21 Prinzipien zur Raumplanung - IRAP
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Anspruch nimmt, damit auch Pflichten zu übernehmen hat, lässt sich aufgrund des angesprochenen Prinzips<br />
Verantwortung in zweifacher Weise konkretisieren. Rechte und Pflichten, bzw. Macht und Verantwortung<br />
haben sich zu entsprechen (nicht nur das eine folgt aus dem andern).<br />
Macht verpflichtet <strong>zur</strong> Verantwortung. Nur wer dazu bereit ist, soll Macht ausüben dürfen.<br />
12. Das Prinzip der Konsensfindung: Diskursethik<br />
Zu den demokratischen Entscheidungsprozessen gehören, nach schweizerischem Verständnis, in erster<br />
Linie die Gemeindeversammlungen und Urnengänge. Das Mehrheitsprinzip, welches dabei <strong>zur</strong> Anwendung<br />
kommt, ist weitgehend auch Muster für kleinere Gremien, sei es in Legislativ-, Exekutiv- oder richterlichen<br />
Behörden; selbst im Vereinswesen werden Mehrheitsentscheide mittels Abstimmungsverfahren<br />
gefällt. Das Mehrheitsprinzip steht der diskursiven Konsensfindung gegenüber. Diese bildet in vielen<br />
Exekutivgremien, in Kommissionen und bei Entscheidungsträgern der Privatwirtschaft ganz selbstverständlich<br />
ein zentrales Entscheidfindungsprinzip. Nur wenn keine Einigung zustande kommt, wird mittels<br />
Abstimmungen auf Mehrheitsentscheide <strong>zur</strong>ückgegriffen.<br />
Die Diskursethik, wie sie von Jürgen Habermas 5 und Karl-Otto Apel vertreten wird, setzt auf den Konsens;<br />
es geht um die Verpflichtung, Konsens anzustreben. „Im Argumentieren müssen sie (die Teilnehmer)<br />
pragmatisch voraussetzen, dass im Prinzip alle Betroffenen als Freie und Gleiche an einer kooperativen<br />
Wahrheitssuche teilnehmen können, bei der einzig das bessere Argument zum Zuge kommen<br />
darf.“ 6 Dies bedeutet, dass bei fairen Bedingungen nach einem unparteiischen Ausgleich der Interessen<br />
bzw. der Konflikte gesucht wird und setzt ein Solidaritätsverhalten voraus, das zumindest zwei Momente<br />
umfasst: Die Gleichbehandlung und der gleichmässige Respekt vor der Würde eines jeden. Die Diskursethik<br />
rechnet mit der Überzeugungskraft des Argumentes, welches aber nicht mit der Fähigkeit des Argumentierens<br />
gleichgesetzt werden darf. Sie kann gar mit dieser in Widerspruch stehen. Auch daraus erklärt<br />
sich die Forderung nach fairen Bedingungen für alle.<br />
Bei komplexen Entscheidungssituationen bzw. bei schwierigen Entscheidungsinhalten, wie sie bei raumund<br />
umweltrelevanten Aufgaben die Regel sind, bedeuten faire Bedingungen insbesondere auch, dass<br />
die Diskursgegenstände „diskursfähig“ aufbereitet sind. Dies geschieht zum Beispiel in der Bildung von<br />
Varianten bzw. Szenarien: Bei der Suche nach der anzustrebenden Entwicklung soll mit Varianten etwa<br />
der Handlungsspielraum abgedeckt und abgesteckt werden.<br />
Bei Entscheidungssituationen bzw. in Konfliktlösungsprozessen (selbst in Friedensverhandlungen) sind<br />
zumindest vier Stufen der Konsensbildung zu beobachten:<br />
• Die Parteien einigen sich grundsätzlich, z.B. darin, ein Infrastrukturproblem gemeinsam lösen zu<br />
wollen (bzw. Frieden zu schliessen).<br />
• Sie kommen im besten Fall überein, konkrete Massnahmen einzuleiten, z.B. einen Verkehrsknoten<br />
zu sanieren (bzw. die Truppen <strong>zur</strong>ück zu ziehen und sie zu entwaffnen).<br />
• Wenn dies nicht möglich ist, versuchen die Parteien schrittweise Lösungen des Konfliktes zu entwickeln<br />
und umzusetzen, sie einigen sich auf eine Vorgehensstrategie.<br />
• Sollte dies nicht gelingen, werden nächste Verhandlungen terminiert oder zumindest ein gegenseitiges<br />
Orientieren über allfällige den Einigungsprozess beeinflussende einseitige Schritte vereinbart,<br />
man einigt sich auf einen ersten Stabilisierungsschritt.<br />
Für die Konsensbildung sind Hilfen bereitzustellen, in Form von echten Argumenten, der Darlegung des<br />
Entscheidungs- bzw. Handlungsspielraumes und der Konsensstufen.<br />
Die in der <strong>Raumplanung</strong> bereits instrumentell verankerten vier Stufen der Konsensbildung sind konsequent<br />
zu nutzen. (siehe Prinzip 18)<br />
13. Das Prinzip Partizipation<br />
Demokratie kann als Herrschaftsform aufgefasst werden, in welcher die Macht beim Volk liegt. Dabei<br />
können die einzelnen Bürger alle gleichermassen staatsbürgerliche Rechte ausüben und insbesondere in<br />
sozialer Gleichheit an Entscheidungen beteiligt werden. Mit dem Begriff Partizipation wird dieses Demokratieprinzip<br />
zum einen aufgeweitet und zum andern relativiert. Bei der Partizipation geht es nicht nur um<br />
Entscheidungskompetenzen, sondern vielmehr um die Beteiligung an den Entscheidungsprozessen. Da-<br />
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