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21 Prinzipien zur Raumplanung - IRAP

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<strong>21</strong> <strong>Prinzipien</strong> <strong>zur</strong> <strong>Raumplanung</strong><br />

Von Kurt Gilgen, Dezember 2002<br />

Aus dem Inhalt<br />

Einleitung ...................................................................................................................................................... 1<br />

1. Das Prinzip der Theoriebildung: Vom Unterschied zwischen Theorie und Realität ........................... 2<br />

2. Das Prinzip der komplementären Betrachtungsweisen...................................................................... 2<br />

3. Das Kausalitätsprinzip: Planung als Früherkennung, Prophylaxe und Problemlösungsprozess....... 3<br />

4. Das Finalitätsprinzip: Planung, ausgehend von Visionen, erwünschten Entwicklungen und Zielen.. 3<br />

5. Das Gegenstromprinzip ...................................................................................................................... 3<br />

6. Das Top-Down-Prinzip: Von übergeordneten Netzen zu den einzelnen Netzelementen .................. 4<br />

7. Das Bottom-Up-Prinzip: Von Zellen zu Organismen .......................................................................... 4<br />

8. Das Verantwortungsprinzip und die Gerechtigkeitsethik.................................................................... 5<br />

9. Das Prinzip Transparenz und Selbstdeklaration ................................................................................ 6<br />

10. Das Entsprechungsprinzip von Kompetenzen und Verantwortung .................................................... 7<br />

11. Das Entsprechungsprinzip von Macht und Verantwortung sowie von Rechten und Pflichten........... 7<br />

12. Das Prinzip der Konsensfindung: Diskursethik................................................................................... 8<br />

13. Das Prinzip Partizipation..................................................................................................................... 8<br />

14. Das Vertretungsprinzip: Die Anwalts- und Treuhänderfunktion ......................................................... 9<br />

15. Das Prinzip der Planungspflicht........................................................................................................ 10<br />

16. Das Subsidiaritätsprinzip .................................................................................................................. 11<br />

17. Das Prinzip des stufengerechten Planungsmittels: Instrumente und deren Verbindlichkeit ............ 11<br />

18. Das Prinzip der abstimmungsgerechten Festlegungen und Vereinbarungen.................................. 12<br />

19. Das Prinzip Nachhaltigkeit und der Faktor Zeit ................................................................................ 13<br />

20. Das Prinzip der Kooperation............................................................................................................. 14<br />

<strong>21</strong>. Das Prinzip der Korrigierbarkeit........................................................................................................ 14<br />

Einleitung<br />

Veränderungen in der Gesellschaft, in der Wirtschaft und Politik wirken sich auf unseren Lebensraum<br />

aus, sie haben räumliche und ökologische Folgen. Fachgebiete wie die <strong>Raumplanung</strong> müssen sich immer<br />

wieder neu auf diesen Wandel einstellen. Insbesondere die Privatisierung bisher öffentlicher Aufgaben,<br />

die sich veränderten Ordnungsprinzipien infolge von Deregulierung und Globalisierung sowie die in<br />

jüngerer Zeit zunehmend dringlicher gestellten Sicherheitsfragen erfordern eine Neuorientierung auch der<br />

Raumordnungspolitik und der Fachdisziplinen im Bereich der Raumentwicklung.<br />

Es soll und kann hier nicht darum gehen, diese Neuorientierung zu skizzieren oder gar fertige Lösungen<br />

auf all die neuen Problemstellungen aufzuzeigen. Doch ein Hinterfragen dessen, was sich bisher bewährt<br />

zu haben schien und ein Suchen nach den dringlich zu behandelnden aktuellen Themen ist jedenfalls<br />

angezeigt. Die im Folgenden thesenartig formulierten <strong>Prinzipien</strong> basieren auch nicht auf umfassenden<br />

Analysen. Sie widerspiegeln vielmehr die Diskussionen am <strong>IRAP</strong>, dem Institut für Raumentwicklung an<br />

der Hochschule für Technik Rapperswil. Der Stand dieser Diskussionen ist geeignet, die Thesen nach<br />

Aussen zu tragen, um das Gespräch darüber, was Bestand haben soll und was erneuerungswürdig ist,<br />

auch ausserhalb der Hochschule führen oder vertiefen zu können. Es handelt sich um je 7 Thesen zu<br />

Planungsgrundlagen und Planungsmethodik, <strong>zur</strong> Planungsethik und Rollenverteilung in der Raumordnung<br />

sowie <strong>zur</strong> Umsetzung d.h. zu instrumentellen Aspekten.<br />

Ausgehend von allgemeingültigen <strong>Prinzipien</strong>, wird versucht, Aussagen für die Raumentwicklung herzuleiten.<br />

Die Thesen sind in einer Weise formuliert, dass sie möglichst über die <strong>Raumplanung</strong> hinaus, für das<br />

Planen im Allgemeinen, für den Umgang mit Konfliktbehandlungen und für den Umgang mit dem Lebensraum<br />

generell, gültig sein können, im Kleinen wie im Grossen und unabhängig von politischen Grenzen.<br />

Sie sollen <strong>zur</strong> Theoriebildung in den Planungs- und Raumwissenschaften einen Beitrag leisten.<br />

1


1. Das Prinzip der Theoriebildung: Vom Unterschied zwischen Theorie und Realität<br />

Im Alltag wird der Unterschied zwischen Modellvorstellungen und Wirklichkeit oft verwischt, was zu gravierenden<br />

Fehlschlüssen führen und Fehlentscheidungen in Politik und Wirtschaft <strong>zur</strong> Folge haben kann.<br />

Das war bisher so und wird sich auch künftig kaum ändern. Dies mag trivial erscheinen. Ein unermüdliches<br />

Hinterfragen des Umstandes, dass wir Fehler begehen und das Aufdecken der Ursachen, weshalb<br />

diese begangen werden, ist deshalb unumgänglich.<br />

Bei Planungen – und allgemeiner bei planerischen und wissenschaftlichren Untersuchungen – werden<br />

verschiedene Elemente zum Gegenstand von Betrachtungen bzw. von Modellbildungen. Bereits in der<br />

Auswahl von Untersuchungs- bzw. Planungsgegenständen liegen erste Entscheidungen. Es werden zunächst<br />

Aspekte untersucht, welche für die Analyse der Phänomene einen hohen Erklärungswert aufweisen.<br />

Haben Erkenntnisse eine einfache Form, so stellt dies einen ersten Hinweis dar, dass sie sich für<br />

Verallgemeinerungen eignen. In der Verallgemeinerung liegt auch die Hoffnung und Erfahrung, dass sich<br />

Erkenntnisse aus anderen Disziplinen dank Analogieschlüssen auf das eigene Sachgebiet übertragen<br />

lassen.<br />

Auf diese Weise gefundene Erklärungen werden an weiteren Beispielen bzw. mittels Experimenten überprüft.<br />

Stossen sie nirgends auf Widersprüche bzw. können diese ausgeräumt oder ihrerseits erklärt werten,<br />

so verdichten sich Erklärungen zu Gesetzmässigkeiten. Es lassen sich ferner, vereinfachend gegenüber<br />

der Realität, Modelle entwickeln, welche diese zumindest in Teilaspekten zu erklären in der Lage<br />

sind.<br />

Es gilt Modelle und Planungstheorien zu entwickeln, die über die <strong>Raumplanung</strong> hinaus Gültigkeit haben;<br />

ihnen kommt in der Regel ein höherer Stellenwert zu, als fachspezifischen Theorien.<br />

Sie bilden sich häufig, wenn Untersuchungen bis zu jener Bearbeitungstiefe durchgeführt werden, dass<br />

die Resultate bzw. Planungslösungen in einfacher Form erscheinen. Theorien erhärten sich auf diese<br />

Weise nach und nach, wenn sie in der verallgemeinerten Anwendung zu keinen Widersprüchen mit der<br />

Realität führen.<br />

Modelle dürfen, auch wenn sie noch so perfekt erscheinen, dennoch nie mit der Realität verwechselt<br />

werden; Theorien können Prozesse noch so gut erläutern, sie erklären immer nur Aspekte der Wirklichkeit.<br />

2. Das Prinzip der komplementären Betrachtungsweisen<br />

Der Ausdruck der „komplementären Betrachtungsweise“ 1 meint, dass zwei sich zuwiderlaufende oder<br />

sich gar widersprechende Betrachtungsweisen nebeneinander Gültigkeit haben können, um bestimmte<br />

Phänomene erklären zu können.<br />

In diesem Sinne stehen Kausalität und Finalität nebeneinander und sind nicht – wie in der ersten Zeit<br />

nach Inkrafttreten des <strong>Raumplanung</strong>sgesetzes – gegeneinander auszuspielen. Individuelles und kollektives<br />

menschliches Verhalten lassen sich erklären sowohl als Folge der bisherigen Entwicklung als auch<br />

als Antwort auf Zukunftsbilder, Träume, Visionen. Der naturwissenschaftlich und philosophisch geführte<br />

Diskurs über die Teleologiefrage ist alt und bricht offenbar mehr oder weniger periodisch immer wieder<br />

auf. Die Frage, ob mit Blick auf Planungsaufgaben, das Ursache-Wirkungs-Denken im Vordergrund zu<br />

stehen hat oder ob Zukunftsbilder antizipiert werden müssen, wird hier in der Weise beantwortet, dass<br />

sich die beiden <strong>Prinzipien</strong> nicht ausschliessen, sondern dass beide zum Verständnis der individuellen und<br />

der gesellschaftlichen Veränderungsprozesse notwendig sind.<br />

Planung soll analysierend Erfahrungswissen in Zukunftsstrategien übertragen; sie soll gleichzeitig anzustrebende<br />

Zukunftsbilder als Orientierungshilfe formulieren.<br />

2


3. Das Kausalitätsprinzip: Planung als Früherkennung, Prophylaxe und Problemlösungsprozess<br />

Die traditionelle Planungstheorie und Systemtechnik baut im wesentlichen auf dem Denkmuster auf, dass<br />

es bei Planungsaufgaben um die Lösung von Problemen geht. Dies ist an sich weiterhin ein richtiger Ansatz.<br />

Probleme haben ihre Ursachen; diese gilt es zu erfassen, künftig zu beeinflussen bzw. ihnen etwas<br />

entgegenzusetzen. Dabei soll das Einfluss- bzw. Handlungsfeld optimal ausgeschöpft werden. Die zu<br />

verfolgenden Ziele ergeben sich aus dem Bestreben, Probleme und Konflikte zu beheben oder zu mildern<br />

bzw. sie künftig zu vermeiden.<br />

Planung, als vorhausschauendes, prophylaktisches Handeln, fordert <strong>zur</strong>echt zweckmässige, d.h. aufgabengerechte<br />

Beobachtungsgrundlagen: Periodische statistische Erhebungen, Messreihen, Stichprobenermittlungen,<br />

Meinungsforschung, Raumbeobachtung usw. Diese dienen der Ursachen-Wirkungs-<br />

Analysen, der Zielfindung wie der Modellbildung und den Vorhersagen (Prognosen).<br />

Analysen sind unerlässlich für die Problemfrüherkennung, die Zielformulierung sowie die rechtzeitige<br />

Entwicklung von Konzepten, Strategien, Massnahmen und Programmen.<br />

4. Das Finalitätsprinzip: Planung, ausgehend von Visionen, erwünschten Entwicklungen<br />

und Zielen<br />

Antworten auf die Frage „Wohin soll die Reise gehen?“ lassen sich nicht in jedem Fall allein – nach dem<br />

Kausalitätsansatz - als Resultat des bisher Geschehenen verstehen. Zumindest in der Auseinandersetzung<br />

mit Fernzielen kommt, um mit Ernst Bloch zu sprechen, unseren Träumen, bzw. den Utopien eine<br />

grosse Bedeutung zu. Die Hoffnung stellt „die Energie <strong>zur</strong> Veränderung der Welt nach Massgabe unserer<br />

Wünsche bereit“ und vermittelt „diese Wünsche mit den objektiv realen Möglichkeiten der Welt und leitet<br />

zu planvollem Handeln an“. 2<br />

Wenn derzeit im Zusammenhang mit der erwünschten bzw. anzustrebenden Entwicklung häufig von „Visionen“<br />

gesprochen wird, so ist nicht hellseherisches Wissen, sondern es sind viel eher Zukunftsbilder im<br />

Sinne der Bloch’schen Utopien angesprochen.<br />

Zukunftsbilder und Ziele stehen in Wechselbeziehung zueinander: Aus Visionen lassen sich ganze Zielsysteme<br />

ableiten. Raumplanerische Visionen gehen dank ihrem räumlichen Bezug zum Beispiel von einer<br />

künftig erwünschten Entwicklung eines Ortes, einer Stadt, einer Region aus. Daraus lassen sich, im<br />

Vergleich mit der bisherigen Entwicklung, sowohl generelle Ziele als auch operable und operationale Ziele<br />

ableiten. Umgekehrt können bestimmte Ziele Zukunftsbilder erst auslösen: Ziele, wie die nachhaltige<br />

Entwicklung, der haushälterische Umgang mit dem Boden, die Erhaltung der Funktionstüchtigkeit einer<br />

Siedlung, hohe Gestaltqualität, vielfältiges kulturelles Leben, individuelle und gesellschaftliche Entfaltungsmöglichkeiten<br />

oder Erhöhung des Wohlbefindens der Menschen können, zu einem Ganzen zusammengefügt,<br />

Visionen und Leitbilder erzeugen.<br />

Raumplanerische Zukunftsbilder, wie Visionen und Leitbilder, müssen einen Ortsbezug haben, d.h. auf<br />

die Frage Antwort geben: Wo ist was anzustreben? .<br />

5. Das Gegenstromprinzip<br />

Modelle dienen der analytischen wie der konzeptionellen Betrachtung von Entwicklungen, sie bilden die<br />

Realität jedenfalls in der Weise vereinfachend ab, dass die Zusammenhänge verständlich werden. Mittels<br />

Modellen können nur einige, nie aber alle Zusammenhänge erklärt werden. Gelegentlich hat man<br />

sich deshalb mehrerer Modelle gleichzeitig nebeneinander zu bedienen. Werden mittels dieses "Prinzips<br />

des Nebeneinanders" Prozesse betrachtet, so kann man sich auch schwer erfassbaren, komplexen Systemen<br />

nähern.<br />

Bei räumlichen Modellen bzw. Systemen sollen sich netzartige und zellenartige Betrachtungsweisen nicht<br />

gegenüberstehen, sondern müssen nebeneinander Platz haben. Typisch bei diesen räumlichen Modellen<br />

ist deren bildhafte, metapherartige Beschreibung der entsprechenden Modelle. Beim Netz sind es Fäden<br />

oder Bänder, die mittels Knoten zu Maschen verbunden werden. Es entstehen Maschenfelder bzw. Zwi-<br />

3


schenräume. Bei der Zellenbetrachtung werden demgegenüber einzelne Raumelemente - man beschränkt<br />

sich oft auch auf Flächenelemente - aneinander gefügt: Solche Modelle definieren ein Raumgefüge<br />

bzw. ein Patchwork von Elementen, welches gelegentlich einen Organismus höherer Organisationsstufe<br />

bildet.<br />

Beide Betrachtungsweisen eignen sich für gross- wie für kleinräumige Strukturen. Häufig gelangt man bei<br />

Netzsystemen von grob- zu feinmaschigen Betrachtungen während solche bei Zellsystemen eher von<br />

Einzelelementen zu Gesamtgefügen führen. Nationale und regionale Konzepte haben damit häufig Netzcharakter<br />

während lokale Planungsmodelle meistens zellenartig sind.<br />

Netzmodell und Zellenmodell sollen komplementär und zudem im Gegenstromprinzip, d.h. das Top-<br />

Down-Prinzip und das Bottom-Up-Prinzip gleichwertig nebeneinander, eingesetzt werden.<br />

6. Das Top-Down-Prinzip: Von übergeordneten Netzen zu den einzelnen Netzelementen<br />

Internationale, nationale und regionale Verkehrs-, Energie-, Versorgungs- und Kommunikationsnetze bilden<br />

einen wesentlichen Teil der Infrastruktur unserer Zivilisation. Die Siedlungsräume bzw. die Aktionsräume<br />

der Menschen entwickelten sich weitgehend im Einflussbereich dieser Netze. Zumindest lässt sich<br />

feststellen, dass die Verkehrs- und Versorgungsnetze sowie die Besiedlungsstrukturen in Wechselwirkung<br />

zueinander stehen. Analoge Beziehungen gibt es beispielsweise auch zwischen Lebensraumvernetzung<br />

und Populationsdichten.<br />

Basierend auf solchen Erkenntnissen werden Konzepte entwickelt, seien es Besiedlungs-, Verkehrs- oder<br />

Landschaftsentwicklungskonzepte. Aus dem Wissen beispielsweise, dass öffentliche Verkehrsnetze auf<br />

dicht besiedelte Räume bzw. Siedlungsachsen angewiesen sind, oder dass Ausgleichsflächen für die Erholungsnutzungen<br />

und aus ökologischen Gesichtspunkten vor allem in den dünnbesiedelten Maschenfeldern<br />

erhalten bleiben und gefördert werden sollen, ergeben sich räumliche Ordnungsmuster.<br />

Die Grundzüge der Raumordnung Schweiz und einige der darauf abgestimmten Konzepte der Kantone<br />

sehen entlang der Hauptachsen des Verkehrs denn auch die wichtigsten Siedlungsentwicklungsgebiete<br />

vor. Folgerichtig bilden die Knoten der Verkehrsnetze die Standorte für zentralörtliche Funktionen, Logistikzentren,<br />

Einkaufs- und Intensiverholungseinrichtungen. Bereiche um Stationen entlang den Hauptachsen<br />

des öffentlichen Verkehrs werden als Entwicklungsschwerpunkte behandelt, gewissermassen die<br />

"zentralen Orte" auf unterer Stufe. Regionale Netzstrukturen übernehmen in selbstähnlicher Weise das<br />

nationale Muster. Lokale und Stadtteilkonzepte gleichen, in einem anderen Massstab, jenen der Regionen.<br />

Auf diese Weise wird ein Modell, das Netzmodell, zu einem Planungsprinzip.<br />

Internationale, nationale und regionale Netze weisen die drei Elemente Bänder, Knoten und Zwischenräume<br />

auf. Siedlungs-/Verkehrsnetze werden – in der Regel nicht deckungsgleich – durch andere Netze<br />

überlagert, z.B. durch ökologische, soziale und Erholungsnetze.<br />

7. Das Bottom-Up-Prinzip: Von Zellen zu Organismen<br />

Von unten nach oben, vom Kleinen zum Grossen oder vom Einzelnen <strong>zur</strong> Gruppe gelangend, ergeben<br />

sich Gemenge von Einzelteilen bzw. Individuen und bei höheren Organisationsformen, komplexere Gebilde<br />

bzw. Organismen und Gesellschaften.<br />

In der Raumordnung kann ebenfalls von Zellen ausgegangen werden. Die kleinste Einheit im Siedlungsraum<br />

bildet in der Regel die Bauparzelle. Mehrere Parzellen mit einheitlicher Funktion oder Gestalt bilden<br />

die Siedlungszellen, mehrere solcher Siedlungszellen zusammen eine Gebietseinheit. Dabei handelt es<br />

sich um Stadtteile bzw. Ortschaften, d.h. um idealtypische kommunale <strong>Raumplanung</strong>seinheiten. Mehrere<br />

solcher Gebiets- bzw. <strong>Raumplanung</strong>seinheiten ergeben eine Planungsregion, sei dies eine städtische<br />

Agglomeration oder eine ländliche Region.<br />

Diese Betrachtungsweise enthält zugleich den Ansatz eines Planungszellenmodells: Einzelne Bauvorhaben<br />

beziehen sich in der Regel auf Parzellen, Gesamtüberbauungen auf Siedlungszellen (grössere auf<br />

Quartiere) und für kommunale Planungsaufgaben eignen sich die Gebiets- bzw. <strong>Raumplanung</strong>seinheiten.<br />

Mehrere dieser Einheiten zusammen bilden eine Planungsregion, welche sich für strategische Grundla-<br />

4


gen, d.h. für die Abwicklung konzeptioneller und programmatischer Aufgaben anbietet. Nach diesem Planungsmodell<br />

löst jede übergeordnete Planungsebene jene Aufgaben, welche die untergeordnete nicht in<br />

der Lage ist alleine zu tun. (vgl. Skalen gemäss „Netzstadt“ 3 )<br />

In traditionellen Strukturen entspricht die politische Gemeinde der Gebietseinheit. Zunehmend sind allerdings<br />

politische Abgrenzungen nicht mehr identisch mit funktional zweckmässigen Planungsperimetern.<br />

Bis in die Achtzigerjahre bildeten regionale Zweckverbände die nächst grössere Planungseinheit, in welchen<br />

die Gemeindeplanungen aufeinander abgestimmt und gemeinsame konzeptionelle Aufgaben wahrgenommen<br />

wurden. Mit Inkrafttreten des schweizerischen <strong>Raumplanung</strong>sgesetzes verloren die Regionalplanungen<br />

etwas an Bedeutung, weil sie durch die kantonalen Richtplanungen teilweise abgelöst wurden.<br />

Heute zeigen sich aufgrund dieser Veränderungen Planungsdefizite, indem sowohl in den Agglomerationen<br />

wie in den ländlichen Gebieten die strategischen Planungen der Regionen nicht in allen Teilen<br />

durch die kantonalen Planungen übernommen werden konnten.<br />

Es drängt sich eine neue Aufgabenteilung hinsichtlich Entwicklungs- und Verwaltungsaufgaben und deren<br />

zeitgerechte Abwicklung auf:<br />

Entwicklungsaufgaben in der <strong>Raumplanung</strong> sollen für die einzelnen Siedlungszellen gelöst werden. In der<br />

nächst grösseren Dimension (in den kommunalen Gebietseinheiten) sind die Entwicklungsstrategien und<br />

Massnahmen zu konkretisieren und umzusetzen, welche in Planungsregionen gemeinsam entwickelt<br />

worden sind.<br />

Die Instrumente dagegen, sind – unabhängig der funktional abgegrenzten Planungsebenen – nach wie<br />

vor in den politisch strukturierten, traditionellen Einheiten, den Gebietskörperschaften Bund, Kantone,<br />

Gemeinden zu verwalten.<br />

8. Das Verantwortungsprinzip und die Gerechtigkeitsethik<br />

Verantwortung lässt sich auf die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft beziehen.<br />

Wer Verantwortung für Vergangenes trägt, kann <strong>zur</strong> Rechenschaft gezogen werden. Bei Versäumnissen<br />

drohen rechtlich vorgesehene Verfahren, mit dem Ziel der Wiedergutmachung und / oder der Bestrafung.<br />

Verantwortung für die Gegenwart wird oft mit „moralisch handeln“ gleichgesetzt. Dabei gilt es, im Sinne<br />

der Gerechtigkeitsethik zumindest zwei Aspekte zu beachten. Zunächst soll das Handeln gut sein, d.h.<br />

klug, authentisch, auf die individuelle und die kollektive Interessenlage bezogen und es soll begründet<br />

sein. Es gibt insbesondere pragmatische und ethische Gründe. Das Handeln ist ferner moralisch, wenn<br />

es solidarisch (bezogen auf Gruppen und global) geschieht, wenn es für alle gleichermassen gut ist,<br />

wenn alle gleichberechtigt beachtet werden, wenn es von allen Betroffenen akzeptiert werden kann und<br />

wenn es verallgemeinerungsfähig ist.<br />

Bei der Verantwortung für die Zukunft geht es um das „Prinzip Verantwortung“ im Sinne von Hans Jonas,<br />

d.h. um eine Präventiv-Verantwortung, um eine „Sorge-für-Verantwortung“. 4 Im Zentrum steht dabei nicht<br />

allein der Mensch, sondern die Menschheit und deren langfristige Existenz. Damit ist zugleich die Existenzgrundlage,<br />

die Natur, angesprochen.<br />

Wer hat bei räumlichen Aspekten welche Verantwortung wahrzunehmen? Bezüglich der Versäumnisse<br />

der Vergangenheit stehen jene Probleme und Konflikte im Vordergrund, welche in der Gegenwart nachwirken<br />

und welche Sanierungen erforderlich machen. Dabei geht es um Altlasten (Bodenschutz), um<br />

Gewässerverschmutzung, Lärm- und Luftbelastungen, Landschaftsschäden, ökologische Verarmung,<br />

siedlungsgestalterische und infrastrukturelle Defizite (Gefahren, Verkehrskollapse) usw. Die Verursacher<br />

solcher Sanierungsaufgaben können häufig nicht eindeutig definiert werden, lassen sich nur schwer<br />

ausmachen, existieren nicht mehr oder können nicht <strong>zur</strong> Rechenschaft herangezogen werden. Die Folgen<br />

hat damit die öffentliche Hand zu tragen.<br />

Dem Gemeinwesen wird auch primär die Verantwortung für die Funktionstüchtigkeit der Infrastruktur zugeordnet.<br />

Mit der Privatisierung bisher öffentlicher Aufgaben und der Liberalisierung der Gesetzesgrundlagen<br />

kommt den politischen Gebietskörperschaften allerdings mehr und mehr die Funktion zu, lediglich<br />

noch die Voraussetzungen zu schaffen, dass wirtschaftlich organisierte Unternehmen Infrastrukturaufgaben<br />

wahrnehmen können. Die Gemeinwesen haben ferner dafür zu sorgen, dass die Bevölkerung und<br />

die Wirtschaft ihre Bedürfnisse befriedigen können (Service public). Dazu gehört insbesondere auch,<br />

dass die weitere Besiedlung innert nützlicher Frist durch Neu- und Umbauten bedürfnisgerecht erfolgen<br />

5


kann. Sie haben dabei Ziele und Grundsätze zu beachten, wie das Prinzip Nachhaltigkeit, die haushälterische<br />

Bodennutzung, die erwünschte Gesamtentwicklung, eine geordnete Form der Besiedlung usw.<br />

Dies geschieht im Sinne der <strong>Raumplanung</strong> auch präventiv. Die <strong>Raumplanung</strong>sgesetzgebung ist hinsichtlich<br />

solcher Grundsätze und Ziele, aber auch mit der konkret ausformulierten Planungspflicht und dem<br />

Mitwirkungsgebot einer Ethik verpflichtet, die eine landesweite Solidarität anstrebt. Dabei geht es nicht<br />

um eine umfassende Gleichstellung aller Menschen, sie wäre ohnehin allein schon angesichts eines Bodenrechts,<br />

welches das private Grundeigentum zum Gegenstand hat, in ihrer absoluten Form unmöglich.<br />

Durch die Gesetze werden Verantwortungen dem Gemeinwesen zugeordnet; <strong>zur</strong> Wahrnehmung dieser<br />

Verantwortung fehlen dem Gemeinwesen jedoch einige wesentliche Mittel bzw. sie sind ihm nach und<br />

nach entzogen worden. Auch die Strukturierung der politischen Hoheitsgebiete erschwert ein effizientes<br />

Wahrnehmen der territorialen Verantwortungen.<br />

Jeder Einzelne hat deshalb seinen - und insbesondere auch die Akteure der Wirtschaft, die Grundeigentümer<br />

und die Interessengruppen haben ihren – Teil der Verantwortung zu übernehmen, d.h. sie haben<br />

gemäss den Einflussmöglichkeiten gerecht, gut und solidarisch zu handeln.<br />

9. Das Prinzip Transparenz und Selbstdeklaration<br />

Kenntnisse über Vergangenes, über die gegenwärtige Situation, über Zusammenhänge und Entwicklungen<br />

sind in der Regel unvollständig. Vorhersagen, soweit sie möglich sind, können nur ungenau sein. Die<br />

Folgen des Handelns lassen sich in der Regel nur abschätzen. Wenn verantwortliches Agieren auch darin<br />

besteht, unter Berücksichtigung der Neben- und Fernwirkungen zu handeln, so ist damit auch eine<br />

Pflicht verbunden: Der Verantwortungsträger hat sich entsprechendes Wissen zu verschaffen, wenigstens<br />

soweit es verfügbar und in dem Masse als es verhältnismässig ist.<br />

Wer handelt, hat sich darüber Rechenschaft abzugeben, worin die Auswirkungen bestehen könnten, was<br />

er darüber weiss und was er nicht weiss. Nicht nur sich selbst gegenüber ist diese Transparenz erforderlich,<br />

sondern auch gegenüber den Betroffenen. Hans Jonas fordert in diesem Zusammenhang eine Haltung<br />

der Furcht; er schliesst „die Heuristik der Furcht befähigt zum Vorausdenken.“<br />

Wer ein Projekt befürwortet bzw. wer eine Technik anwendet, wird beweispflichtig. Diese Forderung enthält<br />

nichts mehr und nichts weniger als die Umkehr der Beweislast, wie sie im Strafrecht üblich ist. Dort<br />

wird die Unschuld so lange angenommen, als die Schuld nicht bewiesen ist. Verantwortung in Bezug auf<br />

die Gegenwart und die Zukunft macht nun erforderlich, dass die Unschädlichkeit eines neu entwickelten<br />

Stoffes, die Gefahrlosigkeit einer neuen Technik, Erfindung bzw. eines Vorhabens nachgewiesen ist.<br />

Dem Verursacherprinzip folgend, ist zu deklarieren, was die Auswirkungen des Handelns sein könnten,<br />

insbesondere auch welches und wie sicheres Wissen darüber besteht. Es kann nicht Sache einer Bewilligungs-,<br />

Genehmigungs- bzw. Kontrollinstanz sein, solche Nachweise zu erbringen. Deren Aufgabe liegt<br />

vielmehr darin, Nachweise einzufordern und sie zu prüfen.<br />

Im Bau-, Planungs- und Umweltrecht ist diese Selbstdeklarationspflicht verbreitet und differenziert ausgeprägt.<br />

Plangenehmigungs-, Baubewilligungs- und Konzessionsverfahren sichern formal diese Pflicht.<br />

Auch bei der Kontrolle durch die zuständigen Behörden geht die Formalisierung recht weit: Zweckmässigkeitsprüfung<br />

für bedeutende raumwirksame und Umweltverträglichkeitsprüfung für grössere umweltrelevante<br />

Vorhaben. Damit können inhaltliche Qualitäten aber nicht abschliessend sichergestellt werden,<br />

auch wird in der Praxis zwischen Selbstdeklaration (Nachweis) und Kontrolle nicht durchwegs sauber getrennt.<br />

Das planungsmethodische Wissen über den Umgang mit Unsicherheit und Ungenauigkeit ist vielerorts<br />

ungenügend verbreitet. Es werden bei Kenntnisnotstand auch selten Korrekturmechanismen im<br />

Entscheidungsprozess mit eingebaut.<br />

Wer raum- und umweltwirksam handeln will, hat transparent zu machen, worin das Wissen über Nebenund<br />

Fernwirkungen liegt und was vorgesehen ist, um negativen Auswirkungen sowohl präventiv als auch,<br />

wenn diese später unerwartet auftreten, begegnen zu können.<br />

6


10. Das Entsprechungsprinzip von Kompetenzen und Verantwortung<br />

Der Begriff Kompetenz hat zwei Bedeutungen: Kompetenz meint zunächst Fähigkeiten (Jemand ist in<br />

seinem Fachgebiet kompetent). Kompetenz bedeutet aber auch Zuständigkeiten (Jemandem kommt die<br />

Kompetenz zu, Entscheidungen zu fällen, Massnahmen durchzuführen, etwas verfügen zu dürfen). Kompetenzen<br />

(im zweiten Sinne) sollen nur jenen Personen übertragen werden, die hierzu kompetent (im ersten<br />

Sinne) sind.<br />

Kompetenzen, in den beiden Wortbedeutungen, verpflichten zu Verantwortung. Die für einen bestimmten<br />

Sachbereich Zuständigen müssen in diesem Kompetenzbereich verantwortungsbewusst handeln. Wer<br />

Fähigkeiten besitzt - dies ist weit weniger selbstverständlich – soll, allein kraft seiner Fähigkeiten, Verantwortung<br />

übernehmen. Diese ethische Forderung wendet sich sowohl an Intellektuelle, an Personen<br />

mit Erfindungs- und Schöpfungskraft, als auch an solche mit sozialen oder handwerklichen Kompetenzen.<br />

Es geht dabei um ein solidarisches, d.h. dem Gemeinwohl und der individuellen Entwicklung verpflichtetes<br />

Nutzen der dem Individuum eigenen Talente.<br />

Nun muss aber auch die Umkehrung in all ihren Dimensionen gelten: Wer Verantwortung übernehmen<br />

muss, dem sollen entsprechende Kompetenzen zukommen, d.h. Befugnisse und Zuständigkeiten, aber<br />

auch die erforderlichen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Zu dieser ethischen Forderung gesellt<br />

sich eine politische: Nur wer bereit und in der Lage ist, Verantwortung zu übernehmen, dem sind entsprechende<br />

Kompetenzen zu übertragen.<br />

Wem kommt territoriale Verantwortung zu? Und die Frage der Kompetenz: Wer ist in der Lage, Verantwortung<br />

für den Raum und die Umwelt zu übernehmen? „Der Staat?“. In der Schweiz handelt es sich<br />

primär um ein sorgfältig abgestuftes Kompetenznetz aus Staat, Kantonen und politischen Gemeinden.<br />

Die Deregulierung und die Privatisierung bisher öffentlicher Aufgaben verringern allerdings die staatlichen<br />

Kompetenzen im Sinne der Lenkungsmöglichkeiten vor allem in den operativen Bereichen. Strategien,<br />

die in Wahrnehmung von Verantwortlichkeiten entwickelt werden, können damit nicht, bzw. nicht mehr<br />

optimal umgesetzt werden. Es entstehen Defizite, wo sich Kompetenzen und Verantwortung nicht mehr<br />

entsprechen.<br />

Wem die Kompetenz zukommt, Standorte und die Nutzung von Einrichtungen festzulegen sowie Tätigkeiten<br />

auszuüben, welche wesentliche Auswirkungen auf die Umwelt, auf deren Nutzung oder auf andere<br />

raumwirksame Aufgaben haben, soll auch hinsichtlich der Neben- und Fernwirkungen die Verantwortung<br />

wahrnehmen. Die Akteure sollen erst dann handeln dürfen, wenn sie nachgewiesen haben, wie sie dieser<br />

Verantwortung gerecht werden können.<br />

Das Gemeinwesen soll über ein Instrumentarium verfügen, welches erlaubt, der gemeinsam festgelegten<br />

Strategie gerecht, Einfluss auf die Standortentscheide sowie die Nutzung von Gebieten (Räumen) und<br />

Einrichtungen nehmen zu können. Auch Sanktionsmöglichkeiten müssten für die Erfüllung dieser Aufgabe<br />

vorhanden sein.<br />

11. Das Entsprechungsprinzip von Macht und Verantwortung sowie von Rechten und<br />

Pflichten<br />

Kompetenzen sind mit Macht verbunden. Wer Kompetenzen zuteilt bzw. abtritt (delegiert), übt in dieser<br />

Übertragung Macht aus. Wer Kompetenzen zugeteilt erhält, dem wird damit neu eine Machtposition verschafft.<br />

Diese Macht hat dabei verschiedene Gesichter, sie wird wirksam im Ausüben der Kompetenzen,<br />

d.h. in der Art und Weise, wie Kompetenzen wahrgenommen werden.<br />

Die politische Macht tritt als Gesetz, d.h. als Verbot bzw. als Erlaubnis, in Form einer Bewilligung oder<br />

Ablehnung eines Gesuches, als Einschränkung oder Erweiterung des Handlungs- und Bewegungsspielraumes<br />

in Erscheinung. Dabei geht es um Macht kraft Erlass- oder Weisungsbefugnis. Abhängig von der<br />

Verfügungsgewalt über Kapital, wird Macht in den getätigten Investitionen sichtbar aber auch in den potentiell<br />

möglichen wirksam: Macht kraft Portefeuille. Werden Regeln missachtet, Gesetze verletzt, so tritt<br />

sie in Form von Strafen oder Handlungseinschränkungen usw. auf: Macht kraft Sanktionsbefugnis.<br />

Die Entsprechung von Macht und Verantwortung erfährt mit ihrer zukunftsorientierten Dimension (gemäss<br />

Hans Jonas) eine Erweiterung: Macht ist auch mit Blick auf ihre Neben- und Fernwirkungen hin auszuüben.<br />

Die Formel – aus der Grundgesetzgebung (Verfassung) vertraut - wonach wer Rechte für sich in<br />

7


Anspruch nimmt, damit auch Pflichten zu übernehmen hat, lässt sich aufgrund des angesprochenen Prinzips<br />

Verantwortung in zweifacher Weise konkretisieren. Rechte und Pflichten, bzw. Macht und Verantwortung<br />

haben sich zu entsprechen (nicht nur das eine folgt aus dem andern).<br />

Macht verpflichtet <strong>zur</strong> Verantwortung. Nur wer dazu bereit ist, soll Macht ausüben dürfen.<br />

12. Das Prinzip der Konsensfindung: Diskursethik<br />

Zu den demokratischen Entscheidungsprozessen gehören, nach schweizerischem Verständnis, in erster<br />

Linie die Gemeindeversammlungen und Urnengänge. Das Mehrheitsprinzip, welches dabei <strong>zur</strong> Anwendung<br />

kommt, ist weitgehend auch Muster für kleinere Gremien, sei es in Legislativ-, Exekutiv- oder richterlichen<br />

Behörden; selbst im Vereinswesen werden Mehrheitsentscheide mittels Abstimmungsverfahren<br />

gefällt. Das Mehrheitsprinzip steht der diskursiven Konsensfindung gegenüber. Diese bildet in vielen<br />

Exekutivgremien, in Kommissionen und bei Entscheidungsträgern der Privatwirtschaft ganz selbstverständlich<br />

ein zentrales Entscheidfindungsprinzip. Nur wenn keine Einigung zustande kommt, wird mittels<br />

Abstimmungen auf Mehrheitsentscheide <strong>zur</strong>ückgegriffen.<br />

Die Diskursethik, wie sie von Jürgen Habermas 5 und Karl-Otto Apel vertreten wird, setzt auf den Konsens;<br />

es geht um die Verpflichtung, Konsens anzustreben. „Im Argumentieren müssen sie (die Teilnehmer)<br />

pragmatisch voraussetzen, dass im Prinzip alle Betroffenen als Freie und Gleiche an einer kooperativen<br />

Wahrheitssuche teilnehmen können, bei der einzig das bessere Argument zum Zuge kommen<br />

darf.“ 6 Dies bedeutet, dass bei fairen Bedingungen nach einem unparteiischen Ausgleich der Interessen<br />

bzw. der Konflikte gesucht wird und setzt ein Solidaritätsverhalten voraus, das zumindest zwei Momente<br />

umfasst: Die Gleichbehandlung und der gleichmässige Respekt vor der Würde eines jeden. Die Diskursethik<br />

rechnet mit der Überzeugungskraft des Argumentes, welches aber nicht mit der Fähigkeit des Argumentierens<br />

gleichgesetzt werden darf. Sie kann gar mit dieser in Widerspruch stehen. Auch daraus erklärt<br />

sich die Forderung nach fairen Bedingungen für alle.<br />

Bei komplexen Entscheidungssituationen bzw. bei schwierigen Entscheidungsinhalten, wie sie bei raumund<br />

umweltrelevanten Aufgaben die Regel sind, bedeuten faire Bedingungen insbesondere auch, dass<br />

die Diskursgegenstände „diskursfähig“ aufbereitet sind. Dies geschieht zum Beispiel in der Bildung von<br />

Varianten bzw. Szenarien: Bei der Suche nach der anzustrebenden Entwicklung soll mit Varianten etwa<br />

der Handlungsspielraum abgedeckt und abgesteckt werden.<br />

Bei Entscheidungssituationen bzw. in Konfliktlösungsprozessen (selbst in Friedensverhandlungen) sind<br />

zumindest vier Stufen der Konsensbildung zu beobachten:<br />

• Die Parteien einigen sich grundsätzlich, z.B. darin, ein Infrastrukturproblem gemeinsam lösen zu<br />

wollen (bzw. Frieden zu schliessen).<br />

• Sie kommen im besten Fall überein, konkrete Massnahmen einzuleiten, z.B. einen Verkehrsknoten<br />

zu sanieren (bzw. die Truppen <strong>zur</strong>ück zu ziehen und sie zu entwaffnen).<br />

• Wenn dies nicht möglich ist, versuchen die Parteien schrittweise Lösungen des Konfliktes zu entwickeln<br />

und umzusetzen, sie einigen sich auf eine Vorgehensstrategie.<br />

• Sollte dies nicht gelingen, werden nächste Verhandlungen terminiert oder zumindest ein gegenseitiges<br />

Orientieren über allfällige den Einigungsprozess beeinflussende einseitige Schritte vereinbart,<br />

man einigt sich auf einen ersten Stabilisierungsschritt.<br />

Für die Konsensbildung sind Hilfen bereitzustellen, in Form von echten Argumenten, der Darlegung des<br />

Entscheidungs- bzw. Handlungsspielraumes und der Konsensstufen.<br />

Die in der <strong>Raumplanung</strong> bereits instrumentell verankerten vier Stufen der Konsensbildung sind konsequent<br />

zu nutzen. (siehe Prinzip 18)<br />

13. Das Prinzip Partizipation<br />

Demokratie kann als Herrschaftsform aufgefasst werden, in welcher die Macht beim Volk liegt. Dabei<br />

können die einzelnen Bürger alle gleichermassen staatsbürgerliche Rechte ausüben und insbesondere in<br />

sozialer Gleichheit an Entscheidungen beteiligt werden. Mit dem Begriff Partizipation wird dieses Demokratieprinzip<br />

zum einen aufgeweitet und zum andern relativiert. Bei der Partizipation geht es nicht nur um<br />

Entscheidungskompetenzen, sondern vielmehr um die Beteiligung an den Entscheidungsprozessen. Da-<br />

8


mit sind auch die Entwicklung von Projekten bzw. Lösungen sowie deren Beurteilung und Auswahl, d.h.<br />

die Entscheidungsvorbereitungen angesprochen. Bereits bei der Umschreibung der Projekte und Aufgaben,<br />

der Auswahl von Experten, bei der Erteilung von Aufträgen, der Vorbereitung von Beurteilungsgrundlagen,<br />

der Beurteilung von Aus-, Neben- bzw. Fernwirkungen von Vorhaben und der Sichtung der<br />

Interessen werden Teilentscheide gefällt.<br />

Selbstverständlich können aus rein praktischen Gründen nicht jederzeit alle Interessierten und alle Betroffenen<br />

am Entscheidungsprozess teilnehmen. Es sind vielmehr die Voraussetzung zu schaffen, dass sich<br />

diese mit vertretbarem Aufwand, ihren Interessen entsprechend, optimal einbringen können. In der<br />

Schweiz ist für <strong>Raumplanung</strong>sprozesse der Rahmen der Partizipation durch die Gesetzgebung mit dem<br />

Informations- und Mitwirkungsgebot umschrieben. Die Bevölkerung muss bei Planungen in geeigneter<br />

Weise mitwirken können. Damit ist es aber der Verantwortung der Planungsträger überlassen, festzulegen,<br />

wie sie den Kreis der Bevölkerung eingrenzt und worin die geeignete Weise liegt. Betroffen ist in der<br />

Regel auch ein schwierig zu bestimmender Kreis der im Gebiet Wohnenden und Arbeitenden sowie der<br />

sich dort erholenden, vergnügenden und der dort einkaufenden Menschen.<br />

Es kann allerdings sinnvoll nur mitwirken, wer angemessen informiert ist. Mitwirkende sollen dank den<br />

verfügbaren und verdaubaren Informationen in die Lage versetzt werden, mitwirken zu können. Mit dieser<br />

Forderung verbindet sich die Notwendigkeit einer Konzentration der Information und der Partizipationsmöglichkeiten<br />

auf zentrale Inhalte zu bestimmten Zeitpunkten im Planungsablauf in denen effektiv Einfluss<br />

genommen werden kann. Dieses Verständnis von Partizipation bedeutet eine enorme politische und<br />

organisatorische Herausforderung, welche in der Schweiz bisher nur auf kommunaler Ebene befriedigend<br />

bewältigt worden ist. Auf dieser Ebene lassen sich in direktdemokratischer Weise faire Partizipationsformen<br />

praktizieren.<br />

Vermutlich muss auch für übergeordnete Planungsentscheide die Partizipationsebene jene der Siedlungseinheiten<br />

d.h. der Gemeinde bzw. des Stadtteils sein. In diesem Rahmen können die Auswirkungen<br />

regionaler Vorhaben und bundesweiter Konzepte beurteilt werden. Kommunale Partizipation bedeutet<br />

dann zum Beispiel Stellungnahme zu übergeordneten Planungen aus Sicht der Siedlungseinheit und in<br />

Verantwortung für das Ganze. Die Stellungnahme würde nach diesem Modell in basisdemokratischer<br />

Weise, d.h. in einem öffentlichen Diskurs unter den Betroffenen und Interessierten, erarbeitet.<br />

Basisdemokratische Partizipationsformen tragen <strong>zur</strong> Qualitätsverbesserung der Entscheide und <strong>zur</strong> Erweiterung<br />

des kreativen Potentials bei.<br />

Um nicht als Instrument im politischen Machtspiel missbraucht zu werden, muss Transparenz des Motivs<br />

jedes Teilnehmers für seine Partizipation gefordert werden.<br />

14. Das Vertretungsprinzip: Die Anwalts- und Treuhänderfunktion<br />

Die direkte Demokratie bzw. die Partizipation der Betroffenen und Interessierten stösst an Grenzen, insbesondere<br />

wenn der Kreis der Betroffenen gross ist und es rein praktisch nicht möglich ist, dass sich alle<br />

Interessierten im offenen Diskurs einbringen können. Der Gegenstand und die den Entscheid betreffenden<br />

Zusammenhänge können so komplex sein, dass es für die Betroffenen schwierig ist, sich ausreichend<br />

damit auseinanderzusetzen. Planungsprozesse machen häufig unzählige kurzfristig zu treffende<br />

Entscheide notwendig, was partizipatorische Verfahren überfordern würde. Selbst Gremien können zu<br />

träge sein, um zeitgerecht über alle wichtigen Details befinden zu können.<br />

Innerhalb unseren politischen Strukturen hat sich ein ausgeklügeltes, weitgehend gut funktionierendes<br />

Delegationssystem entwickelt. Abgestuft nach Bedeutung und Tragweite, liegen die Entscheidungskompetenzen<br />

beim Volk, beim Parlament, bei der Exekutivbehörde oder bei der Verwaltung. Diese Zuständigkeitsordnung<br />

besteht in der Schweiz auf allen drei politischen Ebenen, auf Ebene von Bund, Kantonen<br />

und Gemeinden.<br />

Das Delegationssystem birgt die Gefahr in sich, dass an den Betroffenen und Interessierten vorbei geplant<br />

und entschieden wird. Selbst wenn diese in optimaler Weise an den Prozessen partizipieren können,<br />

kann dieser Problematik nur teilweise begegnet werden. Denn auch für die Partizipation gilt, was<br />

oben für die direkte Demokratie ausgeführt wurde: In partizipatorischen Prozessen treten ebenfalls Personen<br />

auf, die sich im Namen anderer Personen äussern. Im Unterschied zu politischen Gremien handelt<br />

es sich dabei aber in der Regel um nicht gewählte, oft um selbst ernannte „Anwälte“ von Interessengruppen,<br />

um Sprecher von Minderheiten, Vertreter von Vereinen usw. Darin liegt an sich nichts Negatives.<br />

9


Denn, wer sonst könnte beispielsweise im Sinne des Nachhaltigkeitsprinzipes die Interessen der künftigen<br />

Generationen wahrnehmen?<br />

Offiziell konstituierte Verbände werden oft <strong>zur</strong> Vorbereitung eines politischen Entscheides um ihre Meinung<br />

angefragt. Im Unterschied zu solchen Konsultations- und Vernehmlassungsverfahren, die auf gezielter<br />

Einladung basieren, spricht die Partizipation alle Betroffenen und Interessierten an. Lassen sich<br />

diese vertreten, so ist schwierig zu erkennen, in wessen Namen sich ein Treuhänder äussert. Dies ist allerdings<br />

nicht von allzu grosser Bedeutung. Im Sinne der Diskursethik zählt in erster Linie das Argument.<br />

Ausserdem sind nicht alle Interessierten und Betroffenen in der Lage, sich zu äussern.<br />

Gerade wenn die Meinung jedes Einzelnen gefragt ist, was insbesondere in der <strong>Raumplanung</strong> mit dem<br />

Mitwirkungsgebot gemeint ist, muss beachtet werden, dass nicht alle Menschen in gleicher Weise fähig<br />

sind, sich zu äussern. Es sollen also, stellvertretend für kleine Kinder, für der geschliffenen Sprache nicht<br />

Mächtige, für Abwesende oder für künftige Generationen, Personen auftreten und im öffentlichen Diskurs<br />

Anwaltsfunktionen übernehmen. Die damit verbundene Forderung ist noch wichtiger als bei der Delegation<br />

von politischen Kompetenzen, weil Treuhänder und Anwälte keinen Wahlkampf durchlaufen müssen:<br />

Es gehört <strong>zur</strong> Fairness der an Partizipation Beteiligten klarzulegen, welches Quartier sie beispielsweise<br />

vertreten, oder dass sie sich im Interesse eines bestimmten Sportvereins äussern, dass sie als Angehörige<br />

einer Umweltorganisation oder als Verwaltungsrat einer Firma sprechen.<br />

Viele Betroffene und Interessierte können sich nicht äussern. Sie sollen sich in partizipatorischen Prozessen<br />

vertreten lassen können.<br />

Im öffentlichen Diskurs ist transparent zu machen, welche Interessen vertreten werden: Es ist zu deklarieren,<br />

in welchem Namen jemand teilnimmt.<br />

Argumente gewinnen an Kraft, wenn die Motive ehrbar und bekannt sind.<br />

15. Das Prinzip der Planungspflicht<br />

Das <strong>Raumplanung</strong>sgesetz (RPG) verlangt, dass Bund, Kantone und Gemeinden die für ihre raumwirksamen<br />

Aufgaben nötigen Planungen erarbeiten und sie aufeinander abstimmen. Daraus lässt sich ableiten,<br />

dass sich auch Planungen mit grenzüberschreitenden Perimetern, d.h. dass Planungen für Gebiete,<br />

die nicht mit den Grenzen politischer Körperschaften übereinstimmen, ebenfalls der Planungspflicht unterliegen.<br />

Raumwirksame Projekte von privaten Trägern, welche gelegentlich wesentlich tiefgreifendere<br />

und langfristigere Folgen haben, sind dieser Gesetzesnorm dagegen nicht verpflichtet.<br />

Zur Abstimmung mit anderen Planungen lassen sich die Träger privater Vorhaben in der Regel noch bewegen,<br />

da daraus sich ergebende allseitige Vorteile offensichtlich sein können. Die weiteren Aspekte der<br />

Planungspflicht, wie sie im RPG umschrieben sind, betreffen zwei planungsethische Regeln, die sich nur<br />

sehr schwer auf private Planungsträger übertragen lassen. Zum einen geht es ganz allgemein und umfassend<br />

um die Beachtung der räumlichen Auswirkungen der Tätigkeiten und zum andern um das Erfordernis,<br />

den nachgeordneten Instanzen (Behörden) den <strong>zur</strong> Erfüllung ihrer Aufgaben nötigen Ermessensspielraum<br />

zu lassen.<br />

Angesichts der veränderten politischen Situation seit das RPG in Kraft getreten ist, sind Erweiterungen<br />

bezüglich der Definition der Planungspflicht angezeigt. Mit der Privatisierung bisher öffentlicher Aufgaben<br />

müssen, im Sinne einer Konkretisierung des Verantwortungsprinzips, Koordinationsaufgaben durch private<br />

Akteure mitgetragen werden. Hierzu ein Beispiel: Die Privatisierung des Telekommunikationswesens in<br />

Verbindung mit der Verbreitung der Mobiltelefone führte in der Schweiz zunächst zu einer Panne bei der<br />

Koordination der Standortplanung für Antennenanlagen, weil mit der Privatisierung die entsprechende<br />

Planungspflicht nicht geregelt wurde.<br />

Die Umweltverträglichkeitsprüfung strebt eine Interessenabwägung unter Beachtung der wirtschaftlichen,<br />

technischen und umweltrelevanten Aspekten an; sie greift allerdings erst im Stadium der Projektierung<br />

und nicht – wie in vielen Fällen erforderlich – bei der Festlegung von Standorten, d.h. bereits in der Konzeptphase.<br />

Daraus und in Konkretisierung des Prinzipes Nachhaltigkeit begründet sich die Forderung,<br />

dass auch private Akteure hinsichtlich raum- und umweltwirksamen Vorhaben in den Planungsprozess<br />

mit eingebunden werden müssen.<br />

10


Auch private Instanzen, die raum- und umweltwirksam agieren, sind der Planungspflicht zu unterstellen.<br />

Die Planungspflicht umfasst die Abstimmungs- und Koordinationspflicht, ferner - auch im Sinne des<br />

Nachhaltigkeitsprinzips - die Beachtung von Auswirkungen, d.h. von Neben- und Fernwirkungen sowie<br />

die Beachtung eines Ermessens- und Handlungsspielraumes für die in Hierarchie und Zeit nachgeordneten<br />

Instanzen.<br />

16. Das Subsidiaritätsprinzip<br />

Unterstehen alle Akteure der Planungspflicht, so kann das Verantwortungsprinzip besser greifen. Selbst<br />

wenn private Akteure ihre Pflichten nicht wahrnehmen sollten, müssten zunächst kommunale Planungsinstanzen<br />

stellvertretend die Aufgaben auf Kosten der säumigen Verantwortlichen übernehmen. Dem<br />

Subsidiaritätsprinzip folgend, wären bei Überforderung kommunaler Planungsträger zunächst regionale<br />

bzw. kantonale und schliesslich Bundesstellen angesprochen.<br />

Dieses Prinzip stösst allerdings an politische Grenzen die darin bestehen, dass es äusserst unpopulär ist,<br />

ersatzweise (subsidiär) für eine in der Hierarchie untergeordnete Ebene Planungen und Entscheidungen<br />

vorzunehmen und dann erst noch die Kosten dafür in Rechnung zu stellen. Kommt dazu, dass die nicht<br />

zeitgerechte Erfüllung einer Planungspflicht oft nur sehr schwer eindeutig festgestellt werden kann. Es<br />

gibt allerdings Fälle, wo subsidiäres Handeln angefordert wird. Wenn beispielsweise mehrere gleichgestellte<br />

Träger auf eine Kooperation und Koordination angewiesen sind, die aber durch eine Minderheit<br />

blockiert werden, wird gelegentlich der Antrag an die übergeordnete Instanz gestellt, stellvertretend einen<br />

Planungsprozess einzuleiten oder ihn gar durchzuführen.<br />

Ersatzvornahmen von Planungen bzw. Entscheidungen durch übergeordnete Instanzen stellen eine relativ<br />

sanfte Sanktions-Massnahme dar, bestünde nicht das Finanzierungsdilemma. Durch übergeordnete<br />

Instanzen initiierte, geleitete oder moderierte Entscheidungs- und Planungsprozesse werden in der Regel<br />

recht gut akzeptiert, wenn die Betroffenen und die Vertreter der an sich zuständigen Planungsebene im<br />

Prozess mit eingebunden sind und mitentscheiden können. Das Dilemma entsteht meistens nur aus dem<br />

Umstand, dass diese dabei gleichwohl <strong>zur</strong> Kasse gebeten werden. Denn das Prinzip „Wer befiehlt, soll<br />

auch bezahlen!“ wird durchbrochen.<br />

Dem Dilemma könnte durch Fördermittel begegnet werden. Es liegt nahe, dass gleichzeitig mit der Erweiterung<br />

der Planungspflicht (Prinzip 15) und einer konsequenten Handhabung der Ersatzvornahme bei<br />

Versäumnissen auch Mittel bereitgestellt werden. Übergeordnete Instanzen sollen sich an Planungen finanziell<br />

beteiligen und zwar bei zeitgerechter Planungspflichterfüllung wie bei säumigen Planungsträgern<br />

durch Ersatzvornahmen. Die Planungsverantwortlichen haben, gewissermassen im Gegenzug, darüber<br />

Bericht zu erstatten, inwiefern sie mit ihrer Planung die Planungspflichten erfüllen. Diese Form der<br />

Selbstdeklaration, wie sie bei Nutzungsplänen in der Schweiz vorgeschrieben ist (Art. 47 RPV), soll für alle<br />

Planungen zu einem Mittel der Qualitätssicherung werden.<br />

Planungs- und Entscheidungskompetenzen haben so nahe wie möglich beim Akteur und Betroffenen zu<br />

liegen. Übergeordnete Kontrollinstanzen sollen nur subsidiär eingreifen. Ersatzvornahmen bei Versäumnissen<br />

sind konsequent vorzunehmen. Die verantwortungsbewusste Erfüllung der Planungspflicht kann<br />

aber vermutlich nur erreicht werden, wenn sie durch den Staat gemäss dessen Kontrollkompetenzen<br />

subventioniert wird.<br />

17. Das Prinzip des stufengerechten Planungsmittels: Instrumente und deren Verbindlichkeit<br />

Öffentlich-rechtliche Festlegungen haben die Form von Erlassen (Gesetze, Verordnungen) und Verfügungen<br />

(z.B. Bewilligungen). Privatrechtliche Vereinbarungen kennen wir in Form von Verträgen und,<br />

wenn sie verbindlich den Boden betreffen, als Eintragungen im Grundbuch (Bodenkataster).<br />

Mit den Plänen nach <strong>Raumplanung</strong>srecht steht ein Instrumentarium <strong>zur</strong> Verfügung, welches ein differenziertes<br />

Festlegen von strategischen, konzeptionellen als auch programmatischen Inhalten ermöglicht. Es<br />

handelt sich dabei um Pläne mit Informations- oder Inventarcharakter, welche unverbindlich bleiben kön-<br />

11


nen, um Pläne, welche für die Behörden und um solche, welche für jedermann, insbesondere auch für die<br />

Eigentümer verbindlich sind.<br />

Die Forderung nach stufengerechtem Eisatz der Planungsmittel umfasst drei Mindestanforderungen an<br />

das Instrumentarium:<br />

• Strategische Inhalte sowie konzeptionelle Grundsätze und Abstimmungen, insbesondere betreffend<br />

Netzstrukturen, Standorte von Einrichtungen mit zentraler Bedeutung, funktioneller Zusammenhänge<br />

usw.: Sie werden in unverbindlichen Grundlageplänen dargestellt und – soweit sie behördenverbindlich<br />

sein sollen – in Richtplänen umgesetzt.<br />

• Programmatische Inhalte und die einzelnen Umsetzungsmassnahmen werden in behördenverbindlicher<br />

Weise in Richtplänen aufeinander abgestimmt oder – soweit sie nur beispielhaften Charakter<br />

haben sollen – als Testplanungen, Ideenkataloge und Beispielsammlungen in unverbindlicher Form<br />

festgehalten.<br />

• Soweit der Rahmen für private oder öffentliche Vorhaben verbindlich festgelegt werden soll, z.B. die<br />

Abgrenzung des Baulandes gegenüber dem Nichtbauland, die zulässige Nutzungsdichte und Nutzungsart,<br />

die Erschliessung usw., ist ein Planungsinstrument erforderlich, dessen Festlegung einen<br />

fairen, die betroffenen Eigentümer mit einbeziehenden Planungsprozess ermöglicht. In der Schweiz<br />

handelt es sich dabei um die Nutzungspläne in all ihren Ausprägungen.<br />

Solange grössere raum- und umweltrelevante Vorhaben allein der Planungshoheit der Gemeinwesen unterlagen,<br />

die privaten Vorhaben allein projektbezogen im Rahmen der Baubewilligungs-, Projektgenehmigungs-<br />

bzw. Konzessionsverfahren beurteilt werden konnten, genügten die drei erwähnten Stufen der<br />

Verbindlichkeit und die drei Mindestanforderungen an das Planungsinstrumentarium. Sind jedoch bei<br />

strategischen, konzeptionellen und programmatischen Planungen auch private und gemischtwirtschaftliche<br />

Träger beteiligt und Abstimmungen notwendig, genügen die <strong>Raumplanung</strong>sinstrumente nicht mehr.<br />

Wo beispielsweise Masterpläne entwickelt wurden, mussten die Inhalte zum Teil mittels Vertragswerken<br />

verbindlich erklärt werden. Diese haben den Nachteil, dass sie zwar kündbar, nicht aber – mit Rücksicht<br />

auf den Rechtsschutz – in jedem Fall an neue Gegebenheiten angepasst werden können, denn im Unterschied<br />

zu Plänen können Verträge bei Bedarf nicht kraft eines behördlichen Aktes zwingend aktualisiert<br />

werden. Entweder wird Einigkeit unter allen Partner erzielt oder eine zweckmässige Anpassung ist ohne<br />

entsprechende Rechtsgrundlage nicht möglich.<br />

Daraus entsteht die Forderung nach einem neuen Planungsinstrument, das Planungsresultate für private<br />

und gemischtwirtschaftliche Träger verbindlich festzulegen erlaubt. Dieses neue Instrument soll wie die<br />

vertrauten <strong>Raumplanung</strong>sinstrumente aktualisiert, angepasst und geändert werden können. Fordert man<br />

gemäss Prinzip 15 eine Planungspflicht auch für private Träger, so gewinnt ein solches neues Instrument<br />

an Bedeutung.<br />

Auf allen Planungsebenen gibt es strategische, konzeptionelle und programmatische Planungsinhalte.<br />

Die Forderung nach dem stufengerechten Planungsmittel meint den jeweils richtigen Einsatz von unverbindlichen,<br />

behördenverbindlichen bzw. allgemeinverbindlichen Planungsinstrumenten.<br />

Ähnlich dem Richtplan ist ein Planungsinstrument neu zu schaffen, das für alle beteiligten öffentlichen<br />

und privaten Akteure verbindlich ist und durch politische Behörden, basierend auf Mehrheitsentscheidungen<br />

unter allen Beteiligten, geändert werden kann.<br />

18. Das Prinzip der abstimmungsgerechten Festlegungen und Vereinbarungen<br />

In Problem- und Konfliktlösungsprozessen und bei der Entwicklung von Massnahmen oder der Konkretisierung<br />

von Ideen geht es, den <strong>Prinzipien</strong> der Konsensfindung folgend, um Abläufe, während denen auf<br />

verschiedenen Stufen Übereinstimmung erreicht werden kann (siehe Prinzip 12):<br />

• im Grundsätzlichen<br />

• in der konkreten Massnahme<br />

• bezüglich des weiteren Prozessablaufes<br />

• hinsichtlich erster zielsichernder Massnahmen<br />

Dabei sind, unter Beachtung der <strong>Prinzipien</strong> der Planungspflicht, die drei Aspekte des Abstimmungsgebotes<br />

zu beachten:<br />

• die Interessenabwägung, d.h. die Ermittlung, Bewertung und Beachtung der betroffenen Interessen<br />

• die Aus-, Neben- und Fernwirkungen der erwogenen Handlungen<br />

12


• der mit den erwogenen Massnahmen verbleibende Handlungs- und Ermessensspielraum für die in<br />

der Hierarchie und der Zeit nachgeordneten Akteure.<br />

Wo ein Abstimmungsstand erreicht ist, der festgehalten oder gar verbindlich vereinbart werden soll, hat<br />

dies, analog der 4 Stufen der Konsensbildung, stufengerecht und transparent zu erfolgen. Wenn man<br />

sich grundsätzlich über die Notwendigkeit einer Konfliktlösung einig ist, bedeutet dies noch nicht, dass<br />

man sich bei der zu ergreifenden Massnahme einig ist. Vielleicht lässt sich aber eine Einigung hinsichtlich<br />

des Planungs- und Entscheidfindungsprozesses finden. Zumindest einigen sich die Verantwortlichen vielleicht<br />

auf den Rahmen möglicher Lösungen und das dadurch betroffene Gebiet sowie auf Massnahmen<br />

<strong>zur</strong> Erhaltung der Realisierbarkeit.<br />

Diese Vierstufigkeit ist mit dem Instrumentarium der <strong>Raumplanung</strong> umgesetzt:<br />

• Grundsätze werden als solche in strategischen Instrumenten wie Leitbildern, sog. Grundzügen, Strukturkonzepte<br />

oder integriert als Leitsätze in Richtplänen behandelt.<br />

• Vereinbarungen, welche hinsichtlich der Ausgestaltung von Massnahmen definitiv getroffen werden<br />

können, da die Interessenabwägung abschliessend hat stattfinden können, werden in den Richtplänen<br />

als Festsetzung behandelt.<br />

• Vereinbarungen über den Prozessablauf führen in den Richtplänen zu Zwischenergebnissen.<br />

• Vereinbarungen hinsichtlich der zielsichernden Massnahmen, selbst noch recht visionäre Ideen und<br />

langfristige Massnahmen, werden als Vororientierung bezeichnet.<br />

Solche Richtplanvereinbarungen sind für die Behörden verbindlich und können im selben Prozess, wie<br />

sie getroffen werden, jederzeit aktualisiert, geändert oder weiterentwickelt werden. Vertragliche Vereinbarungen<br />

unter und mit privaten Akteuren bzw. die mit Prinzip 17 geforderten neuen Planungsinstrumente<br />

sollen nach denselben Vereinbarungsstufen konkretisiert werden.<br />

Instrumente die Vereinbarungen festhalten und sichern, insbesondere Richtpläne und das neu zu schaffende<br />

Planungsinstrument für alle Typen von Akteuren sollen Festlegungen in vier Stufen, d.h. im Grundsätzlichen,<br />

in der Massnahme, im Verfahren bzw. in der Zielsicherung enthalten können.<br />

Diese Festlegungsstufen sind transparent darzustellen.<br />

19. Das Prinzip Nachhaltigkeit und der Faktor Zeit<br />

Das Prinzip Nachhaltigkeit verbindet die Forderung nach Erfüllung dreier Verträglichkeiten, nämlich der<br />

ökologischen, der gesellschaftlichen und der wirtschaftlichen Verträglichkeit unseres Tuns. Dies betrifft<br />

gleichsam unsere Handlungen und deren Vorbereitung, unsere Aktivitäten und unsere Planungen. Die<br />

Forderung bezieht sich auf den eigenen Aktionsraum als auch auf andere Räume, insbesondere auch auf<br />

weniger privilegierte Regionen und Weltgegenden. Ferner geht es einerseits um die Auswirkungen in der<br />

Gegenwart und andererseits in der Zukunft: Im Sinne des Prinzips Verantwortung (Hans Jonas) ist die<br />

„Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden“ sicherzustellen.<br />

Hier liegt eine der grössten Herausforderungen der Wissenschaft, der Gesellschaft und der Politik und<br />

damit auch der Planungsdisziplinen: Sie haben Beurteilungs- und Entscheidungsgrundlagen bereitzustellen,<br />

welche erlauben, in dieser umfassenden Verantwortung zu handeln. Es geht darum, die sich in der<br />

Zeit verändernden Faktoren und die regionalen Umverteilungsmechanismen bei der Abschätzung der<br />

Auswirkungen von Handlungen zu berücksichtigen und diese verständlich und glaubhaft darzustellen.<br />

Solche Grundlagen sind auf den Handlungsbedarf und den Einflussbereich der Akteure abzustimmen.<br />

Das Prinzip Nachhaltigkeit bezieht sich auf die Verträglichkeit unseres Handelns, hinsichtlich<br />

• Ökologie, Gesellschaft und Wirtschaft<br />

• aller Weltregionen<br />

• Der Gegenwart und der Zukunft.<br />

Das Wissensdefizit darüber worum es bei der Umsetzung des Prinzips Nachhaltigkeit geht, inwiefern Tätigkeiten<br />

Aus- und Nebenwirkungen verursachen können und worin die Einflussmöglichkeit der Akteure<br />

liegt, gilt es zu beheben bzw. durch anhaltende Bemühungen zu verringern.<br />

13


20. Das Prinzip der Kooperation<br />

In kleinen Aktionseinheiten lässt sich sehr effizient arbeiten, insbesondere hinsichtlich zeitlichem, personellem<br />

und finanziellem Aufwand. Grosse Produktions-, Entscheidungs- bzw. Verwaltungsapparate reagieren<br />

in der Regel träger auf Veränderungen und sind damit kleinen, schlanken Organisationsformen unterlegen.<br />

Grosse und komplexe Vorhaben erfordern dagegen vielschichtige Fachkompetenzen und eine<br />

Leistungsfähigkeit, wie sie nur grosse Unternehmen anbieten können. Sowohl bei öffentlichen, d.h. bei<br />

staatlichen Verwaltungsapparaten als auch bei privatwirtschaftlichen Betrieben erzielt man bisweilen eine<br />

hohe Effizienz mit Organisationsstrukturen, die auf teilautonomen, kleinen Einheiten beruhen. Umgekehrt<br />

erreichen kleine und mittlere Betriebe dank zweckmässiger Vernetzung und Kooperation effiziente Strukturen<br />

und eine Leistungsfähigkeit wie Grossfirmen.<br />

Vorhaben sind oft nur realisierbar, wenn verschiedene Akteure mit sich ergänzenden Kompetenzen zusammenarbeiten,<br />

zunehmend findet dies in Kooperation von öffentlichen und privaten Instanzen statt.<br />

Privaten Akteuren kommt neben den öffentlichen Körperschaften eine wachsende Bedeutung sowohl als<br />

Planungsträger wie auch als Realisatoren von grösseren umwelt- und raumrelevanten Vorhaben zu. Viele<br />

Planungen und Realisierungsprozesse werden deshalb in kooperativen Verfahren abgewickelt. Damit<br />

können Entscheidungsabläufe vielmals auch beschleunigt und erleichtert bzw. überhaupt erst ermöglicht<br />

werden. Wie bei rein öffentlichen Planungen besteht das Resultat bei kooperativer Vorgehensweise aus<br />

konzeptionellen Inhalten (z.B. in Form von Masterplänen) und aus programmatischen Teilen (z.B. Realisierungsprogrammen,<br />

Einzelmassnahmen).<br />

Mit dem <strong>zur</strong> Diskussion gestellten neuen Planungsinstrument, das den Festlegungen in gemischtwirtschaftlichen<br />

Planungen optimal gerecht zu werden vermag (Prinzip 17), werden private Planungsträger in<br />

die Planungspflicht mit eingebunden. Wo solche Instrumente fehlen oder nicht eingesetzt werden können,<br />

bleibt jedenfalls die Forderung, dass in kooperativen Planungsprozessen die Verpflichtungen und Verantwortungen<br />

der Partner gegenseitig respektiert werden müssen.<br />

Kooperative Planungsformen schaffen Situationen, in denen Synergien in grösserem Ausmasse möglich<br />

werden und in denen Planungen hinsichtlich Qualität der Resultate und zeitlichem Ablauf optimiert werden<br />

können.<br />

Gleichzeitig können die Planungspflichten in allseitiger Anerkennung der Verantwortungen in umfassender<br />

Weise wahrgenommen werden.<br />

<strong>21</strong>. Das Prinzip der Korrigierbarkeit<br />

Noch so sorgfältig abgewogene und mit allen Interessen abgestimmte Entscheidungen und Handlungen<br />

können sich als falsch bzw. fehlerhaft erweisen. Dies liegt häufig an der Nichtvorhersehbarkeit der Entwicklung,<br />

der Unvollständigkeit des Wissens bzw. der Ungenauigkeit, mit denen eine Entwicklung vorhergesagt<br />

werden kann.<br />

Wissend um diese Makel bei der Auseinandersetzung mit der Zukunft, geht es darum, Handlungsstrategien<br />

zu entwickeln: Feste, nicht korrigierbare Lösungen sind dagegen zu vermeiden oder erst im letzt<br />

möglichen Zeitpunkt, wenn die neusten Erkenntnisse noch einfliessen können, zu fällen. Oft ist es noch<br />

besser, Entscheidungen und Handlungsanweisungen in Varianten zu entwickeln, um in Abhängigkeit des<br />

Veränderungsprozesses die zweckmässigste noch wählen zu können. Planungsresultate können dann<br />

die Form von „Wenn ... dann“ – Aussagen haben. (Wenn sich die Entwicklung A einstellt, dann ist die<br />

Massnahme X zu treffen; wenn aber B eintritt, dann gilt die Massnahme Y.)<br />

Massnahmen kommt eine Qualität hinsichtlich ihrer Korrigierbarkeit zu: Wenn sie sich als falsch erweisen,<br />

sollten sie ersetzt, geändert, verbessert werden können. Was für Einzelmassnahmen gilt, lässt sich<br />

auch für Konzepte aussagen: Diese sollen flexibel sein, d.h. an neue Erkenntnisse und Randbedingungen<br />

abgepasst werden können.<br />

Die Forderung nach Flexibilität und Korrigierbarkeit gilt gleichsam auch für Organisationsformen, Planungsprozesse<br />

wie Planungsinstrumente. Die rasche Anpassungsfähigkeit von Planungsinstrumenten<br />

steht scheinbar in Widerspruch <strong>zur</strong> Forderung nach einer bestimmten Rechtsbeständigkeit von Gesetzen<br />

und Plänen. Doch das Prinzip Flexibilität bezieht sich in erster Linie auf Planungsinstrumente mit Verbindlichkeit<br />

für die Behörden und allgemein für die Planungsakteure. Wird es allerdings auch auf eigentümer-<br />

14


verbindliche Festlegungen angewendet, so muss das Änderungsverfahren nach längerfristigen und kurzfristig<br />

anpassbaren Inhalten sowie nach Tragweite der Änderungen differenziert werden.<br />

Die Planungsverfahren sollen unterscheiden zwischen längerfristig verlässlichen Inhalten und Elementen,<br />

die kurzfristig an neue Gegebenheiten angepasst werden dürfen.<br />

Beständigkeit sowie Flexibilität und Interpretationsspielraum sollen nebeneinander, für jeweils bestimmte<br />

Inhalte anwendbare <strong>Prinzipien</strong> darstellen, und dies in behördenverbindlichen, in akteurverbindlichen und<br />

in eigentümerverbindlichen Plänen.<br />

Quellen<br />

1 Der Ausdruck „komplementäre Betrachtungsweise“ ist dem Atomphysiker Niels Bohr entliehen, zitiert<br />

nach Werner Heisenberg: Der Teil und das Ganze, München 1969<br />

2 Ernst Bloch: Das Prinzip Hoffnung, Frankfurt 1959<br />

3 Peter Baccini, Franz Oswald: Netzstadt, Zürich 1999<br />

4 Hans Jonas: Das Prinzip Verantwortung, Frankfurt 1979<br />

5 Jürgen Habermas: Erläuterungen <strong>zur</strong> Diskursethik, Frankfurt 1991<br />

6 Ebenda, S. 154<br />

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