ARCHIVNACHRICHTEN - Landesarchiv Baden Württemberg
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Die Quellen sprechen lassen<br />
Neue Veröffentlichung zu Joseph Süß Oppenheimer mit Hörbuch<br />
Der Kriminalprozess gegen Joseph Süß<br />
Oppenheimer hat zu seiner Zeit höchste<br />
Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit<br />
erzielt. Die Hinrichtung wurde als Spektakel<br />
inszeniert und vor einem massenhaften<br />
Publikum vollzogen. Zahllose<br />
Flugschriften, die ihre Käufer fanden,<br />
berichteten darüber. Namhafte Kupferstecher,<br />
wie Elias Baeck aus Augsburg,<br />
schufen Illustrationen vom Geschehen.<br />
Das Bild Joseph Süß Oppenheimers<br />
wurde davon nachhaltig geprägt. Literarisch<br />
wurde der Stoff 1826 von Wilhelm<br />
Hauff und gut 100 Jahre später von Lion<br />
Feuchtwanger bearbeitet. Veit Harlan<br />
legte ihn 1940 seinem abscheulichen antisemitischen<br />
Hetzfilm Jud Süß zugrunde.<br />
Auch in unseren Tagen wurde und wird der<br />
Stoff für Theater und Film aufgegriffen.<br />
Das Schicksal des Joseph Süß Oppenheimer<br />
hat so eine Nachwirkung von<br />
ganz eigener Dynamik entfaltet. Die Forschung<br />
hat sich in letzter Zeit mehr mit<br />
der Nachwirkung als mit dem Geschehen<br />
selbst befasst. Die Wirkungsgeschichte<br />
hat den historischen Kern überwuchert.<br />
Nicht zuletzt um die Aufmerksamkeit<br />
wieder auf diesen zurückzuleiten, legt<br />
das <strong>Landesarchiv</strong> mit der vorliegenden<br />
Veröffentlichung nun einen Quellenband<br />
zum Kriminalprozess gegen Joseph Süß<br />
Kassiber von Joseph Süß Oppenheimer an seinen<br />
Verteidiger Michael Andreas Mögling aus Tübingen<br />
vom 28. Oktober 1737.<br />
Vorlage: Universitätsbibliothek Tübingen Mh 468 Bl. 35<br />
Oppenheimer vor. Ermöglicht werden<br />
soll damit eine unmittelbare Begegnung<br />
mit der Überlieferung zum historischen<br />
Geschehen. Aus den Akten zum Kriminalprozess<br />
sind ausgewählte Dokumente<br />
von besonderer Aussagekraft abgedruckt<br />
und kommentiert. Im dazu gehörigen<br />
Hörbuch sind dieselben Aktenstücke im<br />
wahrsten Sinn des Worts „zum Sprechen<br />
gebracht“.<br />
Einleitende Beiträge behandeln die<br />
Überlieferung selbst sowie neue Erkenntnisse<br />
zur Rolle Joseph Süß Oppenheimers<br />
für die herzogliche Politik. Mit abgedruckt<br />
ist der Katalog der Wanderausstellung<br />
des <strong>Landesarchiv</strong>s <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong><br />
Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart,<br />
die sich unter dem Titel Beschlagnahmte<br />
Briefschaften. Der Kriminalprozess gegen<br />
Joseph Süß Oppenheimer mit der Verarbeitung<br />
des Stoffs in den zeitgenössischen<br />
Flugschriften, dessen Nachwirkung in<br />
Literatur und Film, den authentischen<br />
Quellen und der Nutzung des Aktenbestands<br />
zum Kriminalprozess befasst.<br />
Dieser Katalog war bisher nur im Internet<br />
greifbar.<br />
Die Publikation zeigt auf, wo die Forschung<br />
zu Joseph Süß Oppenheimer und<br />
dem an ihm begangenen Justizmord<br />
heute steht und auf welchen Quellen sie<br />
beruht. Die Bearbeiter wollen die Erin-<br />
nerung an Joseph Süß Oppenheimer<br />
wachhalten und zu einer kritischen, quellenbezogenen<br />
Beschäftigung mit dem<br />
an ihm verübten Unrecht anregen. Der<br />
Band richtet sich an ein breites, historisch<br />
interessiertes Publikum und zielt nicht<br />
zuletzt auf die Behandlung des Stoffs in<br />
der Schule, zu der sie Material bereitstellt.<br />
Mit der Kombination gedruckter Dokumente<br />
und dem dazugehörigen Hörbuch<br />
geht das <strong>Landesarchiv</strong> neue Wege.<br />
Es hofft, dass die „zum Sprechen gebrachten“<br />
Quellen auf ein breites Interesse<br />
stoßen. Sie sprechen in vielerlei<br />
Hinsicht für sich.<br />
Robert Kretzschmar<br />
Die Quellen sprechen lassen<br />
Der Kriminalprozess gegen Joseph Süß<br />
Oppenheimer 1737/38<br />
Herausgegeben von Gudrun Emberger<br />
und Robert Kretzschmar<br />
Verlag W. Kohlhammer Stuttgart 2009<br />
135 Seiten mit 46 Abbildungen, fester<br />
Einband/Fadenheftung, Hörbuch (2 CDs)<br />
hinten eingelegt<br />
ISBN 978-3-17-020987-9<br />
€ 24,–<br />
Archivnachrichten 39 / 2009 37