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untereinander. Bei den Großdruckereien<br />
gebe es auch im Akzidenzbereich mittlerweile<br />
Konzentrationen, die ihre Nachfrage<br />
bündelten und damit erheblichen Druck<br />
auf die Erträge der Papiergroßhändler ausübten.<br />
Um in Zukunft zu überleben, müsse der<br />
Großhändler eine kritische Größe erreichen<br />
und über eine hochentwickelte, serviceorientierte<br />
und kostengünstige Distributionslogistik<br />
verfügen. Daneben sei eine zielgruppenspezifische,<br />
differenzierte Betreuung unterschiedlicher<br />
Abnehmerkreise gefragt und vor<br />
allem Kundennähe. Ein offenes Ohr am<br />
Markt und schnelle Reaktionen auf sich wandelnde<br />
Kundenbedürfnisse seien gerade in<br />
Zukunft ein wesentlicher Erfolgsfaktor für<br />
den Großhandel.<br />
Papierindustrie im<br />
Wandel<br />
„Globalisierung und Konzentration: Die<br />
Papierindustrie im Wandel“, so lautete der Titel<br />
des Referats von Dr. Klaus Grefermann<br />
vom Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung<br />
(München). Der in der Branche bestens bekannte<br />
Referent erläuterte zunächst die oft<br />
in der Wirtschaftspresse dargestellte Problematik<br />
zunehmender Globalisierung. High-<br />
Tech-Kommunikation, niedrige Transportkosten<br />
und grenzenloser Freihandel ließen die<br />
ganze Welt zu einem einzigen Markt verschmelzen.<br />
Es sei auch belegbar, daß die internationale<br />
wirtschaftliche Verflechtung in<br />
den letzten drei Jahrzehnten stark zugenommen<br />
habe. Während die Produktion der In-<br />
<strong>44</strong>/97 1072<br />
UNTERNEHMEN · MÄRKTE · PRODUKTE<br />
Blick in die Zuhörerreihen des 47. Papierhandelsvertreter-Tages, der unter dem Motto<br />
„Aufbruch oder Stagnation?“ stand.<br />
dustrieländer von 1964 bis 1994 wertmäßig<br />
um jährlich 9% anstieg, erhöhte sich der Wert<br />
ihrer Exporte um jährlich 12%. Die weltwirtschaftliche<br />
Integration sei begünstigt durch<br />
technische, soziale und kulturelle Veränderungen,<br />
die den Abstand zwischen den einzelnen<br />
Ländern schrumpfen lassen. Auch in<br />
der Papierindustrie sei eine zunehmende<br />
Globalisierung zu beobachten. So sei der Anteil<br />
der Ausfuhren an der Produktion von<br />
1970 bis 1994 um 9% auf nunmehr 27% gewachsen.<br />
Die deutschen Papiererzeuger haben<br />
nach den Untersuchungen von Grefermann<br />
ihre internationalen Engagements aktiv<br />
vorangetrieben. So lagen die ausländischen<br />
Direktinvestitionen deutscher Papiererzeuger<br />
1994 bei über 1600 Mio. DM, die<br />
der Papierverarbeiter bei ca. 600 Mio. DM.<br />
Umgekehrt bevorzugten ausländische Investoren<br />
in Deutschland mittlerweile den Kauf<br />
bestehender Fabriken. Dies sei ungleich einfacher,<br />
als über eine neue Papiermaschine in<br />
einem nur noch langsam wachsenden Markt<br />
neue Kunden zu gewinnen. Daß Übernahmen<br />
öfter gelängen, habe auch damit zu tun,<br />
daß gravierende Managementfehler gemacht<br />
wurden, und traditionelle Strukturen nicht<br />
aufgebrochen würden. Von den 160 Unternehmen<br />
der Papierindustrie in Deutschland<br />
befänden sich inzwischen rund ein Fünftel in<br />
ausländischem Besitz. Dabei handle es sich<br />
um die größten Firmen, die von der Produktion<br />
her betrachtet einen Anteil von ca. 52%<br />
und beim Umsatz einen Anteil von ca.<br />
48% besäßen. Das Interesse am Standort<br />
Deutschland resultiere bei den Käufern auch<br />
daraus, daß Deutschland mit rund 16 Mio. t<br />
Papier und Pappe der mit Abstand größte<br />
Markt Westeuropas<br />
ist und geographisch<br />
durch die<br />
Öffnung der Ostgrenzenaufgewertet<br />
wurde. Häufig<br />
sei bei Übernahmen<br />
durch Ausländer<br />
zu beobachten,<br />
daß sich das neu<br />
strukturierte Unternehmen<br />
auf ein<br />
Kerngeschäft beschränken<br />
muß, die<br />
Sortimentstruktur<br />
bereinigt und ein<br />
systematisches<br />
„cost cutting“ be-<br />
trieben wird. Auch eine Verlagerung des<br />
Hauptakzents vom Primat der Techniker auf<br />
Marketing- und Kostenmanagement findet<br />
häufig statt. Insgesamt habdiese Strategie<br />
bei vielen Übernahmen zu beträchtlichen Arbeitsplatzverlusten<br />
geführt.<br />
Grefermann wies auch darauf hin, daß sich<br />
die ausländischen Investitionen in der deutschen<br />
Papierverarbeitung äußerst dynamisch<br />
entwickelten. 1994 wurden in diesem<br />
Bereich über 2,6 Mrd. DM investiert. Hierin<br />
bestehe für die noch in deutschen Händen befindlichen<br />
Papiererzeuger die Gefahr, zwischen<br />
die „Mühlsteine“ zu geraten. Neben<br />
den international organisierten Wettbewerbern<br />
befänden sich immer mehr potentielle<br />
Abnehmer in der Hand eben dieser Wettbewerber<br />
und seien damit in ihrem Einkaufsverhalten<br />
nicht mehr frei. Viele deutsche Unternehmen<br />
hätten in der Vergangenheit auf<br />
Investitionen im Ausland deshalb verzichtet,<br />
weil ihnen dazu das Geld fehlte. Das eine oder<br />
andere Mal habe allerdings auch die Risikobereitschaft<br />
hierzu gefehlt.<br />
Die zunehmende Angebotskonzentration in<br />
der Papierindustrie ergibt sich, so Grefermann,<br />
auch aus einer Tendenz zu großen, konzentrierten<br />
Produktionsstätten. 1974 etwa lag<br />
die Größe einer neu gebauten Papierfabrik zur<br />
Herstellung von holzfrei gestrichenem Papier<br />
bei 40 000 t pro Jahr, heute liegt dieser Wert<br />
bei 400 000 t. Ziel der großen Papierhersteller<br />
sei heute eine hohe Produktion zu niedrigen<br />
Kosten mit wenigen großen, spezialisierten,<br />
hochintegrierten und kapitalintensiven Maschinen.<br />
Mit größeren Maschinen sei es notwendig,<br />
mehr Kunden in einem geographisch<br />
größeren Gebiet zu versorgen. Dieser Effekt<br />
verstärkt auch die Globalisierung. Mithin<br />
dächten viele in der Branche: „Wenn meine<br />
Konkurrenten investieren, muß ich das auch<br />
tun, sonst verliere ich Marktanteile.“ Auch aus<br />
diesem Grund erfolgen Investitionen in der<br />
Papierindustrie häufig in Klumpen. Die Managementberatung<br />
Jaakko Pöyry habe jüngst<br />
darauf hingewiesen, daß die Globalisierung<br />
den Wettbewerb wesentlich verstärkt habe,<br />
und z. B. in Schweden, Finnland und Norwegen<br />
vor 30 Jahren noch 50 Unternehmen Zellstoff<br />
und Papier hergestellt haben. Heute seien<br />
es nur noch acht. Nach Ansicht von Jaakko<br />
Pöyry muß ein Unternehmen ständig mindestens<br />
10% seines Umsatzs investieren, um<br />
nicht vom Markt zu verschwinden. �