Wer macht, macht Macht? Der Präsident, die UdK und wir - eigenart
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Menschen aus der Linie 1<br />
// Text: Adam Nümm // Illustration: Nele Brönner<br />
Die Linie U1 ist <strong>die</strong> älteste Strecke der Berliner U-Bahn.<br />
Sie wurde im Jahr 1901 fertiggestellt <strong>und</strong> entstand nach<br />
dem Vorbild der New Yorker Hochbahn.<br />
In einem Stadtteil gebaut, in dem viele Quartiere als sogenannte<br />
„Armenviertel“ betrachtet wurden (<strong>die</strong> Stadtplaner<br />
befürchteten Verschmutzung <strong>und</strong> Lärm, weshalb wohlhabendere<br />
Viertel den Bau einer Hochbahn ablehnten),<br />
verbindet sie heute auf einer r<strong>und</strong> zehn Kilometer langen<br />
Strecke <strong>die</strong> Warschauer Straße in Friedrichshain mit der<br />
Uhlandstraße am Kurfürstendamm.<br />
Schon immer hatte <strong>die</strong> U1 ihren ganz eigenen Charme:<br />
eine spezielle Charakteristik, <strong>die</strong> durch <strong>die</strong> besondere<br />
Strecke, <strong>die</strong> teils verspielt <strong>und</strong> liebevoll, teils klobig <strong>und</strong><br />
lieblos <strong>wir</strong>kenden Hochbahnstationen, letzten Endes aber<br />
sicherlich durch <strong>die</strong> unterschiedlichen Menschen, <strong>die</strong> Tag<br />
für Tag <strong>die</strong> U1 benutzen, zustande kommt. So wurde das<br />
Musical “Linie 1”, das in den 80ern uraufgeführt wurde<br />
<strong>und</strong> komplett in der U1 spielt, zum seinerzeit meistgespielten<br />
Stück Deutschlands.<br />
Weil <strong>die</strong> U1 auch heute noch Berlins interessanteste<br />
U-Bahnlinie ist, bin ich <strong>die</strong>ser Tage mal wieder mit ihr<br />
gefahren <strong>und</strong> habe den mitreisenden Menschen Fragen<br />
gestellt.<br />
An einem sonnigen Mai-Nachmittag, etwa gegen 15 Uhr,<br />
probiere ich mein Glück: Ich begebe mich in der U1 auf<br />
<strong>die</strong> Suche nach einem Menschen, der Lust <strong>und</strong> Zeit hat,<br />
mir etwas von sich preiszugeben – anonym <strong>und</strong> unverbindlich.<br />
Ich steige am Schlesischen Tor ein <strong>und</strong> brauche<br />
genau fünf Versuche, bis ich prompt auf jemanden stoße,<br />
der an der Endhaltestelle Warschauer Straße aussteigt<br />
<strong>und</strong> gewillt ist, mir ein paar Sachen zu erzählen. Es ist<br />
ein junger Mann, den ich auf Anfang Dreißig schätze.<br />
Auffällig ist <strong>die</strong> KaDeWe-Tüte, <strong>die</strong> er bei sich trägt.<br />
Kommst du gerade vom KaDeWe?<br />
Ja, genau.<br />
Und was hast du gekauft?<br />
Also, ich selber habe nichts gekauft, mein Vater hat mir<br />
Socken gekauft (lacht).<br />
Im KaDeWe?<br />
Ja, genau.<br />
Dein Vater kauft dir Socken im KaDeWe? Das ist ja ‘ne<br />
Story! Gibt es einen besonderen Anlass? Die waren ja<br />
bestimmt nicht billig.<br />
Also, mein Vater trifft mich öfter im KaDeWe. Das liegt<br />
für uns beide günstig <strong>und</strong> weil er dort schon immer<br />
hingeht, fühlt er sich da irgendwie wohl.<br />
Okay, aber bevor das jetzt hier so ne Art <strong>Wer</strong>beinterview<br />
fürs KaDeWe <strong>wir</strong>d... Du triffst also öfter deinen Vater im<br />
KaDeWe – das Wort darf jetzt ab sofort nicht mehr vorkommen!<br />
– so dass ihr euch dort verabredet, oder wie?<br />
Alle paar Wochen eben, wenn er mal wieder in Berlin ist,<br />
dann sehen <strong>wir</strong> uns dort, ganz oben im Restaurant. Die<br />
Socken hatte er schon da liegen, als ich vorhin hinkam.<br />
Okay, also ein reisender Vater?<br />
Naja, er lebt in Lissabon, kommt aber alle paar Wochen<br />
nach Berlin, in seine Heimat.