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Internat mit Hängematten.<br />
V<br />
or 150 Jahren wurde die Deutsche Seemannschule<br />
in Hamburg gegründet. Es war eine Revolution,<br />
und es war höchste Zeit dafür: Als<br />
die Deutsche Seemannschule im Dezember 18623<br />
gegründet wurde war das Image eines ganzen Berufsstandes<br />
ebenso korrekturbedürftig wie seine<br />
Ausbildung. Seeleute galten weithin als tätowierte,<br />
Tabak kauende und dem Alkohol zugeneigte Randexistenzen.<br />
Das hatte seinen Grund, den abgesehen<br />
vom Nachwuchs aus Seefahrerfamilien galten die<br />
harten, zum Teil lebensgefährlichen Bordberufe, die<br />
kaum Aufstiegsmöglichkeiten boten, nicht eben als<br />
DIE REES - PINNE 01/<strong>2014</strong><br />
attraktiv.<br />
Mit der industriellen Revolution<br />
wuchs jedoch auch<br />
der Seeverkehr sprunghaft,<br />
die Schiffe wurden technisch<br />
anspruchsvoller, und<br />
die Branche hatte ein Personalproblem,<br />
ganz besonders<br />
eine Linienreederei<br />
wie die 1847 gegründete<br />
Hapag. Zu dem Selbstverständnis<br />
gehörte es nicht<br />
nur, „die Führung unserer<br />
Schiffe tüchtigen Kapitänen<br />
anzuvertrauen“, sie<br />
setzte auch erstmals auf<br />
Service zur See, auf zufriedene<br />
Passagiere. Ihr Ruf<br />
und ihr wirtschaftliches<br />
Überleben hingen also von<br />
Zuverlässigkeit und Qualifikation<br />
ihrer Mitarbeiter<br />
ab. So war die Hapag, zusammen mit anderen Hamburger<br />
Reedereien, der Seemannsschule von Anfang<br />
an eng verbunden, zeitweise sogar in Personalunion:<br />
Zu den Reedern und Kaufleuten, die sie vor 150 Jahren<br />
ins Leben riefen, gehörte mit Adolph Godeffroy<br />
auch der erste Hapag-Direktor. Segelschiffreeder<br />
Ferdinand Laeisz, der energische<br />
Vorsitzende des Schulverwaltungsrates,<br />
hatte sogar gleich beides mitbegründet:<br />
die Hapag ebenso wie<br />
die Schule.<br />
„Gebildete Offiziere und Kapitäne“<br />
für die junge deutsche Handelsmarine<br />
sollten herangezogen werden,<br />
und entsprechend waren die Anforderungen<br />
an die 13 bis 17 Jahre alten<br />
angehenden Seeleute im neuen<br />
Internat: Sie mussten gesund und<br />
„sittlich unbescholten“ sein, eine<br />
„leserliche“ Handschrift mitbringen<br />
und gute schulische Vorkenntnisse<br />
aufweisen. untergebracht<br />
wurden die „Zöglinge“ in Hängematten,<br />
ihre Ausbildung war hart,<br />
ihr Stundenplan anspruchsvoll. Neben der seemännischen<br />
Praxis gab es Unterricht in Mathematik und<br />
Navigation, Geografie, Englisch und Französisch.<br />
Das Schulgeld für die ein- bis zweijährigen Kurse<br />
hielt weniger wohlhabende Jugendliche fern, Freiplätze<br />
gab es nicht.<br />
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