aktuell - Dr. Dietmar Payrhuber
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April 2009 Der Salzburger Arzt akt uell<br />
KOMMENTAR<br />
Im sogenannten „Hartlauer“-<br />
Verfahren“ hat der Europäische<br />
Gerichtshof die Bedarfsprüfung<br />
bei der Errichtung einer<br />
Krankenanstalt in der Betriebsform<br />
eines selbstständigen<br />
Ambulatoriums als EU-widrig<br />
erklärt – die Begründung<br />
dafür hat möglicherweise<br />
weitreichende Konsequenzen.<br />
� von <strong>Dr</strong>. Karlheinz Kux<br />
Der EuGH hat mit Urteil vom 10.<br />
März 2009 Bestimmungen des<br />
oberösterreichischen und Wiener Krankenanstaltenrechtes<br />
über die Bedarfsprüfung<br />
bei der Errichtung einer Krankenanstalt<br />
in der Betriebsform eines<br />
selbstständigen Ambulatoriums als gemeinschaftsrechtswidrig<br />
(EU-widrig) erklärt<br />
(„Hartlauer-Verfahren“).<br />
Mit der Begründung, dass diese Bestimmungen<br />
1) Arzt 43 EG (in Verbindung mit Art 48<br />
EG) das Recht der Niederlassungsfreiheit<br />
verletzen und<br />
2) derartig unbestimmt seien und dadurch<br />
ein weiter behördlicher Ermessungsspielraum<br />
zu einer bundesländerweise<br />
stark differenten Verwaltungspraxis<br />
führt.<br />
Der zweite Kritikpunkt besteht wohl zu<br />
Recht: Wieder einmal wirkt sich unser<br />
ausgeprägter Föderalismus nachteilig<br />
aus! Es kann ja wirklich nicht sein, dass<br />
das gesetzliche Gebot der Bedarfsprüfung<br />
für Private Krankenanstalten in der<br />
Betriebsform selbstständiger Ambulatorien<br />
(im Folgenden kurz „Institute“ genannt),<br />
das sich aus dem Krankenanstaltenrecht<br />
des Bundes ableitet, in den<br />
Bundesländern nach gänzlich unterschiedlichen<br />
Kriterien beurteilt und entschieden<br />
wird; abgesehen von den damit<br />
verbundenen vollkommen unnötigen,<br />
aber nicht unbedeutenden Verwal-<br />
Institute ohne Grenzen…?<br />
tungskosten und dem Personalaufwand!<br />
Der erste Kritikpunkt des EuGH-Urteils<br />
besteht hingegen aufgrund seiner Begründung<br />
zu Unrecht, wird doch dabei<br />
Folgendes übersehen: Der EuGH beanstandet<br />
insbesondere, dass für die „Institute“<br />
eine Bedarfsprüfung gesetzlich<br />
vorgeschrieben ist, eine solche jedoch<br />
nicht für – im gegenständlichen Fall –<br />
vergleichbare zahnärztliche Gruppenpraxen<br />
gilt; er schlussfolgert u.a. aus<br />
diesem unzulässigen Vergleich die EU-<br />
Widrigkeit der krankenanstaltenrechtlichen<br />
Bedarfsprüfung für „Institute“.<br />
Das Recht der Gesundheitsberufe, insbesondere<br />
der Ärzte und Zahnärzte,<br />
Gruppenpraxen zu gründen, also ihren<br />
Beruf auch in vergesellschafteter Form<br />
auszuüben, entspringt Art 6 Staatsgrundgesetz<br />
(StGG), nämlich der Erwerbsausübungsfreiheit;<br />
dies kann zwar im Wege<br />
einfacher Gesetzgebung beschränkt<br />
werden, aber nur im öffentlichen Interesse<br />
begründet und muss geeignet, adäquat<br />
und sachlich gerechtfertigt sein.<br />
Dazu kommt Art 18 StGG, wonach es<br />
jedermann frei steht, seinen Beruf zu<br />
wählen und sich für denselben ausbilden<br />
zu lassen, wie und wo er will. Besondere<br />
Bedeutung kommt diesem<br />
Grundrecht für Berufsausbildungs- und<br />
Berufsausübungsvorschriften zu, die ja<br />
gerade bei den Gesundheitsberufen eine<br />
besondere Bedeutung und Berechtigung<br />
haben, wird ihnen doch eine spezielle<br />
Qualifikation und Verantwortung<br />
von Gesetzeswegen auferlegt. Aufgrund<br />
dieser Bestimmungen des StGG – die<br />
Verfassungsrang haben – hat der VfGH<br />
in seinem epochalen Erkenntnis vom<br />
1. 3. 1996 Zl VfSlg 14.444 mit Wirkung<br />
vom 1. 4. 1997 judiziert, dass sich auch<br />
Ärzte für ihre Berufsausübung gesellschaftsrechtlicher<br />
Formen bedienen<br />
dürften.<br />
Der österreichische Gesetzgeber ist diesem<br />
Gebot gefolgt und hat mit der 2.<br />
ÄrzteG-Novelle (BGBl I 2001/110) die<br />
ärztlichen Gruppenpraxen geschaffen<br />
29<br />
(§§ 52 a und b); derzeit zwar nur in<br />
Form einer Personengesellschaft als offene<br />
Gesellschaf (OG) und noch nicht –<br />
wie von den Ärztekammern seit Jahren<br />
verlangt (und anderen freien Berufen<br />
längst zugänglich) – als GmbH. Diese<br />
wird auch für Ärzte wegen der gesellschaftsinternen<br />
Haftungsbeschränkung<br />
immer notwendiger; aber nicht wegen<br />
der Haftungsminimierung gegenüber Patienten,<br />
denn dafür werden besondere<br />
Haftpflichtversicherungsbestimmungen<br />
bei der ÄrzteGmbH vorzusehen sein!<br />
Für Gruppenpraxen – in welcher Rechtsform<br />
immer – eine berufsrechtliche Bedarfsprüfung<br />
einzuführen, wie es die<br />
Vertreter der Wirtschaftskammer, die ja<br />
für die „Institute“ zuständig sind, fordern,<br />
wäre daher – noch dazu für einen<br />
freien Beruf – aus den o.a. beruflichen<br />
Grundrechten verfassungswidrig und<br />
sachlich auch vollkommen ungerechtfertigt.<br />
Nicht zu verwechseln ist dies mit<br />
dem Kassenvertragsrecht, bei dem es<br />
immer um eine Bedarfsprüfung geht,<br />
wenn auf Kosten der Sozialen Krankenversicherung<br />
im Wege einer Vertragspartnerbeziehung<br />
medizinische Versorgungsleistungen<br />
erbracht werden. In<br />
Kenntnis dessen bringt die Wirtschaftskammer<br />
eine andere Variante ins Spiel,<br />
nämlich die Bedarfsprüfung für „Institute“<br />
abzuschaffen. Dies ist insofern ein<br />
verkürzter Zugang, weil das Problem<br />
nicht an der Wurzel erfasst wird: Das<br />
Grundproblem sind die „Institute“<br />
selbst, soweit es um die ambulante medizinische<br />
Leistungserbringung geht; als<br />
Einrichtungen – in wessen Eigentum<br />
auch immer – insbesondere von Berufsfremden.<br />
In keinem anderen freien Beruf<br />
– weder für Rechtsanwälte, Notare,<br />
Steuerberater, Architekten, Zivilingenieure<br />
etc. – gibt es eine parallele (Konkurrenz-)Struktur<br />
berufsfremder Eigentümerschaft<br />
zur Erbringung solcher freiberuflicher<br />
Dienstleistungen.<br />
Nur im Gesundheitswesen gibt es sie –<br />
„die Berufsfremden“ – immer noch auch<br />
�