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Fastenpredigt von Pfr. Ebert (Lukaskirche) - St. Matthias

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Gott zu reden wie mit einem Freund, ich habe ihm einfach erzählt, was mich bewegt,<br />

meine Gefühle. Das ist eine ganz wichtige Phase im Gebetsleben, das es persönlich<br />

wird, nicht nur abstrakt und nicht nur mit fremden vorgeformten Worten, ohne dass<br />

die aufhören wichtig zu sein.<br />

Es gibt eine Phase, wo es wichtig ist, dass wir dieses emotionale Gebet üben, und es<br />

gibt immer wieder Situationen im Leben, wo es darum geht, einfach mit Gott zu reden,<br />

wie uns der Schnabel gewachsen ist, das Herz ihm ausschütten, auch mit eigenen<br />

Worten, mit eigenem <strong>St</strong>öhnen, mit eigenem Seufzen, nicht, weil Gott das braucht,<br />

sondern weil es uns selbst gut tut, weil es uns entlastet, wenn wir mit Gott reden wie<br />

mit einem Freund und wissen, wenn uns kein Mensch mehr hört, er hört uns.<br />

Und dennoch ist das erste die halbe Seite des Gebets. Auch die menschliche Liebe lebt<br />

erstens vom Reden und Zuhören, und zweitens vom Reden und Schweigen. Das gilt<br />

auch für die Zwiesprache mit Gott. Niemand hat das so schön ausgedrückt wie der<br />

dänische Philosoph Sören Kirgegaard, der seine Gebetserfahrung so beschreibt: „Als<br />

mein Gebet immer andächtiger und innerlicher wurde, da hatte ich immer weniger zu<br />

sagen. Zuletzt wurde ich ganz still. Ich wurde, was womöglich noch ein größerer<br />

Gegensatz zum Reden ist, ich wurde ein Hörer. Erst meinte ich, beten sei reden. Ich<br />

lernte aber, dass beten nicht bloß Schweigen ist, sondern hören.“<br />

So ist es. Beten heißt nicht, sich selber reden zu hören, beten heißt still werden und<br />

still sein und warten, bis der Betende Gott hört. Gott redet eine ganz eigene Sprache,<br />

das sind keine Worte in der Regel, die wir als Worte hören, Gott redet durch seine<br />

Anwesenheit, er lässt sich spüren, er lässt sich erfahren als schweigende Präsenz, so<br />

wie zwei Liebende, die sich wirklich lieben, auch miteinander schweigen können und<br />

einfach wissen, der Andere ist da. Dieses Schweigen hat für viele etwas Bedrohliches.<br />

Es reicht ja nicht, einfach aufzuhören zu reden und schon redet Gott. Wenn wir<br />

schweigen, dann wird es erst einmal ganz laut in uns, dann steigen die Gedanken, die<br />

Gefühle, die Bilder auf. Viele haben Angst vor dem Schweigen; deswegen muss<br />

immer das Radio dröhnen oder der Fernseher. Die ganze innere Unruhe kommt unter<br />

Umständen erst einmal nach oben.<br />

Schweigen will gelernt und geübt sein. Deswegen sind heute in den Klöstern und in<br />

den Meditationshäusern die Kurse überlaufen, wo man Schweigen lernen kann und<br />

Schweigen üben kann. 10 Tage nicht reden, aber auch nicht einfach nichts sagen,<br />

sondern zu üben, wie das ist, nach innen zu lauschen, wie gehe ich um mit der Unruhe<br />

in mir, mit den Gedanken, die kommen? Wie kann ich es lernen, wirklich vorzustoßen,<br />

vorzudringen zu jenem innerstem Raum in mir, wo Gott wohnt und wo Gott spricht<br />

auf seine Weise?<br />

o<br />

Jesus schenkt seinen Jüngern ein Mustergebet, das Mustergebet schlechthin, das Gebet<br />

überhaupt – das Vater unser. Was ist das Wesentliche und das Besondere an diesem<br />

Gebet? Was unterscheidet es <strong>von</strong> allen anderen Gebeten? Nicht nur die Tatsache, dass<br />

Jesus es selber gelehrt hat und uns empfohlen hat, so zu beten, sondern es ist ein sehr<br />

ungewöhnliches Gebet, weil es ein Gebet ist, das anders als 90 % aller Gebete, die<br />

normalerweise gesprochen werden, weil es nicht um das ICH kreist, es ist ein absolut<br />

nicht egozentrisches, egoistisches Gebet. Es befreit uns <strong>von</strong> diesem ewigen Kreisen<br />

um uns, unsere Sorgen, unsere Pläne, unsere Gedanken, unsere Hoffnung, unsere<br />

Nöte, unsere Schmerzen, unsere Freuden, unsere Wünsche. Ein Vater unser blickt über<br />

den Tellerrand der eigenen Bedürfnisse und Nöte. Das beginnt schon einmal damit,

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