ARCHIVNACHRICHTEN - Landesarchiv Baden Württemberg
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„ Gloria in excelsis Deo“<br />
Die Aufführung zweier Messen von Friedrich Witt<br />
aus dem Hohenlohe-Zentralarchiv<br />
Im Frühjahr 2007 besuchte Gerhard<br />
Götz das Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein<br />
mit dem Anliegen, die hier<br />
verwahrten Noten des Komponisten<br />
Friedrich Witt einzusehen und zu sichten.<br />
Der Chorleiter des Oberstufenchors<br />
des Künzelsauer Ganerbengymnasiums<br />
war sehr interessiert an dem Werk von<br />
Witt. Dieser am 8. November 1770 im<br />
hohenlohischen Niederstetten geborene<br />
Komponist war Zeitgenosse Beethovens,<br />
und auch er lebte lange Zeit in Wien.<br />
Dann folgten der Hof in Öttingen und<br />
seit 1802 Würzburg als Wirkungsstätten<br />
seiner enormen Schaffenskraft. In Würzburg<br />
verstarb er am 3. Januar 1836.<br />
Friedrich Witt schrieb 23 Sinfonien,<br />
Konzerte, Kammermusik und mehrere<br />
Messen. Seine Jenaer Sinfonie wurde<br />
sogar für ein Werk Beethovens gehalten.<br />
Der relativ kurze Archivaufenthalt des<br />
Chorleiters endete mit einem umfangreichen<br />
Kopierauftrag. Götz hatte im<br />
Lesesaal die vorhandenen handgeschriebenen<br />
Noten gesichtet, ausprobiert und<br />
ausgewählt und wünschte abschließend<br />
Kopien sämtlicher Stimmen der Missa<br />
solenne in B-Dur und der Messe in<br />
C-Dur als weitere Arbeitsgrundlage, die<br />
in Bestand Ba 120 Archiv Bartenstein,<br />
Musikalien verwahrt werden.<br />
Was folgte, vollzog sich außerhalb des<br />
Archivs. Die Noten waren auf eventuelle<br />
Abschriftfehler zu prüfen, in die heute<br />
üblichen Schlüssel zu übertragen und es<br />
war eine Partitur aus den vielen Einzelstimmen<br />
zusammenzustellen. Die Partien<br />
der Sänger und Instrumentalisten<br />
waren anschließend als Einzelstimmen<br />
zu extrahieren, und zwar in das heute<br />
1 | Noten der Sopranstimme Gloria aus der Missa<br />
solenne in B-Dur von Friedrich Witt, um 1810.<br />
Vorlage: <strong>Landesarchiv</strong> HZAN Ba 120 Bü. 235/6<br />
2 | Aufführung von Werken Friedrich Witts in der<br />
Künzelsauer St.-Paulus-Kirche am 1. Februar 2009.<br />
Aufnahme: Natalia Pérez Velasco<br />
gültige Notensystem. Da ein reguläres<br />
Orchester für eine Aufführung nötig war<br />
und engagiert werden musste, waren<br />
Sponsoren für die Kosten einzuwerben,<br />
rechtzeitig in der Öffentlichkeit auf die<br />
Veranstaltung hinzuweisen und vieles<br />
mehr. In der Zwischenzeit begannen auch<br />
die Proben mit den Schülern.<br />
Zwei Jahre nach dem ersten Kontakt<br />
mit dem Archiv erfolgte die Aufführung<br />
der Messen, und zwar am Sonntag, dem<br />
1. Februar 2009 in der Pauluskirche<br />
Künzelsau. Das Interesse war so groß,<br />
dass gleich zwei Aufführungen an diesem<br />
Tag geboten werden mussten. Beide<br />
Male war das große Kirchenschiff randvoll<br />
besetzt.<br />
Die Schüler übernahmen die B-Dur<br />
Messe, die Missa solenne, der Chor<br />
des katholischen Dekanats Hohenlohe<br />
die ebenfalls von Götz aufführbar gemachte<br />
C-Dur Messe. Besonders beeindruckend<br />
war, dass zwei Schülerinnen<br />
der 12. Klasse die Solopartien für den<br />
Sopran in beiden Messen übernahmen<br />
und in dem großen Raum gegen Orchester<br />
und Chor ihre Solostimmen<br />
sicher halten und ihnen Geltung verschaffen<br />
konnten.<br />
Archivnutzung von Musikalien lässt<br />
sich schlecht in Nutzertagen ausdrücken.<br />
Die eigentliche Arbeit, die eigentliche<br />
Nutzung der Musikalie findet außerhalb<br />
des Lesesaals statt. Die Messen der Klassiker<br />
sind inzwischen allgemein bekannt<br />
und ihre Aufführung kaum noch<br />
spektakulär. Dass aber ein Musiklehrer<br />
aus Künzelsau und seine Schüler sich<br />
Unbekanntem gewidmet und dieses,<br />
wie hier die zwei Messen von Friedrich<br />
2<br />
Witt, zur Geltung gebracht haben, ist<br />
bemerkenswert. Es wurde – auch für die<br />
Zuhörer – deutlich, dass die Messen<br />
des relativ wenig bekannten Witt viel<br />
Schönes enthalten, das es wert ist, wieder<br />
aufgeführt zu werden. Und es war ja<br />
ein Komponist der Hohenloher Region,<br />
den die Künzelsauer in Erinnerung<br />
riefen. So sind denn die „toten“ Noten<br />
aus dem Magazin des Hohenlohe-<br />
Zentralarchivs am 1. Februar 2009 zum<br />
Leben erweckt worden, dank des hervorragenden<br />
Engagements eines Musiklehrers<br />
und seiner Schüler.<br />
Peter Schiffer<br />
Archivnachrichten 39 / 2009 15<br />
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