15.11.2012 Aufrufe

Designwissenschaft und Designforschung: Ein einführender Überblick

Designwissenschaft und Designforschung: Ein einführender Überblick

Designwissenschaft und Designforschung: Ein einführender Überblick

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Issues � <strong>Designforschung</strong> � Ansätze in der <strong>Designforschung</strong><br />

reren Forschungsansätzen unterschieden werden.<br />

Mit Ansätzen sind hier unterschiedliche methodische <strong>und</strong><br />

theoretische Realisationsformen von bzw. Zugänge zu<br />

Forschung gemeint. Oftmals sind bestimmte Ansätze auch<br />

an bestimmte Methoden geb<strong>und</strong>en. (� Methoden in<br />

Design <strong>und</strong> Designresearch) Für die Diskussion um die<br />

verschiedenen Ansätze in der <strong>Designforschung</strong> ist von über-<br />

geordneter Bedeutung, dass Design in der Regel keine<br />

eigenständige universitäre Disziplin ist, wie etwa Kunstgeschichte<br />

oder die Ingenieurswissenschaften. Viele<br />

Forschungsarbeiten, die sich mit einer Designfragestellung<br />

beschäftigen, tun dies aus der Perspektive einer anderen<br />

Disziplin heraus. (� <strong>Designforschung</strong> <strong>und</strong> wissenschaftliche<br />

Forschung) Neuere Strömungen in der <strong>Designforschung</strong><br />

wollen diesen Mangel beheben, indem sie zum einen Design<br />

als eigenständige wissenschaftliche Disziplin etablieren<br />

wollen. Zum anderen indem sie nach Forschungsansätzen<br />

<strong>und</strong> -methoden suchen, die für das Design einzigartig sind.<br />

Diese Forschungsansätze fokussieren meistens auf die Praxis<br />

des Design. Sie gehen vereinfacht gesagt davon aus, dass<br />

mit <strong>und</strong> durch die praktische Tätigkeit im Design Wissen<br />

generiert werden kann, das sowohl für das Design selbst,<br />

als auch für andere Disziplinen wertvoll sein kann. Zur<br />

Verdeutlichung: Am Royal College of Art können Doktoranden<br />

im Design auswählen, ob sie ihre Forschungsarbeiten<br />

als thesis oder by project machen wollen. Während ersteres<br />

eine wissenschaftliche Theoriearbeit im bekannten Sinne<br />

ist <strong>und</strong> in Form eines Textes (Publikation) daherkommt, ist<br />

beim zweiten Ansatz das Kernstück der Forschungsarbeit<br />

ein praktisches Designprojekt, das nur von einem kurzen<br />

theoretischen Text begleitet wird. Bei letztgenanntem<br />

Ansatz wird also davon ausgegangen, dass Designer mittels<br />

praktischem Tun neues Wissen erzeugen können. Dieser<br />

Ansatz ist zwar nicht neu (auch in den Ingenieurswissenschaften<br />

o.ä. können praktische Projekte Teil der Forschung<br />

sein), nichts desto weniger ist er umstritten. Oftmals ist unklar,<br />

welchen Kriterien solche Forschungsarbeiten genügen<br />

sollen; wie also ein Designobjekt oder ein Designprozess<br />

anhand von wissenschaftlichen Kriterien bewertet werden<br />

kann. Darüber hinaus wird vielfach die Meinung vertreten,<br />

dass Doktorate traditionellerweise nicht für eine herausragende<br />

praktische, sondern für eine herausragende theoretische<br />

Auseinandersetzung mit einer Fragestellung vergeben<br />

werden. Die Befürworter des praxisgeleiteten Ansatzes<br />

24<br />

argumentieren dahingegen, dass jedes Fach selbst bestim-<br />

men sollte, welches Wissen <strong>und</strong> welche Forschung innerhalb<br />

einer Disziplin als wertvoll <strong>und</strong> qualifizierend erachtet<br />

wird. Bei diesem Punkt wird deutlich, dass Wissen <strong>und</strong><br />

auch Wissenschaft keineswegs natürliche Systeme sind,<br />

sondern dass der Status von Wissen <strong>und</strong> Wissenschaft stets<br />

gesellschaftspolitisch ausgehandelt wird. (� Wissen <strong>und</strong><br />

Wissensbegriffe) Diese Aushandlungen machen selbstredend<br />

auch vor dem Design <strong>und</strong> den Künsten nicht Halt.<br />

Der Genfer Soziologe Franz Schultheis (2005, p. 80) spricht<br />

diesbezüglich von einem gesellschaftlich-kulturellen<br />

Wandel, in dem die Vorstellung vom «freien Künstler» <strong>und</strong><br />

seinem unbändigen Schöpfertum <strong>und</strong> Genius einer gesellschaftlichen<br />

Repräsentation von «professioneller Kompetenz»<br />

Platz gemacht habe. Zwar würde immer noch die<br />

Idee der individuellen Begabung <strong>und</strong> Virtuosität mitspielen,<br />

zugleich würde aber die Komponente der geschulten<br />

Fähigkeit, des erworbenen Wissens <strong>und</strong> des erarbeiteten<br />

Expertentums eine wachsende Bedeutung gewinnen.<br />

In der <strong>Designforschung</strong> kursiert derzeit eine verwirrende<br />

Vielzahl von unterschiedlichen Bezeichnungen für den<br />

oben beschriebenen Typ «Forschung durch (Design-)Praxis».<br />

Diese werden jedoch nicht einheitlich verwendet <strong>und</strong> bei<br />

näherem Hinschauen gleichen sie sich in ihrer Bedeutung.<br />

Geläufige Bezeichnungen im angloamerikanischen Diskurs<br />

sind practise-led research oder practice-based research<br />

(Barret & Bolt, 2007; Gray & Malins, 2005), auf deutsch praxisgeleitete<br />

oder praxisbasierte Forschung. Weiter Begriffe<br />

sind project-based research (vgl. Findeli, 2004) oder studiobased<br />

research. Sehr prominent ist eine Terminologie von<br />

Christopher Frayling (1993/4) vom Royal College of Art<br />

London; er unterschied in Kunst <strong>und</strong> Design zwischen drei<br />

Arten von Forschung: research for art and design, research<br />

into art and design <strong>und</strong> research through art and design.<br />

In der deutschen Übersetzung spricht man von Forschung<br />

für Design, Forschung über Design <strong>und</strong> Forschung durch<br />

Design. Von diesen drei Zugängen ist research through design<br />

derjenige Ansatz, der für viele für die <strong>Designforschung</strong><br />

am verheissungsvollsten scheint. Unter anderen bezieht<br />

sich auch Alain Findeli (2004, p. 42) auf diese dreifache<br />

Unterscheidung von Frayling <strong>und</strong> adaptiert diese nochmals<br />

spezifisch für die <strong>Designforschung</strong>. Im Folgenden soll sie<br />

etwas ausführlicher vorgestellt werden:

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!