15.11.2012 Aufrufe

APR Ausgabe 44 1997

APR Ausgabe 44 1997

APR Ausgabe 44 1997

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

5. November <strong>1997</strong><br />

<strong>44</strong><br />

D 1096<br />

4 x im Monat<br />

ALLGEMEINE<br />

PAPIER-RUNDSCHAU


Vor einem Jahr schrieb mein Vorgänger,Dr.Bernd Schreiber,an gleicher<br />

Stelle: „ Es wird in nächster Zeit die dringlichste Aufgabe der<br />

Wellpappenindustrie sein, die Kostensteigerungen am Markt umzusetzen<br />

und dabei gleichzeitig das strukturelle Ertragsdefizit zu senken.“<br />

Dieses Ziel hat die Wellpappenindustrie in den vergangenen<br />

neun Monaten nicht erreicht. So lag das Preisniveau in <strong>1997</strong> konstant<br />

niedrig, wenn auch in letzter Zeit – induziert durch die Bewegungen<br />

auf der Rohstoffseite – die Preise leicht angehoben werden konnten.<br />

So liegen auch im dritten Quartal die Preise immer noch um über 3%<br />

niedriger als im Vorjahr – und schon damals war die Lage wenig befriedigend.<br />

Wie lange kann eine Industrie eine Situation, in der bei heftigem Wettbewerb<br />

in der Branche Kostensteigerungen nicht an den Markt weitergegeben<br />

werden können, ohne strukturelle Veränderungen überleben?<br />

Erste Anzeichen für eine stärkere Konzentration durch Übernahmen zeigen<br />

sich – und die Frage muß erlaubt sein, inwiefern der Prozeß schon<br />

abgeschlossen ist. Der harte Preiswettbewerb beim Handel – nach dem<br />

Motto: „Wir müssen Kosten sparen, koste es, was es wolle“ – führt zu<br />

einem starken und anhaltenden Druck auf die Abnehmer und damit auch<br />

auf die Preise der Wellpappenhersteller. Erst in den letzten Wochen lassen<br />

sich einige der Kostensteigerungen bei der Herstellung von Wellpappe<br />

im Ansatz weitergeben. Und dabei spielen die Rohstoffpreise in der<br />

Kalkulation zwar eine dominierende Rolle, aber andere Kostensteigerungen<br />

wie Löhne, Abgaben etc. verschlechterten schon seit langem die<br />

Ertragslage. Ein Nachholbedarf bleibt weiterhin bestehen.<br />

Die Mengenentwicklung kontrastiert zu dem Preisproblem erheblich:<br />

So hat die Wellpappenindustrie in den ersten neun Monaten ihren Absatz<br />

deutlich über 3% steigern können, was einem Produktionsvolumen<br />

von fast 2,2 Mio. t Wellpappe bei den VDW-Mitgliedern entspricht. Mißt<br />

man die Produktion arbeitstäglich, so fällt die Steigerung sogar noch<br />

höher aus.Auffällig ist hierbei, daß ein positives drittes Quartal trotz der<br />

ebenfalls sehr guten Ergebnisse im gleichen Quartal 1996 zu verzeichnen<br />

ist (vgl. Grafik Seite 1062). Während die Papierindustrie diese feste<br />

* Dipl.-Volkswirt Angelika Christ ist Geschäftsführerin des Verbandes der Wellpappen-Industrie (VDW) in Darmstadt.<br />

Marktsituation nutzt, um ihre Preise anzuheben – was die Erträge der<br />

Wellpappenhersteller noch weiter unter Druck setzt – ist die zögerliche<br />

Weitergabe dieser Belastungen bei der relativ starken Nachfrage umso<br />

unverständlicher.<br />

Der spezifische Wellpappenbedarf – das Verhältnis von Wellpappenbedarf<br />

zur Konsumgüterproduktion – stieg im ersten Quartal um<br />

fast 5 %, im zweiten immer noch um anderthalb Prozentpunkte. Auch<br />

im dritten Quartal erwartet der VDW eine Steigerung – trotz der eher<br />

pessimistischen Aussagen, die wir zur Zeit beispielsweise von der<br />

ANUGA aus unserer größten Abnehmergruppe, der Nahrungs- und<br />

Genußmittelindustrie – vernehmen.<br />

Der Export hat entscheidend zur positiven Mengenentwicklung beigetragen:<br />

So hat die Wellpappenindustrie im ersten Halbjahr fast 6%<br />

mehr exportiert als noch 1996. Zusätzlich dürfte die positive Mengenentwicklung<br />

beeinflußt werden durch die ebenfalls boomende Exportkonjunktur<br />

bei den Abnehmern, so daß das eher schwache Inlandsgeschäft<br />

damit mehr als ausgeglichen wurde.<br />

Hauptabnehmer im Ausland sind naturgemäß die unmittelbaren<br />

Nachbarn sowohl in der EU als auch im Osten. Polen alleine hat mittlerweile<br />

einen Anteil von 10% an der deutschen Wellpappenausfuhr.<br />

Die Zuwächse beim Import sind mit knapp 3% im ersten Halbjahr<br />

deutlich geringer als beim Export.<br />

Umwelt<br />

EDITORIAL<br />

Wellpappenindustrie:<br />

Menge steigt,<br />

schlechtes Preisniveau<br />

drückt weiterhin<br />

die Ertragslage<br />

Von Angelika Christ*<br />

Wellpappenverpackungen bieten aus Umweltsicht viele Vorteile.<br />

Dies ist auch den zuständigen Behörden bewußt: So lobte Dr. Thomas<br />

Rummler vom BMU beim diesjährigen Forum Wellpappe ausdrücklich<br />

die Transportverpackung Wellpappe wegen der hervorragenden<br />

stofflichen Verwertungsmöglichkeiten und der installierten Recyclingsysteme.<br />

Wellpappe erfüllt also die Anforderungen einer effektiven<br />

Kreislaufwirtschaft vorbildlich.<br />

Die Diskussion um die Verpackungsverordnung berührt naturgemäß<br />

auch die Wellpappenindustrie. Momentan besteht<br />

1059 <strong>44</strong>/97


<strong>44</strong>/97 1060<br />

INHALT<br />

EDITORIAL · NEUES IN KÜRZE UNTERNEHMEN · MÄRKTE · PRODUKTE<br />

Wellpappenindustrie: Menge steigt, schlechtes Preisniveau<br />

drückt weiterhin die Ertragslage 1059<br />

Personalia 1062<br />

Kurznachrichten 1065<br />

Der glückliche Besitzer der Wellpappe Lucka<br />

bei der Einweihungsfeier der neuen WPA:<br />

(Von links) Christian Eikemeier, Ursula Eikemeier,<br />

Uwe Eikemeier, Cornelia Eikemeier,<br />

Christoph Pörschmann (Prokurist in Lucka).<br />

Während der Diskussion beim „Tag der Wellpappe”<br />

(von links): Lothar Jacobmeyer, Dirk<br />

Maxeiner, Dr. Thomas Rummler.<br />

Wolfgang Hinderer und Dr. Klaus Grefermann<br />

(Ifo Institut München) bei der diesjährigen<br />

Tagung der Papierhandelsvertreter<br />

im CDH.<br />

Gedruckt auf nopaCoat matt, zweiseitig doppelt gestrichenes<br />

Bilderdruckpapier der Nordland Papier AG, Dörpen/Ems –<br />

Umschlag: 200 g/m 2<br />

, Innenteil: 115 g/m 2<br />

.<br />

„Tag der Wellpappe“: Novellierung der Verpackungsverordnung<br />

weiter offen 1064<br />

47. Papierhandelsvertreter-Tag: Gute Bedarfsentwicklung<br />

– Branche will Kompetenz zeigen 1068<br />

Verleihung der Preise zum 20. Deutschen Verpackungswettbewerb<br />

1077<br />

Der europäische Kartonmarkt auf der Schwelle ins<br />

nächste Jahrtausend 1078<br />

Die Entwicklung der Großhandelsverkaufspreise 1088<br />

PAPIERVERARBEITUNG · DRUCK<br />

Wellpappe Lucka weiht neue WPA ein 1090<br />

Jagenberg Diana mit neuem Universalpacker 1092<br />

PAPIERERZEUGUNG<br />

Neue Partikelstoffe als Hilfsmittel für die Papierindustrie<br />

PTS-Forschung: Reduzierung des spezifischen Frisch-<br />

1094<br />

wasserbedarfs um bis zu 25 %<br />

„RDH“ soll Maßstäbe für moderne Stoffherstellungs-<br />

1094<br />

systeme setzen 1096<br />

Kartonmaschine in Skoghall mit guter Auslastung 1098<br />

Eine schräge Lösung 1098<br />

Maschinenumbau bei Mead Karton 1099<br />

Voith Sulzer DuoCleaner wird gut verkauft<br />

Weltweit erste Aschegranulierungsanlag in Betrieb<br />

1099<br />

genommen<br />

Verantwortung für Rollenschneider jetzt bei<br />

1100<br />

Voith Sulzer Finishing 1100<br />

Ausbau bei Voith Sulzer Finishing Limited in Manchester 1100<br />

Seminar: Naßpressen und Bespannung<br />

Programmiersprache „Java“ für die Papiermaschinen-<br />

1101<br />

steuerung 1101<br />

26. EUCEPA-Konferenz und 92. Zellcheming-HV (VI) 1102<br />

Impressum 1110


Peter Horn, Technischer<br />

Direktor bei Stora Paperboard,<br />

liefert in dieser <strong>Ausgabe</strong><br />

einen Beitrag zum Thema<br />

„Trends im europäischen Kartonmarkt”.<br />

Hans Spitzner, Staatssekretär<br />

im Bayerischen Staatsministerium<br />

für Wirtschaft, nahm<br />

die Auszeichnungen beim<br />

diesjährigen Deutschen Verpackungswettbewerb<br />

vor.<br />

Bernd Böcking (Fa. GesPaRec)<br />

bei der CDH-Tagung.<br />

Gerhard Gladitsch (Messe<br />

Frankfurt) bei der CDH-<br />

Tagung.<br />

LEADING ARTICLE & NEWS IN BRIEF<br />

Corrugated board industry: Volume is increasing,<br />

price level still brings down profit situation 1059<br />

Personal News 1062<br />

A news round-up 1065<br />

COMPANIES – MARKETS – PRODUKTS<br />

”Day of Corrugated Board”: Reenactment of the<br />

Packaging Ordinance still open 1064<br />

47th Day of Paper Merchants: Good development<br />

of demand – The industry wants to demonstrate<br />

competence 1068<br />

Awarding the prizes of the 20th German Packaging<br />

Competition 1077<br />

The European board market on the threshhold<br />

of the next millenium 1078<br />

The development of wholesale selling prices 1088<br />

PAPER CONVERTING AND PRINTING<br />

Wellpappe Lucka inaugurates new corrugated<br />

board line 1090<br />

Jagenberg Diana with novel universal wrapper 1092<br />

PAPERMAKING<br />

Novel particle stock – an auxiliary gadget for<br />

the paper industry 1094<br />

PTS-Research: 25% reduction of the specific<br />

fresh water consumtion 1094<br />

”RHD” is said to set standards for up-to-date<br />

stock preparation systems 1096<br />

Board machines in Skoghall running at good<br />

capacity 1098<br />

A news slant on screening 1098<br />

Mead Karton: Rebuilding of machines 1099<br />

Voith Sulzer DuoCleaner meets with a ready market 1099<br />

Commissioning of the first ash granulating line 1100<br />

Voith Sulzer Finishing is now being held responsible<br />

for reel cutters 1100<br />

Expansion of Voith Sulzer Finishing, Manchester 1100<br />

Seminar: Wet presses and covering fabrics 1101<br />

”Java” programming language for paper machinery<br />

control 1101<br />

26th EUCEPA-Conference and 92nd Zellcheming<br />

AM (VI) 1102<br />

Impressum 1110<br />

INHALT<br />

1061 <strong>44</strong>/97


<strong>44</strong>/97 1062<br />

EDITORIAL / NEUES IN KÜRZE<br />

Unsicherheit, ob und wann die Novellierung verabschiedet werden<br />

wird.<br />

Abgelehnt wird das Vorhaben der EU, die Kennzeichnung von Verpackungen<br />

zu reglementieren. Ob es dem Verbraucher von Wellpappe<br />

Vorteile bringen wird, wenn künftig eine Nummer auf der Transportverpackung<br />

steht,die aussagt,daß die Schachtel aus Wellpappe ist,bezweifelt<br />

der VDW.<br />

Dialog mit der Öffentlichkeit<br />

Die Vorteile und den Nutzen der Transportverpackung aus Wellpappe<br />

weiter im Bewußtsein der Kunden, Handel und Öffentlichkeit<br />

zu verankern, ist Ziel der intensiven Öffentlichkeitsarbeit des VDW.<br />

Eine neue Broschüre „Mit Wellpappe verpacken, versenden, verkau-<br />

PERSONALIA<br />

Zum 1. Juli <strong>1997</strong> übernahm<br />

Michael T. Mältzer (54) die<br />

neu geschaffene Aufgabe des<br />

Marketingleiters in der Schneidersöhne-Unternehmensgruppe.<br />

In dieser Position sind die<br />

Marketingaktivitäten aller Konzerntöchter<br />

– Schneidersöhne<br />

Papier, Schneidersöhne Produkta<br />

und Schneidersöhne Kuvert –<br />

sowie die Auslandsaktivitäten<br />

zusammengefaßt. Mältzer ist<br />

seit fast 20 Jahren für Schneidersöhne<br />

tätig. Die Geschäftsführung<br />

der Tochtergesellschaft<br />

Schneidersöhne Produkta<br />

GmbH & Co. wird er auch künftig<br />

beibehalten. Neben seinem<br />

beruflichen Engagement ist<br />

Mältzer aktives Mitglied im<br />

Marketing-Club Karlsruhe<br />

fen“ informiert anschaulich über das Produkt und die Anwendungsmöglichkeiten<br />

von Wellpappe.<br />

Ausblick<br />

Viele Unternehmen der Wellpappenindustrie positionieren sich<br />

nicht nur als Lieferant eines Produktes, sondern auch als Dienstleister<br />

und Logistikpartner. Es ist allen Herstellern bewußt, daß bei den<br />

Abnehmern und deren Kunden nicht nur der Preis und die Qualität<br />

des Produktes alleine über den Kauf entscheiden, sondern daß<br />

die Systemkosten der Transporte insgesamt verglichen werden. Hier<br />

Partner für die Kunden zu sein, Dienstleistung in bezug auf die Logistik<br />

und Verpackungsentwicklung im Stadium der Produktentwicklung<br />

anzubieten,gehört bei vielen Unternehmen schon zum Standard.<br />

(MCK) sowie im Bund Deutscher<br />

Verkaufstrainer und Ver-<br />

kaufsförderer (BDVT).<br />

(Fortsetzung auf Seite 1065)


Den diesjährigen „Tag der Wellpappe“ feierte<br />

der Verband der Wellpappenindustrie<br />

(VDW) im Rahmen der FachPack-Messe ’97<br />

in Nürnberg. Zunächst zeigte der Verband einen<br />

neuen Videofilm, der neben fachlich gelungenen<br />

Informationen vor allem durch<br />

sehr gut gemachte emotionale Botschaften zu<br />

überzeugen wußte. So bekommt der weniger<br />

Kundige erklärt, warum Wellpappe „in“ ist<br />

und daß auch sehr hochwertige Produkte, wie<br />

z. B. Parfum von Calvin Klein, in Wellpappe<br />

verpackt werden können. Der Film vermittelt<br />

positive Emotionen zum Produkt (im Pappkarton<br />

zum Mond), und dies gelingt in weiten<br />

Teilen auf subtile, spannende Art und Weise.<br />

Der VDW-Vorsitzende Lothar Jacobmeyer<br />

(Stone ECA) bezeichnete den Film in seiner<br />

Eröffnungsansprache der Veranstaltung<br />

denn auch als gelungen.<br />

Verpackungen der<br />

Kreislaufwirtschaft<br />

Der aus dem Umweltministerium als Referatsleiter<br />

bestens bekannte Dr. Thomas<br />

Rummler sprach zum Thema „Kreislaufwirtschafts-<br />

und Abfallgesetz“ und erläuterte im<br />

Eingang seiner Rede zunächst Sinn und<br />

Zweck der Förderung der Kreislaufwirtschaft.<br />

Primär gehe es dabei darum, natürli-<br />

<strong>44</strong>/97 1064<br />

UNTERNEHMEN · MÄRKTE · PRODUKTE<br />

„Tag der Wellpappe“<br />

Novellierung der<br />

Verpackungsverordnung weiter offen<br />

Voller Saal beim „Tag der Wellpappe”.<br />

che Ressourcen zu schonen und eine umweltverträgliche<br />

Beseitigung von übriggebliebenen<br />

Abfällen sicherzustellen.<br />

Bei der Eröffnung: Lothar Jacobmeyer.<br />

Eingehend beleuchtete Rummler das Problem,<br />

das daraus entsteht, daß Städte und<br />

Gemeinden mittlerweile vielfach um jede<br />

Tonne Müll kämpfen und dieser quasi requiriert<br />

wird. Über die Länderarbeitsgemeinschaft<br />

Abfall werde der Abfallbegriff weit definiert.<br />

Nach Meinung einiger Länder sei<br />

auch sortiertes Altpapier, das altpapierverarbeitende<br />

Erzeuger erhalten, nach wie vor Ab-<br />

fall und nicht Sekundärrohstoff. Dadurch werden<br />

Papiererzeuger zu Abfallverwertungsbetrieben,<br />

und Rummler räumte ein, daß der<br />

daraus entstehende Imageschaden erheblich<br />

sein könne. Er selbst vertrete diese Auffassung<br />

nicht und schließe sich der Meinung des<br />

Landes Bayern an, nach der sortiertes Altpapier<br />

bereits ein Sekundärrohstoff sei.<br />

Stand der<br />

Verpackungsnovelle<br />

Nach wie vor ist es nach den Worten von<br />

Rummler unklar, ob die Novelle der Verpackungsverordnung<br />

noch in diesem Jahr<br />

verabschiedet werden könne. Ausschlaggebend<br />

für den weiteren Fortgang seien vor allem<br />

politische Überlegungen, aber auch unterschiedliche<br />

Auffassungen bei der Frage<br />

der Festschreibung von Mehrwegquoten. Mit<br />

der novellierten Fassung der Verpackungsverordnung<br />

könne es gelingen – und dies sei<br />

sehr wünschenswert –, sogenannte Trittbrettfahrer,<br />

also Betriebe, die den „grünen<br />

Punkt“ nicht benutzen, leichter zu bestrafen<br />

und am „grünen Punkt“ zu beteiligen. Auch<br />

die Einführung alternativer Abholsysteme<br />

sei mit der neuen Verpackungsverordnung<br />

wesentlich einfacher zu realisieren.<br />

(Fortsetzung auf Seite 1068)<br />

Während der Diskussion (von links): Lothar Jacobmeyer, Dirk Maxeiner, Dr. Thomas<br />

Rummler.


(Fortsetzung von Seite 1062)<br />

Johann Rosenkranz ist<br />

neuer Bereichsleiter für die Länder<br />

Deutschland, Schweiz und<br />

Österreich bei Marquip International<br />

(Niederlassung Deutschland)<br />

in Dreieich. Der bisherige<br />

Niederlassungsleiter Andreas-<br />

Lars Tingvall arbeitet neben<br />

Rosenkranz gleichrangig als Bereichsleiter<br />

für die Niederlande,<br />

Johann Rosenkranz<br />

Andreas-Lars Tingvall<br />

das Vereinigte Königreich, Skandinavien<br />

und osteuropäische<br />

Länder. Rosenkranz führte vorher<br />

des Büro der Fa. Agnati<br />

Deutschland (Rodgau) und baute<br />

davor fast fünf Jahre die Niederlassung<br />

von Marquip International<br />

in Dreieich auf. Marquip<br />

International will in den<br />

nächsten Monaten seinen Personalbestand<br />

um 18 Personen aufstocken.<br />

Dadurch soll eine intensivere<br />

Kundenbetreuung der<br />

stärker aufgeteilten Märkte<br />

Nord-, Mittel- und Südeuropa<br />

sowie England erreicht werden.<br />

KURZNACHRICHTEN<br />

DEUTSCHLAND<br />

Die Fa. Moosmann & Co.<br />

(Ravensburg), ein Papier- und<br />

Verpackungsgroßhändler, will<br />

die historische „Kunst” des<br />

Papierschöpfens wieder aufleben<br />

lassen. Die Wiederbelebung<br />

der althergebrachten<br />

Methode wird durch die interessante<br />

Besonderheit unterstützt,<br />

daß neben dem markanten Büttenrand<br />

heute mit modernen<br />

Mitteln jedes Motiv als echtes<br />

Wasserzeichen dargestellt werden<br />

kann. So lassen sich heute<br />

mit modernen Mitteln etwa Namen<br />

oder Initialen, Firmenlogos<br />

und Wappen, ja sogar Portraits<br />

kreieren. Genau solche motivspezifischen<br />

Büttenpapiere<br />

bietet die Fa. Moosmann an.<br />

Aktienkurse (50) Juli Okt.<br />

<strong>1997</strong> <strong>1997</strong><br />

Altenburger 24,00 17,00<br />

Bausch <strong>44</strong>,00 46,00<br />

Cordier 70,00 70,00<br />

Herlitz 153,00128,00<br />

Herlitz Int. Trading 232,00175,00<br />

Niedermayr 390,00363,00<br />

(Nennwert 100)<br />

Papierf. Weissenst. 171,00160,00<br />

PWA 298,00335,00<br />

SAPPI 16,00 13,45<br />

Schwäb. Zellstoff 219,00208,00<br />

Stora Kopparbergs 29,00 27,50<br />

Temming 81,00 69,00<br />

Zanders 151,00136,00<br />

FRANKREICH<br />

In großvolumige, lange<br />

Kraftpapiertüten wie in Amerika<br />

können momentan die<br />

Kunden von 100 Supermärkten<br />

der französischen Handelsgruppe<br />

Cooperatéurs de Normandie-Picardie<br />

ihre Einkäufe<br />

für den Heimtransport verpacken.<br />

Die restlichen 50<br />

Märkte sollen einbezogen werden,<br />

wenn die Testergebnisse<br />

entsprechend positiv ausfallen.<br />

Die grifflosen Tüten sind aus<br />

Recyclingpapier, 42 x 30 cm groß<br />

und für Lasten bis zu 9 kg ausgelegt.<br />

����<br />

NEUES IN KÜRZE<br />

1065 <strong>44</strong>/97


(Fortsetzung von Seite 1064)<br />

Rummler ließ es sich nicht nehmen, darauf<br />

hinzuweisen, daß mit der Einführung der<br />

Verpackungsverordnung die Abfallmenge (in<br />

privaten Haushalten 1 Mio. t) von 7,6 Mio. t<br />

(1991) auf 6,7 Mio. t (1996) sank.Auch der Gesamtverbrauch<br />

an Verpackungen sei von 13<br />

Mio. t (1991) auf 11,6 Mio. t (1996) zurückgegangen.<br />

Dabei verkenne er nicht, daß der eine oder<br />

andere Hersteller über das Ziel hinausgeschossen<br />

sei, indem er die Materialeinsparung<br />

so weit getrieben habe, daß letztlich<br />

die Zahl der Transportschäden gestiegen sei.<br />

Insgesamt gehörten diese Probleme aber der<br />

Vergangenheit an.<br />

Efficient Consumer<br />

Response<br />

Dr. Harald Münzberg von der Fa. Gemini<br />

Consulting (Bad Homburg) hielt einen Vortrag<br />

zum Thema „Efficient Consumer Response<br />

(ECR) und Transportverpackung“.<br />

ECR hat vor allem eine Verbesserung der Versorgungskette,<br />

die Beseitigung unnötiger Kosten<br />

und die Erschließung neuer Wachstumsfelder<br />

im Auge. Nach Münzberg geht es<br />

dabei um die gemeinsame, unternehmensübergreifende<br />

Optimierung von Geschäftsprozessen.<br />

Stichwort zum Thema ECR ist<br />

auch ein sogenanntes integriertes Supply-<br />

Chain-Management, bei dem schnell und flexibel<br />

auf die Wünsche des Kunden reagiert<br />

werden kann und die Lagerbestände bei Lieferanten,<br />

Markenartiklern und im Handel<br />

möglichst klein sind.<br />

Zur Zeit arbeitet der Handel am Aufbau sogenannter<br />

geschlossener Warenwirtschaftssysteme,<br />

die zum Ziel haben, eine sogenannte<br />

Lieferantenergebnisrechnung aufzustellen.<br />

Berechnet werden soll, mit welchem Lieferanten<br />

und welchem Produkt ich wann was<br />

verdient habe.<br />

Interne Benchmarks im Handel verdeutlichten,<br />

so Münzberg, daß z. B. im Bereich<br />

Verpackungen die Preise in den verschiedenen<br />

Ländern Europas sehr unterschiedlich<br />

seien. Auf einer Indexbasis berechnet, wurde<br />

für Wellpappenverpackungen in Deutschland<br />

ein Indexwert von 52 bis 59 bezahlt, in<br />

Österreich einer von 100, in Italien einer von<br />

68 und in Frankreich einer von 71. Diese Untersuchungen<br />

würden bedeuten, daß die<br />

Wellpappe in Deutschland im Vergleich zu<br />

<strong>44</strong>/97 1068<br />

UNTERNEHMEN · MÄRKTE · PRODUKTE<br />

Schlüsselländern Europas<br />

am billigsten wäre. Bei der<br />

derzeitigen Ertragslage vieler<br />

Wellpappenverarbeiter<br />

scheint dies durchaus plausibel.<br />

Der Referent warnte<br />

auch vor der sogenannten<br />

Dienstleistungsfalle, die<br />

darin bestehe, daß die Komplexität<br />

vorgelagerter Stufen<br />

(z. B. des Handels) auf<br />

nachgelagerte Stufen im<br />

Wege des Outsourcings verlagert<br />

werde, und die dafür<br />

aufzuwendenden Kosten völlig unterschätzt<br />

würden.<br />

In einer anschließenden Diskussion mit<br />

den Referenten und Lothar Jacobmeyer unter<br />

der Moderation von Dirk Maxeiner machte<br />

Jacobmeyer deutlich, daß die Verpackungsverordnung<br />

in vielerlei Hinsicht für<br />

die Branche, im nachhinein betrachtet, eine<br />

Art Jungbrunnen bedeutet hätte. Maxeiner<br />

sprach dabei auch das Thema der Auswirkung<br />

von Verordnungen in Gegenüberstellung<br />

zu sogenannten freiwilligen Selbstver-<br />

47. Papierhandelsvertreter-Tag:<br />

Gute Bedarfsentwicklung –<br />

Branche will Kompetenz zeigen<br />

<strong>1997</strong> hat sich der Bedarf der Kunden der<br />

Handelsvertreter stetig nach oben entwickelt.<br />

Nach starken Preisrückgängen zum<br />

Jahresanfang sind die Preise für wichtige<br />

Feinpapiersorten zum September im Schnitt<br />

um etwa 10% erhöht worden. Insgesamt rechnet<br />

die Branche bis zum Jahresende mit weiteren<br />

Preiserhöhungen in einer Größenordnung<br />

von 8%. Gleichzeitig haben sich die Lieferzeiten<br />

von normalerweise drei bis vier Wochen<br />

auf sechs Wochen verlängert. Für LWC-<br />

Papiere müssen vielerorts Lieferzeiten von<br />

zehn bis zwölf Wochen in Kauf genommen<br />

werden.<br />

Die diesjährige Jahrestagung des Verbandes<br />

der Papierhandelsvertreter innerhalb<br />

der Centralvereinigung Deutscher Handelsvertreter<br />

(CDH) stand unter dem Motto „Auf-<br />

Dr. Thomas Rummler (links) und Dr. Harald Münzberg.<br />

einbarungen an. Dabei wurde deutlich, daß<br />

das Umweltministerium und auch Thomas<br />

Rummler wohl nach wie vor Verordnungen<br />

freiwilligen Selbstvereinbarungen vorziehen,<br />

obwohl die freiwillige Selbstvereinbarung<br />

der Hersteller grafischer Papiere bisher<br />

ausgezeichnet funktioniert. In solchen Diskussionen<br />

kann man leicht den Eindruck gewinnen,<br />

daß es das Umweltministerium ablehnt,<br />

die Verpackungsverordnung durch eine<br />

freiwillige Selbstvereinbarung zu ersetzen.<br />

G.B.<br />

bruch oder Stagnation?“, und vieles spricht<br />

nach Meinung der Mehrheit der Teilnehmer<br />

für einen Aufbruch in der Papierwirtschaft.<br />

In seiner Eröffnungsrede mahnte der Verbandsvorsitzende<br />

Wolfgang Hinderer, daß die<br />

Politiker dem Problem der Wiedervereinigung<br />

offensichtlich nicht gewachsen seien. Es<br />

sei ihnen nicht gelungen, die „Neuen Bundesländer”<br />

in blühende Landschaften zu verwandeln,<br />

und mehrheitlich beschäftigen sich<br />

Politiker mit Abwicklungs- oder Umverteilungsfragen,<br />

aber nicht mit Gestaltung. Nach<br />

wie vor werde zwar viel über die Ziele Senkung<br />

der Staatsquote und Subventionen geredet,<br />

aber wenig getan. In Zukunft müsse es<br />

darum gehen, Mißbrauch von Sozialleistungen<br />

aufzudecken und den Erhalt von Sozialleistungen<br />

daran zu knüpfen, daß dafür ge-


arbeitet werde. Hinderer wies auch darauf<br />

hin, daß mit der Abwertung der Deutschen<br />

Mark in den verschiedenen europäischen<br />

Ländern bei Konsumpapieren teilweise<br />

Preisunterschiede von bis zu 20% auftraten,<br />

und solche Unterschiede auf Dauer nicht aufrechterhalten<br />

werden könnten. In Zukunft<br />

müßten die Handelsvertreter besonders am<br />

Markt zeigen, daß sie kompetent und innovativ<br />

sind.<br />

Die Entwicklung des<br />

Papiergroßhandels<br />

In der ersten Rede der Mitgliederversammlung<br />

sprach der Präsident des Bundesverbandes<br />

des Deutschen Papiergroßhandels,<br />

Arndt Klippgen (Papier Union, Hamburg),<br />

zum Thema „Die Entwicklung des<br />

deutschen Papiergroßhandels“. Er stellte<br />

zunächst die Bedeutung des Feinpapiergroßhandels<br />

in Deutschland dar. Mit 2,5<br />

Mio. t Papier erzielt der deutsche Feinpapier-<br />

Großhandel eine Marktversorgung von 35%,<br />

beschäftigt 6000 Menschen und hält an 100<br />

Standorten ca. 170 000 t Papier vorrätig.<br />

Über ca. 1000 Lkws wird eine tägliche 24-<br />

Stunden-Versorgung gewährleistet. Das Lagergeschäft<br />

im Feinpapier-Großhandel umfaßt<br />

1,1 Mio. t, und dieser Anteil blieb, so<br />

Klippgen, recht konstant. Dies läge auch daran,<br />

daß das Serviceangebot des Papiergroßhandels<br />

ständig steige und nur bei einer<br />

verbrauchsnahen Distribution und Logistik<br />

bewältigt werden kann. Hinzu komme, daß<br />

die Lagersortimente ständig verfeinert und<br />

differenziert wurden und heute mittlerweile<br />

Hunderte von Spezifikationen umfassen. Der<br />

<strong>44</strong>/97 1070<br />

UNTERNEHMEN · MÄRKTE · PRODUKTE<br />

(Von links): Wolfgang Hinderer, Dr. Klaus Grefermann, Bernd Böcking, Gerhard Gladitsch.<br />

Dienstleistungscharakter des Geschäfts lasse<br />

sich auch am Beispiel der Papier Union<br />

verdeutlichen: So wiegt die dort ausgelieferte<br />

Position im Schnitt 190 kg, die vor allem<br />

an Druckereien und Verwender von Büround<br />

Kommunikationspapieren ausgeliefert<br />

werden.<br />

Klippgen widersprach dem Gerücht, nach<br />

dem die Papierindustrie eine unstillbare Begierde<br />

auf mehr Direktgeschäfte besitze. Im<br />

Gegenteil sei der Anteil des Großhandels an<br />

der Marktversorgung mit grafischen Papieren<br />

langsam, aber kontinuierlich gestiegen.<br />

Diskussionen mit den Lieferpartnern der<br />

Großhändler, diesen oder jenen Kunden im<br />

Direktgeschäft bearbeiten zu wollen, fänden<br />

praktisch nicht mehr statt. Im Geschäft mit<br />

gestrichenen Rollenoffsetpapieren sei es dem<br />

Feinpapier-Großhandel in den ersten sieben<br />

Monaten sogar gelungen, seinen Absatz um<br />

35% zu steigern.Industrie und Großhandel<br />

praktizierten heute akzeptierte Aufgabenteilungen<br />

und gelebte Partnerschaft.Auf der Industrieseite<br />

treten immer weniger Großkonzerne<br />

auf, die damit zwangsläufig immer<br />

marktferner würden. Meist entstünden daraus<br />

Allianzen, die zum Exklusivvertrieb einer<br />

Sorte führten. Genau dies bringe einen<br />

berechenbareren Absatz. Man gehe eine Art<br />

Schicksalsgemeinschaft ein, in der man sich<br />

zwar über Preise unterhalten müsse, aber gemeinsam<br />

um Erfolg ringe. Solche Allianzen<br />

zwängen auch zur Mitverantwortung des Papiergroßhandels<br />

und der Weiterentwicklung<br />

der Qualität und führten logistisch zu einer<br />

noch stärkeren Verknüpfung zwischen Papierhersteller<br />

und -großhändler. In diesem<br />

Zusammenhang werde der Begriff des „vendor-managed<br />

inventory“ vielfach diskutiert.<br />

Derartige Allianzen bewahrten auch beiden<br />

Seiten ihre grundsätzliche Unabhängigkeit,<br />

da sie keine Bindung auf ewig seien. Kapitalmäßige<br />

Verknüpfungen untereinander<br />

verringerten dabei die Schlagkraft.<br />

In der Vergangenheit sei die Unabhängigkeit<br />

des deutschen Papiergroßhandels mancherorts<br />

als Modell auf Abruf verstanden<br />

worden. Inzwischen habe sich die Welt geändert.<br />

Nach dem jüngsten Verkauf von KNP<br />

BT bekomme man vielmehr den Eindruck,<br />

daß die größten Großhandelsorganisationen<br />

bemüht seien, ihre Papiermaschinen loszuwerden.<br />

Dennoch könne immer noch nicht<br />

von einem europäischen Papiergroßhandel<br />

die Rede sein, da derzeit niemand in den drei<br />

großen Ländern Großbritannien, Frankreich<br />

und Deutschland jeweils eine bedeutende<br />

Präsenz habe. Die europäischen Großhandlungen<br />

seien heute vielmehr eine Addition<br />

nationaler und teilweise auch nur regionaler<br />

Papiergroßhandlungen, die sich zum Teil erst<br />

anschickten, auf nationaler Ebene zusammenzuwachsen.<br />

Bei diesem Prozeß seien<br />

auch Banalitäten wie ganz unterschiedliche<br />

Papierformate in den einzelnen europäischen<br />

Ländern hinderlich.<br />

Ein schwieriger Prozeß komme auf den<br />

Großhandel dadurch zu, daß sich der Kunde<br />

ändere. Die vielbeschworene kleine Druckerei<br />

werde es zwar noch lange geben, für viele<br />

mittlere Druckereien werde es allerdings<br />

eng. Viele seien zu groß, um flexibel zu sein,<br />

und zu klein, um hinsichtlich Finanzkraft,<br />

Technologie, Wandel und Management kompetent<br />

mit den Großen mithalten zu können.<br />

Nach wie vor sei eine erhebliche Druckereiüberkapazität<br />

vorhanden. Dies führe zu beträchtlichem<br />

Preisdruck und Wettbewerb


untereinander. Bei den Großdruckereien<br />

gebe es auch im Akzidenzbereich mittlerweile<br />

Konzentrationen, die ihre Nachfrage<br />

bündelten und damit erheblichen Druck<br />

auf die Erträge der Papiergroßhändler ausübten.<br />

Um in Zukunft zu überleben, müsse der<br />

Großhändler eine kritische Größe erreichen<br />

und über eine hochentwickelte, serviceorientierte<br />

und kostengünstige Distributionslogistik<br />

verfügen. Daneben sei eine zielgruppenspezifische,<br />

differenzierte Betreuung unterschiedlicher<br />

Abnehmerkreise gefragt und vor<br />

allem Kundennähe. Ein offenes Ohr am<br />

Markt und schnelle Reaktionen auf sich wandelnde<br />

Kundenbedürfnisse seien gerade in<br />

Zukunft ein wesentlicher Erfolgsfaktor für<br />

den Großhandel.<br />

Papierindustrie im<br />

Wandel<br />

„Globalisierung und Konzentration: Die<br />

Papierindustrie im Wandel“, so lautete der Titel<br />

des Referats von Dr. Klaus Grefermann<br />

vom Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung<br />

(München). Der in der Branche bestens bekannte<br />

Referent erläuterte zunächst die oft<br />

in der Wirtschaftspresse dargestellte Problematik<br />

zunehmender Globalisierung. High-<br />

Tech-Kommunikation, niedrige Transportkosten<br />

und grenzenloser Freihandel ließen die<br />

ganze Welt zu einem einzigen Markt verschmelzen.<br />

Es sei auch belegbar, daß die internationale<br />

wirtschaftliche Verflechtung in<br />

den letzten drei Jahrzehnten stark zugenommen<br />

habe. Während die Produktion der In-<br />

<strong>44</strong>/97 1072<br />

UNTERNEHMEN · MÄRKTE · PRODUKTE<br />

Blick in die Zuhörerreihen des 47. Papierhandelsvertreter-Tages, der unter dem Motto<br />

„Aufbruch oder Stagnation?“ stand.<br />

dustrieländer von 1964 bis 1994 wertmäßig<br />

um jährlich 9% anstieg, erhöhte sich der Wert<br />

ihrer Exporte um jährlich 12%. Die weltwirtschaftliche<br />

Integration sei begünstigt durch<br />

technische, soziale und kulturelle Veränderungen,<br />

die den Abstand zwischen den einzelnen<br />

Ländern schrumpfen lassen. Auch in<br />

der Papierindustrie sei eine zunehmende<br />

Globalisierung zu beobachten. So sei der Anteil<br />

der Ausfuhren an der Produktion von<br />

1970 bis 1994 um 9% auf nunmehr 27% gewachsen.<br />

Die deutschen Papiererzeuger haben<br />

nach den Untersuchungen von Grefermann<br />

ihre internationalen Engagements aktiv<br />

vorangetrieben. So lagen die ausländischen<br />

Direktinvestitionen deutscher Papiererzeuger<br />

1994 bei über 1600 Mio. DM, die<br />

der Papierverarbeiter bei ca. 600 Mio. DM.<br />

Umgekehrt bevorzugten ausländische Investoren<br />

in Deutschland mittlerweile den Kauf<br />

bestehender Fabriken. Dies sei ungleich einfacher,<br />

als über eine neue Papiermaschine in<br />

einem nur noch langsam wachsenden Markt<br />

neue Kunden zu gewinnen. Daß Übernahmen<br />

öfter gelängen, habe auch damit zu tun,<br />

daß gravierende Managementfehler gemacht<br />

wurden, und traditionelle Strukturen nicht<br />

aufgebrochen würden. Von den 160 Unternehmen<br />

der Papierindustrie in Deutschland<br />

befänden sich inzwischen rund ein Fünftel in<br />

ausländischem Besitz. Dabei handle es sich<br />

um die größten Firmen, die von der Produktion<br />

her betrachtet einen Anteil von ca. 52%<br />

und beim Umsatz einen Anteil von ca.<br />

48% besäßen. Das Interesse am Standort<br />

Deutschland resultiere bei den Käufern auch<br />

daraus, daß Deutschland mit rund 16 Mio. t<br />

Papier und Pappe der mit Abstand größte<br />

Markt Westeuropas<br />

ist und geographisch<br />

durch die<br />

Öffnung der Ostgrenzenaufgewertet<br />

wurde. Häufig<br />

sei bei Übernahmen<br />

durch Ausländer<br />

zu beobachten,<br />

daß sich das neu<br />

strukturierte Unternehmen<br />

auf ein<br />

Kerngeschäft beschränken<br />

muß, die<br />

Sortimentstruktur<br />

bereinigt und ein<br />

systematisches<br />

„cost cutting“ be-<br />

trieben wird. Auch eine Verlagerung des<br />

Hauptakzents vom Primat der Techniker auf<br />

Marketing- und Kostenmanagement findet<br />

häufig statt. Insgesamt habdiese Strategie<br />

bei vielen Übernahmen zu beträchtlichen Arbeitsplatzverlusten<br />

geführt.<br />

Grefermann wies auch darauf hin, daß sich<br />

die ausländischen Investitionen in der deutschen<br />

Papierverarbeitung äußerst dynamisch<br />

entwickelten. 1994 wurden in diesem<br />

Bereich über 2,6 Mrd. DM investiert. Hierin<br />

bestehe für die noch in deutschen Händen befindlichen<br />

Papiererzeuger die Gefahr, zwischen<br />

die „Mühlsteine“ zu geraten. Neben<br />

den international organisierten Wettbewerbern<br />

befänden sich immer mehr potentielle<br />

Abnehmer in der Hand eben dieser Wettbewerber<br />

und seien damit in ihrem Einkaufsverhalten<br />

nicht mehr frei. Viele deutsche Unternehmen<br />

hätten in der Vergangenheit auf<br />

Investitionen im Ausland deshalb verzichtet,<br />

weil ihnen dazu das Geld fehlte. Das eine oder<br />

andere Mal habe allerdings auch die Risikobereitschaft<br />

hierzu gefehlt.<br />

Die zunehmende Angebotskonzentration in<br />

der Papierindustrie ergibt sich, so Grefermann,<br />

auch aus einer Tendenz zu großen, konzentrierten<br />

Produktionsstätten. 1974 etwa lag<br />

die Größe einer neu gebauten Papierfabrik zur<br />

Herstellung von holzfrei gestrichenem Papier<br />

bei 40 000 t pro Jahr, heute liegt dieser Wert<br />

bei 400 000 t. Ziel der großen Papierhersteller<br />

sei heute eine hohe Produktion zu niedrigen<br />

Kosten mit wenigen großen, spezialisierten,<br />

hochintegrierten und kapitalintensiven Maschinen.<br />

Mit größeren Maschinen sei es notwendig,<br />

mehr Kunden in einem geographisch<br />

größeren Gebiet zu versorgen. Dieser Effekt<br />

verstärkt auch die Globalisierung. Mithin<br />

dächten viele in der Branche: „Wenn meine<br />

Konkurrenten investieren, muß ich das auch<br />

tun, sonst verliere ich Marktanteile.“ Auch aus<br />

diesem Grund erfolgen Investitionen in der<br />

Papierindustrie häufig in Klumpen. Die Managementberatung<br />

Jaakko Pöyry habe jüngst<br />

darauf hingewiesen, daß die Globalisierung<br />

den Wettbewerb wesentlich verstärkt habe,<br />

und z. B. in Schweden, Finnland und Norwegen<br />

vor 30 Jahren noch 50 Unternehmen Zellstoff<br />

und Papier hergestellt haben. Heute seien<br />

es nur noch acht. Nach Ansicht von Jaakko<br />

Pöyry muß ein Unternehmen ständig mindestens<br />

10% seines Umsatzs investieren, um<br />

nicht vom Markt zu verschwinden. �


<strong>44</strong>/97 1074<br />

UNTERNEHMEN · MÄRKTE · PRODUKTE<br />

Angesichts der Globalisierung der Märkte<br />

seien die Papierunternehmen in Deutschland,<br />

die noch nicht zu einer internationalen<br />

Gruppe gehören, kaum in der Lage, sich bietende<br />

Chancen – etwa im Fernen Osten – zu<br />

nutzen. Ob es zumindest gelingen werde, am<br />

alten Standort und mit den angestammten<br />

Märkten als selbständige Unternehmen zu<br />

überleben, erscheine mehr als fraglich.<br />

Grefermann wies auch darauf hin, daß zur<br />

Zeit unklar ist, wie sich die Produktionskapazitäten<br />

in Südostasien und im Osten entwickeln.<br />

Es sei zu hoffen, daß dort die Produktionskapazitäten<br />

für Papier, aber auch<br />

für Zellstoff, nicht schneller aufgebaut würden,<br />

als es die Nachfrage erfordert.<br />

Kreislaufwirtschaft und<br />

Papierrecycling<br />

Zum Thema „Kreislaufwirtschaft und Papierrecycling<br />

– Entwicklungen, Auswirkungen“<br />

sprach Bernd Böcking, Geschäftsführer<br />

der Gesellschaft für Papier-Recycling<br />

(GesPaRec),Bonn. Er erläuterte zunächst,<br />

wie stark die Altpapier-Einsatzquote in<br />

Deutschland innerhalb der letzten sechs Jahre<br />

stieg. 1996 wurden in Deutschland alleine<br />

6,775 Mio. t untere Sorten Altpapier eingesetzt.<br />

Bei Zeitungsdruckpapieren ist die Altpapier-Einsatzquote<br />

von 68% (1990) auf<br />

116% (1996) gestiegen. Auch im Bereich Tissue<br />

konnte im gleichen Zeitraum von 49% auf<br />

63% zugelegt werden. Dennoch sei in den vergangenen<br />

Jahren das Altpapieraufkommen<br />

stärker gestiegen als der Verbrauch. Dadurch<br />

habe sich der Altpapierexport erhöht. Bei<br />

grafischen Papieren werden aufgrund einer<br />

freiwilligen Selbstverpflichtung der papiererzeugenden<br />

Industrie mittlerweile<br />

82,6% der produzierten Papiere wiederverwertet.<br />

Böcking wies darauf hin, daß aufgrund des<br />

neuen Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes<br />

eine Umbewertung des Begriffs Sekundärrohstoff<br />

zur Diskussion stehe. Momentan<br />

werde darüber diskutiert, ob Altpapier erst<br />

auf der Papiermaschine bei der Produktion<br />

zum Sekundärrohstoff werde oder schon<br />

nach der Sortierung im Altpapierlager kein<br />

Abfall mehr sei. Er kritisierte deutlich die<br />

Auffassung der Länderarbeitsgemeinschaft<br />

Abfall, daß altpapiereinsetzende Betriebe<br />

Abfallverwerter seien. Wenn sich diese Einstellung<br />

durchsetze, sei mit schwerwiegen-<br />

den Imageschädigungen der deutschen Papierindustrie<br />

zu rechnen.<br />

Böcking wies auch darauf hin, daß sich die<br />

Strukturen der Altpapiererfassung seit der<br />

Einführung der Verpackungsverordnung und<br />

des „Dualen Systems“ deutlich geändert hätten.<br />

Seit 1990 hätten die privaten Städtereiniger<br />

mehr und mehr Zugriff auf den Altpapieranfall<br />

der Haushalte genommen. Mittlerweile<br />

entsorgten diese Unternehmen, die<br />

oft Töchter großer Stromkonzerne seien, über<br />

50% des Altpapiers. Unter Ausschluß anderer<br />

Konkurrenten habe das „DSD“ bei der Einführung<br />

seines Systems vielfach private<br />

Städtereiniger bevorzugt und ihnen am Anfang<br />

300 DM pro Tonne Altpapier bezahlt.<br />

Zur Zeit würden immer noch 250 DM pro TonneAltpapier<br />

an private Städtereiniger entrichtet,<br />

ein Wert, der nach Ansicht der GesPaRec<br />

um 30 bis 40% zu hoch ist. Es sei unter<br />

diesen Marktvoraussetzungen nicht verwunderlich<br />

gewesen, daß der Altpapiermarkt<br />

1993/94 kollabierte.<br />

Grenzen des Recyclings<br />

Böcking sprach auch über die Grenzen des<br />

Recyclings und der Kreislaufschließung. So<br />

sei zu beobachten, daß sich viele Deinking-<br />

Qualitäten deutlich verschlechterten. Nach<br />

Studien, die auch die GesPaRec mitverantwortet,<br />

gerate immer weniger Abfall in den<br />

Hausmüll und immer mehr in den „Gelben<br />

Sack“ und die „Blaue Tonne“. Prinzipiell setzt<br />

sich die GesPaRec für eine Altpapiertrennung<br />

von grafischen Papieren und Verpackungspapieren<br />

ein, wobei dies von geographischen<br />

Gegebenheiten abhänge. In der<br />

Nähe einer Kartonfabrik etwa mache die Separierung<br />

keinen Sinn. Wenn die Sortierung<br />

vom Letztverbraucher vorgenommen werde,<br />

ergebe sich ein Einsparpotential von 70 DM<br />

pro Tonne oder insgesamt ca. 350 Mio. DM.<br />

Wenn Altpapier konsequent in eine grafische<br />

und eine Verpackungsfraktion getrennt würde,<br />

könnte das „DSD“ außerdem kostengünstiger<br />

arbeiten.<br />

Böcking meinte auch, daß eine europäische<br />

Richtlinie zur Kreislaufschließung etwa von<br />

Papierfabriken für die gesamte Branche sehr<br />

nachteilig wäre. Insgesamt rechne er damit,<br />

daß in Europa bis zum Jahr 2000 länderübergreifend<br />

eine Verwertungsquote<br />

von durchschnittlich 50% erreicht werden<br />

könne.<br />

„Personal Power”<br />

Einen Motivationsbeitrag unter dem Titel<br />

„Personal Power – Was löst Faszination<br />

und Begeisterung aus?“ gab Wolf W. Lasko,<br />

Mitinhaber der Winner’s Edge Gesellschaft<br />

für Führungs-, Strategie- und Verkaufscoaching<br />

mbH (Düsseldorf). Wer selbst begeistert<br />

ist, könne andere begeistern. Es gehe<br />

darum, daß der „Motor“ stimmen müsse.<br />

Der gesamte Vortrag lebte vor allem von der<br />

Ausstrahlung des Referenten, der auch<br />

zahlreiche Bücher zu diesem Thema veröffentlicht<br />

hat. Lasko setzt sich dafür ein,<br />

möglichst nur das Positive zu sehen, nicht<br />

von Fehlern, sondern lediglich von Resultaten<br />

zu reden und sich klarzumachen, daß<br />

die Verantwortung immer und überall zu<br />

100% bei dem Handelnden liegt, und er immer<br />

versuchen sollte, Regisseur und nicht<br />

Opfer zu sein.<br />

Vertriebsweg Messe –<br />

„Premiere“/„Paperworld“<br />

Gerhard Gladitsch von der Messe Frankfurt<br />

sprach abschließend zum Thema „Premiere/Paperworld<br />

– Vertriebsweg Messe und<br />

seine Stellung im Marketingmix der Industrie“.<br />

Ausgangspunkt von Gladitsch war<br />

eine genaue Darstellung der „Paperworld“.<br />

Deutschland sei weltweit eindeutig Messestandort<br />

Nummer eins sei. Die Messe Frankfurt<br />

ziehe im Jahr 40 000 Aussteller und 2,4<br />

Millionen Besucher an. Alleine zu den Messen<br />

„Premiere“, „Tendence“ und „Ambiente“<br />

kommen 13 000 Aussteller.<br />

Nach Untersuchung der Messe Frankfurt<br />

hat der PBS-Markt in Deutschland im laufenden<br />

Jahr ein Volumen von ca. 18,7 Mrd.<br />

DM. Insgesamt zeigte die „Paperworld 1996“<br />

auf 68 200 m 2 Fläche ihre Angebote. 35 000<br />

Besucher kamen vorwiegend wegen dieser<br />

Teilmesse im Rahmen der „Premiere“. Insgesamt<br />

sei zu beobachten, daß sich die „Paperworld“<br />

weg von der Ordermesse hin zur Informationsmesse<br />

entwickle. Gladitsch erläuterte<br />

auch die Neuordnung der „Paperworld“<br />

(vgl. apr Nr. 43, Seite 1054). Von besonderer<br />

Bedeutung sei für die Aussteller die Tatsache,<br />

daß der Anteil der Messebesucher an Selbständigen<br />

und Führungskräften ständig<br />

steige und damit die Kompetenz der Gesprächspartner<br />

wachse. ����


Verleihung der Preise<br />

zum 20. Deutschen<br />

Verpackungswettbewerb<br />

Im Rahmen der diesjährigen „FachPack<br />

’97” führte erstmalig das Deutsche Verpackungsinstitut<br />

e.V. (DVI) in Berlin den<br />

Deutschen Verpackungswettbewerb (DVW)<br />

durch. Während der Preisverleihung wurden<br />

insgesamt 23 Verpackungslösungen unterschiedlicher<br />

Packstoffe prämiert. Insgesamt<br />

reichte die Industrie 226 Vorschläge in<br />

den verschiedenen Kategorien ein. Dabei<br />

entfielen auf Versandverpackungen 47 Einreichungen,<br />

auf Verbrauchsverpackungen<br />

81, auf Displayverpackungen 19, auf die Rubrik<br />

„neu gegen alt“ 31, auf Maschinenkonzepte<br />

8 und auf Prototypen 40. Mithin wurde<br />

also ca. jede zehnte eingereichte Verpackung<br />

prämiert. Den Vorsitz in der Jury<br />

hatten die Professoren Dieter Berndt (TFH<br />

Berlin) und Karl-Richard Eschke (FH Hamburg).<br />

Ausgezeichnete Hersteller aus dem<br />

Bereich Papier und Pappe waren unter anderem<br />

die Fa. Klingele, die Schertler Verpackungen<br />

GmbH, Stone Europa AG, die<br />

Verpackung + Display Stabernack Jr Partner<br />

GmbH & Co., die Fa.Albert Frey Verpakkungsentwicklungen<br />

und Vertriebs GmbH,<br />

die Gustav Stabernack GmbH, die Sonoco<br />

CPD GmbH, die Fa. Schreiner Etiketten und<br />

die Panther Wellpappen- und Papierfabriken<br />

GmbH.<br />

UNTERNEHMEN · MÄRKTE · PRODUKTE<br />

Nun könnte die Verleihung eines solchen,<br />

durchaus wichtigen Preises den Charakter<br />

der Verleihung eines „Oscars“ besitzen, und<br />

Hans Spitzner, Staatssekretär im Bayerischen<br />

Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr<br />

und Technologie, gab sich mit Humor<br />

redlich Mühe, der Veranstaltung die Würde<br />

zu geben, die ihr zusteht. Leider gelang dies<br />

nur unzureichend. Es ging wohl vor allem<br />

darum – einmal wurde dies auch konkret von<br />

Hans Spitzner, MDL und Staatssekretär im Bayerischen<br />

Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie<br />

bei der Ehrung der Preisträger im 20. Deutschen Verpackungswettbewerb<br />

<strong>1997</strong> anläßlich der Eröffnung der<br />

„FachPack” in Nürnberg.<br />

der Bühne her so dargestellt –, die Veranstaltung<br />

schnell über die Bühne zu ziehen. So<br />

blieb denn auch vieles unklar, was manchen<br />

interessiert hätte. Oftmals erschienen drei<br />

Personen auf der Bühne, die Firma, die eingesandt<br />

hatte, der Gestalter der Verpackung<br />

und der Markenartikler, wobei völlig unklar<br />

blieb, welche Person zu wem gehört. Es mag<br />

auch sein, daß es manchem aus Zeitgründen<br />

opportun schien, daß es sich nicht schicke,<br />

irgendeinen der mit Preisen Bedachten zu<br />

Wort kommen zu lassen. Nun denn, wenn der<br />

Zeitdruck so groß ist, könnten die Preise auch<br />

gleich mit der Post zugestellt werden. Letztlich<br />

spiegelt sich in der Veranstaltung, und<br />

darüber sprach ich danach mit verschiedenen<br />

Kollegen, auch die wohl bei manchem Verpackungshersteller<br />

oder -verwender selbst<br />

tiefer sitzende Meinung wider: „Ach, es ist ja<br />

eigentlich n u r eine Verpackung, die hier ausgezeichnet<br />

wird.“ Insgesamt hätte die Veranstaltung<br />

einen würdigeren Rahmen verdient,<br />

der der Wertigkeit des Produktes angemessen<br />

wäre. Vielleicht kann dies auch dadurch gelingen,<br />

daß ein Mann wie Elmar Gunsch, der<br />

zur Anfangsmoderation anwesend war und<br />

ein Entertainment-Profi ist, die weiteren Dinge<br />

steuernd selbst in die Hand nimmt.<br />

Immerhin ist feststellbar, daß zahlreiche<br />

Aussteller mit der Verleihung des Verpackungswettbewerbes<br />

in ihren Prospekten<br />

und am Stand Werbung betrieben. Interessant<br />

ist, von Insidern zu erfahren, daß Firmen<br />

wie Schoeller auf der Ebene der Bereichsleitung<br />

oder gar der Geschäftsleitung<br />

überhaupt nicht wissen, daß sie im Deutschen<br />

Verpackungswettbewerb ausgezeichnet<br />

wurden. Hier bleibt also viel zu tun, das<br />

Ansehen zu erkämpfen, das er durchaus haben<br />

könnte. G. B.<br />

1077 <strong>44</strong>/97


<strong>44</strong>/97 1078<br />

UNTERNEHMEN · MÄRKTE · PRODUKTE<br />

Der europäische Kartonmarkt auf der<br />

Schwelle ins nächste Jahrtausend<br />

Peter Horn*<br />

Die Branche der Kartonhersteller sieht sich in Zukunft veränderten<br />

Anforderungen des Marktes gegenüber. Diese bestehen in weiterem<br />

Wachstum, Umwelteinflüssen, neuen Gesetzgebungen – z. B.Verpackungsordnung<br />

– Kosteneffizienz und Veränderungen in der gesamten<br />

Wertschöpfungskette vom Kartonhersteller über den Kartonagenhersteller,<br />

den Markenartikelhersteller, den Einzelhändler und<br />

den Verbraucher. Es ist eine Tendenz bezüglich der Konzentration von<br />

Industriegruppen festzustellen, das trifft sowohl für den Ausgangsprodukthersteller<br />

als auch für den Endproduktvertreiber zu (Einzelhandel/Handelsketten).<br />

In Abb. 1 wird versucht zu zeigen, welche Einflußfaktoren von<br />

außen auf den besagten Industriezweig einwirken. Diese können sowohl<br />

als Bedrohung aber auch als Chance gesehen werden,<br />

grundsätzlich jedoch als treibende Kraft und als Herausforderung für<br />

zukünftiges Handeln. Diese Faktoren sind als Ring um einen gemeinsamen<br />

Kern angeordnet. Die Buchstaben A bis E stellen den Bezug<br />

zum späteren Text her. Das Sechseck im Kern der Darstellung<br />

macht eine Aussage zu den Aktivitäten, mit denen man den äußeren<br />

Einflußfaktoren begegnen soll.<br />

Die Abb. 2 und 3 behandeln den Einflußfaktor A = den in Zukunft<br />

zu erwartenden Mangel an Langfasern weltweit. Heute schon besteht<br />

für die afrikanischen und asiatischen Länder eine Unterdeckung des<br />

Bedarfs an Langfasern. Im Jahr 2005 wird diese Verknappung nahezu<br />

die gesamte Welt erfassen. Für Europa muß dies differenziert gesehen<br />

werden; der Wert –10 stellt einen Durchschnittswert dar. Die<br />

* Peter Horn ist technischer Direktor für Technologie und Entwicklung bei Stora Paperboard in Baienfurt.<br />

skandinavischen Länder befinden sich dabei noch auf der sicheren<br />

Seite, weil heute nur 70% des nachwachsenden Holzes geschlagen<br />

werden. Es ist naheliegend, daß die skandinavischen Kartonhersteller<br />

diesen Vorteil der gesicherten Rohstoffquelle nutzen. Daraus re-<br />

sultiert deren Konzentration auf Produkte hoher Qualität auf<br />

Primärfaserbasis, vor allem auf solche, bei denen die Verwendung von<br />

Langfasern ein „Muß“ ist, wie z. B. Flüssigkeitskarton, Zigarettenkarton,<br />

grafischer Karton und weite Bereiche der Lebensmittelverpackung.<br />

Das spezielle Ziel von Stora ist die Beschränkung auf ganz


<strong>44</strong>/97 1080<br />

UNTERNEHMEN · MÄRKTE · PRODUKTE<br />

bestimmter Marktsektoren. Im Prinzip wird in vielen Fällen am Ende<br />

ein bestimmter Produktname für eine ganz bestimmte Anwendung<br />

stehen. Diese Ausrichtung bezieht sich nicht alleine auf die Qualität,<br />

sondern heißt auch, daß damit zusätzlich eine ganz gezielte Serviceverbesserung<br />

verbunden ist.<br />

Nur langsames Wachstum in<br />

Westeuropa<br />

Die Abb. 4 zeigt die prozentuale Verteilung der einzelnen Anwendungsbereiche<br />

der Verpackungen in Europa im Jahr 1993, ist aber<br />

heute noch in dieser Form gültig. Man erkennt deutlich die bevorzugte<br />

Anwendung von Verpackungen auf Primärfaserbasis im Bereich grafische<br />

Produkte, Zigaretten, Kosmetik und Gefrierkost. Die sieben folgenden<br />

Abb. 5 bis 11 befassen sich mit der Mengenentwicklung des<br />

Verpackungsverbrauchs auf Holzfaserbasis in Europa heute und in<br />

Zukunft. Sie geben außerdem Auskunft über die prozentuale Verwendung<br />

von Primär- und Sekundärfasern bei der Herstellung. Die<br />

Mengenangabe für Kartonverpackungen in Abb. 5 schließt die Flüssigkeitsverpackung<br />

mit ein. Gut erkennbar ist die überragende Menge<br />

von Wellpappe.<br />

Der überwiegende Anteil von Primärfasern im Tortendiagramm in<br />

Abb. 6 erklärt sich aus der Einbeziehung von Flüssigkeitskarton in<br />

die Betrachtung. Ohne diesen würde die Teilung etwa 50 zu 50% betragen.<br />

Die Abb. 7 zeigt die Zuordnung der Mengen zu den einzelnen<br />

Kartonsorten. Sie gibt weiterhin Auskunft über das prozentuale Mengenwachstum<br />

in den Jahren 1990 bis 1995 sowie eine Schätzung dieses<br />

Wachstums für die Jahre 1996 bis 2000. Zu erkennen ist eine Abschwächung<br />

des Wachstums in allen Bereichen, aber immerhin ist mit<br />

einem Wachstum zu rechnen. Besonders hervorzuheben ist die Tatsache,<br />

daß bei den SBB- und FBB-Sorten einerseits und WLC andererseits<br />

die gleiche Entwicklung zu erwarten ist.<br />

Die Abb. 8 und 9 beziehen sich auf den Wellpappenbereich. Hier ist<br />

die Einsatzquote von Altpapier mit 70% aus qualitativen Gründen


<strong>44</strong>/97 1082<br />

UNTERNEHMEN · MÄRKTE · PRODUKTE<br />

ausgeschöpft, d. h., daß die verbliebenen 30% Frischfasern zur Erhaltung<br />

der Festigkeitseigenschaften der Verpackung erforderlich<br />

sind. Mengenmäßig liegt der Schwerpunkt der Wachstumsrate auf<br />

Testliner und Wellenstoff auf der Basis von Altpapier.<br />

Das Tortendiagramm von Abb. 10 zeigt die herausragende Rolle der<br />

Primärfaser in der Herstellung von Verpackungspapier. Es kann festgestellt<br />

werden, daß dieser Trend auf der Forderung der Kunden nach<br />

hohen Festigkeitseigenschaften bei geringem Eigengewicht beruht.<br />

Damit werden sich wahrscheinlich Papierprodukte, die auf Primäfasern<br />

basieren, auch in Zukunft vorrangig behaupten. Die Mengenentwicklung<br />

in Abb. 11 sieht nicht sehr positiv aus. Bei Stora werden<br />

Verpackungspapiere vor allem für Feinwelle und flexible Verpackungen<br />

produziert.<br />

Einflußfaktor C: Umwelttrends<br />

Bei Umwelttrends spielt auch der Wettbewerb der Verpackungsmaterialien<br />

auf der Basis von Kunststoff und von flexiblen sowie Mikrowellenverpackungen<br />

eine Rolle.<br />

Die Abb. 12 soll zeigen, wie sich die Kartonindustrie, und damit<br />

auch Stora, diesem Verpackungstrend stellt und worauf sich speziell<br />

die Aktivitäten von Stora unter Nutzung des Forschungs- und Entwicklungsbereichs<br />

konzentrieren. Es besteht ein eindeutiger Trend<br />

in Richtung Verpackungsminimierung, was sich vor allem in einer Reduzierung<br />

des Eigengewichtes ausdrückt. Eine Kompensierung des<br />

Stabilitätsverlustes wird vorrangig durch Primärfasereinsatz erreicht.<br />

Eine weitere Möglichkeit besteht in der Reduzierung der Ver-<br />

packungsgröße. Auch geht der Trend in Richtung Vermeidung von Sekundärverpackungen,<br />

gemeint sind hier vor allem Umverpackungen.<br />

All dies läuft auf eine Kostenreduzierung hinaus. Stora geht diese<br />

Aufgabenstellung über das Forschungsprojekt „Verbesserung bzw.<br />

Erhaltung von Steifigkeit, Stapelfestigkeit und sonstiger Festigkeitseigenschaften<br />

bei reduzierter Flächenmasse“ an.<br />

Der Einfluß der Umweltgesetzgebung wie z. B. die deutsche Verpackungsverordnung<br />

auf das Verpackungsmaterial und dessen Gestaltung<br />

ist der zweite maßgebliche Faktor nach den Kosten. Sie<br />

zwingt zur Vermeidung von Verbundmaterialien und führt hin zum<br />

Monomaterial. Dabei steht das Erhalten bzw. Erreichen der vollen<br />

Recyclierbarkeit im Vordergrund. Die Verpackung auf Basis von<br />

Holzfasern bringt dafür die besten Voraussetzungen mit. In diesem<br />

Bereich bedeutet auch der Wettbewerb der Kunststoffverpackung<br />

eine Herausforderung, indem zunehmend niedriggewichtige flexible<br />

Verpackungen angeboten werden. Das im Gegenzug von der Kartonverpackungsseite<br />

laufende Entwicklungsprojekt heißt „Schaffung<br />

von Barriereeigenschaften z. B. gegen Wasserdampf, Fett, Aroma,<br />

Sauerstoff usw.“ ohne Verwendung von Verbundmaterialien wie


<strong>44</strong>/97 1084<br />

UNTERNEHMEN · MÄRKTE · PRODUKTE<br />

z. B. PE. Hier gibt es bereits einige gute Beispiele der Umsetzung.<br />

Die starke Rolle der Lebensmittelverpackung im Kartongeschäft<br />

bedingt zwangsläufig die Beachtung und Erfüllung der Geruchs- und<br />

Geschmackskriterien. Hier ist die Verwendung von Primärfasern ein<br />

entscheidender Vorteil. Natürlich ist auch die strikte Einhaltung von<br />

bestimmten Faktoren im Fertigungsprozeß eine wichtige Voraussetzung.<br />

Das entsprechende Forschungsprojekt bei Stora beschäftigt<br />

sich intensiv mit der Frage der Einflußfaktoren auf Geruch und Geschmack,<br />

deren Meßbarkeit und deren Beseitigung bzw. Vermeidung.<br />

Das Problem der Neutralität bei der Bewertung von Geruch und Geschmack<br />

wird über die Entwicklung einer sogenannten „Elektronischen<br />

Nase“ zu lösen versucht. Hier ist Stora schon ein ganzes Stück<br />

vorangekommen.<br />

Der nächste angesprochene Trend bezieht sich auf die Marketingfunktion<br />

der Verpackung. In erster Linie hat die Verpackung natürlich<br />

Schutzfunktion. Ein ebenso bedeutender Faktor ist aber auch die<br />

Funktion als Informations- und Werbeträger. Die Verpackung muß<br />

den Käufer ansprechen und der Markenname eindeutig erkennbar<br />

sein. Hierzu ist eine hervorragende Bedruckbarkeit gefragt. Mit der<br />

Optimierung dieser Eigenschaft beschäftigt sich ein gleichlautendes<br />

Forschungsprojekt. Der begrenzte Raum in Lägern und Regalen ist<br />

ein Zwang, der den Verpackungshersteller in der Gestaltung und<br />

Größe der Verpackung fordert. Dies stellt zwangsläufig auch entsprechende<br />

Anforderungen an den Kartonhersteller.<br />

Der letzte Trendpunkt verweist auf das stärkere Wachstum von Lebensmittelverpackungen<br />

im Vergleich zu anderen Verpackungen. Das<br />

Verhältnis hält sich derzeit etwa die Waage. Des weiteren ist ein starkes<br />

Wachstum des Zigarettenmarktes in Asien festzustellen. Alle in<br />

dieser Darstellung gezeigten Trends sind Bestandteil der Marktstrategie<br />

von Stora. Diese umfaßt nicht nur den Kartonsektor, sondern<br />

schließt auch den Verpackungspapiersektor ein, der mit zum Unternehmensbereich<br />

gehört.<br />

Preisdruck – Kosten der Kunden<br />

Im Einflußfaktor D (vgl. Abb. 1) wird der Preisdruck und der entscheidende<br />

Faktor „Kunde“ angesprochen. Es ist Fakt, daß sich Kartonhersteller<br />

kaum noch erlauben können, über größere Preissprünge<br />

zu sprechen, da dies immer schwerer umzusetzen ist. Sie müssen<br />

sich fragen, wie sie – unabhängig von den kostensenkenden Aktivitäten<br />

im eigenen Hause – sicherstellen, daß die Kosten beim Kunden<br />

sich nicht erhöhen, und daß zusätzliche Kosten vermieden werden.<br />

Die Abb. 13 zeigt, wo die zukünftige Herausforderung liegt, dargestellt<br />

mit „New demand“ als waagrechte Linie, abweichend vom eigentlichen<br />

Trend, wenn man nichts tun würde. Die Aktivitäten, die<br />

sich aus dieser Herausforderung an uns stellen, sind:<br />

� Steigerung der Produktivität,<br />

� Schaffung eines sogenannten „Added value“, oder auf deutsch „zusätzlichen<br />

Nutzens“;<br />

� Verbesserung der Logistik.<br />

Die Steigerung der Produktivität besteht vorrangig in der optimalen<br />

Zuordnung der Kartonsorten nach Kosten und Qualität, der sogenannten<br />

Nutzung der Stärken der einzelnen Produktionseinheiten,<br />

d. h. der Beschränkung einer Produktionseinheit auf möglichst ein<br />

oder wenige Produkte und der Konzentration bestimmter Produkte<br />

auf bestimmte Maschinen. Dies bringt eine größere Gleichmäßigkeit<br />

in der Qualität, eine Steigerung der Kapazität und der Effizienz und<br />

damit deutliche Kosteneinsparungen im eigenen Haus wie auch beim<br />

Kunden. Der schöne Ausdruck „Added value“ soll heißen, daß wir bestrebt<br />

sind, dem Kunden nicht nur seine Wünsche zu erfüllen, sondern<br />

ihm auch noch einen zusätzlichen Nutzen zu vermitteln.<br />

Dies geschieht über eine möglichst weitgehende Standardisierung<br />

der Produktpalette, indem man in Zusammenarbeit mit dem Kunden<br />

nach den Bedürfnissen beider Seiten sich auf einige wenige, aber gezielte<br />

Produkte beschränkt. Dies trifft auch auf die mögliche Einschränkung<br />

der Formatgrößenvielfalt zu. Für den Kunden positiv<br />

sind: die größere Gleichmäßigkeit des Produktes in Qualität und Laufeigenschaften<br />

bei Druck und Verarbeitung, ein besserer Lieferservice,<br />

der sich vor allem ausdrückt in kürzeren Lieferzeiten, und eine<br />

höhere Flexibilität bei kurzfristigen Anfragen bzw. Änderungswünschen<br />

des Kunden. Dies ist u. a. dadurch gewährleistet, daß Stora ein<br />

kundennahes Lager unterhält mit entsprechender Anpassung der gesamten<br />

Logistik von der Auftragserteilung bis hin zur Anlieferung<br />

des Kartons an der Rampe.<br />

Ein gutes Beispiel für „Added value“ für den Kunden aber auch für<br />

den Kartonhersteller ist in Abb. 14 gegeben. Sie zeigt die Absenkung<br />

des Flächengewichts von Flüssigkeitskarton von ca. 20% über einen<br />

Zeitraum von 15 Jahren, wobei der große Sprung in den letzten beiden<br />

Jahren gelungen ist. Dies war nur möglich durch intensive Forschungs-<br />

und Entwicklungsarbeit auf dem Gebiet der Steifigkeits-<br />

/Festigkeitssteigerung und deren Umsetzung in die Praxis. Ausschlaggebend<br />

für die große Verbesserung war letztendlich der Ersatz<br />

von Zellstoff durch CTMP mit höherem Volumen. Für den Kunden<br />

entsteht ein um diese 20% wachsender Vorteil über eine größere<br />

Fläche, gleichbedeutend mit mehr Packungen bezogen auf das gleiche<br />

Einsatzgewicht. �


<strong>44</strong>/97 1086<br />

UNTERNEHMEN · MÄRKTE · PRODUKTE<br />

Veränderte Anforderungen in der<br />

Lieferantenkette<br />

Wie bereits erwähnt, ist eine zunehmende Konzentration auch im<br />

Bereich der Markenartikelhersteller und im Einzelhandelt festzustellen.<br />

Dies bedeutet zwangsläufig größeren Einfluß auf die vorgelagerten<br />

Lieferanten, indem stärker auf die Verpackungsgestaltung,<br />

die Kartonqualität sowie auf die Materialwahl eingewirkt wird. Dies<br />

geht bis hin zur Festlegung auf nur einige wenige, ganz bevorzugte<br />

Lieferanten. Für Stora als Kartonlieferant bedeutet dies, daß das Unternehmen<br />

seine Strategie gänzlich ändern muß. Früher lag die Materialwahl<br />

und die Gestaltung der Verpackung nahezu ausschließlich<br />

beim unmittelbaren Kunden: beim Drucker und Faltschachtelhersteller.<br />

Auf diese Bedürfnisse hatten sich die Abnehmer auf der einen<br />

und der Kartonhersteller auf der anderen Seite auszurichten.<br />

Heute – das zeigt die Abb. 15 – erstrecken sich die Informationen<br />

und Beziehungen über die ganze Lieferantenkundenkette: vom Kartonhersteller<br />

über den Faltschachtelhersteller, über den Markenartikelhersteller<br />

bis hin zum Einzelhandel und Kunden. Der Hersteller<br />

muß besser verstehen, was seine Kunden wünschen und sein Handeln<br />

danach ausrichten. Dies geschieht – wie die Pfeile in der Abbildung<br />

andeuten sollen – durch Informationen bei allen „Gliedern“ der<br />

Kette über das Anforderungsprofil und die Erarbeitung und Festlegung<br />

von Lösungswegen. Dabei muß sehr umsichtig vorgegangen<br />

werden, denn das Übergehen eines der Kunden bei der gemeinsamen<br />

Arbeit kann zu großer Verärgerung führen.<br />

Die Abb. 16 soll zeigen, wie die Konzentration der Markenartikelhersteller<br />

sich in den sieben wichtigsten europäischen Ländern in-<br />

nerhalb von fünf Jahren entwickeln wird. Die Bewertungsskala für<br />

den Verbrauch beträgt Milliarden ECU. Die 50 größten Markenartikelhersteller<br />

machen nahezu 60% des gesamten Verpackungsmarktes<br />

aus. Interessant ist auch der Trend zum verstärkten paneuropäischen<br />

Einkaufsverhalten. 50% des Verpackungsverbrauchs wird 1999<br />

schätzungsweise auf diese Weise abgewickelt werden. Diese Vorgehensweise<br />

versetzt den Markenartikelhersteller in die Lage, auf Sicht<br />

auf eine europaweite Vereinheitlichung der Verpackungen hinzuwirken,<br />

die Qualitätskontrolle zu vereinfachen und über die Menge und<br />

Auswahl bestimmter Lieferanten den Preis zu reduzieren. Am Ende<br />

ist dies ein bedeutender Kostenvorteil.<br />

Ganz anders als bei den Markenartikelherstellern sieht es bei den<br />

Faltschachtelherstellern in Westeuropa aus. Die zwölf bis 14 größten<br />

Vertreter dieser Gruppe verarbeiten nur 25% des gesamten hergestellten<br />

Kartons. Die Vielzahl der Faltschachtelhersteller stellt insofern<br />

den Schwachpunkt in der Lieferanten-Kundenkette dar, da vielgestaltige<br />

Anforderungen bestehen und es nur in wenigen Fällen gelingt,<br />

eine Einheitlichkeit in der Vorgehensweise zu erzielen. Doch besteht<br />

in letzter Zeit auch dort der Trend, daß sich größere Gruppen<br />

durch Akquisitionen herausbilden. Noch ist die Einflußnahme der<br />

Faltschachtelhersteller auf die Verpackungsentwicklung bedeutsam.<br />

Dieses wird sich jedoch, wie schon erwähnt, zukünftig mit der Konzentration<br />

in allen Bereichen ändern. Der eigentliche Wettbewerb ist<br />

auf Sicht nicht so sehr aus den eigenen Reihen, d. h. von verschiedenen<br />

Varianten der Verpackungen auf Holzfaserbasis zu erwarten,<br />

sondern von den Verpackungen aus anderen Materialien.<br />

Die Abb. 17 gibt einen Eindruck darüber, wie sich die Größe der<br />

Handelsketten (beispielhaft jeweils fünf pro Land) auf die Anwendung<br />

eigener Markennamen zwecks Kostenreduzierung auswirkt.<br />

Beispielsweise beherrschen in der Schweiz und in England die fünf<br />

größten Händler 70% des Einzelhandels und benutzen für 30% der<br />

Waren den eigenen Markennamen. Genannt seien hier z. B. Migros<br />

und Marks & Spencer.<br />

Wie die Abb. 18 zeigt, besteht bei diesen Handelsketten zudem noch<br />

der Trend der Europäisierung. Ein schönes Beispiel dazu aus der Rei-


<strong>44</strong>/97 1088<br />

UNTERNEHMEN · MÄRKTE · PRODUKTE<br />

he der zehn aufgeführten europäischen Handelsketten ist ALDI mit<br />

Filialen in mehr als sechs europäischen Ländern. Mit dieser Entwicklung<br />

wird sich auch die Lieferantenauswahl dieser Handelsketten<br />

internationalisieren. Durch den Konzentrationsprozeß bei den<br />

Kartonherstellern wird die Anzahl und damit die Auswahl der Lieferanten<br />

für deren Kunden geringer. Für die Beziehung zwischen den<br />

beiden Partnern bedeutet das verbesserte kommerzielle Bedingungen,<br />

engere Geschäftsverbindungen, verbesserten Service und geringere<br />

Verwaltungskosten.<br />

Die geschäftlichen Beziehungen werden sich immer mehr auf ausgewählte<br />

Kunden und Lieferanten beschränken, vorausgesetzt, daß<br />

damit auch eine Liefergarantie gewährleistet ist. Vorteilhaft dabei ist<br />

eine enge Kooperation auf Vertrauensbasis mit dem Lieferanten. Dar-<br />

Die Entwicklung der Großhandelsverkaufspreise<br />

Durch- %-Veränd. zu<br />

1991 = 100 schnitt Aug. Juli Aug. Aug. Juli<br />

Sorten bzw. Waren<br />

Druck- und Schreibpapier:<br />

1996 1996 <strong>1997</strong> 1996 <strong>1997</strong><br />

Druck- und Schreibpapier, h’h 107,6 106,9 107,1 107,1 + 0,2 – 0,1<br />

Druck- und Schreibpapier, h’fr 107,8 106,5 107,0 107,0 + 0,5 –<br />

Masch.-gestr. Papier, h’h 108,0 104,9 107,0 107,0 +42,0 +21,0<br />

Masch.-gestr. Papier, h’fr 95,5 23,5 96,0 96,0 + 2,7 + 1,3<br />

Kunstdruckpapier 105,4 105,1 105,5 105,5 + 0,4 +21,0<br />

Packpapier<br />

Papierwaren:<br />

103,3 101,7 104,3 104,3 + 2,6 – 0,1<br />

Tapeten aus Papier 120,1 121,4 121,9 121,9 + 0,4 + 0,4<br />

Geschäftsbücher 131,4 128,2 127,5 127,5 – 0,5 –<br />

Ordner 109,1 109,1 107,6 107,6 – 1,4 –<br />

Lernmittel aus Papier 100,4 99,2 93,8 93,0 – 6,2 – 1,7<br />

Briefumschläge und -blöcke 111,6 111,4 105,9 105,9 – 4,9 – 1,9<br />

Zellstoffwattewaren 100,9 100,5 97,6 97,6 – 2,9 – 0,3<br />

Bilddrucke und Karten<br />

Altpapier*<br />

142,6 1<strong>44</strong>,6 146,2 1<strong>44</strong>,7 + 0,1 – 0,6<br />

Zeitungen und Illustrierte 184,3 174,2 145,0 156,1 –10,4 + 7,7<br />

Tageszeitungen 101,4 91,4 92,6 105,2 +15,1 + 13,6<br />

Kaufhausaltpapier 186,1 185,6 172,6 184,8 –11,2 – 4,5<br />

Gebrauchte Wellpappe 146,9 141,1 120,6 118,5 –16,0 – 1,7<br />

* Verkaufspreise „ab Lager Großhandel”. · Zeichenerklärung: – Keine Zahlenangaben vorhanden. Quelle: Stat. Bundesamt<br />

aus können „Just-in-time“-Lieferungen, gemeinsame Produktentwicklung<br />

und ein gemeinsames „Total-Quality-Management”-Konzept<br />

zum beiderseitigen Nutzen entwickelt werden.<br />

Zusammenfassend kann für den europäischen Kartonmarkt bis<br />

zum Jahr 2000 festgehalten werden:<br />

� Das Wachstum wird in Westeuropa weiterhin langsam aber stetig<br />

vorangehen.<br />

� Der Markt in Zentraleuropa und in Übersee wird deutlich wachsen.<br />

� Der Wettbewerb von anderen Verpackungsmaterialien in Form<br />

von flexiblen Verpackungen und Mikrowelle wird zunehmen.<br />

� Kapazitätserweiterungen in Verbindung mit Rationalisierungen<br />

werden Produktionsstätten mit hohen Kosten in den Hintergrund<br />

drängen. Hier stellt sich allerdings die Frage: Ob dies nicht zu Lasten<br />

der Flexibilität geschieht?<br />

� Der Trend geht in Richtung größerer Faltschachtelhersteller und<br />

Zentraleinkauf bei den Markenartikelherstellern. Die Einflußnahme<br />

von seiten der Einzelhändler und Handelsketten wird<br />

größer.<br />

Die Bemühungen der Kartonlieferanten müssen auf folgende<br />

Kriterien fixiert sein:<br />

� Auf die Wünsche der Kunden ausgerichtet, näher am Markt zu arbeiten;<br />

dies bedingt eine Verbesserung der Kommunikation und<br />

der Logistik in der gesamten Verpackungsherstellungskette.<br />

� Über eine intensive Partnerschaft mit den Kunden Entwicklungen<br />

für den beiderseitigen Nutzen voranzutreiben.<br />

� Die Verpackungen kleiner und leichter zu gestalten und nur Monomaterial<br />

zu verwenden. Dies steht gleichzeitig im Einklang mit<br />

den Umweltanforderungen hinsichtlich Schonung der Ressourcen.<br />

Was den zukünftigen Verbrauch von Verpackungen aus Holzfasern<br />

anbelangt, so sieht Stora diesen aufgrund der genannten Fakten optimistisch.<br />

Dies gilt vor allem für qualitativ hochwertigen Karton aus<br />

Primärfasern. ����


In feierlichem Rahmen hat die Wellpappe<br />

Lucka (Lucka bei Leipzig) im Oktober ihre<br />

neue BHS-Wellpappenanlage eingeweiht.<br />

Die neue Maschine kostete 12 Mio. DM, hat<br />

eine Produktionskapazität von 150 t pro Tag<br />

und stellt ein- und zweiwellige Wellpappe<br />

her. Im Wellpappenwerk Lucka arbeiten 175<br />

Mitarbeiter, die einen Umsatz von ca. 36 Mio.<br />

DM pro Jahr erzielen. Das Unternehmen<br />

gehört zur Eikemeier-Gruppe, die Verarbeitungswerke<br />

in Langenhagen (bei Hannover),<br />

Gittersee (bei Dresden), Brandenburg und<br />

Treuen unterhält. Dabei handelt es sich um<br />

Betriebe, die zu einem bedeutenden Teil Wellpappenbögen<br />

des Werkes Lucka verarbeiten<br />

und vielfältige Verpackungen und Displays<br />

aus Wellpappe herstellen. In der Kartonagenfabrik<br />

Eikemeier (Langenhagen) und im<br />

Wellpappenwerk Gittersee stehen ebenfalls<br />

je zwei Inliner.<br />

Nachdem Uwe Eikemeier am 1. 6. 1991 die<br />

Wellpappe Lucka übernahm, wurden seit<br />

1993 insgesamt 40 Mio. DM in das Werk<br />

Lucka investiert. Der Betrieb entstand unter<br />

weitgehender Nutzung alter Gebäude auf einem<br />

42 000 m 2 großen Gelände. Das Rohwarenlager<br />

umfaßt 2000 m 2 , das Fertigwarenlager<br />

5000 m 2 , die Produktion 10 000 m 2 .<br />

Bei einer umfassenden Betriebsbesichtigung<br />

konnten sich ca. 300 geladene Gäste von<br />

<strong>44</strong>/97 1090<br />

PAPIERVERARBEITUNG UND DRUCK<br />

Wellpappe Lucka weiht<br />

neue WPA ein<br />

Der glückliche Besitzer mit Familie (von links): Christian Eikemeier, Ursula Eikemeier,<br />

Uwe Eikemeier, Cornelia Eikemeier, Christoph Pörschmann (Prokurist in Lucka).<br />

der sehr guten Maschinenausstattung überzeugen.<br />

Zur Weiterverarbeitung besitzt die<br />

Wellpappe Lucka zahlreiche Verarbeitungsmaschinen.<br />

Dazu gehören ein Inliner der<br />

Marke Isowa mit zwei Druckwerken, ein<br />

Martin-Inliner 1224 Flexokompakt mit drei<br />

Druckwerken und ein ebenfalls mit drei<br />

Druckwerken ausgestatteter Inliner 1228<br />

der Fa. Massenzana Außerdem lief zum Zeitpunkt<br />

der Besichtigung eine Bobst-Stanze<br />

Ein besonderer Leckerbissen war eine zum Abschluß der<br />

Veranstaltung vorgestellte Wellpappen-Tanzsportgruppe,<br />

die aus ortsansässigen Tänzerinnen bestand.<br />

1575 aus dem Jahr 1994, die demnächst mit<br />

einem Druckwerk ausgestattet werden soll.<br />

Die gesamte Eikemeier-Gruppe hat 270 Beschäftigte.<br />

Ca. 65% der Wellpappenproduktion<br />

werden in Lucka oder den angeschlossenen<br />

Verarbeitungswerken verarbeitet, der<br />

Rest geht in den freien Verkauf.<br />

Kennern der Branche fiel beim Rundgang<br />

außerdem eine 60 Jahre alte Wellpappenanla-<br />

ge der nicht mehr existierenden Fa. Müller<br />

Freital auf, auf der noch Wickelwelle produziert<br />

wird (Arbeitsgeschwindigkeit ca. 30<br />

m/min) und die Uwe Eikemeier vor allem aus<br />

Liebe zur Technik – so war zu hören – noch<br />

nutzt. Außerdem besteht ein nicht zu unterschätzender<br />

Vorteil des Aggregats darin, daß<br />

der Besucher an einer solchen Maschine noch<br />

sehr genau mitverfolgen kann, wie Wickelwellpappe<br />

entsteht, und die Maschine in<br />

ihren Gesamtabmessungen sehr überschaubar<br />

ist.<br />

Stolz des Besitzers<br />

Bei seiner Begrüßung der Gäste war Uwe<br />

Eikemeier anzumerken, welche Schwierigkeiten<br />

das Unternehmen in den letzten fünf<br />

Jahren zu überwinden hatte, um auf den jetzigen<br />

Stand der Technik zu kommen. So glich<br />

das Dach der alten Gebäude wohl eher einem<br />

löchrigen Schwamm – bei Regen standen<br />

Teile der Produktionshallen öfter unter Wasser<br />

–, und die Sanierung war kein leichtes<br />

Unterfangen. Auch die ortsansässigen Banken<br />

haben sich, so Eikemeier, als großes Problem<br />

erwiesen. Offensichtlich bestand bei<br />

diesen keinerlei Wille, einem risikofreudigen<br />

Unternehmer Geld zu leihen. Der Besitzer<br />

wies denn auch sehr deutlich darauf hin, daß<br />

es die Wellpappe Lucka ohne die Volksbank<br />

Hannover in der heutigen Form nicht gäbe.<br />

Es sei schon unverständlich, daß einerseits in<br />

Leipzig ein Palazzo Protzo gebaut, aber keinerlei<br />

Risikokapital für mittelständische Unternehmen<br />

zur Verfügung gestellt werde.<br />

Blick auf einen Teil der neuen Wellpappenanlage bei der Wellpappenfabrik Lucka.


<strong>44</strong>/97 1092<br />

PAPIERVERARBEITUNG UND DRUCK<br />

Für gute Unterhaltung sorgte das Orchester Langenhagen. Die 60 Jahre alte WPA, die von Fa. Müller Freital hergestellt wurde.<br />

Freudestrahlend wies Eikemeier darauf hin,<br />

daß die Wellpappe Lucka heute 60% weibliche<br />

Mitarbeiter beschäftigte, die zu einem<br />

guten Teil in Leitungs- und Führungspositionen<br />

seien. Am Ende seiner Rede übermannte<br />

ihn sichtlich die Rührung, als er sagte: „Ich<br />

bin stolz und glücklich – viele Schwierigkeiten<br />

waren zu überwinden.“<br />

Verschiedene Gastredner wiesen auf die<br />

Bedeutung des Wellpappenwerkes Lucka für<br />

die Region hin. So ist das Unternehmen größ-<br />

Jagenberg Diana mit neuem Universalpacker<br />

Rund 500 Universalpacker vom Typ „Japack“<br />

sind bisher weltweit von den Geschäftspartnern<br />

der Jagenberg Diana GmbH, so<br />

das Unternehmen, geordert worden. Den<br />

Packer, mit dessen Hilfe ein geschuppter<br />

Schachtelstrang hinter einer schnellaufenden<br />

Faltschachtel-Klebemaschine automatisch<br />

in Versandkartons gepackt wird, hat Jagenberg<br />

jetzt optimiert: Der „Japack 40-2“-<br />

Packer wurde in einer Reihe von Positionen<br />

überarbeitet und ist ab sofort unter dem neuen<br />

Namen „Japack 40-3“ im Programm. Die<br />

Optimierung soll sich in der täglichen Produktionspraxis<br />

durch kurze Einstellzeiten<br />

und sichere Produktionsabläufe bezahlt machen.<br />

Um die Verbindung zur Faltschachtel-Klebemaschine<br />

zu vereinfachen, verfügen die<br />

Dreh- und die Staustation der „Japack 40-3“<br />

jetzt über einen frequenzgesteuerten Antrieb.<br />

Dieser wird gesteuert durch einen in<br />

ter Arbeitgeber am Ort und schaffte es, die<br />

Zahl der Mitarbeiter von früher 60 auf mittlerweile<br />

fast 180 zu verdreifachen. Inzwischen<br />

habe Lucka, so war zu hören, in den<br />

neuen Bundesländern einen Marktanteil von<br />

10% bei Wellpappenverpackungen.<br />

Der mit Uwe Eikemeier befreundete Architekt<br />

Weiner Godor zeichnete außerdem<br />

ein sehr genaues Charakterbild des Eigentümers<br />

und seiner Familie – auch der Sohn arbeitet<br />

mittlerweile in der Unternehmens-<br />

der Sammel- und Preßeinrichtung der Faltschachtel-Klebemaschine<br />

installierten Impulsgeber.<br />

Der Synchronlauf von Sammelund<br />

Preßeinrichtung sowie „Japack 40-3“ ist<br />

auf diese Weise sichergestellt. Kombinationen,<br />

auch mit fremden Klebemaschinen-Fabrikaten,<br />

sind nach Herstellerangaben ohne<br />

großen Aufwand herzustellen. Das Zählen<br />

des durchlaufenden Schachtelbandes übernimmt<br />

ein Laserscanner, der völlig unabhängig<br />

von der Kartonmaterialstärke arbeitet.<br />

Nach seinem erstmaligen Einbau in die „Japack<br />

40-3“ muß er beim Formatwechsel nicht<br />

mehr auf die jeweilige Dicke des geschuppten<br />

Schachtelstromes eingestellt werden.<br />

Schachtelabhängige Neujustierungen von<br />

Auftrag zu Auftrag sind nicht mehr notwendig.<br />

Die Arbeitsabläufe in der „Japack 40-3“<br />

werden über eine speicherprogrammierbare<br />

Steuerung initiiert. Alle Bedientasten der<br />

Maschine sind in einem zentralen Steuerta-<br />

gruppe – und hob dabei nicht zuletzt die positive<br />

Schlitzohrigkeit von Ekemeier hervor,<br />

durch die ihm vieles im Unternehmen gelungen<br />

sei, was auf den ersten Blick unglaublich<br />

sei.<br />

Die gesamte Feierstunde wurde hohen Ansprüchen<br />

gerecht. Bei einem mehrgängigen<br />

Menü des Hotels Kempinski unterhielt die<br />

Bigband Langenhagen die Gäste, die auch<br />

überregional einen bedeutenden Namen gemacht<br />

hat. ����<br />

bleau zusammengefaßt. Der an der Staustation<br />

bisher verwendete elektromagnetische<br />

Vibrator wurde im Zuge der Maschinenpflege<br />

durch einen pneumatischen Vibrator ersetzt.<br />

Eine wichtige Arbeitserleichterung für<br />

die tägliche Praxis stellt die Ausstattung der<br />

„Japack 40-3“ mit Maßskalen und digitalen<br />

Positionsanzeigern dar. Diese befinden sich<br />

an allen Elementen, die bei einem Formatwechsel<br />

eingestellt werden müssen – also<br />

auch an der Transportebene der Umkartons,<br />

deren Höheneinstellung darüber hinaus motorisch<br />

erfolgt. Auf diese Weise ist es nunmehr<br />

möglich, das automatisch arbeitende<br />

Jagenberg-Packsystem bereits überlappend<br />

zur Faltschachtel-Klebemaschine durch die<br />

Bedienungsperson der „Japack 40-3“ auf das<br />

neue Format einzustellen; diese Arbeiten<br />

müssen also nicht mehr unbedingt dem Einsteller<br />

der Klebemaschine überlassen bleiben.<br />

����


Die als Technologiecenter 1994 gegründete,<br />

private österreichische Cellat ® GmbH in<br />

Rif/Hallein ist auf dem Sektor Forschung und<br />

Entwicklung umweltrelevanter Verfahren<br />

und Hilfsmittel für die Papierindustrie tätig.<br />

1996 wurde für den Bereich angewandte Biotechnologie<br />

die Schwesterfirma Bioconsult<br />

GmbH errichtet.<br />

In einer mehr als zweijährigen Projektarbeit<br />

ist dem Team mit der Entwicklung querschnittkationisierter<br />

Zellulosepartikel eine<br />

Innovation gelungen: Modifizierte Zellulose<br />

kann neuerdings als Polyelektrolyt eingesetzt<br />

werden. Die sogenannten Cellcat ® -Partikel<br />

sind mikroskopisch klein, faserförmig<br />

und nicht nur an der Oberfläche, sondern<br />

über ihren ganzen Querschnitt hoch katio-<br />

<strong>44</strong>/97 1094<br />

PAPIERERZEUGUNG<br />

Neue Partikelstoffe als Hilfsmittel für die<br />

Papierindustrie<br />

PTS-Forschung:<br />

nisch. Die poröse Struktur ermöglicht eine<br />

Bindung anionischer Störstoffe auch im Inneren<br />

der Partikel. Sie sind daher nach Herstellerangaben<br />

für den Einsatz in der Papierherstellung<br />

und in der Abwasserreinigung<br />

geeignet.<br />

Cellcat ® wird als Dualsystem angewendet<br />

und trägt zur Optimierung von Fixierung,<br />

Retention und Entwässerung in der Papiererzeugung<br />

bei. Als Konsequenz ergibt sich:<br />

erhöhte Produktivität der Papiermaschine,<br />

verbesserte Papierqualität, geringerer Feststoffverlust<br />

und Energieeinsparung durch<br />

bessere Entwässerung.<br />

In der Abwasserreinigung wird eine erhöhte<br />

Trockensubstanz (TS) im abgepreßten<br />

Schlamm, die Reduktion von Trühe und che-<br />

Reduzierung des spezifischen<br />

Frischwasserbedarfs um bis zu 25%<br />

Der Frischwasserbedarf der Druckpapier<br />

erzeugenden Papierfabriken in den „Neuen<br />

Bundesländern” liegt derzeit deutlich über<br />

dem durch den Stand der Technik be-schriebenen<br />

Niveau von 7 bis 20 l Wasser/kg pro<br />

Produkt. Eine Reduzierung des Frischwassereinsatzes<br />

ist Voraussetzung für einen<br />

wirtschaftlichen und effektiven Betrieb von<br />

Abwasserreinigungsanlagen. In einem vom<br />

Bundeswirtschaftsministerium gefördertem<br />

Forschungsprojekt (BMWi 335/96) führte die<br />

PTS in drei Papierfabriken Untersuchungen<br />

durch mit dem Ziel der Reduzierung des spezifischen<br />

Frischwasserverbrauchs durch Optimierung<br />

der Wasserkreisläufe.<br />

In Bestandsaufnahmen vor Ort erfolgte die<br />

Charakterisierung der Wassernutzung. Die<br />

Untersuchungsergebnisse wurden in Sankeydiagrammen,<br />

Belastungsprofilen und<br />

Ganglinien dargestellt, die Wasserkreislauf-<br />

systeme und -schaltungen durch Kennwerte<br />

beurteilt. Optimierungsvorschläge zur<br />

Frischwassereinsparung, zur Verbesserung<br />

mischem Sauerstoffbedarf (CSB) im Filtrat<br />

sowie ein erhöhter Durchsatz beim Entsorgungsaggregat<br />

erreicht.<br />

Nach erfolgreichen Industrieversuchen ist<br />

die technologische Seite des Projektes abgeschlossen.<br />

Als nächster Schritt soll die Herstellung<br />

des Produktes in einer bestehenden<br />

Viskosefabrik sichergestellt werden. Mit der<br />

Produktverfügbarkeit beginnt die Markteinführung<br />

mit hauseigenen Ressourcen im logistisch<br />

regional erreichbaren Marktgebiet<br />

Mitteleuropa. Für die weltweite Vermarktung<br />

ist in der strategischen Planung die Zusammenarbeit<br />

mit internationalen Kooperationspartnern<br />

auf Joint-venture-Basis vorgesehen.<br />

����<br />

der Kreislaufschaltung mit dem Ziel der Entlastung<br />

sensibler Prozeßschritte bzw. Verminderung<br />

belastungsbedingter Prozeßstörungen<br />

werden ausgewiesen. Generell<br />

festzustellen war, daß z. B. durch Erweiterung<br />

der Speichervolumina für gering feststoffbelastetes<br />

Klarwasser und eine dynamische<br />

Fahrweise der Speicher Frischwassereinsparungen<br />

bis zu 25% realisiert werden<br />

können. Des weiteren wurden ausgewählte<br />

Rejektströme hinsichtlich ihrer Rohstoffei-


genschaften charakterisiert und Empfehlungen<br />

zur deren Verwertung abgeleitet, was zur<br />

Verminderung des Abwasser- und Reststoffanfalls<br />

beiträgt und die Rohstoffausbeute erhöht.<br />

Durchschnittlich wurden Frischwassereinsparungen<br />

von ca. 25% bzw 5 l/kg ermöglicht.Wie<br />

an einem Modellbeispiel dargestellt<br />

<strong>44</strong>/97 1096<br />

PAPIERERZEUGUNG<br />

wird, reduzieren sich dadurch die Kosten für<br />

die Frischwasseraufbereitung und Abwasserreinigung<br />

um ca. 19 DM/t. Eine Optimierung<br />

der Kreisläufe vermindert Produktionsprobleme<br />

und trägt dadurch ebenfalls zur Kostensenkung<br />

bei. Die Ergebnisse sind im<br />

PTS-Forschungsbericht FB 15/97 veröffentlicht.<br />

����<br />

„RDH“ soll Maßstäbe für<br />

moderne Stoffherstellungssysteme<br />

setzen<br />

Nam Hee Shin*<br />

Angesichts ständig steigender Holzkosten<br />

sind Stoffhersteller gezwungen, effizientere<br />

Fertigungsverfahren zu finden, um ihre Ausbeute<br />

zu vergrößern. Eine leistungsfähige Alternative<br />

für den klassischen Kochvorgang ist<br />

„RDH” (die für den englischen Begriff „rapid<br />

displacement heating“ = „Schnellverdrängungserhitzung“<br />

steht). Sie nutzt Verdrängungstechnologien,<br />

nicht nur um die Stoffausbeute<br />

zu erhöhen, sondern auch um die Stoffqualität<br />

zu erhöhen und Energie zu sparen.<br />

Die Herausforderung in herkömmlichen<br />

Kochsystemen bestand darin, die Kappa-Zahl<br />

ohne negative Auswirkungen auf die Ausbeute<br />

oder die Festigkeit des Stoffes zu verringern,<br />

weil der Kochvorgang zur Erreichung<br />

einer niedrigeren Kappa-Zahl zu einer erheblichen<br />

Beschädigung der Kohlenhydrate<br />

führt. Dadurch werden die Ausbeute und die<br />

Festigkeit des Stoffes gesenkt. Eine weitere<br />

Entlignifizierung fand während des Sauerstoff-Entlignifizierungsverfahrens<br />

statt, wobei<br />

eine Verschlechterung der Festigkeit des<br />

Stoffes sowie der Ausbeute den Entlignifizierungswerten<br />

wieder Grenzen setzte.<br />

Die Nachrüstung von herkömmlichen Kochsystemen<br />

mit einem „RDH”-System optimiert<br />

das Kochverfahren eines Herstellers durch die<br />

Erreichung einer höheren Ausbeute bei einer<br />

gegebenen Kappa-Zahl in Verbindung mit verbesserten<br />

Stoffestigkeits- und Bleichwerten.<br />

* Nam Hee Shin ist Marketingdirektor für den Bereich „Chemische Zellstofferzeugungsmaschinen”<br />

bei der US-amerikanischen Beloit Corporation.<br />

Wie „RDH” funktioniert<br />

Das „RDH”-Konzept beruht auf der Umwälzung<br />

von Energie (Wärme) und Kochmitteln<br />

durch ein Tanksystem – ein integriertes<br />

Netz von Hochdruckspeichern und drucklosen<br />

Tanks. Schwarzlaugen mit einer hohen<br />

Temperatur werden nach dem Kochvorgang<br />

aus Kochern verdrängt und für spätere Kochvorgänge<br />

zwischengespeichert.<br />

Die Wiederverwen-<br />

dung von heißen<br />

Schwarzlaugen<br />

führt zu einem niedrigerenDampfverbrauch<br />

und minimiert<br />

den Spitzendampfbedarf<br />

in<br />

Chargenkochsystemen.<br />

Hackschnitzel<br />

werden zunächst<br />

einmal mit warmer<br />

Schwarzlauge (~<br />

125 °C) imprägniert<br />

und anschließend<br />

mit heißer<br />

Schwarzlauge vorgeheizt.<br />

Nach Abschluß<br />

der Befüllung<br />

mit heißer<br />

Schwarzlauge erreicht<br />

der Kocher<br />

die erforderliche Kochtemperatur mit minimalem<br />

Dampfverbrauch, weil die Hackschnitzel<br />

durch die Imprägnierung mit<br />

Schwarzlauge bereits vorgeheizt wurden.<br />

Nach dem Kochvorgang verdrängt Wäscherfiltrat<br />

die Ablauge in heiße Druckspeicher,<br />

damit sie in späteren Kochvorgängen wiederverwendet<br />

werden kann. Damit wird<br />

außerdem ein zusätzlicher Braunstoff-<br />

Waschvorgang ermöglicht.<br />

Aufgrund der Durchströmung der Hackschnitzelsäule<br />

mit viel warmer Lauge und<br />

heißer Schwarzlauge am Anfang des Kochvorgangs<br />

werden die Hackschnitzel einer<br />

großen Menge Hydrosulfidionen ausgesetzt.<br />

Die anschließende Umwälzung dieser Hydrosulfidionen<br />

erhöht die Selektivität bei der<br />

Entlignifizierung. Unter anderem darum ist<br />

es in einem „RDH”-Kochvorgang möglich, ohne<br />

Einbußen bei der Festigkeit oder Ausbeute<br />

viel niedrigere Kappa-Zahlen zu erreichen.<br />

Darüber hinaus überwacht das „RDH”-Verfahren<br />

chemische Konzentrationen während<br />

der Imprägnier- und Kochvorgänge, um unter<br />

Beibehaltung des Hemicellulosengehalts<br />

die Stoffausbeute zu erhöhen.<br />

Warum Hersteller<br />

nachrüsten<br />

Stoffhersteller stellen aus verschiedenen<br />

Gründen auf das „RDH”-Kochverfahren um;<br />

Ein typisches Element des „RDH”-Kochers ist der Einbau von zusätzlichen Tanks. Diese<br />

dienen als Zwischenlager für die kaustischen Lösungen, die von und zum eigentlichen<br />

Kocher fließen.


zu den wichtigsten Gründen zählen die verbesserte<br />

Stoffqualität sowie vor allem die<br />

höhere Stoffestigkeit. Außerdem verringert<br />

das „RDH”-Verfahren den Dampfverbrauch,<br />

während es gleichzeitig die Stoffmenge durch<br />

eine größere Ausbeute erhöht.<br />

Unter der Voraussetzung, daß der Kocher<br />

ausreichend ist, kann die bestehende Ausrüstung<br />

eines Herstellers in hohem Maße für<br />

das „RDH”-Kochsystem modifiziert werden.<br />

Bei einer Nachrüstung werden die vorhandenen<br />

Kocher, Rohrleitungen,Ventile und Pumpen<br />

sowie sonstige Einrichtungen mit verwendet.<br />

Eine zusätzliche Sortiervorrichtung<br />

für den Kocher sowie ein zusätzliches Rohrleitungssystem<br />

werden installiert, um das<br />

„RDH”-Verdrängungssystem aufnehmen zu<br />

können.<br />

Das entscheidende Element in diesem<br />

Konzept – ein Tanksystem – wird installiert,<br />

um eine sofortige Speichermöglichkeit zur<br />

Lagerung der verschiedenen Laugen bereitzustellen.<br />

Dieses Tanksystem besteht aus<br />

einem Tank für kühle Lauge, aus Speichern<br />

für warme Schwarzlauge, heiße Schwarzlauge<br />

und heiße Weißlauge sowie aus einem Verdrängungstank.<br />

Es ermöglicht eine ständige<br />

Umwälzung der Schwarzlauge und sorgt für<br />

ausreichende Mengen und Temperaturen in<br />

jeder Phase des Verfahrens.<br />

Die Nachrüstung von herkömmlichen<br />

Kraftkochsystemen mit RDH bietet Zellstoffherstellern<br />

mehrere Vorteile, u.a.:<br />

� Höhere Stoffausbeute: Mit „RDH” erfolgt<br />

die chemische Verteilung gleichmäßiger<br />

und allmählicher; dadurch ist der Faserabbau<br />

weniger ausgeprägt als mit herkömmlichen<br />

Kochsystemen. Die Vorimprägnierung<br />

der Hackschnitzel mittels<br />

Schwarzlauge mit einem hohen Sulfidgehalt<br />

erhöht zudem die Selektivität. Aufgrund<br />

dieser Faktoren bleiben mehr Fasern<br />

unverletzt, was zu einer höheren<br />

Stoffausbeute führt.<br />

� Höhere Qualität, festerer Stoff: Eine Kombination<br />

aus reduzierter mechanischer<br />

und chemischer Beschädigung der Fasern<br />

bewirkt die Herstellung eines festeren,<br />

höherwertigen Stoffs. Mit dem „RDH”-<br />

Kochverfahren wird die Hemicellulose –<br />

die Zugfestigkeitseigenschaften verleiht –<br />

viel wirksamer geschützt als dies mit herkömmlichen<br />

Methoden der Fall ist. Mit<br />

RDH unterliegt der Stoff außerdem weniger<br />

mechanischen Beschädigungen, weil<br />

er bei niedrigeren Temperaturen aus dem<br />

Kocher ausgepumpt<br />

wird,<br />

während er in<br />

herkömmlichen<br />

Kochverfahren<br />

bei hohen Temperaturenausgeblasen<br />

wird. Der<br />

Stoff behält seine<br />

Festigkeit und<br />

Qualität, weil er<br />

die Blasleitung<br />

mit niedrigerem<br />

Druckabfall<br />

durchläuft. Die<br />

Gleichmäßigkeit<br />

des Stoffs zählt<br />

zu den wichtigsten<br />

Faktoren, die<br />

die Stoffestigkeit<br />

beeinflussen. Der<br />

im „RDH”-Verfahren<br />

hergestellte<br />

gleichmäßige<br />

Stoff verbessert<br />

darüber hinaus<br />

die Stoffqualität.<br />

� Energieeinsparung:<br />

Durch<br />

die Wiederverwertung<br />

der vorhandenenEnergie<br />

verringert das<br />

„RDH”-System<br />

den Dampfbedarf<br />

im Kochverfahren<br />

um bis zu 60 bis<br />

70%. Beim herkömmlichenChargenkochverfahren<br />

werden<br />

im Durchschnitt<br />

1850 kg (2,04<br />

Tonnen) Dampf<br />

pro Stofftonne<br />

benötigt, während<br />

der durchschnittlicheVerbrauch<br />

bei den<br />

derzeit betriebenenRDH-Systemen<br />

lediglich<br />

650 kg (0,71 t)<br />

Dampf pro<br />

Stofftonne beträgt.<br />

PAPIERERZEUGUNG<br />

1097 <strong>44</strong>/97


� Umweltfreundlich: WennHersteller in ihrer<br />

Produktion strengen Umweltauflagen<br />

entsprechen müssen, hilft das „RDH”-System<br />

beim Schutz der Umwelt durch Einhaltung<br />

der Vorschriften zur Luft- und<br />

Wasserreinhaltung. Da beim Kochen des<br />

Stoffgemisches eine niedrigere Kappa-<br />

<strong>44</strong>/97 1098<br />

PAPIERERZEUGUNG<br />

Zahl erreicht wird, werden in der Bleichanlage<br />

weniger Bleichchemikalien<br />

benötigt. Dies führt zu einer erheblichen<br />

Verringerung der Werte für adsorbierbare<br />

organische Halogenide, CSB<br />

und Farben in den Abwässern der Bleichanlage.<br />

����<br />

Kartonmaschine in Skoghall<br />

mit guter Auslastung<br />

Bereits sechs Monate nach ihrem Start läuft<br />

Europas größte Kartonmaschine in Skoghall<br />

(Schweden) auf Hochtouren. „Die KM8 ist jetzt<br />

schon mit 80% ihrer Kapazität ausgelastet.<br />

Dabei hatten wir mit so einer Entwicklung<br />

erst bis in ein oder zwei Jahren gerechnet“,<br />

sagt Alf-Göran Bengtsson, Werksleiter von<br />

Stora Skoghall. „Die KM8 hat bis heute unsere<br />

Erwartungen mehr als erfüllt, und sie wird<br />

mit größter Wahrscheinlichkeit ihre volle Kapazitätsauslastung<br />

auch früher als ursprünglich<br />

geplant erreichen“, so Alf-Göran Bengtsson.<br />

Die KM8 besitzt eine jährliche Kapazität<br />

von 320 000 - 400 000 t, und die Nachbarmaschine<br />

(KM7) kann jährlich 230 000 t Karton<br />

produzieren. Das Hauptprodukt von Stora<br />

Eine schräge Lösung<br />

Der neue Drucksortierer von Alfa Laval Celleco<br />

Die wichtigste Innovation im neuen sogenannten<br />

Alfascreen, einem Vertikalsortierer<br />

mit geringem Platzbedarf, der Zellstoff hoher<br />

Gutstoffdichte verarbeiten kann, besteht in<br />

einem schräg gewellten Siebkorb. Dana Rogers,<br />

Produktleiter für den Sortierer bei der<br />

Fa. Alfa Laval Celleco teilte der apr mit, die<br />

Entwicklung des neuen Prozesses sei Teil der<br />

sogenannten „strategischen Neupositionierung“<br />

innerhalb des Unternehmens gewesen.<br />

Alfa Laval Celleco sei bereits in einigen Bereichen<br />

als Anlagenlieferant in Erscheinung<br />

getreten. Tatsächlich bietet Celleco seit längerem<br />

umfassende Zellstoffreinigungslösungen.“In<br />

Anbetracht dessen repräsentiert die<br />

Sortiertechnologie einen Bereich, dem Celle-<br />

Skoghall ist Karton für Flüssigkeitsverpackungen,<br />

die auf beiden Maschinen (KM7<br />

und KM8) produziert werden: Mit der KM8<br />

wird außerdem White Top Liner hergestellt,<br />

während auf der KM7 zusätzlich die neuen<br />

Kartonprodukte CKB und Cup Stock laufen.<br />

In die KM8, eine Valmet Maschine, wurden<br />

4 Mrd. SEK investiert, unter anderem in eine<br />

CTMP-Anlage (Chemi-Thermo-Mechanical-Pulp)<br />

und eine neue Bleichanlage, die im<br />

April in Betrieb genommen wurde. Dank dieser<br />

Investitionen konnte die Bleichkapazität<br />

in Skoghall verdoppelt werden und brachte<br />

die Produktion hin zum geschlossenen Produktionskreislauf<br />

um einen entscheidenden<br />

Schritt weiter. ����<br />

co wieder erhöhte Aufmerksamkeit zukommen<br />

lassen mußte“, so Rogers. Da sich das<br />

Unternehmen im Bereich der Cleanertechnologie<br />

einen guten Namen gemacht hat,<br />

schien die Entwicklung eines hocheffizienten<br />

Sortierers sinnvoll. „Im Verarbeitungsprozeß<br />

bestehen Abhängigkeiten zwischen Sieben<br />

und Wirbelsichtern. Je nach Anwendung<br />

können erstere die letzteren vor Beschädigungen<br />

schützen Siebe entfernen Schmutzstoffe<br />

aus dem Zellstoffstrom, die in Zentrifugalreinigern<br />

vermeidbare Schäden verursachen<br />

würden“, erläuterte er.<br />

Die Entwicklung des neuen Alfa Screens<br />

konzentrierte sich auf das, was sich in der Mikrozone<br />

zwischen der Vorderkante des Ro-<br />

torfoils und den Öffnungen im Siebkorb abspielt.<br />

Durch Schrägstellung des Wellenmusters<br />

im Siebkorb konnte man die Axialbewegung<br />

der Schmutzstoffe entlang des Siebs<br />

beschleunigen und damit den Separationsprozeß<br />

in der Mikrosortierzone erleichtern.<br />

Ein weiteres, wesentliches Merkmal ist die<br />

größere und differenzierter geformte Öffnung<br />

zur Rejectzone mittels einer halbmondförmigen<br />

Krümmung von 360°. Größe und<br />

Form dieser Öffnung erhöhen die Geschwindigkeit,<br />

mit der die Schmutzstoffe aus der<br />

Siebzone heraus und in die Rejectzone transportiert<br />

werden.<br />

Zur Vereinfachung von Wartung und Reparatur<br />

wurde die Anlage so ausgelegt, daß<br />

Rotor und Lagervorrichtung vorn am Sortierer<br />

ausziehbar sind, so daß dieser mit seiner<br />

Rückseite nahe einer Wand plaziert werden<br />

kann. Außerdem wurde der Motor oberhalb<br />

des Siebs angeordnet, woraus eine sehr geringe<br />

Stellfläche resultiert. Ob Siebversionen<br />

höherer Kapazität ebenfalls so ausgelegt<br />

werden können, steht noch nicht fest, da<br />

größere Motoren zu schwergewichtig sein<br />

könnten.<br />

Der neueAlfascreen von Alfa Laval Celleco.<br />

Die Vorderkante des Rotorfoils ist auswechselbar<br />

und trägt zur Flexibilität des<br />

Sortierers bei. Die aus gehärtetem Stahl gefertigte<br />

Vorderkante wird auf das Foil aufgeschraubt.<br />

Bei Abnutzung kann sie abgeschraubt<br />

und ausgetauscht werden, wodurch<br />

die Notwendigkeit des Austarierens bei Einsatz<br />

eines neuen Foils entfällt. Je nach Art<br />

der Anwendung und der Anforderungen der<br />

Zellstoff- und Papierhersteller läßt sich die<br />

Grundausstattung mittels zahlreicher untereinander<br />

auswechselbarer Siebkorb- und Rotorkombinationen<br />

anpassen. ����


Maschinenumbau bei<br />

Mead Karton<br />

Durch einen 50-Mio.-US-$ Umbau der<br />

Maschine 1 in der Mead-Coated-Board-Produktionsstätte<br />

in Alabama wurde die Kapazität<br />

von Mead-Kraftkarton um ca. 35 000 t<br />

pro Jahr gesteigert. 930 000 Jahrestonnen<br />

können nun auf den zwei Kartonmaschinen<br />

der Mahrt-Mill produziert werden. Mahrt<br />

gilt damit nach wie vor weltweit als die größte<br />

Produktionsstätte für Kraftkarton.<br />

Schwerpunkte des Umbaus von Maschine 1<br />

waren die Stoffaufbereitung, Blattbildung,<br />

Pressenpartie und das Antriebssystem. Die<br />

Verbesserung der Blattbildung ergab sich<br />

durch die Vergrößerung des Langsiebes und<br />

den Einbau eines zusätzlichen Deckschichtformers.<br />

Die Preßpartie wurde durch zwei<br />

Doppelsiebpressen mit einer zusätzlichen<br />

erweiterten „Nip-Presse“ (Preßwalze) ersetzt.<br />

Damit soll eine wesentlich gleich-<br />

mäßigere Qualität möglich sein, die eine widerstandsfähigere<br />

Abpackleistung mit einer<br />

noch glatteren Oberfläche für qualitativ<br />

PAPIERERZEUGUNG<br />

hochwertige grafische Bedruckbarkeit bietet.<br />

Der umfangreiche Maschinenumbau<br />

konnte innerhalb von vier Wochen im Juni<br />

<strong>1997</strong> bewerkstelligt werden. An manchen Tagen<br />

waren bis zu 2000 Arbeiter in den Umbau<br />

eingebunden, die in einem sorgfältig geplanten<br />

Zeitraster von 15-Minuten-Einheiten<br />

arbeiteten. ����<br />

Voith Sulzer DuoCleaner wird<br />

gut verkauft<br />

Bis heute wurden nach Angaben der Fa.<br />

Voith Sulzer Paper Technology (OSPT) in<br />

Heidenheim über 100 DuoCleaner, davon allein<br />

41 in 1996, verkauft Das Hochdruckreinigungsaggregat<br />

für die Bespannung der Papiermaschine<br />

dient der kontinuierlichen Reinigung<br />

von Filzen und Sieben bei laufender<br />

Produktion. Der für den Naßteil entwickelte<br />

DuoCleaner N ist mit einem rotierenden,<br />

kontinuierlich traversierenden Multistrahl-<br />

Reinigungskopf mit einem Wasserdruck bis<br />

250 bar in verschiedenen Bereichen einsetzbar.<br />

Durch die gleichmäßige und traversierende<br />

Reinigung in der Siebpartie werden<br />

1099 <strong>44</strong>/97


Löcher im Papier und Oberflächenbeschädigungen<br />

durch minimale Ablagerungen auf<br />

dem Sieb und in den Siebmaschen verringert.<br />

Die Siebstandzeiten können verlängert werden,<br />

wobei Nebelbildung und daraus resultierende<br />

Abrisse abnehmen.<br />

In der Pressepartie können die Filzstandzeiten<br />

aufgrund intensiver und dennoch schonender<br />

Reinigung verlängert werden. Die somit<br />

erreichte Sauberkeit sorgt für eine offene<br />

Filzoberfläche, durch die eine erhöhte Wasseraufnahme<br />

und ein gleichmäßiges Feuchtequerprofil<br />

ermöglicht wierden. Die verringerte<br />

Neigung des Filzes, sog. „Haare” zu verlieren,<br />

ist ebenfalls positiv zu bewerten.<br />

<strong>44</strong>/97 1100<br />

PAPIERERZEUGUNG<br />

Der für die Trockenpartie entwickelte<br />

DuoCleaner T kann sowohl in der Vortrockenpartie<br />

als auch in der Nachtrockenpartie,<br />

speziell bei schwierigen Einsatzgebieten<br />

wie Altpapiereinsatz und Wiederverwendung<br />

von gestrichenem Ausschuß, eingesetzt<br />

werden.<br />

Vorteile sollen, so VSPT, eine sowohl gleichbleibend<br />

hohe Luftdurchlässigkeit des<br />

Trockensiebes und somit eine uneingeschränkte<br />

Trockenrate als auch eine positive<br />

Beeinflussung des Feuchtequerprofils sein.<br />

Durch weniger Schmutzanfall an den Leitwalzen<br />

und Schabern kommt es zu einer Reduzierung<br />

der Reinigungsstillstände. ����<br />

Weltweit erste Aschegranulierungsanlage<br />

in<br />

Betrieb genommen<br />

Eine auf dem Zellstoffabriks-Gelände der<br />

Enso-Tochter Enocell Oy in Uimaharju in<br />

Ostfinnland errichtete Granulierungsanlage<br />

für Baumrindenasche wurde Mitte September<br />

vom finnischen Umweltminister Pekka<br />

Haavisto und Ensos stellvertretendem Generaldirektor<br />

Juhani Pohjolainen in Betrieb genommen.<br />

Die Anlage hat eine Produktionskapazität<br />

von rund 15 000 t pro Jahr. Mit der<br />

bei Enocell anfallenden Asche ist die neue Anlage<br />

etwa knapp zur Hälfte ausgelastet, so<br />

daß in Uimaharju auch Asche von anderen<br />

Fabriken granuliert werden kann. Die Bauarbeiten<br />

der von der finnischen Firma Tecwill<br />

Oy konzipierten Anlage wurden im vergangenen<br />

Oktober aufgenommen. Das Investitionsvolumen<br />

belief sich auf 6 Mio. Fmk(ca. 2<br />

Mio. DM). Die Anlage wird von der Firma<br />

Enotuhka Oy unter der Leitung von Geschäftsführer<br />

Aatos Kostiainen betrieben.<br />

Die Aschegranulierung leistet in zweifacher<br />

Hinsicht einen Beitrag zum Umweltschutz:<br />

zum einen ist Holzasche ein natürliches<br />

Düngemittel, das die in der Baumrinde<br />

enthaltenen Nährstoffe wieder in den Wald-<br />

boden zurückführt, und zum anderen verringert<br />

deren stoffliche Verwertung die Deponiebelastung<br />

um ein Drittel. Laut bereits seit<br />

den 30er Jahren durchgeführten wissenschaftlichen<br />

Untersuchungen wirkt sich<br />

Holzasche positiv auf den pH-Wert des Waldbodens<br />

aus und verbessert das Wachstum der<br />

Baumbestände. Besonders erfolgreich ist die<br />

Aschedüngung auf moorigen Waldböden, wo<br />

aufgrund des niedrigen pH-Werts die Funktionen<br />

der Kleinlebewesen eingeschränkt<br />

sind. Die Wirkung einer Aschedüngung kann<br />

bis zu 30 bis 40 Jahre anhalten.<br />

Schon seit langer Zeit werden Versuche mit<br />

Baumasche gemacht. Der Einsatz von staubförmiger<br />

Asche hat sich jedoch als schwierig<br />

erwiesen, da sich der Staub unkontrolliert<br />

ausbreitet und leicht weggeschwemmt wird.<br />

Staubförmige Asche ist auch aus dem Blickwinkel<br />

des Arbeitsschutzes problematisch. In<br />

Form eines Granulats ist die Asche jedoch<br />

leicht zu verteilen, löst sich langsam auf und<br />

die Nährstoffe werden vom Waldboden effektiv<br />

aufgenommen. Zur Düngung können etwa<br />

3000 kg Asche pro Hektar verteilt werden.<br />

Die gesamte Produktion der neuen Anlage in<br />

Uimaharju wird zunächst zur Düngung von<br />

konzerneigenen Wäldern eingesetzt. Zur Verteilung<br />

des Granulats werden Hubschrauber<br />

oder raupengetriebene Spezialgeräte eingesetzt.<br />

����<br />

Verantwortung für<br />

Rollenschneider jetzt bei<br />

Voith Sulzer Finishing<br />

Im Juli <strong>1997</strong> hat die Voith Sulzer Finishing<br />

GmbH in Krefeld offiziell die Verantwortung<br />

für Rollenschneider innerhalb der Voith-Sulzer-Gruppe<br />

von Voith Sulzer Papiertechnik<br />

GmbH (Heidenheim) übernommen. Dieser<br />

„Rollen-Wechsel” ist sorgfältig vorbereitet<br />

worden. Bereits seit einiger Zeit werden Rollenschneider<br />

mit Breiten zwischen 5600 mm<br />

und 8100 mm in Krefeld gefertigt. Konstruiert<br />

und gebaut wird bei der Voith Sulzer<br />

Finishing GmbH in Krefeld jetzt eine weitere<br />

Serie von vier Rollenschneidern. Diese<br />

sind für Arbeitsbreiten von 6500 mm bzw.<br />

9800 mm und Arbeitsgeschwindigkeiten bis<br />

zu 2600 m/mine ausgelegt. ����<br />

Ausbau bei Voith Sulzer<br />

Finishing Limited<br />

in Manchester<br />

Durch neue Gebäude und den Ausbau der<br />

vorhandenen Produktionshallen wird die<br />

Voith Sulzer Finishing Limited (Manchester)<br />

in die Lage versetzt, ihre Produktionskapazitäten<br />

zu steigern und sich der neuen Aufgabenverteilung<br />

innerhalb der Voith Sulzer<br />

Finishing Division anzupassen. Künftig liegt<br />

die Zuständigkeit für alle Ecosoft-Kalander<br />

ausschließlich bei der Voith Sulzer Finishing<br />

Limited in Manchester.<br />

Die Investitionen der Voith Sulzer Finishing<br />

Limited in Manchester führen dazu, daß<br />

ab Mitte <strong>1997</strong> das gesamte Nipco-Walzenprogramm<br />

der Voith-Sulzer-Gruppe in Manchester<br />

gefertigt werden kann, um die Nipco-<br />

Technologie einschließlich der Konstruktion<br />

und der Fertigung von Schio in Italien zu<br />

übernehmen. ����


Seminar:<br />

Naßpressen und Bespannung<br />

Leitung: Dr.-Ing. H. Großmann<br />

Prof. Dr. H.-J. Naujock<br />

Termin: Montag, 8. 12. <strong>1997</strong> bis<br />

Dienstag, 9. 12. <strong>1997</strong><br />

An- Bitte bis spätestens 24. 11.<br />

meldung: <strong>1997</strong> mit Angabe der Kurzbezeichnung<br />

an die Papiertechnische<br />

Stiftung<br />

Kurz- NP-SE 7<strong>44</strong> MUC<br />

bezeichnung:<br />

Gebühren: Die Teilnehmergebühren betragen<br />

980 DM bzw. 820 DM für<br />

Mitglieder.<br />

Seminarinhalt:<br />

Einführung in die Verfahrenstechnik<br />

des Naßpressens<br />

� Vorgänge im Walzenpreßspalt<br />

� Wirkungsprinzipien und Prozeßvariablen<br />

� Aufbau und Wirkungsweise moderner<br />

Pressensysteme<br />

Pressendesig<br />

� Einfluß der Pressenauswahl auf die Produktqualität<br />

� Pressenkonzepte für Druckpapiere, Verpackungspapiere<br />

und Karton<br />

PAPIERERZEUGUNG<br />

� Durchbiegungskorrektur<br />

Bespannungstechnik<br />

� Stand und Entwicklungstendenzen in der<br />

Bespannungstechnik<br />

� Anforderungen an Preßfilze für unterschiedliche<br />

Pressentypen sowie Rohstoffund<br />

Produktqualitäten<br />

� Vermeidung von Vibrationen durch Bespannungsdesign<br />

� Anforderungen und moderne Konzeptionen<br />

der Bahnförderung<br />

Trouble Shooting<br />

� Schwachstellenanalyse in der Pressenpartie<br />

mit Hilfe von Schwingungsmessungen<br />

� Ursachen, Analytik und Maßnahmen zur<br />

Verminderung von Ablagerung in Sieben<br />

und Filzen ����<br />

1101 <strong>44</strong>/97


<strong>44</strong>/97 1102<br />

PAPIERERZEUGUNG<br />

Programmiersprache „Java“<br />

für die Papiermaschinensteuerung<br />

Das im Bereich Papiermaschinen und Automation<br />

weltweit tätige finnische Unternehmen<br />

Valmet gab den Abschluß eines Tests<br />

einer auf der Programmiersprache „Java“ basierenden<br />

Papiermaschinensteuerung bekannt.<br />

Die von Sun entwickelte ,Java’-Sprache<br />

revolutionierte die Internet-Welt. Laut<br />

Valmet wird dies auch in der Steuerung von<br />

Papiermaschinen und in der gesamten Prozeßsteuerung<br />

eintreten. „Wir sind begeistert<br />

von den Möglichkeiten, die „Java“ in der Prozeßsteuerung<br />

bietet“, erläuterte Markku<br />

Kangas, Präsident und CEO von Valmet<br />

Automation. „Wir arbeiten seit Anfang 1994<br />

mit java und sind jetzt der erste Anbieter von<br />

Prozeßsteuerungssystemen, der ,Java’ direkt<br />

26. EUCEPA-Konferenz und<br />

92. Zellcheming-HV (VI)<br />

Die Mitgliederversammlung am Mittwoch und die Sitzung 6:<br />

„Chemische Zusatzstoffe“ – funktionell unentbehrlich und<br />

ökologisch nützlich<br />

Die Mitgliederversammlung<br />

im großen Auditorium hatte man der vielen<br />

Vortragstermine wegen heuer schon auf acht<br />

Uhr sine tempore angesetzt. Die meisten Mitglieder<br />

hatten diesen Termin als mörderisch<br />

früh empfunden und glänzten durch Abwesenheit.<br />

Die versammelten circa 80 Mitglieder<br />

reichten aber aus, um eine ordnungsgemäße<br />

Abwicklung zu ermöglichen, weshalb<br />

H. Kessler die Chance beim Schopf nahm, die<br />

Versammlung auf die Sekunde genau zu<br />

eröffnen – in der Minute zuvor hatte er bereits<br />

die Ehrenmitglieder Drewsen, Holzhey,<br />

Jacobs und Krüger begrüßt, ebenso diverse<br />

Komitees und – man höre und staune! – „die<br />

stets wohlgesonnene Presse“! Was für das An-<br />

in die Prozeßsteuerungsstationen eines verteilten<br />

Steuersystems einbaut.“ Valmet integrierte<br />

„Java Virtual Machine” in die Prozeßsteuerungsstationen<br />

seines Damatic-XDi-<br />

Steuersystems.<br />

,Java’ öffnet Damatic XDi für Echtzeit-<br />

Steuerungsanwendungen durch Dritte“, so<br />

Mika Vanne, Produktmanager, verantwortlich<br />

für die „Java“-Produkte bei Valmet.<br />

„Durch den Einsatz von ,Java’ können Fabriken<br />

und Anbieter von Prozeßanlagen für ihr<br />

gesamtes Knowhow direkt in Damatic XDi<br />

integrieren.“ Valmet wandte diese neue Möglichkeit<br />

bei der Entwicklung eines modernen,<br />

multivariablen Papiermaschinen-Steueralgorithmus,<br />

der ,Java’ verwendet, an. ����<br />

liegen des Vereins sicher auch zutrifft – nicht<br />

aber für jeden auf seiner Bühne Agierenden,<br />

der ja an seiner ihm/ihr übertragenen Aufgabe/Pflicht<br />

gemessen werden muß.<br />

Gleich in den ersten Sätzen seiner Begrüßung<br />

unterlief H. Kessler der Ausdruck<br />

„einmaliger Ausrutscher“, als er die frühe<br />

Morgenstunde nach dem Partyabend und die<br />

Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit ansprach.<br />

Auf diese möglicherweise Freudsche<br />

Fehlleistung wird aber noch zurückzukommen<br />

sein!<br />

Sodann gedachte Kessler der im abgelaufenen<br />

Jahr verschiedenen 13 Mitglieder, unter<br />

denen der Name Wilfinger auffiel, denn man<br />

hatte diesen stets heiteren Kollegen von sei-<br />

ner letzten Dankadresse im Rahmen der Verleihung<br />

einer Jubiläumsnadel noch in bester<br />

Erinnerung.<br />

Im Bericht des Vorstandes<br />

wurde bündig über die Mitgliederbewegung<br />

ohne Auffälligkeiten berichtet, worauf der<br />

dramatische Rückgang der Studentenzahlen<br />

in den Natur- und Ingenieurwissenschaften<br />

zur Sprache kam, der aber an allen Hochschulen<br />

der Bonner Republik symbat verläuft.<br />

In manchen Disziplinen gibt es schon<br />

heute mehr Professoren als Diplomanden ab<br />

2000! – Vielleicht kann man dann die lehrenden<br />

Unterbeschäftigten (ein Beamter<br />

kann ja nicht entlassen werden!) in der Industrie<br />

für längst überfällige Entwicklungen<br />

einsetzen – fiel dazu dem Sitznachbarn dieses<br />

Berichters ein!<br />

Anschließend kam ein ganz wichtiger<br />

Punkt zur Sprache: die erstmalige Erstellung<br />

eines Vortragsheftes von „Das Papier“ mit allen<br />

Beiträgen in der Originalsprache (nur<br />

eine Ausnahme durch das sogenannte<br />

„schwarze Schaf“), das als Heft 6 A mit den<br />

Tagungsunterlagen überreicht wurde. So kamen<br />

auch die Monolingualen in den Genuß<br />

einer umfassenden Informationsübertragung,<br />

denn Englisch lesen kann ja heute wohl<br />

jeder Hochschulabsolvent. Diese Anstrengung<br />

sei mit einem enormen Aufwand verbunden<br />

gewesen (so Keppler), weshalb der<br />

Vereinsbericht erst im Laufe des Sommers<br />

fertig würde. Damit habe man echtes Neuland<br />

betreten – was aber hervorragend gelungen<br />

sei! Und das war es in der Tat (mit<br />

Ausnahme der Beiträge zum Rundgespräch,<br />

die erst im Dezember publiziert werden)!<br />

Dazu erfuhr man noch außerhalb der Mitgliederversammlung,<br />

daß die für die Textredigierung<br />

verantwortlichen Mitarbeiter des<br />

Instituts für Papierfabrikation der TUD<br />

einen nicht mehr erfaßbaren Aufwand an<br />

Überstunden geleistet hätten, um die von<br />

Fehlern starrenden Manuskripte der Autorenmehrheit<br />

von orthographischen und<br />

Zeichensetzungsfehlern zu befreien. Der<br />

Sprachbeherrschungspegel speziell der jüngeren<br />

Autoren sei so erbärmlich niedrig, daß<br />

einem auch um die wissenschaftliche Qualität<br />

des Ingenieurnachwuchses angst und<br />

bange werden müßte. Denn die Sprache ist ja<br />

auch ein Denkwerkzeug! Wer es nicht beherrscht,<br />

muß Einbußen an Denkschärfe hinnehmen,<br />

unter der nicht zuletzt die Paten-


tierbarkeit von Ideen leidet. Denn zusehends<br />

mehr metamorphisieren sich die Patentanwälte<br />

zu Wortfindern! Wo stünden wir heute<br />

z. B., wenn wir nicht zwischen träger und<br />

schwerer Masse differenzieren könnten.<br />

Kein Wunder, daß die Kollegen vom IfP<br />

heuer einen überarbeiteten Eindruck machten.<br />

Wer nämlich tagtäglich unter Termindruck<br />

steht und pro Seite schätzungsweise 30<br />

Fehler redigieren muß, kommt um Sorgenfalten<br />

und graue Haare kaum herum. Zum<br />

Trost ergeht es den Studienräten an unseren<br />

höheren Schulen kaum besser, wie eine informelle<br />

Diskussionsrunde mit lokalen Gymnasiallehrern<br />

im Rebland offenbarte. Nach<br />

Einschätzung dieser Damen und Herren muß<br />

man sich schon ein wenig schämen, um den<br />

Abiturienten von heute ein Papier mit ihrer<br />

Unterschrift in die Hand zu drücken, das genaugenommen<br />

noch nicht einmal den Bedruckstoff<br />

wert ist. Selbst in den besten Fällen<br />

dürfte ein Gesellenbrief höher einzuschätzen<br />

sein 1 .<br />

Kessler ließ nicht unerwähnt, daß auch die<br />

Verlängerung der HV von drei auf vier Tage<br />

mit zusätzlichen Kosten verbunden gewesen<br />

sei (Kongreßhausmiete etc.). Um so glücklicher<br />

sei man deshalb, daß man bis zum Vorabend<br />

schon 1786 Teilnehmer mit 270 Begleitpersonen<br />

habe registrieren können, und<br />

daß sich 240 Firmen an der EXPO ’97 beteiligt<br />

hätten – ein sehr erfreuliches Ergebnis.<br />

Trotzdem gäbe es in Baden-Baden noch einige<br />

Probleme: man leide unter enormen Teuerungsraten,<br />

und es fehle auch etwas an der<br />

notwendigen Sensibilität, wie die Einrichtung<br />

von Baustellen demonstriere.<br />

Dazu sollte man freilich ergänzen, daß die<br />

Stadt in der Tat sehr viel geleistet hat, um<br />

ihren ruhigen Kurcharakter zu bewahren,<br />

der nirgendwo Streß oder Gehetztheit aufkommen<br />

läßt – dank des großen Umfahrungstunnels,<br />

der dem Erstbefahrer den Eindruck<br />

vermittelt, er befinde sich in einer wirklichen<br />

Großstadt. Bei solchen Projekten mit ihren<br />

Folgekosten muß ja den Kommunen förmlich<br />

die Luft ausgehen! Nichtsdestoweniger halte<br />

man auch 1998 an Baden-Baden fest!<br />

Auf die Berichte der Ausbildungsstätten<br />

wurde aus Zeitmangel verzichtet! Welche<br />

Wohltat, denn es wirkt kaum etwas langweiliger<br />

als zu erfahren, wieviel Studenten in XY<br />

an diesem oder jenem Praktikum teilgenom-<br />

1 Diese Erkenntnis ist freilich nicht neu! Von Helmut Kuhlenkampf, dem<br />

letzten Schüler von Conrad Wilhelm Röntgen, ist der Ausspruch verbürgt:<br />

„Es ist schön, ein Doktorat in Physik zu erwerben. Noch schöner<br />

ist es, den Gesellenbrief als Schlosser zu besitzen“ (um 1949).<br />

men haben. Auch die Zahl der Doktoranden<br />

etc. ist völlig uninteressant – es sei denn, sie<br />

hätten patentierbare Zusammenhänge erbracht!<br />

Beeindruckt durch das Vorbild Kessler<br />

nahm sich auch der Hauptausschußvorsitzende<br />

G. Strittmatter, Dachau (früher<br />

Haindl/Augsburg), an seiner Bündigkeit ein<br />

Beispiel und spulte in aller Kürze den<br />

Bericht des Hauptausschusses<br />

ab. Er verwies auf die beeindruckenden Fachprogramme<br />

der Bezirksgruppen und lobte die<br />

intensive Arbeit der Fachausschüsse. Bezüglich<br />

der laufenden Tagung fand er die Sitzung<br />

über „Chemische Zusatzstoffe“ unter K.<br />

Goebel vom Fachausschuß<br />

für Fortund<br />

Weiterbildung<br />

als besonders erwähnenswert.<br />

Im<br />

übrigen habe es in<br />

der Obmannschaft<br />

von Fachausschüssen<br />

diverse Wechsel<br />

gegeben:<br />

� der FA I obliege<br />

jetzt R. Hock,<br />

Stockstadt;<br />

� im FA III hat<br />

jetzt E. Gruber,<br />

TH Darmstadt,<br />

das Sagen;<br />

� dem FA VI steht<br />

H. Burkhart, Hagen,<br />

vor;<br />

� den FA IX besorgt<br />

W. Rixen,<br />

Düren; und um<br />

� den FA XIII<br />

kümmert sich K.<br />

Süttinger,<br />

Schongau.<br />

Die Bezirksgruppe<br />

Ostdeutschland<br />

wartet noch auf<br />

ihren Vorsitzenden.<br />

– Für die Arbeit<br />

des Vereins<br />

werden die Fachausschüsseimmer<br />

wichtiger –<br />

hier bat er um<br />

mehr aktive<br />

Mitarbeit.<br />

PAPIERERZEUGUNG<br />

Der Uhrzeiger verweilte erst bei 8.17 Uhr,<br />

als der kommissarische Schatzmeister H.<br />

Krüger im Bericht des Schatzmeisters von<br />

dem guten Erbe berichtete, das ihm sein verstorbener<br />

Vorgänger hinterlassen habe. Im<br />

Fiskaljahr habe es bei<br />

� 1 649 674 Aufwendungen immerhin<br />

� 1 726 000 DM an Einnahmen gegeben,<br />

so daß ein Überschuß von 1,35% resultiere.<br />

Zunehmende Sorgen bereite allerdings die<br />

immer kompliziertere Besteuerung.<br />

Mit Absicht habe er sich (so Krüger) bei der<br />

laufenden Konferenz für extrem niedrige Gebühren<br />

(PS: Der EUCEPA-Pegel liegt sonst<br />

überall jenseits von 1000 DM) eingesetzt, wozu<br />

die Aussteller der Zulieferindustrie einen<br />

erheblichen Obolus geleistet hätten. Als<br />

1103 <strong>44</strong>/97


schmerzlich empfinde man die stetige Verteuerung<br />

der Tagung – möglicherweise sei die<br />

Gebührenerhöhung auch schon ein Vorgriff<br />

auf den zukünftigen Charakter Baden-Badens<br />

als Festspielstadt.<br />

Im übrigen stehe der Verein auf guten<br />

Füßen, die man sich auch in Zukunft warm<br />

halten wolle. Aus diesem Grund sei eine Erhöhung<br />

der Mitgliederbeiträge unvermeidlich.<br />

Die Geschäftsführung des Vereins schlage<br />

deshalb vor, ab 1998<br />

� die ordentlichen Beiträge für alle auf 180<br />

DM (+20 DM),<br />

� die Beiträge für Ruheständler auf 90 DM<br />

(+15 DM) und die<br />

� Beiträge für außerordentliche Mitglieder<br />

auf 30 DM (+5 DM) jährlich anzuheben.<br />

Dieser Vorschlag wurde einstimmig angenommen!<br />

Krüger empfahl, das Hotel für die HV 1998<br />

vom 22. bis 25. 6. schon jetzt zu reservieren,<br />

da Baden-Baden dann schon Festspielstadt<br />

sei – mit über 2000 Sitzen im Festspielhaus<br />

(mehr als in Bayreuth!) kann bei Galavorstellungen<br />

das Hotelreservoir auch schon<br />

mal erschöpft sein.<br />

Geschäftsführer R. Weidenmüller gab sodann<br />

die Prüfung des Finanzgebarens bekannt.<br />

Er verlas die Kassen- und Kontenprüfung<br />

einschließlich der der HMC-Stiftung<br />

2 , vorgenommen durch J. Hellersen und<br />

W. Schlüter in Darmstadt, die keinen Anlaß<br />

zu Beanstandungen gegeben habe.<br />

Die Aussprache zu den Berichten<br />

begann mit dem Hinweis von Heising, daß die<br />

Karajan-Festspiele schon im April 1998 beginnen<br />

würden, so daß Baden-Baden auch für<br />

ein breiteres Publikum an Attraktivität gewinnen<br />

würde. Ruck schlug konkret vor, doch<br />

auch mal was für die grünen Witwen der Mitglieder<br />

zu tun, und für den 25. 6. 1998 ein<br />

tunlichst verbilligtes Kartenkontingent für<br />

den „Falstaff“ reservieren zu lassen, damit<br />

eine Symbiose von HV und Festspielen gleich<br />

von allem Anfang zur Tradition geriete. –<br />

Dies würde freilich voraussetzen, daß das<br />

nächste HV-Anmeldeformular neben der Frage<br />

nach der Teilnahme am Gesellschaftsabend<br />

auch anzukreuzen erlaubt, in welcher<br />

Preiskategorie man an einer Festspielaufführung<br />

teilnehmen möchte. Vielleicht wür-<br />

<strong>44</strong>/97 1104<br />

PAPIERERZEUGUNG<br />

2 Wie erinnerlich, war der Zellcheming-Präside und Namensgeber seiner<br />

Stiftung Hellmuth Müller-Clemm (1948–1962) vor gut 20 Jahren mit<br />

Toursieger Eddy Merckx verglichen worden; aktuell müßte man Jan Ullrich<br />

als Vorbild benennen. – Die Red.<br />

de man schon bald Baden-Baden mit Salzburg<br />

und Bayreuth in einem Atemzug nennen,<br />

und dann wäre es doch schade, wenn der<br />

Verein nach Jahrzehnten der Treue zum Ort<br />

nicht von Anfang an dabei wäre!<br />

Die Regularien<br />

lagen wie immer in den bewährten Händen<br />

von Ralf Weidenmüller. Er plädierte für Gewinnvortrag<br />

und Entlastung des Vorstandes<br />

(bei drei Enthaltungen einstimmig genehmigt)<br />

und nannte die neuen Mitglieder des<br />

Vorstandes, dem Steinbeis und Furler nicht<br />

mehr angehören – schade um die beiden um<br />

den Verein verdienten Männer! Neu hinzugekommen<br />

sind dafür Dr. G. Traser, Ciba,<br />

Frankfurt, Frau Dr. Jass-Teichmann, Papierfabrik<br />

Jass, Fulda, und Dr. K. Wurster,<br />

Haindl, Augsburg.<br />

Vor mittlerweile vielleicht 130 Hörern wurde<br />

der neue Vorstand bei zwei Gegenstimmen<br />

und sechs Enthaltungen bestätigt, in dem W.<br />

Heinrich, Bergisch Gladbach, den Vorsitz<br />

übernimmt. H. Kessler avancierte zwangsläufig<br />

zum Altpräsidenten (dessen „Wahl“ von der<br />

Funktion her überhaupt nicht erforderlich wäre,<br />

da Amt per definitionem!), und H. Krüger<br />

übernahm in unverwelkter Frische wieder das<br />

Amt des ordentlichen Schatzmeisters.<br />

Die Ehrennadeln<br />

für 40 Jahre Mitgliedschaft konnten nur an<br />

drei Anwesende überreicht werden – die übrigen<br />

versieht die Post mit den Auszeichnungen.<br />

Drei weitere Ehrungen wurden auf den<br />

Ballabend verschoben, da das Zeitkorsett<br />

eine erweiterte Mitgliederversammlung<br />

nicht zuließ. – In seinem fünfminütigen<br />

Schlußwort informierte H. Kessler<br />

über die Neustrukturierung der EUCEPA, in<br />

deren Rahmen das Komitee für Planung etc.<br />

aufgelöst und durch ein Managementkomitee<br />

ersetzt wird – auch Organisationen seien<br />

zur Evolution verurteilt! Für den Verein sah<br />

er aber keine Notwendigkeit, von den bereits<br />

ausgetretenen Wegen abzuweichen – vielleicht<br />

beim dritten Festspielzyklus im Jahr<br />

2000, wenn ein immer tanzfauler werden<br />

der Nachwuchs den Ballabend überflüssig<br />

macht, weil man lieber ins Theater geht.<br />

Kessler dankte allen Kollegen im Vorstand<br />

für ihre Mitarbeit unter seiner Präsident-<br />

schaft; auch gab er seiner Überzeugung Ausdruck,<br />

daß die Kernaktivität des Vereins in<br />

Zukunft im Hauptausschuß zu finden sein<br />

wird. Er bat noch um ein pünktliches Erscheinen<br />

beim Ball, damit die Ehrungen ausgewählter<br />

Personen rechtzeitig beendet werden<br />

könnten, denn Vorrang habe ja im Benazet-Saal<br />

der Tanz – und das Gespräch mit<br />

Freunden.<br />

Um 8.45 Uhr nach nur 45 Minuten Zeitaufwand<br />

für Berichte und Regularien konnte<br />

Kessler die interne Mitgliederversammlung<br />

bereits schließen, was bei allen Teilnehmern<br />

auf ein begeistertes Echo stieß. Jetzt hatte<br />

man nämlich im Rahmen der längsten Pause<br />

dieser Konferenz von immerhin 45 Minuten<br />

endlich einmal Zeit, versäumte Standbesuche<br />

nachzuholen, oder um der Lebens- bzw.<br />

Leidensgefährtin im benachbarten Hotel<br />

beim Frühstück noch schnell zu erzählen, wie<br />

schön der Morgen begonnen habe!<br />

Kurzum: die ganz eindeutige Mehrheit<br />

wünschte sich sehr, daß aus Kesslers „Ausrutscher“<br />

ein Dauerrutscher erwachsen möge,<br />

der nach den anstrengenden Parties am<br />

Vorabend auch dem engagierten Mitglied<br />

noch eine zusätzliche Stunde Schlaf erlaubt,<br />

denn nur ausgeruhte Teilnehmer können<br />

einer Tagung im echten Sinne zum Erfolg verhelfen!<br />

Vielleicht gebar die Ausnahmesituation<br />

<strong>1997</strong> eine neue Tradition im Interesse aller<br />

zukünftigen HV-Teilnehmer: Programmbeginn<br />

am Mittwoch nicht mehr vor „neun“!<br />

Der Ballabend und seine erstmaligen<br />

Ehrungen<br />

Als weiterer wesentlicher Vorteil der HV-<br />

Planung <strong>1997</strong> dank ihrer Verzahnung mit der<br />

26. EUCEPA-Konferenz stellte sich der Verzicht<br />

auf die „erweiterte Mitgliederversammlung“<br />

heraus, so daß man sich die Doppelbegrüßung<br />

der Ehrenmitglieder und auch manche<br />

sonstige Selbstbeweihräucherung sparen<br />

konnte.<br />

Schon bald zeigte sich, daß der festliche<br />

Rahmen des Benazet-Saales im Kurhaus sich<br />

ganz hervorragend für Ehrungen eignet –<br />

viel besser als das nüchterne Souterrainauditorium<br />

des Kongreßhauses, das eher den<br />

Charme eines Kühlschrankes verstrahlt (wie<br />

etwa Sabine Christiansen von den Tagesthemen).<br />

Man konnte sich überdies auch<br />

während der Zeremonien am Tisch im unteren<br />

Dezibelbereich zu Kommentaren hinreißen<br />

lassen, die im Kongreßhaus gar nicht


möglich gewesen wären. So bemerkte eine<br />

Dame am Tisch dieses Berichters beim Ansichtigwerden<br />

der imposanten Statur von<br />

Antti Arjas, der als erster von H. Kessler auf<br />

das Podium gerufen wurde, mit dem Ausdruck<br />

grenzenloser Überraschung: Der Mann<br />

ist ja direkt eine Todsünde wert! Man weiß ja<br />

nicht, was sie damit meinte, obwohl für den<br />

polnischen Katholiken sofort klar ist: einmal<br />

sonntags nicht in die Kirche gehen!<br />

Die Laudatio verlas der Kollege und<br />

Freund L. Göttsching, als Postdoc in jüngeren<br />

Jahren auch einmal Mitarbeiter am heute<br />

von Arjas geleiteten KCL-Institut in Espoo.<br />

Ihr entnahm man, daß A. Arjas während des<br />

finnischen Winterfeldzuges gegen Rußland<br />

(das aber nur den Militärbezirk Leningrad<br />

mobilisiert hatte und sich deshalb an der Karelienfront<br />

zurückziehen mußte) im Dezember<br />

1940 in Helsinki geboren wurde, das seine<br />

Freiheit knapp 20 Jahre zuvor einem deutschen<br />

Freikorps verdankte. Er promovierte<br />

mit 30 mit einer Arbeit über Mahlungsvorgänge,<br />

die auch D. Atack in Montreal auffiel.<br />

Anschließend war er 22 Jahre in diversen Papierunternehmen<br />

tätig, bevor er 1993 das renommierte<br />

finnische Zellstoff- und Papierinstitut<br />

KCL in Espoo (bei Helsinki) übernahm.<br />

Seine über 80 Veröffentlichungen (die meisten<br />

von ihm als einzigen Autor – in wohltuendem<br />

Kontrast zu den 732 Veröffentlichungen<br />

eines zentraleuropäischen Autors, der<br />

nie alleine verantwortlich zeichnete) haben<br />

ihn überall dort bekannt gemacht, wo Papier<br />

erzeugt wird. Gerühmt wird auch sein Talent<br />

als Organisator einer betriebsbezogenen Forschung.<br />

So gut wie alles, was er in dieser Aufgabe<br />

angepackt hat, geriet zum Erfolg, woran<br />

seine persönliche Ausstrahlung einen entscheidenden<br />

Anteil hatte. Ein Vergleich möge<br />

zur Illustration dienen: er war bei der Ehrung<br />

zwar 56 Jahre alt, sah aber aus wie ein<br />

46jähriger und verströmte den Optimismus<br />

eines 36jährigen Mannes, der sozusagen zum<br />

Erfolg verdammt ist.<br />

PAPIERERZEUGUNG<br />

A. Arjas erhielt aus der Hand von H.Kessler<br />

die Walter-Brecht-Denkmünze für seine<br />

außergewöhnlichen Leistungen als Forscher<br />

und Institutsleiter.<br />

Arjas bedankte sich mit einer in deutscher<br />

Sprache (die er akzentfrei beherrscht) aus<br />

dem Stegreif formulierten Ansprache, die<br />

noch auf manches Jahr einer kollegialen Zusammenarbeit<br />

zwischen finnischen und<br />

deutschsprechenden Papiermachern hoffen<br />

läßt, zumal seine fachlichen Ambitionen auch<br />

anderen als Maßstab zur Zierde gereichen<br />

würden. Davon legte er in der Abschlußsitzung<br />

über Energiefragen Zeugnis ab, zu der<br />

er einen schrittsetzenden Vortrag über die<br />

Optimierung in Zellstoff- und Papierfabriken<br />

beisteuerte. Darin blieb er den Beweis nicht<br />

schuldig, daß er die drängenden Probleme<br />

von morgen und übermorgen bereits heute<br />

deutlich im Visier hat.<br />

Als zweiter aktiver Forscher wurde Dominique<br />

Lachenal, akademischer Lehrer für<br />

chemische Aufschlußverfahren an der franzö-<br />

1105 <strong>44</strong>/97


sischen Schule (Ecole) für die Papierausbildung<br />

(EFPG) im Rahmen des Polytechnischen<br />

Nationalinstitutes Grenoble INPG 3<br />

(Heim diverser Nobelpreisträger – von Klitzing<br />

u. a. m.) mit der Alexander-Mitscherlich-<br />

Denkmünze als 23. Träger ausgezeichnet.<br />

Der von Schatzmeister H. Krüger auf französich<br />

verlesenen Laudatio konnte man entnehmen,<br />

daß D. Lachenal 1947 im Department<br />

Oise unweit von Schloß Chantilly geboren<br />

wurde und sich in seiner beruflichen<br />

Laufbahn nach der Promotion 1974 am Zellstoff-<br />

und Papierforschungsinstitut CTP in<br />

Grenoble schon früh mit der Lignin- und Cellulosechemie<br />

beschäftigt hat, insbesondere<br />

mit klassischen und neueren Prozessen der<br />

Zellstoffherstellung sowie mit der Bleiche<br />

von Zell- und Holzstoff, speziell unter Auswertung<br />

der umweltfreundlichen Agenzien<br />

Sauerstoff, Ozon und Peroxid, wobei er gerne<br />

zu ungewöhnlichen Lösungsansätzen greift.<br />

Davon zeugen mehr als 50 wissenschaftliche<br />

Beiträge sowie 15 Patente.<br />

Von Lachenal ist aber in Zukunft sogar<br />

noch mehr zu erwarten, denn in seiner aktuellen<br />

Funktion als Direktor eines Laborzusammenschlusses<br />

von CTP, EFPG, INPG und<br />

CNRS (Centre National de Recherches Scientifique)<br />

unterstehen ihm 70 Experten, darunter<br />

35 Doktoranden. Seine Bedeutung für<br />

die von ihm beratenen Fachvereinigungen<br />

(ATCP/TAPPI, CPPA) kann deshalb nur noch<br />

wachsen. Im übrigen wurde er auch noch in<br />

das Auswahlkomitee für den Marcus-Wallenberg-Preis<br />

berufen, der alljährlich vom<br />

schwedischen König an Papierwissenschaftler<br />

vergeben wird. Darin wacht er zusammen<br />

mit Peter Wrist, Björn Steenberg und Äquivalenten<br />

darüber, daß Forscher ausgezeichnet<br />

werden, die die Anliegen der Zellstoff- und<br />

Papierindustrie richtungweisend fördern.<br />

Als letzten Auszuzeichnenden erlebte man<br />

L. Göttsching auf dem Podium, um aus der<br />

Hand von H. Kessler die Urkunde der Ernennung<br />

zum 41. Ehrenmitglied des Vereins Zellcheming<br />

entgegenzunehmen.<br />

Der während der Olympiade 1936 in Berlin<br />

Geborene wurde schon als 34jähriger zum<br />

Nachfolger von Walter Brecht auf dessen<br />

Darmstädter Lehrstuhl berufen. Zuvor hatte<br />

er bis 1966 fünf Jahre am finnischen Zellstoff-<br />

und Papierinstitut KCL in Helsinki verbracht,<br />

größtenteils unter Lars Nordmann in<br />

<strong>44</strong>/97 1106<br />

PAPIERERZEUGUNG<br />

3 Prof. Dr. L. Göttsching wurde dort vor wenigen Jahren mit dem Ehrendoktorhut<br />

bedacht. – Die. Red.<br />

der Papierabteilung. Da ihm die Walter-<br />

Brecht-Denkmünze schon 1983 zuerkannt<br />

worden war, galt die aktuelle Ehrung seinen<br />

Verdiensten um den Verein Zellcheming, dessen<br />

Schicksal und Ansehen er in 25 Jahren<br />

Vorstandschaft entscheidend mitgeprägt hat.<br />

Man kann sicher sein, daß er auch in Zukunft<br />

der Sache des Vereins ungeteilt dienen wird!<br />

Zum Ambiente dieser erstmalig (aber hoffentlich<br />

nicht einmalig!) im Rahmen des Gesellschaftsabends,<br />

der heuer überdurchschnittlich<br />

gut besucht war, vorgenommenen<br />

Ehrung ist freilich hinzuzufügen, daß ein<br />

durch Flüstern an den Tischen verursachter<br />

Geräuschpegel nicht ganz vermeidbar war.<br />

Aber im entscheidenden Moment konnte<br />

man auch dieser Kulisse Herr werden, denn<br />

auf der Bühne saß eine Liveband, die mit<br />

einem Tusch entweder Tutti oder per Schlagzeug<br />

für „Ruhe und Ordnung“ im Saal sorgte<br />

(obwohl Tony Blair oder Gerhard Schröder<br />

nicht anwesend waren). Deren Pianist ließ es<br />

sich nicht nehmen, in den Lesepausen zwischen<br />

den diversen Laudationes etwas<br />

„Streuselkuchen“ einzuspielen, so daß die Zeremonien<br />

nicht ganz ohne heiteren „Touch“<br />

blieben. Ein solches „Feature“ täte vielleicht<br />

auch zukünftigen Ehrungen gut!<br />

Ansonsten spielte die Band fleißig zum<br />

Tanz auf, doch waren es vorwiegend die älteren<br />

Jahrgänge, die man auf dem Parkett sah.<br />

Der Nachwuchs zog es überwiegend vor, sich<br />

beim Zusehen zu amüsieren. Die jungen Leute<br />

bringen scheinbar ihren Puls nur ungern<br />

über ihren Ruhepulspegel – Jan Ullrich kann<br />

ihnen deshalb kein Vorbild sein. Wo kämen<br />

wir denn hin, wenn alle schon in der Regelstudienzeit<br />

ihr Diplom ablegen würden! Wie<br />

schön deshalb für die Älteren, die Raum genug<br />

hatten, mit der Dame ihres Herzens auch<br />

mal Figuren zu tanzen, wie man sie früher<br />

beim Ehepaar Reinbold genießen konnte.<br />

Und wer es noch gerne ein bißchen enger gehabt<br />

hätte, konnte ja in die Equipage-Bar<br />

eine Etage tiefer gehen, wo man auch schon<br />

mal die rechte Hand unter das rechte Schulterblatt<br />

legen konnte.<br />

Ein kleines Programm mit einem zaubernden<br />

Paar sorgte dafür, daß auch die Band mal<br />

eine Pause machen konnte. Aber am frühen<br />

Morgen war natürlich für alle Schluß, denn<br />

die fleißigen Tänzer gehörten zum Teil auch<br />

zu den Stützen der letzten Morgensitzung am<br />

Donnerstag.<br />

Um es nicht zu vergessen: früher war es<br />

stets üblich, die Zahl der ausländischen Gä-<br />

ste nach Nationen geordnet zu nennen und<br />

dabei jeder Nation zu applaudieren. Heuer<br />

verzichtete man auf diesen Usus aus Zeitmangel<br />

der Ehrungen wegen. Aber nach dem<br />

Bosman-Urteil und dem Schengener Abkommen<br />

wäre es wohl an der Zeit, einen speziellen<br />

Willkommensgruß nur Gästen aus Übersee<br />

zu entbieten.<br />

Die Sitzung über<br />

Chemische Zusatzstoffe<br />

begann wegen der (kondensierten) Mitgliederversammlung<br />

erst um „halb zehn“ und<br />

wurde von K. Goebel, Hallein, geleitet; W.<br />

Schempp war der Co-Chairman.<br />

Goebel begann pünktlich und bilingual und<br />

rückte in seiner Einleitung gleich ein paar<br />

richtungweisende Fakten zurecht, die infolge<br />

der Greenpeace-Kampagne 1994 mit der Provokation<br />

„Papier – Naturprodukt oder Chemiecocktail?“<br />

(sowie seiner zuvor schon von<br />

einer Dortmunder Hochschule mit einer voluminösen<br />

Datensammlung über chemische<br />

Zusätze zum Papier) aus der zerebralen Verankerung<br />

selbst des vernunftbegabten Teils<br />

der Gesellschaft (circa 17%) verdrängt worden<br />

waren.<br />

Die Realität der Papiermacherei sieht<br />

nämlich so aus:<br />

� Papier besteht zu 99% aus natürlichen<br />

Stoffen aus Holz oder Einjahrespflanzen!<br />

Davon beanspruchen Primärfasern 55%,<br />

deinktes AP 34%, gefolgt von 8% Füllern<br />

(Kaolin/Kreide).<br />

� „Chemische“ Zusatzstoffe besetzen nur<br />

den verbleibenden Rest von 3%!! Davon<br />

aber fallen 1,5% (also relativ 50%) auf<br />

Stärke und 0,5% auf Alaun – ebenfalls ein<br />

Naturprodukt!<br />

� Ergo beschränkt sich der Anteil der echt<br />

chemischen Zusatzstoffe auf 1% – die aber<br />

aus der modernen Papiermacherei nicht<br />

mehr wegzudenken sind und Papier erst<br />

in der Qualität ermöglichen, die wir heute<br />

benötigen.<br />

Zu letzteren 1% gehört zum Beispiel das<br />

Leimungsmittel AKD, das den Tierleim ersetzt,<br />

den man schon zusetzte, als das handgeschöpfte<br />

Büttenpapier noch aus Lumpen<br />

hergestellt wurde, um es mit Tinte beschreibbar<br />

zu machen.Tierleim wie AKD verrotten<br />

im Boden und sind aus dieser Sicht<br />

gleich umweltfreundlich.<br />

Um aber den völlig ungerechtfertigten Angriffen<br />

aus der übelgesonnenen Presse etc.


wirksamer begegnen zu können, entschloß<br />

sich der Fachausschuß II für Papiererzeugung<br />

1994, einen Arbeitskreis mit dem Titel<br />

„Chemische Zusatzstoffe“ ins Leben zu rufen,<br />

der die unübersichtliche Presse-Hauptkampflinie<br />

einmal vom Feldherrnhügel aus<br />

ins Visier nehmen sollte. Unter der Leitung<br />

von K. Goebel sollte über eine Bestandsaufnahme<br />

auf der HV <strong>1997</strong> berichtet werden –<br />

wie die kommenden acht Referate belegen<br />

würden.<br />

Dem Arbeitskreis gehören übrigens namhafte<br />

Persönlichkeiten an – darunter fünf<br />

Vertreter der Wissenschaft (u. a. Judt und<br />

Kleemann), drei der chemischen Industrie<br />

(Auhorn/BASF) und vier der Papierindustrie<br />

(darunter Pothmann/Düsseldorf). Deinking-<br />

Chemikalien gehörten übrigens nicht zum<br />

Horizont dieser Vortragsreihe, wohl aber<br />

Streichzusätze.<br />

Als erster Sprecher wurde R. Thummer,<br />

Hannover Papier, Alfeld, aufgerufen, der sein<br />

Sujet<br />

Warum chemische Zusatzstoffe?<br />

langsam und deutlich verlas. Er begann mit<br />

der tröstenden Feststellung, daß Papier als<br />

Träger menschlicher Kultur mit seiner Produktion<br />

zur Zeit noch schneller wachse als die<br />

Weltbevölkerung. Aber wie lange noch? Es<br />

klaffe nämlich eine große Lücke im Pro-Kopf-<br />

Verbrauch p. a. von zum Beispiel 194 kg in der<br />

BRD und nur 22 kg in China. Deshalb ist ein<br />

Anstieg der Weltproduktion von 280 Mio. t<br />

Papier und Karton auf 500 Mio. t sobald als<br />

möglich anzustreben. Der dazu erforderliche<br />

Faserbedarf muß aber nicht unbedingt allein<br />

aus Holz und Einjahrespflanzen gedeckt werden<br />

– die AP-Reserven sind ja de facto auch<br />

ein Holzersatz!<br />

Eine belangreiche Rolle spielen dabei die<br />

chemischen Zusatzstoffe, die u. a. eine Senkung<br />

des spezifischen Energiebedarfs um<br />

60% seit 1955 ermöglicht haben. Auch die<br />

Senkung des Frischwasserbedarfs von 170<br />

Litern pro Kilogramm Papier in 1950 auf<br />

15 m3 /t in 1995 wäre ohne chemische Hilfsmittel<br />

nicht vorstellbar. Selbst bei der 1980<br />

eingeführten Ablaugenverbrennung benötigt<br />

man für die Rauchgasentschwefelung gelöschten<br />

Kalk.<br />

Dennoch kommt man nicht um die Feststellung<br />

herum, daß die Absolutmengen der<br />

Zusatzstoffe weltweit bei jährlich 8 Mio. t liegen,<br />

und das mit steigender Tendenz, weil bei<br />

der AP-Aufbereitung<br />

der Chemieeinsatz<br />

unverzichtbar ist,<br />

auch aus qualitativen<br />

Gründen. Neben<br />

den Deinking-Agenzien<br />

muß ja auch<br />

dem steigenden Anteil<br />

an Störstoffen begegnet<br />

werden. Des<br />

weiteren lassen die<br />

Festigkeiten recyclierter<br />

Fasern nach,<br />

was durch chemische<br />

Zusatzstoffe kompensiert werden muß. Nicht<br />

minder leidet die Entwässerbarkeit mit jeder<br />

AP-Generation infolge Kürzung und Fibrillierung<br />

der Fasern, was Hilfsmittelzusatz zur<br />

Verbesserung des Entwässerungsverhaltens<br />

und der Retention vonnöten macht. In Verbindung<br />

mit Trocknungshilfsmitteln gelingt<br />

so die Reduzierung des Energieverbrauchs.<br />

Auch der Frischwasserverbrauch muß weiter<br />

zurückgeführt werden, was den verstärkten<br />

Einsatz von Flockungs- und Retentionsmitteln<br />

erfordert, die wie die Deinking- und<br />

andere Agenzien synthetische Chemikalien<br />

sind und sich quantitativ auf etwa 2,8 Mio. t<br />

p. a. belaufen; die restlichen 5,2 Mio. t bestreiten<br />

Stärke und Alaun.<br />

Thummer faßte zusammen: chemische Zusatzstoffe<br />

liften die Qualität des Papiers, verbessern<br />

den Produktionsprozeß und schonen<br />

die Ressourcen.<br />

Da der Referent den Einsatz von Synthetika<br />

nicht direkt als ökologische Maßnahme<br />

deklarieren konnte, stellte er unisono mit<br />

seinen Vorrednern in den Vordergrund, daß<br />

der Verbrauch natürlicher Fasern ja CO2-<br />

neutral erfolge,<br />

ebenso wie die Energiegewinnung<br />

aus<br />

Reststoffen, weil deren<br />

Verbrennung im<br />

natürlichen Kohlenstoff-Kreislaufkeine<br />

Veränderung bewirkte<br />

(was „der<br />

Ökologie zugute<br />

kommt“). – Diese an<br />

der Oberfläche des<br />

vielschichtigen ProblemkreisesverweilendeArgumentation<br />

übersieht offenbar<br />

die ewige Funk-<br />

PAPIERERZEUGUNG<br />

tion der Wälder, die schon immer darin bestand,<br />

die durch vulkanische (heute energiegewinnende)<br />

Aktivitäten in die Atmosphäre<br />

immittierten CO2-Mengen auf Dauer zu binden,<br />

um die Überhitzung (= Verwüstung) des<br />

Planeten zu verhindern. Wer also CO2 nach<br />

nur etwa 60jähriger Bindung im Stamm vorzeitig<br />

wieder freisetzt, handelt mit gutem<br />

Grund sicherlich ökonomisch, aber beileibe<br />

nicht ökologisch!<br />

A. N. Geller, PTS, München, gelang es, sein<br />

Zeitlimit von 15 Minuten für sein Thema<br />

Systematik und Methodik<br />

noch zu unterbieten. Freilich konnte er sich<br />

kürzer fassen, denn es ging ihm zuvorderst<br />

um Definitionen und Stoffsystematik. Er beleuchtete<br />

zunächst die Zusammensetzung<br />

von chemischen Zusatzstoffen, die im Fall<br />

eines Polymeren zum Beispiel auch noch Monomere,<br />

Stell- und Lösemittel sowie Begleitstoffe<br />

enthalten, deren Umweltrelevanz separat<br />

zu erhellen ist (Toxizitätsdaten, Sicherheitsblätter<br />

etc.). Bei den Auswirkungen<br />

1107 <strong>44</strong>/97


eschränkte man sich freilich auf die Kompartimente<br />

Papier, Abwasser, Abluft und<br />

Reststoffe. Die Verteilung einer Chemikalie<br />

zwischen diesen vier Immissionsräumen gelang<br />

mit Hilfe eines Tabellenkalkulationsprogrammes<br />

zur Berechnung der Gleichgewichtskonzentration<br />

in den miteinander verknüpften<br />

Kompartimenten.<br />

Die 1% an chemischen Zusatzstoffen gliedern<br />

sich auf in 0,5% synthetische Bindemittel,<br />

0,25% Leimungsmittel, 0,08% Naßverfestiger,<br />

0,06% Bleichmittel, 0,05% Retentionsmittel<br />

sowie restliche 0,06% für Farbstoffe,<br />

Biozide oder Stoffentlüfter. Innerhalb dieser<br />

1% unterscheidet man zwischen<br />

� Prozeßchemikalien, die die Produktion<br />

unterstützen oder sogar erst ermöglichen<br />

(Retentions- und Flockungsmittel, Entschäumer<br />

etc.) und<br />

� qualitätsverbessernde Chemikalien, die<br />

bestimmte Papierqualitäten verbessern<br />

(wie zum Beispiel Leimungsmittel,<br />

Naßverfestiger, Farbstoffe, Aufheller,<br />

Streichfarbenbinder u. a. m.).<br />

Für die wichtigsten Untergruppen hatte<br />

man besonders versierte Mitglieder des<br />

Goebelschen Arbeitskreises ausgewählt, die<br />

sich zum Wesentlichen des jeweiligen Problemfeldes<br />

kompetent äußern konnten. Dieser<br />

Referatreigen begann mit einer BASF-<br />

Präsentation von W. J. Auhorn, schon seit<br />

mancher HV eine feste Größe in der Sprecherflucht!<br />

Retentionsmittel und Stoffentlüfter<br />

am Beispiel holzhaltiger Druckpapiere<br />

Auhorn nutzte seine 17 Minuten redlich,<br />

ohne in Hektik zu verfallen, obwohl der<br />

Markt eine Reihe von erwähnenswerten Retentions-.<br />

Fixier- und Flockungsmitteln anbietet,<br />

deren Anteil im Papier sich allerdings<br />

auf 0,05% beschränkt – die Stoffentlüfter<br />

bringen es auf nur 0,01%!<br />

Quantitativ ging es um 65 000 t<br />

Polyacrylamide, 2500 t Polyethylenimine und<br />

12 000 t sonstiger Produkte, insgesamt um<br />

3% vom großen Kuchen der Retentionsmittel,<br />

dessen größte Stücke Aluminiumsalze<br />

(1,5 Mio. t = 65%) und kationische Stärke<br />

(700 000 t = 31%) beanspruchen. Auhorn war<br />

gründlich genug, auch deren chemische<br />

Struktur anzugeben, so zum Beispiel die des<br />

vierwertigen Alaunkations [Al8 (SO4)5OH10]4 + ,<br />

auf Poly-DADMAC und Polyvinylamine<br />

machte er aufmerksam (in Abwesenheit von<br />

<strong>44</strong>/97 1108<br />

PAPIERERZEUGUNG<br />

F. Linhardt). Der ungebrochen hohe Anteil<br />

von Al-Salzen (auch PAC = Polyaluminiumchlorid)<br />

basiert auf der immer noch sehr<br />

starken Harzleimung. Das solide Standbein<br />

der kationischen Stärke beruht auf dem Umstand,<br />

daß Stärke außer der Retentionsverbesserung<br />

auch noch die Trockenfestigkeit<br />

des Papiers erhöht.<br />

Quantitativ spielen die synthetischen<br />

Polymere mit nur 100 000 t p. a. (= 4% Mengenanteil)<br />

eine beeindruckend kleine Rolle,<br />

die mit 100 bis 500 g Festsubstanz pro Tonne<br />

Papier beinahe vernachlässigbar erscheint.<br />

Die überaus eindrucksvolle Wirksamkeit dieser<br />

Polymeren (auch Stärke und Al-Komplexe<br />

gehören dazu!) beruht auf ihrer Fähigkeit,<br />

das Adsorbens mit Wasserstoffbrücken- bzw.<br />

Ionenverbindungen dicht zu belegen, so daß<br />

sie zum Teil auch als Flockungshilfsmittel in<br />

der Abwasserreinigungsanlage vorzüglich<br />

funktionieren! Die<br />

Stoffentlüfter bzw. Schaumverhüter<br />

unterscheiden sich deutlich in Chemie und<br />

Funktion von den Retentionsmitteln. Weltweit<br />

werden nur 30 000 t benötigt, davon 50%<br />

als Emulsionen, 40% als synthetische und<br />

10% als mineralische Öle. Ihre Wirkung beruht<br />

auf folgendem Prinzip: man nimmt eine<br />

hydrophobe Substanz entweder allein (Mineralöle)<br />

oder in Kombination (Lipidderivate<br />

wie z. B. Fettalkohole) mit nichtionischen (für<br />

Amphiphilie z. B. Ethoxyle) oder polaren<br />

Gruppen für tensidähnliche Hydrophilie<br />

(durch 0, OH, COOH, SO3H, NR2), die aufgrund<br />

ihrer Struktur die Fähigkeit besitzen,<br />

auf hydrophobe Faseroberflächen aufzuziehen<br />

bzw. in Grenzflächen von Luft/Wasser in<br />

Bläschenform anzureichern. Dadurch werden<br />

die Luftbläschen speziell in ihrer Vergesellschaftung<br />

mit Faseroberflächen destabilisiert<br />

und so die Entlüftung initiiert. Die Entlüftung<br />

bedeutet zugleich auch Schaumverhütung!<br />

Die erstaunlichsten Erfahrungen mit den<br />

gesamten „Hilfsmitteln“ macht man freilich<br />

erst im Betrieb, wo sie sich selbst um ein Vielfaches<br />

übertreffen, denn sie beschränken sich<br />

ja nicht auf das Retendieren und Entlüften,<br />

sondern gebären noch Effekte hinzu, für die<br />

man gar nicht bezahlt hat! So verbessern<br />

Entlüfter auch die Entwässerung auf dem<br />

Sieb und in den Naßpressen, erleichtern die<br />

Zwischeneindickung des Papierstoffs und erlauben<br />

eine signifikante Energieeinsparung<br />

bei der Stofförderung; nicht zuletzt gewinnt<br />

dabei auch die Papierqualität sowie die Produktivität!<br />

– Alle aufgezählten Effekte leuchten<br />

zumindest den Textilrheologen sofort ein,<br />

wie an dieser Stelle kommentiert sei, denn<br />

kleine Luftblasen verhalten sich im Rahmen<br />

eines Vlieses oder aber in engen Kanülen<br />

(Spinndüsen!) wie Festkörper, die folglich<br />

auch die Vliesentwässerung hemmen – und<br />

das kostet eine Menge Geld bei der Trocknung!<br />

Nicht zuletzt verankern sie Faserenden<br />

in den Grenzflächen und erhöhen so die<br />

Viskosität; simultan reagieren sie auf Druck<br />

und Kompression und beim Entspannen mit<br />

Mikroexplosionen, die das Vlies beim Aufbau<br />

stören, was zusätzlich mit Energieeintrag<br />

verbunden ist. In diese kolloidalen Mechanismen<br />

greifen auch die Retentionsmittel<br />

ein, die die Mikropartikel des Stoffs (Füller<br />

etc.) an die Fasern binden und somit aus den<br />

Vliesporen im Status nascendi entfernen. Ergo<br />

vergrößert sich der Durchmesser des<br />

Porenkollektivs, was zwangsläufig die Entwässerung<br />

befördert unter simultaner Entfernung<br />

der Schwebstoffe, was wiederum in<br />

zweiter Folge das Abwasser entlastet und die<br />

Kreislaufschließung befördert.<br />

Die Summe der genannten (und noch mancher<br />

ungenannten, weil noch nicht verstandenen)<br />

primären und sekundären Hilfsstoffeffekte<br />

ermöglichen in finaler Konsequenz<br />

die Anhebung der PM-Geschwindigkeit,<br />

im Managerdeutsch auch Runnability<br />

genannt.<br />

Nicht minder lobenswert ist ihr weitgehender<br />

Verbleib entweder im Papier, das 99%<br />

der Retentionsmittel bindet, oder aber zu<br />

74% im Abwasser, wo die Entlüfter zu 90% in<br />

der biologischen Klärstufe abgebaut werden.<br />

Im Klärschlamm und den Reststoffen verbleiben<br />

noch 0,1% der ursprünglichen Zusatzmenge<br />

von 10 bis 50 g pro Tonne Papier.<br />

Die ökologische Relevanz<br />

spielt in praxi keine Rolle. Sogar Lebensmittelverpackungen<br />

dürfen laut Empfehlung<br />

36 des Instituts für Verbraucherschutz bis<br />

zu 0,2% (fest) Retentionsmittel im Papier<br />

enthalten. Dadurch bleibt ihre Recyclierbarkeit<br />

erhalten, und auch die Kompostierbarkeit<br />

wird nicht tangiert, denn polyfunktionelle<br />

Amine werden ebenso wie Eiweiße abgebaut.<br />

Selbst die Entlüfter werden zu 70 bis<br />

90% abgebaut, wie andere Tenside (Waschmittel)<br />

auch. Da deren Wirkstoffe nicht flüch-


tig sind, kennt man auch keine Luftemissionen.<br />

Auhorn hatte am Ende seiner nachvollziehbaren<br />

Ausführungen überzeugend demonstriert,<br />

daß man durch Zusatz geringster<br />

Quantitäten chemischer Zusätze von beinahe<br />

homöopathischer Dosis die ökologische Bilanz<br />

der Papiermacherei in erstaunlichen<br />

Maßstäben verbessern kann. Aber nicht nur<br />

das: diese chemischen Hilfsstoffe haben auch<br />

erst den extrem hohen Einsatz von Altpapier<br />

ermöglicht, ohne die die Story von Papier aus<br />

Papier nicht hätte geschrieben werden können!<br />

Zwischen Auhorns Schlußworten und<br />

dem ersten Satz seines Nachredners lagen 26<br />

Minuten Pause, bevor<br />

Biozide am Beispiel Verpackungspapiere<br />

durch St. Kleemann, FH München, Verfahrenstechnik<br />

Papier, vorgestellt werden konnten.<br />

Mengenmäßig fallen sie mit 0,01% Zusatz<br />

(ca. 100 g/t Papier) kaum ins Gewicht,<br />

doch handelt es sich um sehr unterschiedliche<br />

Verbindungen.<br />

Zur Definition wurde gleich einleitend<br />

klargestellt: Biozide töten Bakterien, Pilze<br />

etc. ab – Biostate verhindern nur deren<br />

Wachstum!<br />

Fachleute bedienen sich fallweise auch der<br />

Definition bakterizid, fungizid oder algizid<br />

(wenn es um Algenbekämpfung geht), die unter<br />

dem Oberbegriff „mikrobizid“ zusammengefaßt<br />

werden. Mikrolebewesen finden nämlich<br />

in den Wässern von Papier- und Kartonfabriken<br />

bei 25 bis 60 °C und einem pH von<br />

4,5 bis 9 organische Nahrungsmittel im<br />

Überfluß. Die sich unter diesen Bedingungen<br />

schnell vermehrenden Mikroorganismen<br />

wachsen deshalb auf den inneren Oberflächen<br />

von Fluidleitungen oder der Produktion<br />

dienenden Maschinenelementen auf und<br />

bilden schließlich einen Schleimbelag, der<br />

durch Ablösen von Schleimbatzen entweder<br />

die Qualität des Produkts mindert oder in<br />

schweren Fällen zu Maschinenabrissen<br />

führt, die im wiederholten Fall schnell eine<br />

PM-Bilanz rot aussehen lassen. Hinzu kommen<br />

anaerobe Korrosionsabläufe unterhalb<br />

dieses Biofilms, die bei Reparatur solcher Leitungen<br />

auch mit geldwerten Produktionsausfällen<br />

verbunden sein können. Hinzu<br />

kommen Geruchsbelästigungen des Maschinenpersonals<br />

sowie erhöhte Keimbelastung<br />

im Papier.<br />

Daß Biozide lebensbedrohende Substanzen<br />

sein können, liegt in ihrer chemischen Struktur.<br />

Die gefährlichsten hat man bereits verboten,<br />

wie Quecksilber-, Chrom- und Zinnorganika<br />

sowie Pentachlorphenole, Chlor und<br />

Formaldehyd. Zum Glück gibt es aber in der<br />

Empfehlung 36 des Bundesgesundheitsamtes<br />

unter Punkt 7 eine Positivliste von 30 Schleimbekämpfungsmitteln,<br />

die enzymatisch oder<br />

antimikrobiell wirken; ihre Abbauprodukte<br />

sind nicht mehr mikrobizid.<br />

Kleemann nannte auf einem Dia einige dieser<br />

Agenzien, deren Bezeichnungen unter<br />

Maschinenbauern nur ein mildes Kopfschütteln<br />

provozierten. So hatte die Abkürzung<br />

BIT nichts mit Computern zu tun, sondern<br />

bedeutete 1,2 Benzisothiazolin-3-on. Da die<br />

Teilnehmer des Rundgesprächs schon abgereist<br />

waren bzw. sich noch von der VDMA-<br />

Party noch erschöpft in ihren Hotels aufhielten,<br />

konnte man auch niemanden fragen, was<br />

man unter Dibrom-3-nitril-propionamid<br />

(DBNPA) oder unter BNPD bzw. MTC versteht.<br />

Es kann deshalb nur empfohlen werden,<br />

sich im Fall solcher Probleme an Dr. Möbius<br />

und Partner in Augsburg zu wenden, die<br />

wissen, wovon sie sprechen. Es kommt dabei<br />

nämlich auch auf die richtige Mischung von<br />

Mikrobiziden und Enzymen an, wozu schon<br />

einige Jahre Erfahrung gehören, um einen<br />

weisen Rat erteilen zu können, zumal diese<br />

Substanzen ihren Preis haben.<br />

Mikrobizide verbleiben bis zu 80% im Papier<br />

oder bis zu 98% im Abwasser, je nach<br />

Löslichkeit. Über das AP kehrt deshalb ein<br />

Teil dieser Substanzen in den Kreislauf<br />

PAPIERERZEUGUNG<br />

zurück, worauf der Nachsatz über Dosierpumpen<br />

abzustimmen ist. Der Austrag von<br />

Mikrobiziden über Luft kann vernachlässigt<br />

werden, da er unter 1% ist, wohingegen der<br />

von Sortierabfällen oder Feststoffen einer<br />

analytischen Bewertung bedarf. Es überrascht<br />

aber, daß Mikrobizide in Abwasserreinigungsanlagen<br />

selbst bei intermittierender<br />

Dosierung und fünffacher Überdosierung<br />

über drei Tage hinweg noch niemals als Verursacher<br />

für Störungen in Belebtschlammanlagen<br />

von Papierfabriken ausgemacht<br />

wurden, ökotoxische Wirkungen im Vorfluter<br />

eingeschlossen. Ein Kriterium dabei ist der<br />

sogenannte NOEL-Wert, der aber nichts mit<br />

Weihnachten zu tun hat (No Observed Effect<br />

Level). In den Endprodukten Papier und Pappe<br />

schließlich kann man je nach Verbindungsklasse<br />

noch mit 20 mg/kg rechnen, die<br />

unterhalb einer Schwelle liegen, an der man<br />

noch mit bioziden Wirkungen rechnen<br />

müßte.<br />

Kleemann schloß mit dem Hinweis, daß<br />

eine Produktion mit weniger Frischwasser<br />

auch eine angemessene Auswahl der Biozide<br />

erheischt. – Das nächste Thema<br />

Leimungsmittel am Beispiel<br />

Feinpapiere<br />

wurde von W. St. Schultz, Collodin GmbH,<br />

Frankfurt am Main, bestritten, der etwas weniger<br />

Chemie und damit leichter verdauliche<br />

Kost anbot. Quantitativ stehen die Leimungsmittel<br />

unter den Papieradditives mit<br />

0,25% bereits an zweiter Stelle (nach den<br />

Bindemitteln mit 0,5%). Setzt man diesen<br />

Anteil gleich 100%, so beanspruchen davon<br />

die Harzleime (verstärktes Kolophonium)<br />

mit relativ 60% den Löwenanteil, gefolgt von<br />

16% Alkylketondimeren, 13% Polymeren<br />

(Styrolacrylat oder -maleinat) und restlichen<br />

11% ASA = Alkyl-Bernstein-Säure (Alcyl-<br />

Succinic-Acid).<br />

Alle Substanzklassen verleihen dem Bedruckstoff<br />

einen hydrophoben Charakter,<br />

1109 <strong>44</strong>/97


was dem Eindringen von Wasser in das Vlies<br />

abträglich ist. Erst dann eignet sich der Bedruckstoff<br />

für den Offset-, Ink-jet- oder Flexodruck,<br />

obwohl nur 1% bezogen auf Festgewicht<br />

zugesetzt werden. Dabei unterscheidet<br />

man zwischen Masse- und Oberflächenleimung.<br />

Bei ersterer erfolgt der Zusatz erst<br />

kurz vor dem Stoffauflauf, oft vergesellschaftet<br />

mit einem Fixiermittel wie Alaun; bei<br />

AKD genügt ein Sechstel der Harzmenge.<br />

Nicht selten wird durch eine Oberflächenapplikation<br />

(mittels Leim- oder der modernen<br />

Filmpresse) nachgeleimt. Im Endeffekt erzielt<br />

man so neben der gebremsten Wasseraufnahme<br />

auch noch folgende durchaus wünschenswerte<br />

Qualitäten:<br />

– überlegene Dimensionsstabilität – höhere<br />

Glätte – größere Porosität (da weniger Verhornung)<br />

– geringere Reibung – weniger<br />

Staubbildung – reduzierte Steifigkeit bzw.<br />

Festigkeit bei verlängerter Dehnung.<br />

Eine Reihe dieser Eigenschaften kommen<br />

bei Ink-jetting ins Spiel, wobei einmal die<br />

Druckfarbe nicht verlaufen soll, zum anderen<br />

aber das Vehikel Wasser hinreichend schnell<br />

wegschlagen soll, um ein Verwischen („fading-off“)<br />

des Signals zu verhindern.<br />

Ökologische Nachteile durch Leimungsmittel<br />

sind unbekannt. Kolophonium wird als<br />

Naturstoff abgebaut; begleitende Terpene<br />

werden zwar emittiert, aber in Konzentrationen<br />

um 500 µg/m 3 , weit unter dem Limit der<br />

TA Luft von 150 000 µg/m 3 . – AKD wird sogar<br />

chemisch durch die OH-Gruppen von Kohlenhydraten<br />

fixiert und beim Recyclieren<br />

durch Hydrolyse in ein Keton überführt.<br />

Auch die beiden genannten Polymere bleiben<br />

in der Abluft um den Faktor 300 unter den<br />

Grenzwerten der TA Luft. Schultz konnte<br />

mithin befriedigt feststellen: Leimungmittel<br />

sind unentbehrlich und ökologisch nützlich!<br />

Über die weniger beachteten Aufheller verbreiteten<br />

sich sodann Th. Roick als Sprecher<br />

und M. Köcher, beide Bayer AG, Leverkusen:<br />

Aufheller am Beispiel Feinpapiere<br />

deren Chemie sich auf di- bis -hexasulfonierte<br />

Diamino-Stilben-Derivate beschränkte,<br />

die ja zum Teil auch schon unter Hausfrauen<br />

diskutiert werden, die mittels Weißtöner wie<br />

Blankophor R in ihren TV-empfohlenen<br />

Waschmitteln den Gelbstich in den weißen<br />

Hemden ihrer Göttergatten bekämpfen. Es<br />

handelt sich dabei um substantive Agenzien,<br />

die auf Baumwolle oder allgemein auf Cellu-<br />

<strong>44</strong>/97 1110<br />

PAPIERERZEUGUNG<br />

losefasern bereitwillig aufziehen, da sie segmentweise<br />

epitaktieren können. Eine mittlere<br />

Substantivität bei vier Sulfonsäuregruppen<br />

reicht in praxi aus.<br />

Aufheller absorbieren zwischen 300 bis<br />

400 nm im nahen UV und emittieren bei 400<br />

bis 450 nm im Blaubereich des Augenlichts,<br />

was zu einer Verschiebung des Gelbstichs in<br />

den blaugetönten Weißbereich führt und in<br />

Kombination mit Nuancierfarbstoffen hohe<br />

Weißgradsteigerungen ermöglicht. Bei Wirkstoffgehalten<br />

um 25% genügen deshalb beim<br />

Massezusatz schon 1% der Handelsware,<br />

während man in der Leim- und Filmpresse<br />

auf 1,5 bis 3,5% Zusatz anhebt, auch im<br />

Strich.<br />

Dank ihrer sulfonamidähnlichen Substrukturen<br />

erfolgt kein biologischer Abbau in<br />

der Kläranlage. Dafür eliminieren photolytische<br />

Spaltungen circa 90% der Aufhellerwirkstoffe.<br />

Die Konzentration im Kreislaufwasser<br />

erreicht nur 1 mg/Liter, wovon im<br />

Auslauf der Kläranlage noch 20 ppb verbleiben.<br />

Bei an der Oberfläche (Strich!) aufgehellten<br />

Papieren muß man bei der AP-Aufarbeitung<br />

freilich mit Desorptionen rechnen<br />

(circa 6,5% des eingesetzten Aufhellers), von<br />

denen bei 20% AP-Anteil infolge Deadsorption<br />

eine sehr kleine Menge ins Abwasser<br />

geht; die Auslaufkonzentration der Kläranlage<br />

pendelt dann um 2 ppb! Bei einer Strichapplikation<br />

verbleiben noch 0,5 ppb.<br />

Das abschließende Environmental Risk<br />

Assessment (ERA) schreibt die Commission<br />

Directive 93/67 EEC vor, die von der Predicted<br />

Environmental Concentration (PEC) ausgeht<br />

und die finalen Analysendaten damit<br />

vergleicht. Letztere unterliegen ja infolge<br />

Verdünnung im Vorfluter der Division etwa<br />

durch den Faktor 10. Als weitere Kennziffer<br />

wird die sogenannte Predicted No Effect Concentration<br />

herangezogen (PNEC), die aus<br />

aquatischen Toxizitätstests erhalten wird.<br />

Im Endergebnis konnte demonstriert werden,<br />

daß die kommerziellen Aufheller ohne<br />

Umweltbedenken gefahrlos eingesetzt werden<br />

können. Selbst einer thermischen Verwertung<br />

steht nichts im Wege, da Aufheller<br />

kein Chlor enthalten.<br />

Damit wird früheren Verdachtsmomenten<br />

eines hypothetisierten cancerogenen Potentials<br />

die Basis entzogen. Die Annahme einer<br />

Mutagenität oder Photocancerogenität konnte<br />

ebenso entkräftet werden. Im Zweifelsfall<br />

gilt: Q = PEC/PNEC muß kleiner als 1,0 sein!<br />

(Wird fortgesetzt.)<br />

Impressum<br />

Verlag:<br />

P. Keppler Verlag GmbH & Co KG<br />

Industriestraße 2, D-63150 Heusenstamm<br />

(Germany)<br />

Telefon (0 61 04) 6 06-0<br />

Geschäftsführung:<br />

Hans-Gerd Koenen, Eckhart Thomas<br />

Chefredakteur:<br />

Dipl.-Kfm. Gerhard W. Brucker<br />

Telefon (0 61 04) 6 06-1 11<br />

zugleich verantwortlich für den Wirtschaftsteil<br />

Fax (0 61 04) 60 61 45<br />

Wirtschaftsredaktion:<br />

Dipl.-Betriebsw. Thomas Weber<br />

Telefon (0 61 04) 6 06-3 29<br />

Fax (0 61 04) 60 63 23<br />

Rubrik „Aktuelle PTS-Forschung”:<br />

Papiertechnische Stiftung (PTS), München/<br />

Heidenau<br />

Dipl.-Ing. E. Polmann<br />

Korrespondent in Frankreich:<br />

Dr. Jürgen Briem<br />

Telefon und Telefax 00 33/1 40 81 03 21<br />

Verlagsgeschäftsleitung:<br />

Heinz Egon Schmitt, Durchwahl 6 06-1 16<br />

Anzeigenleiter:<br />

Dr. Hermann Refisch, Verlagsanschrift<br />

Durchwahl 6 06-3 04, Fax 6 06-3 36<br />

Anzeigenannahme: Verlagsanschrift<br />

Es gilt Anzeigenpreisliste Nr. <strong>44</strong> vom 1. 1. <strong>1997</strong><br />

Anzeigenschluß: 15 Tage vor Erscheinen<br />

Anzeigenverkaufsleiterin:<br />

Frauke Lorenz, Durchwahl 6 06-1 23<br />

Anzeigenverwaltung:<br />

Petra Mosch, Durchwahl 6 06-1 10<br />

Homepage:<br />

http://www.a-p-r.de<br />

E-Mail:<br />

Gerhard_Brucker@Compuserve.com oder<br />

aprpkv@t-online.de<br />

Satz, Druck und Weiterverarbeitung:<br />

Central-Druck Trost GmbH & Co.<br />

Industriestraße 2, D-63150 Heusenstamm<br />

(Germany) – Telefon (0 61 04) 6 06-1 51/1 52<br />

Bezugspreis:<br />

Inland Einzelbezug:<br />

Schwerpunktausgabe – DM 11,–<br />

(+ Versandk. + 7% MwSt.)<br />

Papierzeitung – DM 4,–<br />

(+ Versandk. + 7% MwSt.)<br />

Jahresabonnement – DM 289,–<br />

(+ Versandk. DM 41,40 + gesetzl. MwSt.)<br />

Ausland Einzelbezug:<br />

Schwerpunktausgabe – DM 12,– (+ Versandk.)<br />

Papier-Zeitung – DM 5,– (+ Versandk.)<br />

Jahresabonnement – DM 339,– (+ Versandk. DM 72,–)<br />

Erscheinen 121. Jahrgang:<br />

Monatlich vier <strong>Ausgabe</strong>n. Bestellungen direkt beim Verlag oder beim<br />

Buchhandel. Der Mindestbezugszeitraum beträgt ein Jahr. Die Kündigungsfrist<br />

beträgt drei Monate vor Ablauf des Abonnementjahres.<br />

Bankkonto: Deutsche Bank, Offenbach a. M.<br />

Kto.-Nr. 113 5607, BLZ 505 700 18<br />

Wir akzeptieren auch: Eurocard, MasterCard, Diners Club, Visa und<br />

American Express.<br />

Versandort: Frankfurt am Main (D 1096 C)<br />

Die in der Zeitschrift veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich<br />

geschützt; bei namentlicher Kennzeichnung geben sie nicht unbedingt<br />

die Auffassung der Redaktion wieder. Alle Rechte, insbesondere<br />

das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Kein Teil<br />

dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in<br />

irgendeiner Form – durch Fotokopie, Mikrofilm oder andere Verfahren<br />

– reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsanlagen,<br />

verwendbare Sprache übertragen werden.<br />

Auch die Rechte der Wiedergabe durch Vortrag, Funk- und Fernsehsendung,<br />

im Magnettonverfahren oder ähnlichem Wege bleiben<br />

vorbehalten.<br />

Fotokopien für den persönlichen und sonstigen eigenen Gebrauch<br />

dürfen nur von einzelnen Beiträgen oder Teilen daraus als Einzelkopien<br />

hergestellt werden.<br />

Wir speichern Daten unserer Abonnenten und Anzeigenkunden soweit<br />

geschäftsnotwendig und im Rahmen des BDSG zulässig. Davon<br />

sind nur solche Angaben betroffen, die direkt aus unseren gegenseitigen<br />

Geschäftsbeziehungen stammen.<br />

ISSN 0002-5917<br />

Die Allgemeine Papier-Rundschau ist der IVW angeschlossen, die<br />

durch Kontrolle die Richtigkeit der Auflagenhöhe und ihre Verbreitung<br />

bestätigt.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!