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DIE REES - PINNE 01/<strong>2014</strong><br />
Das änderte sich erst, als sich um die Jahrhundertwende<br />
nicht nur Einzelpersönlichkeiten, sondern<br />
auch Hamburger Unternehmen finanziell für die inzwischen<br />
in eine Stiftung umgewandelte Schule engagierten,<br />
darunter wiederum die Hapag. Ihr Generaldirektor<br />
Albert Ballin, selbst Selfmademan aus<br />
kleinen Verhältnissen, wurde 1900 Mitglied des Stiftungskuratoriums<br />
und unterstütze die Schule bis zu<br />
seinem Tod 1918 mit Rat und Tat. So wurde es möglich,<br />
mittellosen, aber begabten jungen Männern<br />
Freiplätze anzubieten.<br />
Wer hier aufgenommen wurde, hatte berufliche und<br />
soziale Chancen wie nie zuvor: Deutschlands Zukunft<br />
lag, wie Kaiser Wilhelm II. propagierte, „auf<br />
dem Wasser“, Maritimes war Mode im Deutschen<br />
Reich, die Kinder trugen Matrosenanzug und die<br />
Hamburger Seemannsschule wurde eine Institution.<br />
Seeleute galten nun nicht mehr als Outcasts, sondern<br />
als Trendsetter in schickem Blau, deren Ansehen<br />
dem des Militärs in nichts nachstand. Zu den bekanntesten<br />
Schülern dieser Jahre gehörten Rudolf<br />
Rolin, später Kommodore der Hamburg Süd, und<br />
Hapag Kapitän Gustav Schröder, dessen Zivilcourage<br />
es 1939 zu verdanken war, sodass 937 jüdische<br />
Passagiere seiner „St. Louis“ nach fünfwöchiger Irrfahrt<br />
vor der Gestapo gerettet wurden.<br />
Auch nach dem zweiten Weltkrieg spiegelte das<br />
Schicksal der Seemannsschule das einer gesamten<br />
Branche: Bis in die 70er Jahre hinein war die Nachfrage<br />
derart groß, dass sie sogar drei Ausbildungsstätten<br />
unterhielt, zwei in Hamburg, eine in Bremerförde.<br />
Dann forderten das Ende der Linien-Paasagierschifffahrt,<br />
die Containerisierung des Frachtverkehrs<br />
und der Strukturwandel in der deutschen<br />
Schifffahrt ihren Tribut. <strong>Die</strong> Schülerzahlen sanken<br />
schnell, bis 1984 der Lehrbetrieb eingestellt wurde.<br />
Erfolgsgeschichte hatte die Schule dennoch geschrieben:<br />
Mehr als 30.000 Absolventen hatten sich<br />
seit 1862 in Hamburg technisch und nautisch qualifiziert.<br />
www.stiftung-seemannsschule.de<br />
*<br />
Costa Concordia’s Kapitän sagt, er würde nicht zum Sündenbock werden.<br />
Z<br />
wei Jahre nachdem die Costa Concordia vor der Küste von Italien auf Grund lief, wobei 32 Leben zu beklagen<br />
waren, hat der Kapitän des Kreuzfahrtschiffes die Zuversicht geäußert für den Unfall nicht der Sündenbock<br />
zu sein. In einem Interview mit der französischen Zeitung Le Figaro sagte Kapitän Francesco Schettino - derzeit<br />
vor Gericht wegen mehrfachen Totschlags und Pflichtverletzungen - er sei überzeugt, dass die Wahrheit über die<br />
Ursachen der Katastrophe an den Tag kommen würde.<br />
„Ich habe Richter kennen gelernt, welche verstehen, was passiert ist und mich nicht von vornherein verurteilen,<br />
ich bin überzeugt dass die Wahrheit siegen wird“, sagte er. „Wie können wir eine Person, welche Schiffbruch<br />
erlitten hat, verurteilen? Und warum nicht auch eine Reederei untersuchen, welche ein Schiff gebaut hat, dessen<br />
wasserdichte Türen nicht funktionieren?“<br />
Kapitän Schettino sagte, dass die Verhandlung bereits gezeigt hätte, dass er nicht vorzeitig das Schiff verlassen<br />
hat, sondern unter Einsatz seines Lebens sich an der Hilfe zur Rettung der Passagiere beteiligt hätte. Es gäbe ein<br />
weitverbreitetes Missverständnis über die<br />
Rolle des Schiffskapitäns, mit der Vorstellung,<br />
dass ein Kapitän das Schiff zur jeder<br />
Zeit fährt.<br />
„Ich bedaure nur, dass ich unter meinem<br />
Kommando Offiziere hatte, welche nicht<br />
auf der Höhe waren“, sagte er der Zeitung.<br />
„Egal ob aus Angst oder übermäßigen Respekt,<br />
nicht einer von ihnen warnte mich,<br />
was wirklich passierte.“<br />
Auf einer Pressekonferenz in Rom im letzten<br />
Monat (Januar) sagte Costa Cruise und<br />
italienische Staatsbeamte, dass eine Entscheidung<br />
über eine Auschreibung zur Abwrackung<br />
der „Costa Concordia“ im März<br />
fallen soll.<br />
Zwölf Werfen in Italien, Großbritannien,<br />
Frankreich, Norwegen, Türkei und China habe Gebote für das Abwracken des Schiffes eingereicht. Italiens Umweltminister<br />
Andrea Orlando sagt, er hoffe, dass das Projekt in Italien durchgeführt wird, um das Abschlepprisiko<br />
in eine fremde Werft zu begrenzen. <strong>Die</strong> Kosten der Bergung haben bereits die 8oo Millionen Dollargrenze überschritten<br />
und werden voraussichtlich eventuell die 1 Milliarden Dollar überschreiten.<br />
Aus „Telegraph“ Febr. <strong>2014</strong> / aus dem Englischgen übersetzt von Fritz Koch<br />
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