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bdvi forum 2/2012

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digitale Form analoge Form<br />

heute gestern<br />

356<br />

KATASTER<br />

2<br />

Kataster -<br />

unterlagen Flurkarten Verzeichnisse<br />

Digitalisierung<br />

Grafikdaten<br />

ALK<br />

(Vorstufe)<br />

Sachdaten<br />

ALB<br />

Abbildung 5 | Bestandteile des Liegenschaftskatasters (§ 15 Abs. 1 VermGBln):<br />

Istzustand<br />

auf diesem Wege entstandene Bestand der Grafikdaten kann<br />

aber nur als Vorstufe der ALK betrachtet werden, weil bei<br />

der Digitalisierung die Katasterunterlagen, also die Vermessungszahlen<br />

des Liegenschaftskatasters, weitgehend unberücksichtigt<br />

blieben. Um mit einem Bild zu sprechen, diese<br />

ALK ist eine Krücke, die zwar das Gehen erleichtert: Die aber<br />

nur als Ersatz für gesunde Beine, also als Ersatz für eine dem<br />

Sollkonzept ent sprechende ALK, angesehen werden kann.<br />

Selbstverständlich wird diese digitale Form des Liegenschafts -<br />

katasters einer Vielzahl von Anwendungen gerecht. Doch für<br />

bestimmte Anwendungen, für die die Vermessungszahlen zwin -<br />

gend erforderlich sind, bleibt es bei traditionellen Arbeits weisen,<br />

z. B. bei Grenzherstellungen und Abmarkungen, Herstellung von<br />

Lageplänen und Bebauungsplänen.<br />

Eine substanziell entscheidende Wende wurde mit dieser Form<br />

der Bestandteile des Liegenschaftskatasters nicht herbeigeführt.<br />

Insofern kann gesagt werden, dass diese Form der Katasterfüh -<br />

rung nicht den datenverarbeitungstechnischen Bedingungen<br />

entspricht, wie sie nach der INSPIRE-Richtlinie bzw. den Geoda<br />

ten zugangsgesetzen vorgeschrieben sind.<br />

Natürlich sind alle Kollegen, die das Liegenschaftskataster ver -<br />

antwortlich führen, sich der Tatsache bewusst, dass auch die<br />

Vermessungszahlen integraler Bestandteil des digitalen Daten -<br />

bestandes der Liegenschaften sein müssen. Es gibt auch keine<br />

Diskussion mehr darüber, dass diese Zielsetzung nur mit Überführung<br />

der vorhandenen Vermessungszahlen in ein Koordinatenkataster<br />

erreicht werden kann. Umso schmerzlicher ist es,<br />

feststellen zu müssen, dass die ohnehin knappen Ressourcen<br />

personeller wie finanzieller Art verschiedenenorts in den Aufbau<br />

eines »Digitalen Rissarchivs« fließen. Zwar liegen dann die<br />

Katasterunterlagen gescannt vor, jedoch nicht in Form des Koordinatenkatasters.<br />

Das »Digitale Rissarchiv« ist somit bezogen<br />

auf das Fachkonzept ALKIS nicht zielführend, auch wenn be -<br />

stimmte Synergieeffekte z. B. beim Zugriff auf die Vermessungs -<br />

risse eintreten. In der Summe aber kann das »Digitale Rissarchiv«,<br />

wie die Vorstufe zur ALK, nur als Zwischenlösung gesehen werden.<br />

Denjenigen, die diese Zwischenlösung befürworten, sei gesagt,<br />

dass das »Digitale Rissarchiv« in eine Sackgasse führt und nur<br />

vorübergehende Entlastung bringt. Ausschließlich mit dem Koordinatenkataster<br />

werden die vom Gesetzgeber geforderten Bedingungen<br />

für die Geodateninfrastruktur erfüllt. Darüber hi naus<br />

führt das Koordinatenkataster, auch wenn für dessen Erstellung<br />

zunächst Ressourcen in nicht geringem Umfang bereitzustellen<br />

sind, zu einer vereinfachten Katasterführung und langfristig<br />

betrachtet zu enormen Einsparungen durch ratio nelle Arbeits -<br />

weisen, die dann möglich werden.<br />

Wir können im amtlichen Vermessungswesen nicht immer nur<br />

mit Zwischenlösungen arbeiten.<br />

Es muss daher die Kraft aufgebracht werden, die maßstabslose<br />

Karte in digitaler Form zu erstellen, die nur das Koordinaten -<br />

kataster mit der den Vermessungszahlen innewohnenden Ge -<br />

nauigkeit zur Grundlage haben kann. Alle hierzu notwendigen<br />

technischen Voraussetzungen stehen uns heute zur Verfügung.<br />

Dieser Quantensprung in der Führung der Grafikdaten des Lie -<br />

genschaftskatasters ist vergleichbar mit der von unseren Vätern<br />

erbrachten Leistung, als sie die ehemals preußischen Inselkar -<br />

ten auf ein Rahmenkartenwerk umgestellt haben. Warum sollte<br />

das, was unseren Fachkollegen der Vorgängergeneration gelungen<br />

ist, nicht auch uns gelingen?<br />

Doch es gibt noch einen weiteren Punkt, der mich besorgt auf -<br />

horchen ließ, als ich feststellen musste, dass die im Rahmen von<br />

Katastervermessungen ermittelten Koordinaten der örtlich vorhandenen<br />

Punkte bestehender Flurstücksgrenzen (Istpunk te) in<br />

die Punktdatei des Koordinatenkatasters aufgenommen werden.<br />

Auch wenn der Istpunkt in seiner Lage zulässig von dem<br />

Sollpunkt abweicht, wie er sich aus den für ihn maßgeblichen<br />

Vermessungszahlen ableitet, ist die Sollpunkt-Koordinate, wenn<br />

sie aus einem qualifizierten Katasternachweis (eine mit Zu stim -<br />

mung der Beteiligten und durch Sicherungsmaße geprüfte Ka -<br />

tastervermessung) abgeleitet ist, anzuhalten. Denn allein die<br />

im Katasternachweis enthaltenen Flurstücksgrenzen mit ihren<br />

Bestimmungsmaßen und geometrischen Bedingungen gelten<br />

auch nach ständiger Rechtsprechung als Abgrenzung der Grundstücke,<br />

von den Sonderfällen abgesehen, bei denen der Katas -<br />

ternachweis unmaßgeblich ist. Nur die Koordinate des Sollpunktes<br />

entspricht den bisherigen Vermessungszahlen und erfüllt<br />

somit das materiellrechtliche Erfor dernis der Katastermäßig -<br />

keit. Wenn die Koordinate des Istpunktes als lagebestimmende<br />

Festlegung in das Koordina ten kataster eingeführt wird, wird die<br />

vorgegebene Flurstücksgeometrie verfälscht. Damit wäre auch<br />

das Prinzip der Nachbarschaft nicht mehr gewährleistet.<br />

Nicht die Örtlichkeit ist das amtliche Verzeichnis der Grundstücke,<br />

sondern das Liegenschaftskataster mit den in beurkundeter<br />

Form vorliegenden Katasterunterlagen.<br />

Es dürfen also nur die Koordinaten des Sollpunktes in die Punkt -<br />

datei des Koordinatenkatasters aufgenommen werden. Dieser<br />

Grundsatz gilt unabhängig davon, in welcher örtlichen Lage sich<br />

das Grenzzeichen eines Grenzpunktes befindet. Der Istpunkt kann<br />

auch deshalb nicht lagebestimmend im Sinne des Koordina tenkatasters<br />

sein, weil das Grenzzeichen des Istpunktes äu ßeren<br />

Einflüssen und damit Veränderungen unterliegt, die keine ver -<br />

ändern de Rechtswirkung auf die Lage einer Grenze entfalten<br />

können.<br />

Das Maß der »größten zulässigen Abweichung« dient lediglich<br />

als Entscheidungshilfe dafür, ob das Grenzzeichen des Istpunk -<br />

tes den Sollpunkt mit liegenschaftsrechtlich hinreichender Ge -<br />

nauigkeit kennzeichnet. Ein außerhalb der größten zulässigen<br />

Abweichung stehendes Grenzzeichen muss auf den Soll punkt<br />

zurückgeführt werden.<br />

Abschließend möchte ich anmerken, dass die Erstellung des Koordinatenkatasters<br />

von mir als die herausragende Aufgabe der<br />

jetzigen Berufsgeneration angesehen wird. Nur mit dem Koordinatenkataster<br />

auf der Grundlage von SAPOS® kann ein den<br />

|1| GESETZ ÜBER DAS VERMESSUNGSWESEN IN BERLIN (VERMGBLN) i. d. F.<br />

vom 9. Januar 1996 (GVBl, S. 56), zuletzt geändert durch Artikel XVIII<br />

des Gesetzes vom 18. November 2009 (GVBl, S. 674)<br />

|2| SENATSVERWALTUNG FÜR STADTENTWICKLUNG, Ausführungs -<br />

vorschriften über die Grenzvermessungen (AV Grenzvermessung) vom<br />

30. Mai 2005; Az. III A 25 – 6564/01/02<br />

|3| GESETZ ÜBER DAS AMTLICHE VERMESSUNGSWESEN IM LAND<br />

BRANDENBURG – BBGVERMG – Artikel 1 des Gesetzes zur Struktur -<br />

reform des amtlichen Vermessungswesens vom 27. Mai 2009<br />

Abschließend ist anzumerken, dass in vielen (vielleicht in den<br />

überwiegenden) Fällen das Eigentum des Bundes sich nicht nur<br />

auf die durch die Uferlinie begrenzte Wasserfläche erstreckt, sondern<br />

dass auch die so genannten Ufergrundstücke Bestand teile<br />

der Bundeswasserstraßen sind (siehe Abb. 6). In diesen Fäl len bil -<br />

det nicht die Uferlinie, sondern die Abgrenzung des Ufergrund -<br />

Helmut Hoffmann<br />

E-Mail verm.hoff@t-online.de<br />

KATASTER<br />

heutigen Anforderungen gerecht werdender Geodatenbestand<br />

mit Raumbezug als Kernkomponente einer Geodateninfrastruk -<br />

tur im Sinne der europäischen INSPIRE-Richtlinie bereitgestellt<br />

werden.<br />

Die moderne Informations- und Wissensgesellschaft ist auf<br />

grund legende und verbindliche Geodaten angewiesen. Sie be -<br />

schreiben mit Raumbezug die tatsächlichen und rechtlichen<br />

Verhältnisse am Grund und Boden.<br />

Ihr politisches wie volkswirtschaftliches Potenzial macht die<br />

Geo daten des amtlichen Vermessungswesens zu einem Wirt -<br />

schaftsgut ersten Ranges. Diese Position sollten wir politisch<br />

nutzen und alle verfügbaren Ressourcen bereitstellen, mit denen<br />

die Zielsetzung »Koordinatenkataster«, die als vorrangig zu<br />

betrachten ist, zu realisie ren ist.<br />

Wenn dies gelingt, leistet das amtliche Vermessungswesen sei -<br />

nen den Ansprüchen von Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und<br />

Verwaltung gerecht werdenden Beitrag und kann damit be -<br />

ruhigt in die Zukunft schauen.<br />

(GVBl. I, S. 166), geändert durch Artikel 2 des INSPIRE-Umsetzungs -<br />

gesetzes vom 13. April 2010 (GVBl. I – 2010 – Nr. 17)<br />

|4| RICHTLINIE 2007/2/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND<br />

DES RATES VOM 14. MÄRZ 2007 ZUR SCHAFFUNG EINER GEODATEN -<br />

INFRASTRUKTUR IN DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFT (INSPIRE),<br />

Amtsblatt der Europäischen Union DE vom 25. April 2007, L 108/1-14<br />

|5| GESETZ ÜBER DEN ZUGANG ZU DIGITALEN GEODATEN vom<br />

10. Februar 2009, BGBl. I, S. 278<br />

Zum Artikel »Eigentums-(Grundstücks-)grenzen der Bundeswasserstraßen«<br />

von Helmut Hoffmann in Heft 1/<strong>2012</strong> (Seite 268–297) – Bei der redaktionellen Bearbeitung des Beitrages ist leider der<br />

letzte Absatz nicht übernommen worden, der wesentliche Aussagen enthält. Wir bitten dafür um Entschuldigung.<br />

Im Folgenden der Wortlaut dieser Passage:<br />

stücks gegen das Anliegergrundstück die Eigentums- (Grundstücks-)grenze<br />

des Bundes. Für diesen Fall ist bei einer Fortfüh -<br />

rung zu untersuchen, ob das Liegenschaftskataster die Grenzen<br />

des zur Bundeswasserstraße gehörenden Ufergrundstücks<br />

nachweist, wovon in der Regel ausgegangen werden kann, wie<br />

dies die Erfahrung zeigt.<br />

2<br />

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