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Aprather Einblicke Nr. 10 / 2011 - Bergische Diakonie Aprath

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von Autismus durch eine Kombination verschiedener spezifischer Gene bedingt<br />

ist (6-8 Gene sind in Diskussion), die wahrscheinlich insbesondere während der<br />

Gehirnentwicklung aktiv sind. Die bis in die 1960er Jahre vertretene Ansicht,<br />

Autismus entstehe aufgrund der emotionalen Kälte der Mutter, durch lieblose<br />

Erziehung, mangelnde Zuwendung oder psychische Traumata, gilt heute als<br />

widerlegt.<br />

Seit einigen Jahren sprechen Experten auch von Spektrumsstörungen, wobei hier<br />

ein Kontinuum bzw. dimensionales Störungsmodell zugrunde liegt, welches<br />

impliziert, dass die einzelnen Störungsbilder (frühkindlicher Autismus, atypischer<br />

Autismus, HFA und AS) unter ätiologischen Therapie- und<br />

Verlaufsgesichtspunkten verwandt sind.<br />

Diagnostik: Die Diagnostik wird i. A. ambulant durchgeführt und nimmt in der<br />

Regel 3-5 Sitzungen in Anspruch. Am Anfang steht eine sorgfältige Anamnese<br />

und Exploration der Auffälligkeiten, die Anlass zur Sorge gegeben haben. Seit<br />

wann bestehen die Symptome, wie ist der Verlauf, wie verhielt sich das Kind im<br />

Kindergarten, in der Schule, bei den Großeltern, bei Freunden etc? Welche<br />

Maßnahmen sind bereits mit welchem Erfolg durchgeführt worden? Als<br />

Screening-Verfahren stehen uns der „Fragebogen zur Sozialen Kommunikation“<br />

(FSK) und die „Marburger Beurteilungsskala für das Asperger-Syndrom“<br />

(MBAS) zur Verfügung. Sollten die Screening-Verfahren unterhalb des<br />

Grenzwertes (Cut-Offs) bleiben, überprüfen wir, inwiefern die knapp gehaltenen<br />

schriftlichen Fragen richtig verstanden wurden. Sollte die Nachprüfung<br />

tatsächlich keine autismustypische Problematik ergeben, können wir mit der<br />

„Social Responsiveness Scale“ (SRS; Fragebogen zur reziproken sozialen<br />

Reaktivität) eine dimensionale Einstufung (Prozentränge) für die Bereiche<br />

„soziale Bewusstheit“, „soziale Kognition“, „soziale Kommunikation“, „soziale<br />

Motivation“ und „autistische Manierismen“ vornehmen. Dies erlaubt uns, den<br />

Eltern spezifische Tipps zu geben, welche Bereiche genau innerhalb der sozialen<br />

Reaktivität gefördert werden sollten. Im Falle eines „positiven“ Sreening-<br />

Befundes (Cut-Off überschritten) sollte der Autismus-Verdacht weiter überprüft<br />

werden. Hierbei sind wir in unser Ambulanz-Testothek in der glücklichen Lage,<br />

auf den „Goldstandard der Autismusdiagnostik“ zurückgreifen zu können:<br />

Hierunter wird u.a. die „Diagnostische Beurteilungsskala für Autistische<br />

Störungen“ (ADOS) verstanden. Darüber hinaus können wir durch das<br />

„Diagnostische Interview für Autismus-revidiert“ (ADI-R) die bisherigen<br />

Befunde validieren und den diagnostischen Prozess einen großen Schritt weiter<br />

bringen. Trotz dieser hervorragenden, wissenschaftlich fundierten<br />

Untersuchungsverfahren bleibt die klinische Untersuchung unersetzlich: Die<br />

klassischen Fragen zur Empathie- und Mentalisierungsfähigkeit 1 (Theory of<br />

Mind, s. u.) sind ebenso Bestandteile wie gezielte Beobachtungen beim<br />

1 Hier wird zwischen „first ...“ und „second order false belief tasks“ unterschieden. Beispiele finden sich in unter<br />

Fußnote 3 benannter Literatur, Seite 59ff.<br />

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