Fastenpredigt von Dekanin Andrea Borger - St. Matthias
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und er nimmt es – hopp, ganz leicht! – auf seine Schultern<br />
und geht los,<br />
und merkt nach einigen Schritten,<br />
wie das immer schwerer wird,<br />
und das Gewicht dieses Kleinen auf seiner Schulter ihn ins Wanken bringt, ihn runterdrückt.<br />
Und es stellt sich dann heraus:<br />
Das war der Christus, den er zu tragen versucht hat.<br />
Ich will jetzt nicht diese Legende ergründen,<br />
aber ich finde das Bild des Christophorus mit dem Kind auf der Schulter<br />
bei unserer Suche nach tragenden Beziehungen<br />
interessant<br />
deswegen,<br />
weil doch die Frage ist:<br />
Wer oder was trägt eigentlich eine Beziehung?<br />
Und weil eine wichtige Lebenserfahrung ist<br />
meiner Meinung nach,<br />
an der wir nicht vorbeigehen sollten<br />
bei unserer Suche nach tragenden Beziehungen,<br />
eine ganz wichtige und vielleicht auch ganz einfache Lebenserfahrung,<br />
die wir aber, so denke ich, immer wieder übersehen, ist:<br />
Kein Mensch kann einen anderen tragen.<br />
Jedenfalls nicht allein<br />
und nicht auf die Dauer.<br />
Jede Mutter, die ganz allein und ohne Hilfe versucht, ein Baby und Kleinkind durch’s Leben zu tragen,<br />
geht in die Knie dabei,<br />
früher oder später,<br />
das sage ich nicht ganz ohne eigene Erfahrung;<br />
und jede Frau und jeder Mann,<br />
der eine kranke, bettlägerige alte Mutter bei sich daheim pflegt,<br />
und dabei ganz allein ist und keine Hilfe hat,<br />
wird irgendwann selber krank sein und ausgelaugt und verzweifelt.<br />
Und alle, die selber einen Angehörigen durch Suizid verloren haben<br />
Oder andere kennen, bei denen das so ist,<br />
die wissen:<br />
Kein Mensch kann einen anderen tragen, ganz allein. Im Extremfall können nicht mal mehrere einen oder eine<br />
andere tragen, wenn die oder der sich nicht tragen lässt<br />
oder wenn an einer Person<br />
das unergründliche Schmerzensgewicht vieler Generationen und unbekannter Welten hängt.<br />
Soviel für’s erste.<br />
Etwas ernüchternd, ich geb’s zu. Aber so ist das oft beim Suchen: Trial and error,<br />
und wer hat gesagt, dass wir nicht auch an falsche Türen klopfen können?<br />
Dann sollten wir halt zur nächsten gehen.<br />
Und dabei sollten wir noch auf ein spezielles Handicap achten,<br />
das wir haben bei unserer Suche,<br />
denn „tragende Beziehungen“<br />
sind in unserer Zeit ja ein fast magisch verpackter Allerweltsartikel auf dem Markt <strong>von</strong>:<br />
Partnerschaftsvermittlungsagenturen,<br />
Kulturindustrie,