aktuelle Lage und neuere Entwicklungen in der Bildungspolitik

Zur Situation von lebensweltlich mehrsprachigen SchülerInnen 17
wahrgenommen wird und sich der Fokus des Interesses nicht ausschließlich auf
bestimmte Gruppen (etwa Migrantenkinder) richtet.
Um LehrerInnen bei der Planung nachhaltiger interkultureller Unterrichtsaktivitäten
zu unterstützen, wurde seitens des BM für Unterricht, Kunst und
Kultur die Aktion „Interkulturalität und Mehrsprachigkeit – eine Chance!“ 12 ins
Leben gerufen, die seit dem Schuljahr 2006/07 mit großem Erfolg läuft, wie die
Ergebnisse einer Begleitforschung (Interkulturalität und Mehrsprachigkeit – eine
Chance! Eine Untersuchung von Schulprojekten. Wien 2011) sowie die anhaltend
starke Beteiligung an der Schulaktion und an der Fortbildungsreihe „Interkulturalität
und Mehrsprachigkeit in der schulischen Praxis“ zeigen.
5 „Der Habitus der Schule ist immer noch monolingual“ 13
Die Tatsache, dass Österreich, vor allem auf Grund der Zuwanderung, ein mehrsprachiges
Land (geworden) ist, lässt sich nicht mehr leugnen. Die Interpretation
der Bevölkerungs- wie der Schulstatistik lässt keinen anderen Schluss zu.
Anstatt jedoch die real vorhandene Mehrsprachigkeit in unserem Land als
Ressource zu begreifen (ohne die Sinnhaftigkeit einer angemessenen Deutschkompetenz
in Abrede zu stellen), hat in den letzten Jahren eine beispiellose
Germanisierungsoffensive eingesetzt, die in der gesetzlich verankerten
Forderung an Drittstaatsangehörige, bereits vor Zuzug Deutschkenntnisse nachzuweisen,
gipfelt (vgl. Fremdenrechtsänderungsgesetz / FrÄG 2011, Artikel 1:
Änderung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes, § 21a Abs. 1.)
„Deutschkenntnisse“, so tönt es allenthalben, „sind schließlich der Schlüssel
zu erfolgreicher Integration“ 14 . Tatsächlich verhält es sich genau umgekehrt,
denn nur wer „integriert“ ist, sprich: wer von einer Gemeinschaft angenommen
wird, kann sich angstfrei und neugierig auf den Erwerb der neuen Sprache einlassen.
Das gilt für Erwachsene ebenso wie für Kinder und Jugendliche.
Dieser Einsicht zum Trotz können sich die einseitige Überbetonung des
Deutschen und die damit einhergehende fast pathologische Abwehr anderer
Sprachen auf einen breiten Konsens in Politik und Gesellschaft berufen, der
seine Spuren auch im gesellschaftlichen Subsystem Schule hinterlässt, obwohl
sich dieses grundsätzlich der Mehrsprachigkeit verpflichtet fühlt (vgl. z. B.
Regierungsprogramm 2008, S. 194f.) und zahlreiche positive Ansätze vorweisen
kann.
12 vgl. www.projekte-interkulturell.at, Zugriff 06.09.2012.
13 vgl. Gogolin 1993.
14 Bezahlte Anzeige des BM für Inneres. (In: biber, Sommer 2011: 85)