Wer macht, macht Macht? Der Präsident, die UdK und wir - eigenart
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24 | UDK POLIS<br />
<strong>Wer</strong> <strong>macht</strong>, <strong>macht</strong> <strong>Macht</strong>?<br />
<strong>Der</strong> <strong>Präsident</strong>, <strong>die</strong> <strong>UdK</strong> <strong>und</strong> <strong>wir</strong> –<br />
oder: Vorsicht! Ein Trend geht um<br />
// Text: Tobias Hömberg<br />
Die Nachricht kam überraschend: Martin Rennert, der<br />
<strong>Präsident</strong> der <strong>UdK</strong>, plant den großformatigen Umbau der<br />
Hochschulleitung ab dem kommenden Jahr.<br />
Zum einen soll <strong>die</strong> Amtszeit des <strong>Präsident</strong>en von derzeit<br />
vier Jahren mit der nächsten Amtsperiode auf fünf<br />
Jahre verlängert werden. Zum anderen soll es in Zukunft<br />
zwei Vizepräsidenten bzw. Vizepräsidentinnen geben,<br />
<strong>die</strong> übergreifende Aufgaben wahrnehmen. Gleichzeitig<br />
werden <strong>die</strong> Dekaninnen <strong>und</strong> Dekane der vier Fakultäten<br />
ihrer bisher zusätzlichen Ämter als Vizepräsidentinnen<br />
<strong>und</strong> Vizepräsidenten enthoben. Erster Vorbeschluss: im<br />
Akademischen Senat vom 7. Mai.<br />
Uni-Leitung als Spielwiese<br />
Möglich werden derlei Experimente durch <strong>die</strong> sogenannte<br />
„Erprobungsklausel“ des Berliner Hochschulgesetzes.<br />
Seit 1997 schafft sie Raum zum Experimentieren mit<br />
neuen Modellen für <strong>die</strong> Leitung von Universitäten <strong>und</strong><br />
Fachhochschulen. Das Ziel, so steht es in Paragraf 7a,<br />
ist eine „Vereinfachung der Entscheidungsprozesse“ an<br />
den Hochschulen. Auch der Finanzierung sollen neue<br />
Wege geebnet werden, insbesondere der „Erzielung<br />
eigener Einnahmen der Hochschule“. Für einen begrenzten<br />
Zeitraum kann so individuell probiert werden, was später<br />
vielleicht einmal Gesetz <strong>wir</strong>d.<br />
Die <strong>UdK</strong> hat von den neuen Möglichkeiten bereits<br />
regen Gebrauch ge<strong>macht</strong>. <strong>Der</strong> Flirt mit der Wirtschaft<br />
ist mit der „Volkswagen-Universitätsbibliothek“<br />
längst zur Dauerbeziehung geworden, kostspielige<br />
Bezahlstu<strong>die</strong>ngänge wie „Leadership in digitaler<br />
Kommunikation“ tragen sich dank studentischer wie<br />
unternehmerischer Kapitalanlagen fast selbst, auch wenn<br />
manch einer <strong>die</strong> Freiheit der Künste <strong>und</strong> des Wissens in<br />
Gefahr wähnt.<br />
Strukturell hat <strong>die</strong> <strong>UdK</strong> sich schon unter der Federführung<br />
des langjährigen <strong>Präsident</strong>en Lothar Romain<br />
gr<strong>und</strong>erneuert. 2004 wurde das aufgr<strong>und</strong> seiner Größe<br />
<strong>und</strong> Besetzung kaum arbeitsfähige Kuratorium – vier<br />
(!) Senatorinnen oder Senatoren des Landes Berlin, vier<br />
Mitglieder des Abgeordnetenhauses, Vertreter von<br />
Arbeitgeberverbänden <strong>und</strong> Gewerkschaften sowie<br />
der Professoren, des akademischen Mittelbaus, der<br />
Stu<strong>die</strong>renden <strong>und</strong> der Angestellten der <strong>UdK</strong> – durch den als<br />
„modern“ gepriesenen Hochschulrat ersetzt. Ihm gehören<br />
neben dem <strong>Präsident</strong>en, der Berliner Bildungssenator<br />
Jürgen Zöllner <strong>und</strong>, <strong>die</strong>s ist das große Novum, vier von<br />
der <strong>UdK</strong> vorzuschlagende externe Mitglieder aus Kultur,<br />
Wissenschaft <strong>und</strong> Wirtschaft an. Ein Stimmrecht der vier<br />
Hochschulgruppen ist hier nicht mehr vorgesehen. <strong>Der</strong><br />
Hochschulrat beschließt den Haushaltsplan <strong>und</strong> verfügt,<br />
wie zuvor das Kuratorium, über globale Angelegenheiten<br />
wie <strong>die</strong> Einrichtung oder Aufhebung von Instituten <strong>und</strong><br />
Fakultäten, Gebührenordnungen etc.<br />
Schleichende Verschiebung der Gewichte<br />
Andere Aufgaben des Kuratoriums sind in <strong>die</strong><br />
Hochschulleitung gewandert. Sie gilt nun als „oberste<br />
Dienstbehörde“ <strong>und</strong> Personalstelle <strong>und</strong> legt beispielsweise<br />
<strong>die</strong> Zweckbestimmungen für Professuren selbständig<br />
fest. Die Meinung der demokratischen Basis <strong>wir</strong>d im<br />
Akademischen Senat, dem größten beständig tagenden<br />
Hochschulgremium, nur noch befragt, entschieden <strong>wir</strong>d<br />
letztlich vom <strong>Präsident</strong>en.<br />
Ebenfalls 2004 wurde aber auch der wichtige Versuch<br />
unternommen, <strong>die</strong> Interessen der vier <strong>UdK</strong>-Fakultäten<br />
Bildende Kunst, Gestaltung, Musik <strong>und</strong> Darstellende Kunst<br />
auf höchster Ebene zu verankern, indem alle Dekaninnen<br />
<strong>und</strong> Dekane automatisch zu Vizepräsidentinnen <strong>und</strong><br />
Vizepräsidenten ernannt wurden. Dieses Konzept soll nun<br />
zurückgenommen werden.<br />
Martin Rennert, der <strong>Präsident</strong>, setzt auf <strong>die</strong> Stärkung<br />
des Präsidiums, neben seinem bisherigen direkten<br />
Stellvertreter, dem Ersten Vizepräsidenten, soll ein<br />
weiterer Vizepräsident von einer repräsentativen<br />
Mehrheit im Erweiterten Akademischen Senat gewählt<br />
werden. Auf <strong>die</strong>sem Wege seien <strong>die</strong> Mitglieder des<br />
Präsidiums von der gesamten <strong>UdK</strong> legitimiert, im<br />
Gegensatz zu einem Dekan, der nur von seiner Fakultät<br />
gewählt wurde, so Rennert. Mit derart solidem Mandat<br />
ausgestattet, sollen <strong>die</strong> zwei Vizepräsidenten zukünftig<br />
Querschnittsaufgaben übernehmen, um <strong>die</strong> <strong>UdK</strong> auf<br />
Aufgabenfeldern wie „Drittmittel, Internationalität,<br />
Lehrerbildung, Kreativ<strong>wir</strong>tschaft“ zu profilieren. In<br />
Bereichen, <strong>die</strong> zunehmend wichtiger würden <strong>und</strong> in der<br />
derzeitigen Struktur nur unzureichend abgedeckt wären,<br />
<strong>die</strong>s <strong>die</strong> Argumentation des <strong>Präsident</strong>en.<br />
Kein Zweifel: Verlässliche Ansprechpartner in der<br />
Hochschulleitung, <strong>die</strong> ihre Gebiete selbständig<br />
betreuen <strong>und</strong> nach innen wie außen vertreten, können<br />
der <strong>UdK</strong> nur nützlich sein. Alleinstellungsmerkmale<br />
wie <strong>die</strong> Ausbildung von Kunst- <strong>und</strong> Musiklehrern in<br />
Berlin oder <strong>die</strong> Verklammerung der Künste mit den<br />
anverwandten Wissenschaften sollten hier selbstbewusst<br />
in alle Richtungen behauptet werden, Kooperationen mit<br />
Forschungs- <strong>und</strong> Kultureinrichtungen befördert, Modelle<br />
wie <strong>die</strong> „Graduiertenschule“ vorangetrieben.<br />
Die Dekane der Fakultäten äußern mehrheitlich, sie hätten<br />
nie das Gefühl gehabt, in <strong>die</strong>sem Sinne für <strong>die</strong> ganze <strong>UdK</strong><br />
sprechen zu können. Die Aufgaben in ihren Fachbereichen<br />
füllten sie zumal voll <strong>und</strong> ganz aus. Insofern empfänden<br />
sie <strong>die</strong> vorgesehene Reduzierung auf <strong>die</strong> Funktion von<br />
Beraterinnen <strong>und</strong> Beratern des Präsidiums als Entlastung.<br />
Einzig Kirsten Langkilde, Dekanin der Fakultät Gestaltung,<br />
äußert Bedenken: Sie habe den Mitgliedern ihrer Fakultät<br />
nicht ohne weiteres plausibel machen können, welche<br />
positiven Aus<strong>wir</strong>kungen auf deren jeweilige Arbeit <strong>die</strong><br />
avisierte Strukturmaßnahme mit sich brächte.