br />

Immer wieder erlebe ich, wie ich ihnen Grenzen setzen muss, sie<br />

jedoch immer wieder bei mir Rat und Hilfe holen. Besonders schön<br />

ist für mich anzuschauen, wie einer der Pflegesöhne auf meine<br />

Tochter reagiert. Als er von der Schwangerschaft erfuhr, war er sehr<br />

eifersüchtig und ärgerlich. Er schrie, dass er dieses Kind aus dem<br />

Fenster werfen werde. Nun, seit Leila hier ist, begibt er sich immer<br />

zuerst zu ihr, um mit ihr zu spielen. Sie ist ihm sichtlich ans Herz<br />

gewachsen, und die beiden lachen einander oft an. (Mgt)<br />

Die Geburten waren alle drei sehr prägende Erlebnisse, kann sie<br />

nach wie vor minutiös nachvollziehen; das Schlafen legen der<br />

Kinder erlebe ich intensiv;<br />

alleine mit einem der drei U-Bahn- oder Straßenbahn fahren. Ein<br />

prägendes Erlebnis war auch der erste zweitägige Urlaub alleine<br />

mit dem älteren Sohn (er war gerade sechs Jahre). (Tmi)<br />

Ein sehr prägendes Erlebnis, sind die beiden Hausgeburten. Ich<br />

war sehr aktiv am Geburtsvorgang beteiligt. Habe beide Kinder<br />

abgenabelt. Da hat für mich das <strong>Vatersein</strong> so richtig begonnen. Ich<br />

musste bei beiden Kindern weinen und war sehr gerührt, als ich sie<br />

nach der Geburt in die Arme nehmen durfte. Auch das erste Mal<br />

draußen am Lagerfeuer schlafen mit Hayo (in der Nacht auf seinen<br />

vierten Geburtstag) war sehr prägend. Auch der Alltag, mit<br />

nicht so tollen Aufgaben wie Windeln wechseln usw. gibt eine<br />

unwahrscheinlich starke Verbindung. (Psc)<br />

66


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Fußball spielen mit meinem Sohn! (Fußball interessiert mich nicht,<br />

warum interessiert es die Jungs so) = Klare Aufgabe von mir als<br />

Vater. Rammeln mit allen drei Kindern, Velo(Fahrrad)fahren,<br />

Vorlesen, die Woche und die Termine der Kinder gemeinsam planen,<br />

koordinieren, bei den Hausaufgaben helfen, die Modelleisenbahn<br />

aus dem Keller holen, die ewigen Auseinandersetzungen am<br />

Tisch, wer wie viel isst, die nervtötenden Streitereien um NICHTS,<br />

wenn ich mich drücke und sage: "Geh und frag Mama …!" (Cba)<br />

Die Geburt war schon auch ein prägendes Vatererlebnis, steh ich<br />

doch da nach mehr als 2 Tagen, nix schlafen mit einem schreienden<br />

Kind in den Armen und bin total überfordert und weiß nicht was<br />

tun und glaub es nicht: Urplötzlich ist ein neuer Mensch da. Vorher<br />

war er immer in der Mutter, eigentlich mega weit weg, jetzt voll bei<br />

mir. Ein intensiver Moment ist für mich oft das Aufstehen, die<br />

Tagwache, wenn wir <strong>Zeit</strong> haben und nicht losstressen müssen,<br />

dann wenn Yael aus dem Bett steigt, bettwarm eben, in meine<br />

Arme kriecht, sich da ganz nah reinmümmelt, dann aufschaut, aus<br />

dem Mund stinkt und "dä do" sagt und auf etwas zeigt und sich wieder<br />

an mich schmiegt. Das haut mich um. Oder wenn wir zusammen<br />

tanzen und lachen, zu gutem altem Punkrock irr im Kreis hüpfen<br />

und uns dann müd' auf ne Matratze fallen lassen und kuscheln.<br />

Oder bei Wasser- und Waschaktivitäten, im Freibad, Hallenbad<br />

oder zu Hause, das Plantschen, das Wellnessen, das Spörteln, das<br />

ist als Vater supertoll. Meine Vaterrolle merke ich auch heftig, wenn<br />

Außergewöhnliches passiert, Unfälle, Kinderstreit mit Tränen … ,<br />

dann, wenn es was zu retten oder zu helfen oder zu organisieren<br />

gibt. (Mba)<br />

Die Geburt, das Kranksein, wenn ich erlebe, sie (die Tochter) macht<br />

wieder einen Entwicklungsschritt, (wenn) ich andere Menschen in<br />

ihr erkenne, die sie (sich) <strong>zum</strong> Vorbild nimmt, wenn sie mich fragt:<br />

"Warum ist..." (Vsc)<br />

Wenn ich in der Nacht alleine mit unserer Tochter bin. Wenn am<br />

Morgen eines Papatages meine Frau aus dem Haus zur Arbeit<br />

geht. Wenn ich mit andern Müttern im Sandkasten sitze und<br />

Apfelschnitze und Reiswaffeln esse. Wenn wir im Kaffee sitzen und<br />

Espresso und Apfelsaft trinken. Wenn wir als Familie im Spital<br />

unsere Tochter halten, während ihr das Augenlid genäht wird. (Iwe)<br />

67


Für mich ist grundsätzlich der Alltag mit den Kindern wichtig. Ich<br />

wehre mich dagegen, dass es vor allem nur um die "Quality Time"<br />

gehen soll, die Väter mit ihren Kindern verbringen. Nichtsdestotrotz<br />

erlebe ich immer wieder sehr intensive Momente, beispielsweise<br />

wenn ich mit einem meiner Kinder etwas alleine unternehme und<br />

wir so gemeinsam <strong>Zeit</strong> haben füreinander. So war es für mich ein<br />

sehr schönes Erlebnis mit meinem Ältesten letzten Sommer eine<br />

Velotour zu machen und miterleben zu können, wie er als damals<br />

Neunjähriger mit dieser Tour Neuland betrat und es sichtlich<br />

genoss die Welt zu erfahren. ... Heute Abend brachte ich die jüngste<br />

Tochter (fünf Jahre alt) zu Bett. Sie war zwar nach einem langen<br />

Tag sehr müde, wehrte sich aber mit Händen und Füßen,<br />

schrie und fand mich total daneben. Als sie endlich im Bett war,<br />

sang ich ihr ein Lied, ihr Groll verschwand, sie kehrte sich mir zu<br />

und erzählte von den Meerschweinchen der Nachbarskinder. Das<br />

finde ich ein wunderbares Erlebnis, das ich in ähnlicher Form<br />

immer wieder erlebe mit meinen Kindern. (Tbe)<br />

Im ersten Lebensjahr, in der <strong>Zeit</strong> der Väterkarenz, bei Freizeitaktivitäten<br />

bzw. wenn ich täglich mein Kind in den Kindergarten<br />

bringe und immer wieder auch abhole. (Jba)<br />

Bei mehrtägigen Wanderungen und mehrtägigen Radtouren mit<br />

nur einem Kind; in Konflikten, die es notwendig machen, neue<br />

Wege suchen; in den Ereignissen, die die Kinder bewegen und an<br />

denen ich teilhaben kann. Ich habe von den Kindern wieder ein<br />

Stück Leichtigkeit, ungetrübte Freude und einfaches " So Sein"<br />

gelernt, was meine eigene Lebensqualität sehr hebt, da ich mich<br />

weniger "verkopfe". (Lbü)<br />

Bei der Geburt unseres 3. Kindes, ANNA, mit der Geburt als wunderschönem,<br />

heiligem Erlebnis in unserem Leben; dass jedes Kind<br />

ein enormes Geschenk und ebenso eine große Herausforderung<br />

für unsere persönliche Reifung und Entwicklung bedeutet. (Kmu)<br />

Die Geburten meiner Kinder, speziell die ersten Wochen mit unserer<br />

Tochter (deren Geburt problematisch verlief, weshalb ich zwischen<br />

zwei Spitälern, in denen Mutter und Tochter getrennt untergebracht<br />

waren, hin und her jetten musste). … Alle besonderen Schulereignisse,<br />

Feiern, Bühnenauftritte der Kinder (Stolz!). Der erste<br />

Zahn, ein Fahrradunfall unserer Tochter (Selbstvorwürfe!); als einziger<br />

Vater inmitten von Müttern beim Elterntreffen in der Schule. (Jor)<br />

68


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Dieses Jahr darf ich einen "Vaterschaftsurlaub" machen. Für mich<br />

ist dies ein großes Geschenk, ein ganzes Jahr lang <strong>Zeit</strong> mit unserem<br />

Kind zu verbringen und die Hauptverantwortung für den<br />

Bereich "Haushalt" zu übernehmen. Ich erlebe mich heuer noch<br />

intensiver als VATER! (bewusst groß geschrieben, weil ich so in<br />

diese Rolle noch mehr hineinwachse). (Rwi)<br />

Wenn wir gemeinsam etwas (für die Kinder) Aufregendes unternehmen,<br />

wie - bei meinen Kleinen - der Besuch eines tollen Spielplatzes,<br />

einer Spielgruppe oder eines Kinderkonzertes. Wenn die<br />

Kinder etwas Neues erfahren und vor allem lernen (Entwicklungsschritte)<br />

und auf ihre neu erworbene Kompetenz stolz sind. (Swö)<br />

Was mein <strong>Vatersein</strong> besonders macht<br />

Was mein <strong>Vatersein</strong> besonders macht…<br />

Ich bin anders als meine Partnerin, mit anderen Stärken und<br />

Schwächen. Dieses Anderssein betrachte ich als wertvoll für die<br />

Kinder. Mein Sohn orientiert sich eindeutig mehr an mir, meine<br />

Tochter mehr an ihrer Mutter. (Cbi)<br />

Zentral ist für mich, dass Kinder einen Vertreter des männlichen<br />

Geschlechts UND eine Vertreterin des weiblichen Geschlechts<br />

erleben. … Wenn die Kinder erleben können, dass der Vater<br />

Facetten von Männlichem/Väterlichem lebt und die Mutter von<br />

Weiblichen/ Mütterlichem, dass das also nur Varianten einer immensen<br />

Vielfalt sind, … dann ist mein <strong>Vatersein</strong> doch recht gut<br />

gelungen. … Das Schönste an der Tatsache, dass es Väter und<br />

Mütter gibt: wir haben so das ganze Spektrum an Erfahrungen und<br />

Beziehungsmöglichkeiten zur Verfügung. (Gza)<br />

<strong>Vatersein</strong> ist eine emotional-mentale Zuwendung hin <strong>zum</strong> Kind. Im<br />

Gegensatz zur Mutterrolle, die oft von beschützender Emotionalität<br />

geprägt ist, stehe ich als Vater als Vermittler zwischen behütetem<br />

"Nest" und dem Risiko, in die "Freiheit zu fliegen". (Pho)<br />

Durch das von uns gewählte und praktizierte Modell erleben unsere<br />

beiden Söhne Vater und Mutter gleichermaßen als erwerbstätig, gleichermaßen<br />

als für den Haushalt zuständig. Als Teens merken sie<br />

aber den Unterschied zwischen Vater und Mutter. Wenn ich mit einem<br />

meiner Söhne oder auch mit beiden, aber ohne Mutter unterwegs bin,<br />

entsteht etwas "Männerbündlerisches" (etwas Männerverbindendes):<br />

das machen "wir Männer"... (ohne dass wir) ein spezielles Programm<br />

69


machen, höchstens vielleicht eine Sportart, die meine Frau nicht so<br />

gern ausübt... oder Ausflüge, die meine Frau nicht interessieren, <strong>zum</strong><br />

Beispiel in den Lötschbergtunnel oder an archäologische Fundstätten,<br />

das ist für die Söhne spannend und eine Erfahrung, die sie<br />

gerne mit mir teilen. (Pan)<br />

Es gibt nur den einen Vater. Er ist immer der Bestmögliche, respektive<br />

das Gegenteil. Mann sein lernt jedes Kind in erster Linie von<br />

seinem Vater. Dieses Bewusstsein grenzt mich sicher am stärksten<br />

ab von der Mutter. Väter lassen ihre Kinder mehr Risiken eingehen,<br />

sie stärken so Mut und Selbstbewusstsein ihrer Kinder auf eine<br />

andere Art als Mütter. Nur Väter haben die Möglichkeit, ihre Söhne<br />

in die Männerwelten einzuführen. (Jkü)<br />

Die körperliche Präsenz, das Raufen und Balgen, auch mal etwas<br />

fordern. (Mgo)<br />

Meine Vaterrolle muss sich nicht gegenüber der Mutterrolle auszeichnen.<br />

Ich lebe meine Art der Beziehungsgestaltung, mit meinen<br />

Ressourcen und meinen Behinderungen, da sind traditionelle<br />

Geschlechterstereotype drin und meine persönlichen Prägungen<br />

und Erfahrungen, die davon abweichen können. (Mge)<br />

Ich glaube, die Väter trauen ihren Kindern häufig früher mehr zu.<br />

Mit dem Risiko, sie dabei zu überfordern und der Chance, sie zu<br />

Entwicklungen anzuspornen. (Mge)<br />

Spätestens bei der Geburt beginnt das <strong>Vatersein</strong>, als gemeinsames<br />

Vater-Mutter-Dasein. Als Vater da sein, einer sein, der anders entscheidet,<br />

die Welt anders wahrnimmt, das Abenteuer sucht, die<br />

Natur erforscht, draußen schläft mit den Kindern, den Sternenhimmel<br />

und das Dunkle der Nacht aufzeigt, den Geräuschen nachgeht,<br />

die Spannung erträglich macht, den Kindern andere Spielräume<br />

gewährt, sie an Grenzen führt, sie ermuntert, diese auch zu<br />

überschreiten und auch das Verantwortungsgefühl stärkt. Natürlich<br />

sind das nicht nur väterliche Eigenschaften. … Und auch immer<br />

wieder als Eltern sich auseinandersetzen, was wir unseren Kindern<br />

mitgeben wollen, was nicht, wo wir unterschiedlicher Meinung sind.<br />

(Jvo)<br />

Für mich ist der Prozess, wie sich die Liebe <strong>zum</strong> Kind entwickelt,<br />

die Besonderheit. Wie eine wunderschöne Blume, welche da ist,<br />

70


aber noch nicht sichtbar und dann langsam aus dem Boden kommt<br />

und sich dann zu einer wunderschönen Blume entwickelt. Und dieser<br />

Prozess geht weiter. Auch die Beschützerrolle erachte ich als<br />

große und verantwortungsvolle Aufgabe, welche stolz aber auch<br />

ängstlich vor der Anforderung macht. (Mgt)<br />

Gegenüber der Mutter habe ich vor allem die Aufgabe, verstärkt<br />

Grenzen zu setzen, aber auch mehr zuzulassen und mehr zuzutrauen.<br />

Ich war diesbezüglich beim ersten Kind noch recht unsicher und<br />

bin oft auf die Ängste der Mutter eingegangen, habe darauf zu viel<br />

Rücksicht genommen, habe mich mit den drei Kindern viel stärker<br />

als Vater profiliert (obwohl unser Jüngster noch immer MAMA zu mir<br />

sagt). Ebenfalls stärker bei mir liegt die Obsorge für unsere<br />

Paarbeziehung. Ich bin darauf sensibler, wenn hier was nicht stimmt<br />

und versuche, gemeinsame Beziehungsarbeit einzufordern. (Tmi)<br />

Die Nähe Vater-Kind ist nie die gleiche wie Mutter-Kind. Dies zu<br />

akzeptieren, war für mich sehr wichtig, um genau die Punkte der<br />

Bedürfnisse der Kinder abzudecken, die die Mutter nicht abdecke<br />

kann. Vor allem versuchen dem Sohn ein gutes männliches Vorbild<br />

zu sein, ihm positive "Mannächraft" (Männerkraft) zu vermitteln. Bei<br />

der Tochter kann ich das noch nicht richtig definieren, sie ist erst<br />

neun Monate alt, aber ich denk, es ist ähnlich. (Psc)<br />

Es gibt noch eine weitere, zusätzliche Sicht und Art, wie der Alltag<br />

der Kinder miterlebt, mitgestaltet, interveniert wird - und umgekehrt<br />

auch. Es ist partnerschaftlich. Unsere Kinder erleben gleichberechtigte<br />

Partnerschaft. Das geht ja nur, wenn es mindestens zwei Menschen<br />

sind, zwei unterschiedliche (Vater/Mutter, bzw. Mann/ Frau),<br />

beide eigenständig und (dennoch) voneinander abhängig sind. (Cba)<br />

Ich glaube ich bin irgendwie gelassener als viele Mütter, aber das ist<br />

jetzt nur eine Behauptung. Was macht mein <strong>Vatersein</strong> speziell Mal,<br />

dass ich ein Mann bin. Ja, dass die Kinder mich als Mann erleben, ein<br />

Beispiel für einen Mann kriegen, das ist doch was. Ich traue den<br />

Kindern vielleicht mehr zu, oder lasse meinen Ängsten weniger Platz,<br />

gehe etwas mehr Risiken ein, auch in der Kinderbegleitung, <strong>zum</strong><br />

Beispiel bei Aktivitäten, beim Sport, ich raufe viel als Vater, das<br />

machen Mütter eher selten, als Vater baue ich gerne sichtbare<br />

Sachen, eine neue Feuerstelle oder so was, die Kinder und ich arbeiten<br />

viel mit Werkzeugen, vielleicht auch eher mehr als Mütter … .<br />

(Mba)<br />

72


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Für all die Dinge einstehen und (diese) mit einbringen, die ein offenes,<br />

nicht starres "Mannsbild" abgeben. (Vsc)<br />

Ich bin anders als die Mutter, bin ein Mann. Meine Bindung ist weniger<br />

körperlich ausgeprägt (schmusen, liebkosen). Ich kann mit meiner<br />

Tochter kämpfen und balgen. (Iwe)<br />

Als Mann und Vater bringe ich einen teils anderen Erfahrungsschatz<br />

ein, als meine Partnerin …. Ich erlebe mich teilweise gelassener<br />

als meine Partnerin. Ich merke, dass ich mir weniger Sorgen<br />

mache um die Kinder, sie stärker Konfliktsituationen untereinander<br />

oder mit anderen Kindern selber austragen lasse und darauf vertraue,<br />

dass sie selber Konfliktlösungsstrategien entwickeln .... Da<br />

die Erwartungshaltung gegenüber Vätern nicht so klar definiert ist,<br />

habe ich mehr Handlungsspielräume als eine Mutter.(Tbe)<br />

Das Besondere ist für mich die Übernahme der Verantwortung für<br />

einen Menschen und in Abgrenzung zur Mutterrolle auch das<br />

männliche Vorbild für meinen Sohn. (Jba)<br />

Ich finde die männliche Präsenz eine sehr wichtige Ergänzung zur<br />

weiblichen Seite, damit das Kind, aber auch ich als Mann, lernen<br />

kann. (Lbü)<br />

Die Mutter schenkt Geborgenheit, Heimat und die bedingungslose<br />

Liebe. Als Vater und Mann empfinde ich mich als ein "Tor zur Welt".<br />

(Kmu)<br />

Die jeweils unterschiedliche Rollenverteilung zwischen Vater/ Tochter<br />

bzw. Mutter/Tochter und Vater/Sohn bzw. Mutter/Sohn. So ergänzen<br />

sich beide Elternteile. Hier sehe ich auch Vorteile gemeinsam erziehender<br />

Eltern gegenüber Alleinerziehenden: für den Sohn sein<br />

Sparringpartner, Männerfreund, für die Tochter ihr Sonntagspapa (kritisch:<br />

die Festtagsstimmung in der Beziehung, wenn Vater für<br />

Belohnungen und Mutter für den Alltag zuständig ist). Als Vater verstehe<br />

ich andere Väter, sehe Parallelen zwischen ihren und meinen<br />

Problemen. Die Tatsache, dass ich für meine Kinder Verantwortung<br />

trage, erweitert meinen Lebenshorizont und lässt mich intensiver "reifen",<br />

als wenn ich nur für mich verantwortlich bin. Das ermöglicht mir<br />

gleichzeitig ein intensiveres Erleben der Generationenfrage und in<br />

weiterer Folge Verantwortung für die Welt von morgen (ist nicht so<br />

pathetisch gemeint, wie es vielleicht klingen mag). (Jor)<br />

73


Ich tue mir schwer, über DAS <strong>Vatersein</strong> zu sprechen, ich kann nur<br />

von MEINEM <strong>Vatersein</strong> reden: Mein <strong>Vatersein</strong> zeichnet aus, dass ich<br />

mehr <strong>Zeit</strong> mit meinem Sohn in der Natur verbringe, den Haushalt auf<br />

andere Weise manage, anders rede, andere Prioritäten setzten und<br />

MICH als Person, als Mann meinem Sohn zeige. (Rwi)<br />

Die Vaterrolle scheint mir mehr eine "erlernte", durch Praktizieren<br />

und Üben angeeignete, während die Mutterrolle schon durch die<br />

Geburt und ein eventuelles nachfolgendes Stillen rein natürlich entsteht<br />

sowie durch den "Müttermythos" und die klassischen Rollenzuteilungen<br />

verstärkt wird. Die Sorge und die Zärtlichkeit für das<br />

Kind scheint mir nicht geschlechtsspezifisch verschieden. (Swö)<br />

2.2 Die Bedeutung der 2.2Väter: Die neurobiologisch<br />

Bedeutung der Väter neurobiologisch<br />

Ist Mütterlichkeit genetisch angelegt Und Väterlichkeit nicht Gibt es<br />

Gene oder Nervenzellen, die "typisch weibliches" oder "typisch männliches"<br />

Verhalten steuern Sind Männer bzw. Väter aus biologischen<br />

Gründen weniger vorbereitet auf die Aufgaben der Kinderbetreuung<br />

und -pflege<br />

Wie etwa ist es zu erklären, dass <strong>zum</strong> Beispiel der Babysitterdienst in<br />

einer mittelgroßen Schweizer Stadt zwar Mädchen und Knaben ausbildet<br />

und vermittelt, dass die Knaben für diesen Dienst hingegen<br />

überdeutlich seltener angefragt werden als die Mädchen Welche<br />

vorwissenschaftlichen Annahmen zur Geschlechterfrage leiten uns,<br />

wenn wir im gesellschaftlichen Alltag unsere Entscheidungen treffen<br />

Bisherige Erkenntnisse legen die allgemeine Annahme nahe, dass die<br />

neuronale Ausstattung der Menschen geschlechtsunabhängig sei,<br />

dass es wohl aber individuelle Unterschiede in der neurologischen<br />

Verknüpfung gebe: Von der genetischen Unterschiedlichkeit von<br />

Männern und Frauen kann nicht einfach auf eine neuronale Unterschiedlichkeit<br />

geschlossen werden. "Emotionale Kompetenzen", mit<br />

denen Mütterlichkeit gemeinhin in Verbindung gebracht werden, sind<br />

auch für Väter zugänglich. Mehr noch: Eine neurobiologische<br />

Blickweise erschließt gar bedeutende Dimensionen der Vaterrolle.<br />

Gestützt auf neueste Erkenntnisse aus der Hirnforschung beschreibt<br />

Joachim Bauer (Warum ich fühle, was du fühlst - intuitive Kommunikation<br />

und das Geheimnis der Spiegelneurone, Hamburg 2005)<br />

das Phänomen der Spiegelnervenzellen, welche die eigentliche<br />

Grundausstattung für menschliches Lernen - und zwar als Lernen am<br />

74


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Vorbild - darstellen. Wenn ein Vater oder eine Mutter dem Kleinkind<br />

Nahrung eingibt und dabei unwillkürlich selbst den Mund öffnet, dann<br />

ist das intuitive Wissen um die Wirkweise der Spiegelnervenzellen mit<br />

im Spiel. Sie geben ein Handlungsmuster vor, damit das Kleinkind dieses<br />

"kopieren" kann. Denn unwillkürlich und unbewusst erstellen<br />

Menschen ein inneres Abbild von Handlungsabläufen (Matrix), die sie<br />

wahrnehmen. Und neu wahrgenommene Handlungsabläufe werden<br />

blitzschnell mit dem bereits vorhandenen Handlungsrepertoire abgeglichen.<br />

So ergänzen und erweitern sie bereits bekannte Verhaltensund<br />

Handlungsschemata und so differenziert das Kleinkind, unter<br />

Einbezug der Resonanz, die es mit seinen "Versuchsanordnungen"<br />

erzeugt, sein Verhaltensrepertoire.<br />

"Von der wahrgenommenen Handlung wird eine interne neuronale<br />

Kopie hergestellt, so als vollzöge der Beobachter die Handlung selbst.<br />

Ob er sie wirklich vollzieht, bleibt ihm freigestellt. Wogegen er sich<br />

aber nicht wehren kann, ist, dass seine in Resonanz versetzten<br />

Spiegelneurone das in ihnen gespeicherte Handlungsprogramm in<br />

seine innere Vorstellung heben (… auf der neurobiologischen Tastatur<br />

nachspielen…eine Art innere Simulation…)." (a.a.O., S.26)<br />

Auf dieser Basis innerer bzw. intuitiver Simulation entsteht zwischenmenschliches<br />

"Verstehen", gegenseitiges Einfühlen. Der Autor sieht in<br />

der Wirkungsweise der Spiegelnervenzellen geradezu den Schlüssel<br />

zur emotionalen Kompetenz, zur grundsätzlichen Fähigkeit sich in die<br />

Lebenssituation und Gefühlslage eines Gegenübers einfühlen zu können.<br />

Und an dieser Stelle wird besonders deutlich, dass emotionale<br />

Kompetenz nicht als abstrakte oder überindividuelle Größe erworben<br />

werden kann. Emotionale Kompetenz hat zu tun mit "sich berühren<br />

lassen", mit "innerem Nachbilden" von unmittelbar wahrgenommenen<br />

Lebensäußerungen eines menschlichen Gegenübers.<br />

Diverse Versuchsanordnungen brachten mittels Kernspintomographie<br />

zutage, dass diese Spiegelnervenzellen nur dann in Resonanz kommen,<br />

wenn Wahrnehmungen durch die Handlungsabläufe eines<br />

menschlichen Gegenübers (eine lebende handelnde Person) gemacht<br />

werden. "Weder eine Greifzange noch eine virtuelle Hand vermochten<br />

mit ihren Aktionen die Spiegelsysteme eines Beobachters anzuregen.<br />

(a.a.O., S.38). Und die Häufigkeit solcher Beobachtungen erhöht die<br />

Wahrscheinlichkeit, dass solche Handlungsabläufe tatsächlich auch<br />

nachvollzogen werden.<br />

75


Die hier erörterte neurobiologische Sichtweise findet ihre philosophische<br />

Entsprechung in der Aussage Martin Bubers: "Der Mensch wird<br />

<strong>zum</strong> Menschen am Du", welcher darauf seine Philosophie der<br />

Begegnung (das dialogische Prinzip) aufbaute.<br />

Die "neurobiologisch angelegte Bereitschaft zu spontanen Imitationsakten<br />

ist das Grundgerüst, um das herum sich die Beziehung zwischen<br />

Säugling und Bezugsperson entwickelt. Sie ist ein wechselseitiges<br />

Aufnehmen und spiegelndes Zurückgeben von Signalen, ein Abtasten<br />

und Erfühlen dessen, was den anderen gerade, im wahrsten Sinne des<br />

Wortes bewegt, begleitet vom Versuch, selbst Signale auszusenden<br />

und zu schauen, inwieweit sie vom Gegenüber zurückgespiegelt, das<br />

heißt erwidert werden. Dieses Spiel steht nicht nur am Anfang einer<br />

Liebesbeziehung, es bildet, in weniger intensiver Form, den Startpunkt<br />

jeder zwischenmenschlichen Beziehung." (a.a.O., S.58)<br />

Dieses Spiegelspiel braucht aus neuronalen Gründen also "echte<br />

Mitspieler", die selbst spiegeln können. "Die besten Mitspieler sind die<br />

Eltern, da sie auf Grund des Geburtserlebnisses von Natur aus mit<br />

einer Substanz gedopt sind, die ihre Bindungsfähigkeit erhöht:<br />

Oxytocin. Wo Eltern nicht zur Verfügung stehen, können liebevolle<br />

Bezugspersonen guten Ersatz bieten. Allerdings müssen sie eine längere<br />

<strong>Zeit</strong> bzw. dauerhaft zur Verfügung stehen, damit sich zwischen<br />

ihnen und dem Kind eine Bindung aufbauen kann." (a.a.O., S.59).<br />

Neurobiologische Überlegungen machen also deutlich, dass Väter, die<br />

sich mit ihrem Anderssein, ihrer ganz eigenen Stimmfärbung, ihrem<br />

eigenen Muskeltonus und ihrem speziellen Verhaltensrepertoire intensiv<br />

und liebevoll auf das gemeinsam entdeckende Spiel (wobei "Spiel"<br />

in diesem Sinne sämtliche Interaktionen umfasst, vom Mienenspiel bis<br />

<strong>zum</strong> Windeln wechseln) mit dem Kleinkind einlassen, eine unersetzliche<br />

und bereichernde Funktion wahrnehmen. Und das Schönste daran:<br />

Es handelt sich um ein Wechselspiel, um ein Spiel mit Resonanzen,<br />

welches bei allen Akteuren das "Handlungsrepertoire" erweitert bzw.<br />

bereichert. Ein Spiel, das von Geburt an gespielt werden kann. Womit<br />

auch gesagt ist, dass Väter für das Kleinkind (spätestens) von Geburt<br />

an von großer Bedeutung sind.<br />

Vermutlich wussten die Urvölker (Aka-Pygmäen in Zentralafrika und<br />

gewisse Stämme in Papua Neuguinea) intuitiv von dieser Bedeutung.<br />

Dort tragen die Väter die Kleinkinder in den ersten Monaten nach der<br />

Geburt besonders häufig mit sich herum, gewissermaßen im Sinne<br />

76


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

eines "Nachgeburtlichen Austragens". Während die Mutter-Kind-Beziehung<br />

sich durch die Schwangerschaft hindurch aufbauen konnte,<br />

wird die Grundlage zur Vater-Kind-Beziehung unmittelbar danach<br />

angelegt. (Hier ergibt sich ein Hinweis darauf, wie ein wirksamer<br />

Vaterschaftsurlaub bemessen sein müsste. Während rund neun<br />

Monaten sollte ein Vater über ganz viel Muße und <strong>Zeit</strong> verfügen, um<br />

sich auf das Kleinkind einlassen bzw. es bei sich tragen zu können).<br />

Das Lernen des Kleinkindes ist ein 1:1-Lernen und ein Lernen am<br />

Vorbild bzw. am Modell. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung,<br />

dass in dieser Lebensphase eine 1:1-Betreuung bzw. eine intensive<br />

Interaktion möglich ist. Joachim Bauer hat seine diesbezüglichen<br />

Überlegungen eingebettet in das Kapitel "Wie sich das Kind in die Welt<br />

spiegelt und das Problem des Autismus". Und er zieht die Schlussfolgerung,<br />

"dass Versuche, Neugeborene bzw. Kleinkinder emotionslos,<br />

nach rein "rationalen" oder "vernünftigen" Kriterien zu versorgen, verheerende<br />

Folgen haben. Sie ruinieren die Fähigkeit des Kindes, mit<br />

anderen Menschen in emotionalen Kontakt zu kommen und sich mit<br />

ihnen intuitiv verbunden zu fühlen. Das frühe Spiel mit spiegelnden<br />

Imitationen schafft die Grundlage dessen, was Daniel Goleman als<br />

emotionale Intelligenz beschrieben hat." (a.a.O., S.62)<br />

An dieser Stelle werden die Grenzen "professioneller, familienexterner<br />

Betreuung" deutlich, <strong>zum</strong>al diese keine 1:1-Betreuung bieten kann.<br />

Und gleichzeitig wird deutlich, welches Potential greifbare und fühlbare<br />

Väter in die emotionale und psychosoziale Entwicklung von<br />

Kindern einbringen könnten, wenn sie denn für diese essentielle Rolle<br />

freigestellt werden.<br />

Und daraus erwächst auch gleich die große Verpflichtung für die Väter,<br />

sich in wirklicher Präsenz zu üben. Die Aufmerksamkeit für das unmittelbare<br />

Geschehen, die Bereitschaft zur spontanen und direkten<br />

Interaktion ist das Entscheidende. Denn eine bloß physische Präsenz,<br />

bei der ein <strong>Zeit</strong>ung lesender Erwachsener die Aufgabe der Reizvermittlung,<br />

Interaktion und Herausforderung an ein Fernsehprogramm<br />

delegiert, würde eben noch keine neurobiologische Vorlage für<br />

Spiegelungsprozesse schaffen. (Groß-)Väter dagegen, die mit ausholenden<br />

Gesten und bedeutungsvoller Mimik (von ihren selbst erlebten)<br />

Geschichten erzählen, sind für Kinder eine unerschöpfliche Quelle der<br />

Faszination. Sie helfen mit, ein neues Universum zu kreieren.<br />

77


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Die neurobiologischen Erkenntnisse können weiters auch auf größere<br />

Kinder bzw. auf das Jugendalter übertragen werden. Diesbezüglich<br />

werden die Ausführungen des Neurobiologen Joachim Bauer gar<br />

besonders eindringlich: "Warum Fernsehprogramme für Kleinkinder<br />

förderlich sein sollen, bleibt das Geheimnis der Produzenten, die dies<br />

behaupten. Neuere Studien belegen, dass der Fernsehkonsum im<br />

Kleinkindalter statistisch eindeutig mit dem Risiko einer späteren<br />

Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS) korreliert. …<br />

Die Gleichgültigkeit, mit der wir zulassen, dass das in Videos und<br />

Filmen (und PC-Spielen) gezeigte Jagen, Quälen und Töten von<br />

Menschen für einen Großteil unserer Kinder und Jugendlichen eine<br />

prickelnd-amüsante Unterhaltung darstellt, ist erstaunlich, (da doch)<br />

das Ausmaß an täglichem Bildschirmkonsum in direkter und proportionaler<br />

Beziehung zu jugendlichem Gewaltverhalten steht. Aus neurobiologischer<br />

Sicht ist der Zusammenhang absolut klar: Das Gehirn<br />

ist ein permanent lernendes System. Es macht ausgerechnet dann,<br />

wenn es um die für Jugendliche überaus spannende und brisante<br />

Darbietung von Gewaltverhalten geht, keine Lernpause. Was wir<br />

sehen - dies ist die zentrale Botschaft der Spiegelneuronenforschung<br />

- wird in Nervenzellennetze eingeschrieben, die die Programme für<br />

eigene Handlungsmöglichkeiten kodieren." (a.a.O., S.120/121)<br />

Handlungen sind nicht Selbstzweck, sondern sie stehen stets in<br />

Zusammenhang mit Bedürfnissen und Lebensbedingungen eines<br />

Akteurs, und die permanente Rückkopplung von Handlung und<br />

Empfindung (Propriozeption), also die Wahrnehmung dessen, ob uns<br />

unsere Handlungen zu unmittelbarem Wohlgefühl verhelfen oder<br />

nicht, reguliert unser Handlungsrepertoire. "Wenn das Kind andere<br />

Menschen beobachtet, speichert es daher auch die jeweils typischen,<br />

zu einer speziellen Handlungsfolge gehörenden optischen Merkmale<br />

der Akteure. So entstehen Nervenzellennetze, aus denen sich nach<br />

und nach das optische Aufbereitungs- und Interpretationssystem<br />

(STS) entwickelt. … Über die ersten Lebensjahre hinweg orientiert es<br />

sich bei der Einschätzung aktueller Situationen daran, wie sie von der<br />

Bezugsperson beurteilt werden. Es übernimmt die Bewertungen der<br />

Eltern sogar dort, wo es um die eigene Befindlichkeit geht.".( a.a.O.,<br />

S.68). Typisch ist Solches etwa dann erkennbar, wenn das Kind bei<br />

seinen ersten Gehversuchen stürzt, mit dem Gesicht am Boden aufschlägt<br />

und dann zuerst zur Mutter schaut. Deren Reaktion gibt ihm<br />

Hinweise darauf, ob es nun Weinen oder ganz einfach wieder aufstehen<br />

soll.<br />

79


Auch dieses Beispiel mag als kleiner Hinweis stehen, wie bereichernd<br />

die Präsenz von Vätern sein kann: Nicht dass sie "es besser machen"<br />

würden, nein, aber die bloße Tatsache, dass sie "es anders machen,<br />

sich anders verhalten" erweitert das Handlungsrepertoire und die<br />

Lernmöglichkeiten für das Kind. Neuronale Netzwerke bauen auf<br />

Vielfalt. In der Vielfalt und Andersartigkeit liegt eine besondere Lernherausforderung.<br />

Was hier in Anlehnung an Joachim Bauer über die Bedeutung des<br />

Vorbildes aufgezeigt wurde, ließe sich in ähnlicher Form auch herleiten<br />

aus dem Fachbeitrag von Hans Biegert, "Auf das Vorbild kommt<br />

es an - eine Einführung in die Neurobiologie des Lernens":<br />

http://www.familienhandbuch.de/cmain/f_Fachbeitrag/a_Kindheitsfors<br />

chung/s_1527.html, (Stand 12.Nov 2007)<br />

2.3 Die Bedeutung der 2.3Väter: Die entwicklungspsychologisch<br />

Bedeutung der Väter entwicklungspsychologisch<br />

Es ist erstaunlich, dass die an sich sehr alltägliche und uns allen vertraute<br />

Rolle der Väter gleichzeitig eine derart selten reflektierte Rolle ist.<br />

Scheinbar "natürlich" und selbstverständlich meinen wir zu wissen, was<br />

ein Vater ist bzw. soll. Dabei prägen uns jedoch häufig mächtige<br />

Mythen. Der amerikanische Familientherapeut Bruce Linton listet die<br />

folgenden " fünf Mythen des <strong>Vatersein</strong>s" auf (www.fatherfsforum.com):<br />

Mythos 1:<br />

Mythos 2:<br />

Mythos 3:<br />

Mythos 4:<br />

Mythos 5:<br />

Nur die Gefühle der werdenden Mutter sind wichtig und<br />

richtig<br />

Neugeborene brauchen ihren Vater kaum, eine Mutter<br />

deckt alles ab<br />

Männer können nicht mit kleinen Kindern umgehen<br />

Männer, die sich auf ihre Kinder konzentrieren, sind<br />

Versager im Job<br />

Männer werden sich automatisch wie der eigene Vater<br />

verhalten.<br />

Und er listet sodann auch auf, wie diesen Mythen im konkreten Alltag<br />

begegnet werden kann:<br />

1. Nehmen Sie sich <strong>Zeit</strong>, darüber nachzudenken, inwiefern Sie das<br />

Vaterwerden (-sein) berührt. Teilen Sie Ihre Gefühle mit Ihrer<br />

Partnerin und anderen Vätern.<br />

2. Halten, wiegen Sie und sprechen Sie mit Ihrem Neugeborenen von<br />

Geburt an.<br />

80


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

3. Lernen Sie Wickeln, Baden, Füttern. Seien Sie ein Teil vom Alltag<br />

Ihres Babys.<br />

4. Überlegen Sie, zu welchen Kompromissen bei der Karriere Sie<br />

bereit sind, um <strong>Zeit</strong> mit Ihrem Kind zu verbringen. Es kommt auf<br />

den Versuch an.<br />

5. Nehmen Sie, was Ihnen am Besten gefällt am eigenen Vater, an<br />

Lehrern, Kollegen, Freunden und schaffen Sie sich daraus eine<br />

Identität als Vater. Jeder, der sich um Sie gekümmert hat, kann ein<br />

gutes Rollenvorbild sein.<br />

"Kinder machen beim Vater eine entscheidende Erfahrung: Obwohl sie<br />

schwach und hilflos sind, nimmt ein starker und mächtiger Mensch sie<br />

bedingungslos an. Bei der Mutter ist diese Zuneigung nach neun<br />

Monaten uteriner Verbundenheit keine Überraschung, beim Vater ist sie<br />

eine Sensation. Wenn die ‚Liebesbeziehung' gelingt, prägt sie fundamental<br />

das Vertrauen und Selbstvertrauen des Kindes. Und kann beides<br />

ruinieren, wenn sie scheitert." Dieses bereits zuvor erwähnte Zitat der<br />

Regensburger Familienforscherin Karin Grossmann mag auf den ersten<br />

Blick etwas gar überschwänglich klingen. Es bringt jedoch in verdichteter<br />

Form die wichtigsten entwicklungspsychologischen Argumente auf<br />

den Punkt:<br />

Zwischen Mutter und Kind besteht eine symbiotische, verschmelzende<br />

Beziehung von hoher Dichte. Totale Fürsorglichkeit auf der<br />

einen Seite - totale Abhängigkeit auf der anderen Seite. Es leuchtet<br />

ein, dass dieses Muster zu Beginn lebenswichtig ist, als fortdauerndes<br />

Beziehungsmuster jedoch verheerend wäre.<br />

Der Vater ist genetisch und emotional am Werdegang seines<br />

Kindes beteiligt. Im Wissen darum erzeugt er ebenfalls ein starkes<br />

Gefühl der Identifikation mit dem Kind, wenn auch zunächst auf<br />

eine gezwungenermaßen distanziertere Weise.<br />

Väter sind anders - und Väter erziehen anders. Ein Kind, das seinen<br />

Vater als konstante Bezugspersonen wahrnehmen kann, erfährt<br />

durch ihn zunächst einfach, dass es noch etwas Anderes gibt als die<br />

Mutter. Es erlebt erste Hinweise darauf, dass Verschiedenartigkeit<br />

und Vielfalt möglich ist. Was vielleicht banal klingt, ist schließlich die<br />

elementare Voraussetzung dafür, dass sich das Kind erlauben darf,<br />

anders zu werden als die Mutter, ohne gleich um Liebesentzug<br />

fürchten zu müssen.<br />

81


Die Elternrollen sind nicht einfach austauschbar. So schreibt der französische<br />

Entwicklungspsychologe Jean le Camus in seinem Buch "Väter<br />

- die Bedeutung des Vaters für die psychische Entwicklung des Kindes"<br />

(2001), dass es abwegig wäre, von der Vorstellung einer Nicht-Differenz<br />

zwischen den Geschlechtern und Generationen auszugehen (a.a.O.,<br />

S.10), da "das Kind notwendigerweise zwei Geschlechter braucht, die<br />

sich um zwei Pole und Wertigkeiten bewegen, die klar voneinander<br />

unterschieden sind." (a.a.O., S.23)<br />

Mutter<br />

Vater<br />

Für Sohn Entdeckung / Beachtung Bestätigung / Identifikation<br />

Für Tochter Bestätigung / Identifikation Entdeckung / Beachtung<br />

Camus betont weiter, die Rolle des Vaters sei "von Anfang an bedeutsam"<br />

und könne nicht einfach ersetzt werden! (a.a.O., S.11). Die<br />

Vater-Rolle repräsentiere vier entwicklungsgeschichtlich wichtige<br />

Dimensionen:<br />

biologisch (Erzeuger, Samen, Vererbung, Ahnenreihe, Tradition,<br />

Verwurzelung)<br />

juristisch (gesetzl. Vertretung an Kindes statt, Verantwortung, Fürsorgepflicht)<br />

alltagspraktisch (Lebensbegleiter, Erzieher, männliche Identifikationsfigur)<br />

und<br />

symbolisch (Repräsentant der Außenwelt, des Gesetzes, markiert<br />

den Übergang von der Naturordnung zur Sozialordnung, markiert<br />

Grenzsetzung, "Über-Ich")<br />

Die biologische und teilweise auch die symbolische Dimension sind<br />

an den leiblichen Vater geknüpft, wogegen die alltagspraktische und<br />

juristische Dimension auch durch eine andere männliche Bezugsperson<br />

wahrgenommen werden können, sofern diese verbindlich und<br />

langfristig im konkreten Alltagsleben des Kindes erfahrbar ist.<br />

Triangulierung<br />

Triangulierung<br />

Mutter und Kind sind in der Regel durch Schwangerschaft und Geburt<br />

biologisch verbunden bzw. gebunden. Sie bilden eine zunächst unauflösliche<br />

Zweierbeziehung (Dijade), eine Dominanz der Abhängigkeit<br />

(das Eine ist ohne das Andere nicht denkbar) und damit eine unumstößliche<br />

BASIS im Dreieck Vater-Mutter-Kind (Triade). Der Vater hat<br />

82


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

als erster "Außenstehender" die Aufgabe, die Mutter-Kind-Symbiose<br />

aufzubrechen bzw. zu erweitern. Er sorgt dafür, dass auch die<br />

Dreiecks-Schenkel "Vater-Kind" bzw. "Vater-Mutter" gleichgewichtig<br />

ins Spiel kommen. Die Tiefenpsychologie spricht diesbezüglich von<br />

der "Triangulierung" - der Dreieck-Bildung also.<br />

Wenn ein Vater gegenüber seiner Partnerin darauf besteht, dass er<br />

dem Kind (wohlüberlegt) etwas <strong>zum</strong>uten will, wenn er seinerseits für<br />

"innige Vater-Kind-Momente" (ohne Beisein der Mutter) sorgt, dann<br />

arbeitet er an der Triangulierung und entwickelt gleichzeitig einen<br />

eigenen Vater-Stil. Er betont den Dreiecks-Schenkel Vater-Kind.<br />

Wenn ein Vater einige <strong>Zeit</strong> nach der Geburt zuerst behutsam und<br />

dann immer drängender den Wunsch nach Sexualität <strong>zum</strong> Ausdruck<br />

bringt, dann ist er keinesfalls einfach ein Egoist. Er ruft damit die Paar-<br />

Ebene in Erinnerung, er betont den Dreiecks-Schenkel Mutter-Vater.<br />

Was im Alltag als "störend" empfunden werden kann und nicht selten<br />

zu Konflikten Anlass gibt, ist im Grunde eine ganz wichtige Funktion<br />

und trägt dazu bei, dass sich die Mutter wie auch das Kind mit diesem<br />

Triangulierungsprozess auseinandersetzen müssen. Die Kunst des<br />

Loslassens beginnt schon hier - und ist die Wurzel für eine gelingende<br />

Selbständigkeitsentwicklung im späteren Übergang <strong>zum</strong><br />

Erwachsenenalter.<br />

Und schließlich darf es noch <strong>Zeit</strong>en geben, die jede Ecke in diesem<br />

Dreieck für sich allein beanspruchen kann bzw. soll.<br />

Eigenzeit als Mutter:<br />

Eigenzeit als Mutter:<br />

Gerade für eine Mutter ist es bedeutungsvoll, dass sie sich bewusst mit<br />

ihrer Entbehrlichkeit auseinandersetzt. Eine Mutter muss nicht immer<br />

und überall verfügbar sein. Der Vater ist in diesem Moment Garant<br />

dafür, dass die Mutter schon früh kleine Schritte des Loslassens üben<br />

kann. Sie weiß das Kind in seinen Händen geborgen und vielleicht<br />

muss sie sogar ab und zu an diese Tatsache erinnert werden! Ein unerlässlicher<br />

Schritt im Hinblick auf eine gesunde Selbständigkeitsentwicklung<br />

eines Kindes. "Die Anwesenheit einer dritten Person, die nicht<br />

irgendwann dazukommt, sondern von Anfang an gleichberechtigte<br />

Bedeutung hat, stellt die natürlichste Lösung aus dem Abhängigkeitsund<br />

Überforderungsdilemma der frühen Mutter-Kind-Beziehung<br />

dar."(L. Schon, Vater und Sohn, 2002, S. 488)<br />

83


Eigenzeit als Kind:<br />

Eigenzeit als Kind:<br />

Das Kind soll mit zunehmenden Alter erfahren können, dass es auch<br />

<strong>Zeit</strong>en gibt, die es ganz für sich haben darf oder soll. Meist lässt sich<br />

etwas finden, mit dem es sich gerne beschäftigt. Und zuweilen gilt es<br />

auch, ein wenig zu warten. Hilfreich ist, wenn solche Eigenzeiten in<br />

Form eines Rituals und regelmäßig erfolgen (<strong>zum</strong> Beispiel während<br />

des ungestörten Mittagskaffees der Eltern). Diese Erfahrung darf<br />

(situationsgemäß und dosiert) auch schon dem Kleinkind zugemutet<br />

werden. Ein anregender Fundus von Alltagsritualen findet sich im<br />

Fachbeitrag von Michael Schnabel, "Alltagsrituale in Familien - Oasen<br />

der Zuneigung und Geborgenheit":<br />

http://www.familienhandbuch.de/cmain/f_Fachbeitrag/a_Erziehungsb<br />

ereiche/s_1945.html (Stand 12.Nov 2007)<br />

Eigenzeit als Vater:<br />

Eigenzeit als Vater:<br />

Erst ein Vater, der für sein eigenes Kräftegleichgewicht sorgt, wird auch<br />

in der Lage sein, ein solches Gleichgewicht in der Familie realisieren zu<br />

helfen. Auch ein Vater muss nicht pausenlos präsent sein und muss<br />

sich nicht zwischen Erwerbsarbeit, Kindergeschrei und Ansprüchen der<br />

Partnerin aufreiben. Wenn er in Sport, Hobby, Freundeskreis etc. für<br />

eine persönliche Balance sorgt, dient er indirekt allen.<br />

Väter, die sich im Beziehungsgefüge der jungen Familie einbringen<br />

bzw. einmischen, tragen somit ganz wesentlich zur Balance in diesem<br />

System bei; einer Balance zwischen Mutterzeit, Vaterzeit, Paarzeit<br />

und Eigenzeiten für jedes einzelne Familienmitglied (vgl. dazu den<br />

Begriff der "triadischen Fähigkeit" bei Kai von Klitzing, Vater-Mutter-<br />

Säugling, 2002).<br />

Diese Thematik der Triangulierung kann anhand der Arbeitsblätter im<br />

Anhang in differenzierter und grafisch aufbereiteter Form vertieft werden.<br />

Vielfalt statt Einfalt<br />

Vielfalt statt Einfalt<br />

Die meisten Autoren stimmen in der Ansicht überein, dass sich in<br />

hohem Maße bei den Müttern entscheidet, wie ein Vater in seine Rolle<br />

hineinwachsen kann. Mütter, die ihre eigene Zugangsweise <strong>zum</strong> Kind<br />

als EINE von mehreren Möglichkeiten betrachten, sind leichter in der<br />

Lage dem Partner zuzutrauen und zu<strong>zum</strong>uten, dass er den Umgang mit<br />

84


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

dem Kind nach eigener Façon verantwortlich gestalten kann. Mütter, die<br />

bereit sind Verantwortung und Einfluss über Kinder und Hausarbeit<br />

abzutreten, ermöglichen dem Partner erst die seinerseitige<br />

Verantwortungsübernahme - und üben sich frühzeitig im "Loslassen"..<br />

Das heißt anderseits: Väter müssen bereit sein, notfalls um ihr Recht<br />

<strong>zum</strong> <strong>Vatersein</strong> zu ringen, gegenüber dem Arbeitgeber und gegenüber<br />

der Partnerin. Väter sollten bereit sein, sich konstruktiv in das Mutter-<br />

Kind-Verhältnis "ein<strong>zum</strong>ischen". Das soll natürlich respektvoll und<br />

doch selbstbewusst geschehen, Solche Interventionen dürfen sich auf<br />

die Erkenntnis berufen, dass Vielfalt lebenswichtig ist! Ein Grundmotiv,<br />

das in der Ökologie längst bekannt ist (Biodiversität) und auch<br />

in systemischen Denkansätzen einen zentralen Stellenwert genießt.<br />

Grund genug, auch auf gesellschaftlicher und politischer Ebene für<br />

eine Aufwertung der Vaterrolle einzustehen.<br />

Nicht besser, aber anders Nicht besser, aber anders<br />

Traditionelle Rollenbilder sind immer noch stark prägend und unterschwellig<br />

wirkt oft noch die Annahme, Mütter seien biologisch prädestiniert<br />

zur Kindererziehung. Dem ist nicht so: Väter sind genauso<br />

geeignet für Fürsorge und Begleitung, aber sie machen es notwendigerweise<br />

etwas anders: nach Väter-Art eben. Umso wichtiger ist es,<br />

dass Väter am konkreten Lebensalltag der Familie teilhaben und diesen<br />

mit ihrer zeitlichen Präsenz mitgestalten können.<br />

Es geht nicht darum, "typisch mütterliche" und "typisch väterliche"<br />

Eigenschaften zu unterscheiden. Denn oft genug lässt sich ja feststellen,<br />

dass <strong>zum</strong> Beispiel Mut und Risikobereitschaft je nach Paar-<br />

Konstellation und Charakteren, oder je nach Situation und persönlicher<br />

Verfassung, unterschiedlich verteilt sein können. Wer sich heute<br />

mutig und herausfordernd verhält, kann sich morgen auch einmal<br />

ängstlich zeigen und umgekehrt.<br />

Dennoch scheint es, wenn wir etwa die alten Weisheitslehren der meisten<br />

Kulturkreise betrachten, durchaus gerechtfertigt, von einem<br />

"männlichen" und von einem "weiblichen" Prinzip zu sprechen. Die<br />

Jung'sche Psychologie differenziert diesbezüglich zwischen "animus"<br />

und "anima". Der Taoismus spricht von Yin und Yang etc. In derartigen<br />

Ansätzen kommen häufig und je nach Kontext Polaritäten von weich<br />

- hart, dynamisch - starr, anpassungsbereit - nicht anpassungsbereit,<br />

geben - empfangen, streiten - versöhnen etc. zur Aufzählung.<br />

85


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Lothar Schon (a.a.O., S.490f) beschreibt eine daran anschließende<br />

Sichtweise, die etwa folgende Gegenüberstellung skizziert.<br />

Weibliches/mütterliches Prinzip<br />

Verschmelzung (Integration)<br />

Dijade<br />

Harmonie<br />

Empathie<br />

Männliches/väterliches Prinzip<br />

Trennung (Desintegration)<br />

Triade<br />

Störung der Harmonie<br />

Abgrenzung zwischen Ich und Du<br />

Lothar Schon schlägt vor, von "dijadischem und triadischem Prinzip"<br />

anstatt von "mütterlichem und väterlichem Prinzip" zu sprechen.<br />

Damit könnte verhindert werden, dass erneut wieder Geschlechterstereotypien<br />

zementiert werden.<br />

Oder wenn <strong>zum</strong> Beispiel die stark emotionale und wertende Polarität<br />

zwischen "gut" und "böse" mit eingeführt wird, dann wird automatisch<br />

deutlich, dass diese Zuordnungen zwischen den Partnern flexibel und<br />

in wechselnden Konstellationen auftreten können. Wer hat nicht<br />

schon erlebt, wie ein "Du bist die liebste Mama!" urplötzlich in ein "Du<br />

bist die grausamste Mama!" umschlagen kann. Wer heute noch<br />

"böse" ist, ist in den Augen seines Kindes morgen wieder "gut, lieb"<br />

und umgekehrt; je nachdem, ob wir uns gerade zulassend oder verhindernd,<br />

erlaubend oder abgrenzend verhalten.<br />

Polarität erzeugt Spannung<br />

Polarität erzeugt Spannung<br />

Ein präsenter und verfügbarer Vater ermöglicht es der Mutter, nicht in<br />

eine Super-Mami-Rolle steigen und sich damit zwangsläufig überfordern<br />

zu müssen. Sie darf sich auch mal erlauben, "genug zu haben<br />

vom Kindergeschrei" oder an ihre Grenzen zu stoßen, sie darf sich<br />

auch mal "männlich abgrenzend" verhalten - im Wissen darum, dass<br />

der Vater in diesem Moment "mütterlich integrierende" Kräfte entfalten<br />

und die Situation in seiner Art "auffangen" und ausgleichen kann.<br />

Viele Lebensereignisse treten uns in so gearteten Spannungsbögen<br />

bzw. in befruchtender und anregender Polarität entgegen. Und nicht<br />

zuletzt basiert etwa das physikalische Phänomen der Elektrizität auf<br />

der Grundbewegung von "Anziehung" und "Abstoßung" bzw. auf der<br />

Spannung zwischen "positiv" und "negativ". So mag es hilfreich sein,<br />

auch im Zusammenleben von Müttern und Vätern, von Mädchen und<br />

Knaben, dieser spannungsvollen Polarität Raum zu geben. Momente<br />

der Harmonie stellen sich dann, als Geschenk bzw. als Glücksmoment,<br />

von selbst ein.<br />

87


Dies erfordert allerdings von beiden Elternteilen eine hohe Wachsamkeit<br />

in Bezug auf die Gefahr, dass sich einseitige Gewohnheiten<br />

und in der Folge davon auch einseitige Zuschreibungen "einschleichen"<br />

könnten. Nur wenn beide Elternteile das gesamte Spektrum der<br />

Verhaltensmöglichkeiten ausschöpfen, also "alle Register der Orgel"<br />

spielen, können sie einseitige Zuschreibungen wie "die stets gewährende<br />

Mutter" und "der stets strenge Vater" vermeiden.<br />

Väter sind Spiegelbilder und als solche bestens geeignet zur<br />

Auseinandersetzung mit dem Kind. Am Vater wird Vertrautes und<br />

Verhasstes sichtbar. Das Kind erkennt an ihm Gemeinsamkeiten<br />

("gemeinsame Leidenschaften", "ähnlich ticken", "aus dem selben Holz<br />

geschnitzt") und Unterschiede ("was einen stört", "Verhaltensweisen,<br />

von denen man sich abgrenzen möchte"). Dies sind wichtige Schritte in<br />

der Identitätsbildung, die nicht immer leicht auszuhalten sind.<br />

Das Zitat von Mark Twain illustriert dies folgendermaßen: "Als ich 14<br />

Jahre alt war, war mein Vater für mich so dumm, dass ich ihn kaum<br />

ertragen konnte. Aber als ich 21 wurde, war ich doch erstaunt, wieviel<br />

der alte Mann in sieben Jahren hinzu gelernt hatte." (Mark Twain,<br />

amerikan. Erzähler, 1835-1910<br />

Die Bedeutung der Väter Die Bedeutung für die Söhne der Väter für die Söhne<br />

Die Söhne brauchen im alltäglichen Leben spürbare und konkret<br />

erlebbare Vorbilder. Väter, die zielgerichtet ein Vorhaben anpacken,<br />

die sich in einer Panne irgendwie zu helfen wissen etc. Und Väter, bei<br />

denen sie hautnah erleben können, wie mit Begeisterung und<br />

Enthusiasmus, aber auch mit Frust und Verlust umgegangen werden<br />

kann. Auch dass Väter gelegentlich an Grenzen stoßen und wie sie<br />

damit umgehen, ist für Söhne eine bedeutungsvolle Erfahrung. Den<br />

Vater zu erleben, der im ganz gewöhnlichen Alltag auch mal einen<br />

Fehler eingesteht - und trotzdem in Würde und Respekt aus der<br />

Situation herausfindet; den Vater, der sich mutig einer Herausforderung<br />

stellt, der einen Konflikt in sachlichem Gespräch schlichten<br />

und vermitteln kann, dies alles sind bedeutsame Momente.<br />

Söhne erleben direkt, wie ein neues und zeitgemäßes Selbstverständnis<br />

von Männern im Alltag entwickelt werden kann: dialogbereit<br />

und doch entscheidungsfreudig, fordernd und doch nachsichtig,<br />

abgrenzend und doch einfühlsam, tolerant und doch klar, selbstbe-<br />

88


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

wusst und doch aufmerksam. Und die Söhne erhalten von ihren<br />

Vätern die dringend nötige Unterstützung im Loslösungsprozess.<br />

"Ich will gar nicht perfekt sein. Die Kinder sollen ruhig merken, dass wir<br />

Stärken und Schwächen haben - wie sie. Dass ihr Rambazamba uns an<br />

einem Tag kühl lässt, am nächsten jedoch tierisch nervt." (Bänz Friedli<br />

in der Kolumne "Der Hausmann", Migros-Magazin 4/06, als Antwort auf<br />

den Vorwurf, er bilde sich ein, ein perfekter Hausmann zu sein).<br />

Väter sind Männer. Sie dürfen und sollen ihre Männlichkeit auch in der<br />

Familie <strong>zum</strong> Tragen bringen. Väter müssen nicht "bessere Mütter"<br />

sein. Es wäre bedauerlich, wenn die Söhne ein neutralisiertes Bild<br />

vom Mannsein vermittelt bekämen oder einen "verweiblichten" Vater<br />

erfahren müssten, der all seine Ecken und Kanten abgeschliffen hat.<br />

Väter dürfen ihren Kindern eine kraftvolle und zupackende, auch mal<br />

ungeduldige und zielstrebige Männlichkeit <strong>zum</strong>uten. Und sie dürfen<br />

auch ihre verletzliche und ängstliche Seite zeigen - ganz und gar<br />

männlich. Und dass WC-Putzen rein weiblich (oder verweiblichend)<br />

und Stahl gießen ausschließlich männlich sei - solche gesellschaftlichen<br />

Trugschlüsse möchten doch mittlerweile überwunden sein.<br />

Die Bedeutung der Väter für die Töchter<br />

Die Bedeutung der Väter für die Töchter<br />

Julia Onken (Vatermänner, 1997) und andere Frauen haben mehrfache<br />

und eindrückliche Beispiele geliefert, wie wichtig die Reaktionen<br />

ihres Vaters für eine junge Frau seien: der Vater ist gewissermaßen<br />

die erste Instanz, an der sie erfahren/testen kann, ob sie als Frau für<br />

das andere Geschlecht von Interesse ist. Ein Vater, der in einem solchen<br />

Moment anerkennend und wertschätzend reagiert, ist für die<br />

heranwachsende Frau von großem Wert - und wenn er sie aus<br />

Gleichgültigkeit oder <strong>Zeit</strong>mangel ignoriert, dann hat er eine bedeutende<br />

Chance verpasst.<br />

Seiner Tochter liefert der Vater das erste Bild eines möglichen<br />

Partners. Mit seinem vorgelebten Engagement kann er indirekt mitprägen,<br />

nach welchen Werten seine Tochter dereinst ihren künftigen<br />

Partner und Vater ihrer Kinder auswählen wird.<br />

Väter können, was ihre Bedeutung für die Söhne betrifft, auf eigene<br />

Erfahrungen zurückgreifen. Sie selbst haben Erfahrungen mit einem<br />

Vater gemacht und entsprechende Vater-Gefühle oder Vater-<br />

Sehnsucht aufgebaut. Oder sie haben inspirierende und überzeugen-<br />

89


de väterliche Vorbilder erlebt, nach denen sie sich ausrichten können.<br />

Was ihre Bedeutung für die Töchter betrifft, können sie jedoch nicht<br />

auf eigene Erfahrungen zurückgreifen. Das Naheliegendste (ist also),<br />

sich mit der Partnerin austzuauschen und zu fragen, wie sie ihren<br />

Vater erlebt hat. Was war für sie besonders bedeutsam am Verhalten<br />

ihres Vaters Was war daran entwicklungsförderlich, respektvoll, dem<br />

Aufbau von Selbstvertrauen und Würde dienlich Was anderseits war<br />

hinderlich, einengend, missachtend, abwertend, dem Aufbau eines<br />

gesunden Selbstvertrauens abträglich<br />

Ein solches Gespräch wird nicht nur wertvolle Hinweise liefern über die<br />

Bedeutung des Vaters für eine Tochter, es wird ganz bestimmt auch zu<br />

einem vertieften gegenseitigen Verständnis verhelfen und der ernsthaften<br />

Suche nach einer Vater-Identität wichtige Impulse vermitteln.<br />

2.4 Die Bedeutung der 2.4Väter: Die soziologisch, Bedeutung der pädagogisch<br />

Väter soziologisch und pädago-gisch<br />

Positive Väterlichkeit Positive und männliche Väterlichkeit Identität und (Peter männliche Ballnik) Identität (Peter Ballnik)<br />

Weil bisherige wissenschaftliche Arbeiten - wenn überhaupt - den Vater<br />

meist in einem Problemkontext (als gewaltausübenden Vater, als getrennt<br />

oder geschieden lebenden Vater) thematisieren, suchte die Studie<br />

von Peter Ballnik aus interdisziplinärem Blickwinkel und gestützt auf qualitative<br />

Interviews mit Familien und insbesondere mit Kindern (projektives<br />

Verfahren) nach den Charakteristika gelingender Väterlichkeit. Dabei<br />

wird von der Grundposition ausgegangen, wonach "Mann und Frau als<br />

gleichwertig aber nicht als gleichartig" zu sehen seien und wonach ihre<br />

Erziehungsaufgaben sich komplementär ergänzten. "Väterlichkeit impliziert,<br />

dass ein Gegenüber geschützt, gepflegt und geführt werden muss,<br />

dass Sicherheit geschaffen werden muss. In einer väterlichen Beziehung<br />

ist einerseits Wohlgesonnenheit, Güte, Fürsorge und Nähe enthalten<br />

und andererseits Forderung und Führung. Väterlichkeit ist eine Rolle,<br />

die unabhängig davon, ob eine biologische Vaterschaft vorliegt, ausgeübt<br />

werden kann. … Väterlichkeit hat die Aufgabe, die Kinder in die Welt<br />

zu führen. Väterlichkeit unterscheidet sich klar von der Mütterlichkeit,<br />

beide wirken - im Idealfall - komplementär." (Ballnik, 2005, S.16/17)<br />

Die ausgeprägt wertorientierten Grundannahmen führen dann über<br />

detaillierte Gesprächs- und Bildanalysen zu einer verdichteten Darstellung<br />

positiver Väterlichkeit dargestellt in Form einer "Vaterpyramide".<br />

90


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Danach bilden die fünf Faktoren<br />

Zuneigung,<br />

Vertrauen,<br />

gemeinsame <strong>Zeit</strong>,<br />

Verantwortung/Verlässlichkeit und<br />

Stolz auf das Kind,das unerlässliche Fundament einer glückenden<br />

Vater-Kind-Beziehung.<br />

Darauf aufbauend werden vier weitere vaterspezifische Faktoren aufgezählt,<br />

welche im zeitlichen Entwicklungsverlauf sukzessive wichtiger<br />

werden:<br />

Mit den Kindern etwas tun, aktiv sein, der Vater als Tor zur Welt.<br />

Vorbild sein, Orientierung geben, auch Strenge.<br />

Altersgemäße Beziehung, sich auf die Kinder einlassen, für sie da<br />

sein, zuhören und<br />

eine Balance zwischen Nähe und Distanz aufbauen.<br />

Schließlich werden noch drei übergeordnete Faktoren erwähnt, die<br />

eher indirekt <strong>zum</strong> Tragen kommen:<br />

Der Vater als Introjekt, Über-Ich, Gewissen.<br />

Innere Bilder von Beziehungen zwischen Frau und Mann entwikkeln.<br />

Der "Segen" des Vaters beim Aufbruch in die Welt.<br />

"Letztlich ist die Beziehung zwischen Vater und Kind das Grundelement<br />

in der Lebenswelt Vater-Kind und die Essenz der positiven<br />

Väterlichkeit." (a.a.O., S.75) Auf der Basis einer guten Beziehungsqualität<br />

könne Väterlichkeit höchst individuelle Ausprägungen erfahren<br />

und auch erschwerende Bedingungen (ungünstige Erziehungs-Moden,<br />

Trennung etc.) konstruktiv integrieren. So ist dann die Herausarbeitung<br />

91


der vier verschiedenen Vatertypen (begeisternder Vater, einfühlendempathischer<br />

Vater, bodenständig-realitätsbezogener Vater, kreativer<br />

Vater) eher noch eine inspirierende Etüde als eine abschließende<br />

Charakterisierung des <strong>Vatersein</strong>s. (a.a.O., S.201)<br />

Von der Fülle des <strong>Vatersein</strong>s Von der Fülle - das des Variablenmodell <strong>Vatersein</strong>s - das von Variablenmodell R.Winter von Reinhard Winter<br />

Einer derart ausgeprägt werteorientierten Sicht auf die Väterlichkeit<br />

steht eine soziologisch "nüchternere" und ideologisch offenere Sichtweise<br />

<strong>zum</strong> Beispiel in der Arbeit von Reinhard Winter gegenüber.<br />

Dieser hat das "Variablenmodell balancierten Mannseins" auf die<br />

Vaterrolle ausgeweitet und interpretiert in der Schrift "Von der Fülle des<br />

<strong>Vatersein</strong>s" acht Begriffspaare bzw. Aspekte. Diese polaren Begriffspaare<br />

bilden ein dynamisches Modell, welches über die <strong>Zeit</strong>achse hinweg<br />

in unterschiedlicher und wechselnder Ausprägung die individuellen<br />

Ressourcen beleuchten und Entwicklungspotentiale erkennen lassen<br />

möchte. Demnach spielt sich Mannsein bzw. <strong>Vatersein</strong> ab auf den<br />

Polaritätsfeldern von<br />

Konzentration - Integration<br />

Aktivität - Reflexion<br />

Präsentation - Selbstbezug<br />

Kulturelle Lösung/Prozess - Kulturelle Bindung/Struktur<br />

Leistung - Entspannung<br />

Heterosozialer Bezug - Homosozialer Bezug<br />

Konflikt - Schutz<br />

Stärke - Begrenztheit<br />

Als Schlüsselbegriffe des guten <strong>Vatersein</strong>s nennt R. Winter zusammenfassend<br />

"Wahrnehmung, Kommunikation und Verantwortung".<br />

(R. Winter, Von der Fülle des <strong>Vatersein</strong>s - Ableitung Variablenmodell<br />

<strong>zum</strong> Thema <strong>Vatersein</strong>, Tübingen 2004 / kostenfreier pdf-Download:<br />

http://www.radix.ch/d/data/data_60.pdf), S.10)<br />

Das Variablenmodell strebt nicht nach einer einmal zu erreichenden<br />

und dann zu haltenden absoluten Balance. Es versteht sich als offener<br />

Prozess und bietet lediglich eine anregende gedankliche Struktur<br />

<strong>zum</strong> selbständigen Weiterdenken und Weiterfragen. "Es soll kein<br />

neues Ideal aufstellen und dient auch nicht als Anspruchskatalog. …<br />

Dieses Modell ist also nicht fertig, sondern funktioniert ein wenig wie<br />

bei IKEA: Das Material ist da, aber machen muss man es letztlich<br />

selbst und oft hilft einem der Bauplan auch nicht so viel." (a.a.O., S.8)<br />

92


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Die eher klassisch wertorientierte Sichtweise von Ballnik scheint aus<br />

der Bemühung heraus entstanden zu sein, Väterlichkeit so zu umschreiben,<br />

dass sie in und trotz massiv veränderter gesellschaftlicher<br />

Rahmenbedingungen hinreichend praktiziert werden kann. Die Studie<br />

scheint einer pragmatischen Haltung zu folgen, die sich zunächst einmal<br />

daran orientiert, was mehrheitsfähig und machbar ist: Die faktisch<br />

abwesenden Väter in arbeitsteiligen Rollenmodellen wenigstens für<br />

die besondere und besonders intensive Beziehung <strong>zum</strong> Kind sensibilisieren.<br />

Damit wird tendenziell der Grundsatz "Qualität vor Quantität"<br />

hochgehalten. Zwar ist der Vater arbeitsbedingt nur sehr selten anwesend,<br />

dann aber zu 100% oder mehr. Eine solche Sichtweise weist<br />

klar systemerhaltende Züge auf.<br />

Demgegenüber fordert das Balancemodell von Winter deutlich stärker<br />

heraus, wenn auch in einer zunächst individualisierten Perspektive.<br />

Beim einzelnen Vater liegt die Verantwortung für seine persönliche<br />

Balance. Er ist dafür verantwortlich, welche Lebensdimensionen er in<br />

welchem Maß und in welcher zeitlichen Abfolge in sein Lebenskonzept<br />

integrieren will. Variationsreichtum und Ausgleich (Balance)<br />

innerhalb eines Systems - auch des Systems Familie - ist die gedankliche<br />

Leitfigur. Das eröffnet sehr viel Spielraum und ermuntert, das<br />

ganze Spektrum der Möglichkeiten auszuloten und "mit den<br />

Polaritäten zu spielen". Allerdings ist dieser Ansatz damit noch sehr<br />

offen und erschließt manchem Vater mitunter noch zuwenig davon,<br />

worin Väterlichkeit nun bestehen könnte.<br />

93


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

3 Eine (neue) Kultur der Väterlichkeit 3 Eine (neue) Kultur der Väterlichkeit<br />

3.1. Im Kreislauf des Lebens<br />

3.1 Im Kreislauf des Lebens<br />

Eine neue Kultur der Väterlichkeit kann zunächst unter der Begriffsabfolge<br />

von "versöhnen - verantworten - vertrauen - versagen"<br />

betrachtet werden. Diese Begriffe können in einem steten Kreislauf<br />

gesehen werden … spiralförmig sich drehend und mit jedem<br />

Durchgang sich weiter verdichtend. Es sind Verben, Begriffe also, die<br />

sich auf das eigene Tun und die dahinterliegende Haltung beziehen.<br />

1. Versöhnen<br />

1. Versöhnen<br />

Zunächst ist es für jeden Mann bedeutsam, sich mit dem eigenen Vater<br />

bzw. mit der eigenen Vater-Erfahrung auseinanderzusetzen. Was hat<br />

mich an ihm beeindruckt Was hat mich jeweils rasend gemacht und<br />

weshalb Was blieb mir besonders in Erinnerung und was daran war<br />

besonders hilfreich, was besonders lähmend, entmutigend Wenn es<br />

noch möglich ist, dann ist das konkrete klärende Gespräch mit dem<br />

eigenen Vater ein wichtiger Schritt: "Wie war das damals für Dich<br />

Warum hast Du dich damals so verhalten Was waren Deine Ziele,<br />

Hoffnungen, Sehnsüchte als Vater" Ein solches Gespräch sollte aus<br />

einem Gefühl der Neugier heraus stattfinden können, aus dem<br />

Bemühen um echtes Verstehen und Nachvollziehen. Sind Gefühle von<br />

Groll, Verletztsein, massiven Vorwürfen oder gar von Rache im Vordergrund,<br />

dann ist es vermutlich noch zu früh für ein solches Gespräch,<br />

oder es sollte unter Beiziehung einer geeigneten und kommunikationserfahrenen<br />

Drittperson versucht bzw. vorbereitet werden.<br />

In der Auseinandersetzung mit dem eigenen Vater (wenn er nicht<br />

mehr lebt, dann kann dies auch in Erinnerung bzw. im Gespräch mit<br />

"stellvertretenden" Personen geschehen) gilt es, zu einer versöhnlichen<br />

Haltung zu finden. Die idealistischen Annahmen des Sohnes, die<br />

oftmals verklärenden Erwartungen an einen Vater müssen jetzt geprüft<br />

und "geeicht" werden können. Dies ist die Chance, sich mit<br />

Vaters Endlichkeit und seinem Nicht-Vollkommen-Sein zu versöhnen.<br />

Eigene Verletzungen und Enttäuschungen wollen nochmals intensiv<br />

wahrgenommen und erkannt sein und die Dankbarkeit über wertvolle<br />

und geschenkte Erfahrungen erhält hier ihren Platz. In dieser<br />

Reflexion wird es möglich, unerfüllt gebliebene Sehnsüchte und<br />

schmerzhafte Erinnerungen anzuerkennen und sich darauf zu besinnen,<br />

was den eigenen Kindern gegenüber dereinst "anders" gesche-<br />

95


hen soll, was ihnen gegenüber auf jeden Fall vermieden oder auf<br />

jeden Fall auch vermittelt werden will. In einem Akt der Versöhnung<br />

kann es günstigenfalls gelingen, die guten Erfahrungen gewissermaßen<br />

als wertvolle Früchte aus der Ernte auszusortieren und einem<br />

eigenen "inneren Vater-Bild" zuzuordnen. Die Versöhnung mit dem<br />

eigenen Vater schafft die Voraussetzung für eine integrierte eigene<br />

Väterlichkeit.<br />

2. Verantworten<br />

2. Verantworten<br />

Väterlichkeit hat mit Verantwortung zu tun. Verantwortung heißt<br />

zunächst "Antwort geben"; dem Leben mit der eigenen Art, Vater zu<br />

sein, und mit dem eigenen Lebensentwurf eine ganz eigene subjektive<br />

Antwort geben. Wer <strong>Vatersein</strong> bewusst gestaltet und sich als<br />

Dialogpartner im Frage-Antwort-Spiel des Lebens versteht, übernimmt<br />

Verantwortung.<br />

Verantwortung übernehmen folgt deshalb auf das Versöhnen. (Der<br />

eigenen Erfahrung das entnehmen, was förderlich und wertvoll erschien<br />

und das zurücklassen, was hinderlich war, wo ich mich enttäuscht oder<br />

herabgesetzt fühlte). Verantwortung bedeutet, auf die Fragen des<br />

Lebensalltags einzugehen, diese an sich heranzulassen und ernstzunehmen.<br />

Es bedeutet zudem, Position zu beziehen, Stellung zu nehmen,<br />

sich mit eigenem Profil einzubringen und wenn nötig "ein<strong>zum</strong>ischen".<br />

Das verlangt Mut. Weiter heißt Verantwortung tragen auch, zu<br />

eigenen Äußerungen und Handlungen zu stehen, sie zu begründen, sie<br />

im kritischen Diskurs zu prüfen - und gegebenenfalls auch bereit zu<br />

sein, zu einem Kompromiss, zu einer Verhaltensänderung oder gar zu<br />

einem Eingeständnis (zu einer "Entschuldigung").<br />

Wo und wem gegenüber gelingt es mir, in diesem Sinne<br />

Verantwortung zu übernehmen Weshalb gelingt es hier und andernorts<br />

nicht Wie weit reicht meine Verantwortungsbereitschaft Gelingt<br />

es mir, zwischen meiner Verantwortung und der Verantwortung meines<br />

Gegenübers zu unterscheiden In welchen Beziehungen gelingt<br />

mir dies leichter, wo gelingt dies weniger Weshalb<br />

3. Vertrauen<br />

3. Vertrauen<br />

So verstandene Verantwortung hat sehr viel mit Kommunikation zu<br />

tun, und sie setzt Vertrauen voraus. Verantwortung zu übernehmen<br />

heißt, das Vertrauen eines anderen Menschen zu genießen und mit<br />

96


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

dem eigenen Handeln auf diesen Vertrauensbeweis zu antworten.<br />

Verantwortung übertragen heißt demgemäß, einem anderen<br />

Menschen gegenüber Vertrauen aufzubringen und den Ausgang einer<br />

Verhandlung oder einer Handlung "in dessen Hände zu legen".<br />

Wo gelingt es mir, mich einem anderen Menschen bzw. dessen (<strong>zum</strong><br />

Beispiel beruflichen) Kompetenzen anzuvertrauen Was brauche ich<br />

dazu Wem gegenüber kann ich leichter Vertrauen aufbringen, bei<br />

wem weniger leicht Weshalb<br />

Wann gelingt es mir, einem anderen Menschen gegenüber Vertrauen<br />

aufzubringen, ihm etwas zuzutrauen oder gar zu<strong>zum</strong>uten Wem<br />

gegenüber gelingt dies leichter - wem gegenüber weniger leicht<br />

Weshalb<br />

4. Versagen 4. Wenn Verantwortung bzw. Vertrauen mit Einfluss nehmen, etwas<br />

Gestalten und Bewirken zu tun hat, so gehört unteilbar auch der Umgang<br />

mit Enttäuschung und Versagen dazu. Überall da, wo ich etwas<br />

verspreche, wo ich etwas auszuführen oder eben zu verantworten<br />

habe, können auch Fehler und Versäumnisse passieren. Es kann vorkommen,<br />

dass ich die in mich gesetzten Erwartungen, die versprochenen<br />

Ziele oder Ergebnisse nicht erfüllen oder die Aufgaben nicht erledigen<br />

kann. Es kann umgekehrt vorkommen, dass andere Menschen die<br />

Aufgaben und Erwartungen nicht erfüllen, die Ergebnisse und Ziele<br />

nicht erbringen, die ich in sie gesetzt bzw. von ihnen versprochen hatte.<br />

Der richtige Umgang mit Enttäuschungen ist eine entscheidende<br />

Lebenskompetenz. Es handelt sich um die Fähigkeit, bisherige und für<br />

mich verbindliche Realitäten, mir besonders wichtige Haltepunkte aufgeben<br />

und mein Verständnis der Wirklichkeit wieder neu einstellen zu<br />

können.<br />

Gelingt es mir, eigene Fehler und eigenes Versagen zu akzeptieren<br />

und einzuordnen Kann ich vor anderen Menschen dazu stehen Vor<br />

wem gelingt mir dies leichter, bei wem weniger leicht Wie verarbeite<br />

ich Erfahrungen von Scheitern, Versagen, nicht erfüllte Wünsche und<br />

Hoffnungen Gelingt es mir, Fehler und Versagen anderer Menschen<br />

zu akzeptieren und einzuordnen Bei wem gelingt mir dies leichter,<br />

bei wem weniger leicht Was lösen Gefühle von gekränkt oder gar<br />

gedemütigt sein bei mir aus Welche Reflexe dazu kenne ich<br />

Welche bewussten Strategien setze ich dann ein<br />

97


Gewalt ist Ausdruck von Gewalt Ohnmacht ist Ausdruck von Ohnmacht<br />

Die Auseinandersetzung mit solchen Fragen des Scheiterns und<br />

Versagens ist ein Schlüsselfaktor menschlicher Beziehungsgestaltung,<br />

ganz besonders aber ein Schlüsselfaktor männlicher<br />

Beziehungsgestaltung. Es kann nämlich davon ausgegangen werden,<br />

dass Männer nicht von Haus aus gewaltbereit, gewalttätig oder rücksichtslos<br />

sind. Zwar konfrontieren uns die Medien täglich mit<br />

Meldungen, in denen Männer und Väter als Täter und Verursacher<br />

von Gewalthandlungen und von Akten des Missbrauchs dargestellt<br />

sind. Zweifellos kommt es häufig vor, dass Männer sich in unangemessener,<br />

ausbeuterischer, rücksichtsloser und menschenverachtender<br />

Weise verhalten. Die Ausübung von Gewalthandlungen ist ethisch<br />

verwerflich und durch nichts zu rechtfertigen.<br />

Doch hier beginnt bereits die gesellschaftlich akzeptierte und teilweise<br />

gar gesellschaftlich verordnete Schizophrenie: Wie viele Männer<br />

wurden nicht schon darauf trainiert, Gewalt auszuüben, sich nicht<br />

erweichen zu lassen, unerbittlich und unhinterfragt Befehle auszuführen,<br />

rücksichtslos Ziele zu verfolgen, den Gegner klein zu machen<br />

etc. Solches Verhalten (oder wenn man will, solche Fähigkeiten) sind<br />

jedoch nicht "typisch männlich" sondern reine Produkte der<br />

Sozialisation, also gesellschaftlich angelernt und antrainiert.<br />

Wenn nun zu dieser "materiellen" Disposition noch eine "psychische"<br />

Disposition hinzukommt, dann ist der Übergang zur Gewaltausübung<br />

nicht mehr groß. Da, wo Männer auf Erfolg und Sieg konditioniert<br />

sind, da wo Männer nie lernen mussten, mit Versagen und<br />

Enttäuschung umzugehen, da werden Erfahrungen des Scheiterns<br />

sehr schnell als grenzenlose und existentielle Demütigung empfunden.<br />

Sehr häufig resultieren Gewalthandlungen aus solchen<br />

Erfahrungen tiefster Ohnmacht und Verletzung.<br />

Es ist somit für Väter von besonderer Wichtigkeit, dass sie in Anbetracht<br />

der großen Verantwortung, die sie einem kleinen und wehrlosen<br />

Lebewesen gegenüber tragen, sich selbstkritisch und offen mit solchen<br />

Fragen des Scheiterns auseinandersetzen. Wenn Väter sich aggressiv,<br />

gewalttätig oder respektlos bezüglich der Persönlichkeit und Intimität<br />

ihres Kindes oder ihrer Partnerin verhalten, dann ist dies mit nichts zu<br />

rechtfertigen, auch nicht mit Gefühlen des Unverstanden-, Gekränktoder<br />

Überfordert-Seins. Ganz besonders auch deshalb nicht, weil damit<br />

eine Situation der Abhängigkeit bzw. des Vertrauens ausgenützt würde.<br />

98


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Männer müssen deshalb üben, sich frühzeitig ihrer Befindlichkeit<br />

gewahr zu werden, sich für Klärung einzusetzen bzw. für ihre eigenen<br />

Belastungsgrenzen einzustehen, bevor ein unerträglicher Überdruck<br />

entsteht und es zur "Explosion" kommt.<br />

An dieser Stelle sei erwähnt, dass es bei Frauen wie Männern spezifische<br />

und subtile Formen von Machtausübung und Gewalt gibt. Da<br />

wo Frauen und Mütter bzw. Männer und Väter es verstehen, aus<br />

Gefühlen der Frustration, des Zurückgesetztseins, des Neids etc. heraus<br />

die subtilen Register der emotionalen Druckausübung auf<br />

Partner/in und Kinder zu ziehen, da wird die Spirale der Gewalt in<br />

Gang gesetzt bzw. in Bewegung gehalten.<br />

Partner, die in kommunikativer Verantwortung ihre Wahrnehmungen<br />

"auf den Tisch bringen", die verdeckte Stimmungen ansprechen und zur<br />

bewussten Stellungnahme herausfordern, tragen dazu bei solch unbewusste<br />

und unproduktive Strategien zu "entdecken" und zu verarbeiten.<br />

Echte und beiderseitige Veränderungsbereitschaft vorausgesetzt.<br />

Männer / Väter sind es gewohnt, zwischen Arbeit und Privatleben eine<br />

klare Trennung aufrechtzuerhalten. Darin verbirgt sich sowohl eine<br />

Chance als auch eine Gefahr. Mit dieser klaren Trennlinie sichern sie<br />

sich die Funktionsfähigkeit, sie halten allfällig störende oder blockierende<br />

Gefühle außen vor, um die gewohnten und von ihnen erwarteten<br />

Abläufe einwandfrei gewährleisten zu können. Die Gefahr jedoch<br />

besteht darin, sich innerlich aufzuspalten, sich auf ein reines<br />

Funktionieren zu konzentrieren und dabei andere Bedürfnisse zu verdrängen.<br />

Menschliche Grundbedürfnisse haben es jedoch an sich, dass<br />

sie früher oder später an die Oberfläche drängen. Je länger die<br />

Verdrängung dauerte, umso heftiger.<br />

Männer mit emotionaler Kompetenz sind Männer, die zur<br />

Selbstregulation fähig sind, die die Sorge für sich selbst und die Sorge<br />

um andere in Balance halten können. Die Selbstregulation ist so<br />

etwas wie das "Überdruckventil" beim Dampfkochtopf. Sie verhindert<br />

unkontrollierte Entladungen und Explosionen.<br />

Viele Männer/Väter sind in ihrem Berufsleben mit Führungs- und<br />

Leitungsaufgaben betraut. Sie haben zuweilen ein großes Geschick<br />

entwickelt in Bezug auf zeitgemäße Kommunikations- und Führungsstile.<br />

Der Einbezug der Ressourcen der Mitarbeiterschaft, das Nutzen<br />

von Stärken etc. ist in aller Munde. Kommunikations- und Konflikt-<br />

99


management-Seminare gehören vielerorts <strong>zum</strong> betrieblichen Alltag<br />

und strategisches Denken ist heute ein Muss. Weshalb fällt es manchmal<br />

schwer, diese Kompetenzen und mithin diese ressourcenorientierte<br />

Grundhaltung auch im privaten Umfeld <strong>zum</strong> Tragen zu bringen<br />

Nicht dass die Familie nun mit Zielvereinbarungsgesprächen und strategischen<br />

Meetings straff zu führen und im Benchmarking mit den<br />

Nachbarsfamilien unerbittlich zu messen sei, hoffentlich nicht. Doch<br />

weshalb die beruflichen Kompetenzen der rationalen Klarheit, der<br />

sachlichen und doch einfühlsamen Kommunikation, der gemeinsamen<br />

Zielausrichtung nicht auch im Familienleben <strong>zum</strong> Tragen bringen<br />

Dass Männer/Väter einen anderen Zugang zu Emotionalität und<br />

Empathie haben als Frauen, kann sich im wertschätzenden und<br />

respektvollen Dialog durchaus als Chance erweisen. Wenn sich rationale<br />

Sachlichkeit mit einer empathischen Haltung verbindet, Väter<br />

sich dialogisch, kommunikativ, offen und aufmerksam verhalten, dann<br />

kann die Unterschiedlichkeit von Vater und Mutter im familiären<br />

Miteinander sehr hilfreich und ergänzend genutzt werden.<br />

Wolfgang Müller-Commichau (und Allan Guggenbühl, Männer und<br />

emotionale Kompetenz, Wien, 2007) zeichnet mit dem<br />

"Selbstregulierungs-Quadrat" ein Hilfsmittel, um emotionale<br />

Kompetenz zu entwickeln. Dabei wird das Zusammenspiel folgender<br />

vier Faktoren ("Säulen der emotionalen Kompetenz") betrachtet:<br />

Selbstwahrnehmungsfähigkeit (Wie fühle ich mich Wie geht es<br />

mir<br />

Einfühlungsvermögen / Empathie (Wie geht es meinem<br />

Gegenüber)<br />

Interaktionskompetenz (Wie bringe ich diese Gefühle zur Sprache<br />

Wie gehen wir damit bzw. miteinander um)<br />

Fähigkeit zur Wahrnehmung und Respektierung eigener Grenzen<br />

Hier trifft sich das Modell des Selbstregulierungsquadrates mit der im<br />

vorausgehenden Abschnitt (Gewalt als Ausdruck von Ohnmacht)<br />

erwähnten Erfordernis, eigene Belastungsgrenzen zu erkennen und<br />

für angemessenen Druckabbau bzw. Entspannung zu sorgen.<br />

100


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

3.2 Im Gespräch bleiben<br />

3.2 Im Gespräch bleiben<br />

"Fragen bleiben jung, Antworten altern rasch." (Kurt Marti)<br />

Wenn wir auf unsere eigenen Erfahrungen mit unseren Vätern zurückblicken<br />

oder die Erfahrungsberichte lesen, dann wird "Vater" erschrekkend<br />

häufig mit "sprachlos", "stumm", "redefaul" etc. verbunden. Nun,<br />

ein Vater muss nicht zu allem und jedem seinen Kommentar abgeben,<br />

schon gar nicht, wenn er nicht darum gebeten wurde. Es ist absolut<br />

ok, dass einzelne Menschen lieber sparsamer mit Worten umgehen<br />

und ihr Dasein anders, mit Zeichen etwa, mit aufmerksamer<br />

Anteilnahme, mit Zuhören oder aktivem Zupacken <strong>zum</strong> Ausdruck bringen.<br />

Und dennoch: Väterlichkeit hat in erster Linie mit Kommunikation<br />

zu tun. Denken und Handeln, Fühlen und Absichten müssen einem<br />

Gegenüber (dem Kind wie der Partnerin) einsichtig sein, sie wollen<br />

verstehen und nachvollziehen können. Und wir sind herausgefordert,<br />

dies nachvollziehbar darzulegen bzw. transparent zu machen. Ob<br />

dies nun mit Zeichen, mit Worten, mit einem ermutigenden Blick, oder<br />

mit einem Ausruf des Erstaunens geschieht, ist sekundär. Wichtig ist,<br />

sich mitzuteilen und aktiv zu kommunizieren.<br />

Väter eignen sich ganz besonders, um ihren Kindern als ermutigende<br />

Lebensbegleiter zur Seite zu stehen. Oder anders ausgedrückt: Der<br />

Vater ist prädestiniert für die Rolle des Coachs. Nicht, dass nun aus<br />

jeder Tochter eine Martina Hingis oder aus jedem Sohn ein Roger<br />

Federer werden soll, nein. Der Respekt vor der Eigenart des Kindes verlangt<br />

es, dass ein Vater nicht seine persönlichen (Leistungs-) Ziele aufdrängt,<br />

es nicht für seinen persönlichen Ehrgeiz missbraucht, es nicht<br />

nötigt, seine eigenen unerfüllten Träume kompensieren zu müssen.<br />

Väter jedoch, die in selbstkritischer Distanz, mit eigener Entdeckungsfreude,<br />

mit Lust am Unbekannten und Neuen, neugierig und in<br />

hoffnungsvoller Zuversicht ihr Kind begleiten, sind äußerst hilfreiche<br />

"Expeditionsteilnehmer" auf der Entdeckungsfahrt des Kindes hinaus<br />

ins Meer des Lebens.<br />

Eine Väterlichkeit, die der Haltung des "Empowerments" (Selbst-<br />

Ermächtigung) folgt, begleitet das Kind behutsam, respektiert dessen<br />

eigenes Entwicklungstempo und bringt die eigene Lebenserfahrung<br />

schützend mit ein. Eine solche Haltung lässt sich mit der Begriffsabfolge<br />

"erinnern - ermutigen - ermächtigen - erproben" umschreiben.<br />

101


1. "Erinnern"<br />

1. "Erinnern"<br />

Mein echtes Interesse am Kind und seinen ganz eigenen Erfahrungen<br />

kann ich am besten dadurch ausdrücken, dass ich mir <strong>Zeit</strong> nehme<br />

zuzuhören, zuzuschauen, mir die neu erworbene Fähigkeit vorführen<br />

zu lassen. Kinder sind begierig darauf, zu lernen und zeigen auch<br />

gerne und mit Stolz, was sie gelernt haben. Mit zunehmendem Alter<br />

des Kindes kann ich diese Anteilnahme auch erweitern: "Wie hast Du<br />

das gemacht Wie ist es Dir gelungen, dass … Wie hast Du jenes<br />

Problem gelöst Wie hast Du es geschafft, trotz Rückschlägen und<br />

Misserfolgen weiter<strong>zum</strong>achen"<br />

Der gemeinsame Blick zurück, das Reflektieren und Auswerten einer<br />

bestimmten Erfahrung ist einerseits ein Ausdruck von Wertschätzung<br />

und anderseits eine wertvolle Gelegenheit, zu neuen Erkenntnissen zu<br />

kommen. Ganz nach dem Sprichwort "aus Erfahrung wird man klug"<br />

oder "Fehler sind da, damit wir aus ihnen lernen können". Überdies erkennt<br />

das Kind durch solche Gespräche, dass Fehler grundsätzlich<br />

Platz haben, dass Fehler passieren dürfen und dass es darauf ankommt,<br />

an erkannten Fehlern zu arbeiten bzw. zu lernen. Fehler hängen<br />

wir Menschen nicht gern "an die große Glocke". Da kann es bedeutsam<br />

sein, als Vater ab und zu interessiert (jedoch nicht bohrend) nachzufragen<br />

und damit zu vermitteln: Klar, auch Fehler gehören dazu, sie sind<br />

zuweilen sogar spannender als die "gelungenen" Ereignisse. Einen<br />

ganz besonderen Beitrag zu einer offenen "Fehlerkultur" leistet ein Vater<br />

dann, wenn er von seinen eigenen Erfahrungen erzählt, von seinen<br />

eigenen Misserfolgen, Ängsten, Abenteuern und Bubenstreichen. Hier<br />

vermittelt sich ganz automatisch die Einsicht: auch mein Vater ist "nur"<br />

ein Mensch, auch meinem Vater passieren Fehler und er kann unerschrocken<br />

darüber reden, ja sogar über seine eigenen Patzer und<br />

Misserfolge lachen.<br />

Als Vater habe ich zwangsläufig einen beträchtlichen Erfahrungsvorsprung.<br />

Das ist eine Chance - birgt aber gleichzeitig die Gefahr des<br />

vorschnellen Eingreifens. Es ist wichtig, mit eigenen "Lösungen" sparsam<br />

umzugehen, dem Kind Raum zu lassen für eigene Lösungsversuche,<br />

zuweilen gar auszuhalten, dass es etwas ausprobiert, bei dem<br />

ich am liebsten rufen würde: "Vergiss es, das gelingt dir nie, du musst<br />

das so anpacken …." Bevormundende Belehrungen kommen bei<br />

Kindern mit zunehmendem Alter weniger gut an. Sie möchten selbst<br />

ausprobieren, eigene Erfahrungen sammeln und sind natürlich dankbar,<br />

wenn jemand an der Seite steht, dem sie ab und zu eine Frage<br />

102


stellen können, von dem aber auch das Gefühl der Sicherheit ausgeht:<br />

Solange mir Papa zusieht, wird es wohl nicht "lebensgefährlich"<br />

sein. Viele Väter haben eine größere Risikobereitschaft als Mütter. Mit<br />

dem Mut <strong>zum</strong> "kalkulierten Risiko" können Väter Entscheidendes<br />

dazu beitragen, dass Kinder "über sich hinaus wachsen" können,<br />

dass sie sich neue Lernschritte zutrauen und sich eine vertrauensvoll<br />

mutige Lebenshaltung aneignen können. Ein rücksichtsvoller und einfühlsamer<br />

Vater führt sachte an die Grenzen heran, ohne zu forcieren<br />

und ohne übergroße Wagnisse einzugehen.<br />

2. "Ermutigen"<br />

2. "Ermutigen"<br />

Kinder entwickeln in der Regel schnell eigene Vorstellungen, was sie<br />

lernen oder erreichen möchten. Häufig bringen sie selbst die entwicklungsgemäß<br />

anstehenden Wünsche und Herausforderungen zur<br />

Sprache. Haben sich einmal die ersten "Misserfolge" eingestellt oder<br />

die ersten Grenzen gezeigt, dann erlahmen mitunter der Mut und die<br />

Ausdauer <strong>zum</strong> unermüdlichen Neuanfang. Sei dies beim Radfahren<br />

lernen, beim Hausaufgaben lösen oder beim Basteln. Hier ist eine<br />

väterliche Gelassenheit wertvoll. Jemand drückt mit seiner geduldigen<br />

Präsenz aus: "Probier ruhig noch einmal, Du kannst das schon, das<br />

wird Dir schon gelingen!" Ohne zu drängen und ohne zu überfordern,<br />

steht da einer daneben, der es schließlich auch einmal lernen musste<br />

und der es auch geschafft hat. So entsteht Zuversicht.<br />

Neue Herausforderungen bergen stets auch einen Anteil, der Angst<br />

macht. Angst ist ein wichtiges und wertvolles Signal. Das Kind wird in<br />

seinem späteren Lebensverlauf noch öfters darauf angewiesen sein,<br />

auf seine inneren Gefühle vertrauen und sich darauf verlassen zu<br />

müssen. Es ist deshalb sehr bedeutsam, dass es seine körpereigenen<br />

Signale zu achten lernt, dass es diese ernst nimmt und sich diese<br />

zunutze machen kann. Deshalb ist der väterliche Respekt solchen<br />

Unsicherheiten und Ängsten gegenüber äußerst wichtig. "Ja, Du<br />

darfst Angst haben. Aber vielleicht magst Du es trotzdem noch einmal<br />

versuchen. Ich stehe daneben, beobachte genau und verspreche Dir,<br />

dass ich bei Gefahr sofort eingreifen werde". "Was brauchst Du von<br />

mir, damit Du es wagen könntest, nochmals anzufangen …" An solchen<br />

Herausforderungen bildet sich Vertrauen aus, Vertrauen in die<br />

eigenen Kräfte und Vertrauen in die väterliche Sorgfalt.<br />

Väterliche Ermutigung kann eine große Kraft entfalten und kann das<br />

Selbstvertrauen und ein positives Lebensgefühl entscheidend prägen.<br />

104


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Vorausgesetzt, ein Vater kann diese Ermutigung behutsam und geduldig<br />

<strong>zum</strong> Ausdruck bringen. Die größte Gefahr besteht also zunächst<br />

in der Ungeduld, im <strong>Zeit</strong>druck. Sodann wird ein Vater leichter die nötige<br />

Geduld aufbringen, wenn er "mit sich selbst im Reinen ist": wer<br />

sich den eigenen Ängsten noch nicht gestellt hat - und diese am liebsten<br />

ärgerlich beiseite schieben würde, hat es wohl schwerer, in<br />

Gelassenheit zu reagieren. Es ist deshalb wichtig, sich ganz bewusst<br />

von falschem "Heldentum" und plakativen "Allgemeinplätzen" zu<br />

distanzieren. Aussagen wie "Nun tu' mal nicht so zimperlich…, beiß'<br />

auf die Zähne…, reiß' Dich zusammen…, wegen so einer Kleinigkeit<br />

weint man doch nicht gleich …" sind kontraproduktiv und lassen<br />

Einfühlung und Wertschätzung vermissen.<br />

3. "Ermächtigen"<br />

3. "Ermächtigen"<br />

Für viele Herausforderungen und Lebensaufgaben braucht es tatsächlich<br />

auch ein gewisses "Know-how". Wohl lassen sich viele Dinge<br />

im Leben auf ganz unterschiedliche Weise lösen und der Blick über<br />

die eigenen Landesgrenzen hinaus zeigt <strong>zum</strong> Beispiel schnell, dass<br />

man gewisse Dinge auch anders machen kann. In Kulturen und<br />

gesellschaftlichen Verbünden haben sich jedoch Gewohnheiten und<br />

Abläufe herausgebildet, die für die eigene Lebensbewältigung, wie<br />

auch für das Zusammenleben wichtig sind und vieles erleichtern können.<br />

"Know-how" vermitteln und in gesellschaftliche Gepflogenheiten<br />

einführen ist eine wichtige (nicht nur) väterliche Funktion.<br />

Das Vermitteln von Wissen und Know-how gelingt dann am leichtesten,<br />

wenn es mit einem unmittelbaren Bedürfnis des Kindes verknüpft<br />

ist. Wenn das Kind eine ganz bestimmte Frage, ein bestimmtes<br />

Vorhaben oder Ziel vor Augen hat, dann ist es am empfänglichsten<br />

für Erklärungen. Solche Erklärungen und Instruktionen sind dann für<br />

das Kind verarbeitbar, wenn sie kurz, konkret, verständlich, handlungsorientiert<br />

und klar (vgl. die SMART-Regel der Kommunikation)<br />

vorgetragen werden. Und wichtig zu wissen: "Es führen 100 Wege<br />

nach Rom." Man kann es stets auch noch anders ausprobieren,<br />

sofern man bereit ist, allfällige Konsequenzen zu tragen.<br />

Für den Vater lauert bei diesem Schritt die Gefahr, dass er in ein endloses<br />

Erklären und Instruieren verfallen könnte, je nach Temperament<br />

und je nach Leidenschaft und Perfektion, mit der er selbst diesem<br />

Thema oder dieser Aufgabe nachgeht. Das Auffassungsvermögen<br />

des Kindes ist begrenzt. Es will und kann im Moment lediglich den<br />

105


nächsten Schritt kennen lernen, für weitere Finessen ist später noch<br />

<strong>Zeit</strong>. Es fällt manchmal schwer, an dieser Stelle die eigenen<br />

Wertmaßstäbe zu verlassen und einmal mehr Geduld üben zu müssen.<br />

Doch wenn wir das Kind erst einmal für das Thema begeistert<br />

haben, dann wird es später von selbst wieder daran anknüpfen und<br />

noch mehr erfahren wollen. Wenn wir hingegen "den Karren überladen",<br />

dann ist leicht möglich, dass das Kind dieses Thema ein für alle<br />

Mal hinter sich lässt und "abhängt". Eine weitere, wenn auch geringere<br />

Gefahr besteht darin, dem Kind Know-how zu vermitteln, von dem<br />

ich selbst nicht überzeugt bin. "Das macht man halt so!" Wissen, das<br />

freudlos, lustlos und ohne ein Minimum an innerer Überzeugung vermittelt<br />

wird, reduziert sich auf ein rein technisches "Antrainieren". Das<br />

mag zuweilen auch angemessen oder ganz einfach nötig sein, man<br />

sollte sich allerdings bloß nicht wundern, wenn derartige Handlungen<br />

vom Kind ebenso lustlos und automatisch vollzogen und bei nächster<br />

Gelegenheit wieder vergessen werden.<br />

4. "Erproben"<br />

4. "Erproben"<br />

Handlungen, Aufgaben, Herausforderungen und Lernprozesse können<br />

vorab besprochen und geplant werden. Doch den eigentlichen<br />

Schritt muss jeder Mensch selbst gehen. Befriedigung und Erfolgserlebnisse<br />

stellen sich erst dann ein, wenn ich etwas selbst, aus eigener<br />

Kraft und mit eigenen Mitteln vollzogen habe. Und das Wissen<br />

darum, dass ich die neu erworbene Fähigkeit auch andernorts wieder<br />

"abrufen" und in neuen Zusammenhängen anwenden kann, vermittelt<br />

mir erst das Gefühl von "Können". Wir kommen also nicht darum<br />

herum, nach kürzerer oder längerer Vorbereitungszeit, in die Umsetzungsphase<br />

zu gehen und etwas auszuprobieren, uns zu erproben.<br />

Ein Schritt, der Mut erfordert und bei Gelingen ein Gefühl von<br />

Stolz vermittelt: "Ich hab's geschafft!"<br />

Kinder brauchen eine Umgebung, die ihnen auf vielfältigste Weise<br />

Raum <strong>zum</strong> Ausprobieren gibt. Das Kleinkind, das seine nächste<br />

Umgebung tastend erkundet, die ersten Gehversuche, das Kind, das<br />

unbedingt beim Kochen und Schneiden mithelfen muss, der erste<br />

Abend allein zuhause, der erste Ausflug mit Freunden, etc. - unzählige<br />

Schritte und unzählige "Bewährungsproben", die sich das Kind selbst<br />

stellen will. Eltern sind in dieser Phase ganz besonders gefordert, sich<br />

zurückzuhalten, nicht einzugreifen, vertrauensvoll abzuwarten.<br />

106


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Viele Väter erleben sich selbst als sehr pragmatisch und handlungsorientiert.<br />

Sie sind es gewohnt zuzupacken, sie fühlen sich rationellen<br />

Lösungen verpflichtet und sehen sich nicht als "Mann der großen<br />

Worte". Dennoch oder gerade deshalb lauert hier die Gefahr, zuwenig<br />

Raum <strong>zum</strong> Erproben zu geben bzw. diesen Raum zu beschneiden.<br />

Wir sind herausgefordert, die Kinder ihre Erfahrungen selbst machen<br />

und die Konsequenzen ihres Handelns selbst tragen zu lassen.<br />

Natürlich soll diese väterliche Zurückhaltung situationsgemäß erfolgen.<br />

Jede Äußerung von "siehst Du, ich habe Dir doch gesagt" oder<br />

gar hämisches Lächeln wäre da völlig unangepasst. Sachliche und<br />

gelassene Zurückhaltung - verbunden mit interessiert - neugieriger<br />

Anteilnahme ist angezeigt. "Es könnte Dir ja etwas gelingen, das ich<br />

selbst nie und nimmer für möglich gehalten hätte." Diese im positiven<br />

Sinn neugierige Anteilnahme führt direkt dazu, dass der Vater in der<br />

nächsten ruhigen Minute bzw. bei sich bietender Gelegenheit "den<br />

Kreis schließt" und beim Kind interessiert nachfragt: "Wie war das mit<br />

deinem gestrigen Vorhaben" "erinnern - ermutigen - ermächtigen -<br />

erproben" als Motto für die Praxis eben.<br />

"Ich wünsche, dass mein Sohn erfährt, dass grüne Gräser schneiden<br />

können, dass hoch im Baum kein Mensch erklärt, wie wir den Absturz<br />

meiden können.<br />

Ich wünsche, dass er Äpfel stiehlt, bevor wir sie als Nachtisch nehmen,<br />

ich will, dass er auf Amseln zielt, um sich nach Treffern selbst zu<br />

schämen.<br />

Ich wünsche, seine kleinen Tritte im Sand, im Schlamm, im Schnee zu<br />

sehen. Wie lächerlich klingt meine Bitte, nicht durch das große Beet<br />

zu gehen."<br />

(Werner Schneyder, Gelächter vor dem Aus)<br />

Auf die Haltung kommt es an<br />

Auf die Haltung kommt es an<br />

Nicht dass hier wieder zur alten "orthopädischen Schule" zurückgeführt<br />

werden soll, in der Kinder an Stühle gebunden und in die "richtige"<br />

Körperhaltung gezwungen wurden. Nein, die innere Haltung ist damit<br />

gemeint. Was nicht heißt, dass zwischen innerer Haltung und äußerer<br />

Körperhaltung kein Zusammenhang bestehe. Die innere Haltung<br />

(Einstellung), die der Vater dem Leben gegenüber entwickelt hat, drückt<br />

sich in seiner Körperhaltung und in seinem gesamten Verhalten dem<br />

Kind gegenüber aus. Mutige, weltoffene, neugierige und respektvolle<br />

Väter sind so etwas wie persönliche "Erlebnispädagogen" und für das<br />

einzelne Kind dann tatsächlich ein wenig das "Tor zur Welt".<br />

107


Väter, die sich als Coach des Kindes verstehen, werden<br />

anleiten und erklären,<br />

unterstützen, ohne dabei "die Steine aus dem Weg zu räumen",<br />

zutrauen und ermutigen,<br />

Erfahrungen sammeln lassen,<br />

"die Stange halten",<br />

unerschütterlich an die Ressourcen des Kindes glauben,<br />

kalkulierte Risiken eingehen und im Hintergrund absichern,<br />

Erfahrungen abhören und verarbeiten helfen,<br />

Regeln anerkennen und Respekt zeigen,<br />

Kraft einsetzen und Ziele verfolgen,<br />

integrieren und Konflikte lösen helfen.<br />

3.3 Komplizen für Lebensabenteuer<br />

3.3 Komplizen für Lebensabenteuer<br />

Väter können und müssen ihren Kindern (besonders ihren Söhnen)<br />

nicht die Freunde ersetzen, sie müssen nicht "auf jugendlich machen"<br />

und übertrieben lässig die Generationendifferenz verleugnen. Väter<br />

müssen nicht alles und jedes mittun und sich nicht jedem Schritt der<br />

Kinder anhängen oder gar einmischen. Und dennoch können Väter<br />

wunderbare Komplizen für die Lebensabenteuer ihrer Kinder sein.<br />

Komplizen zeichnen sich aus durch<br />

voneinander und umeinander wissen,<br />

einander ermutigen und unterstützen,<br />

sich gegenseitig ab und zu ins Vertrauen ziehen,<br />

auch gelegentlich riskante Manöver abdecken,<br />

gegenseitige Geheimnisse pflegen und schützen.<br />

108


Väter haben es - und hier kommt ihnen die biologische Unterschiedlichkeit<br />

bzw. natürliche Distanz zugute - meistens leichter in Sachen<br />

Abgrenzung gegenüber ihren Kindern, als dies bei Müttern der Fall ist.<br />

Vielen Vätern gelingt es relativ leicht, eine sachlich nüchterne Haltung<br />

einzunehmen, sich nicht gleich emotional vereinnahmen oder "verschlingen"<br />

zu lassen und die Erlebnisse des Kindes kritisch solidarisch<br />

zu begleiten. Väter können sich gewissermaßen zu "Experten"<br />

für Ablösungsfragen entwickeln und darin den Müttern gegenüber<br />

eine äußerst hilfreiche Außenperspektive einbringen. Dass dies<br />

gelingt, setzt allerdings ein behutsames und respektvolles Vorgehen<br />

voraus. Denn auch und gerade für eine Mutter ist es wichtig, dass sie<br />

sich bewusst mit ihrer Entbehrlichkeit auseinandersetzt. Eine Mutter<br />

muss nicht immer und überall verfügbar sein. Als Vater kann ich<br />

ermöglichen, dass die Mutter schon früh kleine Schritte des<br />

Loslassens üben kann: Sie darf unser Kind in meinen Händen geborgen<br />

wissen und vielleicht muss ich sie ab und zu an diese Tatsache<br />

erinnern! Als Vater setze ich mich ein für exklusive Vater-Kind-<strong>Zeit</strong>en,<br />

die ganz uns gehören, in denen unser eigener Maßstab gilt, und während<br />

der sich die Mutter eine eigene "Auszeit" gönnen darf und soll.<br />

Unerlässliche Schritte im Hinblick auf eine gesunde Selbständigkeitsentwicklung<br />

des Kindes.<br />

Eine weitere bedeutsame Dimension dieser Komplizenschaft kommt<br />

im Märchen "Eisenhans" der Gebrüder Grimm <strong>zum</strong> Ausdruck. Dort<br />

sieht sich der heranwachsende Sohn aufgefordert, "den Schlüssel<br />

unter dem Kopfkissen der Mutter zu stehlen und diesen dann fortzuwerfen".<br />

(vgl. Robert Bly, Eisenhans - ein Buch über Männer,<br />

München 1991). Die gewachsene und während vieler Jahre wichtige<br />

Intimität zwischen Mutter und Kind kommt jetzt an ihre Grenze und<br />

der Sohn beginnt, sich eine eigene Privatsphäre zu schaffen. Dieser<br />

Abgrenzungsschritt muss von ihm selbst ausgehen. Der Komplize<br />

(der Vater) "steht Schmiere" bei diesem waghalsigen Schritt (vgl.<br />

Markus Hofer, Kinder brauchen Väter). Er wird als "erfahrener Mann"<br />

seinen Sohn in diesem Vorhaben freudig und ermutigend unterstützen,<br />

im Wissen darum, dass es sich um einen unerlässlichen<br />

Ablösungsschritt handelt. Manche Mutter möchte dabei vielleicht ausrufen,<br />

sie werde ihrem Sohn den Schlüssel auch freiwillig geben - und<br />

mit dieser scheinbaren Großzügigkeit und Ablösungsbereitschaft<br />

unbewusst möglicherweise gleich einen neuen "Fallstrick" legen.<br />

Dieser Ablösungsschritt ist nicht ohne "Bruch" möglich und dieser<br />

"Bruch" muss vom Sohn selbst veranlasst werden!<br />

110


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Wir müssen in unserer Gesellschaft diesbezüglich leider ein beunruhigendes<br />

Phänomen feststellen: Die Zahl junger Männer, die nicht<br />

wirklich von ihren Müttern loskommen und den Weg in eine autonome,<br />

selbstbewusste und kraftvolle Lebensgestaltung als Mann nicht<br />

finden, ist drastisch am Ansteigen. Psychiatrische Kliniken stellen eine<br />

deutliche Zunahme von männlichen Jugendlichen mit psychotischen<br />

Erkrankungen, mit jugendlicher Orientierungs- und Perspektivelosigkeit,<br />

mit depressiven Phänomen, mit drogenindizierten Psychosen,<br />

Borderline-Erkrankungen etc. fest. Und den meisten dieser Verläufe<br />

ist die Verstrickung in eine komplexe Familiendynamik, der Loyalitätskonflikt<br />

zwischen den (oft getrennt lebenden) Elternteilen und eine<br />

nicht gelungene Ablösung von der Mutter gemeinsam. Selbst Mütter,<br />

die sich als aufgeschlossen, modern und selbstkritisch verstehen sind<br />

nicht davor gefeit, ihre Söhne unbewusst an sich zu binden. In<br />

Trennungssituationen der Eltern besteht diese Gefahr noch verstärkt.<br />

Da braucht es eine väterliche Instanz, die "in geheimer Komplizenschaft"<br />

mit dem Sohn diesen Ablösungsschritt konstruktiv zu bewältigen<br />

hilft.<br />

Sich aus der Symbiose mit der Mutter lossagen, um danach in Freiheit<br />

und auf der Ebene, auf welcher erwachsene Menschen sich begegnen,<br />

ein neues und liebevolles Band zwischen Mutter und Sohn zu<br />

legen, ist kein leichtes Unterfangen. Dieser Prozess kann Jahre dauern.<br />

Und mancher Vater kann diesbezüglich auch mit eigenen<br />

Erfahrungen aufwarten.<br />

Will ein Vater seinem Sohn in diesem Übergang hilfreich sein, so wird<br />

er diesbezüglich vor allem Standhaftigkeit zeigen und Konfrontationen<br />

aushalten müssen. Leicht möglich, dass in dieser Phase massive<br />

Gefühle der Konkurrenz zwischen Sohn und Vater auftreten. Hier den<br />

"weisen Überblick" zu behalten, ist nicht einfach und gelingt dann wohl<br />

am Besten, wenn sich in dieser <strong>Zeit</strong> die Partnerschaft zwischen Mutter<br />

und Vater neu verdichten und intensivieren kann. Ein wirkliches<br />

Geschenk ist es, wenn die Eltern in dieser Phase ihre Verliebtheit von<br />

damals neu entdecken können, angereichert mit dem Gefühl der<br />

Genugtuung über ein "intensives gemeinsames Projekt", das nun<br />

schon bald seinen Abschluss finden wird. Die Aufmerksamkeit beider<br />

darf sich nun wieder vermehrt auf die Partnerschaft richten. Die Liebe<br />

zwischen den Eltern, die damals die Basis legte für den Beginn eines<br />

neuen Lebens, tritt jetzt wieder in den Vordergrund und trägt dazu bei,<br />

dass der Ablösungsprozess zwischen Mutter und Sohn gelingen kann.<br />

111


Wenn die einstmalige Liebe zwischen Vater und Mutter zwischenzeitlich<br />

zerbrochen oder erloschen ist und die Eltern nicht mehr in Partnerschaft<br />

leben, dann ist der genannte Prozess etwas anspruchsvoller und delikater.<br />

Die gefühlsmäßige Antriebskraft, die die Elternbeziehung neu<br />

beleben und damit den Ablösungsprozess von den Kindern unterstützen<br />

kann, fällt in diesem Fall weg. Es ist auch leicht möglich, dass beide<br />

Elternteile neue Partnerschaften eingegangen sind - und damit in innerem<br />

Gleichgewicht ihre Liebesfähigkeit auf Erwachsenenebene neu<br />

ausrichten konnten. Dann wird dies den Ablösungsprozess zu den<br />

Kindern ebenfalls konstruktiv unterstützen können. Besondere Sorgfalt<br />

ist dann jedoch darauf zu verwenden, dass die Eltern sich trotz beendeter<br />

Liebesbeziehung in gegenseitiger Achtung und gegenseitigem<br />

Respekt begegnen können. Sie ersparen ihren Kindern damit einen tiefschürfenden<br />

Loyalitätskonflikt und ermöglichen einen ausgeglichenen<br />

Ablösungsprozess. Denn die Gefahr, die Kinder für die jeweils eigene<br />

Sichtweise der ehemaligen Partnerschaft gegenüber zu instrumentalisieren,<br />

tritt im Ablösungsprozess der Kinder nochmals verstärkt in<br />

Erscheinung. Und die Tatsache, dass zwar eine Partnerschaft aufgelöst<br />

werden kann, dass die gemeinsame Elternschaft jedoch zeitlebens<br />

bestehen bleibt, wird in dieser Phase besonders deutlich.<br />

3.4 Selbstkritische Offenheit 3.4 Selbstkritische Offenheit<br />

Vätern haftet - oftmals nicht zu Unrecht - das Image der Selbstgerechtigkeit<br />

an. In früheren Generationen konnte sich diese Haltung<br />

auf dem Boden eines patriarchalischen Selbstverständnisses noch<br />

leichter entfalten. Die Fähigkeit zur Selbstreflexion und Selbstkritik ist<br />

für Väter eine entscheidende Größe. Gerade da, wo Abhängigkeitsverhältnisse<br />

bestehen (sei es die materielle Abhängigkeit der Partnerin<br />

vom Mann, sei es die existentielle Abhängigkeit des Kleinkindes von<br />

seinen Eltern) sind wir besonders herausgefordert, unsere Motive<br />

selbskritisch zu prüfen. Geht es nur um meinen persönlichen Ehrgeiz,<br />

meine persönliche Eitelkeit oder um den Wunsch meines Kindes Geht<br />

es - im Tiefsten betrachtet - um meine eigene Frustration oder eigenen<br />

unerfüllten Sehnsüchte, weswegen ich meinem Kind unbedingt dies<br />

oder jenes ermöglichen bzw. ersparen will<br />

Als Vater bin ich zu unbedingtem Respekt der Persönlichkeit meines<br />

Kindes gegenüber verpflichtet. Es hat seine eigene Weltsicht, seine<br />

eigene "Wirklichkeit" und seine eigenen Gründe, so und nicht anders zu<br />

handeln. So bin ich zunächst einmal aufgefordert, nach dieser Sichtweise<br />

und diesen Gründen zu fragen. Das "Verstehen wollen" muss<br />

zunächst mein Leitmotiv sein. Nur im Notfall erlaube ich mir, mit Zwang<br />

112


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

einzugreifen und diesen Eingriff nachher auch, soweit möglich, altersgerecht<br />

zu erklären.<br />

Als Vater enthalte ich mich konsequent jeder Form von Macht- oder<br />

Gewaltausübung. Sollte mir dennoch mal "die Sicherung durchbrennen",<br />

so ist es meine selbstverständliche Pflicht, mich zu entschuldigen,<br />

mein Eingreifen bzw. meinen unkontrollierten Ausbruch zu erklären und<br />

wenn nötig, in geeigneter Form Wiedergutmachung zu leisten.<br />

Was bezüglich Fehlertoleranz oben erwähnt ist, darf ich auch für mich<br />

als Vater in Anspruch nehmen. Vorausgesetzt, ich bin bereit und in der<br />

Lage, aus einmaligen Fehlern zu lernen, meine Überforderung zu<br />

benennen und alles Erdenkliche zu unternehmen, dass derselbe<br />

"Fehler" sich nicht wiederholt. Die Auseinandersetzung mit eigenen<br />

Schwächen ist dabei ein zentraler Faktor und diesbezügliche<br />

Tabuisierungen gilt es auf jeden Fall zu vermeiden.<br />

Väterrunden<br />

Väterrunden<br />

Eine sehr geeignete Form der selbstkritischen Auseinandersetzung und<br />

der Reflexion ist die Väterrunde bzw. die Männergruppe, ein Ort des<br />

Austauschs im vertrauensvollen Kreis mit anderen Vätern. Im gemeinsamen<br />

und strukturierten Erfahrungsaustausch erkennen, dass andere<br />

Männer dieselben Zweifel, Fragen, Sorgen und Ängste mit sich tragen,<br />

sich bezüglich kniffliger Alltagsthemen Tipps von erfahrenen Kollegen<br />

geben lassen, (<strong>zum</strong> Beispiel wenn diese die pubertären Hackenschläge<br />

der Tochter bereits hinter sich haben, vgl. dazu etwa der treffende<br />

Buchtitel "..die Kunst, einen Kaktus zu umarmen"), ein derartiger<br />

Austausch kann für den Vater Balsam sein, wenn er sich wieder einmal<br />

mit der "Einsamkeit des Langstreckenläufers" konfrontiert sieht.<br />

Der gegenseitig kritische Umgang, die im positiven Sinne "schonungslos<br />

offene" Haltung der Kollegen, der reflektierende und tabulose Austausch<br />

ist für die Rolle des Vaters ein hochwirksames Instrument der<br />

"Qualitätssicherung" - und im günstigen Falle dann eine bedeutende<br />

Kraftquelle sowie eine wunderbare Möglichkeit zur Identifikation mit der<br />

Vaterrolle.<br />

113


Die Väterrunde orientiert Die Väterrunde sich an den orientiert fünf Regeln: sich an den fünf Regeln:<br />

Offenheit<br />

Ich bringe die Bereitschaft mit, mich authentisch ins Gespräch einzubringen.<br />

Akzeptanz<br />

Ich höre die Aussagen der Gesprächspartner an, ohne zu werten.<br />

Vertraulichkeit<br />

Ich behalte für mich, was ich in dieser Runde erfahre.<br />

Verlässlichkeit<br />

Ich verpflichte mich für eine Einheit von sieben Treffen und melde<br />

mich ab, wenn ich verhindert bin.<br />

Engagement<br />

Ich übernehme im Turnus organisatorische Verantwortung.<br />

Was herauskommt, wenn eine Runde von Vätern sich Gedanken macht<br />

<strong>zum</strong> eigenen Verständnis von Väterlichkeit (Kultur der Väterlichkeit), illustriert<br />

folgende Flip-Chart-Abschrift:<br />

Überblick, Gelassenheit und Besonnenheit<br />

(Lebens-)Erfahrung<br />

Vertrauen und Zutrauen<br />

Zupacken, wo nötig, gewähren lassen, wo möglich<br />

fragen statt antworten<br />

entscheiden lassen wo möglich, entscheiden wo nötig<br />

erklären und begründen<br />

Elitäres und perfektionistisches Denken vermeiden<br />

Machtentscheidungen vermeiden<br />

Väter entfalten Generalisten- statt Spezialistenqualitäten<br />

114


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Es wird sofort deutlich, dass hier von Qualitäten die Rede ist, die nicht<br />

nur im Kinderzimmer eine positive Wirkung entfalten. Auch die<br />

Partnerschaft, die Führungsaufgabe am Arbeitsplatz und andere<br />

Beziehungsfelder werden von einem neuen Verständnis von<br />

Väterlichkeit positiv beeinflusst werden.<br />

Gewiss ließen sich von hier aus interessante Bezüge herstellen zu<br />

derzeit aktuellen und in der Managementpraxis und -literatur häufig<br />

zitierten Ansätzen von Coaching und Mentoring. Mit der einschränkenden<br />

Nuance vielleicht, dass eine respektvolle Väterlichkeit konsequent<br />

ressourcenorientiert denken und sich einer Instrumentalisierung<br />

<strong>zum</strong> Zwecke der Performancesteigerung enthalten wird.<br />

Wann dereinst die Managementlehre auf eine "neue Väterlichkeit"<br />

referenzieren wird, wage ich noch nicht zu prognostizieren. Zumindest<br />

ist aber jetzt schon erkennbar, dass das Ansehen von "Familienbetrieben"<br />

bzw. von KMU's wieder deutlich am Steigen ist und dass<br />

deren Identifikationsgrad, deren Effizienz, Wirksamkeit und Verlässlichkeit<br />

wieder neu geschätzt wird. Es ist zu hoffen, dass "positive<br />

Väterlichkeit" auch in diesem Sinne eine Renaissance erleben wird.<br />

Ob dann Personalchefs ihren Mitarbeitern <strong>Zeit</strong> für Väterrunden einräumen<br />

werden, weil sie erkannt haben, dass der kollegiale<br />

Austausch in der Väterrunde in mehrfacher Hinsicht eine konstruktive<br />

Wirkung entfaltet Dieser Ort der (selbst-)kritischen Reflexion ermöglicht<br />

das ganzheitliche Ernstgenommen-Sein als Mitarbeiter, die<br />

gegenseitige Wahrnehmung mit Stärken und Schwächen, die gegenseitige<br />

Solidarität über das Arbeitsfeld hinaus. Ganz nebenbei wird<br />

eine Dialogform eingeübt, die sich auch trefflich im Kreise der<br />

Mitarbeiter, im Team etc. anwenden lässt.<br />

115


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

4 <strong>Vatersein</strong> konkret gestalten: 4 <strong>Vatersein</strong> Rollenmanagement konkret gestalten: Rollenmanagement<br />

4.1 Die K-os-Theorie der Geschlechterrolle” 4.1 Die “K-os-Theorie” der Geschlechterrolle<br />

Es gilt mittlerweile als gesundheitsstatistisch gesichert, dass viele<br />

Männer einen Lebensstil pflegen (müssen), der eindeutige Resultate<br />

zeigt: signifikant höhere Unfall- und Suizidraten, deutlich höhere<br />

Raten an Herzinfarkt- und Stress-Erkrankungen, höhere Rate an<br />

Burnout-Syndromen, höhere Rate an Verkehrsunfällen, deutlich<br />

höhere Rate an verzweiflungsbedingten Gewalttaten etc. als bei den<br />

Frauen.<br />

Man mag dazu verschiedene Erklärungstheorien bemühen. Wir<br />

gehen jedenfalls davon aus, dass Männer nicht von Natur aus unvernünftiger,<br />

rücksichtsloser und Grenzen missachtender sind als<br />

Frauen. Nehmen wir an, Männer unterliegen sozialen Rollen-<br />

Konstruktionen (Rollen-Zwängen) und werden unbemerkt und subtil<br />

zu Männern gemacht bzw. sozialisiert. Dann verbietet sich der voreilige<br />

Schluss, Männer seien einfach "selber Schuld" an all diesen alarmierenden<br />

Signalen. Und somit ist geboten, aus der Sicht gesellschaftlicher<br />

Verantwortung darüber nachzudenken, was Männer wohl<br />

in derart risikobehaftete Verhaltensweisen drängen könnte. (vgl. den<br />

Buchtitel "Risikofaktor Mann")<br />

Die drei K's der Männerwelt: Konkurrenz, Die drei K's Karriere, der Männerwelt: Kollaps. Konkurrenz, Karriere, Kollaps.<br />

Alle drei sind eindimensional auf das in der Regel außerhäusliche<br />

Feld der Erwerbsarbeit bezogene Faktoren. Diese erhalten durch die<br />

im Zuge der Globalisierung massiv verschärfte Arbeitsmarktsituation<br />

(fortschreitende Rationalisierungen, markante Zunahme von <strong>Zeit</strong>druck<br />

und Stress am Arbeitsplatz, steigender Perfektionsdruck, sinkende<br />

Toleranz gegenüber Leistungsschwankungen und psychischen<br />

Reaktionen, drohende Erwerbslosigkeit etc.) nur eine noch größere<br />

Bedeutung. Die Zunahme von Invalidisierungen und psychischem<br />

Kollaps etc. ist unübersehbar. Alarmierende Zahlen bezüglich<br />

"Männergesundheit" stellen einen markanten volkswirtschaftlichen<br />

Kostenfaktor dar. Was als Managerwitz herum gereicht wird -"Ein<br />

Mann, der 50 ist und noch keinen Herzinfarkt hatte, ist kein richtiger<br />

Mann bzw. mit dem stimmt was nicht!" - steckt noch tief im gesellschaftlichen<br />

Normengefüge. Zu faul Zu wenig einsatzbereit<br />

117


Die drei K's der Frauenwelt: Die drei Kinder, K's Küche, Frauenwelt: Kirche. Kinder, Küche, Kirche.<br />

Die drei K's der Frauenwelt haben ihre normierende Kraft im Laufe der<br />

letzten Jahre schon massiv eingebüßt. Damit eventuell verbundene einengende<br />

Rollenzuschreibungen waren aber <strong>zum</strong>indest mehrdimensional<br />

angelegt. "Kinder" steht für das breite Feld der Beziehungsarbeit, für<br />

das entwicklungsorientierte Unterstützen und Begleiten von (nicht ausschließlich<br />

heranwachsenden) Menschen. "Küche" steht für das unmittelbare<br />

und gegenwartsorientierte Feld der Hausarbeit. Hier sieht<br />

man/frau jeden Abend, was man/frau heute gemacht hat (vielleicht auch<br />

bereits nicht mehr, weil das Essen bereits verspeist ist, die Kinderkleider<br />

prompt wieder verschmutzt sind und das Badezimmer frisch verspritzt<br />

ist). "Kirche" steht für das schwer fassbare Feld der Sinngebungsarbeit.<br />

Zweifellos bedarf dieses Feld neuer Deutungen und vielfältiger Interpretationen.<br />

Doch die oben genannten Phänomene lassen nicht übersehen,<br />

dass Sinngebungsarbeit nötiger denn je ist. Alle diese Tätigkeiten<br />

sind elementar, alltäglich und kommen Menschen zugute, die wir<br />

kennen und denen wir nebst bloßer Nahrung, Sauberkeit etc. auch<br />

noch Zuneigung und Liebe zukommen lassen können. Diese Differenzierung<br />

der unterschiedlichen Dimensionen von Arbeit lehnt sich an die<br />

Arbeit von Christof Arn (HausArbeitsEthik; Strukturelle Probleme und<br />

Handlungsmöglichkeiten rund um die Haus- und Familienarbeit in sozialethischer<br />

Perspektive, Chur/Zürich, Verlag Rüegger, 2000) an.<br />

Das Konzept der Salutogenese (Aaron Antonovski), welches mittlerweile<br />

als richtungweisendes Konzept für internationale Gesundheitsprogramme<br />

gilt, ordnet den Dimensionen von Arbeit bzw. Gesundheit<br />

und Lebensqualität drei essentielle Kriterien zu: Die unmittelbaren<br />

Lebenszusammenhänge eines Menschen müssen für ihn verstehbar<br />

(nachvollziehen und einordnen können), handhabbar (sich gewachsen<br />

fühlen, beeinflussen und mitgestalten können) und sinnhaft (sich<br />

im Kontext eines größeren Ganzen verstehen können) sein.<br />

Salutogenese (A. Antonovski)<br />

Verstehbarkeit<br />

Handhabbarkeit<br />

Sinnhaftigkeit<br />

Dimensionen von Arbeit<br />

Beziehungsarbeit<br />

Unterhaltsarbeit<br />

Sinngebungsarbeit<br />

Chancengleichheit für Chancengleichheit die Männer für die Männer<br />

Männer ließen sich im letzten Jahrhundert parallel zu den wirtschaftlichen<br />

Entwicklungsphasen der Industrialisierung, Ökonomisierung und<br />

Digitalisierung auf eine sehr eindimensionale Rollenbestimmung festschreiben:<br />

Zuständig für das Erwerbseinkommen der Familie (und<br />

118


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

darüber hinaus noch für die "ehrenhafte" Aufgabe der Landesverteidigung)<br />

sollten sie das außerhäusliche Feld abdecken. Fleißig und<br />

gehorsam haben sie in erster Linie ihre berufliche Identität weiterentwickelt.<br />

Doch dieses enge Rollenkorsett zeitigte mit den drei K's der<br />

Männerwelt (Konkurrenz, Karriere, Kollaps) destruktive Dimensionen<br />

beträchtlichen Ausmaßes.<br />

Chancengleichheit für Männer muss also<br />

Chancengleichheit für Männer muss also<br />

Männern Zugang zu den drei anderen Arbeits-Feldern erschließen:<br />

Beziehungsarbeit, Unterhaltsarbeit und Sinngebungsarbeit.<br />

Männer mit Vater-<strong>Zeit</strong> ausstatten:<br />

Sie brauchen Freiräume bzw. zeitliche Verfügbarkeit, um konkret,<br />

alltäglich und haushaltspraktisch für ihre Kinder erfahrbar und greifbar<br />

zu werden. Nur so können Väter positive Erfahrungen vermitteln<br />

bzw. konstruktive Vorbildfunktionen entfalten.<br />

Vätern sowohl Aufgaben als auch Kompetenzen übertragen:<br />

Es ist unerlässlich, dass die bisherigen Inhaberinnen der häuslichen<br />

und familiären Aufgaben und Verantwortungen bereit sind,<br />

"Das Feld zeitweise zu räumen" bzw. Einfluss und Macht in diesem<br />

Bereich zu teilen. Väter wollen und müssen in der Beziehungs-,<br />

Erziehungs-, Haus- und Familienarbeit ihren je eigenen Vater-Stil<br />

entwickeln und einbringen können.<br />

Vätern einen gesellschaftlichen Eigenwert (Vater-Wert) zubilligen:<br />

Versteckte Diskriminierung von teilzeiterwerbstätigen Vätern im<br />

beruflichen, gesellschaftlichen, versicherungsrechtlichen etc.<br />

Kontext ist ein zentraler Innovationskiller.<br />

Männer / Väter gewinnen<br />

Männer / Väter gewinnen<br />

In den letzten Jahren wurde die Bedeutung der Haus- und<br />

Familienarbeit immer selbstbewusster ins Feld gerückt. Trotzdem sind<br />

wir noch weit davon entfernt, dass diese Arbeit volle gesellschaftliche<br />

Anerkennung genießt. Immerhin: Frauen führen heute ihre Lebenserfahrung,<br />

die sie durch die Haus- und Familienarbeit erworben haben,<br />

im Bewerbungsdossier an. Und in Personalmanagement-Diskussionen<br />

wird dieser Lebenserfahrung auch die entsprechende qualifizierende<br />

Bedeutung zuerkannt. Wie's dann im tatsächlichen Bewerbungsgespräch<br />

aussieht, steht auf einem anderen Blatt. Dennoch:<br />

119


Wenn Haus- und Familienarbeit die Frauen qualifiziert, weshalb sollte<br />

dies nicht genauso auf die Männer zutreffen Wir sind überzeugt,<br />

dass auch Männer dadurch ganz entscheidende Qualitäten entwikkeln<br />

können, die betriebs- und volkswirtschaftlich wesentlich sind. So<br />

etwa<br />

persönliche Balance und stabilere gesundheitliche Verfassung,<br />

Vielfalt, Abwechslung und Ausgleich,<br />

Sinnstiftungskompetenz und Sinnerfahrungen,<br />

Beziehungskompetenz und Beziehungsvielfalt,<br />

Unterhaltskompetenz und lebenspraktische Unabhängigkeit.<br />

Damit der Stellenwert der Haus- und Familienarbeit dereinst allgemein<br />

erkannt und anerkannt wird, wünschte man sich eine<br />

Plakatkampagne mit Slogans wie: "Haus- und Familienarbeit macht<br />

Sinn" oder "Haus- und Familienarbeit ist Ehrensache". Zunächst bleibt<br />

dies jedoch einfach einmal noch die Überzeugung von Einzelpersonen.<br />

Väter, die sich als Haus- und Familienmänner teilzeitlich engagieren,<br />

wählen Kooperation statt Konkurrenz, wählen die Ko-<br />

Evolution statt eine Solokarriere. Sie treffen eine berufliche Entscheidung<br />

und wählen ein ausgewogeneres Lebenskonzept.<br />

4.2 Die Erfahrungswelt 4.2 heutiger Die Erfahrungswelt Väter heutiger Väter<br />

Es ist unverkennbar: Die schwierige Vereinbarkeit von Beruf und<br />

Familie ist heute ganz klar auch ein Männerthema. Ein selbstverständliches<br />

Recht der Väter auf Teilhabe und Teilnahme am alltäglichen<br />

Lebensrahmen der Familie gibt es noch nicht. Dies, obwohl<br />

Umfragen zufolge etwa 60% der Väter gerne mehr Anteil am<br />

Familienleben nehmen würden.<br />

Männer unterziehen sich immer noch häufig einem Rollenbild von<br />

"keine Schwäche zeigen, durchhalten und durchbeißen, perfekt sein"<br />

etc., auch wenn dabei mitunter massive psychische Belastungen in<br />

Kauf genommen werden müssen. Potenziert wird dieser Druck besonders<br />

dann, wenn <strong>zum</strong> Beispiel durch Arbeitsplatzverlust, Scheidung etc.<br />

einem richtiggehend "der Boden unter den Füßen entzogen wird".<br />

Heutige Väter sind längst nicht mehr die Patriarchen von gestern, sie<br />

120


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

haben aber auch noch nicht zu einer neuen kollektiven Kultur der<br />

Väterlichkeit gefunden. Väter heute oszillieren - so die Einleitung zur<br />

Studie von Fthenakis (2006) - zwischen Glorifizierung und Überforderung<br />

Wie schaffen sie den "gesunden Ausgleich"<br />

Was die Ausübung meiner Vaterrolle erschwert Was die Ausübung meiner Vaterrolle erschwert<br />

Wenn ich am Abend nach der Arbeit noch gebunden bin, bzw. es<br />

mir nicht gelingt, die Arbeitswelt abzustreifen. Auch bin ich nicht<br />

immer gleich offen, lustig, frisch usw. Die Kinder reagieren eigentlich<br />

gut darauf, vor allem wenn ich deklariere, ich sei heute noch<br />

etwas müde oder so. (Cbi)<br />

Innerfamiliär (wünsche ich mir) Akzeptanz durch Mutter,<br />

Schwiegermutter und Schwiegervater - (Sie betrachten immer noch<br />

meine Frau) als hauptzuständig für die Kinder. Da wir versuchen,<br />

den Kindern auch Großeltern zu gönnen und diesen ihre Enkel,<br />

liegt hier viel Konfliktpotenzial. In der Arbeit: Ich werde aufgrund<br />

meiner 30 Stunden nicht für "voll" genommen, (wenn's um Zuteilen<br />

von Leitungsfunktion geht). Es war überhaupt erst im dritten Job<br />

möglich, 30Stunden zu arbeiten in einem meiner Ausbildung gemäßen<br />

Job. Ein 40Stunden-Job war für mich mit aktivem Wahrnehmen<br />

meiner Vater-Rolle unvereinbar. In der jetzigen Situation<br />

der Teilzeitkarenz erlebe ich, dass diese in der höheren Hierarchie-<br />

Ebene nicht berücksichtigt wird - bekomme trotz geringerer<br />

Stunden (15Stunden/Woche) Aufträge erteilt, die mit diesem<br />

<strong>Zeit</strong>budget nur schwer vereinbar sind. (Tmi)<br />

Trotz eines grundsätzlich positiv eingestellten Arbeitgebers musste<br />

ich und muss ich immer wieder dafür sorgen, Familientermine<br />

gegenüber Arbeitsterminen Priorität einzuräumen (auch in meiner<br />

eigenen inneren Planung). Beruf und Familie unter einen Hut zu<br />

bringen ist auch schwierig, weil ich die beiden Teile gleichzeitig<br />

wahrnehmen will. Also: Wenn die Arbeit intensiv ist, dann mache<br />

ich meinen Familienanteil möglichst lange selber und frage meine<br />

Partnerin erst um Unterstützung, wenn's nicht mehr anders geht.<br />

Belastungsgrenzen erreiche ich, sobald ein Kind krank ist und sich<br />

die Frage stellt, können wir es noch zur Schule schicken oder bleibt<br />

die Partnerin oder ich zu Hause Früher, mit Kindern bis im<br />

Kindergartenalter, bedeutete ein fiebriges Kind immer eine Krise<br />

mit Schlafmanko, Überbelastung, daraus folgend schlechter Kommunikation<br />

und Missverständnissen in der Partnerschaft (oder<br />

121


<strong>zum</strong>indest emotionalem Rückzug aus der Partnerschaft, weil die<br />

Kraft fehlte, sich überhaupt noch miteinander auszutauschen).<br />

Wenn ich selber nicht so zwäg (gut in Form) bin, eine leichte<br />

Erkältung habe, dann wird Doppelbelastung von Beruf und Familie<br />

viel. (Mge)<br />

Eine Erschwernis (war die fehlende Unterstützungsmöglichkeit aus<br />

der Verwandtschaft/Großeltern). Da meine Frau und ich uns seit<br />

jeher die Betreuungs- und Erwerbsarbeit teilen, aber beide unregelmäßig<br />

arbeiten, waren Konflikte kaum vermeidbar. Ich habe<br />

meine Kinder, insbesondere das Ältere, als Kleinkind oft mit zur<br />

Arbeit (als freier Journalist) genommen, was von manchen<br />

Veranstaltern aber klar abgelehnt wurde: Ein Kind gehört nicht hierhin,<br />

unabhängig davon, ob es stört (laut ist) oder nicht. (Pan)<br />

Die <strong>Zeit</strong>, die ich für mich selbst verbringen, selbst einteilen und<br />

über die ich frei verfügen kann, ist seit Jahren minimal. Wenn ich<br />

etwas "abschränzen" (abzweigen) kann, dann geht es dem<br />

Familienleben ab, so dass ich häufig darauf verzichte. Trotzdem<br />

spüre ich dann, wie mir diese <strong>Zeit</strong> fehlt. Dazu trägt bei, dass bei uns<br />

die großelterlichen Entlastungsmöglichkeiten relativ begrenzt sind.<br />

(Mhu)<br />

Die Lohnunterschiede (sind) noch so groß, dass meine Ehefrau die<br />

doppelte <strong>Zeit</strong> arbeiten müsste, um den gleichen Lohn zu bekommen.<br />

Besonders Belastend ist für mich die Situation, wie teilweise Männer<br />

reagieren, wenn gegenüber dem eigenen Kind Zärtlichkeiten ausgetauscht<br />

werden. Dies erachten viele Männer in meinem Bekanntenkreis<br />

als unmännlich und lehnen dies ab. Auch dass ich die Gefühle<br />

gegenüber meiner Tochter mitteile ist nicht für alle Männer verständlich.<br />

Männer und Gefühle!!! Ein weiterer Punkt ist für mich die dauernde<br />

Missbrauchsgeschichte. Teilweise werde ich schon komisch<br />

angeschaut, wenn ich mit meiner Tochter in der Wanne bade oder sie<br />

wickle. Ich finde es bedenklich, dass für Mütter es selbstverständlich<br />

ist, dass sie zu ihren Kindern zärtlich sein und dies zeigen dürfen,<br />

Wickeln und Baden kein Aufsehen erweckt, während die gleichen<br />

Handlungen bei Männern nicht als normal und männlich, sondern<br />

sogar mit einer gewissen Vorsicht angeschaut werden. (Mgt)<br />

Mit meiner Partnerin hatte ich viele Auseinandersetzungen im Finden<br />

von gemeinsamen Erziehungsstilen, im Umgang mit Fragen der<br />

Kinder, im Setzen von Grenzen, in der Art der Führung des Haus-<br />

122


halts. Auch im Durchsetzen meiner Ansichten, als junger Vater konnte<br />

ich mich nicht auf Vorbilder abstützen, Erfahrungen waren keine<br />

oder wenige vorhanden. … Und doch gab es Unterschiede, welche<br />

<strong>zum</strong> Teil blieben und wenn sie diskutiert und respektiert werden<br />

konnten, war es auch gut, mit diesen Verschiedenartigkeiten zu<br />

leben. (Jvo)<br />

Da ich oft alleine in der Schweiz bin, ist dies oft nicht einfach. Vier<br />

Wochen getrennt von Frau und Kindern ist schwierig. Ich bin aber<br />

zu fast 100% für den Broterwerb zuständig. Meine Frau studiert<br />

wieder, daneben arbeiten wir hier als Volontäre. Das ist für mich<br />

schwierig, dass gerade das fehlt, was mich nährt. Ich habe dafür<br />

regen Kontakt mit meinen Männerfreunden, wir machen ab und zu<br />

eine Schwitzhütte und so gibt es neben der sehr großen Arbeitsbelastung<br />

in der Schweiz auch wieder einen Ausgleich. (Psc)<br />

Mit einem 100% Arbeitspensum passiert es schon regelmäßig,<br />

dass ich nach "Feierabend" zwar physisch präsent zu Hause bin<br />

aber im Kopf trotzdem "abwesend". Ich beteilige mich in solchen<br />

Momenten nicht am Alltagsgeschehen der Kinder (der ganzen<br />

Familie), weil ich mich müde und ausgebrannt fühle, dies aber wiederum<br />

nur schwer äußern kann. Alle anderen Gründe scheinen mir<br />

neben diesem nur marginal. (Jkü)<br />

Wenn gleichzeitig alle Erwartungen, Forderungen oder Wünsche<br />

an mehrere meiner Rollen zusammentreffen, dann wird es eng. Zu<br />

eng, wenn dann auch noch das Unterstützungssystem "versagt",<br />

weil just dann natürlich auch <strong>zum</strong> Beispiel keine Kinderaufsicht<br />

(verfügbar ist) und die Schule (drei Kinder sind dort) auch noch<br />

kurzfristig dies und das anordnet, umstellt oder extra macht, was ja<br />

vom Lerninhalt her positiv ist, aber eigentlich immer noch, ob<br />

bewusst oder nicht, davon ausgeht, dass jemand ja immer zuhause<br />

ist und das organisiert. Und wenn beim Sohn dieses<br />

Mackergehabe durchbricht: Wenn er damit von der Schule oder<br />

von Freunden heimkommt, die in ganz anderen Familienverhältnissen<br />

aufwachsen - <strong>zum</strong> Teil auch im klassischen Sinn mit den<br />

abwesenden Vätern - und diesem Männerbild. … Hier geht die<br />

Post ab! (Cba)<br />

Die <strong>Zeit</strong> nach der Geburt unserer Tochter, da war die Auseinandersetzung<br />

mit meiner Frau nötig, damit klar wird, dass ich ran darf<br />

und will, das war wichtig. Und ist es eigentlich immer noch. Es ist<br />

124


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

für mich eine Herausforderung, immer wieder herauszufinden, wie<br />

wir uns organisieren wollen, wo wir etwas in Sachen Kinder gleich<br />

machen, dann aushalten, dass wir verschieden sind. Immer dann,<br />

wenn wir uns dem nicht widmen, dann wird's harzig. Wenig <strong>Zeit</strong> frei<br />

für mich zur Verfügung, das finde ich streng. Ich habe wenige<br />

Fenster, wo ich auftanken kann, hier muss ich Sorge tragen, sonst<br />

leidet meine Vater-Power, meine Lust auf die Vaterrolle. Sind fehlende<br />

Niederflurbusse eine Erschwernis des Papa-Alltags Nur ein<br />

bisschen und nicht wirklich. Auch stressig finde ich manchmal die<br />

Verplantheit, die enge Verbundenheit mit der Partnerin. Wenn<br />

jemand von uns etwas tut (länger arbeiten <strong>zum</strong> Beispiel), hat das<br />

schnell und oft zeitliche Konsequenzen für den anderen. Ich möchte<br />

ein Männer-Weekend, dann ist ihr das nicht mehr eigentlich egal,<br />

sondern dann heißt das, sie ist auch gebucht. Oder wir müssen<br />

sonst organisieren. Das ist sehr gewöhnungsbedürftig.(Mba)<br />

Ich finde es belastend, wenn die zeitlichen Anforderungen der<br />

Erwerbsarbeit mit meinen Aufgaben als Hausmann und Vater kollidieren.<br />

Da ich mit meiner Partnerin ein 50:50-Modell lebe, kommt<br />

dies zwar nicht wöchentlich vor. Da wir beide aber relativ häufig<br />

auch noch Sitzungen in unserer erwerbsarbeitsfreien <strong>Zeit</strong> haben,<br />

sind wir immer wieder herausgefordert, uns gut zu organisieren.<br />

Entweder teilen wir die Woche dann untereinander neu auf oder<br />

fragen die Schwiegermutter oder jemanden aus unserer Siedlung,<br />

die Kinder zu betreuen. Für uns stimmt der Satz "Organisation ist<br />

das halbe Leben". Ich denke, da haben es traditionelle Paare mit<br />

einer klaren Rollenteilung einfacher. Wir dagegen müssen immer<br />

wieder planen, organisieren, uns auf veränderte Situationen einstellen.<br />

Dies ist manchmal anstrengend, auch wenn ich es nicht<br />

anders wählen würde. (Tbe)<br />

Erschwerend in den ersten beiden Jahren war, dass mein Kind selten<br />

vor 23.00 Uhr geschlafen hat. Seit beide Elternteile voll berufstätig<br />

sind, wird die Vereinbarkeit von Beruf, Haushalt und Kindergarten<br />

vor allem im Krankheitsfall erschwert, wenn keine Großeltern<br />

verfügbar sind. (Jba)<br />

Ich werte und mache viele Dinge anders als meine Frau. Wenn<br />

diesbezüglich eine "richtig oder falsch - ich hab recht und du<br />

unrecht" -Debatte entsteht, empfinde ich dies als recht belastend.<br />

Wenn beruflich zu viel los ist und zu viel Energie reingeht, machen<br />

sich zu Hause meine Grenzen rascher bemerkbar. Das Loslassen<br />

125


der älteren Kinder, die beginnen, ihre eigene Wege zu gehen<br />

(wenn ich etwas oft anders machen würde, als sie dies tun), und<br />

trotzdem gut da sein können. (Lbü)<br />

Ich habe meine Arbeitszeit reduziert, um mehr <strong>Zeit</strong> für die Familie<br />

zu haben. Dies hat sich aber eher negativ auf den beruflichen<br />

Aufstieg ausgewirkt. (Kmu)<br />

Ganz klar die Mehrfachbelastung von Beruf und Familie. Dazu<br />

intensive Reisetätigkeit, die die Vaterrolle mitunter auf abendliche<br />

Telefon-Routinegespräche reduziert; der ständige innere Konflikt,<br />

wie viel <strong>Zeit</strong> und Energie ich für mich selbst aufwenden darf und<br />

wie viel für die Vaterrolle da sein "muss"; zur <strong>Zeit</strong>, obwohl die<br />

Kinder "aus dem Gröbsten heraus" sind, die zusätzliche zeitliche<br />

Belastung des Fernstudiums (das ich als "Spätberufener" wohl<br />

auch deshalb erst jetzt in Angriff nehme, da mein eigener Vater<br />

mich als jungen Menschen nicht stärker gepusht hatte). (Jor)<br />

Beruflicher Stress wirkte bei mir oft auch in die Familie hinein. Es<br />

brauchte oft einige <strong>Zeit</strong>, um wirklich als Vater und Ehemann präsent<br />

zu sein. Derzeit, als Vater in Karenz, erlebe ich mich oft als<br />

Einzelkämpfer (einziger Mann in der Eltern-Kind-Gruppe, einziger<br />

Mann am Spielplatz). (Rwi)<br />

Zunächst ganz banal (in) Momenten der Überforderung, <strong>zum</strong><br />

Beispiel als Folge von Stress, aus <strong>Zeit</strong>not, mehrfachen gleichzeitigen<br />

und/oder unerfüllbaren Anforderungen der Kinder (besonders<br />

in meinem Fall mit zwei kleinen Kindern), schwieriger Stimmungslage<br />

der Kinder usw. Manchmal bestimmte Erwartungshaltungen<br />

der Mutter der Kinder, wie etwas bezüglich der Kinder "richtig" zu<br />

machen wäre. (Swö)<br />

Was die Ausübung meiner Was die Vaterrolle Ausübung begünstigt meiner Vaterrolle / begünstigen begünstigt würde / begünstigen würde<br />

Für mich ist es enorm wichtig, in guter Beziehung zu meiner<br />

Partnerin zu stehen. Das ist für mich die Basis, dass ich beschwingt<br />

und freudig meine Vaterrolle leben kann. Meine Partnerin und ich:<br />

Beide üben Familien- und Erwerbsarbeit aus. Für beide ist die Aufteilung<br />

ideal, beide möchten die Welt der Familie sowie das Arbeitsleben<br />

auskosten. Grundlage ist ein partnerschaftlicher respektvoller<br />

Umgang. Wichtig erscheint uns, in der Familie einen ruhenden<br />

Pol zu haben und nicht dauernd auf Achse zu sein. (Cbi)<br />

126


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Unterstützend wirkt, dass man als Vater mit Kind unterwegs noch<br />

immer ein wenig Exot ist, und dadurch "<strong>zum</strong> Teil" auch mehr Aufmerksamkeit,<br />

Bewunderung und Hilfe (<strong>zum</strong> Beispiel beim Einsteigen<br />

in die Straßenbahn) bekommt. Die Kinder selbst holen einem aus<br />

dem Arbeits-Alltagstrott mit all ihren Bedürfnissen - sodass man den<br />

Arbeitsstress <strong>zum</strong>indest zeitweise vergisst. (Unterstützend erlebe<br />

ich) meine Frau und unser gemeinsames Ziel des aufgeteilten<br />

Kinder- und Arbeitsalltages, (weiter den) Austausch mit anderen<br />

Eltern, die einen ähnlichen Ansatz versuchen, die man über eine<br />

Kindergruppe oder Schule kennen lernt. (Tmi)<br />

Wir haben beide eine gewisse Flexibilität bezüglich Einteilung der<br />

Arbeitszeiten und Veränderung des Pensums. Wir können einen Teil<br />

der Termine selber einteilen (liegt in eigener Verantwortung). Wir<br />

haben wöchentlich eine Terminsitzung (20 Minuten), da werden alle<br />

Termine der nächsten zwei-drei Wochen gecheckt. Wir sind gleich<br />

entlohnt und haben einen gewissen finanziellen Spielraum (wir<br />

haben allerdings auch, was Konsum angeht, bescheidene<br />

Ansprüche). Teilzeitarbeit ist in unserem psychosozialen Arbeitsumfeld<br />

keine Ausnahme und grundsätzlich akzeptiert. Meine<br />

Partnerin und ich haben in der Praxis eine klare Aufteilung, wer wofür<br />

verantwortlich ist, wobei sich persönliche Vorlieben und Abneigungen<br />

meistens ergänzen, sodass wir keine langen Verhandlungen<br />

darüber führen müssen. Wir sind eher schmutztolerant,<br />

<strong>zum</strong>indest in dem Bereich, der in der Verantwortung des anderen<br />

liegt. (Wir hegen) keine Konkurrenzgefühle in der Partnerschaft,<br />

sowohl bezüglich Berufsrolle wie Familienrolle. (Mge)<br />

Die Tagesschule war für mich eine große Entlastung. Auch Nachbarn,<br />

mit denen wir die Kinderbetreuung gegenseitig koordinieren,<br />

machen vieles möglich. Da ich teilzeitlich arbeite, bin ich in der<br />

Schule begehrt als Begleiter beim Schlittschuhlaufen, beim Baden<br />

(hier ganz besonders, weil jemand mit den kleinen Buben in die<br />

Garderobe muss) und beim Basteln. Die unregelmäßige Arbeitszeit<br />

hat ja auch Vorteile: ist man an einem Sonntag weg (was ungünstig<br />

ist), ist man dafür auch wieder an einem Werktag da, was dem<br />

<strong>Vatersein</strong> zugute kommt. (Pan)<br />

Ich habe seit Jahren einen Job, bei dem ich sehr flexibel reagieren<br />

kann, wenn meine Präsenz zuhause gefragt ist. Natürlich leiste ich<br />

im Gegenzug auch überdurchschnittlichen Einsatz. Ich habe es<br />

auch als sehr angenehm erlebt, dass ich von Frauen-/Mütterseite<br />

127


eigentlich nur positive Reaktionen auf unser Modell erhalten habe.<br />

(Mhu)<br />

Besonders begünstigt mir die Haltung der Ehefrau und meiner<br />

Eltern meine Vaterrolle. Im weitern begünstigt mich persönlich<br />

meine Arbeitsstelle, welche es mir ermöglicht, Teilzeit zu arbeiten<br />

und meine <strong>Zeit</strong> oft selbständig einzuteilen. Ein weiterer wichtiger<br />

Punkt ist für mich der Austausch mit anderen Männern in meiner<br />

Ausbildung <strong>zum</strong> Gewaltberater. (Mgt)<br />

Klare Abmachungen zwischen mir und meiner Partnerin. Klare<br />

Haltungen, Abmachungen, Forderungen gegenüber den Kindern.<br />

(Es muss) klar geregelt sein, wer für welchen <strong>Zeit</strong>raum und für welche<br />

Aufgaben zuständig ist. Der Austausch mit Freunden über das<br />

<strong>Vatersein</strong>. Zusammen mit andern Familien und ihren Kindern die<br />

<strong>Zeit</strong> zu verbringen, zu gestalten. An den Tagen, an denen ich<br />

zuständig war, hiess das für mich in der Regel mit andern Müttern<br />

die Kinder zu hüten und <strong>Zeit</strong> zu verbringen, was auch gut gegangen<br />

ist. (Jvo)<br />

Dienstmädchen. Hier (in Brasilien) haben das alle, die es sich auch<br />

nur ein bisschen leisten können. (Psc)<br />

Ich nehme mir die Freiheit, meine Arbeitszeit weitgehend frei einzuteilen.<br />

Trotzdem habe ich in der Regel einen sehr regelmäßigen<br />

"Stundenplan" und bin zu fixen <strong>Zeit</strong>en auch zu Hause. Ich sehe die<br />

Familie beim Frühstück und Abendessen. Ich bin insofern berechenbar<br />

und zuverlässig für den Rest der Familie. (Jkü)<br />

Job-sharing-Modell, Partnerschaft, andere Väter in der gleichen<br />

Situation und im gleichen Modell in der Nachbarschaft, also ein<br />

sehr gutes Umfeld, inklusive Großeltern - auch <strong>zum</strong> gegenseitigen<br />

Hüten. Wir sind auch da voneinander abhängig. Das schafft eine<br />

gute Balance, dann bleibt auch das partnerschaftlich. (Cba)<br />

Dass ich freie berufliche Aufträge selber terminieren und gestalten<br />

kann. Dass ich einen flexiblen und offenen Chef habe, dass wir<br />

Freunde und Bekannte um uns rum haben, die entlasten und aushelfen<br />

können in Haushalt und Kinderbetreuung, dass ich als Vater<br />

nicht alles immer alleine tragen muss, dass ich als Vater mit meinem<br />

eigenen Vater einen guten Kontakt habe und wir uns über´s<br />

<strong>Vatersein</strong> austauschen können. Toll ist auch der Kontakt zu ande-<br />

128


en Eltern, zu hören, wie es andere Väter tun,… andere Väter zu<br />

treffen, auf dem Spielplatz, in der Migros. Dass ich gut Pläne<br />

machen kann und diese dann auch wieder vergessen kann, wenn<br />

der Tag anders kommt als eben geplant. Sehr, sehr hilfreich ist eine<br />

ausreichende und gute Kommunikation mit der Partnerin, das tut<br />

gut und entlastet auch mega. Mehr rauchfreie Beizen [Lokale]<br />

wären super. Ein Quartier, gar ein Haus mit Kindern und weiteren<br />

guten Eltern ist sehr hilfreich, da hat es schnell nutzbare Infrastruktur.<br />

Dass ich bei aller Umstellung auf Familienleben auch ein<br />

paar "alte Gewohnheiten" mit alten Freunden pflege. (Mba)<br />

Ich lebe in einem sozialen Umfeld, in dem ich in meiner Rolle als<br />

Vater unterstützt werde. Die aktive Übernahme dieser Rolle auch<br />

eine relativ große Selbstverständlichkeit genießt. Ich muss mich<br />

nicht rechtfertigen, dass ich Teilzeit erwerbstätig bin, weder gegenüber<br />

den Arbeitgebenden noch gegenüber FreundInnen oder<br />

Bekannten. In der Siedlung, in der ich mit meiner Familie lebe, hat<br />

es außerdem auch noch andere Väter, die zwar die meisten bedeutend<br />

mehr Erwerbsarbeit leisten als ich, aber dennoch eine aktive<br />

Vaterschaft pflegen. Mit einem Vater esse ich zusammen mit den<br />

Kindern einmal pro Woche gemeinsam zu Mittag. Auch da kommen<br />

"Vaterthemen" auf den Tisch. (Tbe)<br />

Die Gleitzeit im Beruf, die Nähe des Kindergartens sowie ein großer<br />

Park in der Nähe der Wohnung. (Jba)<br />

Gute Kooperation und Absprachen mit meiner Frau. Gegenseitige<br />

Anerkennung bei dem, was der Partner macht. Für mich selbst gut<br />

sorgen: Sport, Entspannung, Dinge tun, die interessant sind oder<br />

Spaß machen. Flexibilität und Spontaneität im Alltag, um mit den<br />

Gegebenheiten gelassen umgehen zu können. (Lbü)<br />

Ich habe meine Arbeitszeit reduziert, um mehr <strong>Zeit</strong> für die Familie<br />

zu haben. Dies habe ich als eines der größtmöglichen<br />

Commitments für die Familie und für das aktive <strong>Vatersein</strong> erlebt.<br />

Das Erleben von anderen Vätern mit ihren Kindern hat mir geholfen,<br />

mich in meiner Rolle als Vater besser sehen und verstehen zu<br />

lernen. Ich organisiere seit 2 Jahren Eltern-Kind-Camps. Es ist<br />

wichtig, sich <strong>Zeit</strong> jeweils nur für ein Kind zu nehmen. (Kmu)<br />

Meine Frau als Sparringpartner, die mir konstruktive Kritik gibt.<br />

Regelmäßige Reflexion über meine Vaterrolle und <strong>Zeit</strong> mit mir selbst.<br />

130


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Ausreichend Selbstkontrolle über Stressfaktoren, d.h. loslassen können,<br />

time out nehmen. In meinem Fall: Zur festen Morgenstunde am<br />

Wochenende alleine Rad fahren/trainieren, mit den Gedanken allein<br />

sein und sie auch schweifen lassen, d.h. den Alltag loslassen können);<br />

eine unverkrampfte Beziehung zu den Kindern - dabei muss ich<br />

ihnen auch klar machen, dass ich nicht ohne Fehler bin, schlechte<br />

Tage habe oder manchmal keine <strong>Zeit</strong> für sie habe. Ein realistisches<br />

Bild der <strong>Zeit</strong>scheiben meines Alltags. Dazu muss ich akzeptieren,<br />

dass ein Tag 24 Stunden hat und nicht mehr, dass Prioritäten gesetzt<br />

werden müssen, gleichzeitig aber jedem Tag ein neuer Tag mit wieder<br />

24 Stunden folgt. (Jor)<br />

In meinem Beruf hatte ich zwar viele Abendtermine, konnte mir die<br />

<strong>Zeit</strong> untertags aber sehr gut einteilen, so dass ich oft am Nachmittag<br />

- in der Wachzeit unseres Kindes - zuhause war. Dies hat mir<br />

sehr geholfen eine Beziehung zu Samuel aufzubauen. Die<br />

Möglichkeit, in Vaterschaftsurlaub zu gehen, sehe ich als wichtige,<br />

sehr nützliche Rahmenbedingung, um eine Beziehung <strong>zum</strong> Kind<br />

aufzubauen und <strong>zum</strong> gegenseitigen besseren Verständnis für die<br />

Rolle des Partners. (Rwi)<br />

Das glaubhaft vermittelte Gefühl, für hinreichend kompetent gehalten<br />

zu werden; ein unverkrampfter akzeptierender Umgang mit<br />

anderen Eltern (im Alltag nämlich oft Mütter). (Swö)<br />

So organisiere ich mir die So Rahmenbedingungen organisiere ich mir die für Rahmenbedingungen mein <strong>Vatersein</strong> für mein <strong>Vatersein</strong><br />

Die gute Nachbarschaft und gelegentlich die Großeltern sind bei<br />

Not zur Stelle. Der Alltag als Vater ist nicht so anders wie bei der<br />

Mutter. Es handelt sich viel um Nahrung, Gespräche, diverse<br />

Tätigkeiten und <strong>Zeit</strong> haben. Gewisse Bereiche sind klar aufgeteilt.<br />

Im Haushalt übernehme ich diejenigen Dinge, die mir besser liegen<br />

und die mir Spaß machen. Bügeln beispielsweise mag ich überhaupt<br />

nicht. (Cbi)<br />

Wichtigste Rahmenbedingung ist für mich der 30-Stunden-Job.<br />

Miteinbezogen vor allem meine Mutter, die ca. ein bis zwei Tage in<br />

der Woche Kinderbetreuung fix übernimmt, sehr flexibel ist und<br />

schnell einspringen kann. Eine <strong>Zeit</strong> lang haben wir Kindermädchen<br />

für einmal in der Woche abends gehabt. Das hat für die Beziehung<br />

viel gebracht, ist aber schwierig, Personen zu finden, denen die<br />

Kinder trauen und es ist schon etwas kostenintensiv. Abmach-<br />

131


ungen: Grundsätzlich haben wir jeweils unsere Kinder- und Arbeitstage<br />

und jede Woche wird am gemeinsamen Kalender geplant, da<br />

natürlich Termine dazwischen kommen, etc. Wochenende verbringen<br />

wir meistens gemeinsam, manchmal einer von uns Eltern mit<br />

einem Kind extra. Schön sind auch Kurzurlaube mit den Kindern<br />

alleine oder mit anderen Familien einmal auch ohne Partnerin. Zur<br />

Besprechung von Problemen machen wir manchmal eine Familienkonferenz,<br />

was vor allem unser 7-jähriger genießt und als Mittel<br />

sieht, Kritik an uns anzubringen. (Tmi)<br />

Regelungen finde ich zentral, auch Terminabsprachen (Familientermine<br />

oder auch Einzeltermine in der nicht fest verplanten <strong>Zeit</strong><br />

werden erst definitiv nach Rücksprache in der Familie abgemacht).<br />

Unabdingbar ist eine flexibel einsetzbare Kinderbetreuung für all<br />

die Ausnahmefälle, wo wir beide Sitzungen haben oder ein Weiterbildungsanlass<br />

oder schulfreie Tage der Kinder etc. Bei uns waren<br />

das: Großeltern, junge Frauen ("Babysitterinnen"), Gotte (Taufpatin),<br />

Nachbarschaftshilfe etc. Die Kinder (und wir) haben gelernt,<br />

dass Kinder für gewisse beschränkte <strong>Zeit</strong>en sich auch alleine organisieren<br />

können. Die berufliche Auseinandersetzung mit der<br />

Männer- und Vaterrolle hat mir wahrscheinlich zusätzliche Sicherheit<br />

gegeben, zu Hause meinen Platz wahrzunehmen. (Mge)<br />

Da wir die Betreuungsarbeit teilen, erleben mich meine Kinder in<br />

allen Betreuungsaufgaben ganz selbstverständlich. Nützlich sind<br />

die Tagesschule und die Unterstützung beim Kinderhüten durch<br />

Nachbarn, letzteres ist auch flexibel ab<strong>zum</strong>achen, im Gegensatz<br />

zur Tagesschule. (Pan)<br />

Die Übergänge empfinde ich immer als die größte Herausforderung:<br />

nach der Arbeit mich nochmals ganz auf die Kinder zu<br />

konzentrieren, nach dem Wochenende oder an erwerbsarbeitsfreien<br />

Tagen wieder auf den Erwerbsarbeitsstress einzustimmen. Ich<br />

versuche, mich durch Entspannungstechniken schneller neu zu<br />

fokussieren. Darüber hinaus hilft mir der Gedanke daran, dass die<br />

"Betreuungsarbeit" für mich eben nicht Arbeit sein soll, sondern das<br />

Zusammensein mit meinen Kindern wirklich ein tägliches<br />

Geschenk ist. An Abmachungen ist mir wichtig, dass die Kinder<br />

immer ungefähr wissen, wer nun hauptzuständig ist und die<br />

Entscheidungen fällt. Am Wochenende entscheiden wir dies ad hoc<br />

und manchmal erst, nachdem wir wegen dieser Unklarheit schon<br />

Probleme gekriegt haben. (Mhu)<br />

132


Ich versuche, wann immer möglich, <strong>Zeit</strong> für das Zusammensein mit<br />

meiner Tochter bei der Arbeit zu kompensieren. Ebenfalls versuche<br />

ich Arbeiten, wenn möglich, auf die Schlafenszeit meiner Tochter zu<br />

verlagern. Während meiner Freizeit versuche ich bewusst, die<br />

Kinderbetreuung zu übernehmen, um den Kontakt mit meiner<br />

Tochter zu vertiefen und zu intensivieren, um aber auch die Partnerin<br />

zu entlasten. Und ich nehme mir <strong>Zeit</strong> für die Tochter <strong>zum</strong> Spielen,<br />

Schmusen, Kuscheln, Baden, Wickeln, Spazieren, usw. (Mgt)<br />

Die Rahmenbedingungen werden vor allem davon bestimmt, wie<br />

ich meine berufliche Tätigkeit organisieren und reduzieren kann.<br />

Das gleiche gilt auch für meine Partnerin. Ein wichtiger Teil war<br />

auch mein Engagement im Quartier: Ich setzte mich mit anderen<br />

Familien für einen Kinderspielplatz ein, den wir schlussendlich<br />

auch realisieren konnten, für Kinderfeste im Rahmen des Quartiers,<br />

sowie weitere Begegnungsmöglichkeiten im Quartier. (Jvo)<br />

Unbeliebt bei mir, aber umso beliebter bei meinem Sohn ist der TV.<br />

Hayo kann eine halbe Stunde pro Tag schauen, und diese kann ich<br />

nützen, um für mich was zu machen. Wir organisieren die Woche<br />

im Voraus und dann immer am Vorabend den nächsten Tag.<br />

Manchmal übernachtet ein Dienstmädchen bei uns und ich und<br />

meine Frau haben einen Abend für uns. (Psc)<br />

Wir kennen in unserer Familie so genannte "Vater- und Muttertage".<br />

Tage, an denen sich die Kinder wünschen, mit wem sie einen<br />

Tag alleine gestalten und verbringen möchten. Wir führen eine<br />

Familienagenda und koordinieren darin auch Familientermine. Wir<br />

kennen einen wöchentlichen "Familienrat", wo wir auf die vergangene<br />

Woche zurückblicken. Und dazwischen treffen wir viele<br />

Einzelabsprachen und Abmachungen.(Jkü)<br />

Job-sharing-Modell und ein ständiges "Familienplanungsbüro"<br />

daheim, um alles zu koordinieren. Oder möglichst vieles, denn das<br />

Unvorhergesehene und Übersehene folgt sogleich. Wir teilen uns<br />

mit einer anderen Familie die Anstellung einer Hausangestellten in<br />

Teilzeitarbeit. (Cba)<br />

Wir haben eine nahezu egalitäre Rollenteilung, will heißen je zwei<br />

Wochentage zu Hause (für Betreuung und Hausarbeit und beide<br />

oft) an Wochenenden zu Hause. (ZEIT ist) eine wichtige Rahmenbedingung<br />

für mein <strong>Vatersein</strong>. Meine Eltern übernehmen Yael fix<br />

134


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

einen Tag pro Woche und können auch, da pensioniert und rüstig,<br />

auch noch für Spezialfälle und Notlagen angefragt werden. Der<br />

Haushalt muss praktisch eingerichtet und geführt werden, da ist<br />

eine gute Organisation schon wichtig, dass ich mich (als Vater) in<br />

der Wohnung auch gestaltend bewege und so organisieren helfe,<br />

dass mir wohl ist (mich nicht als Gast fühlen muss). Ein gutes<br />

Handy mit tollen Leuten drin ist super. Dass ich mir auch an<br />

Vatertagen erwachsene Kontakte organisiere und nicht nur um Yael<br />

und das Haus schwirre, sondern in der Stadt Leute treffe, Austausch<br />

habe. (Mba)<br />

Ich denke, dass meine Partnerin und ich gut organisiert sind. Beide<br />

sind wir ungefähr zu 50 % erwerbstätig, haben daneben aber auch<br />

noch ehrenamtliche Tätigkeiten. Meine Partnerin arbeitet in der<br />

ersten Wochenhälfte, ich in der zweiten. (Gegenseitige Kinderhütedienste<br />

mit einer Familie) aus der Nachbarschaft (unterstützen die<br />

Betreuung der Kinder über die Mittagszeit). Wir wechseln uns<br />

immer ab beim Abholen der Kinder. Daneben kommt es immer wieder<br />

vor, dass Sitzungen in unsere erwerbsarbeitsfreie <strong>Zeit</strong> fallen. In<br />

diesen unregelmäßigen aber planbaren Fällen können wir auf die<br />

Unterstützung von NachbarInnen oder der Schwiegermutter zählen.<br />

(Auch die) Kindertagesstätte (war) eine wichtige Unterstützung,<br />

die auch von den Kindern sehr geschätzt wurde. (Tbe)<br />

Grundsätzlich übernehme ich den Großteil des Einkaufs, das tägliche<br />

Bringen in den Kindergarten und die Zusammenstellung des<br />

Wochenendprogramms. (Jba)<br />

Die Rahmenbedingungen verändern sich immer wieder und es<br />

braucht immer wieder neue Absprachen mit der Partnerin, besonders,<br />

wenn es um berufliche Veränderungen geht, die beiderseits<br />

<strong>Zeit</strong> beanspruchen. Praktisch unternehme und beschäftige ich<br />

mich etwas mehr mit den Kindern, während meine Frau etwas<br />

mehr Haushalt macht - das ist abgesprochen mit der Partnerin.<br />

Sonst ist für beide klar, dass jeder alles macht, wenn der andere<br />

nicht da ist. (Lbü)<br />

Durch die reduzierte Arbeitszeit steht mir eine Mehrzeit für die aktive<br />

Beteiligung am Haushalt zur Verfügung, d.h. für aktives Spielen<br />

mit den Kindern, für Lebensmittel-Einkauf, Körperpflege der Kinder,<br />

Mithilfe bei der Reinigung der Wohnung. (Kmu)<br />

135


Die Absprache mit meiner Frau über Rollenteilung und gleichzeitig<br />

das große Verständnis ihrerseits. Wenn klare Regelungen und<br />

Abmachungen fehlen, führt dies auf Dauer zu Missverständnissen<br />

und Spannungen. Genauso natürlich, wenn ich mich an Abmachungen<br />

nicht halte. Warum bin ich hier weniger konsequent als<br />

meine Frau Ist das "Vater-Gen" von Haus aus schlampig ausgerichtet<br />

In vielen Bereichen dürfte in unserer Familie die "klassische"<br />

Rollenteilung gelten (Mutter organisiert den Haushalt und die<br />

Erziehung, Vater die Infrastruktur und den Großteil des<br />

Familieneinkommens), total unspektakulär, gleichzeitig irgendwie<br />

unbefriedigend. Eine Haushaltshilfe einmal die Woche schafft beiden<br />

Eltern <strong>Zeit</strong> füreinander und für die Kinder. (Jor)<br />

Unsere Aufteilung der Karenzzeit: 1. Jahr Frau, 2. Jahr Mann,<br />

danach je nach beruflicher Perspektive Aufteilung der Erwerbsarbeitszeit.<br />

Da die Eltern meiner Frau im gleichen Ort wohnen,<br />

haben wir sehr unkompliziert die Möglichkeit, zu einem Babysitter<br />

zu kommen. Zusätzlich gibt es in unserem Ort eine Babysittervermittlung,<br />

über die wir ein junges Mädchen als Babysitterin vermittelt<br />

bekamen. In meinem Fitnessstudio gibt es eine Kinderbetreuung<br />

und ein kostengünstiges "Mamipaket" (Fitness + Kinderbetreuung),<br />

das sie für mich <strong>zum</strong> "Papipaket" umbenannt haben. Dies<br />

ist wieder ein äußeres Zeichen, dass ich als Vater mit Kind ein Exot<br />

bin! (Rwi)<br />

Im Wesentlichen in Absprache mit meiner Frau zur Aufteilung der<br />

Betreuung der Kinder; entweder in zeitlicher Hinsicht (wer, wann<br />

oder gemeinsam) oder bezüglich bestimmter Aufgaben; bis dato<br />

nehmen wir - außer den Großeltern - kaum Dritte in Anspruch;<br />

meine Erwerbsarbeit ist von ihrer zeitlichen Lagerung im Wesentlichen<br />

fixiert. (Swö)<br />

Rahmenbedingungen, Rahmenbedingungen, die mir erlauben würden, die mein mir <strong>Vatersein</strong> erlauben wunschgemäß würden, mein zu <strong>Vatersein</strong> leben:<br />

seitens der Partnerin wunschgemäß zu leben: seitens der Partnerin<br />

Rahmenbedingungen sind optimal. (Cbi)<br />

Wunsch und ernsthaftes Bestreben, sich Kinder und Arbeit gleich<br />

zu teilen; aktiv Partnerschaft pflegen; auch eigenen Interessen<br />

nachgehen. (Tmi)<br />

136


(Die) Partnerin muss eine eigene Berufsidentität haben (Beruf<br />

muss ihr eine gewisse Spannung und Herausforderung und gewisse<br />

Entwicklungsmöglichkeiten bieten). (Die) Partnerin darf nicht ihr<br />

Heil und das des Kindes darin sehen, als Mutter die allwissende<br />

Allein-Umsorgerin des Kindes zu sein. (Mge)<br />

Von meiner Partnerin wünschte ich mir mehr Großzügigkeit in<br />

Bezug auf die Hausarbeit (nicht die eigenen Normen durchzusetzen<br />

versuchen). (Pan)<br />

Ein ganz klares Zugeständnis an meine diesbezügliche Kompetenz<br />

und mit der Bereitschaft, mir die Kinder auch wirklich zu überlassen,<br />

ist/war Voraussetzung. Auf der anderen Seite ist es mir auch<br />

wichtig, dass meine Frau auch wirklich die Verantwortung für ihren<br />

Teil des Familieneinkommens übernimmt. So hat sie <strong>zum</strong> Beispiel<br />

während über eines Jahres eine Arbeitsstelle angenommen, von<br />

der von Beginn weg klar war, dass sie nicht erfüllend sein werde,<br />

und von da aus nach einer befriedigenderen Lösung gesucht. Dies<br />

ermöglicht es mir auch wirklich, nicht den ganzen "Ernährerstress"<br />

zu tragen. (Mhu)<br />

Einerseits sollte die Teilzeitarbeit vermehrt auch durch Männer<br />

möglich sein und im Gegenzug die Erwerbsarbeit der Frau gleich<br />

bezahlt werden. Zudem sollte auch ein Vater Vaterschaftsurlaub<br />

beziehen können. (Mgt)<br />

Als sehr wichtig habe ich erfahren, dass wir uns als Paar auch<br />

immer wieder ein Wochenende, einen Abend zu zweit alleine organisiert<br />

und eingeplant haben. Ohne diese Verschnauf- und Genuss-<br />

Pausen (obwohl sie ab und zu auch für Konflikte herhalten mussten)<br />

wäre unsere Paarbeziehung verarmt und ausgetrocknet. Das<br />

Arbeiten an meinen eigenen Grenzen und Unzulänglichkeiten, zeitweise<br />

auch unter Zuhilfenahme von Fachberatung, habe ich für<br />

mich als gut empfunden, war auch nicht zu stolz, auf diese zu verzichten.<br />

(Jvo)<br />

Wie schon gesagt, für die Finanzen arbeite ich. Meine Frau arbeitet<br />

aber sehr viel in sozialen Projekten. Am Anfang war das für mich<br />

schwierig, heute weiß ich aber, das sie so sehr viel für uns macht.<br />

(Psc)<br />

138


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Teilzeitarbeit für beide Partner - ich denke an ein Arbeitspensum für<br />

zwei Personen von total ca. 140%. Das würde Freiraum schaffen<br />

für alle Beteiligten. Die <strong>Zeit</strong> der Abwesenheit des einen Partners<br />

wäre dabei kein Verlust, sondern ein Gewinn für den anderen, weil<br />

dadurch die Kinder diesem alleine "gehören". Die Intensität der<br />

Beziehung zwischen Kind und dem einen Elternteil wird dadurch<br />

erhöht. (Jkü)<br />

Keine Wünsche, weil wir das umgesetzt haben, was möglich ist.<br />

Das ist gut, wertvoll, entlastend - ich idealisiere es aber auch nicht.<br />

Auch dieses Modell muss man wollen, und es ist auch aufwändig!<br />

(Cba)<br />

Es gibt wohl wie so oft keine Pauschalrezepte, wie das zu organisieren<br />

ist, dass es einem wohl ist. Da gehört Teilzeit dazu, Kinderzeit<br />

ohne die Mutter, das Feld der Kinderbetreuung muss von den<br />

Männern den Frauen abgerungen werden. Es gehört auch Teilzeit<br />

der Mutter dazu, es ist mir eminent wichtig, dass die Partnerin relevant<br />

auch an der Geldmittelbeschaffung beteiligt ist. Ja, klar Papatage<br />

gehen anders als Mamatage und beide sind sie wunderbar.<br />

(Mba)<br />

Ich bin sehr zufrieden mit unserer Rollenteilung. Da wir beide die<br />

Aufgaben im Haus-, Familien- und Erwerbsarbeitsbereich hälftig<br />

verteilen, ist auch die Rollenabgrenzung unter der Woche gut möglich.<br />

An Wochenenden ist es da bisweilen schwieriger, da wir beide<br />

dann immer wieder herausgefordert sind, uns gemeinsam abzustimmen.<br />

(Tbe)<br />

Größere Flexibilität der Arbeitszeit bzw. der Betreuungsangebote<br />

im Krankheitsfall, so dass man nicht jedes Mal Pflegeurlaub nehmen<br />

muss. (Jba)<br />

Mit der gegebenen Situation bin ich recht zufrieden, da sie inzwischen<br />

auch recht gut funktioniert. (Lbü)<br />

Der Schlüsselfaktor ist für mich meistens die <strong>Zeit</strong>: Je mehr davon<br />

da ist, desto mehr kann ich mich in der Familie, bei den Kindern, für<br />

die Partnerschaft und für den Haushalt engagieren. (Kmu)<br />

Wir sind beide voll berufstätig. Während die Kinder klein waren,<br />

hätte ich mir mehr <strong>Zeit</strong> mit ihnen gewünscht, was - wie bei vielen<br />

139


Familien - ein "ökonomisches Luftschloss" darstellte. Mein Wunschrollenbild<br />

ist jedenfalls nicht "Mutter schmeißt den Alltag und Vater<br />

ist das Sahnehäubchen nach Dienstschluss". Aus diesem Grund<br />

versuche ich, mich in den Alltag einzubringen und dabei auch den<br />

Kindern zu vermitteln, dass der Vater eben auch "Alltag" bedeutet.<br />

Das bedeutet gar nicht so viel Rollenabgrenzung mit meiner Frau,<br />

sondern vielmehr aktives Einbringen durch mich selbst. (Jor)<br />

Die wichtigste Rahmenbedingung ist für mich das Vertrauen meiner<br />

Frau, die es mir zutraut, als Vater - in aller Begrenztheit und in meinem<br />

Anderssein - kompetent zu sein. Aufgrund dieses Vertrauens<br />

ist es möglich und sinnvoll, dass wir uns die Erwerbs- und<br />

Familienarbeit aufteilen. (Rwi)<br />

Festlegung, wer in welchem Umfang wofür die Verantwortung übernimmt:<br />

Keine Vorgaben zur Ausfüllung der Vaterrolle bzw. Kontrolle<br />

der vollständigen Übernahme der Konzepte der Partnerin; die gleichzeitige<br />

Teilung von Erwerbs- und Familienarbeit zwischen beiden<br />

Eltern scheint mir ideal, weil sie eine gleichmäßige Verantwortung für<br />

das Familiäre fördert und durch die Wahrnehmung der beiden<br />

Bereiche eine interessante Abwechslung schafft, <strong>zum</strong>al die Anforderungen<br />

aus Familie und Beruf ziemlich verschieden sind. (Swö)<br />

Rahmenbedingungen, Rahmenbedingungen, die mir erlauben würden, die mir mein erlauben <strong>Vatersein</strong> würden, wunschgemäß mein <strong>Vatersein</strong> zu leben:<br />

seitens des Arbeitgebers wunschgemäß zu leben: seitens des Arbeitgebers<br />

Rahmenbedingungen sind optimal. Ich kann auch mal später zur<br />

Arbeit gehen, wenn meine Frau außerordentliche Termine hat.<br />

(Cbi)<br />

30-Stunden-Job, in dem man auch voll akzeptiert wird. Möglichkeit,<br />

sich einen Job mit viel Verantwortung zu teilen auch mit Firmen-<br />

Handy. Auch an meinen Kinder-Tagen erreichbar zu sein, ist für mich<br />

nicht das Problem. Wenn es mir zuviel wird, kann ich das Handy<br />

auch abschalten. Manche Entscheidungen müssen halt rasch getroffen<br />

werden. Man ist dann oft auch entscheidungsfreudiger, wenn<br />

man mit dem Kind spielen möchte oder wickeln angesagt ist, etc.<br />

Flexible Arbeitszeiten, Kinder bringen/holen muss bei Bedarf möglich<br />

sein. Heim-Arbeitsplatz bzw. Möglichkeit, von zu Hause aus auf den<br />

Firmen-Computer zuzugreifen. So kann man kurzfristig reagieren.<br />

(Das) darf aber nicht von (der) Firma vorausgesetzt werden und<br />

müsste eigentlich auch extra abgegolten werden. (Tmi)<br />

140


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Flexiblere Arbeitszeitmodelle, Entwicklungsmöglichkeiten in der<br />

Arbeit, Aufteilung von verantwortlichen Positionen. Als teilzeiterwerbstätiger<br />

Arbeitnehmer bin ich bei mehr Flexibilität mehr selber<br />

verantwortlich, meine Bindung an die Arbeit nimmt zu, verglichen<br />

mit einer angeordneten Präsenz. Bei einem Teilzeitpensum mache<br />

ich gewisse Abstriche, was Karriere oder auch nur schon Einflussnahme<br />

an der Arbeitsstelle betrifft. (Mge)<br />

Ein Erziehungsbonus wäre wirtschaftlich sehr nützlich. Teilzeit<br />

konnte ich mir als Freiberufler organisieren. In Bezug auf die<br />

Karrieremöglichkeit bin ich dagegen total desillusioniert. Nach 18<br />

Jahren Vaterschaft, d.h. nur teilzeitlicher Arbeit und meistens als<br />

Freiberufler, kann ich meine Karriere in den Kamin schreiben - aus<br />

und fertig! Meine Frau hat beruflich keine große Karriere gemacht,<br />

ist dagegen politisch sehr erfolgreich und jetzt bereit für den Sprung<br />

aufs nationale Parkett. Ihr half die Doppelrolle. (Pan)<br />

Natürlich hilft mir hier das relativ hohe Einkommen, das es ermöglicht<br />

mit ca. 140 Stellenprozenten gut zu leben. Teilzeitarbeit ist in<br />

meinem Berufsfeld normal und kein Karriereblocker. Weiterbildung<br />

hatte ich immer im Verhältnis zu den Stellenprozenten, manchmal<br />

auch mehr, zugute. Mein Beitrag hier war, dass ich diese auch konsequent<br />

beziehe, um fachlich am Ball zu bleiben. Ich würde mir vermehrt<br />

Unterstützung bei der "Karriereplanung" wünschen. (Mhu)<br />

Teilzeitarbeit für Männer ohne finanzielle Einschränkungen und<br />

ohne die Karrieremöglichkeiten einzuschränken, flexiblere Arbeitszeiten<br />

(z.B. vermehrt Jahresarbeitszeit oder Arbeit von zu Hause<br />

aus), das Verständnis dafür fördern, dass Teilzeitangestellte motivierte<br />

Mitarbeiter und weniger häufig krank sind. (Mgt)<br />

Bei einem eher einfachen Lebensstil haben uns 110 Stellenprozente<br />

für eine fünfköpfige Familie ausgereicht. Eine Weiterbildung<br />

konnte ich nur modular, pro Jahr ein bis zwei Wochen, verteilt<br />

über rund zehn Jahre machen (mit besonderem Abgrenzungsaufwand).<br />

Meine Partnerin konnte erst später eine Ausbildung zur<br />

Supervisorin in Angriff nehmen. Karrieremöglichkeiten sind mit<br />

einer Teilzeitanstellung klar eingeschränkt, um nicht zu sagen praktisch<br />

unmöglich. Ich konnte mich ständig soviel weiterbilden, dass<br />

ich mich in meinem Berufsfeld auf dem Laufenden halten konnte<br />

und das Interesse am Beruf immer wach blieb. (Jvo)<br />

141


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Ich bin selbstständig Erwerbender, teile mir meine <strong>Zeit</strong> selber ein,<br />

habe so aber auch mehr Risiken. Karriere im üblichen Sinn gibt es<br />

nicht, nur neue Felder. Weiterbildung bezahle ich mir selbst. Kann<br />

es mir aber nach über 15 Jahren als Selbständiger nie und nimmer<br />

vorstellen, angestellt zu sein. (Psc)<br />

Das Postulat "gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit" sollte endlich<br />

in die Praxis umgesetzt werden. Damit werden vor allem gut verdienende<br />

Väter entlastet, wenn die heute noch schlecht bezahlten<br />

Frauenjobs die nötige Aufwertung erfahren. Genügend Kinderbetreuungsplätze,<br />

flexible Arbeitszeitmodelle etc. sind Postulate, die<br />

ich hier nicht wiederholen aber trotzdem unterstützen möchte. (Jkü)<br />

Teilzeitarbeit ist ja möglich. Aber familienfreundlicher könnte die<br />

Institution schon noch werden, weil es schon noch eine Kultur ist:<br />

man arbeitet voll und ist stets verfügbar. Aber die "Schlimmsten"<br />

sind jene, die Teilzeit arbeiten und keine Familie haben, ("ich habe<br />

immer am Montag frei" oder "ich arbeite nur am Nachmittag").<br />

Flexibilität zeichnet wohl die Väter und Mütter aus, denn unsere<br />

Tage beginnen immer um halb Sieben am Morgen und dauern bis<br />

halb Zehn in der Nacht, gleich in welcher Rolle wir sind. Da muss<br />

ich manchmal schon vorrechnen, was mir diese Sitzung an<br />

Aufwand abverlangt und mich kostet. Dafür will ich auch am Ende<br />

ein Resultat sehen! (Cba)<br />

Flexibilität ist mir wichtig, für Unvorhergesehenes (offen sein können),<br />

und dass Ausnahmen vom gewöhnlichen Arbeitsfluss möglich<br />

sind. Dass auch bei 60% berufliche Weiterentwicklung möglich<br />

ist, interessante Aufträge/Aufgaben da sind etc. Wenn ich etwas<br />

sehr klar habe und mich dafür einsetzen kann und den Mehrwert<br />

auch für´s Unternehmen sichtbar machen kann, kriege ich das in<br />

der Regel auch von Arbeitgebern bewilligt. (Mba)<br />

Ich war während 5 Jahren selbständig (erwerbstätig) und konnte<br />

mir daher die Arbeitszeiten bis zu einem gewissen Grad auch selber<br />

einteilen. Neu bin ich wieder fest angestellt zu 40% und zu etwa<br />

10 % noch freischaffend tätig. Ich habe eine Arbeitgeberin, bei der<br />

niemand Vollzeit arbeitet, die Laufbahnmöglichkeiten angesichts<br />

der Betriebsgröße (sechs Teilzeitstellen) gering sind, dagegen die<br />

Arbeitsinhalte von den einzelnen Mitarbeitern sehr geprägt werden<br />

können. Punkto Weiterbildung und Infrastruktur sind alle einander<br />

gleichgestellt, egal ob sie 40% oder 80 % erwerbstätig sind. (Tbe)<br />

143


In Krisenzeiten kann das Belastungsmaß sehr stark ansteigen und<br />

wirkt sich dann in der Familie aus. <strong>Zeit</strong>lich habe ich ein sehr gutes<br />

Modell, das die Möglichkeit der Arbeitsteilung stützt. Karrieremöglichkeiten<br />

sind mit meiner 50 % Anstellung nicht machbar.<br />

Bemerkbar macht sich auch das immer geringer werdende<br />

Realeinkommen. Das zeigt Grenzen auf. (Lbü)<br />

Flexible Arbeitszeiten sind sehr wesentlich. Das Arbeiten von zu<br />

Hause aus, kann auch helfen, kurzfristig notwendige Abwesenheiten<br />

auszugleichen. Ein weiterer Schlüsselfaktor ist die Anerkennung<br />

der aktiven Beteiligung als Vater im Familienleben in den<br />

Unternehmen, in der Politik und in der ganzen Gesellschaft. (Kmu)<br />

Gleiche Einkommensstruktur für Mütter und Väter, Teilzeit trotz<br />

Karriere auch für Väter, Verständnis für Familienrollen. Wir lebten<br />

fünf Jahre in Schweden und haben dort die Selbstverständlichkeit<br />

kennen und schätzen gelernt, dass selbst Spitzen-Manager um<br />

16.00 Uhr ein Meeting verlassen, um die Kinder vom Kindergarten<br />

abzuholen. (Jor)<br />

Mein Arbeitgeber hat mir durch flexible Arbeitszeiten und jetzt mit<br />

der Gewährung einer Karenzzeit gute Möglichkeiten gegeben, als<br />

Vater <strong>Zeit</strong> mit meinem Kind zu verbringen. (Rwi)<br />

Eine größtmögliche Flexibilität in der Leistungserbringung, beginnend<br />

mit Gleitzeit und deren extensiver Nutzungsmöglichkeit ohne<br />

unbedingte Einhaltung von Kernzeiten, kurzfristige Änderung der<br />

Arbeitszeit, Telearbeit etc.. (Swö)<br />

Rahmenbedingungen, Rahmenbedingungen, die mir erlauben würden, die mir mein erlauben <strong>Vatersein</strong> würden, wunschgemäß mein <strong>Vatersein</strong> zu wunschgemäß<br />

zu öffentlichen leben, seitens Meinung der Gesellschaft/der öffentlichen<br />

leben,<br />

seitens der Gesellschaft/der Meinung<br />

Wir haben unsere Wünsche realisiert, es gibt keine Reibungsflächen<br />

seitens der öffentlichen Akzeptanz. (Cbi)<br />

Geringere Einkommens-Disparitäten. Mit meinem Modell ist die<br />

Erreichung einer Spitzenposition eher unmöglich. Wenn aber weniger<br />

Unterschied zwischen Spitzen- und Durchschnittsverdienenden<br />

ist, wäre Kinder-Bekommen finanziell gesehen nicht gar so eine<br />

große Einbuße.<br />

144


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Generell müsste die Erwerbsarbeit in ihrer Bedeutung zurückgeschraubt<br />

werden. (Tmi)<br />

Ein bisschen mehr Gelassenheit und Toleranz, wenn man hört,<br />

dass andere Menschen ein anderes Familienmodell leben. (Mge)<br />

Noch immer gilt jemand, der ernsthaft Vater sein will, als faul. Wenn<br />

eine Frau zu Hause die Hausarbeit macht, wird ein Mann im gleichen<br />

Fall höchstens "die Kinder hüten". Man traut den Männern<br />

das <strong>Vatersein</strong> nach wie vor nicht zu, da habe ich schon Schwierigkeiten<br />

bei den eigenen Geschwistern. (Pan)<br />

Dass "<strong>Vatersein</strong>" als wichtige Aufgabe und nicht als persönliches<br />

Hobby wie Schießverein oder Briefmarkensammeln wahrgenommen<br />

wird. (Mhu)<br />

Es muss Öffentlichkeitsarbeit betreffend Vaterrolle, Vatergefühlen,<br />

<strong>Vatersein</strong>, Vater leben gemacht werden, sei dies in Presseberichten,<br />

in Gesprächsforen, in Infoveranstaltungen usw.. Wichtig<br />

ist für mich, dass es gesellschaftsfähig ist, ein liebender und fürsorglicher<br />

und zärtlicher Vater zu sein, und dass dies sich in keiner<br />

Weise mit der Rolle als Mann schneidet. (Mgt)<br />

Hier heisst es, von den guten Erfahrungen zu sprechen und weitere<br />

Männer in ihrer Vaterrolle zu ermutigen. Anfangs der 80er Jahre<br />

kam ich mir als Exot vor mit Kind im Tragtuch oder im Kinderwagen,<br />

während heute diese Väter bereits ein wenig mehr <strong>zum</strong><br />

Strassenbild gehören. Die Gesellschaft, die öffentliche Meinung<br />

erlebe ich heute als genug tolerant für Väter, die sich in der Familie<br />

engagieren. Doch fehlt noch vielen Vätern der Mut, die Neugierde,<br />

das Sich-Auseinandersetzen mit Kindern und Familie, um diese<br />

Rolle zu leben. Eine Wertschätzung wird von der Gesellschaft für<br />

das <strong>Vatersein</strong> nicht gegeben. Wenn ich jedoch bedenke, welche<br />

Bedeutung, welchen Wert in der Schweiz z.B. das Auto, der Fernseher,<br />

das Handy, die Ferien, haben, so findet das <strong>Vatersein</strong><br />

irgendwo auf einer kleinen Insel statt, auf die sich nur zufällig<br />

jemand verirrt. (Jvo)<br />

Hier in Brasilien ist es schon noch viel schwieriger. Hier ist der<br />

Vater entweder arbeitslos, oft dann auch mit Alkoholproblemen,<br />

oder er arbeitet voll. Hausarbeit usw. macht der typische<br />

Brasilianer überhaupt nicht. Ich aber schon. Da wir in einer sehr<br />

145


weiblich geprägten Lebensgemeinschaft wohnen, bin ich aber sehr<br />

akzeptiert als Hausmann. (Psc)<br />

Die Rolle der Väter/Männer sollte intensiver (vor allem von den<br />

Männern selbst) diskutiert werden. Männer dürfen sich nicht mehr<br />

als reine Wirtschaftsfaktoren instrumentalisieren lassen. Den sozialen<br />

Aspekten des Menschseins soll mehr Beachtung geschenkt<br />

werden. Männer sind keine "Leistungsmaschinen", sondern<br />

Menschen, die in ihrer Entfaltung durch diesen Leistungsdruck oft<br />

gehemmt werden. Männertreffs sollen gefördert und in ihrer<br />

Bedeutung für die Männer neu definiert werden. Männer brauchen<br />

Männer als Gegenüber, um ihr Mannsein reflektieren zu können.<br />

Ein Mann ist dann ein Mann, wenn er sich in seiner Ganzheit erfahren<br />

kann (nicht einseitig gegenüber der Frau, dem Arbeitgeber, der<br />

Kirche, der Gesellschaft, etc.). Rollenbilder sind als solche zu entlarven<br />

und nicht gleichzusetzen mit dem Mannsein. (Jkü)<br />

Väter dürfen nicht mehr als - sagen wir mal - 30 Wochenstunden<br />

arbeiten. Sie können ja dann später wieder voll einsteigen, wenn<br />

die Kinder flügge sind. Mütter dürfen nicht ausschließlich voll<br />

Mutter und Hausfrau sein, sie haben ein Recht auf eine<br />

Teilzeitarbeit. Für beide gilt: Die Kinder haben ein Recht auf ein<br />

partnerschaftliches Vater-Mutter-Modell. Väter sind vom Gesetz<br />

her gezwungen, ihre Präsenzrolle einzulösen. "Abwesende Väter"<br />

werden zurückgeholt. (Streunende Hunde gibt es bei uns auch<br />

nicht.) Aber eben - da kommen wir vom Hundertsten ins<br />

Tausendste. (Cba)<br />

Da fühle ich mich eigentlich gut unterstützt. Ich kriege viele gute<br />

Rückmeldungen, wenn ich mit Kindern unterwegs bin, im Bus, (in<br />

der) Tram wird geholfen, oft unaufgefordert, die Menschen freuen<br />

sich oft und in der Regel sehr an Kindern und auch an Vätern. Klar,<br />

manchmal gibt's Blicke, wenn die Tochter weint, ob ich das wohl<br />

könne, oder auch verbale Reaktionen, wenn ich Yael klettern lasse<br />

("da müend si schon luege"). Wenn ich aber mein Ding weiterziehe,<br />

mich nicht verunsichern lasse, entspannt sich das jeweils<br />

meist schnell wieder.(Mba)<br />

In meiner sozialen Nische kann ich meine Vaterrolle gut wahrnehmen<br />

und erlebe Unterstützung. Gesamtgesellschaftlich dagegen<br />

orte ich großen Handlungsbedarf. Männer als Väter werden zwar<br />

zunehmend zu einem Medienthema, trotzdem gelten immer noch<br />

146


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

die Mütter als die Hauptverantwortlichen für Hausarbeit und Kinderbetreuung.<br />

Frauen haben teils Mühe, diese "Muttermacht" abzugeben,<br />

viele Männer, das stelle ich leider auch immer wieder fest,<br />

geben sich rhetorisch zwar sehr aufgeschlossen gegenüber aktiver<br />

Vaterschaft, im Alltag verharren sie aber immer noch in einem traditionellen<br />

Vaterbild, das Vätern die Rolle des Alleinverdieners und<br />

Frauen die Rolle der Alleinerzieherin zuweist. (Tbe)<br />

Mehr Bewusstsein, was heute Vereinbarkeit von Familie und Beruf<br />

bedeutet, vor allem, wenn das soziale Netz früherer <strong>Zeit</strong>en (Großeltern,<br />

Nachbarn, Verwandte) bei weitem nicht mehr in diesem<br />

Ausmaß gegeben ist. (Jba)<br />

Ich meine, dass jemand das, was er alles im alltäglichen und beziehungsmäßigen<br />

Zusammenleben zu Hause schafft und erreicht,<br />

auch in allen anderen Teams kann. Dies wird meiner Meinung nach<br />

sehr unterschätzt und somit auch nicht honoriert. Auch leistet<br />

jemand, der 50% arbeitet, erwiesenermaßen mehr als 50%. Auch<br />

dies wird nicht anerkannt. (Lbü)<br />

Die öffentliche Meinung prägt oft das Werteverhalten der<br />

Menschen. Damit ist es ganz wesentlich und wichtig, dass Männer,<br />

die sich in den Familien engagieren, nicht als schwache Männer<br />

dargestellt werden, ganz im Gegenteil. Sie verzichten oft auf die<br />

von der Gesellschaft hoch angesehenen Reputationen wie Geld,<br />

Macht, Stellung. (Kmu)<br />

Zusammengefasst: "Väter sollen weinen dürfen", d.h. weg von der<br />

Rolle des distanzierten Familienoberhaupts. Aber diese Stereotypen<br />

dürften überholt sein. Ich erlebe jedenfalls keine gesellschaftlichen<br />

Einschränkungen bzgl. meiner Vaterrolle. (Jor)<br />

Es hat zwar in der letzten Generation ein Umdenken begonnen,<br />

aber in der Realität ist es immer noch so, dass Erziehungs- und<br />

Hausarbeit als Frauensache angesehen wird. Als Exot, der in diesem<br />

Bereich die Hauptverantwortung übernommen hat, wünsche<br />

ich mir mehr Männer, die als Väter in der Gesellschaft, am Spielplatz,<br />

in Eltern-Kind-Runden, bei Elternabenden präsent sind. (Rwi)<br />

Väter sollten im Kinderalltag nicht als Exoten betrachtet werden.<br />

Sie sollten in Wahrnehmung ihrer Rolle akzeptiert und wertgeschätzt<br />

sowie zur Annahme einer aktiven Vaterrolle ermuntert und<br />

147


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

unterstützt werden, z.B. durch speziell an Väter gerichtete Angebote<br />

wie Volkshochschule, Väterbildungsseminare, ein Vater-Kind-<br />

Pass-Modul. (Swö)<br />

Rahmenbedingungen, die mir die erlauben mir erlauben würden, würden, mein <strong>Vatersein</strong> mein <strong>Vatersein</strong> wunschgemäß<br />

zu leben, seitens der gesetzgebenden seitens Instanz der gesetzgebenden (politisch, juristisch) Instanz (politisch,<br />

wunschgemäß zu leben,<br />

juristisch)<br />

Sehr störend ist immer noch der Grundabzug (Koordinationsabzug)<br />

der Pensionskasse im partnerschaftlichen Modell (bei zwei Teilzeitanstellungen).<br />

(Cbi)<br />

Anheben des Steuersatzes für Spitzenverdienende; Teilzeitjobs im<br />

Öffentlichen Dienst fördern; Kinderbetreuungseinrichtungen mit<br />

Möglichkeit <strong>zum</strong> Kontakt der Eltern untereinander fördern. Vaterschafts-Urlaub<br />

für <strong>Zeit</strong> nach der Geburt - die ersten zwei Wochen<br />

sind eine ganz intensive <strong>Zeit</strong> mit dem Kind und auch zur Neu-<br />

Positionierung der Familienmitglieder. (Tmi)<br />

Rahmenbedingungen, welche die unterschiedlichen Familienmodelle<br />

möglichst gleich (gerecht) behandeln: Besteuerung,<br />

Sozialversicherungen, Förderung partnerschaftlicher Familienmodelle<br />

bei den eigenen Angestellten. (Mge)<br />

Ein Vaterschaftsurlaub wäre gut, und auch die Freistellung/<br />

Reduktion beim Militärdienst wäre nützlich, obschon mir da die<br />

Behörden schon ein Stück weit entgegen gekommen sind.(Es<br />

braucht) auch väterfreundlichere Regelungen bei einer Scheidung.<br />

(Ich könnte mir eine Scheidung keinesfalls leisten, <strong>zum</strong> Glück ist<br />

nächstens keine zu befürchten). Eine echte Väterförderung von<br />

staatlicher Seite könnte/müsste auch die Akzeptanz des <strong>Vatersein</strong>s<br />

in der Gesellschaft zu verbessern versuchen. (Pan)<br />

Gesetzliche Vorgaben über das minimale Angebot an Teilzeitstellen<br />

auf allen Hierarchiestufen bei mittleren und größeren Betrieben.<br />

(Mhu)<br />

Teilzeit fördern, Vaterschaftsurlaub, Möglichkeiten, um Stellen zu<br />

teilen (<strong>zum</strong> Beispiel 40 % und 60%), Erziehungsarbeit anrechnen<br />

(Pensionskasse, AHV, ALK ), statt Militärdienst Vaterschaftsdienst<br />

in der eigenen Familie als Vaterschaftsurlaub, Förderung von<br />

Projekten, um die Vaterrolle in der Gesellschaft zu stärken und zu<br />

fördern. (Mgt)<br />

149


Hier kann nur auf gute gesetzliche Rahmenbedingungen, wie<br />

Tagesschulen, Teilzeitarbeit, Wiedereinstieg ins Berufsleben,<br />

Kinderzulagen etc. gesetzt werden. Persönlich sind/wären mir sehr<br />

hohe Kinderzulagen lieber, damit ein Ehepaar mit Teilzeitarbeit sich<br />

möglichst selber mit Unterstützung im Quartier, in der Verwandtschaft<br />

organisieren und finanzieren könnte. So wäre die Familie<br />

autonomer, könnte mit dem Geld ihre Kinderbetreuung selber organisieren<br />

und finanzieren, Familien könnten sich zusammen organisieren<br />

und vieles bekäme mehr Bedeutung, weil eben Geld vorhanden<br />

wäre. Die Familie als wirtschaftlicher Faktor, als Arbeitgeberin,<br />

tönt ganz gut. (Jvo)<br />

Als Selbständiger erwarte ich vom Staat nicht viel. Vaterschaftsurlaub<br />

wäre aber sicher eine tolle Sache. (Psc)<br />

Diese sollen Tendenzen in der Rollenteilung und -findung aufzeigen<br />

und unterstützen. (Jkü)<br />

Vision: Blockzeiten, die diesen Namen verdienen. Es gibt ein<br />

Bundesamt für Väter/Mütter, das vieles von oben dazu ausarbeitet.<br />

Junge Männer haben ein Recht auf einen Zivildienst und müssen<br />

mindestens zwei Jahre lang Hausarbeit machen. Diese "unmännlich"<br />

unproduktive Arbeit, bei der man durch harte Arbeit nichts verändert,<br />

denn die Wäsche ist immer wieder schmutzig, der Staub<br />

setzt sich immer wieder an, und so weiter. Das würde unsere aufgeteilte<br />

Gesellschaft längerfristig wohl partnerschaftlicher und kindergerechter<br />

machen. (Cba)<br />

Vaterschaftsurlaub, glaube ich, wäre sehr, sehr wichtig, die ersten<br />

drei Monate sind Matchentscheidend. Wenn ich in diesen drei<br />

Monaten nicht präsent bin bei den Kindern, den Neugeborenen,<br />

dann ist das Feld der "Kinderbetreuung" notwendigerweise von der<br />

Mutter oft ausschließlicher besetzt und das Feld ist schwer zurückzuerobern.<br />

Wenn Männer aber dann da sind, die Mütter die Wochenbettzeit<br />

schonend gestalten können, wenn's geht, dann wird<br />

automatisch klar, dass beide, Mama und Papa gut nach dem Kind<br />

schauen können. Darum: Drei Monate bezahlter Urlaub für beide,<br />

nicht Schmalspurwochen! Und noch was: Dass wir als junge<br />

Familie nach wie vor, trotz nun weniger Einkommen, zusammen<br />

mehr versteuern müssen, als vorher bei größerer Erwerbstätigkeit<br />

getrennt, das ist ein reiner Skandal. Wer überlegt sich denn so<br />

was (Mba)<br />

150


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Wichtig wäre meines Erachtens ein ausgebauter Vaterschafts- oder<br />

gar Elternurlaub, à la Schweden. Teilzeitstellen für Väter müssten<br />

zur Norm werden während der Familienphase und nicht zur lobenswerten<br />

Ausnahme. Väter, die Vollzeit erwerbstätig sind, sollten sich<br />

rechtfertigen müssen und nicht die Teilzeiterwerbstätigen. Auch die<br />

Individualbesteuerung von gemeinsam erwerbstätigen Paaren sollte<br />

endlich realisiert werden. Daneben ist in der beruflichen Vorsorge<br />

dafür zu sorgen, dass Teilzeiterwerbstätige gegenüber Vollzeiterwerbstätigen<br />

nicht diskriminiert werden. Familienergänzende<br />

Kinderbetreuung, Tagesschulen, Mittagstische usw.: Ich habe aber<br />

Mühe damit, wenn (es nur darum geht), Frauen den Zugang zur<br />

Erwerbsarbeit zu erleichtern. Familienergänzende Einrichtungen<br />

sollen Mütter UND Väter bei der Vereinbarkeit von Beruf und<br />

Familie ergänzend unterstützen. Für mich selber ist es keine<br />

Option, wenn die Kinderbetreuung gänzlich von den Eltern weg an<br />

Dritte "outgesourct" wird, nur damit beide sich Vollzeit der<br />

Erwerbsarbeit widmen können. (Tbe)<br />

Mehr Flexibilität beim Kinderbetreuungsgeld, damit mehr Väter in<br />

Karenz gehen, sowie Ganztagskinderbetreuungseinrichtungen und<br />

Ganztagsschulen. (Jba)<br />

<strong>Vatersein</strong> braucht eine sozialpolitische wie auch subjektive<br />

Aufwertung. Gegenwärtig wird zwar angesprochen, wie wichtig<br />

Väter sind, aber dies wirkt meist nur recht nett. Gelebt und praktiziert<br />

wird, dass richtige Männer eben arbeiten gehen und richtig<br />

Karriere und Kohle machen. (Lbü)<br />

Die gesetzgebende Instanz müsste vermehrt flexiblere Modelle für<br />

den Vater und seine zeitliche Präsenz in der Familie schaffen. Erst<br />

wenn etwas gesetzlich unterfüttert ist, wird sich im Denken und in<br />

der Haltung der breiten Gesellschaft etwas substanziell verändern<br />

können. (Kmu)<br />

In der von mir erlebten klassischen Familienform sehe ich keinen<br />

Änderungsbedarf. Dass sich zu aktuellen Themen, wie gleichgeschlechtlichen<br />

Partnerschaften mit Kinderwunsch, sowie allein<br />

erziehenden Vätern/Müttern einiges tut, ist zu begrüßen. Mehr<br />

Offenheit für diese "neue" Realität seitens der Gesetzgeber wäre<br />

wünschenswert. (Jor)<br />

151


Die Möglichkeit zur Väterkarenz ist eine wichtige Rahmenbedingung,<br />

muss aber auch "leistbar" sein. Da der Mann und Vater meist immer<br />

noch mehr verdient, ist die Frage nach Aufteilung der Erziehungszeit<br />

oft auch eine finanzielle Frage. Ich wünsche mir, wie in manchen<br />

europäischen Ländern, eine finanziell tragbare Möglichkeit, um mehr<br />

<strong>Zeit</strong> mit meinem Kind verbringen zu können (z.B. Papamonat,<br />

Karenzgeld an bisherigen Verdienst gekoppelt). (Rwi)<br />

Zur Erhöhung der Quote betreuender Väter wäre eine einkommensabhängige<br />

Karenzleistung zielführend. Als erste Maßnahme<br />

im Sinne einer Minimalvariante wäre auch ein "Papamonat"<br />

(Karenz nach der Geburt gegen Fortzahlung der Bezüge aus<br />

öffentlichen Mitteln) sinnvoll. (Swö)<br />

4.3 Vaterschaft - eine 4.3 Rolle Vaterschaft neu erfinden - eine Rolle neu erfinden<br />

Vaterschaft oder "Vater schafft" Damit sich eine neue Kultur der<br />

Väterlichkeit entwickeln kann, müssen wir gesellschaftlich bereit sein,<br />

die alten Rollenzuschreibungen fallen zu lassen und Männern bzw.<br />

Vätern neue Qualitäten zuzugestehen. Wir müssen uns darin üben,<br />

althergebrachte und scheinbar "typisch männliche Defizite" in neuem<br />

Licht zu sehen und konstruktiv umzudeuten. Ein Versuch:<br />

"Männer sind zuhause meistens geistig abwesend (<strong>Zeit</strong>ung, TV etc.)"<br />

heißt dann:<br />

An Vaters "geistiger Abwesenheit" lernen die Kinder, ihre Bedürfnisse<br />

laut und deutlich zu äußern und dafür einzustehen (wogegen die alles<br />

umfassende Aufmerksamkeit und das Ablesen der Wünsche von den<br />

Augen des Kindes leicht eine überzogene Versorgungshaltung hervorrufen<br />

kann).<br />

"Männer sind stets auf Leistung und Zielerreichung fixiert und überfordern<br />

damit die Kinder dauernd" heißt dann:<br />

An Vaters Leistungs- und Zielorientierung lernen die Kinder, ihre<br />

Grenzen zu erkennen bzw. zu äußern, was sie nicht wollen oder können.<br />

Gleichzeitig lernen Sie, vermeintliche Grenzen zu erweitern und<br />

Ängste zu überwinden.<br />

"Männer sind häufig gefühllos bzw. weniger in der Lage, sich in andere<br />

Menschen / Kinder einzufühlen" heißt dann:<br />

An Vaters emotionaler Zurückhaltung lernen die Kinder, Ereignisse<br />

auch sachlich zu betrachten.<br />

152


"Männer sind oft verschlossen, wenig mitteilungsbereit und schlechte<br />

Zuhörer" heisst dann: An Vaters verbaler Kargheit lernen die Kinder,<br />

Gedanken zu bündeln und "auf den Punkt zu bringen".<br />

"Männer sind zuwenig aufmerksam und können nicht zwei Dinge<br />

gleichzeitig tun."<br />

Sie haben eine höhere Toleranzschwelle, greifen später ein und lassen<br />

damit mehr Raum für Selbstverantwortung. Sie sind konzentriert<br />

und fokussiert: "Wenn, dann richtig".<br />

"Männer sind oft leichtsinnig im Umgang mit Kindern" heißt dann:<br />

Sie sind risikobereit und mutig.<br />

Nicht dass damit jedes männliche Verhalten erklärt und "rein gewaschen"<br />

werden soll. Doch wir brauchen auch nicht an althergebrachten<br />

Vorurteilen zu kleben, die ihre herausfordernde Wirkung längst verloren<br />

haben. Es lohnt sich, nach weiteren Beispielen aus dem eigenen Alltag<br />

zu suchen und im angeregten Gespräch mit der Partnerin diese<br />

Vorurteile oder Glaubenssätze nach obigem Muster in eine Chance/<br />

Ressource zu verwandeln. Dabei geht es nicht um "Rechthaben", sondern<br />

vielmehr darum, Perspektiven zu erweitern und für eingebrannte<br />

Deutungsmuster neue Betrachtungsweisen auszuprobieren.<br />

Was bewirken negative Was Vaterbilder bewirken beim negative Kind Vaterbilder beim Kind<br />

Es ist von großer Bedeutung, dass Väter in ihrer Andersartigkeit<br />

gewürdigt werden (und das gilt natürlich auch in umgekehrter<br />

Richtung). Dass Väter andere Verhaltensmuster praktizieren als die<br />

Mütter, ist für die Kinder zunächst ein grosser Gewinn. Denn da wird<br />

erfahrbar, dass es "auch anders gehen kann", dass die Reaktionsund<br />

Verhaltensweisen der Mutter nicht absolut sind. Und dass sich<br />

das Kind demzufolge auch erlauben darf, anders zu werden (als die<br />

Mutter). Diese Tatsache wird bereits in der vorsprachlichen Phase<br />

wirksam.<br />

Früher wurde besonderer Wert darauf gelegt, dass Vater und Mutter<br />

"aus einem Munde sprechen" bzw. die genau gleichen Regeln vertreten.<br />

Man nahm an, dass Kinder nicht mit Divergenzen umgehen könnten.<br />

In der heutigen "Multi-Options-Gesellschaft", in der alles gilt und<br />

nichts mehr unmöglich ist, ist uns klar geworden, dass Kinder durchaus<br />

mit Vielfalt umgehen können. Was in A gilt, muss nicht unbedingt<br />

auch in B gelten.<br />

154


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

So ist es gut, dass der Vater anders ist bzw. sich anders verhält. Auch<br />

wenn die Mutter große Mühe damit hat. Haltungs-Differenzen müssen<br />

Eltern auf der Erwachsenenebene miteinander klären und aushandeln.<br />

Besonders herausfordernd wird diese Aufgabe, wenn Eltern in<br />

Trennung oder Scheidung leben und sich nicht mehr konstruktiv verständigen<br />

können. Dann gilt es ganz besonders, darauf zu achten, dass<br />

über den jeweils anderen Elternteil nicht abwertend gesprochen wird.<br />

Abwertungen des anderen Elternteils, Aussagen wie etwa "Werde nur<br />

ja nicht wie dein Vater " sind äusserst gefährlich und für ein Kind sehr<br />

verunsichernd. Und für den Sohn bedeutet dies: Du bist nicht wie die<br />

Mutter (was biologisch evident ist) und sollst auch nicht werden "wie<br />

der Vater". Ja, dann bleibt ihm nur noch das grosse Vakuum.<br />

Väter sind herausgefordert, in Anerkennung ihrer persönlichen<br />

Grenzen, ihren Partnerinnen gegenüber Verhandlungsbereitschaft zu<br />

zeigen und eine solche auch von ihrer Seite her einzufordern. Ein<br />

Vater soll auch seine Bedürfnisse artikulieren, exklusive Vater-Kind-<br />

<strong>Zeit</strong>en einfordern und diese auch einlösen. Seitens seiner Partnerin<br />

darf er erwarten, dass sie seinen Vater-Stil respektiert und zulässt,<br />

auch wenn dieser von ihrem eigenen "Für-gut-Befinden" abweicht.<br />

Wenn Väter sich aktiv und zeitlich relevant in der Haus- und Familienarbeit<br />

einbringen, dann dürfen sie auch erwarten bzw. voraussetzen,<br />

dass die Partnerin "Platz freimacht" und eigene Ansprüche um<br />

Einfluss und Perfektion (Machtanspruch) kritisch hinterfragt.<br />

Wer kennt nicht die heimtückischen Situationen in der Paarkommunikation,<br />

wenn manchmal ganz ungewollt doppelte Botschaften<br />

ausgesendet werden: "Bitte hilf mir endlich! Du tust ja nie!".<br />

Kurz danach: "Ach lass mich mal ran, das kannst Du nicht. "In solchen<br />

Situationen wird deutlich, dass Überforderung und Klage längst nicht<br />

automatisch die Bereitschaft beinhaltet, Verantwortung abzugeben<br />

und "den Platz zu räumen, wenn Vater-<strong>Zeit</strong> angesagt ist". Fürsorglichkeit<br />

und Kontrolle können nahe beieinander liegen.<br />

Sich solchen erhellenden Diskussionen zu stellen, ist unbequem und<br />

verlangt von beiden Beteiligten Mut und Ausdauer. Es ist jedoch eine<br />

notwendige Voraussetzung für ein langfristiges Gleichgewicht in der<br />

Beziehung.<br />

155


Wie kann Vater-<strong>Zeit</strong> konkret Wie kann aussehen Vater-<strong>Zeit</strong> konkret aussehen<br />

Vater-Kind-Ferien:<br />

Ein Vater gibt sich die Chance, jährlich eine VaKi- Ferienwoche nur<br />

mit seinen Kindern zusammen zu verbringen. (Vielleicht gar zusammen<br />

mit anderen Vätern und deren Kindern). Natürlich soll ein solches<br />

Unterfangen dem Lebensalter der Kinder angepasst sein:<br />

Als Vater von Kleinkindern bleibt er <strong>zum</strong> Beispiel zu Hause und<br />

ermöglicht seiner Partnerin eine Woche Ferien oder Besuch auswärts.<br />

Als Vater von Vorschulkindern geht er vielleicht an einen nahe gelegenen<br />

See <strong>zum</strong> Zelten.<br />

Als Vater von Schulkindern ist es dann mitunter eine Velotour oder<br />

eine Wanderung von Hütte zu Hütte, etc.<br />

Väter schaffen sich damit die Chance, eine eigenständige und vom<br />

eigenen Vater-Stil geprägte Beziehung zu den Kindern aufzubauen,<br />

und sie ermöglichen damit ihren Kindern unvergessliche gemeinsame<br />

Erlebnisse.<br />

Vater-Tag:<br />

Der Vater deklariert einen Tag der Woche/des Monats als Vatertag<br />

und besteht <strong>zum</strong> Beispiel auch gegenüber der Partnerin darauf, dass<br />

an diesem Tag die Regeln des Vaters (bzw. die Vater-Kind-Vereinbarungen)<br />

gelten. Natürlich werden diese Regeln nicht absichtlich als<br />

gegenläufige aufgestellt; aber es ist eben wichtig, dass im Vater-Kind-<br />

Arrangement andere Prioritäten gesetzt werden dürfen (und z.B. die<br />

Bastelarbeit wichtiger sein darf als die geputzten Schuhe).<br />

Vater-Food:<br />

Der Vater übernimmt für gewisse Mahlzeiten in der Woche die<br />

Verantwortung - und damit auch das Recht, selbst bzw. mit den<br />

Kindern zusammen zu entscheiden, ob's heute eine Fertigpizza oder<br />

ein variantenreiches Spaghetti-Buffet sein soll.<br />

Vater-Regeln:<br />

Als Vater gilt es zu beachten, dass die Vaterzeit mit den Kindern "alltagstauglich"<br />

sein sollte und nicht auf einen Ausnahmezustand reduziert<br />

bleibt. So gilt es, mit den Kindern klare Regeln der Gesprächsund<br />

Konfliktkultur und des gegenseitigen Respekts zu vereinbaren.<br />

156


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

4.4 Elternschaft in radikal veränderter Gesellschaftssituation<br />

Haben das Modell Ehe und die Lebensform als Kleinfamilie ausgedient<br />

Die sehr hohe Zahl an Scheidungen ließe vermuten, dass<br />

Paare nicht mehr konfliktwillig oder konfliktfähig seien, dass Paare<br />

eine sinkende Belastbarkeit und Stressresistenz zeigen. Zudem könnte<br />

man schlussfolgern, dass die hohe Zahl an Fällen von Jugendgewalt<br />

darauf zurückzuführen sei, dass Eltern nicht mehr in der Lage<br />

seien, Grenzen zu setzen bzw. nicht mehr zu erziehen wüssten.<br />

Wir unterliegen dabei der gesellschaftlich weit verbreiteten Tendenz,<br />

kollektive Problematiken zu individualisieren. Dabei übersehen wir,<br />

dass es eine glatte Überforderung wäre, von der Kleinfamilie zu<br />

erwarten, sie könne die massiven Veränderungen in unserer Gesellschaft<br />

kompensieren und auffangen. Viele der heute drängenden<br />

gesellschaftlichen Problematiken haben auch gesellschaftliche<br />

Ursachen bzw. verlangen eine systembezogene bzw. vernetzte<br />

Betrachtungsweise.<br />

"Ein Kind braucht ein ganzes Dorf." Diese afrikanische Weisheit bringt<br />

<strong>zum</strong> Ausdruck, dass gemeinsame und gesellschaftlich abgestützte<br />

Bemühungen nötig sind und dass nach neuen Netzwerken des<br />

Zusammenlebens gesucht werden muss. Dabei wird die konkret vorgelebte<br />

Rolle nach wie vor eine wichtige und unersetzliche Bedeutung<br />

für das Aufwachsen der Kinder haben. Diese Kraft des lebenden<br />

Vorbilds (vgl. dazu auch die Hinweise in Kapitel 3.6 zur Wirkungsweise<br />

der Spiegelneuronen) lässt sich nicht einfach durch professionalisierte<br />

Strukturen ersetzen.<br />

Eltern müssen in der medialisierten Welt ganz neue Aufgaben erbringen:<br />

Selektieren und bewerten von Informationen, Eindrücke verarbeiten<br />

helfen, individuelle Werte-Konstruktionen aufbauen helfen, Widersprüche<br />

aushalten können, Risiken voraussehen und absichern.<br />

Eltern stehen in hohen beruflichen Anforderungen und müssen gleichzeitig<br />

komplexe Beziehungs- und Kommunikations-Anforderungen<br />

meistern. Dabei sind die Rückzugs- und Spielräume der Eltern nicht<br />

größer geworden. Dies kann beträchtlichen Beziehungs- und<br />

Erziehungs-Stress erzeugen.<br />

Wir neigen in Konfliktsituationen leicht zu einer statischen Sichtweise:<br />

"Du bist unwillig, inkonsequent, zu faul, schlecht" oder "Männer sind<br />

halt so, Frauen sind eben anders." Wenn es uns gelingt, zu einer<br />

157


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

dynamischen Sichtweise zu wechseln, dann können wir einfachen<br />

Schuldzuweisungsmustern ausweichen: "Wir stehen gemeinsam in<br />

einer stark veränderten und wenig kinderfreundlichen Gesellschaftssituation.<br />

Wir sind gemeinsam bemüht, unseren Kindern bestmögliche<br />

Startbedingungen zu schaffen. Wir können an dieser Herkules-<br />

Aufgabe manchmal auch scheitern."<br />

Weiterführend könnte es sein, wenn Eltern sich als "Komplizen" für<br />

das Kindeswohl verstehen, etwa nach dem Motto. "Wir versuchen, in<br />

schwierigen gesellschaftlichen Bedingungen das Beste für unsere<br />

Kinder zu machen und Spielräume so gut wie möglich zu nutzen."<br />

Dabei sollen auch die Grenzen der Machbarkeit respektiert und das<br />

eigene Gleichgewicht beachtet werden dürfen.<br />

Konkrete Schritte als Vater<br />

Konkrete Schritte als Vater<br />

Am Arbeitsplatz kann ich subtil die Bedürfnisse als Vater anmelden<br />

("steter Tropfen höhlt den Stein"), Verhandlungsbereitschaft zeigen<br />

und einfordern, flexible Arbeitszeiten prüfen und über Möglichkeiten<br />

der Teilzeitarbeit verhandeln.<br />

In der Partnerschaft sorge ich <strong>zum</strong>indest dafür, den Wunsch nach<br />

Rollenteilung wach zu halten ("Kommt <strong>Zeit</strong> kommt Rat"), wenn sich ein<br />

Jobsharing derzeit nicht realisieren lässt. Mit den Kindern suche ich<br />

bewusst "mutterfreie" <strong>Zeit</strong>en zu pflegen, und bezüglich der Partnerschaft<br />

gilt es, regelmäßig für "kinderfreie" Paarzeiten zu sorgen.<br />

Im Austausch mit anderen Vätern kann ich Unterstützung auf meine<br />

konkreten Anliegen und Fragen finden und gemeinsam können wir<br />

mithelfen, den Väteranliegen auch im gesellschaftlichen und politischen<br />

Leben eine Stimme zu geben.<br />

4.5 Egalitäre Rollenteilung ein Zukunftsmodell 4.5 Egalitäre Rollenteilung ein Zukunftsmodell<br />

1994 befragte die Schweizer Soziologin Margret Bürgisser 28 Paare mit<br />

egalitärer Rollenteilung über deren Arbeitsteilung, deren berufliches<br />

Engagement und deren Verständnis von Elternschaft. Zehn Jahre später<br />

befragte sie dieselben Familien und bezog nun auch die Kinder in<br />

die Befragung mit ein. Die Folgestudie im Rahmen des Nationalfondsprojekts<br />

52 "Kinder, Jugend und Generationenbeziehungen"<br />

untersuchte, wie sich das Modell egalitärer Rollenteilung im <strong>Zeit</strong>verlauf<br />

bewährt bzw. verändert hat. Es zeigte sich, "dass die Paarkonstel-<br />

159


lationen insgesamt sehr stabil sind, gleichwohl aber individuelle und<br />

paarspezifische Entwicklungschancen bieten, als eine Kette von wechselseitig<br />

gut aufeinander abgestimmten Veränderungen. Durch parallel<br />

verlaufende Entwicklungen wird die Machtbalance erhalten und die<br />

Beziehungsstabilität gestärkt. Entwicklungsverläufe, die einen Partner<br />

einseitig begünstigen, erweisen sich jedoch als konfliktträchtig. Die<br />

große Mehrheit der Befragten ist mit der bisher praktizierten Rollenteilung<br />

zufrieden und will sie in Zukunft beibehalten." So bilanziert die<br />

Autorin: "Die egalitäre Rollenteilung ist langfristig entwicklungsfähig und<br />

für Eltern wie Kinder mit viel Lebens- und Beziehungsqualität verbunden".<br />

(Bürgisser, Margret, Egalitäre Rollenteilung, Zürich/Chur, 2006)<br />

Bemerkenswert ist, dass in dieser Studie auch die Sicht der Kinder<br />

detailliert erfasst werden konnte (Genaueres dazu in: Bürgisser,<br />

Margret / Baumgarten, Diana: Kinder in unterschiedlichen Familienformen.<br />

Wie lebt es sich im egalitären, wie im traditionellen Modell<br />

Chur/Zürich 2006). Kinder aus Familien mit egalitärer Rollenteilung -<br />

so die zusammenfassende Feststellung -<br />

schätzen den gemeinsamen Alltag mit dem Vater. Er ist für seine<br />

Kinder ein verständnisvoller Gesprächspartner, was nicht zuletzt<br />

der Quantität der "Vaterzeit" zuzuschreiben ist.<br />

nehmen die Persönlichkeit ihrer Eltern vielfältiger und facettenreicher<br />

wahr und<br />

scheinen sehr von der engen Beziehung <strong>zum</strong> Vater zu profitieren,<br />

was besonders im weniger geschlechts- bzw. rollentypischen<br />

Denken und Handeln der Mädchen bzw. Frauen <strong>zum</strong> Ausdruck<br />

kommt.<br />

Dagegen erlebten die Kinder traditioneller Familien, dass die<br />

Beziehung zur Mutter viel enger geknüpft sei als jene <strong>zum</strong> Vater.<br />

Manche Kinder aus traditionellen Lebensformen vermissen ihre Väter<br />

im Alltag und wünschen sich "weniger Mutter".<br />

So zieht die Autorin aus der Elternstudie folgende Schlussfolgerungen<br />

bezüglich des egalitär partnerschaftlichen Rollenteilungsmodells:<br />

Es zeichnet sich durch annähernd gleich verteilte "Familienzeit"<br />

beider Partner aus und es ermöglicht ein gleichwertiges<br />

Engagement des Vaters in der Kinderbetreuung.<br />

160


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Es bewährt sich in der Langzeitperspektive als ein erfolgreiches<br />

Modell familiärer Organisation.<br />

Es ermöglicht stabilere Paarbeziehungen (auffallend wenig<br />

Trennungen/Scheidungen) und konstantere Berufsbiographien,<br />

was einer hohen Verhandlungs-, Konflikt- und Kompromissbereitschaft<br />

der Partner sowie einem generellen Streben nach Konstanz<br />

zuzuschreiben sei.<br />

Es ermöglicht parallel verlaufende Statusveränderungen und trägt<br />

damit zu einer hohen Beziehungsstabilität und -zufriedenheit bei.<br />

Selbst der vergleichsweise hohe Organisationsaufwand und<br />

Austauschbedarf wirke sich auf die Beziehung stabilisierend aus.<br />

Es ermöglicht beiden Partnern einen guten Ressourcenausgleich<br />

zwischen Erwerbs- und Familienarbeit und trägt somit zur psychosozialen<br />

Gesundheit von Eltern und Kindern bei.<br />

Beide Partner zeichnen sich durch hohe berufliche Motivation und<br />

Leistungsbereitschaft aus und können sich im Arbeitsmarkt trotz<br />

Teilzeitarbeit behaupten und entwickeln und in hohem Maße ihre<br />

Sozialkompetenz ins Unternehmen einbringen. Allerdings wird auf<br />

klassische Karrierechancen verzichtet bzw. werden diese zugunsten<br />

der familiären Verfügbarkeit auch gar nicht angestrebt.<br />

Es lässt eine insgesamt geschlechtergerechte Arbeitsteilung zu,<br />

bei weitgehend ausgewogener Verteilung der Verantwortlichkeiten.<br />

Individuelle bzw. ressourcenbezogene "Spezialitäten" sind möglich<br />

und einzelne Tätigkeiten können durchaus auch in "traditioneller"<br />

Weise aufgeteilt werden.<br />

Es verlangt eine vergleichsweise hohe Toleranz und Konfliktbereitschaft,<br />

da z.B. unterschiedliche Standards in der Ausführung<br />

von Hausarbeiten etc. ein gewisses Konfliktpotential bergen.<br />

Es verlangt wirtschaftlich und bildungsmäßig spezifische Voraussetzungen<br />

und eignet sich deshalb vor allem für gut (ähnlich gut)<br />

qualifizierte Personen mit geringen Lohnunterschieden.<br />

"Da überlieferte Vorstellungen von <strong>Vatersein</strong> wie Alleinverdiener, starke<br />

Festung, strafende Hand für mich sehr fraglich sind, fühle ich mich<br />

in meinem <strong>Vatersein</strong> manchmal auch unsicher. Wer bin ich Eine<br />

161


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

väterliche Mutter als Teilzeiterwerbstätiger oder ein mütterlicher Vater<br />

als Teilzeithausmann Wenn ich von den Kindern als "Mapa" oder<br />

"Pama" angesprochen werde, scheint mir dies Ausdruck des möglicherweise<br />

unsicheren Status meines <strong>Vatersein</strong>s zu sein. Tröstlich ist<br />

hier, dass auch meine Partnerin so angesprochen wird. Vielleicht ist<br />

diese Ambivalenz aber auch gut, da sie für mich als Vater und für<br />

meine Partnerin als Mutter vielfältigere Handlungsmuster erlaubt, als<br />

wenn immer klar wäre, was <strong>Vatersein</strong> oder Mutter sein bedeutet."<br />

(Tbe / Zitat aus dem Mailwechsel)<br />

4.6 Eine väterfreundliche Politik und Wirtschaft 4.6 Eine väterfreundliche Politik und Wirtschaft<br />

Vision: Die Bedeutung der Elternrolle für das Gedeihen der Kinder<br />

wird neu erkannt. Mütter und Väter werden durch die gesellschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen in ihrer Rolle gestützt und sie erfahren<br />

dadurch gesellschaftliche Wertschätzung. Es wird sichergestellt, dass<br />

Mütter und Väter während rund 15 bis 20 Jahren (der intensivsten<br />

Phase im "Projekt Familie") sich in der Kinderbetreuung abwechseln<br />

können und dass beide einer beruflichen Teilzeitbeschäftigung nachgehen<br />

können. Zur Optimierung entsprechender Schnittstellen stehen<br />

strukturelle Unterstützungsmaßnahmen bereit (familienexterne<br />

Betreuungsangebote, Tagesschulen, Transportdienste, Elternbildungsangebote,<br />

Kommunikationsplattformen für Eltern).<br />

Das gemeinsame Engagement am "Projekt Familie" wird gleichermaßen<br />

als beruflicher Leistungsausweis gewertet, wie dies etwa bei<br />

besonderen Projekten, Zusatzengagements und Weiterbildungen der<br />

Fall ist. Eine Gleichstellung von Teilzeitarbeitenden (Lohnpolitik,<br />

Karrierechancen, Sozialversicherungs- und Steuerpolitik etc.) ist vollumfänglich<br />

realisiert.<br />

Eine so ausgestaltete Gesellschaft setzt auf die Erkenntnis, dass die<br />

Polarität der Geschlechter in gegenseitiger Wertschätzung in allen<br />

Lebensbereichen befruchtend <strong>zum</strong> Ausdruck kommen kann. Das<br />

Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Eine so verstandene<br />

Polarität erfordert die permanente Suche nach Ausgleich, nach<br />

Balance - im Wissen darum, dass Gleichgewicht nicht statisch ist und<br />

nie eine absolute Balance zu erreichen ist. Sich einschwingen nahe<br />

dem Ausgleichspunkt, vor- und nachgeben, sich einlassen und sich<br />

zurücknehmen, sich identifizieren und sich abgrenzen, einfühlsam<br />

mitgehen und nüchtern beobachten, Emotionen zeigen und Vernunft<br />

walten lassen - in diesem Spannungsbogen spielt sich Leben ab.<br />

163


Deshalb ist es wichtig und bereichernd, dass Frauen auch in der<br />

Politik in Erscheinung treten, dass Frauen vermehrt Führungsfunktionen<br />

bekleiden. Und es ist wichtig, dass Männer sich vermehrt<br />

in der Haus- und Familienarbeit sowie in erzieherischen Berufen einbringen.<br />

Eine derartige Rollenflexibilität erzeugt jedoch erst dann<br />

einen Zugewinn und etwas wirklich Neues, wenn es in gemeinsamer<br />

Bemühung gelingt, das menschliche Miteinander gerechter, friedlicher<br />

und rücksichtsvoller auszugestalten (und nicht einfach etablierte<br />

Machtpositionen neu zu besetzen), wenn es gelingt, die geschlechtsspezifischen<br />

Sensibilitäten und Qualitäten im neuen Kontext <strong>zum</strong><br />

Tragen zu bringen.<br />

Auf Männerseite heißt dies zunächst: Männer übernehmen<br />

Verantwortung für ihre eigene Gesundheit und ihr Wohlbefinden - im<br />

Wissen darum, dass nur ausgeglichene balancierte und sich anpassende<br />

Organismen in der Natur langfristige Überlebenschancen<br />

haben. Sie setzen nicht mehr länger auf einseitige Konzepte wie etwa<br />

der deutsche Ex-Wirtschaftsminister Martin Bangemann, der einmal<br />

freimütig bekannte, "die richtige Frau im Haus erspart den Herzschrittmacher",<br />

sowie die im Wirtschaftsleben weit verbreitete Annahme, ein<br />

Herzinfarkt sei Ausdruck überdurchschnittlicher Leistungsbereitschaft<br />

und damit eigentlich "Ehrensache". Eine neue Einstellung dem Leben<br />

gegenüber tritt etwa dann zutage, wenn Männer sich nicht mehr länger<br />

instrumentalisieren lassen für gesundheitsschädigende Selbstausbeutung<br />

im Leistungssport, für einseitige berufliche Karrieren.<br />

Oder wenn Männer sich nicht mehr auf Aggression und Gewalt und<br />

letztlich für Kriegsdienste trimmen lassen.<br />

Männlichkeit<br />

Männlichkeit<br />

Die Debatte um "neue Väter" bzw. um die Frage, ob nun der "familienengagierte<br />

Softie" oder doch lieber der "echte Mann" zu wünschen<br />

sei, ist müßig bzw. kontraproduktiv. In diesbezüglichen Äußerungen,<br />

auch von Frauenseite, kommt <strong>zum</strong> Ausdruck, dass die "alte"<br />

Geschlechterordnung noch nicht wirklich überwunden ist. Eine neue<br />

Väterlichkeit, die nur deshalb zustande kommt, weil sie von den<br />

Partnerinnen gefordert wird, hat keine Tragkraft. Und eine neue Väterlichkeit,<br />

die von Rückzugsverhalten, ängstlicher "Bescheidenheit" und<br />

Anpassung geprägt ist, hat keine prägende Kraft. Da jedoch, wo<br />

Männer die althergebrachten und (auch von Frauen repetierten)<br />

Mythen der Männlichkeit gründlich hinterfragen und selbstbewusst<br />

und mutig aufbrechen, dort geschieht etwas Neues.<br />

164


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Männer also, die um ihrer selbst willen sich für eine gesellschaftliche<br />

Mitgestaltungsmöglichkeit, im Kleinen wie im Großen, einsetzen, um<br />

eine vielfältigere Lebenskonzeption kämpfen, sich lebensfeindlichen<br />

"Sachzwängen" von Gesellschaft und Wirtschaft widersetzen und ihre<br />

Liebesfähigkeit auch im konkreten Alltag "ins Spiel bringen", prägen<br />

eine "neue Väterlichkeit".<br />

Professionalität<br />

Professionalität<br />

Eine auf Optimierung und Perfektionierung getrimmte Gesellschaft entwickelt<br />

früher oder später auch die Idee, dass die Lebensbegleitung von<br />

Kindern "sinnvollerweise" professionalisiert werden müsste. Einerseits<br />

weil dies qualitative Normen erfülle, optimal nachvollziehbar und steuerbar<br />

sei, anderseits weil dies auch rationeller sei. Mit dem Professionalitätsdenken<br />

ist es so eine Sache: Es folgt dem Linearitätsprinzip<br />

und sucht die Perfektionierung. Gewisse Lebensäußerungen entziehen<br />

sich jedoch erfolgreich den linearen und auf Standardisierung ausgerichteten<br />

Tendenzen: Je mehr wir etwas "in den Griff" zu bekommen<br />

trachten, umso mehr entwickeln sich "Ausnahmen", neue und zuvor<br />

noch nicht bekannte Krankheiten, Verhaltensauffälligkeiten etc. Die<br />

neurobiologischen Überlegungen (Kapitel 2.2) zeigen eindrücklich,<br />

dass wir uns wohl oder übel mit der Nichtnormierbarkeit des Lebens<br />

abfinden müssen. Und da bietet sich die persönliche, individuelle und<br />

liebevolle Hinwendung <strong>zum</strong> Einzelnen an, die authentische und greifbare<br />

Beziehung, das Geheimnis des Lebens. An dieser Stelle ist und bleibt<br />

elterliche Präsenz unersetzbar. Und an dieser Stelle erhalten wir uns als<br />

Eltern eine einzigartige Lebenskompetenz, die nicht "verstaatlicht" werden<br />

sollte. So gesehen ist es zwar begrüssenswert, dass familienexterne<br />

Betreuungsangebote geschaffen werden; diese sollten jedoch erst in<br />

zweiter Linie und ergänzend zur gleichberechtigten Beteiligung der<br />

Väter an der Haus- und Familienarbeit <strong>zum</strong> Tragen kommen.<br />

Väterfreundlichkeit in Politik und Wirtschaft<br />

Väterfreundlichkeit in Politik und Wirtschaft<br />

Väter haben ein spezifisches Vereinbarkeitsproblem im Spannungsfeld<br />

zwischen Beruf, Familie, Partnerschaft, Bildungs- und Karrierepflichten,<br />

Existenz-, Leistungs- und Erfolgsdruck, sozialer Prägung,<br />

Umfelderwartungen etc. Den meisten Vätern geht die nötige <strong>Zeit</strong> für<br />

Rollen- und Selbstreflexion im "Hamsterrad des Alltags" verloren.<br />

Deshalb muss die gesellschaftliche Bedeutung der Vaterrolle vermehrt<br />

und öffentlich thematisiert werden.<br />

165


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

In der Unternehmenswelt und im Kontext der Erwerbsarbeit muss<br />

der Reflexion und dem Erfahrungsaustausch unter Vätern Raum<br />

gegeben werden.<br />

Die Schweiz kennt viele und traditionell auf Mütter fokussierte<br />

Gefäße der Unterstützung in Familien- und Erziehungsfragen.<br />

Diese Angebote müssen unbedingt um väterspezifische<br />

Dimensionen erweitert und in Form und Fragestellung auf die<br />

Bedürfnisse von Vätern zugeschnitten werden.<br />

Aus gleichstellungspolitischer Sicht ist mittels arbeitsvertraglicher<br />

Regelungen den Vätern zu ermöglichen, dass sie im Feld der<br />

Haus- und Familienarbeit ihre Sozial- und Managementkompetenzen<br />

ausbauen können, ohne deswegen Karriere- oder Imageeinbußen<br />

in Kauf nehmen zu müssen. (Etwa durch Anrechnung der<br />

Erfahrungsjahre in Haus- und Familienarbeit bei Frau und Mann.)<br />

Solches setzt insbesondere voraus, dass ein großes Angebot an<br />

Teilzeitstellen (auch auf Kaderstufe) geschaffen wird. Dazu ist die<br />

sozialversicherungsrechtliche Gleichstellung von Teilzeit- und<br />

Vollzeit-Erwerbsarbeit sowie die Lohngerechtigkeit zwischen den<br />

Geschlechtern unabdingbar.<br />

Die gesellschaftliche Anerkennung der Haus- und Familienarbeit<br />

muss dem Stellenwert der Erwerbsarbeit angeglichen werden. Dies<br />

kann z.B. durch Steuer- oder Vorsorgegutschriften (zweite Säule)<br />

für geleistete Familienarbeit <strong>zum</strong> Ausdruck kommen.<br />

Nach der Mutterschaftsregelung ist nun in substantiellem Umfang<br />

ein Vaterschaftsurlaub (oder noch wirksamer ein Elternzeit-Modell<br />

nach skandinavischem Vorbild mit eingebundenem Vaterschaftsurlaub)<br />

zu regeln.<br />

Familienergänzende Kinderbetreungsangebote und Anpassungen<br />

im Schulsystem sind geeignet, Familien mit partnerschaftlicher<br />

Rollenteilung im Schnittstellenbereich zu unterstützen.<br />

Wenn das Paradigma des Alleinernährers erst einmal aufgebrochen<br />

ist, dann bleibt schließlich noch der Anpassungsbedarf im<br />

Hinblick auf eine geschlechtergerechte Rechtssprechung. Die<br />

gemeinsame elterliche Verantwortung ist als Rechtsgrundsatz zu<br />

verankern. Vätern muss es auch nach einer Trennung oder<br />

167


Scheidung möglich sein, ihre Vaterrolle in physischer Präsenz zu<br />

leben und ihre Vaterverantwortung direkt wahrzunehmen.<br />

4.7 <strong>Vatersein</strong> unter erschwerten 4.7 <strong>Vatersein</strong> Bedingungen<br />

unter erschwerten Bedingungen<br />

Väter sind für ihre Kinder "da", indem sie "weg" sind.<br />

Diese saloppe Aussage trifft leider oftmals den Nagel auf den Kopf. In<br />

der deutlich verschärften Situation auf dem Arbeitsmarkt trauen sich<br />

viele Männer/Väter nicht mehr, ihre persönlichen bzw. familiären<br />

Bedürfnisse anzubringen. Die Erfordernisse des Betriebes genießen<br />

oberste Priorität, und ein zeitraubender Arbeitsweg frisst dann noch<br />

die restliche Reserve auf. Zwei Drittel der heutigen Väter geben an,<br />

sie würden gerne mehr <strong>Zeit</strong> für Ihre Kinder aufwenden, wenn dies ihr<br />

Beruf nur zuließe.<br />

Selbst wenn diese Aussage in manchen Fällen auch eine<br />

Schutzbehauptung sein mag: Unsere Kontakte und Beratungsgespräche<br />

im Rahmen der Väterarbeit zeigen deutlich, dass viele<br />

Väter an der ihnen aufgezwungenen Familienferne leiden. Ganz<br />

schmerzlich spürbar wird es bei manchem Vater erst dann, wenn er<br />

vor der Scheidung steht: Plötzlich wird deutlich, dass all seine beruflichen<br />

Ambitionen, alle Überstunden und Weiterbildungen, die er vermeintlich<br />

der Familie zuliebe auf sich nahm, nicht mehr gefragt sind.<br />

Und er realisiert in diesem Moment, dass ihn diese gut gemeinte<br />

Einseitigkeit völlig von der Dynamik seiner Familie entfremdet hat.<br />

Spätestens jetzt wird deutlich, dass die einseitige Fixierung auf das<br />

berufliche Fortkommen nicht trägt und das "Beziehungsgeflecht<br />

Familie" ein unersetzliches Netzwerk darstellt.<br />

168


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

<strong>Vatersein</strong> nach Trennung oder Scheidung<br />

<strong>Vatersein</strong> nach Trennung oder Scheidung<br />

Folgt man dem entwicklungspsychologischen Denkmodell der "Triangulation"<br />

(vgl. Kap.2.3,), so muss im Falle einer Trennung oder<br />

Scheidung meist noch ein zusätzlicher und höchst anspruchsvoller<br />

Schritt erfolgen. Denn mit neuen Folgebeziehungen der Eltern kommen<br />

neue Bezugspersonen ins Spiel: Der neue Partner der Mutter<br />

nimmt eine "soziale Vaterrolle" ein, oder die neue Partnerin des Vaters<br />

übernimmt eine "soziale Mutterrolle", wenn der Lebensmittelpunkt der<br />

Kinder bei diesem Elternteil ist.<br />

Nun müssen gar vier unterschiedliche Pole sich im Gespräch abstimmen<br />

und über Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten und Kompetenzen<br />

gegenüber den Kindern sich einigen. Man ist versucht, dabei von der<br />

"Quadratur des Kreises" zu sprechen. Eine sehr anspruchsvolle Aufgabe,<br />

umso mehr, als Beziehungen ja häufig gerade deshalb scheitern,<br />

weil man nicht mehr miteinander reden kann. Kommt dazu, dass bei<br />

nicht einvernehmlichen Trennungen mitunter ungewollte Gründe vorliegen,<br />

die zur Trennung führten und dass diesbezüglich noch Frustration,<br />

Bitterkeit oder Rivalitätsgefühle gegenüber dem neuen Partner/der<br />

neuen Partnerin bestehen. Verständliche Gefühle, die den hohen<br />

Kommunikationsbedarf in dieser Phase auch nicht gerade erleichtern.<br />

Fest steht: Kinder haben ein Grundbedürfnis nach verlässlichen und<br />

tragenden Beziehungen und nach Menschen, mit denen sie sich auseinandersetzen<br />

können. Kinder brauchen keine fehlerfreien oder perfekten<br />

Vorbilder, wohl aber greifbare und spürbare Wegbegleiter und<br />

Menschen, die ihnen Vertrauen entgegenbringen. Und Kinder sind<br />

sehr wohl in der Lage, zwischen verschiedenen Lebenszusammenhängen<br />

zu unterscheiden, Regeln im Hause B gleichwertig stehen zu<br />

lassen neben den Regeln im Hause A.<br />

Wenn es auf der Erwachsenenebene gelingt, eine möglichst detaillierte<br />

Absprache bezüglich Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten und<br />

Aufgaben gegenüber den Kindern zu treffen, dann können sich die meisten<br />

Kinder gut darauf einstellen bzw. damit arrangieren. Und wenn im<br />

Zuge eines solchen Prozesses gar in gegenseitigem Respekt eine einvernehmliche<br />

Lösung kreiert werden kann, dann stellt dies für die<br />

Kinder einen Gewinn dar: Nebst der biologischen Vater-/Mutterschaft<br />

kommt dann noch eine soziale Vater-/Mutterschaft hinzu.<br />

169


Es liegt eigentlich im klaren Interesse aller Beteiligten, diesen Quadrierungsprozess<br />

konstruktiv zu gestalten. Denn aus Kampfscheidungen<br />

resultiert für niemanden ein Gewinn. Und wenn die gesundheitlichen,<br />

sozialen und entwicklungspsychologischen Folgen mit eingerechnet<br />

werden, dann müsste ja auch aus gesellschaftlicher Sicht alles daran gesetzt<br />

werden, dass Trennungen konstruktiv verlaufen. Partnerschaften<br />

können getrennt werden, die gemeinsame biologische Elternschaft hingegen<br />

kann nicht aufgelöst werden. Aus dieser Erkenntnis folgt selbstverständlich,<br />

dass die gemeinsame elterliche Verantwortung gesetzlich<br />

verankert werden müsste. Und auf der Basis der gemeinsamen elterlichen<br />

Verantwortung (gemeinsame elterliche Sorge) sollte jede erdenkliche<br />

Unterstützung bereitgestellt werden für die konstruktive Bewältigung<br />

von Trennungen (Trennungsberatung, Mediation, Rollencoaching,<br />

Elternbildung etc.).<br />

Bekanntermaßen ist das derzeitige Scheidungsrecht bzw. die derzeitige<br />

Scheidungspraxis noch stark geprägt von Denkkategorien des<br />

"Rechthabens". Da werden dann Fakten und Vermutungen, Historisches<br />

und Aktuelles etc. bunt gemischt und letztlich auf Fragen der "Schuld"<br />

bzw. des "Anrechts / Rechthabens" hin zugespitzt. Solche Verläufe<br />

folgen dem Win-Loose-Prinzip; oft sind es dann die Väter, die auf die<br />

Zahlvaterfunktion hin reduziert werden und noch ein marginales<br />

Besuchsrecht zugesprochen erhalten. Wer sich in dieser Form als<br />

"Unterlegener" disqualifiziert fühlt, muss doppelte Anstrengungen<br />

erbringen, um seine Väterlichkeit ausfüllen und spüren zu können.<br />

Der "Rückzug der Väter" nach Trennungen und Scheidungen ist nicht<br />

einfach mit Desinteresse oder Verantwortungslosigkeit zu begründen.<br />

Dieser Rückzug ist zu einem schönen Teil "systembedingt". Wer sich<br />

an den Rand gedrängt fühlt, hat es viel schwerer, eine positive Identifikation<br />

aufzubauen. Deshalb und im Blick auf das Wohl und Interesse<br />

der Kinder muss alles unternommen werden, dass "Quadrierungsprozesse"<br />

nach Möglichkeit dem "Win-win-Prinzip" folgen. Das Wohl<br />

des Kindes muss im Mittelpunkt der Bemühungen stehen und die<br />

Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten und Aufgaben im Hinblick auf<br />

die weiter bestehende Elternschaft sind möglichst umfassend und<br />

detailliert zu klären. Und da diese Klärung als laufender Prozess zu<br />

verstehen ist, ist es auch unumgänglich, solche Regelungen in regelmäßigen<br />

Abständen und in Absprache mit allen Beteiligten zu überprüfen.<br />

Da könnte eine neue und äußerst hilfreiche Form der<br />

Elternberatung etabliert werden.<br />

170


5 Die Rolle der Väter 5 Die zur Rolle Sprache der Väter bringen zur Sprache bringen<br />

5.1 Grenzen der Väterlichkeit 5.1 Grenzen der Väterlichkeit<br />

Liebe<br />

Liebe<br />

Es mag aufgefallen sein, dass erstaunlich selten von der Liebe die<br />

Rede war. Weder die Liebe der Eltern zueinander, die in den meisten<br />

Fällen die Basis bildet für das keimende neue Leben des Kindes,<br />

noch die Liebe der Eltern zu ihren Kindern wurde angesprochen.<br />

Reicht es nicht einfach aus, seine Kinder zu lieben, ohne all die komplizierten<br />

Erörterungen zur Väterlichkeit Gibt es eine spezifische<br />

Vaterliebe<br />

Liebe ist eine starke und tragende Grundkraft im Leben. Und zweifellos<br />

bringen viele Väter ihren Kindern gegenüber eine sehr große<br />

Liebe <strong>zum</strong> Ausdruck. Nicht selten in indirekter Form, nämlich indem<br />

sie "aus Liebe" beträchtliche Entbehrungen auf sich nehmen. Liebe<br />

findet höchst individuellen Ausdruck, und Väter würden wohl mit ganz<br />

unterschiedlichen Stichworten die Liebe zu ihren Kindern umschreiben.<br />

So wichtig und scheinbar selbstverständlich die Liebe der Eltern<br />

zu ihren Kindern ist, so komplex und verfänglich kann dieses Phänomen<br />

auch sein. Liebe ist schwer zu fassen, und leider kommt es nicht<br />

selten vor, dass unter dem Etikett der "Liebe" Dinge geschehen, die<br />

letztlich von Überforderung, Eigennutz, Egoismus, persönlicher Eitelkeit<br />

etc. geprägt sind und die Integrität der "geliebten Person" in massiver<br />

Weise verletzen können.<br />

Der Begriff "Liebe" ist zuwenig präzise, um für derart wichtige Fragen<br />

unserer Lebensgestaltung hilfreich sein zu können. Diese Aussage<br />

muss das Phänomen "Liebe" als Grundkraft des Lebens überhaupt<br />

nicht in Frage stellen. Wir können die vorliegenden Ausführungen vielmehr<br />

als Versuch verstehen, die Liebe eines Vaters zu seinem Kind<br />

differenziert zu umschreiben. Als Annäherungen an ein hochkomplexes<br />

Gefühlsgeschehen.<br />

Initiation<br />

Initiation<br />

Wenn von Väterlichkeit und Männlichkeit die Rede ist, dann kommen<br />

wir eigentlich nicht darum herum, auch den Begriff der Initiation zu klären.<br />

Die meisten Kulturen kannten spezielle Rituale und Wege, die<br />

heranwachsenden Jungen in die Welt und Verantwortung der Männer<br />

172


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

einzuführen (zu initiieren). Die westlichen und industrialisierten<br />

Kulturen haben dieses Wissen und diese Traditionen praktisch gänzlich<br />

verloren. Ob die derzeit wahrnehmbaren massiven Verunsicherungen<br />

männlicher Jugendlicher in Bezug auf ihre gesellschaftliche<br />

Funktion und ihre Perspektiven mit der fehlenden Initiation zu begründen<br />

sind, bleibe dahingestellt. Derartige Untersuchungen und Überlegungen<br />

müssten in einer anderen Arbeit weitergeführt werden.<br />

Deutlich ist jedoch, dass die initiatorischen Aufgaben nicht nur vom<br />

leiblichen Vater wahrgenommen werden können. Es ist bedeutsam,<br />

dass der Sohn sich dafür ein neues Vorbild, einen erfahrenen Mann<br />

oder Mentor, außerhalb seiner verwandtschaftlichen Bindung sucht.<br />

Es ist durchaus möglich, dass eine solche Beziehung etwa im Kontext<br />

einer glückenden beruflichen Ausbildung entstehen kann. Wenn in<br />

dieser Beziehung auch ein tiefes Vertrauen möglich ist und nebst<br />

beruflichen auch Lebens- und Sinnfragen Platz haben, dann werden<br />

Mentor-Qualitäten wirksam. Auch Sport kann diesbezüglich ein sinnvolles<br />

Umfeld schaffen, sofern er eine einseitige Leistungsorientierung<br />

überwinden kann.<br />

5.2 Impulse für Väterrunden<br />

Konzept<br />

5.2 Impulse für Väterrunden<br />

Konzept<br />

Chancen und Bedeutung der Väterrunden sind in Kapitel 3.4 dargestellt<br />

worden. Eine wirklich offene und nutzbringende Auseinandersetzung<br />

in der Väterrunde bedarf einiger Voraussetzungen, umso<br />

mehr dann, wenn es sich um eine selbst geleitete Runde handelt, die<br />

ohne Moderation durch eine Fachperson auskommt. Das Konzept<br />

Väterrunden beschreibt in geraffter Form die minimale Basis, auf die<br />

sich die Teilnehmenden einer Väterrunde verständigen sollten.<br />

Methodische Impulse<br />

Methodische Impulse<br />

Damit die selbstgeleitete Väterrunde als wirksam erlebt werden kann,<br />

empfiehlt sich die Beachtung einer sich stets wiederholenden<br />

Gesprächsstruktur. Wenn eine entsprechende Grafik in der Mitte der<br />

Väterrunde (auf dem Boden/auf dem Tisch) ausgelegt wird, dann<br />

kann jeder der Teilnehmenden sich vergewissern, in welcher Phase<br />

das Gespräch gerade steht und mitverantwortlich eingreifen, wenn<br />

das Gespräch allzu sehr abdriften oder allzu einseitig dominiert werden<br />

sollte.<br />

173


Väterrunde<br />

Gespräch strukturieren<br />

Einstieg / Impuls<br />

Die Väterrunde funktioniert nach dem<br />

Prinzip der Selbstorganisation und Selbstverantwortung.<br />

Alle bemühen sich um<br />

- Aufmerksamkeit für Gesprächs-Struktur<br />

- Aufmerksamkeit für Gesprächs-Kultur<br />

- Einstiegs-Impulse abwechselnd gestalten<br />

Abschluss / Ergebnis sichern<br />

- Befindlichkeit nach der Väterrunde<br />

- Zufrieden mit Struktur/Verlauf des<br />

Abends<br />

- offene Themen / Ideen / Wünsche<br />

Fragen sammeln + priorisieren<br />

Organisatorisches<br />

Standortbestimmung: was bestimmt die<br />

Befindlichkeit Welche Fragen bzw.<br />

Themenwünsche wurden mitgebracht<br />

- Reihenfolge der Themen festlegen<br />

- <strong>Zeit</strong>raster festlegen<br />

- Gesprächsregeln in Erinnerung rufen<br />

Inhalte bearbeiten<br />

vgl. Kreismodell „erinnern, ermutigen,<br />

ermächtigen, erproben“<br />

Es lassen sich erfahrungsgemäss ca. 2-3<br />

Themen pro Abend bearbeiten.<br />

2-3 mal<br />

174


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Väterrunde<br />

Inhalte bearbeiten<br />

erinnern<br />

Protagonist: stellt seine Fragestellung vor,<br />

beschreibt die Sachlage, erzählt, blickt auf<br />

Erfahrungen zurück<br />

Väterrunde: hört aktiv zu / respektiert die<br />

persönlichen Sichtweisen<br />

erproben<br />

Protagonist: einen konkreten Umsetzungs-<br />

Entschluss formulieren:<br />

in welcher konkreten Situation will ich<br />

mich bei nächster Gelegenheit wie genau<br />

verhalten<br />

Welche Anregungen nehme ich mit<br />

ermutigen<br />

Väterrunde: einfühlend nachfragen, neue<br />

Blickwinkel einbringen, zu verstehen<br />

versuchen, Stärken und Ressourcen<br />

ergründen, positiv feedbacken, ermutigen<br />

Protagonist: wo nötig präzisieren, erklären<br />

/ ansonsten zuhören, sich anregen lassen<br />

ermächtigen<br />

alle: themenbezogene Erfahrungen<br />

austauschen, erprobte Strategien<br />

beschreiben, Handlungsmöglichkeiten und<br />

Szenarien entwerfen<br />

Hinsichtlich textlicher Impulse und Materialien für Väterrunden wird an<br />

dieser Stelle auf das Kapitel 6.2 verwiesen.<br />

175


5.3 Impulse für Schule 5.3 und Impulse Erwachsenenbildung<br />

für Schule und Erwachsenenbildung<br />

Im Rahmen eines Projektes für den Themenkreis Familienwerdung<br />

hat der Autor die im Anhang beigefügten Arbeitsblätter entwickelt.<br />

Ein Faktenblatt zur Bedeutung der Vaterrolle lädt ein zur detaillierten<br />

Auseinandersetzung mit dem entwicklungspsychologisch bedeutsamen<br />

Thema der Triangulation. Diese theoretischen Impulse können<br />

anhand eines Arbeitsblattes unmittelbar ins eigene Lebensfeld übersetzt<br />

werden.<br />

Ein weiteres Faktenblatt erweitert das Thema Rollenmanagement in<br />

Richtung einer Reflexion des eigenen <strong>Zeit</strong>managements. Das dazugehörige<br />

Arbeitsblatt lädt ein zur Auseinandersetzung mit den eigenen<br />

Lebensprioritäten.<br />

Fragen zu einzelnen Aspekten der Thematik sind jeweils im<br />

Faktenblatt thesenartig dargestellt. Pointierte Aussagen fordern heraus<br />

zur Diskussion (<strong>zum</strong> Beispiel in Kleingruppen) und zur<br />

Konfrontation mit eigenen diesbezüglichen Erfahrungen.<br />

176


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

6 Zum Abschluss bzw. <strong>zum</strong> Anfang<br />

6 Zum Abschluss bzw. <strong>zum</strong> Anfang<br />

Wir haben versucht, die besondere Rolle der Väter aus verschiedenen<br />

Perspektiven zu beleuchten. Diese Überlegungen erfolgten vor<br />

dem Hintergrund einer sich rasant und fundamental verändernden<br />

Gesellschaft. Die zunehmend virtualisierte, globalisierte, beschleunigte<br />

und höchstem Konkurrenzdruck ausgesetzte Arbeitswelt hat völlig<br />

neue Rahmenbedingungen geschaffen - und unter anderem den<br />

Kindern das konkret erlebbare Vatervorbild entzogen. Vater-Kind-<br />

Erlebnisse müssen sich heute und bei klassischer Rollenteilung in der<br />

Familie oft auf den Sportevent am Wochenende oder den Besuch im<br />

Freizeitpark konzentrieren. Und eine Familie mit (zwei) Kindern zu<br />

haben, droht in ausgesprochen karrierebewussten Lebensläufen zu<br />

einem weiteren Statussymbol zu verkommen.<br />

Väter geraten in einen kaum auflösbaren Vereinbarkeitsdruck zwischen<br />

Karriere und Kindern. Die Dominanz der arbeitsweltlichen Anforderungen<br />

ist offenbar riesengroß und scheinbar unhinterfragbar. Es drängt<br />

sich sogar die Frage auf, ob es angemessen wäre, von einer "Diktatur<br />

der beruflichen Bedingungen" zu sprechen. Wo liegen die Grenzen des<br />

Erträglichen bzw. des Sinnvollen Männer sind es gewohnt, in einer<br />

Mischung von Gewissenhaftigkeit und Erfolgshoffnung unermessliche<br />

Leistungen zu erbringen und dabei ihre persönlichen Grenzen (zu) weit<br />

hinauszuschieben. <strong>Vatersein</strong> ist jedoch mehr als ein Hobby, ist mehr als<br />

die Mitgliedschaft in einem Verein. Diese Rolle konfrontiert somit unweigerlich<br />

mit der Sinn-Frage und fordert zur Prioritätensetzung auf.<br />

<strong>Vatersein</strong> ist eine Lebensrolle, die neben den Anforderungen der<br />

Arbeitswelt einen ebenbürtigen Anspruch hat.<br />

Wenn Väter sich künftig für ihr <strong>Vatersein</strong> einsetzen und entschlossen<br />

ihre "<strong>Zeit</strong> <strong>zum</strong> <strong>Vatersein</strong>" einfordern - am Arbeitsplatz, gegenüber der<br />

Partnerin, im gesellschaftlichen Umfeld - dann tun sie dies zunächst<br />

einmal sich selbst zuliebe. Sie tun dies aus der Überzeugung heraus,<br />

damit eine einmalige Chance hinsichtlich ihrer ganz persönlichen<br />

Lebensqualität wahrzunehmen. Die Väterkampagne des Landes<br />

Nordrhein-Westfalen aus dem Jahr 1999 titelte mit dem folgerichtigen<br />

Slogan: "Verpass' nicht die Rolle deines Lebens!". Das einmalige<br />

Erlebnis, Kinder ins Leben hinein begleiten zu dürfen, stellt eine zwar<br />

intensive und dennoch eigentlich kurze Phase im Leben dar. Weshalb<br />

also nicht während dieser 10 - 20 Jahre die Prioritäten auf die<br />

Vaterrolle setzen und danach sich noch der beruflichen (Selbst)-<br />

Verwirklichung widmen<br />

177


Engagierte Väter sind und bleiben engagierte Mitarbeiter. Väter, die<br />

sich mit umfassendem Verantwortungsbewusstsein während der<br />

Familienphase entschlossen für ihre Kinder eingesetzt haben, haben<br />

bereits "ein gewichtiges Projekt" erfolgreich abgeschlossen. Sie sind<br />

in der Lage, mit innerer Gelassenheit und der inneren Zufriedenheit<br />

dessen, der nach bestem Wissen und Gewissen ein nachhaltiges<br />

Projekt begleitet hat, sich neuen Aufgaben zuzuwenden. Und sie werden<br />

diese neuen Aufgaben mit derselben Identifikation und Entschlossenheit,<br />

mit demselben Engagement und Verantwortungsbewusstsein,<br />

mit derselben Verlässlichkeit und Beharrlichkeit angehen.<br />

Vielleicht kommt die <strong>Zeit</strong> schon bald, da Unternehmen den oft übersteigerten<br />

"Jugendkult" relativieren und die besondere Ressource<br />

"gestandener Väter" neu entdecken werden.<br />

Väter, die sich und ihre Bedürfnisse ernst nehmen, ohne sich gleich<br />

als "Nabel der Welt" zu sehen, die sich der Diskussion und den familiären<br />

Verhandlungsprozessen stellen, ohne stets "Recht behalten zu<br />

müssen", beteiligen sich offen und kooperativ an der gemeinsamen<br />

Suche nach einem lebenswerten Leben für alle.<br />

Den Gleichstellungsbemühungen ist es zu verdanken, dass Väter und<br />

Männer sich nun aus den einseitigen Rollenzuschreibungen als<br />

Erzeuger und Ernährer befreien dürfen.<br />

Die Verantwortung für das Existenzeinkommen der Familie kann<br />

geteilt werden. Wenn Väter sich vermehrt und mit zeitlich relevanten<br />

Anteilen in der Haus- und Familienarbeit einbringen, dann sichern sie<br />

sich mittelbar auch einen Anteil an der inner- und ausserfamiliären<br />

Beziehungsarbeit - was spätestens im Falle einer Trennung/<br />

Scheidung sehr wirksam <strong>zum</strong> Tragen kommen kann. "Ausgleichende<br />

Gerechtigkeit" im wahrsten Sinne des Wortes wird hier wirksam.<br />

Und schließlich darf nochmals darauf hingewiesen werden, dass eine<br />

derartige Haltung nicht etwa als "selbstsüchtig" oder "faul" diskreditiert<br />

werden darf: Väter, die auf diese Art neue Rollenbilder entwerfen,<br />

nehmen eine bedeutende Vorbildrolle wahr und leisten einen wichtigen<br />

Beitrag für die Lebensbedingungen einer künftigen Generation<br />

von Vätern auf dem Weg zu einer menschlicheren Gesellschaft.<br />

178


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

6.1 Persönlich<br />

6.1 Persönlich<br />

Meine persönlichen Vater-Erfahrungen: Aufgewachsen bin ich als<br />

Ältester von vier Kindern in einer Handwerker-Familie. Die<br />

Lebenswelt meines Vaters bestand aus Erwerbsarbeit in der Fabrik,<br />

aus Unterhaltsarbeiten an Haus und Garten, aus Arbeiten in der eigenen<br />

Werkstatt (Möbel, Reparaturen etc. für den Eigengebrauch) und<br />

in geringem Maß aus Weiterbildung. Ich erlebte meinen Vater als sehr<br />

arbeitsamen "Familienmenschen", geprägt von einem großen<br />

Verantwortungsgefühl und Pflichtbewusstsein, dem er jedoch notgedrungen<br />

meistens durch außerfamiliäre Arbeit nachkommen musste.<br />

Er war nur in sehr begrenztem Maß in Vereinen und öffentlichem<br />

Leben engagiert und pflegte kaum Kontakte und Freundschaften, die<br />

ganz dem eigenen Wohlbefinden gewidmet waren.<br />

So bestehen meine besonderen Vater-Erinnerungen <strong>zum</strong> Beispiel<br />

darin, dass wir Kinder zusammen mit dem Vater ein riesiges<br />

Neocolor-Wandgemälde an die Zimmerwand malen durften, bevor<br />

diese im Zuge einer Renovierung mit einer Täfer-Verkleidung versehen<br />

wurde. Dass er mir als Primarschüler zutraute, im Garten den<br />

alten Zwetschgenbaum zu fällen. Eine Sonntagswanderung ganz<br />

allein mit meinem Vater; oder etwa eine mehrtägige Wanderung im<br />

Nationalpark allein mit meinem Vater.<br />

Meine dunklen Vater-Erinnerungen bestehen aus einem jahrelangen<br />

Abgrenzungskampf. Es war ein manchmal verzweifelter Kampf gegen<br />

das "Zurechtgebogenwerden" und eine dringend notwendige Abgrenzung<br />

gegenüber seinem rigiden Wertesystem. Sein Selbständigkeitsbegriff<br />

lautete: "Mach bitte endlich das, was ich für richtig halte,<br />

ohne dass ich es Dir ständig sagen muss". Dieses Abgrenzen gipfelte<br />

in einigen Ausbrüchen, in denen er mir auch mal die Türe wies und mich<br />

"verwünschte". Das war ein Stachel, der tief ging. Heute erkenne ich,<br />

dass mein Vater oft überfordert war mit der Herkules-Aufgabe, den vermeintlichen<br />

Erwartungen der Gesellschaft gerecht zu werden, "wohlgeratene"<br />

Kinder heranzuziehen, das Diktat der moralisch-religiösen<br />

Regeln zu beachten, die Erwartungen und Forderungen seiner Frau zu<br />

erfüllen und überdies den beruflichen Leistungsanforderungen nachzukommen,<br />

damit die Existenz seiner Familie gesichert war. Gemessen<br />

an den nicht einfachen Rahmenbedingungen eine bewundernswerte<br />

Leistung. Wenn ich mich über etwas beklagen wollte, dann darüber,<br />

dass er sich nicht stärker durchgesetzt und für seine eigenen<br />

Belastungsgrenzen eingesetzt hat. Eine akzentuierte und selbstbe-<br />

179


wusstere Haltung als Mann hätte eine zuweilen "überbordende"<br />

Mütterlichkeit relativieren können.<br />

Meine Vater-Wünsche: Ich wünschte mir, dass ein Vater als<br />

Mutmacher wirkt, dass er als ruhender Pol und als "Mensch mit<br />

Erfahrungsvorsprung" gelassen dastehen kann, dass er den Kindern<br />

Raum <strong>zum</strong> Ausprobieren lässt.<br />

In meinem 43. Lebensjahr unternahm ich zusammen mit meinem<br />

damals 74 Jahre alten Vater eine gemeinsame Reise nach Marrokko.<br />

Ein gemeinsames Wagnis, ein gegenseitiges Sich-Einlassen, eine<br />

mehrfache Grenzerfahrung, aber auch ein versöhnendes gemeinsames<br />

Erlebnis. Ein spätes Geschenk an uns beide.<br />

In meiner eigenen Vaterrolle darf ich jetzt erleben, dass <strong>Vatersein</strong> sehr<br />

viel Spass machen und Erfüllung vermitteln kann: junge Menschen auf<br />

ihrem Lebensweg begleiten, mit ihnen exklusive Erlebnisse teilen, in<br />

gegenseitigem Respekt über Lebensfragen diskutieren, neue<br />

Sichtweisen entdecken, ein Stück gemeinsame Geschichte schreiben,<br />

miteinander streiten, mich herausfordern lassen und Dinge tun, die ich<br />

mir selbst bisher nicht zugetraut hätte. Voneinander lernen - meinen<br />

Horizont erweitern, mich überflügeln lassen, ohne neidisch zu werden.<br />

Unsere Familien-Geschichte gründet auf der sehr einschneidenden,<br />

zunächst schmerzhaften und dann bereichernden Erfahrung mit unserer<br />

ersten Tochter Maria. Als Hausgeburt 1983 geboren verstarb sie im<br />

Alter von 2 ½ Jahren durch einen Unfall. Dass das Leben danach doch<br />

weiterging und mit der Geburt von Franziska und Lukas neue und äusserst<br />

lebenswerte Dimensionen erfuhr, betrachte ich als Geschenk.<br />

Ich danke Maria, Franziska und Lukas für die gemeinsamen<br />

Erfahrungen und Entdeckungen, für die gemeinsam durchgestandenen<br />

"Mühen" und die gemeinsam erlebten Freuden. Ich danke meiner<br />

Frau Renata für die mittlerweile 25-jährige Treue im "Projektteam"<br />

unserer Familie, für die große Toleranz und Geduld im alltäglichen Auf<br />

und Ab, für ihre Aufmerksamkeit für den Augenblick, für die zuweilen<br />

erforderliche Bereitschaft <strong>zum</strong> Durchhalten und für die zahlreichen<br />

gemeinsam geteilten Momente des Glücks.<br />

Und ich danke meinen Eltern, dass sie mit ihrem engagierten und verlässlichen<br />

Verständnis von <strong>Vatersein</strong> bzw. Muttersein den Grundstein<br />

gelegt hatten für mein Leben, meine Erlebensmöglichkeiten und für<br />

diese vorliegende Auseinandersetzung mit dem <strong>Vatersein</strong>.<br />

180


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

6.2 Materialien zur Väterthematik<br />

6.2 Materialien zur Väterthematik<br />

Nimm dir <strong>Zeit</strong> <strong>zum</strong> Arbeiten - es ist der Preis des Erfolges.<br />

Nimm dir <strong>Zeit</strong> <strong>zum</strong> Denken - es ist die Quelle der Kraft.<br />

Nimm dir <strong>Zeit</strong> <strong>zum</strong> Spielen - es ist das Geheimnis ewiger Jugend.<br />

Nimm dir <strong>Zeit</strong> <strong>zum</strong> Lesen - es ist der Brunnen der Weisheit.<br />

Nimm dir <strong>Zeit</strong> <strong>zum</strong> Träumen - es bringt dich den Sternen näher.<br />

Nimm dir <strong>Zeit</strong> dich umzuschauen - der Tag ist zu kurz, um selbstsüchtig<br />

zu sein.<br />

Nimm dir <strong>Zeit</strong> <strong>zum</strong> Lachen - es ist die Musik der Seele.<br />

Nimm dir <strong>Zeit</strong> freundlich zu sein - es ist der Weg <strong>zum</strong> Glück.<br />

Nimm dir <strong>Zeit</strong> zu lieben und geliebt zu werden - es ist der wahre<br />

Reichtum des Lebens.<br />

Nimm dir <strong>Zeit</strong> <strong>zum</strong> Vater sein - es vereint viele Lebensfacetten und<br />

lehrt dich, Ausgleich zu schaffen.<br />

(Multhaupt, Hermann: Möge der Wind immer in deinem Rücken sein<br />

- alte irische Segenswünsche, Aachen 1995. Letzte Zeile: freie<br />

Ergänzung des Autors)<br />

Männlichkeit I<br />

Männlichkeit I<br />

je weniger Schlaf ich benötige,<br />

je mehr Schmerzen ich ertragen kann,<br />

je mehr Alkohol ich vertrage,<br />

je weniger ich mich darum kümmere, was ich esse,<br />

je weniger ich jemanden um Hilfe bitte und von jemandem abhängig bin,<br />

je mehr ich meine Gefühle kontrolliere und unterdrücke,<br />

je weniger ich auf meinen Körper achte, desto männlicher bin ich.<br />

(Herb Goldberg)<br />

Männlichkeit II<br />

Männlichkeit II<br />

Männer werden von Frauen geboren.<br />

Männer müssen Männer werden.<br />

Mütter können Söhne nicht zu Männern machen, weil sie Frauen sind.<br />

Männer sind deshalb gezwungen, sich als Heranwachsende von den<br />

Frauen abzuwenden und dergestalt eine eigene Identität zu erwerben.<br />

Männer müssen lernen, wer sie sind und was sie wollen, ohne sich<br />

auf die Wünsche und Hoffnungen der Frauen zu beziehen. Sonst können<br />

sie innerlich keine Männer werden.<br />

181


Nur in sich souveräne Männer können dann ohne Angst und ohne<br />

Herrschaftsgelüste wieder auf Frauen zugehen und demokratisch mit<br />

ihnen leben.<br />

Männlichkeit III<br />

Männlichkeit III<br />

Wir Männer müssen uns für eine neue gesellschaftliche Arbeitsteilung<br />

einsetzen, in der wir Pflichten in der Hausarbeit, in der Kindererziehung<br />

und in der Fürsorge gegenüber unseren Frauen mitverantwortlich<br />

übernehmen.<br />

Wir Männer müssen lernen, gegen schlagende, hetzende und frauenfeindliche<br />

Geschlechtsgenossen Stellung zu beziehen.<br />

Wir Männer haben die historische Pflicht, uns für ein demokratisches<br />

Arrangement der Geschlechter in Politik, Wirtschaft und Kultur einzusetzen.<br />

Dabei müssen wir bereit sein, angestammte Positionen zu teilen.<br />

(Walter Hollstein, Potent werden - das Handbuch für Männer, Huber<br />

Verlag, Bern 2001, S.366)<br />

WENN<br />

WENN<br />

Ich mein leben noch einmal leben dürfte, würde ich viel mehr Fehler<br />

machen.<br />

Ich würde entspannen.<br />

Ich würde viel verrückter sein als in diesem Leben.<br />

Ich wüsste nur wenige Dinge, die ich wirklich sehr ernst nehmen würde.<br />

Ich würde mehr Risiko eingehen.<br />

Ich würde mehr reisen.<br />

Ich würde mehr Berge besteigen, mehr Flüsse durchschwimmen<br />

Und mehr Sonnenuntergänge betrachten.<br />

Ich würde mehr Eis und weniger Salat essen.<br />

Ich hätte mehr echte Probleme und weniger eingebildete.<br />

Sehen Sie, ich bin einer dieser Menschen,<br />

die immer vorausschauend und vernünftig leben,<br />

Stunde um Stunde, Tag für Tag.<br />

O ja, es gab schöne Momente,<br />

und wenn ich noch einmal leben dürfte, hätte ich mehr davon.<br />

Ich würde eigentlich nur noch welche haben.<br />

Nur schöne, einen nach dem anderen.<br />

182


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Wenn ich mein Leben noch einmal leben dürfte,<br />

würde ich bei den ersten Frühlingsstrahlen barfuß gehen<br />

und vor dem Spätherbst nicht damit aufhören.<br />

Ich würde vieles einfach schwänzen.<br />

Ich würde mehr Achterbahn fahren.<br />

Ich würde öfter in der Sonne liegen.<br />

(Aus: Harley Davidson, manager magazin 6/98. Zitiert in Lothar<br />

Seiwert, Wenn Du es eilig hast gehe langsam, Campus 3/1999)<br />

Parabel "Der Dombau"<br />

Parabel "Der Dombau"<br />

Drei Bauarbeiter waren dabei, Steine zu behauen, als ein Fremder zu<br />

ihnen trat und den ersten Arbeiter fragte: "Was tun Sie da" "Sehen<br />

Sie das denn nicht" meinte der und sah nicht einmal auf. "Ich behaue<br />

Steine." "Und was tun Sie da" fragte der Fremde den zweiten.<br />

Seufzend antwortete der: "Ich muss Geld verdienen, um für meine<br />

Familie Brot zu beschaffen. Meine Familie ist groß." Der Fremde fragte<br />

auch einen dritten: "Was tun Sie da" Dieser blickte hinauf in die<br />

Höhe und antwortete leise und stolz: "Ich baue einen Dom!"<br />

(Quelle unbekannt)<br />

Zitate<br />

Zitate<br />

"Wenn Du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht Männer zusammen,<br />

um Holz zu beschaffen, Werkzeuge vorzubereiten, Aufgaben zu<br />

vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die<br />

Sehnsucht nach dem weiten endlosen Meer."<br />

(Antoine de Saint Exupéry)<br />

Um ein Kind ins Leben zu begleiten, braucht es ein ganzes Dorf.<br />

(Afrikanisches Sprichwort)<br />

"Welch Glück sondergleichen, ein Mannsbild zu sein."<br />

(Johann Wolfgang von Goethe, Egmont)<br />

"Was sind wir Männer doch für'n lustiger Verein." (Heinz Rühmann)<br />

"Ein Mann zu sein, heißt - genau genommen - verantwortlich zu sein."<br />

(Antoine de Saint Exupéry)<br />

183


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

"Was aber stimmt und was ich schlimmer finde - was dich anbelangt<br />

- ist, dass du dich selbst für selbstverständlich hältst."<br />

(Richard Ford, "Der Frauenheld")<br />

"Behandle die Menschen so, als wären sie, was sie sein sollten, und<br />

du hilfst ihnen zu werden, was sie sein könnten."<br />

(Johann Wolfgang von Goethe)<br />

"Ich habe kein Vaterland - weil mein Vater kein Land hat."<br />

(Werner Schneyder)<br />

"Ein Kind zu erziehen ist leicht. Schwer ist zuweilen nur, das Ergebnis<br />

zu lieben." (Werner Schneyder, Gelächter vor dem Aus)<br />

"Ich wünsche, dass mein Sohn erfährt, dass grüne Gräser schneiden<br />

können, dass hoch im Baum kein Mensch erklärt, wie wir den Absturz<br />

meiden können.<br />

Ich wünsche, dass er Äpfel stiehlt, bevor wir sie als Nachtisch nehmen,<br />

ich will, dass er auf Amseln zielt, um sich nach Treffern selbst zu<br />

schämen.<br />

Ich wünsche, seine kleinen Tritte im Sand, im Schlamm, im Schnee zu<br />

sehen. Wie lächerlich klingt meine Bitte, nicht durch das große Beet<br />

zu gehen."<br />

(Werner Schneyder, Gelächter vor dem Aus)<br />

"Um sich selbst in der Hand haben zu können, muss man sich sehr<br />

klein machen." (Werner Schneyder)<br />

"Glaube an deine Grenzen, und du wirst zweifellos recht behalten."<br />

(Richard Bach, Autor von "Die Möwe Jonathan")<br />

"Würdest Du mir sagen, wie ich von hier aus weitergehen soll" "Das<br />

hängt <strong>zum</strong> größten Teil davon ab, wohin du möchtest" sagte die<br />

Katze. "Ach, wohin ist mir eigentlich gleich ..." sagte Alice. "Dann ist<br />

es auch egal, wie du weitergehst", sagte die Katze.<br />

(Lewis Carroll, Alice im Wunderland)<br />

"Leben Sie jetzt die Fragen. Vielleicht leben Sie dann allmählich, ohne<br />

es zu merken, eines fernen Tages in die Antwort hinein."<br />

(Rainer Maria Rilke, Briefe an einen jungen Dichter)<br />

185


"Gehen heißt also, auf etwas sinnen, nach dem Sinn fragen, nach<br />

dem Ziel suchen. Wer sich auf den Weg macht, fragt nach dem Sinn<br />

des Lebens."<br />

(Anselm Grün)<br />

"Männer die behaupten, sie seien die Herren im Haus, lügen auch bei<br />

anderen Gelegenheiten."<br />

(Mark Twain)<br />

"Als ich 14 Jahre alt war, war mein Vater für mich so dumm, dass ich<br />

ihn kaum ertragen konnte. Aber als ich 21 wurde, war ich doch<br />

erstaunt, wieviel der alte Mann in sieben Jahren hinzu gelernt hatte."<br />

(Mark Twain, amerikan. Erzähler, 1835-1910)<br />

6.3 Bildkonzept<br />

6.3 Bildkonzept<br />

Alle Fotos von<br />

Hans Schlemper, Dr. phil. (Erziehungswissenschaft)<br />

Mainau-Straße 4, D-78464 Konstanz<br />

e-mail: hans.schlemper@gmx.de.<br />

Hans Schlemper ist Vater von vier Kindern, das jüngste ist fünf Jahre<br />

alt. Die Entstehung der Fotos beruht auf einer Bitte der Volkshochschule<br />

Konstanz und ihres Leiters, Dr. Lothar Stetz, um Bildmaterial<br />

für eine Begleitaustellung <strong>zum</strong> Themenkomplex "Väter-Bilder" (im<br />

Rahmen des "Konstanzer Väter-Winters" 2004/2005, eine<br />

Veranstaltung der VHS und des Fachbereichs Psychologie der<br />

Universität Konstanz).<br />

Laut Flyer der VHS wollen die Fotos "die sichtbaren Momente des<br />

Vater-'Bildes' in verschiedenen Situationen einfangen und spannungsreich<br />

präsentieren." Die Fotos entstanden mehrheitlich während<br />

des Sommers 2004 in Paris, einige in Freiburg/Brsg sowie an einer<br />

Fasnacht-Veranstaltung in Konstanz.<br />

Die meisten Aufnahmen wurden mit einem 35 mm Objektiv gemacht,<br />

einmal, um den situativen Kontext einzufangen, <strong>zum</strong> andern aber<br />

auch um zu vermeiden, daß die motivisch Gemeinten sich anvisiert<br />

und 'angeschossen' fühlten.<br />

186


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Literatur<br />

Literatur<br />

Arn, Christof<br />

HausArbeitsEthik ; Strukturelle Probleme und Handlungsmöglichkeiten<br />

rund um die Haus- und Familienarbeit in sozialethischer<br />

Perspektive, Chur/Zürich: Verlag Rüegger, 2000<br />

Ballnik, Peter; Martinetz, Elisabeth; Garbani Ballnik, Ornella<br />

Positive Väterlichkeit und männliche Identität, Lebenswelten Vater–<br />

Kind; Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und<br />

Konsumentenschutz, Wien 2005<br />

Bauer, Joachim<br />

Warum ich fühle, was du fühlst, Intuitive Kommunikation und das<br />

Geheimnis der Spiegelneurone, Hoffmann und Campe, Hamburg,<br />

2005<br />

Biddulph, Steve<br />

Männer auf der Suche – sieben Schritte zur Befreiung, Heyne<br />

Verlag 2003<br />

Ein immer noch ausgezeichneter und umfassender Zugang zu den<br />

Themenkreisen rund um eine zeitgemässe männliche Identität und<br />

Rollendefinition.<br />

Biegert Hans<br />

Auf das Vorbild kommt es an – eine Einführung in die Neurobiologie<br />

des Lernens, in:<br />

http://www.familienhandbuch.de/cmain/f_Fachbeitrag/a_Kindheitsforschung/s_1527.html<br />

(Stand 12.Nov 2007)<br />

Bly, Robert<br />

Eisenhans – ein Buch über Männer, Kindler Verlag, München 1991<br />

Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und<br />

Konsumentenschutz, Männerpolitische Grundsatzabteilung, Österreich<br />

Väter heute – haben Zukunft: Stationen des <strong>Vatersein</strong>s , DVD, 2006<br />

“Die hervorragend aufgebaute DVD führt an die verschiedenen<br />

Dimensionen und Themen des <strong>Vatersein</strong>s heran; Gespräche und<br />

Dialoge ermöglichen einen unmittelbaren Bezug <strong>zum</strong> eigenen<br />

Erleben; Kommentare von Fachpersonen vertiefen die Thematik.“<br />

187


Bürgisser, Margret<br />

Egalitäre Rollenteilung – Erfahrungen und Entwicklungen im<br />

<strong>Zeit</strong>verlauf.<br />

Verlag Rüegger, Zürich/Chur 2006<br />

Bürgisser, Margret / Baumgarten, Diana<br />

Kinder in unterschiedlichen Familienformen. Wie lebt es sich im<br />

egalitären, wie im traditionellen Modell, Chur/Zürich 2006<br />

Fäh, Markus<br />

Der perfekte Mann,<br />

Zytglogge-Verlag, Bern 2004<br />

Fthenakis, Wassilios E.<br />

Facetten der Vaterschaft. Perspektiven einer innovativen<br />

Väterpolitik. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und<br />

Jugend (Hrsg.), Berlin 2006<br />

(kostenfreier pdf-Download unter<br />

http://www.bmfsfj.de/Kategorien/Forschungsnetz/forschungsberichte,did=70116.html<br />

)<br />

Guggenbühl, Allan; Müller-Comichau,Wolfgang<br />

Männer und emotionale Kompetenz, Bundesministerium für soziale<br />

Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz, Wien 2005<br />

Hofer, Markus<br />

Kinder brauchen Väter – Söhne und Töchter über ihre Väter, Topos<br />

Verlag, 2001<br />

“Aussagen von Schülerinnen und Schülern – subtil zusammengestellt<br />

– zeichnen ein authentisches Bild dessen, wie Kinder sich ihre<br />

Väter wünschen. Darauf aufbauend erschliesst der Autor die<br />

Bedeutung der Väter auf eindrückliche Weise.“<br />

Hollstein, Walter<br />

Potent werden – das Handbuch für Männer, Huber Verlag Bern<br />

2001,<br />

von Klitzing, Kai<br />

Vater-Mutter-Säugling, in: Heinz Walter (Hrsg), Männer als Väter,<br />

Psychosozial-Verlag, Giessen 2002<br />

188


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Le Camus, Jean<br />

Väter – Die Bedeutung des Vaters für die psychische Entwicklung<br />

des Kindes, Beltz Verlag, 2001<br />

“Eine auf entwicklungspsychologischen Studien basierende<br />

Darlegung der Bedeutung der Väter. Wissenschaftlich fundiert,<br />

erhellend ... dafür etwas weniger umsetzungs- und praxisorientiert.“<br />

Le Camus, Jean<br />

<strong>Vatersein</strong> heute – für eine neue Vaterrolle, Beltz Verlag, 2006<br />

Lenzen, Dieter<br />

Transformationen des Vaters – zur Geschichte des Vaterkonzeptes<br />

in Europa.<br />

in: Heinrich-Böll-Stiftung (Hrsg.); Vater werden, Vater sein, Vater<br />

bleiben – psychosoziale, rechtliche und politische<br />

Rahmenbedingungen, Berlin 2002<br />

Linton, Bruce<br />

Finding time for fatherhood – men’s concerns as parents, 1998,<br />

www.fathersforum.com<br />

Onken, Julia<br />

Vatermänner. Ein Bericht über die Vater-Tochter-Beziehung und<br />

ihren Einfluss auf die Partnerschaft, Beck’sche Reihe, 1997<br />

Petri, Horst<br />

Das Drama der Vaterentbehrung. Chaos der Gefühle – Kräfte der<br />

Heilung, Herder Freiburg 1999<br />

Popp, Christoph<br />

“… in zweiter Linie Tagesstrukturen“, in: Mitteilungsblatt der<br />

Frauenzentrale St.Gallen, St.Gallen 1/2006<br />

Popp, Christoph<br />

“Väter, mischt euch ein!“, in: Männerzeitung 4/2006, „Mann wird<br />

Vater“, S.20/21, www.maennerzeitung.ch<br />

Richter, Robert; Schäfer, Eberhard<br />

Das Papa-Handbuch. Alles was Sie wissen müssen zu<br />

Schwangerschaft, Geburt und dem ersten Jahr zu dritt. Gräfe und<br />

Unzer. 2005<br />

189


“Ein umfassender Ratgeber und Mutmacher für werdende und<br />

frischgebackene Väter. Viele konkrete Hinweise, Zeichnungen und<br />

Tipps helfen, die neue Rolle zu reflektieren und ermutigen zur<br />

eigenständigen und intensiven Hinwendung <strong>zum</strong> Kind.“<br />

Rohner-Dobler, Felix<br />

Familien brauchen Väter - Ermutigungen und Rituale, Kösel Verlag<br />

2006<br />

“Der Autor geht von der besonderen Kraft und Zärtlichkeit der Väter<br />

aus und betont deren Einzigartigkeit. Das Buch liefert unzählige<br />

praktische Ideen und Tipps, wie der Alltag mit Kindern – in jeder<br />

Lebensphase – feinfühlig, begeisternd und kreativ gestaltet werden<br />

kann ...aus der eigenen Ressource heraus.“<br />

Schlenz, Kester<br />

Mensch PAPA! Vater werden – das letzte Abenteuer. Ein Mann<br />

erzählt.<br />

Goldmann Verlag München, 1996<br />

“süffige und erholsame Lektüre für den Nachttisch – weckt auch<br />

müde Lebensgeister“<br />

Schnabel, Michael<br />

Alltagsrituale in Familien – Oasen der Zuneigung und Geborgenheit,<br />

in:<br />

http://www.familienhandbuch.de/cmain/f_Fachbeitrag/a_Erziehungsbereiche/s_1945.html<br />

(Stand 12.Nov 2007)<br />

Schneyder, Werner<br />

Gelächter vor dem Aus – die besten Aphorismen und Epigramme,<br />

Kindler Verlag, München 1980<br />

Schon, Lothar<br />

Vater und Sohn. Entwicklungspsychologische Betrachtungen der<br />

ersten Jahre, in: Walter, Heinz (Hrsg), Männer als Väter, Giessen<br />

2002, S. 490f<br />

Seiwert, Lothar J.<br />

Wenn Du es eilig hast, gehe langsam. Das neue <strong>Zeit</strong>management<br />

in einer beschleunigten Welt. Sieben Schritte zur <strong>Zeit</strong>souveränität<br />

und Effektivität. Campus Verlag Frankfurt 1999<br />

190


ZEIT ZUM VATERSEIN<br />

Walter, Heinz (Hrsg)<br />

Männer als Väter. Sozialwissenschaftliche Theorie und Empirie,<br />

Psychosozial-Verlag Giessen 2002<br />

Winter, Reinhard<br />

Von der Fülle des <strong>Vatersein</strong>s – Ableitung Variablenmodell <strong>zum</strong><br />

Thema <strong>Vatersein</strong>, Tübingen 2004 / kostenfreier pdf-Download:<br />

http://www.radix.ch/d/data/data_60.pdf)<br />

Links<br />

www.fathersdirect.com<br />

www.fathersforum.com/readingroom.html<br />

Elektronische und englische Fassung des Buches des amerikanischen<br />

Familientherapeuten Dr. Bruce Linton, Finding Time for<br />

Fatherhood, (1998) über die Dimensionen der Vaterrolle.<br />

www.familienhandbuch.de<br />

Ein unerschöpfliches Online-Kompendium zur ganzen Themenbreite<br />

der Familiengestaltung, Familienberatung und Familienpolitik,<br />

betreut vom Institut des renommierten Väterforschers<br />

Dr. Wassilios E. Fthenakis.<br />

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Anhang Arbeitsblätter


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Impressum<br />

Eigentümer, Herausgeber und Verleger:<br />

Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz<br />

Männerpolitische Grundsatzabteilung (Sektion V, Abteilung 5)<br />

1010 Wien, Stubenring 1<br />

Layout:<br />

Umschlagentwurf und Layout: Günter Jexenflicker, BMSK<br />

Druck:<br />

Druckerei Berger, Horn; BMSK<br />

ISBN<br />

978-3-200-01125-0<br />

Verlagsort, Herstellungsort:<br />

Wien<br />

Erscheinungsjahr:<br />

Juni 2008<br />

Diese Publikation kann beim BMSK-Bestellservice unter 0800-20 20 74 oder<br />

https://broschuerenservice.bmsk.gv.at bezogen werden.<br />

Alle Rechte vorbehalten. Jede Verwertung (auch auszugsweise) ist ohne schriftliche<br />

Zustimmung des Medieninhabers unzulässig. Dies gilt insbesondere für jede Art der<br />

Vervielfältigung, der Übersetzung, der Mikroverfilmung, der Wiedergabe in Fernsehen und<br />

Hörfunk, sowie der Verarbeitung und Einspeicherung in elektronische Medien, wie z.B.<br />

Internet oder CD-Rom.<br />

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