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5. November <strong>1997</strong><br />
<strong>44</strong><br />
D 1096<br />
4 x im Monat<br />
ALLGEMEINE<br />
PAPIER-RUNDSCHAU
Vor einem Jahr schrieb mein Vorgänger,Dr.Bernd Schreiber,an gleicher<br />
Stelle: „ Es wird in nächster Zeit die dringlichste Aufgabe der<br />
Wellpappenindustrie sein, die Kostensteigerungen am Markt umzusetzen<br />
und dabei gleichzeitig das strukturelle Ertragsdefizit zu senken.“<br />
Dieses Ziel hat die Wellpappenindustrie in den vergangenen<br />
neun Monaten nicht erreicht. So lag das Preisniveau in <strong>1997</strong> konstant<br />
niedrig, wenn auch in letzter Zeit – induziert durch die Bewegungen<br />
auf der Rohstoffseite – die Preise leicht angehoben werden konnten.<br />
So liegen auch im dritten Quartal die Preise immer noch um über 3%<br />
niedriger als im Vorjahr – und schon damals war die Lage wenig befriedigend.<br />
Wie lange kann eine Industrie eine Situation, in der bei heftigem Wettbewerb<br />
in der Branche Kostensteigerungen nicht an den Markt weitergegeben<br />
werden können, ohne strukturelle Veränderungen überleben?<br />
Erste Anzeichen für eine stärkere Konzentration durch Übernahmen zeigen<br />
sich – und die Frage muß erlaubt sein, inwiefern der Prozeß schon<br />
abgeschlossen ist. Der harte Preiswettbewerb beim Handel – nach dem<br />
Motto: „Wir müssen Kosten sparen, koste es, was es wolle“ – führt zu<br />
einem starken und anhaltenden Druck auf die Abnehmer und damit auch<br />
auf die Preise der Wellpappenhersteller. Erst in den letzten Wochen lassen<br />
sich einige der Kostensteigerungen bei der Herstellung von Wellpappe<br />
im Ansatz weitergeben. Und dabei spielen die Rohstoffpreise in der<br />
Kalkulation zwar eine dominierende Rolle, aber andere Kostensteigerungen<br />
wie Löhne, Abgaben etc. verschlechterten schon seit langem die<br />
Ertragslage. Ein Nachholbedarf bleibt weiterhin bestehen.<br />
Die Mengenentwicklung kontrastiert zu dem Preisproblem erheblich:<br />
So hat die Wellpappenindustrie in den ersten neun Monaten ihren Absatz<br />
deutlich über 3% steigern können, was einem Produktionsvolumen<br />
von fast 2,2 Mio. t Wellpappe bei den VDW-Mitgliedern entspricht. Mißt<br />
man die Produktion arbeitstäglich, so fällt die Steigerung sogar noch<br />
höher aus.Auffällig ist hierbei, daß ein positives drittes Quartal trotz der<br />
ebenfalls sehr guten Ergebnisse im gleichen Quartal 1996 zu verzeichnen<br />
ist (vgl. Grafik Seite 1062). Während die Papierindustrie diese feste<br />
* Dipl.-Volkswirt Angelika Christ ist Geschäftsführerin des Verbandes der Wellpappen-Industrie (VDW) in Darmstadt.<br />
Marktsituation nutzt, um ihre Preise anzuheben – was die Erträge der<br />
Wellpappenhersteller noch weiter unter Druck setzt – ist die zögerliche<br />
Weitergabe dieser Belastungen bei der relativ starken Nachfrage umso<br />
unverständlicher.<br />
Der spezifische Wellpappenbedarf – das Verhältnis von Wellpappenbedarf<br />
zur Konsumgüterproduktion – stieg im ersten Quartal um<br />
fast 5 %, im zweiten immer noch um anderthalb Prozentpunkte. Auch<br />
im dritten Quartal erwartet der VDW eine Steigerung – trotz der eher<br />
pessimistischen Aussagen, die wir zur Zeit beispielsweise von der<br />
ANUGA aus unserer größten Abnehmergruppe, der Nahrungs- und<br />
Genußmittelindustrie – vernehmen.<br />
Der Export hat entscheidend zur positiven Mengenentwicklung beigetragen:<br />
So hat die Wellpappenindustrie im ersten Halbjahr fast 6%<br />
mehr exportiert als noch 1996. Zusätzlich dürfte die positive Mengenentwicklung<br />
beeinflußt werden durch die ebenfalls boomende Exportkonjunktur<br />
bei den Abnehmern, so daß das eher schwache Inlandsgeschäft<br />
damit mehr als ausgeglichen wurde.<br />
Hauptabnehmer im Ausland sind naturgemäß die unmittelbaren<br />
Nachbarn sowohl in der EU als auch im Osten. Polen alleine hat mittlerweile<br />
einen Anteil von 10% an der deutschen Wellpappenausfuhr.<br />
Die Zuwächse beim Import sind mit knapp 3% im ersten Halbjahr<br />
deutlich geringer als beim Export.<br />
Umwelt<br />
EDITORIAL<br />
Wellpappenindustrie:<br />
Menge steigt,<br />
schlechtes Preisniveau<br />
drückt weiterhin<br />
die Ertragslage<br />
Von Angelika Christ*<br />
Wellpappenverpackungen bieten aus Umweltsicht viele Vorteile.<br />
Dies ist auch den zuständigen Behörden bewußt: So lobte Dr. Thomas<br />
Rummler vom BMU beim diesjährigen Forum Wellpappe ausdrücklich<br />
die Transportverpackung Wellpappe wegen der hervorragenden<br />
stofflichen Verwertungsmöglichkeiten und der installierten Recyclingsysteme.<br />
Wellpappe erfüllt also die Anforderungen einer effektiven<br />
Kreislaufwirtschaft vorbildlich.<br />
Die Diskussion um die Verpackungsverordnung berührt naturgemäß<br />
auch die Wellpappenindustrie. Momentan besteht<br />
1059 <strong>44</strong>/97
<strong>44</strong>/97 1060<br />
INHALT<br />
EDITORIAL · NEUES IN KÜRZE UNTERNEHMEN · MÄRKTE · PRODUKTE<br />
Wellpappenindustrie: Menge steigt, schlechtes Preisniveau<br />
drückt weiterhin die Ertragslage 1059<br />
Personalia 1062<br />
Kurznachrichten 1065<br />
Der glückliche Besitzer der Wellpappe Lucka<br />
bei der Einweihungsfeier der neuen WPA:<br />
(Von links) Christian Eikemeier, Ursula Eikemeier,<br />
Uwe Eikemeier, Cornelia Eikemeier,<br />
Christoph Pörschmann (Prokurist in Lucka).<br />
Während der Diskussion beim „Tag der Wellpappe”<br />
(von links): Lothar Jacobmeyer, Dirk<br />
Maxeiner, Dr. Thomas Rummler.<br />
Wolfgang Hinderer und Dr. Klaus Grefermann<br />
(Ifo Institut München) bei der diesjährigen<br />
Tagung der Papierhandelsvertreter<br />
im CDH.<br />
Gedruckt auf nopaCoat matt, zweiseitig doppelt gestrichenes<br />
Bilderdruckpapier der Nordland Papier AG, Dörpen/Ems –<br />
Umschlag: 200 g/m 2<br />
, Innenteil: 115 g/m 2<br />
.<br />
„Tag der Wellpappe“: Novellierung der Verpackungsverordnung<br />
weiter offen 1064<br />
47. Papierhandelsvertreter-Tag: Gute Bedarfsentwicklung<br />
– Branche will Kompetenz zeigen 1068<br />
Verleihung der Preise zum 20. Deutschen Verpackungswettbewerb<br />
1077<br />
Der europäische Kartonmarkt auf der Schwelle ins<br />
nächste Jahrtausend 1078<br />
Die Entwicklung der Großhandelsverkaufspreise 1088<br />
PAPIERVERARBEITUNG · DRUCK<br />
Wellpappe Lucka weiht neue WPA ein 1090<br />
Jagenberg Diana mit neuem Universalpacker 1092<br />
PAPIERERZEUGUNG<br />
Neue Partikelstoffe als Hilfsmittel für die Papierindustrie<br />
PTS-Forschung: Reduzierung des spezifischen Frisch-<br />
1094<br />
wasserbedarfs um bis zu 25 %<br />
„RDH“ soll Maßstäbe für moderne Stoffherstellungs-<br />
1094<br />
systeme setzen 1096<br />
Kartonmaschine in Skoghall mit guter Auslastung 1098<br />
Eine schräge Lösung 1098<br />
Maschinenumbau bei Mead Karton 1099<br />
Voith Sulzer DuoCleaner wird gut verkauft<br />
Weltweit erste Aschegranulierungsanlag in Betrieb<br />
1099<br />
genommen<br />
Verantwortung für Rollenschneider jetzt bei<br />
1100<br />
Voith Sulzer Finishing 1100<br />
Ausbau bei Voith Sulzer Finishing Limited in Manchester 1100<br />
Seminar: Naßpressen und Bespannung<br />
Programmiersprache „Java“ für die Papiermaschinen-<br />
1101<br />
steuerung 1101<br />
26. EUCEPA-Konferenz und 92. Zellcheming-HV (VI) 1102<br />
Impressum 1110
Peter Horn, Technischer<br />
Direktor bei Stora Paperboard,<br />
liefert in dieser <strong>Ausgabe</strong><br />
einen Beitrag zum Thema<br />
„Trends im europäischen Kartonmarkt”.<br />
Hans Spitzner, Staatssekretär<br />
im Bayerischen Staatsministerium<br />
für Wirtschaft, nahm<br />
die Auszeichnungen beim<br />
diesjährigen Deutschen Verpackungswettbewerb<br />
vor.<br />
Bernd Böcking (Fa. GesPaRec)<br />
bei der CDH-Tagung.<br />
Gerhard Gladitsch (Messe<br />
Frankfurt) bei der CDH-<br />
Tagung.<br />
LEADING ARTICLE & NEWS IN BRIEF<br />
Corrugated board industry: Volume is increasing,<br />
price level still brings down profit situation 1059<br />
Personal News 1062<br />
A news round-up 1065<br />
COMPANIES – MARKETS – PRODUKTS<br />
”Day of Corrugated Board”: Reenactment of the<br />
Packaging Ordinance still open 1064<br />
47th Day of Paper Merchants: Good development<br />
of demand – The industry wants to demonstrate<br />
competence 1068<br />
Awarding the prizes of the 20th German Packaging<br />
Competition 1077<br />
The European board market on the threshhold<br />
of the next millenium 1078<br />
The development of wholesale selling prices 1088<br />
PAPER CONVERTING AND PRINTING<br />
Wellpappe Lucka inaugurates new corrugated<br />
board line 1090<br />
Jagenberg Diana with novel universal wrapper 1092<br />
PAPERMAKING<br />
Novel particle stock – an auxiliary gadget for<br />
the paper industry 1094<br />
PTS-Research: 25% reduction of the specific<br />
fresh water consumtion 1094<br />
”RHD” is said to set standards for up-to-date<br />
stock preparation systems 1096<br />
Board machines in Skoghall running at good<br />
capacity 1098<br />
A news slant on screening 1098<br />
Mead Karton: Rebuilding of machines 1099<br />
Voith Sulzer DuoCleaner meets with a ready market 1099<br />
Commissioning of the first ash granulating line 1100<br />
Voith Sulzer Finishing is now being held responsible<br />
for reel cutters 1100<br />
Expansion of Voith Sulzer Finishing, Manchester 1100<br />
Seminar: Wet presses and covering fabrics 1101<br />
”Java” programming language for paper machinery<br />
control 1101<br />
26th EUCEPA-Conference and 92nd Zellcheming<br />
AM (VI) 1102<br />
Impressum 1110<br />
INHALT<br />
1061 <strong>44</strong>/97
<strong>44</strong>/97 1062<br />
EDITORIAL / NEUES IN KÜRZE<br />
Unsicherheit, ob und wann die Novellierung verabschiedet werden<br />
wird.<br />
Abgelehnt wird das Vorhaben der EU, die Kennzeichnung von Verpackungen<br />
zu reglementieren. Ob es dem Verbraucher von Wellpappe<br />
Vorteile bringen wird, wenn künftig eine Nummer auf der Transportverpackung<br />
steht,die aussagt,daß die Schachtel aus Wellpappe ist,bezweifelt<br />
der VDW.<br />
Dialog mit der Öffentlichkeit<br />
Die Vorteile und den Nutzen der Transportverpackung aus Wellpappe<br />
weiter im Bewußtsein der Kunden, Handel und Öffentlichkeit<br />
zu verankern, ist Ziel der intensiven Öffentlichkeitsarbeit des VDW.<br />
Eine neue Broschüre „Mit Wellpappe verpacken, versenden, verkau-<br />
PERSONALIA<br />
Zum 1. Juli <strong>1997</strong> übernahm<br />
Michael T. Mältzer (54) die<br />
neu geschaffene Aufgabe des<br />
Marketingleiters in der Schneidersöhne-Unternehmensgruppe.<br />
In dieser Position sind die<br />
Marketingaktivitäten aller Konzerntöchter<br />
– Schneidersöhne<br />
Papier, Schneidersöhne Produkta<br />
und Schneidersöhne Kuvert –<br />
sowie die Auslandsaktivitäten<br />
zusammengefaßt. Mältzer ist<br />
seit fast 20 Jahren für Schneidersöhne<br />
tätig. Die Geschäftsführung<br />
der Tochtergesellschaft<br />
Schneidersöhne Produkta<br />
GmbH & Co. wird er auch künftig<br />
beibehalten. Neben seinem<br />
beruflichen Engagement ist<br />
Mältzer aktives Mitglied im<br />
Marketing-Club Karlsruhe<br />
fen“ informiert anschaulich über das Produkt und die Anwendungsmöglichkeiten<br />
von Wellpappe.<br />
Ausblick<br />
Viele Unternehmen der Wellpappenindustrie positionieren sich<br />
nicht nur als Lieferant eines Produktes, sondern auch als Dienstleister<br />
und Logistikpartner. Es ist allen Herstellern bewußt, daß bei den<br />
Abnehmern und deren Kunden nicht nur der Preis und die Qualität<br />
des Produktes alleine über den Kauf entscheiden, sondern daß<br />
die Systemkosten der Transporte insgesamt verglichen werden. Hier<br />
Partner für die Kunden zu sein, Dienstleistung in bezug auf die Logistik<br />
und Verpackungsentwicklung im Stadium der Produktentwicklung<br />
anzubieten,gehört bei vielen Unternehmen schon zum Standard.<br />
(MCK) sowie im Bund Deutscher<br />
Verkaufstrainer und Ver-<br />
kaufsförderer (BDVT).<br />
(Fortsetzung auf Seite 1065)
Den diesjährigen „Tag der Wellpappe“ feierte<br />
der Verband der Wellpappenindustrie<br />
(VDW) im Rahmen der FachPack-Messe ’97<br />
in Nürnberg. Zunächst zeigte der Verband einen<br />
neuen Videofilm, der neben fachlich gelungenen<br />
Informationen vor allem durch<br />
sehr gut gemachte emotionale Botschaften zu<br />
überzeugen wußte. So bekommt der weniger<br />
Kundige erklärt, warum Wellpappe „in“ ist<br />
und daß auch sehr hochwertige Produkte, wie<br />
z. B. Parfum von Calvin Klein, in Wellpappe<br />
verpackt werden können. Der Film vermittelt<br />
positive Emotionen zum Produkt (im Pappkarton<br />
zum Mond), und dies gelingt in weiten<br />
Teilen auf subtile, spannende Art und Weise.<br />
Der VDW-Vorsitzende Lothar Jacobmeyer<br />
(Stone ECA) bezeichnete den Film in seiner<br />
Eröffnungsansprache der Veranstaltung<br />
denn auch als gelungen.<br />
Verpackungen der<br />
Kreislaufwirtschaft<br />
Der aus dem Umweltministerium als Referatsleiter<br />
bestens bekannte Dr. Thomas<br />
Rummler sprach zum Thema „Kreislaufwirtschafts-<br />
und Abfallgesetz“ und erläuterte im<br />
Eingang seiner Rede zunächst Sinn und<br />
Zweck der Förderung der Kreislaufwirtschaft.<br />
Primär gehe es dabei darum, natürli-<br />
<strong>44</strong>/97 1064<br />
UNTERNEHMEN · MÄRKTE · PRODUKTE<br />
„Tag der Wellpappe“<br />
Novellierung der<br />
Verpackungsverordnung weiter offen<br />
Voller Saal beim „Tag der Wellpappe”.<br />
che Ressourcen zu schonen und eine umweltverträgliche<br />
Beseitigung von übriggebliebenen<br />
Abfällen sicherzustellen.<br />
Bei der Eröffnung: Lothar Jacobmeyer.<br />
Eingehend beleuchtete Rummler das Problem,<br />
das daraus entsteht, daß Städte und<br />
Gemeinden mittlerweile vielfach um jede<br />
Tonne Müll kämpfen und dieser quasi requiriert<br />
wird. Über die Länderarbeitsgemeinschaft<br />
Abfall werde der Abfallbegriff weit definiert.<br />
Nach Meinung einiger Länder sei<br />
auch sortiertes Altpapier, das altpapierverarbeitende<br />
Erzeuger erhalten, nach wie vor Ab-<br />
fall und nicht Sekundärrohstoff. Dadurch werden<br />
Papiererzeuger zu Abfallverwertungsbetrieben,<br />
und Rummler räumte ein, daß der<br />
daraus entstehende Imageschaden erheblich<br />
sein könne. Er selbst vertrete diese Auffassung<br />
nicht und schließe sich der Meinung des<br />
Landes Bayern an, nach der sortiertes Altpapier<br />
bereits ein Sekundärrohstoff sei.<br />
Stand der<br />
Verpackungsnovelle<br />
Nach wie vor ist es nach den Worten von<br />
Rummler unklar, ob die Novelle der Verpackungsverordnung<br />
noch in diesem Jahr<br />
verabschiedet werden könne. Ausschlaggebend<br />
für den weiteren Fortgang seien vor allem<br />
politische Überlegungen, aber auch unterschiedliche<br />
Auffassungen bei der Frage<br />
der Festschreibung von Mehrwegquoten. Mit<br />
der novellierten Fassung der Verpackungsverordnung<br />
könne es gelingen – und dies sei<br />
sehr wünschenswert –, sogenannte Trittbrettfahrer,<br />
also Betriebe, die den „grünen<br />
Punkt“ nicht benutzen, leichter zu bestrafen<br />
und am „grünen Punkt“ zu beteiligen. Auch<br />
die Einführung alternativer Abholsysteme<br />
sei mit der neuen Verpackungsverordnung<br />
wesentlich einfacher zu realisieren.<br />
(Fortsetzung auf Seite 1068)<br />
Während der Diskussion (von links): Lothar Jacobmeyer, Dirk Maxeiner, Dr. Thomas<br />
Rummler.
(Fortsetzung von Seite 1062)<br />
Johann Rosenkranz ist<br />
neuer Bereichsleiter für die Länder<br />
Deutschland, Schweiz und<br />
Österreich bei Marquip International<br />
(Niederlassung Deutschland)<br />
in Dreieich. Der bisherige<br />
Niederlassungsleiter Andreas-<br />
Lars Tingvall arbeitet neben<br />
Rosenkranz gleichrangig als Bereichsleiter<br />
für die Niederlande,<br />
Johann Rosenkranz<br />
Andreas-Lars Tingvall<br />
das Vereinigte Königreich, Skandinavien<br />
und osteuropäische<br />
Länder. Rosenkranz führte vorher<br />
des Büro der Fa. Agnati<br />
Deutschland (Rodgau) und baute<br />
davor fast fünf Jahre die Niederlassung<br />
von Marquip International<br />
in Dreieich auf. Marquip<br />
International will in den<br />
nächsten Monaten seinen Personalbestand<br />
um 18 Personen aufstocken.<br />
Dadurch soll eine intensivere<br />
Kundenbetreuung der<br />
stärker aufgeteilten Märkte<br />
Nord-, Mittel- und Südeuropa<br />
sowie England erreicht werden.<br />
KURZNACHRICHTEN<br />
DEUTSCHLAND<br />
Die Fa. Moosmann & Co.<br />
(Ravensburg), ein Papier- und<br />
Verpackungsgroßhändler, will<br />
die historische „Kunst” des<br />
Papierschöpfens wieder aufleben<br />
lassen. Die Wiederbelebung<br />
der althergebrachten<br />
Methode wird durch die interessante<br />
Besonderheit unterstützt,<br />
daß neben dem markanten Büttenrand<br />
heute mit modernen<br />
Mitteln jedes Motiv als echtes<br />
Wasserzeichen dargestellt werden<br />
kann. So lassen sich heute<br />
mit modernen Mitteln etwa Namen<br />
oder Initialen, Firmenlogos<br />
und Wappen, ja sogar Portraits<br />
kreieren. Genau solche motivspezifischen<br />
Büttenpapiere<br />
bietet die Fa. Moosmann an.<br />
Aktienkurse (50) Juli Okt.<br />
<strong>1997</strong> <strong>1997</strong><br />
Altenburger 24,00 17,00<br />
Bausch <strong>44</strong>,00 46,00<br />
Cordier 70,00 70,00<br />
Herlitz 153,00128,00<br />
Herlitz Int. Trading 232,00175,00<br />
Niedermayr 390,00363,00<br />
(Nennwert 100)<br />
Papierf. Weissenst. 171,00160,00<br />
PWA 298,00335,00<br />
SAPPI 16,00 13,45<br />
Schwäb. Zellstoff 219,00208,00<br />
Stora Kopparbergs 29,00 27,50<br />
Temming 81,00 69,00<br />
Zanders 151,00136,00<br />
FRANKREICH<br />
In großvolumige, lange<br />
Kraftpapiertüten wie in Amerika<br />
können momentan die<br />
Kunden von 100 Supermärkten<br />
der französischen Handelsgruppe<br />
Cooperatéurs de Normandie-Picardie<br />
ihre Einkäufe<br />
für den Heimtransport verpacken.<br />
Die restlichen 50<br />
Märkte sollen einbezogen werden,<br />
wenn die Testergebnisse<br />
entsprechend positiv ausfallen.<br />
Die grifflosen Tüten sind aus<br />
Recyclingpapier, 42 x 30 cm groß<br />
und für Lasten bis zu 9 kg ausgelegt.<br />
����<br />
NEUES IN KÜRZE<br />
1065 <strong>44</strong>/97
(Fortsetzung von Seite 1064)<br />
Rummler ließ es sich nicht nehmen, darauf<br />
hinzuweisen, daß mit der Einführung der<br />
Verpackungsverordnung die Abfallmenge (in<br />
privaten Haushalten 1 Mio. t) von 7,6 Mio. t<br />
(1991) auf 6,7 Mio. t (1996) sank.Auch der Gesamtverbrauch<br />
an Verpackungen sei von 13<br />
Mio. t (1991) auf 11,6 Mio. t (1996) zurückgegangen.<br />
Dabei verkenne er nicht, daß der eine oder<br />
andere Hersteller über das Ziel hinausgeschossen<br />
sei, indem er die Materialeinsparung<br />
so weit getrieben habe, daß letztlich<br />
die Zahl der Transportschäden gestiegen sei.<br />
Insgesamt gehörten diese Probleme aber der<br />
Vergangenheit an.<br />
Efficient Consumer<br />
Response<br />
Dr. Harald Münzberg von der Fa. Gemini<br />
Consulting (Bad Homburg) hielt einen Vortrag<br />
zum Thema „Efficient Consumer Response<br />
(ECR) und Transportverpackung“.<br />
ECR hat vor allem eine Verbesserung der Versorgungskette,<br />
die Beseitigung unnötiger Kosten<br />
und die Erschließung neuer Wachstumsfelder<br />
im Auge. Nach Münzberg geht es<br />
dabei um die gemeinsame, unternehmensübergreifende<br />
Optimierung von Geschäftsprozessen.<br />
Stichwort zum Thema ECR ist<br />
auch ein sogenanntes integriertes Supply-<br />
Chain-Management, bei dem schnell und flexibel<br />
auf die Wünsche des Kunden reagiert<br />
werden kann und die Lagerbestände bei Lieferanten,<br />
Markenartiklern und im Handel<br />
möglichst klein sind.<br />
Zur Zeit arbeitet der Handel am Aufbau sogenannter<br />
geschlossener Warenwirtschaftssysteme,<br />
die zum Ziel haben, eine sogenannte<br />
Lieferantenergebnisrechnung aufzustellen.<br />
Berechnet werden soll, mit welchem Lieferanten<br />
und welchem Produkt ich wann was<br />
verdient habe.<br />
Interne Benchmarks im Handel verdeutlichten,<br />
so Münzberg, daß z. B. im Bereich<br />
Verpackungen die Preise in den verschiedenen<br />
Ländern Europas sehr unterschiedlich<br />
seien. Auf einer Indexbasis berechnet, wurde<br />
für Wellpappenverpackungen in Deutschland<br />
ein Indexwert von 52 bis 59 bezahlt, in<br />
Österreich einer von 100, in Italien einer von<br />
68 und in Frankreich einer von 71. Diese Untersuchungen<br />
würden bedeuten, daß die<br />
Wellpappe in Deutschland im Vergleich zu<br />
<strong>44</strong>/97 1068<br />
UNTERNEHMEN · MÄRKTE · PRODUKTE<br />
Schlüsselländern Europas<br />
am billigsten wäre. Bei der<br />
derzeitigen Ertragslage vieler<br />
Wellpappenverarbeiter<br />
scheint dies durchaus plausibel.<br />
Der Referent warnte<br />
auch vor der sogenannten<br />
Dienstleistungsfalle, die<br />
darin bestehe, daß die Komplexität<br />
vorgelagerter Stufen<br />
(z. B. des Handels) auf<br />
nachgelagerte Stufen im<br />
Wege des Outsourcings verlagert<br />
werde, und die dafür<br />
aufzuwendenden Kosten völlig unterschätzt<br />
würden.<br />
In einer anschließenden Diskussion mit<br />
den Referenten und Lothar Jacobmeyer unter<br />
der Moderation von Dirk Maxeiner machte<br />
Jacobmeyer deutlich, daß die Verpackungsverordnung<br />
in vielerlei Hinsicht für<br />
die Branche, im nachhinein betrachtet, eine<br />
Art Jungbrunnen bedeutet hätte. Maxeiner<br />
sprach dabei auch das Thema der Auswirkung<br />
von Verordnungen in Gegenüberstellung<br />
zu sogenannten freiwilligen Selbstver-<br />
47. Papierhandelsvertreter-Tag:<br />
Gute Bedarfsentwicklung –<br />
Branche will Kompetenz zeigen<br />
<strong>1997</strong> hat sich der Bedarf der Kunden der<br />
Handelsvertreter stetig nach oben entwickelt.<br />
Nach starken Preisrückgängen zum<br />
Jahresanfang sind die Preise für wichtige<br />
Feinpapiersorten zum September im Schnitt<br />
um etwa 10% erhöht worden. Insgesamt rechnet<br />
die Branche bis zum Jahresende mit weiteren<br />
Preiserhöhungen in einer Größenordnung<br />
von 8%. Gleichzeitig haben sich die Lieferzeiten<br />
von normalerweise drei bis vier Wochen<br />
auf sechs Wochen verlängert. Für LWC-<br />
Papiere müssen vielerorts Lieferzeiten von<br />
zehn bis zwölf Wochen in Kauf genommen<br />
werden.<br />
Die diesjährige Jahrestagung des Verbandes<br />
der Papierhandelsvertreter innerhalb<br />
der Centralvereinigung Deutscher Handelsvertreter<br />
(CDH) stand unter dem Motto „Auf-<br />
Dr. Thomas Rummler (links) und Dr. Harald Münzberg.<br />
einbarungen an. Dabei wurde deutlich, daß<br />
das Umweltministerium und auch Thomas<br />
Rummler wohl nach wie vor Verordnungen<br />
freiwilligen Selbstvereinbarungen vorziehen,<br />
obwohl die freiwillige Selbstvereinbarung<br />
der Hersteller grafischer Papiere bisher<br />
ausgezeichnet funktioniert. In solchen Diskussionen<br />
kann man leicht den Eindruck gewinnen,<br />
daß es das Umweltministerium ablehnt,<br />
die Verpackungsverordnung durch eine<br />
freiwillige Selbstvereinbarung zu ersetzen.<br />
G.B.<br />
bruch oder Stagnation?“, und vieles spricht<br />
nach Meinung der Mehrheit der Teilnehmer<br />
für einen Aufbruch in der Papierwirtschaft.<br />
In seiner Eröffnungsrede mahnte der Verbandsvorsitzende<br />
Wolfgang Hinderer, daß die<br />
Politiker dem Problem der Wiedervereinigung<br />
offensichtlich nicht gewachsen seien. Es<br />
sei ihnen nicht gelungen, die „Neuen Bundesländer”<br />
in blühende Landschaften zu verwandeln,<br />
und mehrheitlich beschäftigen sich<br />
Politiker mit Abwicklungs- oder Umverteilungsfragen,<br />
aber nicht mit Gestaltung. Nach<br />
wie vor werde zwar viel über die Ziele Senkung<br />
der Staatsquote und Subventionen geredet,<br />
aber wenig getan. In Zukunft müsse es<br />
darum gehen, Mißbrauch von Sozialleistungen<br />
aufzudecken und den Erhalt von Sozialleistungen<br />
daran zu knüpfen, daß dafür ge-
arbeitet werde. Hinderer wies auch darauf<br />
hin, daß mit der Abwertung der Deutschen<br />
Mark in den verschiedenen europäischen<br />
Ländern bei Konsumpapieren teilweise<br />
Preisunterschiede von bis zu 20% auftraten,<br />
und solche Unterschiede auf Dauer nicht aufrechterhalten<br />
werden könnten. In Zukunft<br />
müßten die Handelsvertreter besonders am<br />
Markt zeigen, daß sie kompetent und innovativ<br />
sind.<br />
Die Entwicklung des<br />
Papiergroßhandels<br />
In der ersten Rede der Mitgliederversammlung<br />
sprach der Präsident des Bundesverbandes<br />
des Deutschen Papiergroßhandels,<br />
Arndt Klippgen (Papier Union, Hamburg),<br />
zum Thema „Die Entwicklung des<br />
deutschen Papiergroßhandels“. Er stellte<br />
zunächst die Bedeutung des Feinpapiergroßhandels<br />
in Deutschland dar. Mit 2,5<br />
Mio. t Papier erzielt der deutsche Feinpapier-<br />
Großhandel eine Marktversorgung von 35%,<br />
beschäftigt 6000 Menschen und hält an 100<br />
Standorten ca. 170 000 t Papier vorrätig.<br />
Über ca. 1000 Lkws wird eine tägliche 24-<br />
Stunden-Versorgung gewährleistet. Das Lagergeschäft<br />
im Feinpapier-Großhandel umfaßt<br />
1,1 Mio. t, und dieser Anteil blieb, so<br />
Klippgen, recht konstant. Dies läge auch daran,<br />
daß das Serviceangebot des Papiergroßhandels<br />
ständig steige und nur bei einer<br />
verbrauchsnahen Distribution und Logistik<br />
bewältigt werden kann. Hinzu komme, daß<br />
die Lagersortimente ständig verfeinert und<br />
differenziert wurden und heute mittlerweile<br />
Hunderte von Spezifikationen umfassen. Der<br />
<strong>44</strong>/97 1070<br />
UNTERNEHMEN · MÄRKTE · PRODUKTE<br />
(Von links): Wolfgang Hinderer, Dr. Klaus Grefermann, Bernd Böcking, Gerhard Gladitsch.<br />
Dienstleistungscharakter des Geschäfts lasse<br />
sich auch am Beispiel der Papier Union<br />
verdeutlichen: So wiegt die dort ausgelieferte<br />
Position im Schnitt 190 kg, die vor allem<br />
an Druckereien und Verwender von Büround<br />
Kommunikationspapieren ausgeliefert<br />
werden.<br />
Klippgen widersprach dem Gerücht, nach<br />
dem die Papierindustrie eine unstillbare Begierde<br />
auf mehr Direktgeschäfte besitze. Im<br />
Gegenteil sei der Anteil des Großhandels an<br />
der Marktversorgung mit grafischen Papieren<br />
langsam, aber kontinuierlich gestiegen.<br />
Diskussionen mit den Lieferpartnern der<br />
Großhändler, diesen oder jenen Kunden im<br />
Direktgeschäft bearbeiten zu wollen, fänden<br />
praktisch nicht mehr statt. Im Geschäft mit<br />
gestrichenen Rollenoffsetpapieren sei es dem<br />
Feinpapier-Großhandel in den ersten sieben<br />
Monaten sogar gelungen, seinen Absatz um<br />
35% zu steigern.Industrie und Großhandel<br />
praktizierten heute akzeptierte Aufgabenteilungen<br />
und gelebte Partnerschaft.Auf der Industrieseite<br />
treten immer weniger Großkonzerne<br />
auf, die damit zwangsläufig immer<br />
marktferner würden. Meist entstünden daraus<br />
Allianzen, die zum Exklusivvertrieb einer<br />
Sorte führten. Genau dies bringe einen<br />
berechenbareren Absatz. Man gehe eine Art<br />
Schicksalsgemeinschaft ein, in der man sich<br />
zwar über Preise unterhalten müsse, aber gemeinsam<br />
um Erfolg ringe. Solche Allianzen<br />
zwängen auch zur Mitverantwortung des Papiergroßhandels<br />
und der Weiterentwicklung<br />
der Qualität und führten logistisch zu einer<br />
noch stärkeren Verknüpfung zwischen Papierhersteller<br />
und -großhändler. In diesem<br />
Zusammenhang werde der Begriff des „vendor-managed<br />
inventory“ vielfach diskutiert.<br />
Derartige Allianzen bewahrten auch beiden<br />
Seiten ihre grundsätzliche Unabhängigkeit,<br />
da sie keine Bindung auf ewig seien. Kapitalmäßige<br />
Verknüpfungen untereinander<br />
verringerten dabei die Schlagkraft.<br />
In der Vergangenheit sei die Unabhängigkeit<br />
des deutschen Papiergroßhandels mancherorts<br />
als Modell auf Abruf verstanden<br />
worden. Inzwischen habe sich die Welt geändert.<br />
Nach dem jüngsten Verkauf von KNP<br />
BT bekomme man vielmehr den Eindruck,<br />
daß die größten Großhandelsorganisationen<br />
bemüht seien, ihre Papiermaschinen loszuwerden.<br />
Dennoch könne immer noch nicht<br />
von einem europäischen Papiergroßhandel<br />
die Rede sein, da derzeit niemand in den drei<br />
großen Ländern Großbritannien, Frankreich<br />
und Deutschland jeweils eine bedeutende<br />
Präsenz habe. Die europäischen Großhandlungen<br />
seien heute vielmehr eine Addition<br />
nationaler und teilweise auch nur regionaler<br />
Papiergroßhandlungen, die sich zum Teil erst<br />
anschickten, auf nationaler Ebene zusammenzuwachsen.<br />
Bei diesem Prozeß seien<br />
auch Banalitäten wie ganz unterschiedliche<br />
Papierformate in den einzelnen europäischen<br />
Ländern hinderlich.<br />
Ein schwieriger Prozeß komme auf den<br />
Großhandel dadurch zu, daß sich der Kunde<br />
ändere. Die vielbeschworene kleine Druckerei<br />
werde es zwar noch lange geben, für viele<br />
mittlere Druckereien werde es allerdings<br />
eng. Viele seien zu groß, um flexibel zu sein,<br />
und zu klein, um hinsichtlich Finanzkraft,<br />
Technologie, Wandel und Management kompetent<br />
mit den Großen mithalten zu können.<br />
Nach wie vor sei eine erhebliche Druckereiüberkapazität<br />
vorhanden. Dies führe zu beträchtlichem<br />
Preisdruck und Wettbewerb
untereinander. Bei den Großdruckereien<br />
gebe es auch im Akzidenzbereich mittlerweile<br />
Konzentrationen, die ihre Nachfrage<br />
bündelten und damit erheblichen Druck<br />
auf die Erträge der Papiergroßhändler ausübten.<br />
Um in Zukunft zu überleben, müsse der<br />
Großhändler eine kritische Größe erreichen<br />
und über eine hochentwickelte, serviceorientierte<br />
und kostengünstige Distributionslogistik<br />
verfügen. Daneben sei eine zielgruppenspezifische,<br />
differenzierte Betreuung unterschiedlicher<br />
Abnehmerkreise gefragt und vor<br />
allem Kundennähe. Ein offenes Ohr am<br />
Markt und schnelle Reaktionen auf sich wandelnde<br />
Kundenbedürfnisse seien gerade in<br />
Zukunft ein wesentlicher Erfolgsfaktor für<br />
den Großhandel.<br />
Papierindustrie im<br />
Wandel<br />
„Globalisierung und Konzentration: Die<br />
Papierindustrie im Wandel“, so lautete der Titel<br />
des Referats von Dr. Klaus Grefermann<br />
vom Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung<br />
(München). Der in der Branche bestens bekannte<br />
Referent erläuterte zunächst die oft<br />
in der Wirtschaftspresse dargestellte Problematik<br />
zunehmender Globalisierung. High-<br />
Tech-Kommunikation, niedrige Transportkosten<br />
und grenzenloser Freihandel ließen die<br />
ganze Welt zu einem einzigen Markt verschmelzen.<br />
Es sei auch belegbar, daß die internationale<br />
wirtschaftliche Verflechtung in<br />
den letzten drei Jahrzehnten stark zugenommen<br />
habe. Während die Produktion der In-<br />
<strong>44</strong>/97 1072<br />
UNTERNEHMEN · MÄRKTE · PRODUKTE<br />
Blick in die Zuhörerreihen des 47. Papierhandelsvertreter-Tages, der unter dem Motto<br />
„Aufbruch oder Stagnation?“ stand.<br />
dustrieländer von 1964 bis 1994 wertmäßig<br />
um jährlich 9% anstieg, erhöhte sich der Wert<br />
ihrer Exporte um jährlich 12%. Die weltwirtschaftliche<br />
Integration sei begünstigt durch<br />
technische, soziale und kulturelle Veränderungen,<br />
die den Abstand zwischen den einzelnen<br />
Ländern schrumpfen lassen. Auch in<br />
der Papierindustrie sei eine zunehmende<br />
Globalisierung zu beobachten. So sei der Anteil<br />
der Ausfuhren an der Produktion von<br />
1970 bis 1994 um 9% auf nunmehr 27% gewachsen.<br />
Die deutschen Papiererzeuger haben<br />
nach den Untersuchungen von Grefermann<br />
ihre internationalen Engagements aktiv<br />
vorangetrieben. So lagen die ausländischen<br />
Direktinvestitionen deutscher Papiererzeuger<br />
1994 bei über 1600 Mio. DM, die<br />
der Papierverarbeiter bei ca. 600 Mio. DM.<br />
Umgekehrt bevorzugten ausländische Investoren<br />
in Deutschland mittlerweile den Kauf<br />
bestehender Fabriken. Dies sei ungleich einfacher,<br />
als über eine neue Papiermaschine in<br />
einem nur noch langsam wachsenden Markt<br />
neue Kunden zu gewinnen. Daß Übernahmen<br />
öfter gelängen, habe auch damit zu tun,<br />
daß gravierende Managementfehler gemacht<br />
wurden, und traditionelle Strukturen nicht<br />
aufgebrochen würden. Von den 160 Unternehmen<br />
der Papierindustrie in Deutschland<br />
befänden sich inzwischen rund ein Fünftel in<br />
ausländischem Besitz. Dabei handle es sich<br />
um die größten Firmen, die von der Produktion<br />
her betrachtet einen Anteil von ca. 52%<br />
und beim Umsatz einen Anteil von ca.<br />
48% besäßen. Das Interesse am Standort<br />
Deutschland resultiere bei den Käufern auch<br />
daraus, daß Deutschland mit rund 16 Mio. t<br />
Papier und Pappe der mit Abstand größte<br />
Markt Westeuropas<br />
ist und geographisch<br />
durch die<br />
Öffnung der Ostgrenzenaufgewertet<br />
wurde. Häufig<br />
sei bei Übernahmen<br />
durch Ausländer<br />
zu beobachten,<br />
daß sich das neu<br />
strukturierte Unternehmen<br />
auf ein<br />
Kerngeschäft beschränken<br />
muß, die<br />
Sortimentstruktur<br />
bereinigt und ein<br />
systematisches<br />
„cost cutting“ be-<br />
trieben wird. Auch eine Verlagerung des<br />
Hauptakzents vom Primat der Techniker auf<br />
Marketing- und Kostenmanagement findet<br />
häufig statt. Insgesamt habdiese Strategie<br />
bei vielen Übernahmen zu beträchtlichen Arbeitsplatzverlusten<br />
geführt.<br />
Grefermann wies auch darauf hin, daß sich<br />
die ausländischen Investitionen in der deutschen<br />
Papierverarbeitung äußerst dynamisch<br />
entwickelten. 1994 wurden in diesem<br />
Bereich über 2,6 Mrd. DM investiert. Hierin<br />
bestehe für die noch in deutschen Händen befindlichen<br />
Papiererzeuger die Gefahr, zwischen<br />
die „Mühlsteine“ zu geraten. Neben<br />
den international organisierten Wettbewerbern<br />
befänden sich immer mehr potentielle<br />
Abnehmer in der Hand eben dieser Wettbewerber<br />
und seien damit in ihrem Einkaufsverhalten<br />
nicht mehr frei. Viele deutsche Unternehmen<br />
hätten in der Vergangenheit auf<br />
Investitionen im Ausland deshalb verzichtet,<br />
weil ihnen dazu das Geld fehlte. Das eine oder<br />
andere Mal habe allerdings auch die Risikobereitschaft<br />
hierzu gefehlt.<br />
Die zunehmende Angebotskonzentration in<br />
der Papierindustrie ergibt sich, so Grefermann,<br />
auch aus einer Tendenz zu großen, konzentrierten<br />
Produktionsstätten. 1974 etwa lag<br />
die Größe einer neu gebauten Papierfabrik zur<br />
Herstellung von holzfrei gestrichenem Papier<br />
bei 40 000 t pro Jahr, heute liegt dieser Wert<br />
bei 400 000 t. Ziel der großen Papierhersteller<br />
sei heute eine hohe Produktion zu niedrigen<br />
Kosten mit wenigen großen, spezialisierten,<br />
hochintegrierten und kapitalintensiven Maschinen.<br />
Mit größeren Maschinen sei es notwendig,<br />
mehr Kunden in einem geographisch<br />
größeren Gebiet zu versorgen. Dieser Effekt<br />
verstärkt auch die Globalisierung. Mithin<br />
dächten viele in der Branche: „Wenn meine<br />
Konkurrenten investieren, muß ich das auch<br />
tun, sonst verliere ich Marktanteile.“ Auch aus<br />
diesem Grund erfolgen Investitionen in der<br />
Papierindustrie häufig in Klumpen. Die Managementberatung<br />
Jaakko Pöyry habe jüngst<br />
darauf hingewiesen, daß die Globalisierung<br />
den Wettbewerb wesentlich verstärkt habe,<br />
und z. B. in Schweden, Finnland und Norwegen<br />
vor 30 Jahren noch 50 Unternehmen Zellstoff<br />
und Papier hergestellt haben. Heute seien<br />
es nur noch acht. Nach Ansicht von Jaakko<br />
Pöyry muß ein Unternehmen ständig mindestens<br />
10% seines Umsatzs investieren, um<br />
nicht vom Markt zu verschwinden. �
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UNTERNEHMEN · MÄRKTE · PRODUKTE<br />
Angesichts der Globalisierung der Märkte<br />
seien die Papierunternehmen in Deutschland,<br />
die noch nicht zu einer internationalen<br />
Gruppe gehören, kaum in der Lage, sich bietende<br />
Chancen – etwa im Fernen Osten – zu<br />
nutzen. Ob es zumindest gelingen werde, am<br />
alten Standort und mit den angestammten<br />
Märkten als selbständige Unternehmen zu<br />
überleben, erscheine mehr als fraglich.<br />
Grefermann wies auch darauf hin, daß zur<br />
Zeit unklar ist, wie sich die Produktionskapazitäten<br />
in Südostasien und im Osten entwickeln.<br />
Es sei zu hoffen, daß dort die Produktionskapazitäten<br />
für Papier, aber auch<br />
für Zellstoff, nicht schneller aufgebaut würden,<br />
als es die Nachfrage erfordert.<br />
Kreislaufwirtschaft und<br />
Papierrecycling<br />
Zum Thema „Kreislaufwirtschaft und Papierrecycling<br />
– Entwicklungen, Auswirkungen“<br />
sprach Bernd Böcking, Geschäftsführer<br />
der Gesellschaft für Papier-Recycling<br />
(GesPaRec),Bonn. Er erläuterte zunächst,<br />
wie stark die Altpapier-Einsatzquote in<br />
Deutschland innerhalb der letzten sechs Jahre<br />
stieg. 1996 wurden in Deutschland alleine<br />
6,775 Mio. t untere Sorten Altpapier eingesetzt.<br />
Bei Zeitungsdruckpapieren ist die Altpapier-Einsatzquote<br />
von 68% (1990) auf<br />
116% (1996) gestiegen. Auch im Bereich Tissue<br />
konnte im gleichen Zeitraum von 49% auf<br />
63% zugelegt werden. Dennoch sei in den vergangenen<br />
Jahren das Altpapieraufkommen<br />
stärker gestiegen als der Verbrauch. Dadurch<br />
habe sich der Altpapierexport erhöht. Bei<br />
grafischen Papieren werden aufgrund einer<br />
freiwilligen Selbstverpflichtung der papiererzeugenden<br />
Industrie mittlerweile<br />
82,6% der produzierten Papiere wiederverwertet.<br />
Böcking wies darauf hin, daß aufgrund des<br />
neuen Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes<br />
eine Umbewertung des Begriffs Sekundärrohstoff<br />
zur Diskussion stehe. Momentan<br />
werde darüber diskutiert, ob Altpapier erst<br />
auf der Papiermaschine bei der Produktion<br />
zum Sekundärrohstoff werde oder schon<br />
nach der Sortierung im Altpapierlager kein<br />
Abfall mehr sei. Er kritisierte deutlich die<br />
Auffassung der Länderarbeitsgemeinschaft<br />
Abfall, daß altpapiereinsetzende Betriebe<br />
Abfallverwerter seien. Wenn sich diese Einstellung<br />
durchsetze, sei mit schwerwiegen-<br />
den Imageschädigungen der deutschen Papierindustrie<br />
zu rechnen.<br />
Böcking wies auch darauf hin, daß sich die<br />
Strukturen der Altpapiererfassung seit der<br />
Einführung der Verpackungsverordnung und<br />
des „Dualen Systems“ deutlich geändert hätten.<br />
Seit 1990 hätten die privaten Städtereiniger<br />
mehr und mehr Zugriff auf den Altpapieranfall<br />
der Haushalte genommen. Mittlerweile<br />
entsorgten diese Unternehmen, die<br />
oft Töchter großer Stromkonzerne seien, über<br />
50% des Altpapiers. Unter Ausschluß anderer<br />
Konkurrenten habe das „DSD“ bei der Einführung<br />
seines Systems vielfach private<br />
Städtereiniger bevorzugt und ihnen am Anfang<br />
300 DM pro Tonne Altpapier bezahlt.<br />
Zur Zeit würden immer noch 250 DM pro TonneAltpapier<br />
an private Städtereiniger entrichtet,<br />
ein Wert, der nach Ansicht der GesPaRec<br />
um 30 bis 40% zu hoch ist. Es sei unter<br />
diesen Marktvoraussetzungen nicht verwunderlich<br />
gewesen, daß der Altpapiermarkt<br />
1993/94 kollabierte.<br />
Grenzen des Recyclings<br />
Böcking sprach auch über die Grenzen des<br />
Recyclings und der Kreislaufschließung. So<br />
sei zu beobachten, daß sich viele Deinking-<br />
Qualitäten deutlich verschlechterten. Nach<br />
Studien, die auch die GesPaRec mitverantwortet,<br />
gerate immer weniger Abfall in den<br />
Hausmüll und immer mehr in den „Gelben<br />
Sack“ und die „Blaue Tonne“. Prinzipiell setzt<br />
sich die GesPaRec für eine Altpapiertrennung<br />
von grafischen Papieren und Verpackungspapieren<br />
ein, wobei dies von geographischen<br />
Gegebenheiten abhänge. In der<br />
Nähe einer Kartonfabrik etwa mache die Separierung<br />
keinen Sinn. Wenn die Sortierung<br />
vom Letztverbraucher vorgenommen werde,<br />
ergebe sich ein Einsparpotential von 70 DM<br />
pro Tonne oder insgesamt ca. 350 Mio. DM.<br />
Wenn Altpapier konsequent in eine grafische<br />
und eine Verpackungsfraktion getrennt würde,<br />
könnte das „DSD“ außerdem kostengünstiger<br />
arbeiten.<br />
Böcking meinte auch, daß eine europäische<br />
Richtlinie zur Kreislaufschließung etwa von<br />
Papierfabriken für die gesamte Branche sehr<br />
nachteilig wäre. Insgesamt rechne er damit,<br />
daß in Europa bis zum Jahr 2000 länderübergreifend<br />
eine Verwertungsquote<br />
von durchschnittlich 50% erreicht werden<br />
könne.<br />
„Personal Power”<br />
Einen Motivationsbeitrag unter dem Titel<br />
„Personal Power – Was löst Faszination<br />
und Begeisterung aus?“ gab Wolf W. Lasko,<br />
Mitinhaber der Winner’s Edge Gesellschaft<br />
für Führungs-, Strategie- und Verkaufscoaching<br />
mbH (Düsseldorf). Wer selbst begeistert<br />
ist, könne andere begeistern. Es gehe<br />
darum, daß der „Motor“ stimmen müsse.<br />
Der gesamte Vortrag lebte vor allem von der<br />
Ausstrahlung des Referenten, der auch<br />
zahlreiche Bücher zu diesem Thema veröffentlicht<br />
hat. Lasko setzt sich dafür ein,<br />
möglichst nur das Positive zu sehen, nicht<br />
von Fehlern, sondern lediglich von Resultaten<br />
zu reden und sich klarzumachen, daß<br />
die Verantwortung immer und überall zu<br />
100% bei dem Handelnden liegt, und er immer<br />
versuchen sollte, Regisseur und nicht<br />
Opfer zu sein.<br />
Vertriebsweg Messe –<br />
„Premiere“/„Paperworld“<br />
Gerhard Gladitsch von der Messe Frankfurt<br />
sprach abschließend zum Thema „Premiere/Paperworld<br />
– Vertriebsweg Messe und<br />
seine Stellung im Marketingmix der Industrie“.<br />
Ausgangspunkt von Gladitsch war<br />
eine genaue Darstellung der „Paperworld“.<br />
Deutschland sei weltweit eindeutig Messestandort<br />
Nummer eins sei. Die Messe Frankfurt<br />
ziehe im Jahr 40 000 Aussteller und 2,4<br />
Millionen Besucher an. Alleine zu den Messen<br />
„Premiere“, „Tendence“ und „Ambiente“<br />
kommen 13 000 Aussteller.<br />
Nach Untersuchung der Messe Frankfurt<br />
hat der PBS-Markt in Deutschland im laufenden<br />
Jahr ein Volumen von ca. 18,7 Mrd.<br />
DM. Insgesamt zeigte die „Paperworld 1996“<br />
auf 68 200 m 2 Fläche ihre Angebote. 35 000<br />
Besucher kamen vorwiegend wegen dieser<br />
Teilmesse im Rahmen der „Premiere“. Insgesamt<br />
sei zu beobachten, daß sich die „Paperworld“<br />
weg von der Ordermesse hin zur Informationsmesse<br />
entwickle. Gladitsch erläuterte<br />
auch die Neuordnung der „Paperworld“<br />
(vgl. apr Nr. 43, Seite 1054). Von besonderer<br />
Bedeutung sei für die Aussteller die Tatsache,<br />
daß der Anteil der Messebesucher an Selbständigen<br />
und Führungskräften ständig<br />
steige und damit die Kompetenz der Gesprächspartner<br />
wachse. ����
Verleihung der Preise<br />
zum 20. Deutschen<br />
Verpackungswettbewerb<br />
Im Rahmen der diesjährigen „FachPack<br />
’97” führte erstmalig das Deutsche Verpackungsinstitut<br />
e.V. (DVI) in Berlin den<br />
Deutschen Verpackungswettbewerb (DVW)<br />
durch. Während der Preisverleihung wurden<br />
insgesamt 23 Verpackungslösungen unterschiedlicher<br />
Packstoffe prämiert. Insgesamt<br />
reichte die Industrie 226 Vorschläge in<br />
den verschiedenen Kategorien ein. Dabei<br />
entfielen auf Versandverpackungen 47 Einreichungen,<br />
auf Verbrauchsverpackungen<br />
81, auf Displayverpackungen 19, auf die Rubrik<br />
„neu gegen alt“ 31, auf Maschinenkonzepte<br />
8 und auf Prototypen 40. Mithin wurde<br />
also ca. jede zehnte eingereichte Verpackung<br />
prämiert. Den Vorsitz in der Jury<br />
hatten die Professoren Dieter Berndt (TFH<br />
Berlin) und Karl-Richard Eschke (FH Hamburg).<br />
Ausgezeichnete Hersteller aus dem<br />
Bereich Papier und Pappe waren unter anderem<br />
die Fa. Klingele, die Schertler Verpackungen<br />
GmbH, Stone Europa AG, die<br />
Verpackung + Display Stabernack Jr Partner<br />
GmbH & Co., die Fa.Albert Frey Verpakkungsentwicklungen<br />
und Vertriebs GmbH,<br />
die Gustav Stabernack GmbH, die Sonoco<br />
CPD GmbH, die Fa. Schreiner Etiketten und<br />
die Panther Wellpappen- und Papierfabriken<br />
GmbH.<br />
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Nun könnte die Verleihung eines solchen,<br />
durchaus wichtigen Preises den Charakter<br />
der Verleihung eines „Oscars“ besitzen, und<br />
Hans Spitzner, Staatssekretär im Bayerischen<br />
Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr<br />
und Technologie, gab sich mit Humor<br />
redlich Mühe, der Veranstaltung die Würde<br />
zu geben, die ihr zusteht. Leider gelang dies<br />
nur unzureichend. Es ging wohl vor allem<br />
darum – einmal wurde dies auch konkret von<br />
Hans Spitzner, MDL und Staatssekretär im Bayerischen<br />
Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie<br />
bei der Ehrung der Preisträger im 20. Deutschen Verpackungswettbewerb<br />
<strong>1997</strong> anläßlich der Eröffnung der<br />
„FachPack” in Nürnberg.<br />
der Bühne her so dargestellt –, die Veranstaltung<br />
schnell über die Bühne zu ziehen. So<br />
blieb denn auch vieles unklar, was manchen<br />
interessiert hätte. Oftmals erschienen drei<br />
Personen auf der Bühne, die Firma, die eingesandt<br />
hatte, der Gestalter der Verpackung<br />
und der Markenartikler, wobei völlig unklar<br />
blieb, welche Person zu wem gehört. Es mag<br />
auch sein, daß es manchem aus Zeitgründen<br />
opportun schien, daß es sich nicht schicke,<br />
irgendeinen der mit Preisen Bedachten zu<br />
Wort kommen zu lassen. Nun denn, wenn der<br />
Zeitdruck so groß ist, könnten die Preise auch<br />
gleich mit der Post zugestellt werden. Letztlich<br />
spiegelt sich in der Veranstaltung, und<br />
darüber sprach ich danach mit verschiedenen<br />
Kollegen, auch die wohl bei manchem Verpackungshersteller<br />
oder -verwender selbst<br />
tiefer sitzende Meinung wider: „Ach, es ist ja<br />
eigentlich n u r eine Verpackung, die hier ausgezeichnet<br />
wird.“ Insgesamt hätte die Veranstaltung<br />
einen würdigeren Rahmen verdient,<br />
der der Wertigkeit des Produktes angemessen<br />
wäre. Vielleicht kann dies auch dadurch gelingen,<br />
daß ein Mann wie Elmar Gunsch, der<br />
zur Anfangsmoderation anwesend war und<br />
ein Entertainment-Profi ist, die weiteren Dinge<br />
steuernd selbst in die Hand nimmt.<br />
Immerhin ist feststellbar, daß zahlreiche<br />
Aussteller mit der Verleihung des Verpackungswettbewerbes<br />
in ihren Prospekten<br />
und am Stand Werbung betrieben. Interessant<br />
ist, von Insidern zu erfahren, daß Firmen<br />
wie Schoeller auf der Ebene der Bereichsleitung<br />
oder gar der Geschäftsleitung<br />
überhaupt nicht wissen, daß sie im Deutschen<br />
Verpackungswettbewerb ausgezeichnet<br />
wurden. Hier bleibt also viel zu tun, das<br />
Ansehen zu erkämpfen, das er durchaus haben<br />
könnte. G. B.<br />
1077 <strong>44</strong>/97
<strong>44</strong>/97 1078<br />
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Der europäische Kartonmarkt auf der<br />
Schwelle ins nächste Jahrtausend<br />
Peter Horn*<br />
Die Branche der Kartonhersteller sieht sich in Zukunft veränderten<br />
Anforderungen des Marktes gegenüber. Diese bestehen in weiterem<br />
Wachstum, Umwelteinflüssen, neuen Gesetzgebungen – z. B.Verpackungsordnung<br />
– Kosteneffizienz und Veränderungen in der gesamten<br />
Wertschöpfungskette vom Kartonhersteller über den Kartonagenhersteller,<br />
den Markenartikelhersteller, den Einzelhändler und<br />
den Verbraucher. Es ist eine Tendenz bezüglich der Konzentration von<br />
Industriegruppen festzustellen, das trifft sowohl für den Ausgangsprodukthersteller<br />
als auch für den Endproduktvertreiber zu (Einzelhandel/Handelsketten).<br />
In Abb. 1 wird versucht zu zeigen, welche Einflußfaktoren von<br />
außen auf den besagten Industriezweig einwirken. Diese können sowohl<br />
als Bedrohung aber auch als Chance gesehen werden,<br />
grundsätzlich jedoch als treibende Kraft und als Herausforderung für<br />
zukünftiges Handeln. Diese Faktoren sind als Ring um einen gemeinsamen<br />
Kern angeordnet. Die Buchstaben A bis E stellen den Bezug<br />
zum späteren Text her. Das Sechseck im Kern der Darstellung<br />
macht eine Aussage zu den Aktivitäten, mit denen man den äußeren<br />
Einflußfaktoren begegnen soll.<br />
Die Abb. 2 und 3 behandeln den Einflußfaktor A = den in Zukunft<br />
zu erwartenden Mangel an Langfasern weltweit. Heute schon besteht<br />
für die afrikanischen und asiatischen Länder eine Unterdeckung des<br />
Bedarfs an Langfasern. Im Jahr 2005 wird diese Verknappung nahezu<br />
die gesamte Welt erfassen. Für Europa muß dies differenziert gesehen<br />
werden; der Wert –10 stellt einen Durchschnittswert dar. Die<br />
* Peter Horn ist technischer Direktor für Technologie und Entwicklung bei Stora Paperboard in Baienfurt.<br />
skandinavischen Länder befinden sich dabei noch auf der sicheren<br />
Seite, weil heute nur 70% des nachwachsenden Holzes geschlagen<br />
werden. Es ist naheliegend, daß die skandinavischen Kartonhersteller<br />
diesen Vorteil der gesicherten Rohstoffquelle nutzen. Daraus re-<br />
sultiert deren Konzentration auf Produkte hoher Qualität auf<br />
Primärfaserbasis, vor allem auf solche, bei denen die Verwendung von<br />
Langfasern ein „Muß“ ist, wie z. B. Flüssigkeitskarton, Zigarettenkarton,<br />
grafischer Karton und weite Bereiche der Lebensmittelverpackung.<br />
Das spezielle Ziel von Stora ist die Beschränkung auf ganz
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bestimmter Marktsektoren. Im Prinzip wird in vielen Fällen am Ende<br />
ein bestimmter Produktname für eine ganz bestimmte Anwendung<br />
stehen. Diese Ausrichtung bezieht sich nicht alleine auf die Qualität,<br />
sondern heißt auch, daß damit zusätzlich eine ganz gezielte Serviceverbesserung<br />
verbunden ist.<br />
Nur langsames Wachstum in<br />
Westeuropa<br />
Die Abb. 4 zeigt die prozentuale Verteilung der einzelnen Anwendungsbereiche<br />
der Verpackungen in Europa im Jahr 1993, ist aber<br />
heute noch in dieser Form gültig. Man erkennt deutlich die bevorzugte<br />
Anwendung von Verpackungen auf Primärfaserbasis im Bereich grafische<br />
Produkte, Zigaretten, Kosmetik und Gefrierkost. Die sieben folgenden<br />
Abb. 5 bis 11 befassen sich mit der Mengenentwicklung des<br />
Verpackungsverbrauchs auf Holzfaserbasis in Europa heute und in<br />
Zukunft. Sie geben außerdem Auskunft über die prozentuale Verwendung<br />
von Primär- und Sekundärfasern bei der Herstellung. Die<br />
Mengenangabe für Kartonverpackungen in Abb. 5 schließt die Flüssigkeitsverpackung<br />
mit ein. Gut erkennbar ist die überragende Menge<br />
von Wellpappe.<br />
Der überwiegende Anteil von Primärfasern im Tortendiagramm in<br />
Abb. 6 erklärt sich aus der Einbeziehung von Flüssigkeitskarton in<br />
die Betrachtung. Ohne diesen würde die Teilung etwa 50 zu 50% betragen.<br />
Die Abb. 7 zeigt die Zuordnung der Mengen zu den einzelnen<br />
Kartonsorten. Sie gibt weiterhin Auskunft über das prozentuale Mengenwachstum<br />
in den Jahren 1990 bis 1995 sowie eine Schätzung dieses<br />
Wachstums für die Jahre 1996 bis 2000. Zu erkennen ist eine Abschwächung<br />
des Wachstums in allen Bereichen, aber immerhin ist mit<br />
einem Wachstum zu rechnen. Besonders hervorzuheben ist die Tatsache,<br />
daß bei den SBB- und FBB-Sorten einerseits und WLC andererseits<br />
die gleiche Entwicklung zu erwarten ist.<br />
Die Abb. 8 und 9 beziehen sich auf den Wellpappenbereich. Hier ist<br />
die Einsatzquote von Altpapier mit 70% aus qualitativen Gründen
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ausgeschöpft, d. h., daß die verbliebenen 30% Frischfasern zur Erhaltung<br />
der Festigkeitseigenschaften der Verpackung erforderlich<br />
sind. Mengenmäßig liegt der Schwerpunkt der Wachstumsrate auf<br />
Testliner und Wellenstoff auf der Basis von Altpapier.<br />
Das Tortendiagramm von Abb. 10 zeigt die herausragende Rolle der<br />
Primärfaser in der Herstellung von Verpackungspapier. Es kann festgestellt<br />
werden, daß dieser Trend auf der Forderung der Kunden nach<br />
hohen Festigkeitseigenschaften bei geringem Eigengewicht beruht.<br />
Damit werden sich wahrscheinlich Papierprodukte, die auf Primäfasern<br />
basieren, auch in Zukunft vorrangig behaupten. Die Mengenentwicklung<br />
in Abb. 11 sieht nicht sehr positiv aus. Bei Stora werden<br />
Verpackungspapiere vor allem für Feinwelle und flexible Verpackungen<br />
produziert.<br />
Einflußfaktor C: Umwelttrends<br />
Bei Umwelttrends spielt auch der Wettbewerb der Verpackungsmaterialien<br />
auf der Basis von Kunststoff und von flexiblen sowie Mikrowellenverpackungen<br />
eine Rolle.<br />
Die Abb. 12 soll zeigen, wie sich die Kartonindustrie, und damit<br />
auch Stora, diesem Verpackungstrend stellt und worauf sich speziell<br />
die Aktivitäten von Stora unter Nutzung des Forschungs- und Entwicklungsbereichs<br />
konzentrieren. Es besteht ein eindeutiger Trend<br />
in Richtung Verpackungsminimierung, was sich vor allem in einer Reduzierung<br />
des Eigengewichtes ausdrückt. Eine Kompensierung des<br />
Stabilitätsverlustes wird vorrangig durch Primärfasereinsatz erreicht.<br />
Eine weitere Möglichkeit besteht in der Reduzierung der Ver-<br />
packungsgröße. Auch geht der Trend in Richtung Vermeidung von Sekundärverpackungen,<br />
gemeint sind hier vor allem Umverpackungen.<br />
All dies läuft auf eine Kostenreduzierung hinaus. Stora geht diese<br />
Aufgabenstellung über das Forschungsprojekt „Verbesserung bzw.<br />
Erhaltung von Steifigkeit, Stapelfestigkeit und sonstiger Festigkeitseigenschaften<br />
bei reduzierter Flächenmasse“ an.<br />
Der Einfluß der Umweltgesetzgebung wie z. B. die deutsche Verpackungsverordnung<br />
auf das Verpackungsmaterial und dessen Gestaltung<br />
ist der zweite maßgebliche Faktor nach den Kosten. Sie<br />
zwingt zur Vermeidung von Verbundmaterialien und führt hin zum<br />
Monomaterial. Dabei steht das Erhalten bzw. Erreichen der vollen<br />
Recyclierbarkeit im Vordergrund. Die Verpackung auf Basis von<br />
Holzfasern bringt dafür die besten Voraussetzungen mit. In diesem<br />
Bereich bedeutet auch der Wettbewerb der Kunststoffverpackung<br />
eine Herausforderung, indem zunehmend niedriggewichtige flexible<br />
Verpackungen angeboten werden. Das im Gegenzug von der Kartonverpackungsseite<br />
laufende Entwicklungsprojekt heißt „Schaffung<br />
von Barriereeigenschaften z. B. gegen Wasserdampf, Fett, Aroma,<br />
Sauerstoff usw.“ ohne Verwendung von Verbundmaterialien wie
<strong>44</strong>/97 1084<br />
UNTERNEHMEN · MÄRKTE · PRODUKTE<br />
z. B. PE. Hier gibt es bereits einige gute Beispiele der Umsetzung.<br />
Die starke Rolle der Lebensmittelverpackung im Kartongeschäft<br />
bedingt zwangsläufig die Beachtung und Erfüllung der Geruchs- und<br />
Geschmackskriterien. Hier ist die Verwendung von Primärfasern ein<br />
entscheidender Vorteil. Natürlich ist auch die strikte Einhaltung von<br />
bestimmten Faktoren im Fertigungsprozeß eine wichtige Voraussetzung.<br />
Das entsprechende Forschungsprojekt bei Stora beschäftigt<br />
sich intensiv mit der Frage der Einflußfaktoren auf Geruch und Geschmack,<br />
deren Meßbarkeit und deren Beseitigung bzw. Vermeidung.<br />
Das Problem der Neutralität bei der Bewertung von Geruch und Geschmack<br />
wird über die Entwicklung einer sogenannten „Elektronischen<br />
Nase“ zu lösen versucht. Hier ist Stora schon ein ganzes Stück<br />
vorangekommen.<br />
Der nächste angesprochene Trend bezieht sich auf die Marketingfunktion<br />
der Verpackung. In erster Linie hat die Verpackung natürlich<br />
Schutzfunktion. Ein ebenso bedeutender Faktor ist aber auch die<br />
Funktion als Informations- und Werbeträger. Die Verpackung muß<br />
den Käufer ansprechen und der Markenname eindeutig erkennbar<br />
sein. Hierzu ist eine hervorragende Bedruckbarkeit gefragt. Mit der<br />
Optimierung dieser Eigenschaft beschäftigt sich ein gleichlautendes<br />
Forschungsprojekt. Der begrenzte Raum in Lägern und Regalen ist<br />
ein Zwang, der den Verpackungshersteller in der Gestaltung und<br />
Größe der Verpackung fordert. Dies stellt zwangsläufig auch entsprechende<br />
Anforderungen an den Kartonhersteller.<br />
Der letzte Trendpunkt verweist auf das stärkere Wachstum von Lebensmittelverpackungen<br />
im Vergleich zu anderen Verpackungen. Das<br />
Verhältnis hält sich derzeit etwa die Waage. Des weiteren ist ein starkes<br />
Wachstum des Zigarettenmarktes in Asien festzustellen. Alle in<br />
dieser Darstellung gezeigten Trends sind Bestandteil der Marktstrategie<br />
von Stora. Diese umfaßt nicht nur den Kartonsektor, sondern<br />
schließt auch den Verpackungspapiersektor ein, der mit zum Unternehmensbereich<br />
gehört.<br />
Preisdruck – Kosten der Kunden<br />
Im Einflußfaktor D (vgl. Abb. 1) wird der Preisdruck und der entscheidende<br />
Faktor „Kunde“ angesprochen. Es ist Fakt, daß sich Kartonhersteller<br />
kaum noch erlauben können, über größere Preissprünge<br />
zu sprechen, da dies immer schwerer umzusetzen ist. Sie müssen<br />
sich fragen, wie sie – unabhängig von den kostensenkenden Aktivitäten<br />
im eigenen Hause – sicherstellen, daß die Kosten beim Kunden<br />
sich nicht erhöhen, und daß zusätzliche Kosten vermieden werden.<br />
Die Abb. 13 zeigt, wo die zukünftige Herausforderung liegt, dargestellt<br />
mit „New demand“ als waagrechte Linie, abweichend vom eigentlichen<br />
Trend, wenn man nichts tun würde. Die Aktivitäten, die<br />
sich aus dieser Herausforderung an uns stellen, sind:<br />
� Steigerung der Produktivität,<br />
� Schaffung eines sogenannten „Added value“, oder auf deutsch „zusätzlichen<br />
Nutzens“;<br />
� Verbesserung der Logistik.<br />
Die Steigerung der Produktivität besteht vorrangig in der optimalen<br />
Zuordnung der Kartonsorten nach Kosten und Qualität, der sogenannten<br />
Nutzung der Stärken der einzelnen Produktionseinheiten,<br />
d. h. der Beschränkung einer Produktionseinheit auf möglichst ein<br />
oder wenige Produkte und der Konzentration bestimmter Produkte<br />
auf bestimmte Maschinen. Dies bringt eine größere Gleichmäßigkeit<br />
in der Qualität, eine Steigerung der Kapazität und der Effizienz und<br />
damit deutliche Kosteneinsparungen im eigenen Haus wie auch beim<br />
Kunden. Der schöne Ausdruck „Added value“ soll heißen, daß wir bestrebt<br />
sind, dem Kunden nicht nur seine Wünsche zu erfüllen, sondern<br />
ihm auch noch einen zusätzlichen Nutzen zu vermitteln.<br />
Dies geschieht über eine möglichst weitgehende Standardisierung<br />
der Produktpalette, indem man in Zusammenarbeit mit dem Kunden<br />
nach den Bedürfnissen beider Seiten sich auf einige wenige, aber gezielte<br />
Produkte beschränkt. Dies trifft auch auf die mögliche Einschränkung<br />
der Formatgrößenvielfalt zu. Für den Kunden positiv<br />
sind: die größere Gleichmäßigkeit des Produktes in Qualität und Laufeigenschaften<br />
bei Druck und Verarbeitung, ein besserer Lieferservice,<br />
der sich vor allem ausdrückt in kürzeren Lieferzeiten, und eine<br />
höhere Flexibilität bei kurzfristigen Anfragen bzw. Änderungswünschen<br />
des Kunden. Dies ist u. a. dadurch gewährleistet, daß Stora ein<br />
kundennahes Lager unterhält mit entsprechender Anpassung der gesamten<br />
Logistik von der Auftragserteilung bis hin zur Anlieferung<br />
des Kartons an der Rampe.<br />
Ein gutes Beispiel für „Added value“ für den Kunden aber auch für<br />
den Kartonhersteller ist in Abb. 14 gegeben. Sie zeigt die Absenkung<br />
des Flächengewichts von Flüssigkeitskarton von ca. 20% über einen<br />
Zeitraum von 15 Jahren, wobei der große Sprung in den letzten beiden<br />
Jahren gelungen ist. Dies war nur möglich durch intensive Forschungs-<br />
und Entwicklungsarbeit auf dem Gebiet der Steifigkeits-<br />
/Festigkeitssteigerung und deren Umsetzung in die Praxis. Ausschlaggebend<br />
für die große Verbesserung war letztendlich der Ersatz<br />
von Zellstoff durch CTMP mit höherem Volumen. Für den Kunden<br />
entsteht ein um diese 20% wachsender Vorteil über eine größere<br />
Fläche, gleichbedeutend mit mehr Packungen bezogen auf das gleiche<br />
Einsatzgewicht. �
<strong>44</strong>/97 1086<br />
UNTERNEHMEN · MÄRKTE · PRODUKTE<br />
Veränderte Anforderungen in der<br />
Lieferantenkette<br />
Wie bereits erwähnt, ist eine zunehmende Konzentration auch im<br />
Bereich der Markenartikelhersteller und im Einzelhandelt festzustellen.<br />
Dies bedeutet zwangsläufig größeren Einfluß auf die vorgelagerten<br />
Lieferanten, indem stärker auf die Verpackungsgestaltung,<br />
die Kartonqualität sowie auf die Materialwahl eingewirkt wird. Dies<br />
geht bis hin zur Festlegung auf nur einige wenige, ganz bevorzugte<br />
Lieferanten. Für Stora als Kartonlieferant bedeutet dies, daß das Unternehmen<br />
seine Strategie gänzlich ändern muß. Früher lag die Materialwahl<br />
und die Gestaltung der Verpackung nahezu ausschließlich<br />
beim unmittelbaren Kunden: beim Drucker und Faltschachtelhersteller.<br />
Auf diese Bedürfnisse hatten sich die Abnehmer auf der einen<br />
und der Kartonhersteller auf der anderen Seite auszurichten.<br />
Heute – das zeigt die Abb. 15 – erstrecken sich die Informationen<br />
und Beziehungen über die ganze Lieferantenkundenkette: vom Kartonhersteller<br />
über den Faltschachtelhersteller, über den Markenartikelhersteller<br />
bis hin zum Einzelhandel und Kunden. Der Hersteller<br />
muß besser verstehen, was seine Kunden wünschen und sein Handeln<br />
danach ausrichten. Dies geschieht – wie die Pfeile in der Abbildung<br />
andeuten sollen – durch Informationen bei allen „Gliedern“ der<br />
Kette über das Anforderungsprofil und die Erarbeitung und Festlegung<br />
von Lösungswegen. Dabei muß sehr umsichtig vorgegangen<br />
werden, denn das Übergehen eines der Kunden bei der gemeinsamen<br />
Arbeit kann zu großer Verärgerung führen.<br />
Die Abb. 16 soll zeigen, wie die Konzentration der Markenartikelhersteller<br />
sich in den sieben wichtigsten europäischen Ländern in-<br />
nerhalb von fünf Jahren entwickeln wird. Die Bewertungsskala für<br />
den Verbrauch beträgt Milliarden ECU. Die 50 größten Markenartikelhersteller<br />
machen nahezu 60% des gesamten Verpackungsmarktes<br />
aus. Interessant ist auch der Trend zum verstärkten paneuropäischen<br />
Einkaufsverhalten. 50% des Verpackungsverbrauchs wird 1999<br />
schätzungsweise auf diese Weise abgewickelt werden. Diese Vorgehensweise<br />
versetzt den Markenartikelhersteller in die Lage, auf Sicht<br />
auf eine europaweite Vereinheitlichung der Verpackungen hinzuwirken,<br />
die Qualitätskontrolle zu vereinfachen und über die Menge und<br />
Auswahl bestimmter Lieferanten den Preis zu reduzieren. Am Ende<br />
ist dies ein bedeutender Kostenvorteil.<br />
Ganz anders als bei den Markenartikelherstellern sieht es bei den<br />
Faltschachtelherstellern in Westeuropa aus. Die zwölf bis 14 größten<br />
Vertreter dieser Gruppe verarbeiten nur 25% des gesamten hergestellten<br />
Kartons. Die Vielzahl der Faltschachtelhersteller stellt insofern<br />
den Schwachpunkt in der Lieferanten-Kundenkette dar, da vielgestaltige<br />
Anforderungen bestehen und es nur in wenigen Fällen gelingt,<br />
eine Einheitlichkeit in der Vorgehensweise zu erzielen. Doch besteht<br />
in letzter Zeit auch dort der Trend, daß sich größere Gruppen<br />
durch Akquisitionen herausbilden. Noch ist die Einflußnahme der<br />
Faltschachtelhersteller auf die Verpackungsentwicklung bedeutsam.<br />
Dieses wird sich jedoch, wie schon erwähnt, zukünftig mit der Konzentration<br />
in allen Bereichen ändern. Der eigentliche Wettbewerb ist<br />
auf Sicht nicht so sehr aus den eigenen Reihen, d. h. von verschiedenen<br />
Varianten der Verpackungen auf Holzfaserbasis zu erwarten,<br />
sondern von den Verpackungen aus anderen Materialien.<br />
Die Abb. 17 gibt einen Eindruck darüber, wie sich die Größe der<br />
Handelsketten (beispielhaft jeweils fünf pro Land) auf die Anwendung<br />
eigener Markennamen zwecks Kostenreduzierung auswirkt.<br />
Beispielsweise beherrschen in der Schweiz und in England die fünf<br />
größten Händler 70% des Einzelhandels und benutzen für 30% der<br />
Waren den eigenen Markennamen. Genannt seien hier z. B. Migros<br />
und Marks & Spencer.<br />
Wie die Abb. 18 zeigt, besteht bei diesen Handelsketten zudem noch<br />
der Trend der Europäisierung. Ein schönes Beispiel dazu aus der Rei-
<strong>44</strong>/97 1088<br />
UNTERNEHMEN · MÄRKTE · PRODUKTE<br />
he der zehn aufgeführten europäischen Handelsketten ist ALDI mit<br />
Filialen in mehr als sechs europäischen Ländern. Mit dieser Entwicklung<br />
wird sich auch die Lieferantenauswahl dieser Handelsketten<br />
internationalisieren. Durch den Konzentrationsprozeß bei den<br />
Kartonherstellern wird die Anzahl und damit die Auswahl der Lieferanten<br />
für deren Kunden geringer. Für die Beziehung zwischen den<br />
beiden Partnern bedeutet das verbesserte kommerzielle Bedingungen,<br />
engere Geschäftsverbindungen, verbesserten Service und geringere<br />
Verwaltungskosten.<br />
Die geschäftlichen Beziehungen werden sich immer mehr auf ausgewählte<br />
Kunden und Lieferanten beschränken, vorausgesetzt, daß<br />
damit auch eine Liefergarantie gewährleistet ist. Vorteilhaft dabei ist<br />
eine enge Kooperation auf Vertrauensbasis mit dem Lieferanten. Dar-<br />
Die Entwicklung der Großhandelsverkaufspreise<br />
Durch- %-Veränd. zu<br />
1991 = 100 schnitt Aug. Juli Aug. Aug. Juli<br />
Sorten bzw. Waren<br />
Druck- und Schreibpapier:<br />
1996 1996 <strong>1997</strong> 1996 <strong>1997</strong><br />
Druck- und Schreibpapier, h’h 107,6 106,9 107,1 107,1 + 0,2 – 0,1<br />
Druck- und Schreibpapier, h’fr 107,8 106,5 107,0 107,0 + 0,5 –<br />
Masch.-gestr. Papier, h’h 108,0 104,9 107,0 107,0 +42,0 +21,0<br />
Masch.-gestr. Papier, h’fr 95,5 23,5 96,0 96,0 + 2,7 + 1,3<br />
Kunstdruckpapier 105,4 105,1 105,5 105,5 + 0,4 +21,0<br />
Packpapier<br />
Papierwaren:<br />
103,3 101,7 104,3 104,3 + 2,6 – 0,1<br />
Tapeten aus Papier 120,1 121,4 121,9 121,9 + 0,4 + 0,4<br />
Geschäftsbücher 131,4 128,2 127,5 127,5 – 0,5 –<br />
Ordner 109,1 109,1 107,6 107,6 – 1,4 –<br />
Lernmittel aus Papier 100,4 99,2 93,8 93,0 – 6,2 – 1,7<br />
Briefumschläge und -blöcke 111,6 111,4 105,9 105,9 – 4,9 – 1,9<br />
Zellstoffwattewaren 100,9 100,5 97,6 97,6 – 2,9 – 0,3<br />
Bilddrucke und Karten<br />
Altpapier*<br />
142,6 1<strong>44</strong>,6 146,2 1<strong>44</strong>,7 + 0,1 – 0,6<br />
Zeitungen und Illustrierte 184,3 174,2 145,0 156,1 –10,4 + 7,7<br />
Tageszeitungen 101,4 91,4 92,6 105,2 +15,1 + 13,6<br />
Kaufhausaltpapier 186,1 185,6 172,6 184,8 –11,2 – 4,5<br />
Gebrauchte Wellpappe 146,9 141,1 120,6 118,5 –16,0 – 1,7<br />
* Verkaufspreise „ab Lager Großhandel”. · Zeichenerklärung: – Keine Zahlenangaben vorhanden. Quelle: Stat. Bundesamt<br />
aus können „Just-in-time“-Lieferungen, gemeinsame Produktentwicklung<br />
und ein gemeinsames „Total-Quality-Management”-Konzept<br />
zum beiderseitigen Nutzen entwickelt werden.<br />
Zusammenfassend kann für den europäischen Kartonmarkt bis<br />
zum Jahr 2000 festgehalten werden:<br />
� Das Wachstum wird in Westeuropa weiterhin langsam aber stetig<br />
vorangehen.<br />
� Der Markt in Zentraleuropa und in Übersee wird deutlich wachsen.<br />
� Der Wettbewerb von anderen Verpackungsmaterialien in Form<br />
von flexiblen Verpackungen und Mikrowelle wird zunehmen.<br />
� Kapazitätserweiterungen in Verbindung mit Rationalisierungen<br />
werden Produktionsstätten mit hohen Kosten in den Hintergrund<br />
drängen. Hier stellt sich allerdings die Frage: Ob dies nicht zu Lasten<br />
der Flexibilität geschieht?<br />
� Der Trend geht in Richtung größerer Faltschachtelhersteller und<br />
Zentraleinkauf bei den Markenartikelherstellern. Die Einflußnahme<br />
von seiten der Einzelhändler und Handelsketten wird<br />
größer.<br />
Die Bemühungen der Kartonlieferanten müssen auf folgende<br />
Kriterien fixiert sein:<br />
� Auf die Wünsche der Kunden ausgerichtet, näher am Markt zu arbeiten;<br />
dies bedingt eine Verbesserung der Kommunikation und<br />
der Logistik in der gesamten Verpackungsherstellungskette.<br />
� Über eine intensive Partnerschaft mit den Kunden Entwicklungen<br />
für den beiderseitigen Nutzen voranzutreiben.<br />
� Die Verpackungen kleiner und leichter zu gestalten und nur Monomaterial<br />
zu verwenden. Dies steht gleichzeitig im Einklang mit<br />
den Umweltanforderungen hinsichtlich Schonung der Ressourcen.<br />
Was den zukünftigen Verbrauch von Verpackungen aus Holzfasern<br />
anbelangt, so sieht Stora diesen aufgrund der genannten Fakten optimistisch.<br />
Dies gilt vor allem für qualitativ hochwertigen Karton aus<br />
Primärfasern. ����
In feierlichem Rahmen hat die Wellpappe<br />
Lucka (Lucka bei Leipzig) im Oktober ihre<br />
neue BHS-Wellpappenanlage eingeweiht.<br />
Die neue Maschine kostete 12 Mio. DM, hat<br />
eine Produktionskapazität von 150 t pro Tag<br />
und stellt ein- und zweiwellige Wellpappe<br />
her. Im Wellpappenwerk Lucka arbeiten 175<br />
Mitarbeiter, die einen Umsatz von ca. 36 Mio.<br />
DM pro Jahr erzielen. Das Unternehmen<br />
gehört zur Eikemeier-Gruppe, die Verarbeitungswerke<br />
in Langenhagen (bei Hannover),<br />
Gittersee (bei Dresden), Brandenburg und<br />
Treuen unterhält. Dabei handelt es sich um<br />
Betriebe, die zu einem bedeutenden Teil Wellpappenbögen<br />
des Werkes Lucka verarbeiten<br />
und vielfältige Verpackungen und Displays<br />
aus Wellpappe herstellen. In der Kartonagenfabrik<br />
Eikemeier (Langenhagen) und im<br />
Wellpappenwerk Gittersee stehen ebenfalls<br />
je zwei Inliner.<br />
Nachdem Uwe Eikemeier am 1. 6. 1991 die<br />
Wellpappe Lucka übernahm, wurden seit<br />
1993 insgesamt 40 Mio. DM in das Werk<br />
Lucka investiert. Der Betrieb entstand unter<br />
weitgehender Nutzung alter Gebäude auf einem<br />
42 000 m 2 großen Gelände. Das Rohwarenlager<br />
umfaßt 2000 m 2 , das Fertigwarenlager<br />
5000 m 2 , die Produktion 10 000 m 2 .<br />
Bei einer umfassenden Betriebsbesichtigung<br />
konnten sich ca. 300 geladene Gäste von<br />
<strong>44</strong>/97 1090<br />
PAPIERVERARBEITUNG UND DRUCK<br />
Wellpappe Lucka weiht<br />
neue WPA ein<br />
Der glückliche Besitzer mit Familie (von links): Christian Eikemeier, Ursula Eikemeier,<br />
Uwe Eikemeier, Cornelia Eikemeier, Christoph Pörschmann (Prokurist in Lucka).<br />
der sehr guten Maschinenausstattung überzeugen.<br />
Zur Weiterverarbeitung besitzt die<br />
Wellpappe Lucka zahlreiche Verarbeitungsmaschinen.<br />
Dazu gehören ein Inliner der<br />
Marke Isowa mit zwei Druckwerken, ein<br />
Martin-Inliner 1224 Flexokompakt mit drei<br />
Druckwerken und ein ebenfalls mit drei<br />
Druckwerken ausgestatteter Inliner 1228<br />
der Fa. Massenzana Außerdem lief zum Zeitpunkt<br />
der Besichtigung eine Bobst-Stanze<br />
Ein besonderer Leckerbissen war eine zum Abschluß der<br />
Veranstaltung vorgestellte Wellpappen-Tanzsportgruppe,<br />
die aus ortsansässigen Tänzerinnen bestand.<br />
1575 aus dem Jahr 1994, die demnächst mit<br />
einem Druckwerk ausgestattet werden soll.<br />
Die gesamte Eikemeier-Gruppe hat 270 Beschäftigte.<br />
Ca. 65% der Wellpappenproduktion<br />
werden in Lucka oder den angeschlossenen<br />
Verarbeitungswerken verarbeitet, der<br />
Rest geht in den freien Verkauf.<br />
Kennern der Branche fiel beim Rundgang<br />
außerdem eine 60 Jahre alte Wellpappenanla-<br />
ge der nicht mehr existierenden Fa. Müller<br />
Freital auf, auf der noch Wickelwelle produziert<br />
wird (Arbeitsgeschwindigkeit ca. 30<br />
m/min) und die Uwe Eikemeier vor allem aus<br />
Liebe zur Technik – so war zu hören – noch<br />
nutzt. Außerdem besteht ein nicht zu unterschätzender<br />
Vorteil des Aggregats darin, daß<br />
der Besucher an einer solchen Maschine noch<br />
sehr genau mitverfolgen kann, wie Wickelwellpappe<br />
entsteht, und die Maschine in<br />
ihren Gesamtabmessungen sehr überschaubar<br />
ist.<br />
Stolz des Besitzers<br />
Bei seiner Begrüßung der Gäste war Uwe<br />
Eikemeier anzumerken, welche Schwierigkeiten<br />
das Unternehmen in den letzten fünf<br />
Jahren zu überwinden hatte, um auf den jetzigen<br />
Stand der Technik zu kommen. So glich<br />
das Dach der alten Gebäude wohl eher einem<br />
löchrigen Schwamm – bei Regen standen<br />
Teile der Produktionshallen öfter unter Wasser<br />
–, und die Sanierung war kein leichtes<br />
Unterfangen. Auch die ortsansässigen Banken<br />
haben sich, so Eikemeier, als großes Problem<br />
erwiesen. Offensichtlich bestand bei<br />
diesen keinerlei Wille, einem risikofreudigen<br />
Unternehmer Geld zu leihen. Der Besitzer<br />
wies denn auch sehr deutlich darauf hin, daß<br />
es die Wellpappe Lucka ohne die Volksbank<br />
Hannover in der heutigen Form nicht gäbe.<br />
Es sei schon unverständlich, daß einerseits in<br />
Leipzig ein Palazzo Protzo gebaut, aber keinerlei<br />
Risikokapital für mittelständische Unternehmen<br />
zur Verfügung gestellt werde.<br />
Blick auf einen Teil der neuen Wellpappenanlage bei der Wellpappenfabrik Lucka.
<strong>44</strong>/97 1092<br />
PAPIERVERARBEITUNG UND DRUCK<br />
Für gute Unterhaltung sorgte das Orchester Langenhagen. Die 60 Jahre alte WPA, die von Fa. Müller Freital hergestellt wurde.<br />
Freudestrahlend wies Eikemeier darauf hin,<br />
daß die Wellpappe Lucka heute 60% weibliche<br />
Mitarbeiter beschäftigte, die zu einem<br />
guten Teil in Leitungs- und Führungspositionen<br />
seien. Am Ende seiner Rede übermannte<br />
ihn sichtlich die Rührung, als er sagte: „Ich<br />
bin stolz und glücklich – viele Schwierigkeiten<br />
waren zu überwinden.“<br />
Verschiedene Gastredner wiesen auf die<br />
Bedeutung des Wellpappenwerkes Lucka für<br />
die Region hin. So ist das Unternehmen größ-<br />
Jagenberg Diana mit neuem Universalpacker<br />
Rund 500 Universalpacker vom Typ „Japack“<br />
sind bisher weltweit von den Geschäftspartnern<br />
der Jagenberg Diana GmbH, so<br />
das Unternehmen, geordert worden. Den<br />
Packer, mit dessen Hilfe ein geschuppter<br />
Schachtelstrang hinter einer schnellaufenden<br />
Faltschachtel-Klebemaschine automatisch<br />
in Versandkartons gepackt wird, hat Jagenberg<br />
jetzt optimiert: Der „Japack 40-2“-<br />
Packer wurde in einer Reihe von Positionen<br />
überarbeitet und ist ab sofort unter dem neuen<br />
Namen „Japack 40-3“ im Programm. Die<br />
Optimierung soll sich in der täglichen Produktionspraxis<br />
durch kurze Einstellzeiten<br />
und sichere Produktionsabläufe bezahlt machen.<br />
Um die Verbindung zur Faltschachtel-Klebemaschine<br />
zu vereinfachen, verfügen die<br />
Dreh- und die Staustation der „Japack 40-3“<br />
jetzt über einen frequenzgesteuerten Antrieb.<br />
Dieser wird gesteuert durch einen in<br />
ter Arbeitgeber am Ort und schaffte es, die<br />
Zahl der Mitarbeiter von früher 60 auf mittlerweile<br />
fast 180 zu verdreifachen. Inzwischen<br />
habe Lucka, so war zu hören, in den<br />
neuen Bundesländern einen Marktanteil von<br />
10% bei Wellpappenverpackungen.<br />
Der mit Uwe Eikemeier befreundete Architekt<br />
Weiner Godor zeichnete außerdem<br />
ein sehr genaues Charakterbild des Eigentümers<br />
und seiner Familie – auch der Sohn arbeitet<br />
mittlerweile in der Unternehmens-<br />
der Sammel- und Preßeinrichtung der Faltschachtel-Klebemaschine<br />
installierten Impulsgeber.<br />
Der Synchronlauf von Sammelund<br />
Preßeinrichtung sowie „Japack 40-3“ ist<br />
auf diese Weise sichergestellt. Kombinationen,<br />
auch mit fremden Klebemaschinen-Fabrikaten,<br />
sind nach Herstellerangaben ohne<br />
großen Aufwand herzustellen. Das Zählen<br />
des durchlaufenden Schachtelbandes übernimmt<br />
ein Laserscanner, der völlig unabhängig<br />
von der Kartonmaterialstärke arbeitet.<br />
Nach seinem erstmaligen Einbau in die „Japack<br />
40-3“ muß er beim Formatwechsel nicht<br />
mehr auf die jeweilige Dicke des geschuppten<br />
Schachtelstromes eingestellt werden.<br />
Schachtelabhängige Neujustierungen von<br />
Auftrag zu Auftrag sind nicht mehr notwendig.<br />
Die Arbeitsabläufe in der „Japack 40-3“<br />
werden über eine speicherprogrammierbare<br />
Steuerung initiiert. Alle Bedientasten der<br />
Maschine sind in einem zentralen Steuerta-<br />
gruppe – und hob dabei nicht zuletzt die positive<br />
Schlitzohrigkeit von Ekemeier hervor,<br />
durch die ihm vieles im Unternehmen gelungen<br />
sei, was auf den ersten Blick unglaublich<br />
sei.<br />
Die gesamte Feierstunde wurde hohen Ansprüchen<br />
gerecht. Bei einem mehrgängigen<br />
Menü des Hotels Kempinski unterhielt die<br />
Bigband Langenhagen die Gäste, die auch<br />
überregional einen bedeutenden Namen gemacht<br />
hat. ����<br />
bleau zusammengefaßt. Der an der Staustation<br />
bisher verwendete elektromagnetische<br />
Vibrator wurde im Zuge der Maschinenpflege<br />
durch einen pneumatischen Vibrator ersetzt.<br />
Eine wichtige Arbeitserleichterung für<br />
die tägliche Praxis stellt die Ausstattung der<br />
„Japack 40-3“ mit Maßskalen und digitalen<br />
Positionsanzeigern dar. Diese befinden sich<br />
an allen Elementen, die bei einem Formatwechsel<br />
eingestellt werden müssen – also<br />
auch an der Transportebene der Umkartons,<br />
deren Höheneinstellung darüber hinaus motorisch<br />
erfolgt. Auf diese Weise ist es nunmehr<br />
möglich, das automatisch arbeitende<br />
Jagenberg-Packsystem bereits überlappend<br />
zur Faltschachtel-Klebemaschine durch die<br />
Bedienungsperson der „Japack 40-3“ auf das<br />
neue Format einzustellen; diese Arbeiten<br />
müssen also nicht mehr unbedingt dem Einsteller<br />
der Klebemaschine überlassen bleiben.<br />
����
Die als Technologiecenter 1994 gegründete,<br />
private österreichische Cellat ® GmbH in<br />
Rif/Hallein ist auf dem Sektor Forschung und<br />
Entwicklung umweltrelevanter Verfahren<br />
und Hilfsmittel für die Papierindustrie tätig.<br />
1996 wurde für den Bereich angewandte Biotechnologie<br />
die Schwesterfirma Bioconsult<br />
GmbH errichtet.<br />
In einer mehr als zweijährigen Projektarbeit<br />
ist dem Team mit der Entwicklung querschnittkationisierter<br />
Zellulosepartikel eine<br />
Innovation gelungen: Modifizierte Zellulose<br />
kann neuerdings als Polyelektrolyt eingesetzt<br />
werden. Die sogenannten Cellcat ® -Partikel<br />
sind mikroskopisch klein, faserförmig<br />
und nicht nur an der Oberfläche, sondern<br />
über ihren ganzen Querschnitt hoch katio-<br />
<strong>44</strong>/97 1094<br />
PAPIERERZEUGUNG<br />
Neue Partikelstoffe als Hilfsmittel für die<br />
Papierindustrie<br />
PTS-Forschung:<br />
nisch. Die poröse Struktur ermöglicht eine<br />
Bindung anionischer Störstoffe auch im Inneren<br />
der Partikel. Sie sind daher nach Herstellerangaben<br />
für den Einsatz in der Papierherstellung<br />
und in der Abwasserreinigung<br />
geeignet.<br />
Cellcat ® wird als Dualsystem angewendet<br />
und trägt zur Optimierung von Fixierung,<br />
Retention und Entwässerung in der Papiererzeugung<br />
bei. Als Konsequenz ergibt sich:<br />
erhöhte Produktivität der Papiermaschine,<br />
verbesserte Papierqualität, geringerer Feststoffverlust<br />
und Energieeinsparung durch<br />
bessere Entwässerung.<br />
In der Abwasserreinigung wird eine erhöhte<br />
Trockensubstanz (TS) im abgepreßten<br />
Schlamm, die Reduktion von Trühe und che-<br />
Reduzierung des spezifischen<br />
Frischwasserbedarfs um bis zu 25%<br />
Der Frischwasserbedarf der Druckpapier<br />
erzeugenden Papierfabriken in den „Neuen<br />
Bundesländern” liegt derzeit deutlich über<br />
dem durch den Stand der Technik be-schriebenen<br />
Niveau von 7 bis 20 l Wasser/kg pro<br />
Produkt. Eine Reduzierung des Frischwassereinsatzes<br />
ist Voraussetzung für einen<br />
wirtschaftlichen und effektiven Betrieb von<br />
Abwasserreinigungsanlagen. In einem vom<br />
Bundeswirtschaftsministerium gefördertem<br />
Forschungsprojekt (BMWi 335/96) führte die<br />
PTS in drei Papierfabriken Untersuchungen<br />
durch mit dem Ziel der Reduzierung des spezifischen<br />
Frischwasserverbrauchs durch Optimierung<br />
der Wasserkreisläufe.<br />
In Bestandsaufnahmen vor Ort erfolgte die<br />
Charakterisierung der Wassernutzung. Die<br />
Untersuchungsergebnisse wurden in Sankeydiagrammen,<br />
Belastungsprofilen und<br />
Ganglinien dargestellt, die Wasserkreislauf-<br />
systeme und -schaltungen durch Kennwerte<br />
beurteilt. Optimierungsvorschläge zur<br />
Frischwassereinsparung, zur Verbesserung<br />
mischem Sauerstoffbedarf (CSB) im Filtrat<br />
sowie ein erhöhter Durchsatz beim Entsorgungsaggregat<br />
erreicht.<br />
Nach erfolgreichen Industrieversuchen ist<br />
die technologische Seite des Projektes abgeschlossen.<br />
Als nächster Schritt soll die Herstellung<br />
des Produktes in einer bestehenden<br />
Viskosefabrik sichergestellt werden. Mit der<br />
Produktverfügbarkeit beginnt die Markteinführung<br />
mit hauseigenen Ressourcen im logistisch<br />
regional erreichbaren Marktgebiet<br />
Mitteleuropa. Für die weltweite Vermarktung<br />
ist in der strategischen Planung die Zusammenarbeit<br />
mit internationalen Kooperationspartnern<br />
auf Joint-venture-Basis vorgesehen.<br />
����<br />
der Kreislaufschaltung mit dem Ziel der Entlastung<br />
sensibler Prozeßschritte bzw. Verminderung<br />
belastungsbedingter Prozeßstörungen<br />
werden ausgewiesen. Generell<br />
festzustellen war, daß z. B. durch Erweiterung<br />
der Speichervolumina für gering feststoffbelastetes<br />
Klarwasser und eine dynamische<br />
Fahrweise der Speicher Frischwassereinsparungen<br />
bis zu 25% realisiert werden<br />
können. Des weiteren wurden ausgewählte<br />
Rejektströme hinsichtlich ihrer Rohstoffei-
genschaften charakterisiert und Empfehlungen<br />
zur deren Verwertung abgeleitet, was zur<br />
Verminderung des Abwasser- und Reststoffanfalls<br />
beiträgt und die Rohstoffausbeute erhöht.<br />
Durchschnittlich wurden Frischwassereinsparungen<br />
von ca. 25% bzw 5 l/kg ermöglicht.Wie<br />
an einem Modellbeispiel dargestellt<br />
<strong>44</strong>/97 1096<br />
PAPIERERZEUGUNG<br />
wird, reduzieren sich dadurch die Kosten für<br />
die Frischwasseraufbereitung und Abwasserreinigung<br />
um ca. 19 DM/t. Eine Optimierung<br />
der Kreisläufe vermindert Produktionsprobleme<br />
und trägt dadurch ebenfalls zur Kostensenkung<br />
bei. Die Ergebnisse sind im<br />
PTS-Forschungsbericht FB 15/97 veröffentlicht.<br />
����<br />
„RDH“ soll Maßstäbe für<br />
moderne Stoffherstellungssysteme<br />
setzen<br />
Nam Hee Shin*<br />
Angesichts ständig steigender Holzkosten<br />
sind Stoffhersteller gezwungen, effizientere<br />
Fertigungsverfahren zu finden, um ihre Ausbeute<br />
zu vergrößern. Eine leistungsfähige Alternative<br />
für den klassischen Kochvorgang ist<br />
„RDH” (die für den englischen Begriff „rapid<br />
displacement heating“ = „Schnellverdrängungserhitzung“<br />
steht). Sie nutzt Verdrängungstechnologien,<br />
nicht nur um die Stoffausbeute<br />
zu erhöhen, sondern auch um die Stoffqualität<br />
zu erhöhen und Energie zu sparen.<br />
Die Herausforderung in herkömmlichen<br />
Kochsystemen bestand darin, die Kappa-Zahl<br />
ohne negative Auswirkungen auf die Ausbeute<br />
oder die Festigkeit des Stoffes zu verringern,<br />
weil der Kochvorgang zur Erreichung<br />
einer niedrigeren Kappa-Zahl zu einer erheblichen<br />
Beschädigung der Kohlenhydrate<br />
führt. Dadurch werden die Ausbeute und die<br />
Festigkeit des Stoffes gesenkt. Eine weitere<br />
Entlignifizierung fand während des Sauerstoff-Entlignifizierungsverfahrens<br />
statt, wobei<br />
eine Verschlechterung der Festigkeit des<br />
Stoffes sowie der Ausbeute den Entlignifizierungswerten<br />
wieder Grenzen setzte.<br />
Die Nachrüstung von herkömmlichen Kochsystemen<br />
mit einem „RDH”-System optimiert<br />
das Kochverfahren eines Herstellers durch die<br />
Erreichung einer höheren Ausbeute bei einer<br />
gegebenen Kappa-Zahl in Verbindung mit verbesserten<br />
Stoffestigkeits- und Bleichwerten.<br />
* Nam Hee Shin ist Marketingdirektor für den Bereich „Chemische Zellstofferzeugungsmaschinen”<br />
bei der US-amerikanischen Beloit Corporation.<br />
Wie „RDH” funktioniert<br />
Das „RDH”-Konzept beruht auf der Umwälzung<br />
von Energie (Wärme) und Kochmitteln<br />
durch ein Tanksystem – ein integriertes<br />
Netz von Hochdruckspeichern und drucklosen<br />
Tanks. Schwarzlaugen mit einer hohen<br />
Temperatur werden nach dem Kochvorgang<br />
aus Kochern verdrängt und für spätere Kochvorgänge<br />
zwischengespeichert.<br />
Die Wiederverwen-<br />
dung von heißen<br />
Schwarzlaugen<br />
führt zu einem niedrigerenDampfverbrauch<br />
und minimiert<br />
den Spitzendampfbedarf<br />
in<br />
Chargenkochsystemen.<br />
Hackschnitzel<br />
werden zunächst<br />
einmal mit warmer<br />
Schwarzlauge (~<br />
125 °C) imprägniert<br />
und anschließend<br />
mit heißer<br />
Schwarzlauge vorgeheizt.<br />
Nach Abschluß<br />
der Befüllung<br />
mit heißer<br />
Schwarzlauge erreicht<br />
der Kocher<br />
die erforderliche Kochtemperatur mit minimalem<br />
Dampfverbrauch, weil die Hackschnitzel<br />
durch die Imprägnierung mit<br />
Schwarzlauge bereits vorgeheizt wurden.<br />
Nach dem Kochvorgang verdrängt Wäscherfiltrat<br />
die Ablauge in heiße Druckspeicher,<br />
damit sie in späteren Kochvorgängen wiederverwendet<br />
werden kann. Damit wird<br />
außerdem ein zusätzlicher Braunstoff-<br />
Waschvorgang ermöglicht.<br />
Aufgrund der Durchströmung der Hackschnitzelsäule<br />
mit viel warmer Lauge und<br />
heißer Schwarzlauge am Anfang des Kochvorgangs<br />
werden die Hackschnitzel einer<br />
großen Menge Hydrosulfidionen ausgesetzt.<br />
Die anschließende Umwälzung dieser Hydrosulfidionen<br />
erhöht die Selektivität bei der<br />
Entlignifizierung. Unter anderem darum ist<br />
es in einem „RDH”-Kochvorgang möglich, ohne<br />
Einbußen bei der Festigkeit oder Ausbeute<br />
viel niedrigere Kappa-Zahlen zu erreichen.<br />
Darüber hinaus überwacht das „RDH”-Verfahren<br />
chemische Konzentrationen während<br />
der Imprägnier- und Kochvorgänge, um unter<br />
Beibehaltung des Hemicellulosengehalts<br />
die Stoffausbeute zu erhöhen.<br />
Warum Hersteller<br />
nachrüsten<br />
Stoffhersteller stellen aus verschiedenen<br />
Gründen auf das „RDH”-Kochverfahren um;<br />
Ein typisches Element des „RDH”-Kochers ist der Einbau von zusätzlichen Tanks. Diese<br />
dienen als Zwischenlager für die kaustischen Lösungen, die von und zum eigentlichen<br />
Kocher fließen.
zu den wichtigsten Gründen zählen die verbesserte<br />
Stoffqualität sowie vor allem die<br />
höhere Stoffestigkeit. Außerdem verringert<br />
das „RDH”-Verfahren den Dampfverbrauch,<br />
während es gleichzeitig die Stoffmenge durch<br />
eine größere Ausbeute erhöht.<br />
Unter der Voraussetzung, daß der Kocher<br />
ausreichend ist, kann die bestehende Ausrüstung<br />
eines Herstellers in hohem Maße für<br />
das „RDH”-Kochsystem modifiziert werden.<br />
Bei einer Nachrüstung werden die vorhandenen<br />
Kocher, Rohrleitungen,Ventile und Pumpen<br />
sowie sonstige Einrichtungen mit verwendet.<br />
Eine zusätzliche Sortiervorrichtung<br />
für den Kocher sowie ein zusätzliches Rohrleitungssystem<br />
werden installiert, um das<br />
„RDH”-Verdrängungssystem aufnehmen zu<br />
können.<br />
Das entscheidende Element in diesem<br />
Konzept – ein Tanksystem – wird installiert,<br />
um eine sofortige Speichermöglichkeit zur<br />
Lagerung der verschiedenen Laugen bereitzustellen.<br />
Dieses Tanksystem besteht aus<br />
einem Tank für kühle Lauge, aus Speichern<br />
für warme Schwarzlauge, heiße Schwarzlauge<br />
und heiße Weißlauge sowie aus einem Verdrängungstank.<br />
Es ermöglicht eine ständige<br />
Umwälzung der Schwarzlauge und sorgt für<br />
ausreichende Mengen und Temperaturen in<br />
jeder Phase des Verfahrens.<br />
Die Nachrüstung von herkömmlichen<br />
Kraftkochsystemen mit RDH bietet Zellstoffherstellern<br />
mehrere Vorteile, u.a.:<br />
� Höhere Stoffausbeute: Mit „RDH” erfolgt<br />
die chemische Verteilung gleichmäßiger<br />
und allmählicher; dadurch ist der Faserabbau<br />
weniger ausgeprägt als mit herkömmlichen<br />
Kochsystemen. Die Vorimprägnierung<br />
der Hackschnitzel mittels<br />
Schwarzlauge mit einem hohen Sulfidgehalt<br />
erhöht zudem die Selektivität. Aufgrund<br />
dieser Faktoren bleiben mehr Fasern<br />
unverletzt, was zu einer höheren<br />
Stoffausbeute führt.<br />
� Höhere Qualität, festerer Stoff: Eine Kombination<br />
aus reduzierter mechanischer<br />
und chemischer Beschädigung der Fasern<br />
bewirkt die Herstellung eines festeren,<br />
höherwertigen Stoffs. Mit dem „RDH”-<br />
Kochverfahren wird die Hemicellulose –<br />
die Zugfestigkeitseigenschaften verleiht –<br />
viel wirksamer geschützt als dies mit herkömmlichen<br />
Methoden der Fall ist. Mit<br />
RDH unterliegt der Stoff außerdem weniger<br />
mechanischen Beschädigungen, weil<br />
er bei niedrigeren Temperaturen aus dem<br />
Kocher ausgepumpt<br />
wird,<br />
während er in<br />
herkömmlichen<br />
Kochverfahren<br />
bei hohen Temperaturenausgeblasen<br />
wird. Der<br />
Stoff behält seine<br />
Festigkeit und<br />
Qualität, weil er<br />
die Blasleitung<br />
mit niedrigerem<br />
Druckabfall<br />
durchläuft. Die<br />
Gleichmäßigkeit<br />
des Stoffs zählt<br />
zu den wichtigsten<br />
Faktoren, die<br />
die Stoffestigkeit<br />
beeinflussen. Der<br />
im „RDH”-Verfahren<br />
hergestellte<br />
gleichmäßige<br />
Stoff verbessert<br />
darüber hinaus<br />
die Stoffqualität.<br />
� Energieeinsparung:<br />
Durch<br />
die Wiederverwertung<br />
der vorhandenenEnergie<br />
verringert das<br />
„RDH”-System<br />
den Dampfbedarf<br />
im Kochverfahren<br />
um bis zu 60 bis<br />
70%. Beim herkömmlichenChargenkochverfahren<br />
werden<br />
im Durchschnitt<br />
1850 kg (2,04<br />
Tonnen) Dampf<br />
pro Stofftonne<br />
benötigt, während<br />
der durchschnittlicheVerbrauch<br />
bei den<br />
derzeit betriebenenRDH-Systemen<br />
lediglich<br />
650 kg (0,71 t)<br />
Dampf pro<br />
Stofftonne beträgt.<br />
PAPIERERZEUGUNG<br />
1097 <strong>44</strong>/97
� Umweltfreundlich: WennHersteller in ihrer<br />
Produktion strengen Umweltauflagen<br />
entsprechen müssen, hilft das „RDH”-System<br />
beim Schutz der Umwelt durch Einhaltung<br />
der Vorschriften zur Luft- und<br />
Wasserreinhaltung. Da beim Kochen des<br />
Stoffgemisches eine niedrigere Kappa-<br />
<strong>44</strong>/97 1098<br />
PAPIERERZEUGUNG<br />
Zahl erreicht wird, werden in der Bleichanlage<br />
weniger Bleichchemikalien<br />
benötigt. Dies führt zu einer erheblichen<br />
Verringerung der Werte für adsorbierbare<br />
organische Halogenide, CSB<br />
und Farben in den Abwässern der Bleichanlage.<br />
����<br />
Kartonmaschine in Skoghall<br />
mit guter Auslastung<br />
Bereits sechs Monate nach ihrem Start läuft<br />
Europas größte Kartonmaschine in Skoghall<br />
(Schweden) auf Hochtouren. „Die KM8 ist jetzt<br />
schon mit 80% ihrer Kapazität ausgelastet.<br />
Dabei hatten wir mit so einer Entwicklung<br />
erst bis in ein oder zwei Jahren gerechnet“,<br />
sagt Alf-Göran Bengtsson, Werksleiter von<br />
Stora Skoghall. „Die KM8 hat bis heute unsere<br />
Erwartungen mehr als erfüllt, und sie wird<br />
mit größter Wahrscheinlichkeit ihre volle Kapazitätsauslastung<br />
auch früher als ursprünglich<br />
geplant erreichen“, so Alf-Göran Bengtsson.<br />
Die KM8 besitzt eine jährliche Kapazität<br />
von 320 000 - 400 000 t, und die Nachbarmaschine<br />
(KM7) kann jährlich 230 000 t Karton<br />
produzieren. Das Hauptprodukt von Stora<br />
Eine schräge Lösung<br />
Der neue Drucksortierer von Alfa Laval Celleco<br />
Die wichtigste Innovation im neuen sogenannten<br />
Alfascreen, einem Vertikalsortierer<br />
mit geringem Platzbedarf, der Zellstoff hoher<br />
Gutstoffdichte verarbeiten kann, besteht in<br />
einem schräg gewellten Siebkorb. Dana Rogers,<br />
Produktleiter für den Sortierer bei der<br />
Fa. Alfa Laval Celleco teilte der apr mit, die<br />
Entwicklung des neuen Prozesses sei Teil der<br />
sogenannten „strategischen Neupositionierung“<br />
innerhalb des Unternehmens gewesen.<br />
Alfa Laval Celleco sei bereits in einigen Bereichen<br />
als Anlagenlieferant in Erscheinung<br />
getreten. Tatsächlich bietet Celleco seit längerem<br />
umfassende Zellstoffreinigungslösungen.“In<br />
Anbetracht dessen repräsentiert die<br />
Sortiertechnologie einen Bereich, dem Celle-<br />
Skoghall ist Karton für Flüssigkeitsverpackungen,<br />
die auf beiden Maschinen (KM7<br />
und KM8) produziert werden: Mit der KM8<br />
wird außerdem White Top Liner hergestellt,<br />
während auf der KM7 zusätzlich die neuen<br />
Kartonprodukte CKB und Cup Stock laufen.<br />
In die KM8, eine Valmet Maschine, wurden<br />
4 Mrd. SEK investiert, unter anderem in eine<br />
CTMP-Anlage (Chemi-Thermo-Mechanical-Pulp)<br />
und eine neue Bleichanlage, die im<br />
April in Betrieb genommen wurde. Dank dieser<br />
Investitionen konnte die Bleichkapazität<br />
in Skoghall verdoppelt werden und brachte<br />
die Produktion hin zum geschlossenen Produktionskreislauf<br />
um einen entscheidenden<br />
Schritt weiter. ����<br />
co wieder erhöhte Aufmerksamkeit zukommen<br />
lassen mußte“, so Rogers. Da sich das<br />
Unternehmen im Bereich der Cleanertechnologie<br />
einen guten Namen gemacht hat,<br />
schien die Entwicklung eines hocheffizienten<br />
Sortierers sinnvoll. „Im Verarbeitungsprozeß<br />
bestehen Abhängigkeiten zwischen Sieben<br />
und Wirbelsichtern. Je nach Anwendung<br />
können erstere die letzteren vor Beschädigungen<br />
schützen Siebe entfernen Schmutzstoffe<br />
aus dem Zellstoffstrom, die in Zentrifugalreinigern<br />
vermeidbare Schäden verursachen<br />
würden“, erläuterte er.<br />
Die Entwicklung des neuen Alfa Screens<br />
konzentrierte sich auf das, was sich in der Mikrozone<br />
zwischen der Vorderkante des Ro-<br />
torfoils und den Öffnungen im Siebkorb abspielt.<br />
Durch Schrägstellung des Wellenmusters<br />
im Siebkorb konnte man die Axialbewegung<br />
der Schmutzstoffe entlang des Siebs<br />
beschleunigen und damit den Separationsprozeß<br />
in der Mikrosortierzone erleichtern.<br />
Ein weiteres, wesentliches Merkmal ist die<br />
größere und differenzierter geformte Öffnung<br />
zur Rejectzone mittels einer halbmondförmigen<br />
Krümmung von 360°. Größe und<br />
Form dieser Öffnung erhöhen die Geschwindigkeit,<br />
mit der die Schmutzstoffe aus der<br />
Siebzone heraus und in die Rejectzone transportiert<br />
werden.<br />
Zur Vereinfachung von Wartung und Reparatur<br />
wurde die Anlage so ausgelegt, daß<br />
Rotor und Lagervorrichtung vorn am Sortierer<br />
ausziehbar sind, so daß dieser mit seiner<br />
Rückseite nahe einer Wand plaziert werden<br />
kann. Außerdem wurde der Motor oberhalb<br />
des Siebs angeordnet, woraus eine sehr geringe<br />
Stellfläche resultiert. Ob Siebversionen<br />
höherer Kapazität ebenfalls so ausgelegt<br />
werden können, steht noch nicht fest, da<br />
größere Motoren zu schwergewichtig sein<br />
könnten.<br />
Der neueAlfascreen von Alfa Laval Celleco.<br />
Die Vorderkante des Rotorfoils ist auswechselbar<br />
und trägt zur Flexibilität des<br />
Sortierers bei. Die aus gehärtetem Stahl gefertigte<br />
Vorderkante wird auf das Foil aufgeschraubt.<br />
Bei Abnutzung kann sie abgeschraubt<br />
und ausgetauscht werden, wodurch<br />
die Notwendigkeit des Austarierens bei Einsatz<br />
eines neuen Foils entfällt. Je nach Art<br />
der Anwendung und der Anforderungen der<br />
Zellstoff- und Papierhersteller läßt sich die<br />
Grundausstattung mittels zahlreicher untereinander<br />
auswechselbarer Siebkorb- und Rotorkombinationen<br />
anpassen. ����
Maschinenumbau bei<br />
Mead Karton<br />
Durch einen 50-Mio.-US-$ Umbau der<br />
Maschine 1 in der Mead-Coated-Board-Produktionsstätte<br />
in Alabama wurde die Kapazität<br />
von Mead-Kraftkarton um ca. 35 000 t<br />
pro Jahr gesteigert. 930 000 Jahrestonnen<br />
können nun auf den zwei Kartonmaschinen<br />
der Mahrt-Mill produziert werden. Mahrt<br />
gilt damit nach wie vor weltweit als die größte<br />
Produktionsstätte für Kraftkarton.<br />
Schwerpunkte des Umbaus von Maschine 1<br />
waren die Stoffaufbereitung, Blattbildung,<br />
Pressenpartie und das Antriebssystem. Die<br />
Verbesserung der Blattbildung ergab sich<br />
durch die Vergrößerung des Langsiebes und<br />
den Einbau eines zusätzlichen Deckschichtformers.<br />
Die Preßpartie wurde durch zwei<br />
Doppelsiebpressen mit einer zusätzlichen<br />
erweiterten „Nip-Presse“ (Preßwalze) ersetzt.<br />
Damit soll eine wesentlich gleich-<br />
mäßigere Qualität möglich sein, die eine widerstandsfähigere<br />
Abpackleistung mit einer<br />
noch glatteren Oberfläche für qualitativ<br />
PAPIERERZEUGUNG<br />
hochwertige grafische Bedruckbarkeit bietet.<br />
Der umfangreiche Maschinenumbau<br />
konnte innerhalb von vier Wochen im Juni<br />
<strong>1997</strong> bewerkstelligt werden. An manchen Tagen<br />
waren bis zu 2000 Arbeiter in den Umbau<br />
eingebunden, die in einem sorgfältig geplanten<br />
Zeitraster von 15-Minuten-Einheiten<br />
arbeiteten. ����<br />
Voith Sulzer DuoCleaner wird<br />
gut verkauft<br />
Bis heute wurden nach Angaben der Fa.<br />
Voith Sulzer Paper Technology (OSPT) in<br />
Heidenheim über 100 DuoCleaner, davon allein<br />
41 in 1996, verkauft Das Hochdruckreinigungsaggregat<br />
für die Bespannung der Papiermaschine<br />
dient der kontinuierlichen Reinigung<br />
von Filzen und Sieben bei laufender<br />
Produktion. Der für den Naßteil entwickelte<br />
DuoCleaner N ist mit einem rotierenden,<br />
kontinuierlich traversierenden Multistrahl-<br />
Reinigungskopf mit einem Wasserdruck bis<br />
250 bar in verschiedenen Bereichen einsetzbar.<br />
Durch die gleichmäßige und traversierende<br />
Reinigung in der Siebpartie werden<br />
1099 <strong>44</strong>/97
Löcher im Papier und Oberflächenbeschädigungen<br />
durch minimale Ablagerungen auf<br />
dem Sieb und in den Siebmaschen verringert.<br />
Die Siebstandzeiten können verlängert werden,<br />
wobei Nebelbildung und daraus resultierende<br />
Abrisse abnehmen.<br />
In der Pressepartie können die Filzstandzeiten<br />
aufgrund intensiver und dennoch schonender<br />
Reinigung verlängert werden. Die somit<br />
erreichte Sauberkeit sorgt für eine offene<br />
Filzoberfläche, durch die eine erhöhte Wasseraufnahme<br />
und ein gleichmäßiges Feuchtequerprofil<br />
ermöglicht wierden. Die verringerte<br />
Neigung des Filzes, sog. „Haare” zu verlieren,<br />
ist ebenfalls positiv zu bewerten.<br />
<strong>44</strong>/97 1100<br />
PAPIERERZEUGUNG<br />
Der für die Trockenpartie entwickelte<br />
DuoCleaner T kann sowohl in der Vortrockenpartie<br />
als auch in der Nachtrockenpartie,<br />
speziell bei schwierigen Einsatzgebieten<br />
wie Altpapiereinsatz und Wiederverwendung<br />
von gestrichenem Ausschuß, eingesetzt<br />
werden.<br />
Vorteile sollen, so VSPT, eine sowohl gleichbleibend<br />
hohe Luftdurchlässigkeit des<br />
Trockensiebes und somit eine uneingeschränkte<br />
Trockenrate als auch eine positive<br />
Beeinflussung des Feuchtequerprofils sein.<br />
Durch weniger Schmutzanfall an den Leitwalzen<br />
und Schabern kommt es zu einer Reduzierung<br />
der Reinigungsstillstände. ����<br />
Weltweit erste Aschegranulierungsanlage<br />
in<br />
Betrieb genommen<br />
Eine auf dem Zellstoffabriks-Gelände der<br />
Enso-Tochter Enocell Oy in Uimaharju in<br />
Ostfinnland errichtete Granulierungsanlage<br />
für Baumrindenasche wurde Mitte September<br />
vom finnischen Umweltminister Pekka<br />
Haavisto und Ensos stellvertretendem Generaldirektor<br />
Juhani Pohjolainen in Betrieb genommen.<br />
Die Anlage hat eine Produktionskapazität<br />
von rund 15 000 t pro Jahr. Mit der<br />
bei Enocell anfallenden Asche ist die neue Anlage<br />
etwa knapp zur Hälfte ausgelastet, so<br />
daß in Uimaharju auch Asche von anderen<br />
Fabriken granuliert werden kann. Die Bauarbeiten<br />
der von der finnischen Firma Tecwill<br />
Oy konzipierten Anlage wurden im vergangenen<br />
Oktober aufgenommen. Das Investitionsvolumen<br />
belief sich auf 6 Mio. Fmk(ca. 2<br />
Mio. DM). Die Anlage wird von der Firma<br />
Enotuhka Oy unter der Leitung von Geschäftsführer<br />
Aatos Kostiainen betrieben.<br />
Die Aschegranulierung leistet in zweifacher<br />
Hinsicht einen Beitrag zum Umweltschutz:<br />
zum einen ist Holzasche ein natürliches<br />
Düngemittel, das die in der Baumrinde<br />
enthaltenen Nährstoffe wieder in den Wald-<br />
boden zurückführt, und zum anderen verringert<br />
deren stoffliche Verwertung die Deponiebelastung<br />
um ein Drittel. Laut bereits seit<br />
den 30er Jahren durchgeführten wissenschaftlichen<br />
Untersuchungen wirkt sich<br />
Holzasche positiv auf den pH-Wert des Waldbodens<br />
aus und verbessert das Wachstum der<br />
Baumbestände. Besonders erfolgreich ist die<br />
Aschedüngung auf moorigen Waldböden, wo<br />
aufgrund des niedrigen pH-Werts die Funktionen<br />
der Kleinlebewesen eingeschränkt<br />
sind. Die Wirkung einer Aschedüngung kann<br />
bis zu 30 bis 40 Jahre anhalten.<br />
Schon seit langer Zeit werden Versuche mit<br />
Baumasche gemacht. Der Einsatz von staubförmiger<br />
Asche hat sich jedoch als schwierig<br />
erwiesen, da sich der Staub unkontrolliert<br />
ausbreitet und leicht weggeschwemmt wird.<br />
Staubförmige Asche ist auch aus dem Blickwinkel<br />
des Arbeitsschutzes problematisch. In<br />
Form eines Granulats ist die Asche jedoch<br />
leicht zu verteilen, löst sich langsam auf und<br />
die Nährstoffe werden vom Waldboden effektiv<br />
aufgenommen. Zur Düngung können etwa<br />
3000 kg Asche pro Hektar verteilt werden.<br />
Die gesamte Produktion der neuen Anlage in<br />
Uimaharju wird zunächst zur Düngung von<br />
konzerneigenen Wäldern eingesetzt. Zur Verteilung<br />
des Granulats werden Hubschrauber<br />
oder raupengetriebene Spezialgeräte eingesetzt.<br />
����<br />
Verantwortung für<br />
Rollenschneider jetzt bei<br />
Voith Sulzer Finishing<br />
Im Juli <strong>1997</strong> hat die Voith Sulzer Finishing<br />
GmbH in Krefeld offiziell die Verantwortung<br />
für Rollenschneider innerhalb der Voith-Sulzer-Gruppe<br />
von Voith Sulzer Papiertechnik<br />
GmbH (Heidenheim) übernommen. Dieser<br />
„Rollen-Wechsel” ist sorgfältig vorbereitet<br />
worden. Bereits seit einiger Zeit werden Rollenschneider<br />
mit Breiten zwischen 5600 mm<br />
und 8100 mm in Krefeld gefertigt. Konstruiert<br />
und gebaut wird bei der Voith Sulzer<br />
Finishing GmbH in Krefeld jetzt eine weitere<br />
Serie von vier Rollenschneidern. Diese<br />
sind für Arbeitsbreiten von 6500 mm bzw.<br />
9800 mm und Arbeitsgeschwindigkeiten bis<br />
zu 2600 m/mine ausgelegt. ����<br />
Ausbau bei Voith Sulzer<br />
Finishing Limited<br />
in Manchester<br />
Durch neue Gebäude und den Ausbau der<br />
vorhandenen Produktionshallen wird die<br />
Voith Sulzer Finishing Limited (Manchester)<br />
in die Lage versetzt, ihre Produktionskapazitäten<br />
zu steigern und sich der neuen Aufgabenverteilung<br />
innerhalb der Voith Sulzer<br />
Finishing Division anzupassen. Künftig liegt<br />
die Zuständigkeit für alle Ecosoft-Kalander<br />
ausschließlich bei der Voith Sulzer Finishing<br />
Limited in Manchester.<br />
Die Investitionen der Voith Sulzer Finishing<br />
Limited in Manchester führen dazu, daß<br />
ab Mitte <strong>1997</strong> das gesamte Nipco-Walzenprogramm<br />
der Voith-Sulzer-Gruppe in Manchester<br />
gefertigt werden kann, um die Nipco-<br />
Technologie einschließlich der Konstruktion<br />
und der Fertigung von Schio in Italien zu<br />
übernehmen. ����
Seminar:<br />
Naßpressen und Bespannung<br />
Leitung: Dr.-Ing. H. Großmann<br />
Prof. Dr. H.-J. Naujock<br />
Termin: Montag, 8. 12. <strong>1997</strong> bis<br />
Dienstag, 9. 12. <strong>1997</strong><br />
An- Bitte bis spätestens 24. 11.<br />
meldung: <strong>1997</strong> mit Angabe der Kurzbezeichnung<br />
an die Papiertechnische<br />
Stiftung<br />
Kurz- NP-SE 7<strong>44</strong> MUC<br />
bezeichnung:<br />
Gebühren: Die Teilnehmergebühren betragen<br />
980 DM bzw. 820 DM für<br />
Mitglieder.<br />
Seminarinhalt:<br />
Einführung in die Verfahrenstechnik<br />
des Naßpressens<br />
� Vorgänge im Walzenpreßspalt<br />
� Wirkungsprinzipien und Prozeßvariablen<br />
� Aufbau und Wirkungsweise moderner<br />
Pressensysteme<br />
Pressendesig<br />
� Einfluß der Pressenauswahl auf die Produktqualität<br />
� Pressenkonzepte für Druckpapiere, Verpackungspapiere<br />
und Karton<br />
PAPIERERZEUGUNG<br />
� Durchbiegungskorrektur<br />
Bespannungstechnik<br />
� Stand und Entwicklungstendenzen in der<br />
Bespannungstechnik<br />
� Anforderungen an Preßfilze für unterschiedliche<br />
Pressentypen sowie Rohstoffund<br />
Produktqualitäten<br />
� Vermeidung von Vibrationen durch Bespannungsdesign<br />
� Anforderungen und moderne Konzeptionen<br />
der Bahnförderung<br />
Trouble Shooting<br />
� Schwachstellenanalyse in der Pressenpartie<br />
mit Hilfe von Schwingungsmessungen<br />
� Ursachen, Analytik und Maßnahmen zur<br />
Verminderung von Ablagerung in Sieben<br />
und Filzen ����<br />
1101 <strong>44</strong>/97
<strong>44</strong>/97 1102<br />
PAPIERERZEUGUNG<br />
Programmiersprache „Java“<br />
für die Papiermaschinensteuerung<br />
Das im Bereich Papiermaschinen und Automation<br />
weltweit tätige finnische Unternehmen<br />
Valmet gab den Abschluß eines Tests<br />
einer auf der Programmiersprache „Java“ basierenden<br />
Papiermaschinensteuerung bekannt.<br />
Die von Sun entwickelte ,Java’-Sprache<br />
revolutionierte die Internet-Welt. Laut<br />
Valmet wird dies auch in der Steuerung von<br />
Papiermaschinen und in der gesamten Prozeßsteuerung<br />
eintreten. „Wir sind begeistert<br />
von den Möglichkeiten, die „Java“ in der Prozeßsteuerung<br />
bietet“, erläuterte Markku<br />
Kangas, Präsident und CEO von Valmet<br />
Automation. „Wir arbeiten seit Anfang 1994<br />
mit java und sind jetzt der erste Anbieter von<br />
Prozeßsteuerungssystemen, der ,Java’ direkt<br />
26. EUCEPA-Konferenz und<br />
92. Zellcheming-HV (VI)<br />
Die Mitgliederversammlung am Mittwoch und die Sitzung 6:<br />
„Chemische Zusatzstoffe“ – funktionell unentbehrlich und<br />
ökologisch nützlich<br />
Die Mitgliederversammlung<br />
im großen Auditorium hatte man der vielen<br />
Vortragstermine wegen heuer schon auf acht<br />
Uhr sine tempore angesetzt. Die meisten Mitglieder<br />
hatten diesen Termin als mörderisch<br />
früh empfunden und glänzten durch Abwesenheit.<br />
Die versammelten circa 80 Mitglieder<br />
reichten aber aus, um eine ordnungsgemäße<br />
Abwicklung zu ermöglichen, weshalb<br />
H. Kessler die Chance beim Schopf nahm, die<br />
Versammlung auf die Sekunde genau zu<br />
eröffnen – in der Minute zuvor hatte er bereits<br />
die Ehrenmitglieder Drewsen, Holzhey,<br />
Jacobs und Krüger begrüßt, ebenso diverse<br />
Komitees und – man höre und staune! – „die<br />
stets wohlgesonnene Presse“! Was für das An-<br />
in die Prozeßsteuerungsstationen eines verteilten<br />
Steuersystems einbaut.“ Valmet integrierte<br />
„Java Virtual Machine” in die Prozeßsteuerungsstationen<br />
seines Damatic-XDi-<br />
Steuersystems.<br />
,Java’ öffnet Damatic XDi für Echtzeit-<br />
Steuerungsanwendungen durch Dritte“, so<br />
Mika Vanne, Produktmanager, verantwortlich<br />
für die „Java“-Produkte bei Valmet.<br />
„Durch den Einsatz von ,Java’ können Fabriken<br />
und Anbieter von Prozeßanlagen für ihr<br />
gesamtes Knowhow direkt in Damatic XDi<br />
integrieren.“ Valmet wandte diese neue Möglichkeit<br />
bei der Entwicklung eines modernen,<br />
multivariablen Papiermaschinen-Steueralgorithmus,<br />
der ,Java’ verwendet, an. ����<br />
liegen des Vereins sicher auch zutrifft – nicht<br />
aber für jeden auf seiner Bühne Agierenden,<br />
der ja an seiner ihm/ihr übertragenen Aufgabe/Pflicht<br />
gemessen werden muß.<br />
Gleich in den ersten Sätzen seiner Begrüßung<br />
unterlief H. Kessler der Ausdruck<br />
„einmaliger Ausrutscher“, als er die frühe<br />
Morgenstunde nach dem Partyabend und die<br />
Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit ansprach.<br />
Auf diese möglicherweise Freudsche<br />
Fehlleistung wird aber noch zurückzukommen<br />
sein!<br />
Sodann gedachte Kessler der im abgelaufenen<br />
Jahr verschiedenen 13 Mitglieder, unter<br />
denen der Name Wilfinger auffiel, denn man<br />
hatte diesen stets heiteren Kollegen von sei-<br />
ner letzten Dankadresse im Rahmen der Verleihung<br />
einer Jubiläumsnadel noch in bester<br />
Erinnerung.<br />
Im Bericht des Vorstandes<br />
wurde bündig über die Mitgliederbewegung<br />
ohne Auffälligkeiten berichtet, worauf der<br />
dramatische Rückgang der Studentenzahlen<br />
in den Natur- und Ingenieurwissenschaften<br />
zur Sprache kam, der aber an allen Hochschulen<br />
der Bonner Republik symbat verläuft.<br />
In manchen Disziplinen gibt es schon<br />
heute mehr Professoren als Diplomanden ab<br />
2000! – Vielleicht kann man dann die lehrenden<br />
Unterbeschäftigten (ein Beamter<br />
kann ja nicht entlassen werden!) in der Industrie<br />
für längst überfällige Entwicklungen<br />
einsetzen – fiel dazu dem Sitznachbarn dieses<br />
Berichters ein!<br />
Anschließend kam ein ganz wichtiger<br />
Punkt zur Sprache: die erstmalige Erstellung<br />
eines Vortragsheftes von „Das Papier“ mit allen<br />
Beiträgen in der Originalsprache (nur<br />
eine Ausnahme durch das sogenannte<br />
„schwarze Schaf“), das als Heft 6 A mit den<br />
Tagungsunterlagen überreicht wurde. So kamen<br />
auch die Monolingualen in den Genuß<br />
einer umfassenden Informationsübertragung,<br />
denn Englisch lesen kann ja heute wohl<br />
jeder Hochschulabsolvent. Diese Anstrengung<br />
sei mit einem enormen Aufwand verbunden<br />
gewesen (so Keppler), weshalb der<br />
Vereinsbericht erst im Laufe des Sommers<br />
fertig würde. Damit habe man echtes Neuland<br />
betreten – was aber hervorragend gelungen<br />
sei! Und das war es in der Tat (mit<br />
Ausnahme der Beiträge zum Rundgespräch,<br />
die erst im Dezember publiziert werden)!<br />
Dazu erfuhr man noch außerhalb der Mitgliederversammlung,<br />
daß die für die Textredigierung<br />
verantwortlichen Mitarbeiter des<br />
Instituts für Papierfabrikation der TUD<br />
einen nicht mehr erfaßbaren Aufwand an<br />
Überstunden geleistet hätten, um die von<br />
Fehlern starrenden Manuskripte der Autorenmehrheit<br />
von orthographischen und<br />
Zeichensetzungsfehlern zu befreien. Der<br />
Sprachbeherrschungspegel speziell der jüngeren<br />
Autoren sei so erbärmlich niedrig, daß<br />
einem auch um die wissenschaftliche Qualität<br />
des Ingenieurnachwuchses angst und<br />
bange werden müßte. Denn die Sprache ist ja<br />
auch ein Denkwerkzeug! Wer es nicht beherrscht,<br />
muß Einbußen an Denkschärfe hinnehmen,<br />
unter der nicht zuletzt die Paten-
tierbarkeit von Ideen leidet. Denn zusehends<br />
mehr metamorphisieren sich die Patentanwälte<br />
zu Wortfindern! Wo stünden wir heute<br />
z. B., wenn wir nicht zwischen träger und<br />
schwerer Masse differenzieren könnten.<br />
Kein Wunder, daß die Kollegen vom IfP<br />
heuer einen überarbeiteten Eindruck machten.<br />
Wer nämlich tagtäglich unter Termindruck<br />
steht und pro Seite schätzungsweise 30<br />
Fehler redigieren muß, kommt um Sorgenfalten<br />
und graue Haare kaum herum. Zum<br />
Trost ergeht es den Studienräten an unseren<br />
höheren Schulen kaum besser, wie eine informelle<br />
Diskussionsrunde mit lokalen Gymnasiallehrern<br />
im Rebland offenbarte. Nach<br />
Einschätzung dieser Damen und Herren muß<br />
man sich schon ein wenig schämen, um den<br />
Abiturienten von heute ein Papier mit ihrer<br />
Unterschrift in die Hand zu drücken, das genaugenommen<br />
noch nicht einmal den Bedruckstoff<br />
wert ist. Selbst in den besten Fällen<br />
dürfte ein Gesellenbrief höher einzuschätzen<br />
sein 1 .<br />
Kessler ließ nicht unerwähnt, daß auch die<br />
Verlängerung der HV von drei auf vier Tage<br />
mit zusätzlichen Kosten verbunden gewesen<br />
sei (Kongreßhausmiete etc.). Um so glücklicher<br />
sei man deshalb, daß man bis zum Vorabend<br />
schon 1786 Teilnehmer mit 270 Begleitpersonen<br />
habe registrieren können, und<br />
daß sich 240 Firmen an der EXPO ’97 beteiligt<br />
hätten – ein sehr erfreuliches Ergebnis.<br />
Trotzdem gäbe es in Baden-Baden noch einige<br />
Probleme: man leide unter enormen Teuerungsraten,<br />
und es fehle auch etwas an der<br />
notwendigen Sensibilität, wie die Einrichtung<br />
von Baustellen demonstriere.<br />
Dazu sollte man freilich ergänzen, daß die<br />
Stadt in der Tat sehr viel geleistet hat, um<br />
ihren ruhigen Kurcharakter zu bewahren,<br />
der nirgendwo Streß oder Gehetztheit aufkommen<br />
läßt – dank des großen Umfahrungstunnels,<br />
der dem Erstbefahrer den Eindruck<br />
vermittelt, er befinde sich in einer wirklichen<br />
Großstadt. Bei solchen Projekten mit ihren<br />
Folgekosten muß ja den Kommunen förmlich<br />
die Luft ausgehen! Nichtsdestoweniger halte<br />
man auch 1998 an Baden-Baden fest!<br />
Auf die Berichte der Ausbildungsstätten<br />
wurde aus Zeitmangel verzichtet! Welche<br />
Wohltat, denn es wirkt kaum etwas langweiliger<br />
als zu erfahren, wieviel Studenten in XY<br />
an diesem oder jenem Praktikum teilgenom-<br />
1 Diese Erkenntnis ist freilich nicht neu! Von Helmut Kuhlenkampf, dem<br />
letzten Schüler von Conrad Wilhelm Röntgen, ist der Ausspruch verbürgt:<br />
„Es ist schön, ein Doktorat in Physik zu erwerben. Noch schöner<br />
ist es, den Gesellenbrief als Schlosser zu besitzen“ (um 1949).<br />
men haben. Auch die Zahl der Doktoranden<br />
etc. ist völlig uninteressant – es sei denn, sie<br />
hätten patentierbare Zusammenhänge erbracht!<br />
Beeindruckt durch das Vorbild Kessler<br />
nahm sich auch der Hauptausschußvorsitzende<br />
G. Strittmatter, Dachau (früher<br />
Haindl/Augsburg), an seiner Bündigkeit ein<br />
Beispiel und spulte in aller Kürze den<br />
Bericht des Hauptausschusses<br />
ab. Er verwies auf die beeindruckenden Fachprogramme<br />
der Bezirksgruppen und lobte die<br />
intensive Arbeit der Fachausschüsse. Bezüglich<br />
der laufenden Tagung fand er die Sitzung<br />
über „Chemische Zusatzstoffe“ unter K.<br />
Goebel vom Fachausschuß<br />
für Fortund<br />
Weiterbildung<br />
als besonders erwähnenswert.<br />
Im<br />
übrigen habe es in<br />
der Obmannschaft<br />
von Fachausschüssen<br />
diverse Wechsel<br />
gegeben:<br />
� der FA I obliege<br />
jetzt R. Hock,<br />
Stockstadt;<br />
� im FA III hat<br />
jetzt E. Gruber,<br />
TH Darmstadt,<br />
das Sagen;<br />
� dem FA VI steht<br />
H. Burkhart, Hagen,<br />
vor;<br />
� den FA IX besorgt<br />
W. Rixen,<br />
Düren; und um<br />
� den FA XIII<br />
kümmert sich K.<br />
Süttinger,<br />
Schongau.<br />
Die Bezirksgruppe<br />
Ostdeutschland<br />
wartet noch auf<br />
ihren Vorsitzenden.<br />
– Für die Arbeit<br />
des Vereins<br />
werden die Fachausschüsseimmer<br />
wichtiger –<br />
hier bat er um<br />
mehr aktive<br />
Mitarbeit.<br />
PAPIERERZEUGUNG<br />
Der Uhrzeiger verweilte erst bei 8.17 Uhr,<br />
als der kommissarische Schatzmeister H.<br />
Krüger im Bericht des Schatzmeisters von<br />
dem guten Erbe berichtete, das ihm sein verstorbener<br />
Vorgänger hinterlassen habe. Im<br />
Fiskaljahr habe es bei<br />
� 1 649 674 Aufwendungen immerhin<br />
� 1 726 000 DM an Einnahmen gegeben,<br />
so daß ein Überschuß von 1,35% resultiere.<br />
Zunehmende Sorgen bereite allerdings die<br />
immer kompliziertere Besteuerung.<br />
Mit Absicht habe er sich (so Krüger) bei der<br />
laufenden Konferenz für extrem niedrige Gebühren<br />
(PS: Der EUCEPA-Pegel liegt sonst<br />
überall jenseits von 1000 DM) eingesetzt, wozu<br />
die Aussteller der Zulieferindustrie einen<br />
erheblichen Obolus geleistet hätten. Als<br />
1103 <strong>44</strong>/97
schmerzlich empfinde man die stetige Verteuerung<br />
der Tagung – möglicherweise sei die<br />
Gebührenerhöhung auch schon ein Vorgriff<br />
auf den zukünftigen Charakter Baden-Badens<br />
als Festspielstadt.<br />
Im übrigen stehe der Verein auf guten<br />
Füßen, die man sich auch in Zukunft warm<br />
halten wolle. Aus diesem Grund sei eine Erhöhung<br />
der Mitgliederbeiträge unvermeidlich.<br />
Die Geschäftsführung des Vereins schlage<br />
deshalb vor, ab 1998<br />
� die ordentlichen Beiträge für alle auf 180<br />
DM (+20 DM),<br />
� die Beiträge für Ruheständler auf 90 DM<br />
(+15 DM) und die<br />
� Beiträge für außerordentliche Mitglieder<br />
auf 30 DM (+5 DM) jährlich anzuheben.<br />
Dieser Vorschlag wurde einstimmig angenommen!<br />
Krüger empfahl, das Hotel für die HV 1998<br />
vom 22. bis 25. 6. schon jetzt zu reservieren,<br />
da Baden-Baden dann schon Festspielstadt<br />
sei – mit über 2000 Sitzen im Festspielhaus<br />
(mehr als in Bayreuth!) kann bei Galavorstellungen<br />
das Hotelreservoir auch schon<br />
mal erschöpft sein.<br />
Geschäftsführer R. Weidenmüller gab sodann<br />
die Prüfung des Finanzgebarens bekannt.<br />
Er verlas die Kassen- und Kontenprüfung<br />
einschließlich der der HMC-Stiftung<br />
2 , vorgenommen durch J. Hellersen und<br />
W. Schlüter in Darmstadt, die keinen Anlaß<br />
zu Beanstandungen gegeben habe.<br />
Die Aussprache zu den Berichten<br />
begann mit dem Hinweis von Heising, daß die<br />
Karajan-Festspiele schon im April 1998 beginnen<br />
würden, so daß Baden-Baden auch für<br />
ein breiteres Publikum an Attraktivität gewinnen<br />
würde. Ruck schlug konkret vor, doch<br />
auch mal was für die grünen Witwen der Mitglieder<br />
zu tun, und für den 25. 6. 1998 ein<br />
tunlichst verbilligtes Kartenkontingent für<br />
den „Falstaff“ reservieren zu lassen, damit<br />
eine Symbiose von HV und Festspielen gleich<br />
von allem Anfang zur Tradition geriete. –<br />
Dies würde freilich voraussetzen, daß das<br />
nächste HV-Anmeldeformular neben der Frage<br />
nach der Teilnahme am Gesellschaftsabend<br />
auch anzukreuzen erlaubt, in welcher<br />
Preiskategorie man an einer Festspielaufführung<br />
teilnehmen möchte. Vielleicht wür-<br />
<strong>44</strong>/97 1104<br />
PAPIERERZEUGUNG<br />
2 Wie erinnerlich, war der Zellcheming-Präside und Namensgeber seiner<br />
Stiftung Hellmuth Müller-Clemm (1948–1962) vor gut 20 Jahren mit<br />
Toursieger Eddy Merckx verglichen worden; aktuell müßte man Jan Ullrich<br />
als Vorbild benennen. – Die Red.<br />
de man schon bald Baden-Baden mit Salzburg<br />
und Bayreuth in einem Atemzug nennen,<br />
und dann wäre es doch schade, wenn der<br />
Verein nach Jahrzehnten der Treue zum Ort<br />
nicht von Anfang an dabei wäre!<br />
Die Regularien<br />
lagen wie immer in den bewährten Händen<br />
von Ralf Weidenmüller. Er plädierte für Gewinnvortrag<br />
und Entlastung des Vorstandes<br />
(bei drei Enthaltungen einstimmig genehmigt)<br />
und nannte die neuen Mitglieder des<br />
Vorstandes, dem Steinbeis und Furler nicht<br />
mehr angehören – schade um die beiden um<br />
den Verein verdienten Männer! Neu hinzugekommen<br />
sind dafür Dr. G. Traser, Ciba,<br />
Frankfurt, Frau Dr. Jass-Teichmann, Papierfabrik<br />
Jass, Fulda, und Dr. K. Wurster,<br />
Haindl, Augsburg.<br />
Vor mittlerweile vielleicht 130 Hörern wurde<br />
der neue Vorstand bei zwei Gegenstimmen<br />
und sechs Enthaltungen bestätigt, in dem W.<br />
Heinrich, Bergisch Gladbach, den Vorsitz<br />
übernimmt. H. Kessler avancierte zwangsläufig<br />
zum Altpräsidenten (dessen „Wahl“ von der<br />
Funktion her überhaupt nicht erforderlich wäre,<br />
da Amt per definitionem!), und H. Krüger<br />
übernahm in unverwelkter Frische wieder das<br />
Amt des ordentlichen Schatzmeisters.<br />
Die Ehrennadeln<br />
für 40 Jahre Mitgliedschaft konnten nur an<br />
drei Anwesende überreicht werden – die übrigen<br />
versieht die Post mit den Auszeichnungen.<br />
Drei weitere Ehrungen wurden auf den<br />
Ballabend verschoben, da das Zeitkorsett<br />
eine erweiterte Mitgliederversammlung<br />
nicht zuließ. – In seinem fünfminütigen<br />
Schlußwort informierte H. Kessler<br />
über die Neustrukturierung der EUCEPA, in<br />
deren Rahmen das Komitee für Planung etc.<br />
aufgelöst und durch ein Managementkomitee<br />
ersetzt wird – auch Organisationen seien<br />
zur Evolution verurteilt! Für den Verein sah<br />
er aber keine Notwendigkeit, von den bereits<br />
ausgetretenen Wegen abzuweichen – vielleicht<br />
beim dritten Festspielzyklus im Jahr<br />
2000, wenn ein immer tanzfauler werden<br />
der Nachwuchs den Ballabend überflüssig<br />
macht, weil man lieber ins Theater geht.<br />
Kessler dankte allen Kollegen im Vorstand<br />
für ihre Mitarbeit unter seiner Präsident-<br />
schaft; auch gab er seiner Überzeugung Ausdruck,<br />
daß die Kernaktivität des Vereins in<br />
Zukunft im Hauptausschuß zu finden sein<br />
wird. Er bat noch um ein pünktliches Erscheinen<br />
beim Ball, damit die Ehrungen ausgewählter<br />
Personen rechtzeitig beendet werden<br />
könnten, denn Vorrang habe ja im Benazet-Saal<br />
der Tanz – und das Gespräch mit<br />
Freunden.<br />
Um 8.45 Uhr nach nur 45 Minuten Zeitaufwand<br />
für Berichte und Regularien konnte<br />
Kessler die interne Mitgliederversammlung<br />
bereits schließen, was bei allen Teilnehmern<br />
auf ein begeistertes Echo stieß. Jetzt hatte<br />
man nämlich im Rahmen der längsten Pause<br />
dieser Konferenz von immerhin 45 Minuten<br />
endlich einmal Zeit, versäumte Standbesuche<br />
nachzuholen, oder um der Lebens- bzw.<br />
Leidensgefährtin im benachbarten Hotel<br />
beim Frühstück noch schnell zu erzählen, wie<br />
schön der Morgen begonnen habe!<br />
Kurzum: die ganz eindeutige Mehrheit<br />
wünschte sich sehr, daß aus Kesslers „Ausrutscher“<br />
ein Dauerrutscher erwachsen möge,<br />
der nach den anstrengenden Parties am<br />
Vorabend auch dem engagierten Mitglied<br />
noch eine zusätzliche Stunde Schlaf erlaubt,<br />
denn nur ausgeruhte Teilnehmer können<br />
einer Tagung im echten Sinne zum Erfolg verhelfen!<br />
Vielleicht gebar die Ausnahmesituation<br />
<strong>1997</strong> eine neue Tradition im Interesse aller<br />
zukünftigen HV-Teilnehmer: Programmbeginn<br />
am Mittwoch nicht mehr vor „neun“!<br />
Der Ballabend und seine erstmaligen<br />
Ehrungen<br />
Als weiterer wesentlicher Vorteil der HV-<br />
Planung <strong>1997</strong> dank ihrer Verzahnung mit der<br />
26. EUCEPA-Konferenz stellte sich der Verzicht<br />
auf die „erweiterte Mitgliederversammlung“<br />
heraus, so daß man sich die Doppelbegrüßung<br />
der Ehrenmitglieder und auch manche<br />
sonstige Selbstbeweihräucherung sparen<br />
konnte.<br />
Schon bald zeigte sich, daß der festliche<br />
Rahmen des Benazet-Saales im Kurhaus sich<br />
ganz hervorragend für Ehrungen eignet –<br />
viel besser als das nüchterne Souterrainauditorium<br />
des Kongreßhauses, das eher den<br />
Charme eines Kühlschrankes verstrahlt (wie<br />
etwa Sabine Christiansen von den Tagesthemen).<br />
Man konnte sich überdies auch<br />
während der Zeremonien am Tisch im unteren<br />
Dezibelbereich zu Kommentaren hinreißen<br />
lassen, die im Kongreßhaus gar nicht
möglich gewesen wären. So bemerkte eine<br />
Dame am Tisch dieses Berichters beim Ansichtigwerden<br />
der imposanten Statur von<br />
Antti Arjas, der als erster von H. Kessler auf<br />
das Podium gerufen wurde, mit dem Ausdruck<br />
grenzenloser Überraschung: Der Mann<br />
ist ja direkt eine Todsünde wert! Man weiß ja<br />
nicht, was sie damit meinte, obwohl für den<br />
polnischen Katholiken sofort klar ist: einmal<br />
sonntags nicht in die Kirche gehen!<br />
Die Laudatio verlas der Kollege und<br />
Freund L. Göttsching, als Postdoc in jüngeren<br />
Jahren auch einmal Mitarbeiter am heute<br />
von Arjas geleiteten KCL-Institut in Espoo.<br />
Ihr entnahm man, daß A. Arjas während des<br />
finnischen Winterfeldzuges gegen Rußland<br />
(das aber nur den Militärbezirk Leningrad<br />
mobilisiert hatte und sich deshalb an der Karelienfront<br />
zurückziehen mußte) im Dezember<br />
1940 in Helsinki geboren wurde, das seine<br />
Freiheit knapp 20 Jahre zuvor einem deutschen<br />
Freikorps verdankte. Er promovierte<br />
mit 30 mit einer Arbeit über Mahlungsvorgänge,<br />
die auch D. Atack in Montreal auffiel.<br />
Anschließend war er 22 Jahre in diversen Papierunternehmen<br />
tätig, bevor er 1993 das renommierte<br />
finnische Zellstoff- und Papierinstitut<br />
KCL in Espoo (bei Helsinki) übernahm.<br />
Seine über 80 Veröffentlichungen (die meisten<br />
von ihm als einzigen Autor – in wohltuendem<br />
Kontrast zu den 732 Veröffentlichungen<br />
eines zentraleuropäischen Autors, der<br />
nie alleine verantwortlich zeichnete) haben<br />
ihn überall dort bekannt gemacht, wo Papier<br />
erzeugt wird. Gerühmt wird auch sein Talent<br />
als Organisator einer betriebsbezogenen Forschung.<br />
So gut wie alles, was er in dieser Aufgabe<br />
angepackt hat, geriet zum Erfolg, woran<br />
seine persönliche Ausstrahlung einen entscheidenden<br />
Anteil hatte. Ein Vergleich möge<br />
zur Illustration dienen: er war bei der Ehrung<br />
zwar 56 Jahre alt, sah aber aus wie ein<br />
46jähriger und verströmte den Optimismus<br />
eines 36jährigen Mannes, der sozusagen zum<br />
Erfolg verdammt ist.<br />
PAPIERERZEUGUNG<br />
A. Arjas erhielt aus der Hand von H.Kessler<br />
die Walter-Brecht-Denkmünze für seine<br />
außergewöhnlichen Leistungen als Forscher<br />
und Institutsleiter.<br />
Arjas bedankte sich mit einer in deutscher<br />
Sprache (die er akzentfrei beherrscht) aus<br />
dem Stegreif formulierten Ansprache, die<br />
noch auf manches Jahr einer kollegialen Zusammenarbeit<br />
zwischen finnischen und<br />
deutschsprechenden Papiermachern hoffen<br />
läßt, zumal seine fachlichen Ambitionen auch<br />
anderen als Maßstab zur Zierde gereichen<br />
würden. Davon legte er in der Abschlußsitzung<br />
über Energiefragen Zeugnis ab, zu der<br />
er einen schrittsetzenden Vortrag über die<br />
Optimierung in Zellstoff- und Papierfabriken<br />
beisteuerte. Darin blieb er den Beweis nicht<br />
schuldig, daß er die drängenden Probleme<br />
von morgen und übermorgen bereits heute<br />
deutlich im Visier hat.<br />
Als zweiter aktiver Forscher wurde Dominique<br />
Lachenal, akademischer Lehrer für<br />
chemische Aufschlußverfahren an der franzö-<br />
1105 <strong>44</strong>/97
sischen Schule (Ecole) für die Papierausbildung<br />
(EFPG) im Rahmen des Polytechnischen<br />
Nationalinstitutes Grenoble INPG 3<br />
(Heim diverser Nobelpreisträger – von Klitzing<br />
u. a. m.) mit der Alexander-Mitscherlich-<br />
Denkmünze als 23. Träger ausgezeichnet.<br />
Der von Schatzmeister H. Krüger auf französich<br />
verlesenen Laudatio konnte man entnehmen,<br />
daß D. Lachenal 1947 im Department<br />
Oise unweit von Schloß Chantilly geboren<br />
wurde und sich in seiner beruflichen<br />
Laufbahn nach der Promotion 1974 am Zellstoff-<br />
und Papierforschungsinstitut CTP in<br />
Grenoble schon früh mit der Lignin- und Cellulosechemie<br />
beschäftigt hat, insbesondere<br />
mit klassischen und neueren Prozessen der<br />
Zellstoffherstellung sowie mit der Bleiche<br />
von Zell- und Holzstoff, speziell unter Auswertung<br />
der umweltfreundlichen Agenzien<br />
Sauerstoff, Ozon und Peroxid, wobei er gerne<br />
zu ungewöhnlichen Lösungsansätzen greift.<br />
Davon zeugen mehr als 50 wissenschaftliche<br />
Beiträge sowie 15 Patente.<br />
Von Lachenal ist aber in Zukunft sogar<br />
noch mehr zu erwarten, denn in seiner aktuellen<br />
Funktion als Direktor eines Laborzusammenschlusses<br />
von CTP, EFPG, INPG und<br />
CNRS (Centre National de Recherches Scientifique)<br />
unterstehen ihm 70 Experten, darunter<br />
35 Doktoranden. Seine Bedeutung für<br />
die von ihm beratenen Fachvereinigungen<br />
(ATCP/TAPPI, CPPA) kann deshalb nur noch<br />
wachsen. Im übrigen wurde er auch noch in<br />
das Auswahlkomitee für den Marcus-Wallenberg-Preis<br />
berufen, der alljährlich vom<br />
schwedischen König an Papierwissenschaftler<br />
vergeben wird. Darin wacht er zusammen<br />
mit Peter Wrist, Björn Steenberg und Äquivalenten<br />
darüber, daß Forscher ausgezeichnet<br />
werden, die die Anliegen der Zellstoff- und<br />
Papierindustrie richtungweisend fördern.<br />
Als letzten Auszuzeichnenden erlebte man<br />
L. Göttsching auf dem Podium, um aus der<br />
Hand von H. Kessler die Urkunde der Ernennung<br />
zum 41. Ehrenmitglied des Vereins Zellcheming<br />
entgegenzunehmen.<br />
Der während der Olympiade 1936 in Berlin<br />
Geborene wurde schon als 34jähriger zum<br />
Nachfolger von Walter Brecht auf dessen<br />
Darmstädter Lehrstuhl berufen. Zuvor hatte<br />
er bis 1966 fünf Jahre am finnischen Zellstoff-<br />
und Papierinstitut KCL in Helsinki verbracht,<br />
größtenteils unter Lars Nordmann in<br />
<strong>44</strong>/97 1106<br />
PAPIERERZEUGUNG<br />
3 Prof. Dr. L. Göttsching wurde dort vor wenigen Jahren mit dem Ehrendoktorhut<br />
bedacht. – Die. Red.<br />
der Papierabteilung. Da ihm die Walter-<br />
Brecht-Denkmünze schon 1983 zuerkannt<br />
worden war, galt die aktuelle Ehrung seinen<br />
Verdiensten um den Verein Zellcheming, dessen<br />
Schicksal und Ansehen er in 25 Jahren<br />
Vorstandschaft entscheidend mitgeprägt hat.<br />
Man kann sicher sein, daß er auch in Zukunft<br />
der Sache des Vereins ungeteilt dienen wird!<br />
Zum Ambiente dieser erstmalig (aber hoffentlich<br />
nicht einmalig!) im Rahmen des Gesellschaftsabends,<br />
der heuer überdurchschnittlich<br />
gut besucht war, vorgenommenen<br />
Ehrung ist freilich hinzuzufügen, daß ein<br />
durch Flüstern an den Tischen verursachter<br />
Geräuschpegel nicht ganz vermeidbar war.<br />
Aber im entscheidenden Moment konnte<br />
man auch dieser Kulisse Herr werden, denn<br />
auf der Bühne saß eine Liveband, die mit<br />
einem Tusch entweder Tutti oder per Schlagzeug<br />
für „Ruhe und Ordnung“ im Saal sorgte<br />
(obwohl Tony Blair oder Gerhard Schröder<br />
nicht anwesend waren). Deren Pianist ließ es<br />
sich nicht nehmen, in den Lesepausen zwischen<br />
den diversen Laudationes etwas<br />
„Streuselkuchen“ einzuspielen, so daß die Zeremonien<br />
nicht ganz ohne heiteren „Touch“<br />
blieben. Ein solches „Feature“ täte vielleicht<br />
auch zukünftigen Ehrungen gut!<br />
Ansonsten spielte die Band fleißig zum<br />
Tanz auf, doch waren es vorwiegend die älteren<br />
Jahrgänge, die man auf dem Parkett sah.<br />
Der Nachwuchs zog es überwiegend vor, sich<br />
beim Zusehen zu amüsieren. Die jungen Leute<br />
bringen scheinbar ihren Puls nur ungern<br />
über ihren Ruhepulspegel – Jan Ullrich kann<br />
ihnen deshalb kein Vorbild sein. Wo kämen<br />
wir denn hin, wenn alle schon in der Regelstudienzeit<br />
ihr Diplom ablegen würden! Wie<br />
schön deshalb für die Älteren, die Raum genug<br />
hatten, mit der Dame ihres Herzens auch<br />
mal Figuren zu tanzen, wie man sie früher<br />
beim Ehepaar Reinbold genießen konnte.<br />
Und wer es noch gerne ein bißchen enger gehabt<br />
hätte, konnte ja in die Equipage-Bar<br />
eine Etage tiefer gehen, wo man auch schon<br />
mal die rechte Hand unter das rechte Schulterblatt<br />
legen konnte.<br />
Ein kleines Programm mit einem zaubernden<br />
Paar sorgte dafür, daß auch die Band mal<br />
eine Pause machen konnte. Aber am frühen<br />
Morgen war natürlich für alle Schluß, denn<br />
die fleißigen Tänzer gehörten zum Teil auch<br />
zu den Stützen der letzten Morgensitzung am<br />
Donnerstag.<br />
Um es nicht zu vergessen: früher war es<br />
stets üblich, die Zahl der ausländischen Gä-<br />
ste nach Nationen geordnet zu nennen und<br />
dabei jeder Nation zu applaudieren. Heuer<br />
verzichtete man auf diesen Usus aus Zeitmangel<br />
der Ehrungen wegen. Aber nach dem<br />
Bosman-Urteil und dem Schengener Abkommen<br />
wäre es wohl an der Zeit, einen speziellen<br />
Willkommensgruß nur Gästen aus Übersee<br />
zu entbieten.<br />
Die Sitzung über<br />
Chemische Zusatzstoffe<br />
begann wegen der (kondensierten) Mitgliederversammlung<br />
erst um „halb zehn“ und<br />
wurde von K. Goebel, Hallein, geleitet; W.<br />
Schempp war der Co-Chairman.<br />
Goebel begann pünktlich und bilingual und<br />
rückte in seiner Einleitung gleich ein paar<br />
richtungweisende Fakten zurecht, die infolge<br />
der Greenpeace-Kampagne 1994 mit der Provokation<br />
„Papier – Naturprodukt oder Chemiecocktail?“<br />
(sowie seiner zuvor schon von<br />
einer Dortmunder Hochschule mit einer voluminösen<br />
Datensammlung über chemische<br />
Zusätze zum Papier) aus der zerebralen Verankerung<br />
selbst des vernunftbegabten Teils<br />
der Gesellschaft (circa 17%) verdrängt worden<br />
waren.<br />
Die Realität der Papiermacherei sieht<br />
nämlich so aus:<br />
� Papier besteht zu 99% aus natürlichen<br />
Stoffen aus Holz oder Einjahrespflanzen!<br />
Davon beanspruchen Primärfasern 55%,<br />
deinktes AP 34%, gefolgt von 8% Füllern<br />
(Kaolin/Kreide).<br />
� „Chemische“ Zusatzstoffe besetzen nur<br />
den verbleibenden Rest von 3%!! Davon<br />
aber fallen 1,5% (also relativ 50%) auf<br />
Stärke und 0,5% auf Alaun – ebenfalls ein<br />
Naturprodukt!<br />
� Ergo beschränkt sich der Anteil der echt<br />
chemischen Zusatzstoffe auf 1% – die aber<br />
aus der modernen Papiermacherei nicht<br />
mehr wegzudenken sind und Papier erst<br />
in der Qualität ermöglichen, die wir heute<br />
benötigen.<br />
Zu letzteren 1% gehört zum Beispiel das<br />
Leimungsmittel AKD, das den Tierleim ersetzt,<br />
den man schon zusetzte, als das handgeschöpfte<br />
Büttenpapier noch aus Lumpen<br />
hergestellt wurde, um es mit Tinte beschreibbar<br />
zu machen.Tierleim wie AKD verrotten<br />
im Boden und sind aus dieser Sicht<br />
gleich umweltfreundlich.<br />
Um aber den völlig ungerechtfertigten Angriffen<br />
aus der übelgesonnenen Presse etc.
wirksamer begegnen zu können, entschloß<br />
sich der Fachausschuß II für Papiererzeugung<br />
1994, einen Arbeitskreis mit dem Titel<br />
„Chemische Zusatzstoffe“ ins Leben zu rufen,<br />
der die unübersichtliche Presse-Hauptkampflinie<br />
einmal vom Feldherrnhügel aus<br />
ins Visier nehmen sollte. Unter der Leitung<br />
von K. Goebel sollte über eine Bestandsaufnahme<br />
auf der HV <strong>1997</strong> berichtet werden –<br />
wie die kommenden acht Referate belegen<br />
würden.<br />
Dem Arbeitskreis gehören übrigens namhafte<br />
Persönlichkeiten an – darunter fünf<br />
Vertreter der Wissenschaft (u. a. Judt und<br />
Kleemann), drei der chemischen Industrie<br />
(Auhorn/BASF) und vier der Papierindustrie<br />
(darunter Pothmann/Düsseldorf). Deinking-<br />
Chemikalien gehörten übrigens nicht zum<br />
Horizont dieser Vortragsreihe, wohl aber<br />
Streichzusätze.<br />
Als erster Sprecher wurde R. Thummer,<br />
Hannover Papier, Alfeld, aufgerufen, der sein<br />
Sujet<br />
Warum chemische Zusatzstoffe?<br />
langsam und deutlich verlas. Er begann mit<br />
der tröstenden Feststellung, daß Papier als<br />
Träger menschlicher Kultur mit seiner Produktion<br />
zur Zeit noch schneller wachse als die<br />
Weltbevölkerung. Aber wie lange noch? Es<br />
klaffe nämlich eine große Lücke im Pro-Kopf-<br />
Verbrauch p. a. von zum Beispiel 194 kg in der<br />
BRD und nur 22 kg in China. Deshalb ist ein<br />
Anstieg der Weltproduktion von 280 Mio. t<br />
Papier und Karton auf 500 Mio. t sobald als<br />
möglich anzustreben. Der dazu erforderliche<br />
Faserbedarf muß aber nicht unbedingt allein<br />
aus Holz und Einjahrespflanzen gedeckt werden<br />
– die AP-Reserven sind ja de facto auch<br />
ein Holzersatz!<br />
Eine belangreiche Rolle spielen dabei die<br />
chemischen Zusatzstoffe, die u. a. eine Senkung<br />
des spezifischen Energiebedarfs um<br />
60% seit 1955 ermöglicht haben. Auch die<br />
Senkung des Frischwasserbedarfs von 170<br />
Litern pro Kilogramm Papier in 1950 auf<br />
15 m3 /t in 1995 wäre ohne chemische Hilfsmittel<br />
nicht vorstellbar. Selbst bei der 1980<br />
eingeführten Ablaugenverbrennung benötigt<br />
man für die Rauchgasentschwefelung gelöschten<br />
Kalk.<br />
Dennoch kommt man nicht um die Feststellung<br />
herum, daß die Absolutmengen der<br />
Zusatzstoffe weltweit bei jährlich 8 Mio. t liegen,<br />
und das mit steigender Tendenz, weil bei<br />
der AP-Aufbereitung<br />
der Chemieeinsatz<br />
unverzichtbar ist,<br />
auch aus qualitativen<br />
Gründen. Neben<br />
den Deinking-Agenzien<br />
muß ja auch<br />
dem steigenden Anteil<br />
an Störstoffen begegnet<br />
werden. Des<br />
weiteren lassen die<br />
Festigkeiten recyclierter<br />
Fasern nach,<br />
was durch chemische<br />
Zusatzstoffe kompensiert werden muß. Nicht<br />
minder leidet die Entwässerbarkeit mit jeder<br />
AP-Generation infolge Kürzung und Fibrillierung<br />
der Fasern, was Hilfsmittelzusatz zur<br />
Verbesserung des Entwässerungsverhaltens<br />
und der Retention vonnöten macht. In Verbindung<br />
mit Trocknungshilfsmitteln gelingt<br />
so die Reduzierung des Energieverbrauchs.<br />
Auch der Frischwasserverbrauch muß weiter<br />
zurückgeführt werden, was den verstärkten<br />
Einsatz von Flockungs- und Retentionsmitteln<br />
erfordert, die wie die Deinking- und<br />
andere Agenzien synthetische Chemikalien<br />
sind und sich quantitativ auf etwa 2,8 Mio. t<br />
p. a. belaufen; die restlichen 5,2 Mio. t bestreiten<br />
Stärke und Alaun.<br />
Thummer faßte zusammen: chemische Zusatzstoffe<br />
liften die Qualität des Papiers, verbessern<br />
den Produktionsprozeß und schonen<br />
die Ressourcen.<br />
Da der Referent den Einsatz von Synthetika<br />
nicht direkt als ökologische Maßnahme<br />
deklarieren konnte, stellte er unisono mit<br />
seinen Vorrednern in den Vordergrund, daß<br />
der Verbrauch natürlicher Fasern ja CO2-<br />
neutral erfolge,<br />
ebenso wie die Energiegewinnung<br />
aus<br />
Reststoffen, weil deren<br />
Verbrennung im<br />
natürlichen Kohlenstoff-Kreislaufkeine<br />
Veränderung bewirkte<br />
(was „der<br />
Ökologie zugute<br />
kommt“). – Diese an<br />
der Oberfläche des<br />
vielschichtigen ProblemkreisesverweilendeArgumentation<br />
übersieht offenbar<br />
die ewige Funk-<br />
PAPIERERZEUGUNG<br />
tion der Wälder, die schon immer darin bestand,<br />
die durch vulkanische (heute energiegewinnende)<br />
Aktivitäten in die Atmosphäre<br />
immittierten CO2-Mengen auf Dauer zu binden,<br />
um die Überhitzung (= Verwüstung) des<br />
Planeten zu verhindern. Wer also CO2 nach<br />
nur etwa 60jähriger Bindung im Stamm vorzeitig<br />
wieder freisetzt, handelt mit gutem<br />
Grund sicherlich ökonomisch, aber beileibe<br />
nicht ökologisch!<br />
A. N. Geller, PTS, München, gelang es, sein<br />
Zeitlimit von 15 Minuten für sein Thema<br />
Systematik und Methodik<br />
noch zu unterbieten. Freilich konnte er sich<br />
kürzer fassen, denn es ging ihm zuvorderst<br />
um Definitionen und Stoffsystematik. Er beleuchtete<br />
zunächst die Zusammensetzung<br />
von chemischen Zusatzstoffen, die im Fall<br />
eines Polymeren zum Beispiel auch noch Monomere,<br />
Stell- und Lösemittel sowie Begleitstoffe<br />
enthalten, deren Umweltrelevanz separat<br />
zu erhellen ist (Toxizitätsdaten, Sicherheitsblätter<br />
etc.). Bei den Auswirkungen<br />
1107 <strong>44</strong>/97
eschränkte man sich freilich auf die Kompartimente<br />
Papier, Abwasser, Abluft und<br />
Reststoffe. Die Verteilung einer Chemikalie<br />
zwischen diesen vier Immissionsräumen gelang<br />
mit Hilfe eines Tabellenkalkulationsprogrammes<br />
zur Berechnung der Gleichgewichtskonzentration<br />
in den miteinander verknüpften<br />
Kompartimenten.<br />
Die 1% an chemischen Zusatzstoffen gliedern<br />
sich auf in 0,5% synthetische Bindemittel,<br />
0,25% Leimungsmittel, 0,08% Naßverfestiger,<br />
0,06% Bleichmittel, 0,05% Retentionsmittel<br />
sowie restliche 0,06% für Farbstoffe,<br />
Biozide oder Stoffentlüfter. Innerhalb dieser<br />
1% unterscheidet man zwischen<br />
� Prozeßchemikalien, die die Produktion<br />
unterstützen oder sogar erst ermöglichen<br />
(Retentions- und Flockungsmittel, Entschäumer<br />
etc.) und<br />
� qualitätsverbessernde Chemikalien, die<br />
bestimmte Papierqualitäten verbessern<br />
(wie zum Beispiel Leimungsmittel,<br />
Naßverfestiger, Farbstoffe, Aufheller,<br />
Streichfarbenbinder u. a. m.).<br />
Für die wichtigsten Untergruppen hatte<br />
man besonders versierte Mitglieder des<br />
Goebelschen Arbeitskreises ausgewählt, die<br />
sich zum Wesentlichen des jeweiligen Problemfeldes<br />
kompetent äußern konnten. Dieser<br />
Referatreigen begann mit einer BASF-<br />
Präsentation von W. J. Auhorn, schon seit<br />
mancher HV eine feste Größe in der Sprecherflucht!<br />
Retentionsmittel und Stoffentlüfter<br />
am Beispiel holzhaltiger Druckpapiere<br />
Auhorn nutzte seine 17 Minuten redlich,<br />
ohne in Hektik zu verfallen, obwohl der<br />
Markt eine Reihe von erwähnenswerten Retentions-.<br />
Fixier- und Flockungsmitteln anbietet,<br />
deren Anteil im Papier sich allerdings<br />
auf 0,05% beschränkt – die Stoffentlüfter<br />
bringen es auf nur 0,01%!<br />
Quantitativ ging es um 65 000 t<br />
Polyacrylamide, 2500 t Polyethylenimine und<br />
12 000 t sonstiger Produkte, insgesamt um<br />
3% vom großen Kuchen der Retentionsmittel,<br />
dessen größte Stücke Aluminiumsalze<br />
(1,5 Mio. t = 65%) und kationische Stärke<br />
(700 000 t = 31%) beanspruchen. Auhorn war<br />
gründlich genug, auch deren chemische<br />
Struktur anzugeben, so zum Beispiel die des<br />
vierwertigen Alaunkations [Al8 (SO4)5OH10]4 + ,<br />
auf Poly-DADMAC und Polyvinylamine<br />
machte er aufmerksam (in Abwesenheit von<br />
<strong>44</strong>/97 1108<br />
PAPIERERZEUGUNG<br />
F. Linhardt). Der ungebrochen hohe Anteil<br />
von Al-Salzen (auch PAC = Polyaluminiumchlorid)<br />
basiert auf der immer noch sehr<br />
starken Harzleimung. Das solide Standbein<br />
der kationischen Stärke beruht auf dem Umstand,<br />
daß Stärke außer der Retentionsverbesserung<br />
auch noch die Trockenfestigkeit<br />
des Papiers erhöht.<br />
Quantitativ spielen die synthetischen<br />
Polymere mit nur 100 000 t p. a. (= 4% Mengenanteil)<br />
eine beeindruckend kleine Rolle,<br />
die mit 100 bis 500 g Festsubstanz pro Tonne<br />
Papier beinahe vernachlässigbar erscheint.<br />
Die überaus eindrucksvolle Wirksamkeit dieser<br />
Polymeren (auch Stärke und Al-Komplexe<br />
gehören dazu!) beruht auf ihrer Fähigkeit,<br />
das Adsorbens mit Wasserstoffbrücken- bzw.<br />
Ionenverbindungen dicht zu belegen, so daß<br />
sie zum Teil auch als Flockungshilfsmittel in<br />
der Abwasserreinigungsanlage vorzüglich<br />
funktionieren! Die<br />
Stoffentlüfter bzw. Schaumverhüter<br />
unterscheiden sich deutlich in Chemie und<br />
Funktion von den Retentionsmitteln. Weltweit<br />
werden nur 30 000 t benötigt, davon 50%<br />
als Emulsionen, 40% als synthetische und<br />
10% als mineralische Öle. Ihre Wirkung beruht<br />
auf folgendem Prinzip: man nimmt eine<br />
hydrophobe Substanz entweder allein (Mineralöle)<br />
oder in Kombination (Lipidderivate<br />
wie z. B. Fettalkohole) mit nichtionischen (für<br />
Amphiphilie z. B. Ethoxyle) oder polaren<br />
Gruppen für tensidähnliche Hydrophilie<br />
(durch 0, OH, COOH, SO3H, NR2), die aufgrund<br />
ihrer Struktur die Fähigkeit besitzen,<br />
auf hydrophobe Faseroberflächen aufzuziehen<br />
bzw. in Grenzflächen von Luft/Wasser in<br />
Bläschenform anzureichern. Dadurch werden<br />
die Luftbläschen speziell in ihrer Vergesellschaftung<br />
mit Faseroberflächen destabilisiert<br />
und so die Entlüftung initiiert. Die Entlüftung<br />
bedeutet zugleich auch Schaumverhütung!<br />
Die erstaunlichsten Erfahrungen mit den<br />
gesamten „Hilfsmitteln“ macht man freilich<br />
erst im Betrieb, wo sie sich selbst um ein Vielfaches<br />
übertreffen, denn sie beschränken sich<br />
ja nicht auf das Retendieren und Entlüften,<br />
sondern gebären noch Effekte hinzu, für die<br />
man gar nicht bezahlt hat! So verbessern<br />
Entlüfter auch die Entwässerung auf dem<br />
Sieb und in den Naßpressen, erleichtern die<br />
Zwischeneindickung des Papierstoffs und erlauben<br />
eine signifikante Energieeinsparung<br />
bei der Stofförderung; nicht zuletzt gewinnt<br />
dabei auch die Papierqualität sowie die Produktivität!<br />
– Alle aufgezählten Effekte leuchten<br />
zumindest den Textilrheologen sofort ein,<br />
wie an dieser Stelle kommentiert sei, denn<br />
kleine Luftblasen verhalten sich im Rahmen<br />
eines Vlieses oder aber in engen Kanülen<br />
(Spinndüsen!) wie Festkörper, die folglich<br />
auch die Vliesentwässerung hemmen – und<br />
das kostet eine Menge Geld bei der Trocknung!<br />
Nicht zuletzt verankern sie Faserenden<br />
in den Grenzflächen und erhöhen so die<br />
Viskosität; simultan reagieren sie auf Druck<br />
und Kompression und beim Entspannen mit<br />
Mikroexplosionen, die das Vlies beim Aufbau<br />
stören, was zusätzlich mit Energieeintrag<br />
verbunden ist. In diese kolloidalen Mechanismen<br />
greifen auch die Retentionsmittel<br />
ein, die die Mikropartikel des Stoffs (Füller<br />
etc.) an die Fasern binden und somit aus den<br />
Vliesporen im Status nascendi entfernen. Ergo<br />
vergrößert sich der Durchmesser des<br />
Porenkollektivs, was zwangsläufig die Entwässerung<br />
befördert unter simultaner Entfernung<br />
der Schwebstoffe, was wiederum in<br />
zweiter Folge das Abwasser entlastet und die<br />
Kreislaufschließung befördert.<br />
Die Summe der genannten (und noch mancher<br />
ungenannten, weil noch nicht verstandenen)<br />
primären und sekundären Hilfsstoffeffekte<br />
ermöglichen in finaler Konsequenz<br />
die Anhebung der PM-Geschwindigkeit,<br />
im Managerdeutsch auch Runnability<br />
genannt.<br />
Nicht minder lobenswert ist ihr weitgehender<br />
Verbleib entweder im Papier, das 99%<br />
der Retentionsmittel bindet, oder aber zu<br />
74% im Abwasser, wo die Entlüfter zu 90% in<br />
der biologischen Klärstufe abgebaut werden.<br />
Im Klärschlamm und den Reststoffen verbleiben<br />
noch 0,1% der ursprünglichen Zusatzmenge<br />
von 10 bis 50 g pro Tonne Papier.<br />
Die ökologische Relevanz<br />
spielt in praxi keine Rolle. Sogar Lebensmittelverpackungen<br />
dürfen laut Empfehlung<br />
36 des Instituts für Verbraucherschutz bis<br />
zu 0,2% (fest) Retentionsmittel im Papier<br />
enthalten. Dadurch bleibt ihre Recyclierbarkeit<br />
erhalten, und auch die Kompostierbarkeit<br />
wird nicht tangiert, denn polyfunktionelle<br />
Amine werden ebenso wie Eiweiße abgebaut.<br />
Selbst die Entlüfter werden zu 70 bis<br />
90% abgebaut, wie andere Tenside (Waschmittel)<br />
auch. Da deren Wirkstoffe nicht flüch-
tig sind, kennt man auch keine Luftemissionen.<br />
Auhorn hatte am Ende seiner nachvollziehbaren<br />
Ausführungen überzeugend demonstriert,<br />
daß man durch Zusatz geringster<br />
Quantitäten chemischer Zusätze von beinahe<br />
homöopathischer Dosis die ökologische Bilanz<br />
der Papiermacherei in erstaunlichen<br />
Maßstäben verbessern kann. Aber nicht nur<br />
das: diese chemischen Hilfsstoffe haben auch<br />
erst den extrem hohen Einsatz von Altpapier<br />
ermöglicht, ohne die die Story von Papier aus<br />
Papier nicht hätte geschrieben werden können!<br />
Zwischen Auhorns Schlußworten und<br />
dem ersten Satz seines Nachredners lagen 26<br />
Minuten Pause, bevor<br />
Biozide am Beispiel Verpackungspapiere<br />
durch St. Kleemann, FH München, Verfahrenstechnik<br />
Papier, vorgestellt werden konnten.<br />
Mengenmäßig fallen sie mit 0,01% Zusatz<br />
(ca. 100 g/t Papier) kaum ins Gewicht,<br />
doch handelt es sich um sehr unterschiedliche<br />
Verbindungen.<br />
Zur Definition wurde gleich einleitend<br />
klargestellt: Biozide töten Bakterien, Pilze<br />
etc. ab – Biostate verhindern nur deren<br />
Wachstum!<br />
Fachleute bedienen sich fallweise auch der<br />
Definition bakterizid, fungizid oder algizid<br />
(wenn es um Algenbekämpfung geht), die unter<br />
dem Oberbegriff „mikrobizid“ zusammengefaßt<br />
werden. Mikrolebewesen finden nämlich<br />
in den Wässern von Papier- und Kartonfabriken<br />
bei 25 bis 60 °C und einem pH von<br />
4,5 bis 9 organische Nahrungsmittel im<br />
Überfluß. Die sich unter diesen Bedingungen<br />
schnell vermehrenden Mikroorganismen<br />
wachsen deshalb auf den inneren Oberflächen<br />
von Fluidleitungen oder der Produktion<br />
dienenden Maschinenelementen auf und<br />
bilden schließlich einen Schleimbelag, der<br />
durch Ablösen von Schleimbatzen entweder<br />
die Qualität des Produkts mindert oder in<br />
schweren Fällen zu Maschinenabrissen<br />
führt, die im wiederholten Fall schnell eine<br />
PM-Bilanz rot aussehen lassen. Hinzu kommen<br />
anaerobe Korrosionsabläufe unterhalb<br />
dieses Biofilms, die bei Reparatur solcher Leitungen<br />
auch mit geldwerten Produktionsausfällen<br />
verbunden sein können. Hinzu<br />
kommen Geruchsbelästigungen des Maschinenpersonals<br />
sowie erhöhte Keimbelastung<br />
im Papier.<br />
Daß Biozide lebensbedrohende Substanzen<br />
sein können, liegt in ihrer chemischen Struktur.<br />
Die gefährlichsten hat man bereits verboten,<br />
wie Quecksilber-, Chrom- und Zinnorganika<br />
sowie Pentachlorphenole, Chlor und<br />
Formaldehyd. Zum Glück gibt es aber in der<br />
Empfehlung 36 des Bundesgesundheitsamtes<br />
unter Punkt 7 eine Positivliste von 30 Schleimbekämpfungsmitteln,<br />
die enzymatisch oder<br />
antimikrobiell wirken; ihre Abbauprodukte<br />
sind nicht mehr mikrobizid.<br />
Kleemann nannte auf einem Dia einige dieser<br />
Agenzien, deren Bezeichnungen unter<br />
Maschinenbauern nur ein mildes Kopfschütteln<br />
provozierten. So hatte die Abkürzung<br />
BIT nichts mit Computern zu tun, sondern<br />
bedeutete 1,2 Benzisothiazolin-3-on. Da die<br />
Teilnehmer des Rundgesprächs schon abgereist<br />
waren bzw. sich noch von der VDMA-<br />
Party noch erschöpft in ihren Hotels aufhielten,<br />
konnte man auch niemanden fragen, was<br />
man unter Dibrom-3-nitril-propionamid<br />
(DBNPA) oder unter BNPD bzw. MTC versteht.<br />
Es kann deshalb nur empfohlen werden,<br />
sich im Fall solcher Probleme an Dr. Möbius<br />
und Partner in Augsburg zu wenden, die<br />
wissen, wovon sie sprechen. Es kommt dabei<br />
nämlich auch auf die richtige Mischung von<br />
Mikrobiziden und Enzymen an, wozu schon<br />
einige Jahre Erfahrung gehören, um einen<br />
weisen Rat erteilen zu können, zumal diese<br />
Substanzen ihren Preis haben.<br />
Mikrobizide verbleiben bis zu 80% im Papier<br />
oder bis zu 98% im Abwasser, je nach<br />
Löslichkeit. Über das AP kehrt deshalb ein<br />
Teil dieser Substanzen in den Kreislauf<br />
PAPIERERZEUGUNG<br />
zurück, worauf der Nachsatz über Dosierpumpen<br />
abzustimmen ist. Der Austrag von<br />
Mikrobiziden über Luft kann vernachlässigt<br />
werden, da er unter 1% ist, wohingegen der<br />
von Sortierabfällen oder Feststoffen einer<br />
analytischen Bewertung bedarf. Es überrascht<br />
aber, daß Mikrobizide in Abwasserreinigungsanlagen<br />
selbst bei intermittierender<br />
Dosierung und fünffacher Überdosierung<br />
über drei Tage hinweg noch niemals als Verursacher<br />
für Störungen in Belebtschlammanlagen<br />
von Papierfabriken ausgemacht<br />
wurden, ökotoxische Wirkungen im Vorfluter<br />
eingeschlossen. Ein Kriterium dabei ist der<br />
sogenannte NOEL-Wert, der aber nichts mit<br />
Weihnachten zu tun hat (No Observed Effect<br />
Level). In den Endprodukten Papier und Pappe<br />
schließlich kann man je nach Verbindungsklasse<br />
noch mit 20 mg/kg rechnen, die<br />
unterhalb einer Schwelle liegen, an der man<br />
noch mit bioziden Wirkungen rechnen<br />
müßte.<br />
Kleemann schloß mit dem Hinweis, daß<br />
eine Produktion mit weniger Frischwasser<br />
auch eine angemessene Auswahl der Biozide<br />
erheischt. – Das nächste Thema<br />
Leimungsmittel am Beispiel<br />
Feinpapiere<br />
wurde von W. St. Schultz, Collodin GmbH,<br />
Frankfurt am Main, bestritten, der etwas weniger<br />
Chemie und damit leichter verdauliche<br />
Kost anbot. Quantitativ stehen die Leimungsmittel<br />
unter den Papieradditives mit<br />
0,25% bereits an zweiter Stelle (nach den<br />
Bindemitteln mit 0,5%). Setzt man diesen<br />
Anteil gleich 100%, so beanspruchen davon<br />
die Harzleime (verstärktes Kolophonium)<br />
mit relativ 60% den Löwenanteil, gefolgt von<br />
16% Alkylketondimeren, 13% Polymeren<br />
(Styrolacrylat oder -maleinat) und restlichen<br />
11% ASA = Alkyl-Bernstein-Säure (Alcyl-<br />
Succinic-Acid).<br />
Alle Substanzklassen verleihen dem Bedruckstoff<br />
einen hydrophoben Charakter,<br />
1109 <strong>44</strong>/97
was dem Eindringen von Wasser in das Vlies<br />
abträglich ist. Erst dann eignet sich der Bedruckstoff<br />
für den Offset-, Ink-jet- oder Flexodruck,<br />
obwohl nur 1% bezogen auf Festgewicht<br />
zugesetzt werden. Dabei unterscheidet<br />
man zwischen Masse- und Oberflächenleimung.<br />
Bei ersterer erfolgt der Zusatz erst<br />
kurz vor dem Stoffauflauf, oft vergesellschaftet<br />
mit einem Fixiermittel wie Alaun; bei<br />
AKD genügt ein Sechstel der Harzmenge.<br />
Nicht selten wird durch eine Oberflächenapplikation<br />
(mittels Leim- oder der modernen<br />
Filmpresse) nachgeleimt. Im Endeffekt erzielt<br />
man so neben der gebremsten Wasseraufnahme<br />
auch noch folgende durchaus wünschenswerte<br />
Qualitäten:<br />
– überlegene Dimensionsstabilität – höhere<br />
Glätte – größere Porosität (da weniger Verhornung)<br />
– geringere Reibung – weniger<br />
Staubbildung – reduzierte Steifigkeit bzw.<br />
Festigkeit bei verlängerter Dehnung.<br />
Eine Reihe dieser Eigenschaften kommen<br />
bei Ink-jetting ins Spiel, wobei einmal die<br />
Druckfarbe nicht verlaufen soll, zum anderen<br />
aber das Vehikel Wasser hinreichend schnell<br />
wegschlagen soll, um ein Verwischen („fading-off“)<br />
des Signals zu verhindern.<br />
Ökologische Nachteile durch Leimungsmittel<br />
sind unbekannt. Kolophonium wird als<br />
Naturstoff abgebaut; begleitende Terpene<br />
werden zwar emittiert, aber in Konzentrationen<br />
um 500 µg/m 3 , weit unter dem Limit der<br />
TA Luft von 150 000 µg/m 3 . – AKD wird sogar<br />
chemisch durch die OH-Gruppen von Kohlenhydraten<br />
fixiert und beim Recyclieren<br />
durch Hydrolyse in ein Keton überführt.<br />
Auch die beiden genannten Polymere bleiben<br />
in der Abluft um den Faktor 300 unter den<br />
Grenzwerten der TA Luft. Schultz konnte<br />
mithin befriedigt feststellen: Leimungmittel<br />
sind unentbehrlich und ökologisch nützlich!<br />
Über die weniger beachteten Aufheller verbreiteten<br />
sich sodann Th. Roick als Sprecher<br />
und M. Köcher, beide Bayer AG, Leverkusen:<br />
Aufheller am Beispiel Feinpapiere<br />
deren Chemie sich auf di- bis -hexasulfonierte<br />
Diamino-Stilben-Derivate beschränkte,<br />
die ja zum Teil auch schon unter Hausfrauen<br />
diskutiert werden, die mittels Weißtöner wie<br />
Blankophor R in ihren TV-empfohlenen<br />
Waschmitteln den Gelbstich in den weißen<br />
Hemden ihrer Göttergatten bekämpfen. Es<br />
handelt sich dabei um substantive Agenzien,<br />
die auf Baumwolle oder allgemein auf Cellu-<br />
<strong>44</strong>/97 1110<br />
PAPIERERZEUGUNG<br />
losefasern bereitwillig aufziehen, da sie segmentweise<br />
epitaktieren können. Eine mittlere<br />
Substantivität bei vier Sulfonsäuregruppen<br />
reicht in praxi aus.<br />
Aufheller absorbieren zwischen 300 bis<br />
400 nm im nahen UV und emittieren bei 400<br />
bis 450 nm im Blaubereich des Augenlichts,<br />
was zu einer Verschiebung des Gelbstichs in<br />
den blaugetönten Weißbereich führt und in<br />
Kombination mit Nuancierfarbstoffen hohe<br />
Weißgradsteigerungen ermöglicht. Bei Wirkstoffgehalten<br />
um 25% genügen deshalb beim<br />
Massezusatz schon 1% der Handelsware,<br />
während man in der Leim- und Filmpresse<br />
auf 1,5 bis 3,5% Zusatz anhebt, auch im<br />
Strich.<br />
Dank ihrer sulfonamidähnlichen Substrukturen<br />
erfolgt kein biologischer Abbau in<br />
der Kläranlage. Dafür eliminieren photolytische<br />
Spaltungen circa 90% der Aufhellerwirkstoffe.<br />
Die Konzentration im Kreislaufwasser<br />
erreicht nur 1 mg/Liter, wovon im<br />
Auslauf der Kläranlage noch 20 ppb verbleiben.<br />
Bei an der Oberfläche (Strich!) aufgehellten<br />
Papieren muß man bei der AP-Aufarbeitung<br />
freilich mit Desorptionen rechnen<br />
(circa 6,5% des eingesetzten Aufhellers), von<br />
denen bei 20% AP-Anteil infolge Deadsorption<br />
eine sehr kleine Menge ins Abwasser<br />
geht; die Auslaufkonzentration der Kläranlage<br />
pendelt dann um 2 ppb! Bei einer Strichapplikation<br />
verbleiben noch 0,5 ppb.<br />
Das abschließende Environmental Risk<br />
Assessment (ERA) schreibt die Commission<br />
Directive 93/67 EEC vor, die von der Predicted<br />
Environmental Concentration (PEC) ausgeht<br />
und die finalen Analysendaten damit<br />
vergleicht. Letztere unterliegen ja infolge<br />
Verdünnung im Vorfluter der Division etwa<br />
durch den Faktor 10. Als weitere Kennziffer<br />
wird die sogenannte Predicted No Effect Concentration<br />
herangezogen (PNEC), die aus<br />
aquatischen Toxizitätstests erhalten wird.<br />
Im Endergebnis konnte demonstriert werden,<br />
daß die kommerziellen Aufheller ohne<br />
Umweltbedenken gefahrlos eingesetzt werden<br />
können. Selbst einer thermischen Verwertung<br />
steht nichts im Wege, da Aufheller<br />
kein Chlor enthalten.<br />
Damit wird früheren Verdachtsmomenten<br />
eines hypothetisierten cancerogenen Potentials<br />
die Basis entzogen. Die Annahme einer<br />
Mutagenität oder Photocancerogenität konnte<br />
ebenso entkräftet werden. Im Zweifelsfall<br />
gilt: Q = PEC/PNEC muß kleiner als 1,0 sein!<br />
(Wird fortgesetzt.)<br />
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