Wer macht, macht Macht? Der Präsident, die UdK und wir - eigenart
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In der Auslage fischen<br />
Prekäre Arbeitsverhältnisse<br />
vor den Türen<br />
der Künstlersozialkasse<br />
// Text: Francisca Gómez // Illustration: Nele Brönner<br />
In Zeiten fortschreitender Aufweichung sozialer Sicherungssysteme<br />
w<strong>und</strong>ert es nicht, dass <strong>die</strong> Diskussion um<br />
den Zugang zum <strong>und</strong> <strong>die</strong> Breite von Versicherungsschutz<br />
nun auch <strong>die</strong> Künstlersozialversicherung (KSV) trifft.<br />
Betrachtet man ihre historischen Entstehungszusammenhänge,<br />
<strong>wir</strong>d klar, wie unabdingbar <strong>die</strong>se Art der Absicherung<br />
für <strong>die</strong> Gruppe der freischaffenden, selbstständigen<br />
Künstler ist.<br />
Die Idee einer in ihrer Art einmaligen KSV ergab sich<br />
direkt aus den Ergebnissen der 1974 durchgeführten<br />
Untersuchung zur finanziellen Situation der in Deutschland<br />
lebenden Künstlerinnen <strong>und</strong> Künstler – dem<br />
Künstlerbericht (später folgte der Autorenreport). Kaum<br />
eine andere Berufsgruppe litt an einer derart gravierenden<br />
Einkommensschwäche, in der Krankenversicherung<br />
<strong>und</strong> Altersvorsorge in viel zu geringem Umfang vorhanden<br />
waren. Diese soziale Unterversicherung sollte mit<br />
der 1983 in Kraft getretenen gesetzlichen Renten- <strong>und</strong><br />
Krankenversicherung (seit 1995 auch Pflegeversicherung)<br />
aufgefangen werden.<br />
Die besondere Zusammensetzung der Beiträge zur<br />
Künstlersozialkasse (KSK) trug der Notwendigkeit, den<br />
unteren Einkommensschichten mit der spezifischen Art<br />
ihrer beruflichen Ausübung ein attraktives <strong>und</strong> bezahl-<br />
bares Modell anzubieten, Rechnung. Die KSV, <strong>die</strong> wie alle<br />
anderen eine gesetzliche Pflichtversicherung ist, steht<br />
aber innerhalb selbstständiger Berufe singulär.<br />
Künstlersozialabgaben für kreative Leistungen? Kontra<br />
von Unternehmern<br />
Genau gegen <strong>die</strong>se Besonderheiten richtet sich der<br />
Großteil der Kritik. Vertreter aus der Wirtschaft, deren<br />
Sprachrohr <strong>die</strong> Deutsche Industrie- <strong>und</strong> Handelskammer<br />
ist, wehren sich gegen das vermeintliche „Zweiklassen-<br />
System“ innerhalb der Selbstständigkeit, in dem das Verhältnis<br />
zwischen Auftraggeber <strong>und</strong> Auftragnehmer eher<br />
einem Angestelltenverhältnis gleichkommt. Aber auch<br />
andere kreative Selbstständige sehen einen Wettbewerbsnachteil,<br />
da sie sich ihre Versicherung nicht aussuchen<br />
können. Die Frage reibt sich vor allem an der Künstlersozialabgabe<br />
(KSA), <strong>die</strong> <strong>die</strong> Unternehmen auf <strong>die</strong> Honorare<br />
leisten müssen – 4,9 Prozent für 2008 –, auch wenn <strong>die</strong><br />
Auftragsnehmer selbst nicht in der KSV versichert sind. Es<br />
hat sich mittlerweile herausgestellt, dass ein Großteil der<br />
Unternehmer all <strong>die</strong> Jahre <strong>die</strong>se Abgabe versäumt hat.<br />
Durch <strong>die</strong> Eingliederung der KSK in <strong>die</strong> Rentenversicherung<br />
hat sie nun <strong>die</strong> personellen Kapazitäten, Unternehmen<br />
flächendeckend fünf Jahre rück<strong>wir</strong>kend zu prüfen<br />
– <strong>und</strong> ggf. Bußgelder zu erheben.<br />
Zugegeben, <strong>die</strong> Diskussion ist komplex <strong>und</strong> <strong>die</strong> Kritik<br />
einzelner nicht immer zurückzuweisen. Auch wenn sich<br />
<strong>die</strong> soziale Situation der Künstlerinnen <strong>und</strong> Künstler bis<br />
heute nicht gr<strong>und</strong>legend geändert hat, ist <strong>die</strong> Masse der<br />
Betroffenen immens gestiegen. Die Mitgliederzahl wächst<br />
kontinuierlich <strong>und</strong> <strong>die</strong> Schlange der um Einlass Begehrenden<br />
reißt nicht ab. Die KSK ist mittlerweile zu einem<br />
riesigen bürokratischem System geworden, deren Arbeitsweise<br />
nicht selten untransparent <strong>und</strong> widersprüchlich<br />
bleibt. So ist der Vorwurf, sie mobilisiere vor allem<br />
ihre Kräfte, um immer mehr Anträge abzuweisen oder<br />
zumindest so lange hinauszuschieben bis <strong>die</strong> Personen,<br />
<strong>die</strong> nun mal auf einen Versicherungsschutz angewiesen<br />
sind, endgültig aufgeben, nicht von der Hand zu weisen.<br />
Kulturarbeiter – ein leichter Fang<br />
Das Modell der KSK entstand zu einer Zeit, in der noch<br />
nicht abzusehen war, dass <strong>die</strong> klassischen Arbeitsverhältnisse<br />
in <strong>die</strong>sem Maße aufbrechen werden <strong>und</strong><br />
immer mehr Menschen potentielle Bezieher der KSK,<br />
deren Konzept ursprünglich für eine überschaubare<br />
Gruppe konzipiert worden war, darstellen würden. Heute<br />
leistet das offensive Outsourcing von Personal in eine<br />
aufgezwungene Selbstständigkeit dem Ausbreiten von<br />
prekären Arbeits- <strong>und</strong> Lebensverhältnissen immensen<br />
Vorschub. Die Wirtschaft als Urheber <strong>und</strong> Antreiber<br />
generiert damit eigene Vorteile: schlecht gemeinschaftlich<br />
organisierte, flexible Arbeitnehmer, <strong>die</strong> im freien Fluss<br />
der Kräfte teilweise auf jeden Euro angewiesen sind <strong>und</strong><br />
aus dem <strong>die</strong> Unternehmen nach Belieben fischen können<br />
– als Inbegriff von der Freiheit des Einzelnen.<br />
Anstatt von einem Zweiklassen-System der Selbstständigkeit<br />
zu sprechen, sollte vielmehr <strong>die</strong> Frage gestellt<br />
werden, wieso überhaupt eine Zweigliedrigkeit im