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M I N D E R H E I T S B E R I C H T „Gravierende ... - Neue Seite 2

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M I N D E R H E I T S B E R I C H T<br />

gemäß § 59 e Abs 3 Wiener Stadtverfassung<br />

der Untersuchungskommission des Gemeinderates<br />

betreffend<br />

„Gravierende Missstände bei der Pflege von alten Personen<br />

und Personen mit Behinderung im Verantwortungsbereich<br />

der Gemeinde Wien“<br />

25.06.2004 1


INHALTSVERZEICHNIS<br />

I. Rechtsgrundlagen der Untersuchungskommission ................................................... 3<br />

II. Antrag auf Einsetzung und Konstituierung der ........................................................ 4<br />

Untersuchungskommission ................................................................................................. 4<br />

III. Mitglieder und Vorsitz .................................................................................................. 5<br />

1. Mitglieder....................................................................................................................... 5<br />

2. Vorsitz ............................................................................................................................ 5<br />

IV. Tätigkeitsbericht ............................................................................................................. 6<br />

1. Sitzungen........................................................................................................................ 6<br />

2. Einvernahme von Zeugen............................................................................................... 6<br />

3. Einvernahme von Sachverständigen .............................................................................. 7<br />

4. Vorlage von Unterlagen ................................................................................................. 7<br />

V. Ergebnis der Ermittlungen............................................................................................. 9<br />

1. Anlassfall für die Einsetzung der Untersuchungskommission....................................... 9<br />

2. Feststellungen............................................................................................................... 10<br />

a) Ursachen für die Missstände ........................................................................................ 11<br />

b) Verantwortung für die Missstände ............................................................................... 15<br />

c) Versagen der Dienstaufsicht......................................................................................... 16<br />

d) Versagen des Führungssystems im Magistrat der Stadt Wien und im<br />

Krankenanstaltenverbund..................................................................................................... 18<br />

e) Politische Verantwortung der Stadträte und des Bürgermeisters von Wien ................ 18<br />

f) Personalmangel im Pflegebereich ................................................................................ 20<br />

g) Versagen des Beschwerdemanagements...................................................................... 22<br />

h) Freiheitsbeschränkende Maßnahmen ........................................................................... 23<br />

i) Mängel in der Pflege, Qualitätssicherung .................................................................... 24<br />

j) Fehlende Umsetzung des Wiener Pflegeheimplans 2001 ............................................ 25<br />

k) BewohnerInnen- und Angehörigenrechte .................................................................... 26<br />

3. Schlussfolgerungen ...................................................................................................... 26<br />

4. Allgemeine Anmerkungen zur Arbeitsweise der Untersuchungskommission............. 26<br />

5. Maßnahmen.................................................................................................................. 28<br />

a) Sicherstellung der Umsetzung der Maßnahmen des Strategiekonzeptes ..................... 28<br />

b) Maßnahmen im Bereich des Personals......................................................................... 30<br />

c) Maßnahmen bei der Berufsausübung....................................................................... 31<br />

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I. Rechtsgrundlagen der Untersuchungskommission<br />

Gemäß § 59 a der Wiener Stadtverfassung kann der Gemeinderat zur Überprüfung der<br />

Verwaltungsführung der einer politischen Verantwortlichkeit unterliegenden Organe<br />

der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich eine Untersuchungskommission einsetzen.<br />

Die Untersuchungskommission hat in einem behördlichen Verfahren den maßgebenden<br />

Sachverhalt zu ermitteln und dem Gemeinderat hierüber spätestens zwölf Monate<br />

nach dem Tag jener Gemeinderatssitzung in der das Einlangen des Antrags bekannt<br />

gegeben worden war, Bericht zu erstatten.<br />

Gemäß § 59 e Abs 3 Wiener Stadtverfassung steht einem Drittel der Mitglieder der<br />

Untersuchungskommission das Recht zu, dem Gemeinderat einen Minderheitsbericht<br />

vorzulegen.<br />

25.06.2004 3


II. Antrag auf Einsetzung und Konstituierung der<br />

Untersuchungskommission<br />

In der Sitzung des Gemeinderates vom 24.9.2003 haben die Gemeinderäte Dr. Matthias<br />

Tschirf, Dr. Johannes Hahn, Dr. Sigrid Pilz, Mag. Christoph Chorherr, Dr. Wilfried<br />

Serles und Mag. Hilmar Kabas den Antrag auf Einsetzung einer Untersuchungskommission<br />

betreffend gravierende Missstände bei der Pflege von alten Personen und Personen<br />

mit Behinderung im Verantwortungsbereich der Gemeinde Wien eingebracht<br />

(PGL/03782/2003/0001-KVP/JAT).<br />

In der Begründung des mit dreißig Unterzeichnern ausreichend unterstützten Antrages<br />

wiesen die Antragsteller darauf hin, dass aufgrund einer Beschwerde von zwei Sachwaltern<br />

und der daraufhin von der MA 47 durchgeführten Prüfung der sanitären Zustände<br />

im Geriatriezentrum am Wienerwald skandalöse, menschenunwürdige und einer<br />

europäischen Weltstadt unwürdige Zustände ans Licht kamen. Dabei seien<br />

schwerwiegende Mängel bei der Pflege älterer Personen festgestellt worden.<br />

Zur ausführlichen Beschreibung der behaupteten Missstände haben die Unterzeichnenden<br />

unter anderem auf die Erhebungen im Pflegebereich, welche die MA 47 getätigt<br />

hat, verwiesen.<br />

Nach einer darüber abgehaltenen Debatte erklärte der Vorsitzende die Untersuchungskommission<br />

für eingesetzt.<br />

25.06.2004 4


III. Mitglieder und Vorsitz<br />

1. Mitglieder<br />

Als Mitglieder der Untersuchungskommission wurden über Vorschlag der wahlwerbenden<br />

Parteien folgende Personen bestellt:<br />

Mitglieder:<br />

Ersatzmitglieder:<br />

• SPÖ<br />

Christian Deutsch<br />

Rudolf Hundstorfer<br />

Marianne Klicka<br />

Dr. Claudia Laschan<br />

Sieglinde Lindenmayr<br />

Anica Matzka-Dojder<br />

Barbara Novak<br />

Mag. Sonja Ramskogler<br />

Kurt Wagner<br />

Sonja Kato<br />

Dr. Alois Mayer<br />

Christian Oxonitsch<br />

Mag. Thomas Reindl<br />

Godwin Schuster<br />

Erika Stubenvoll<br />

Heinz Vettermann<br />

Mag. Sonja Wehsely<br />

Jürgen Wutzlhofer<br />

• ÖVP<br />

Ingrid Korosec<br />

Ingrid Lakatha<br />

DDr. Bernhard Görg<br />

Gerhard Pfeiffer<br />

• FPÖ<br />

Mag. Helmut Kowarik<br />

Mag. Heidrun Schmalenberg<br />

Dr. Wilfried Serles<br />

Günther Barnet<br />

Brigitte Reinberger<br />

Heike Trammer<br />

• Grüne<br />

Dr. Sigrid Pilz<br />

Günter Kenesei<br />

2. Vorsitz<br />

Aus der gemäß § 59 c Abs 2 WStV beim Magistrat der Stadt Wien geführten Liste<br />

wurde Hofrat Dr. Karlhans Körber als Vorsitzender und Notar Dr. Dieter Baumgartner<br />

als stellvertretender Vorsitzender bestellt.<br />

25.06.2004 5


IV. Tätigkeitsbericht<br />

1. Sitzungen<br />

Die Untersuchungskommission hat am 23.10.2003 ihre Tätigkeit aufgenommen und<br />

insgesamt fünfzehn öffentliche Sitzungen abgehalten. Diese haben an folgenden Terminen<br />

stattgefunden:<br />

• 23.10.2003<br />

• 30.10.2003<br />

• 13.11.2003<br />

• 20.11.2003<br />

• 04.12.2003<br />

• 12.12.2003<br />

• 15.01.2004<br />

• 22.01.2004<br />

• 12.02.2004<br />

• 19.02.2004<br />

• 11.03.2004<br />

• 18.03.2004<br />

• 15.04.2004<br />

• 29.04.2004<br />

• 13.05.2004<br />

• 17.06.2004<br />

• 24.06.2004<br />

2. Einvernahme von Zeugen<br />

Folgende Zeugen wurden in den öffentlichen Sitzungen der Untersuchungskommission<br />

einvernommen: (Die Aufzählung erfolgt nach der Reihenfolge der Einvernahme)<br />

• Sachwalter Harald Haas<br />

• ARin Johanna Ehmsen-Höhnl<br />

• Pflegedirektor Günther Pelikan<br />

• Generaloberin Charlotte Staudinger<br />

• ASTRin Dr. Elisabeth Pittermann-Höcker<br />

• Dr. Angelika Rosenberger-Spitzy<br />

• Prim. Dr. Georg Wense<br />

• Oberschwester Bibiane Platzer<br />

• Dr. Susanne Drapalik<br />

• Judith Polat-Firtinger<br />

• Patientenanwalt Dr. Walter Dohr<br />

• Mag. Gerhard Schwarz<br />

• Generaldirektor-Stv. Dr. Ludwig Kaspar<br />

• Generaldirektor ao. Univ.-Prof. Dkfm. Dr. Eugen Hauke<br />

25.06.2004 6


• Pflegedirektorin Renate Keihsler<br />

• Pflegeombudsmann Dr. Werner Vogt<br />

• SR i.R. Dr. Friedrich Leitner<br />

• Mag. Dorothea Gschöpf<br />

• Kontrollamtsdirektor Mag. Dr. Alois List<br />

• ASTR VBgm Dr. Sepp Rieder<br />

• Bürgermeister Dr. Michael Häupl<br />

• Verwaltungsdirektorin Karin Steinmetz<br />

• Edith Piroschka<br />

3. Einvernahme von Sachverständigen<br />

Folgende Sachverständige wurden in der Reihenfolge dieser Aufzählung in den öffentlichen<br />

Sitzungen der Untersuchungskommission einvernommen:<br />

• OSR i.R. Dr. Karl Graf<br />

• OSR Dr. Franz Zörner<br />

• o. Univ.-Prof. Dr. Michael Holoubek<br />

• Chefarzt Dr. Stephan Rudas<br />

4. Vorlage von Unterlagen<br />

Die folgenden Unterlagen wurden in der Reihenfolge ihrer Nennung in der Untersuchungskommission<br />

beantragt und den Kommissionsmitgliedern vorgelegt:<br />

• Aufzeichnungen von Sachwalter Harald Haas über die Betreuung von Frau K.<br />

• Prüfberichte der MA 47<br />

• Prüfberichte des KAV<br />

• Auszüge aus dem Personalakt des Pflegedirektors Günther Pelikan<br />

• Anstaltsentwicklungsplan 1993 für das GZW<br />

• Mitarbeiterzufriedenheitsbefragung 2001 im GZW<br />

• PPR der Stationen der städtischen Pflegeheime<br />

• Rahmenrichtlinien des KAV für die Pflegedokumentation<br />

• Dienstpläne<br />

• Eingangsstück zum Schreiben der MA 47 an die ASTR Dr. Pittermann<br />

• Prüfberichte über private Pflegeheime<br />

• Schriftliche Stellungnahme von Oberschwester Bibiane Platzer zum Bericht der<br />

MA 47<br />

• Nachkontrollberichte der MA 47<br />

• Protokoll über die Sitzung der dualen Führung im GZW<br />

• Postenbeschreibungen der TU 1 des KAV<br />

• Berichte über Prüfung von Fr. Polat-Firtinger<br />

• Geschäftseinteilung und –ordnung der Generaldirektion des KAV<br />

• Zielvereinbarungen KAV-GZW von 2002-2004<br />

• Stellungnahme der MDZ zu Entbindung von der Amtsverschwiegenheit<br />

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• Statistik über Abgängigkeiten im GZW im Jahre 2003 und Jänner bis Mai 2004<br />

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V. Ergebnis der Ermittlungen<br />

1. Anlassfall für die Einsetzung der Untersuchungskommission<br />

Zwei Sachwalter haben sich immer wieder beim diensthabenden Personal auf den<br />

betreffenden Stationen des Geriatriezentrum am Wienerwald (im Folgenden kurz<br />

„GZW“) über Mängel bei der Pflege ihrer unter Sachwalterschaft stehenden Personen<br />

beschwert. Sie beschwerten sich vor allem darüber, dass die Leute die<br />

meiste Zeit im Bett verbringen müssen, obwohl eine Mobilisierung im Rollstuhl<br />

möglich wäre und auch die Bettruhe schon am frühen Nachmittag von den BewohnerInnen<br />

nicht gewünscht sei. Da aber ihre Beschwerden ungehört blieben<br />

und keine Verbesserung der Pflege erfolgte, wendeten sie sich an die MA 47,<br />

welche für die städtischen Pflegeheime zuständig ist.<br />

Aufgrund dieser Beschwerden wurde von der MA 47 am 23.7.2003 eine Prüfung<br />

auf den betreffenden Stationen des GZW durchgeführt und dabei zahlreiche<br />

Mängel bei der Betreuung und Versorgung der BewohnerInnen festgestellt.<br />

So befanden sich fast alle BewohnerInnen bereits zu Beginn der Überprüfung um<br />

15:00 Uhr im Bett. Frau K., die durch einen dieser Sachwalter betreut wird, saß<br />

in halb aufrechter Position in einem für sie nicht geeigneten Rollstuhl; die Kleidung<br />

war schmutzig und auch ihre Hände waren nicht gereinigt. Sie machte insgesamt<br />

einen bedauernswerten Eindruck.<br />

Die Einsicht in die Pflegedokumentation der Frau K. hat ergeben, dass diese nicht<br />

vollständig und nachvollziehbar geführt wurde. So wurde auf die Grunderkrankung<br />

der Bewohnerin in der täglichen Betreuung keine Rücksicht genommen. Es<br />

wurden weder Therapien noch andere Mobilisierungen in ausreichendem Umfang<br />

durchgeführt. Nur ein Besuchsdienst, welcher vom Sachwalter organisiert wurde,<br />

hat Frau K. öfters mit dem Rollstuhl ins Freie geführt. Selbst bei akuten Erkrankungen<br />

oder Verletzungen erfolgte der ärztliche Diskurs nicht regelmäßig, um eine<br />

ausreichende medizinische Betreuung nachvollziehen zu können.<br />

Die tägliche Körperpflege lässt sich überhaupt nicht nachvollziehen, weil diese<br />

Eintragungen im Durchführungsnachweis nicht enthalten sind.<br />

Handzeichen und Datum fehlen sowohl bei den Eintragungen der Ärzte, als auch<br />

bei der Dokumentation des Pflegepersonals.<br />

Dieser Bericht der MA 47 wurde einerseits der Generaldirektion des Krankenanstaltenverbundes<br />

(im Folgenden kurz „KAV“) und dem Büro der ASTRin Dr. Pittermann-Höcker<br />

(nicht im ordentlichen Amtsweg) übermittelt und andererseits an<br />

die Kollegiale Führung des GZW mit der Bitte um Stellungnahme weitergeleitet.<br />

Der KAV hat dann am 8.8.2003 auf Ersuchen der ASTRin Dr. Pittermann-<br />

Höcker eine Überprüfung im GZW durchgeführt und die Feststellungen der MA<br />

47 im Wesentlichen bestätigt.<br />

25.06.2004 9


Als weitere Reaktion, auf die auch in den Medien bekannt gewordenen Missstände,<br />

wurden von verschiedenen Institutionen Kontrollen und Prüfungen im GZW<br />

und auch in anderen Geriatriezentren der Stadt Wien durchgeführt:<br />

So hat am 9.9.2003 der Bürgermeister ein Ersuchen an das Kontrollamt gerichtet,<br />

die Struktur und Qualität des geriatrischen Bereiches der Stadt Wien einer Prüfung<br />

zu unterziehen. Diese Berichte zu KA-K-12/03 und KA-K-13/03 wurden der<br />

Untersuchungskommission vorgelegt.<br />

Die Magistratsdirektion der Stadt Wien hat Prim. Dr. Hannes Plank und Pflegedirektorin<br />

Ljiljana Pastorkovic als Sachverständige mit der Beurteilung der vorliegenden<br />

Sachverhalte aus ärztlicher und gesundheits- und krankenpflegerischer<br />

Sicht beauftragt (Gutachten von Oktober 2003 liegt vor).<br />

Die interne Revision der Magistratsdirektion der Stadt Wien wurde ebenfalls mit<br />

der Überprüfung beauftragt. Der entsprechende Revisionsbericht stammt vom<br />

5.11.2003.<br />

Diese skandalösen, menschenunwürdigen Zustände, insbesondere in den Großheimen<br />

der Stadt Wien waren Anlass zur Einsetzung einer Untersuchungskommission<br />

zur Klärung der Missstände in den öffentlichen Pflegeheimen der Stadt<br />

Wien.<br />

Die Untersuchungskommission hat es sich insbesondere zur Aufgabe gemacht,<br />

die politische Verantwortung und die Verwaltungsführung im Zusammenhang<br />

mit diesen gravierenden Missständen zu prüfen. Dabei sollte insbesondere auf die<br />

Großheime ein besonderes Augenmerk gelegt werden, weil in diesen über zweitausend<br />

Menschen in Sechs- bis Acht-Bett-Zimmern untergebracht sind und nicht<br />

zuletzt aus diesem Grund die Unterbringung und Betreuung der BewohnerInnen<br />

dort besonders mangelhaft ist.<br />

2. Feststellungen<br />

Im Rahmen der Untersuchungskommission können durch die Einvernahme der<br />

bereits oben angeführten Zeugen und Sachverständigen, sowie durch die Prüfung<br />

der beantragten und vorgelegten Urkunden und der Einsicht in die Ergebnisse der<br />

bereits erwähnten Prüfungen und Kontrollen folgende Feststellungen getroffen<br />

werden:<br />

Zum besseren Verständnis wird in der folgenden Ausführung die Gliederung der<br />

einzelnen Prüffelder im Antrag auf Einsetzung einer Untersuchungskommission<br />

übernommen. Im Einzelnen dazu:<br />

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a) Ursachen für die Missstände<br />

Hauptursache für die Missstände im Bereich der Pflege in öffentlichen Heimen<br />

der Gemeinde Wien ist die jahrelange Ignoranz und Gleichgültigkeit gegenüber<br />

den Problemen. Weder gegen den massiven Personalmangel noch gegen die veraltete<br />

Bausubstanz wurden Maßnahmen gesetzt.<br />

• Personalmangel<br />

Seit Jahren herrscht ein großer Mangel an diplomiertem Krankenpflegepersonal<br />

sowie an therapeutischem Personal. Das hat, wie sich bei Frau K. gezeigt hat, zur<br />

Folge, dass überhaupt keine Therapien durchgeführt werden und auch die tägliche<br />

Pflege und Betreuung nicht ausreichend ist, weil es mit den vorhandenen Personalressourcen<br />

nicht möglich ist, eine angemessene, den heutigen Möglichkeiten<br />

angepasste Pflege durchzuführen.<br />

Auch die Ausbildung von Krankenpflegepersonal wurde nicht kontinuierlich betrieben,<br />

sodass zu bestimmten Zeiten gar kein Personal ausgebildet wurde.<br />

Durch diese seit Jahren angespannte Personalsituation sind die Pflegekräfte nicht<br />

mehr entsprechend motiviert und engagiert für die tägliche physisch und psychisch<br />

sehr anstrengende und fordernde Arbeit, was zu einer Minderung der Qualität<br />

der Arbeit führt. Die Mitarbeiterzufriedenheits-Befragung, welche im Jahre<br />

2001 im GZW durchgeführt wurde, hat deutlich erkennen lassen, dass das derzeit<br />

geltende System der Kollegialen Führung nicht optimal für die Führung und Kontrolle<br />

eines Geriatriezentrums geeignet ist. Auch auf die enorme Belastung des<br />

Personals, aufgrund der schlechten Führung und der permanenten Unterbesetzung<br />

auf den Stationen, wurde von befragten Mitarbeitern mehrfach hingewiesen. Es<br />

wurde von <strong>Seite</strong>n der Generaldirektion des KAV nach Vorliegen des Ergebnisses<br />

dieser Befragung nicht versucht eine Verbesserung der Situation für das Personal<br />

herbeizuführen, sowie auch keinerlei Maßnahmen zur Aufstockung des Personals<br />

unternommen wurden.<br />

Diese chronische Personalknappheit und die daraus resultierenden längeren<br />

Krankenstände beim Pflegepersonal waren bekannt und wurden im Dienstwege<br />

auch weitergemeldet, was das Kontrollamt in seinem Bericht zu KA-K-13/03 ( in<br />

der Folge kurz „KA“) auch festgestellt hat (S 8f).<br />

Auch Hinweise hinsichtlich der mangelnden Personalausstattung der behördlichen<br />

Aufsicht wurden der zuständigen Stadträtin zur Kenntnis gebracht (KA, S.<br />

14).<br />

Trotz Kampagnen für den Pflegeberuf (bspw. „Pflegejobs mit Zukunft“) hat sich<br />

die Zahl der Bewerber laut Auskunft des Pflegedirektors im GZW nicht erhöht.<br />

Der Nachweis, dass diesbezügliche Notmaßnahmen eingeleitet wurden, konnte<br />

während der gesamten Untersuchungskommission nicht festgestellt werden.<br />

Auch interne mögliche Maßnahmen zur Reduktion von Absenzen konnten nicht<br />

vollständig angeführt werden. Angeführte Maßnahmen sind beispielsweise die<br />

25.06.2004 11


Reduzierung der Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen oder auch die Reduzierung<br />

„des Ausbaus von Spezialstationen mit erhöhtem Personalbedarf“.<br />

Dienstfremde Tätigkeiten (bspw. Verwaltungsaufgaben) müssen von Pflegebediensteten<br />

zusätzlich erledigt werden, was noch zu einer weiteren Ressourcenknappheit<br />

bei der eigentlichen Pflege führt.<br />

Grundsätzlich gibt es vier Einstufungen der Pflegeleistungen: „Gefährliche Pflege“<br />

(Stufe 1), „sichere Pflege“ (Stufe 2), „angemessene Pflege“ (Stufe 3) und<br />

„optimale Pflege“ (Stufe 4). Mit dem derzeitigen Personalstand ist lediglich die<br />

„sichere Pflege“ zu erreichen, aber nicht eine „optimale Pflege“ zu gewährleisten.<br />

• Veraltete Bausubstanz<br />

Aufgrund der veralteten Bausubstanz insbesondere in den städtischen Großpflegeheimen,<br />

wie im GZW, GZ Liesing und im GZ Baumgarten, gibt es immer noch<br />

Vielbett-Zimmer, in denen den BewohnerInnen keinerlei Intimsphäre geboten<br />

werden kann. Es fehlt auch an Bädern und WCs im Bereich der Krankenzimmer,<br />

sodass die oft gehbehinderten und gebrechlichen BewohnerInnen weite Strecken<br />

zurücklegen müssen, was für die zu wenigen Pflegepersonen eine weitere Belastung<br />

darstellt.<br />

Das Kontrollamt kommt in seinem Bericht zu dem Schluss, dass insbesondere<br />

das GZW in bezug auf die Standards, die das Planungshandbuch des W-KAV<br />

vorgibt, weit von den Vorgaben entfernt liegt.<br />

2001 waren im GZW 2234 BewohnerInnen untergebracht. Für diese standen 16<br />

Ein-Bett und 91 Zwei-Bettzimmer zur Verfügung. Über 80% der BewohnerInnen<br />

lebten in Zimmern mit 4 – 8 Betten. An der Unterbringung in Vielbettzimmern,<br />

mit der Reduktion des Wohn- und Lebensraumes auf ein Bett, ein Nachtkästchen<br />

und einen Spind bis zum Lebensende hat sich bis heute nichts Wesentliches geändert.<br />

Darüber hinaus fehlen Gemeinschaftsräume; Gänge werden oftmals als Aufenthaltsräume<br />

genutzt.<br />

Seit Jahren sind diese Probleme den politisch verantwortlichen Personen, nämlich<br />

Bürgermeister Dr. Häupl, Vizebürgermeister Dr. Rieder und ASTRin Dr. Pittermann-Höcker<br />

bekannt. Trotzdem hat sich die Situation im Bereich der städtischen<br />

Pflegeheime nicht verbessert, was diese genannten Politiker zu verantworten<br />

haben.<br />

Von den ersten Plänen aus den beginnenden Neunziger-Jahren bis heute sind keine<br />

effektiven Verbesserungen ersichtlich. Noch immer müssen rund 70% der in<br />

städtischen Pflegeheimen wohnende Menschen in sogenannten „Großheimen“ ihr<br />

tägliches Leben fristen, obwohl diese aus unzähligen Meldungen, Statements, Be-<br />

25.06.2004 12


ichten, Expertenkommissionen, Rechnungshof-Berichten, Kontrollamts-<br />

Berichten und politischen Willenserklärungen seitens der Verantwortlichen längst<br />

nicht mehr Realität sein dürften.<br />

• Fehlende Kontrolle<br />

Eine weitere Ursache für die Missstände ist die fehlende Kontrolle durch Aufsichtsbehörden.<br />

Insbesondere in den Jahren 2001 und 2002 wurden von <strong>Seite</strong>n<br />

der zuständigen Aufsichtsbehörde MA 47 keinerlei Kontrollen in den städtischen<br />

Pflegeheimen durchgeführt. Auch die interne Revision des KAV hat keine Qualitätskontrollen<br />

durchgeführt. Dies haben mehrere Zeugen in ihren Aussagen bestätigt.<br />

ASTRin Dr. Pittermann-Höcker schreibt trotz besseren Wissens um den Prüfbericht<br />

der MA 47 in einer Anfragebeantwortung, dass „die Geriatriezentren des<br />

Wiener Krankenanstaltenverbundes aufgrund ihrer Personalausstattung und des<br />

vorhandenen Know How dafür geeignet sind, sich vor allem Bewohnern mit hohem<br />

und höchstem Pflegeaufwand und dem Bedarf einer dichten ärztlichen<br />

Betreuung zu widmen. Dieser Auftrag wird auch entsprechend wahrgenommen.“<br />

Zur Frage, warum sie von der KAV-Führung über die Missstände nicht früher informiert<br />

wurde, antwortete sie wie folgt: „Da hackt man hinein und dann heißt<br />

es, es ist eh alles bestens. Ich weiß, dass man vor mir zum Teil potemkinsche<br />

Dörfer errichtet.“ (10.9.2003)<br />

Auch Bürgermeister Dr. Häupl bringt seine mangelnde Information über die Vorgehensweisen<br />

in den städtischen Pflegeheimen wie folgt zum Ausdruck: „Ich erfuhr<br />

erst aus der Zeitung von den Missständen“, erklärte Dienstagmittag Michael<br />

Häupl in ziemlich gedrückter Stimmung.“ (9.9.2003)<br />

Der Rechnungshof bemängelte bereits im Tätigkeitsbericht 2000, dass, obwohl<br />

die MA 47 laut Geschäftseinteilung des Magistrats der Stadt Wien zur Wahrnehmung<br />

der behördlichen Aufsicht verpflichtet ist, diese Aufsicht von der MA 47<br />

nicht wahr genommen wurde.<br />

Erst im Januar 2002 beauftragte ASTRin Dr. Pittermann-Höcker die MA 47 mit<br />

der Überprüfung der privaten UND öffentlichen Pflegeheime. Die MA 47 legte<br />

aufgrund unzureichender Personalressourcen Vorbehalte ein. Die erste Überprüfung<br />

eines öffentlichen Pflegeheimes, nämlich Baumgarten, fand somit mehr als<br />

3 Jahre nach dem Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes – im Mai 2003 – statt.<br />

Diese Kontrolle beschränkte sich lediglich auf die Überprüfung rein technischer<br />

Belange, die Qualität der Betreuung und Unterbringung war kein Überprüfungsgegenstand.<br />

Erst im Juli 2003 überprüfte die MA 47 zum ersten Mal die Qualität der Betreuung<br />

in einem öffentlichen Pflegeheim (GZW). Das Ergebnis der Überprüfung<br />

führte zur Einsetzung dieser Untersuchungskommission.<br />

25.06.2004 13


Das Kontrollamt wird in seinem Bericht sehr deutlich:<br />

„Zu bemängeln war jedoch, dass seit der Unternehmungswerdung des W-KAV<br />

derTU1 bezüglich des Pflegebereiches ihrer Aufsichtspflicht nicht in ausreichendem<br />

Ausmaß nachgekommen war, wobei dieser Umstand in Kombination mit einem<br />

unzureichendem Beschwerdemanagement, offensichtlich Führungsschwächen<br />

auf mehreren Leistungsebenen und laufend aufgetretenen Personalengpässen<br />

schließlich die von der behördlichen Aufsicht festgestellten Pflegemängel zur<br />

Folge hatte.“<br />

Das Kontrollamt in seinem Bericht weiter:<br />

„(...) Es war jedoch festzustellen, dass die Ausweitung des Aufgabengebietes auf<br />

den W-KAV, der im August 2003 weit mehr als 50% aller belegten Pflegebetten<br />

zur Verfügung stellte, mit keiner Personalvermehrung im Bereich der behördlichen<br />

Aufsicht einherging.“<br />

Zusammenfassend kann eindeutig festgestellt werden, dass vor dem Mai 2003<br />

keine Kontrolle der öffentlichen Pflegeheime der Stadt Wien bezüglich Pflegeund<br />

Betreuungsqualität stattfand. Die erste diesbezügliche behördliche Kontrolle<br />

wurde erst im Juli 2003 durchgeführt. Das Ergebnis dieser Überprüfung zeigte<br />

schwere Mängel – insbesondere Frau K. betreffend - und führte zur Einsetzung<br />

dieser Untersuchungskommission.<br />

• Mangelhafte Pflegedokumentation<br />

Es hat sich im Rahmen der Untersuchungskommission weiters gezeigt, dass eine<br />

von Pflegedirektor Pelikan zum Einsatz gebrachte stark gekürzte Pflegedokumentation<br />

im GZW verwendet wurde, die bei weitem nicht den Vorgaben und Richtlinien<br />

entspricht. Die Dokumentation der Pflegevisiten weist im Durchführungsnachweis<br />

der Frau K. lediglich eine einzige Pflegevisite am 6. Februar 2003 aus,<br />

wobei weder teilnehmende Personen noch Ergebnis der Visite zu entnehmen waren<br />

(KA, S.7). Kontrollpflichten der einzelnen Hierarchiestufen waren grundsätzlich<br />

normiert, verbindliche Kontrollintervalle sowie die einheitliche Dokumentation<br />

dieser Überprüfungen wurden jedoch weder durch die GD des KAV noch<br />

durch die Direktion der TU 1 – Krankenanstalten und Pflegeheime oder die Pflegedirektion<br />

des GZW festgestellt (KA, S. 10f).<br />

Seit der Unternehmenswerdung des KAV mit 1. Jänner 2002 sah weder die gültige<br />

Geschäftseinteilung für die Generaldirektion des KAV noch jene für die TU 1<br />

eine Prüfungsaufgabe bezüglich der Kontrolltätigkeit durch die den Anstalten ü-<br />

bergeordneten Einrichtungen des KAV vor.<br />

Als Folge sind die vorgenommenen Pflegehandlungen nicht nachvollziehbar, sodass<br />

nachträglich nicht kontrolliert werden kann, ob tatsächlich alle erforderlichen<br />

Pflegemaßnahmen bei den BewohnerInnen gesetzt wurden, was Ergebnis<br />

25.06.2004 14


aller im GZW nach bekannt werden der Missstände durchgeführten Kontrollen<br />

war.<br />

Die Geriatrie wurde insgesamt jahrelang vernachlässigt und keine Verbesserungen<br />

oder Modernisierungen durchgeführt. Es hat zwar zahlreiche Kommissionen<br />

und Gremien gegeben, die mit tatkräftiger Unterstützung von Sachverständigen<br />

und Experten Verbesserungsvorschläge für die Pflege in den städtischen Pflegeheimen<br />

erarbeitet haben, doch wurden diese bis heute nicht umgesetzt. Als Beispiel<br />

kann hier die Kommission „Hilfe im hohen Alter“ genannt werden, deren<br />

Vorschläge nicht umgesetzt wurden, was das Kontrollamt in seinem Bericht auch<br />

bestätigt.<br />

b) Verantwortung für die Missstände<br />

Mit der Frage, wer für diese Missstände im Bereich der Pflege in den öffentlichen<br />

Heimen verantwortlich ist, hat sich insbesondere der Revisionsbericht der internen<br />

Revision der Magistratsdirektion der Stadt Wien vom 5.11.2003 zu MIR-R-<br />

1882/2003 beschäftigt. Die interne Revision ist insbesondere zum Ergebnis gekommen,<br />

dass die Kollegiale Führung der jeweiligen Geriatriezentren für die<br />

Missstände verantwortlich ist, weil im Zuge der Dienstaufsicht entsprechende<br />

Kontrollen durchgeführt hätten werden müssen und so diese Mängel auffallen<br />

hätten müssen. So hätte beispielsweise die mangelhafte und nicht nachvollziehbare<br />

Führung der Pflegedokumentation und der Krankengeschichte auffallen müssen.<br />

Doch auch das diplomierte Pflegepersonal ist für die Pflegedokumentation sowie<br />

die Planung, Durchführung, Organisation und Kontrolle der pflegerischen Maßnahmen<br />

im Team verantwortlich. Der jeweiligen Stationsschwester hätten die<br />

Mängel ebenfalls auffallen müssen.<br />

Die Verantwortung für den eklatanten Personalmangel liegt bei der Generaldirektion<br />

des KAV. Auch die mangelnde Kontrolle der Qualität der Pflege hat diese<br />

mitzuverantworten, weil der KAV als Betreiber der städtischen Pflegeheime für<br />

eine den heutigen Anforderungen entsprechende Qualität der Pflege und den dafür<br />

erforderlichen Personaleinsatz zu sorgen hat. Die Letztverantwortung für die<br />

katastrophale Situation der Geriatrie in Wien liegt somit auch beim Generaldirektor<br />

des Krankenanstaltenverbundes.<br />

Es darf aber auf die Verantwortung der zuständigen Stadträte (über mehrere<br />

Amtsperioden) samt den untergeordneten Magistratsabteilungen nicht vergessen<br />

werden. Die für die Kontrollen der Pflegeheime zuständige MA 47 hat, wie bereits<br />

anlässlich einer Rechnungshofprüfung im Jahr 2000 der Stadtregierung bekannt<br />

war, überhaupt keine Kontrollen durchgeführt und ist somit ihrem gesetzlichen<br />

Auftrag (Aufsicht über Pflegeheime gemäß § 23 Wiener Sozialhilfegesetz)<br />

nicht nachgekommen. Es wurde auch nicht für eine Qualitätskontrolle durch andere<br />

Einrichtungen Sorge getragen, sondern es wurden gar keine Überprüfungen<br />

25.06.2004 15


in städtischen Pflegeheimen durchgeführt, was zur Folge hat, dass diese seit Jahren<br />

bestehenden Missstände über lange Zeit unentdeckt geblieben sind.<br />

Bürgermeister Dr. Häupl hat selbst ausgesagt: "Selbstverständlich tragen ich und<br />

die amtsführenden Stadträte die politische Verantwortung, dass nicht alles umgesetzt<br />

werden konnte. Dennoch habe man im Geriatriebereich viel erreicht.“ Er<br />

bedauerte, dass im Geriatriezentrum am Wienerwald nur "20 bis 25 Prozent" der<br />

Vorgaben aus dem Bericht des Gemeinderates von 1993 umgesetzt worden seien,<br />

was vor allem die dortige Führung treffe.<br />

Gemäß §28 WStV ist der Bürgermeister aber für die Umsetzung aller Gemeinderatsbeschlüsse<br />

verantwortlich. §91 Abs. 2 und 3 WStV sieht vor, dass der Bürgermeister<br />

als Vorstand des Magistrats für dessen Geschäftsführung er verantwortlich<br />

ist, den Stadträten Weisungen erteilen kann. Somit stehen dem Bürgermeister<br />

durch die Wiener Stadtverfassung Möglichkeiten zur Verfügung, um seine<br />

Verantwortung auch effektiv wahrzunehmen, was im konkreten Fall nicht genutzt<br />

wurde.<br />

c) Versagen der Dienstaufsicht<br />

Die Dienstaufsicht, sowohl durch die kollegiale Führung als auch durch die Primarärzte<br />

und Oberschwestern, haben im Geriatriezentrum am Wienerwald versagt.<br />

Kontrollen wurden – wenn überhaupt – nur sehr mangelhaft durchgeführt.<br />

Mängel bei der täglichen Pflegearbeit blieben dadurch unbemerkt. Auf eine vollständige<br />

und nachvollziehbare Dokumentation der vorgenommenen Pflegemaßnahmen<br />

und ärztlicher Anordnungen wurde kein Wert gelegt, sodass nicht erkennbar<br />

ist, welche Pflegetätigkeiten tatsächlich durchgeführt wurden und ob die<br />

medizinische Betreuung im Einzelfall ausreichend und korrekt erfolgt ist.<br />

Diese Feststellungen haben sich nicht zuletzt aus folgenden Aussagen ergeben:<br />

Generaldirektor Dr. Kaspar wörtlich: „Wir fragten vor Ort nach und haben uns<br />

darauf verlassen, dass die interne Kontrolle funktioniert“ (4.9.2003). In einem<br />

anderen Zitat bestätigt er seine Verantwortungslosigkeit und gibt schließlich zu:<br />

„Man muss sich auf die einzelnen Führungsebenen verlassen können, ich sehe<br />

die Hauptschuld vor Ort. (...) Da hat es sicher Führungsschwächen gegeben. Das<br />

war eine Problemstation.“ (9. 9.2001)<br />

Auch andere Zeugen haben den massiven Mangel einer funktionierenden Dienstaufsicht<br />

erkennen lassen. So hat beispielsweise Generaldirektor Dr. Hauke erst<br />

nach jahrelang nicht nachgegangenen Beschwerden in städtischen Pflegeheimen<br />

den Schritt angekündigt, das Beschwerdemanagement zu verbessern und „künftig<br />

professioneller mit gemeldeten Missständen umzugehen“ (11.9.2003).<br />

Pflegedirektor Pelikan war erst bei der ausschlaggebenden Überprüfung der MA<br />

47, wodurch die Missstände schließlich erst in offizielle Akten Eingang gefunden<br />

25.06.2004 16


haben, anwesend; wenn auch ungern, da er in seiner Aussage derartige Überprüfungen<br />

nicht als sinnvoll und lästig bezeichnet hat.<br />

Eine Mitarbeiterbefragung unter den Bediensteten im Geriatriezentrum „Am<br />

Wienerwald“ (GZW) ergab 2001, dass es eindeutig Probleme mit der (damaligen<br />

und heutigen) Pflegedirektorin Keihlser und deren Führungsverhalten gab. Aus<br />

nicht eindeutig eruierbarem Grund wurde diese Pflegedirektorin mit dem Pflegedirektor<br />

des GZ St. Andrä/Traisen, Herrn Pelikan– mit einer variablen zeitlichen<br />

Befristung - getauscht. Nach einiger Zeit ist sie an das GZW wieder zurückgekommen<br />

und hat die Führung dieses Hauses wieder übernommen, obwohl sich<br />

ihre Kompetenz als Leiterin vermutlich nicht verbessert hat.<br />

Selbst Bürgermeister Dr. Häupl übt am 8.3.04 am Instrument der kollegialen<br />

Führungen heftige Kritik: Diese dienten der "Verschleierung von Verantwortung"<br />

und der "Verzögerung von Entscheidungen".<br />

Auch das Kontrollamt hat in seinem Bericht Mängel in der Dienstaufsicht festgestellt<br />

wie folgt:<br />

Die Stationsschwester hat u.a. die Durchführung der angeordneten pflegerischen<br />

Arbeiten zu überwachen und festgestellte Mängel sofort abzustellen. Wichtige<br />

Vorkommnisse sind im Dienstweg zu melden. Den Oberschwestern, den Oberinnen<br />

und der Leitung des Pflegedienstes obliegen Kontrollen und Rundgänge, insbesondere<br />

auch außerhalb der Regeldienstzeit. Mängel müssen sofort abgestellt<br />

werden und wichtige Vorkommnisse im Dienstweg weitergeleitet bzw. dokumentiert<br />

werden (bspw. Rapportbuch der Oberschwester). Im Zuge der Untersuchungskommission<br />

konnte aber keine geordnete Dokumentation und Vorfallsweitergabe<br />

festgestellt werden. Mittels Checklisten durchgeführte Pflegevisiten wurden<br />

nicht durchgeführt. Auch das Rapportbuch wurde nicht mehr geführt. Im Anlassfall<br />

fanden sich Eintragungen eines Arztes über ein Beschwerdetelefonat mit<br />

einem Sachwalter. In weiterer Folge konnte jedoch aus der Dokumentation nicht<br />

entnommen werden, ob bzw. mit welchen Konsequenzen ein Gespräch mit dem<br />

Pflegedienst stattgefunden hatte. (KA, <strong>Seite</strong> 6)<br />

Der Teilunternehmungsdirektor, dem die Führung, Koordination und Überwachung<br />

der kollegialen Führung übertragen war, erteilte keinen Auftrag zur Aufsicht.<br />

Die fachliche Aufsicht über die Geriatriezentren liegt, nach Stellungnahme<br />

des KAV, bei den Mitgliedern der kollegialen Führung. Im Zuge der Untersuchungskommission<br />

konnte jedoch kein derartiger Auftrag zur Aufsicht festgestellt<br />

werden.<br />

Zu bemängeln ist jedoch, dass seit der Unternehmungswerdung des KAV die TU<br />

1 bezüglich des Pflegebereiches ihren Aufsichtspflichten nicht im ausreichenden<br />

Ausmaß nachgekommen war, wobei dieser Umstand in Kombination mit einem<br />

unzureichenden Beschwerdemanagement, offensichtlichen Führungsschwächen<br />

auf mehreren Leitungsebenen und laufend aufgetretenen Personalengpässen<br />

25.06.2004 17


schließlich die von der behördlichen Aufsicht festgestellten Pflegemängel zur<br />

Folge hatte (KA, S. 15).<br />

d) Versagen des Führungssystems im Magistrat der Stadt Wien und im Krankenanstaltenverbund<br />

Nicht nur, dass erst mit bekannt werden dieser gravierenden Missstände mit der<br />

Prüfung der städtischen Pflegeheime begonnen wurde, hat die dafür zuständige<br />

MA 47 zuwenig Personal zur Verfügung, um eine effiziente Prüfung aller städtischen<br />

Pflegeheime vorzunehmen. Von <strong>Seite</strong>n der Generaldirektion des KAV kam<br />

keine Unterstützung für die MA 47. Im Rahmen der Untersuchungskommission<br />

konnte auch nicht festgestellt werden, dass der KAV durch eigene Mitarbeiter<br />

Prüfungen durchgeführt hätte.<br />

Doch nicht nur im Bereich der Kontrollen hat der Krankenanstaltenverbund versagt,<br />

sondern auch im Bereich des Personalmanagements, was ebenso zu einem<br />

guten Führungssystem gehört. Wie sich in der Befragung der MitarbeiterInnen<br />

des GZW deutlich zeigt, sind die MitarbeiterInnen äußerst unzufrieden mit ihrer<br />

Arbeitssituation. Nicht nur an der permanenten Belastung durch zuwenig Personal<br />

wurde starke Kritik geübt, sondern auch die Leitung und Führung des Pflegeheimes<br />

wurde kritisiert.<br />

Personen in Führungspositionen in Pflegeheimen sind offenbar nicht immer ihrer<br />

Führungsaufgabe gewachsen. Es kann daher daraus geschlossen werden, dass der<br />

KAV in seiner Personalentscheidung nicht immer zielführend agiert und die richtigen<br />

Entscheidungen trifft. Dies wurde auch durch die Aussage der amtsführenden<br />

Stadträtin Dr. Elisabeth Pittermann-Höcker bestätigt.<br />

e) Politische Verantwortung der Stadträte und des Bürgermeisters von Wien<br />

Im Rahmen der Untersuchungskommission konnte festgestellt werden, dass kein<br />

amtsführender Stadtrat eine Prüfung der städtischen Pflegeheime, insbesondere<br />

durch das Kontrollamt veranlasst hat. Erst die ASTRin Dr. Pittermann-Höcker<br />

hat durch Weisung die Überprüfung angeordnet, nachdem ihr bekannt wurde,<br />

dass die Qualität der Pflege in städtischen Heimen überhaupt nicht überprüft<br />

wurde. Ihr Vorgänger, Vzbgm Dr. Rieder, hat die fehlende Kontrolle der Pflegeheime<br />

und der daraus resultierenden Missstände in Kauf genommen, obwohl sie<br />

ihm und dem Bürgermeister seit einer Rechnungshofeinschau des Jahres 2000<br />

bekannt waren. Anlässlich dieser sagte der Stadtsenat zwar die gesetzlich aufgetragene<br />

Kontrolle durch die MA 47 zu, diese unterblieb aber bis in das Jahr 2003.<br />

Erst mehrere Weisungen der späteren AStR Dr. Pittermann-Höcker führten zu<br />

ersten Versuchen einer Kontrolltätigkeit.<br />

Weshalb nach dem Beschluss des Stadtsenates über die Antwort an den Rechnungshof<br />

anlässlich seiner Wahrnehmung aus dem Jahr 2000 offensichtlich keine<br />

Weisung an die zuständige MA 47 erfolgte, blieb ungeklärt, da ein entsprechender<br />

Beweisantrag auf Vorlage des diesbezüglichen Stadtsenatsakts (einschließlich<br />

25.06.2004 18


allfälliger Erhebungen und Erledigungen) durch die SPÖ-Mitglieder der Untersuchungskommission<br />

abgelehnt wurde. Ein diesbezügliches disziplinär und strafrechtlich<br />

zu würdigendes Verhalten muss angenommen werden. Mangels einer<br />

entsprechend raschen Vorgangsweise durch die zuständige Magistratsdirektion,<br />

die erst auf Ersuchen durch ein Mitglied der Untersuchungskommission tätig geworden<br />

ist, konnte bis heute nicht geklärt werden, wer für die Versäumnisse der<br />

Jahre 2000 bis 2003 die Letztverantwortung trägt. Hinzu kommt, dass eine frühere<br />

Aussage der ehemaligen stv. Leiterin der MA 47 im Gesundheitsausschuss des<br />

Gemeinderates, dass es eine „politische Weisung“ gegeben habe, die Städtischen<br />

Pflegeheime nicht zu kontrollieren, die ihr von ihrem Vorgesetzten, Dr. Leitner<br />

übermittelt wurde, von den Zeugen Dr. Rieder und Dr. Leitner (ehemals Leiter<br />

der MA 47) geleugnet wurden.<br />

Auch für die Umsetzung der Ergebnisse der verschiedenen Experten-<br />

Kommissionen im Bereich der Geriatrie wurde nicht von politischer <strong>Seite</strong> gesorgt,<br />

sodass diese Verbesserungsvorschläge bis heute unbeachtet geblieben sind,<br />

obwohl dadurch viele der vorliegenden Missstände hätten beseitigt werden können.<br />

ASTRin Dr. Pittermann-Höcker musste in der UK eingestehen, dass sie selbst im<br />

Alter am liebsten in einem 1-Bett Zimmer untergebracht sein wolle und 8- Bettzimmer<br />

nicht „ideal“ wären und auch 6-Bett Zimmer noch zuviel wären. Während<br />

ihrer Amtszeit leben jedoch mehr als 3000 Menschen in Großraumzimmern<br />

ohne jegliche Privatsphäre. Erste Schritte zum systematischen Abbau der 8-<br />

Bettzimmer erfolgten erst auf politischen Druck durch den Pflegeheimskandal.<br />

Zum Unterschied zu Bürgermeister Dr. Häupl, sieht sie sich aber persönlich als<br />

nicht verantwortlich für die gravierenden Systemmängel im städtischen Pflegebereich,<br />

wie sie im Rahmen der Befragung vor der Untersuchungskommission bestätigte.<br />

Vor ihr würden nur „potemkinsche Dörfer“ aufgebaut. Auf Nachfragen<br />

bekomme sie nur zu hören, dass alles passe. Das Verhältnis zu ihren Beamten sei<br />

außerdem bekannt. Verantwortung trage ihrer Ansicht nach vor allem der Direktor<br />

der Teilunternehmung „Wiener Städtische Krankenanstalten und Pflegeheime<br />

des Wiener Krankenanstaltenverbunds“ (TU 1) Dr. Kaspar. „Er hat für mich die<br />

Hauptverantwortung, er ist der Hauptansprechpartner von mir und ist immer<br />

wieder wegen Mängel befragt worden. (...) Sie wissen ja, sein Vertrag läuft gegen<br />

Ende des Jahres aus und wird neu ausgeschrieben.“ (10.9.2003)<br />

Es kann jedoch festgestellt werden, dass sie in ihrer nunmehr dreijährigen Tätigkeit<br />

als amtsführende Gesundheitsstadträtin keine notwendigen Maßnahmen im<br />

Pflegebereich während ihrer Amtsführung vorweisen kann, obwohl ihrer Aussage<br />

vor der Untersuchungskommission nach, die Probleme aus der Zeit ihres Vorgängers<br />

stammen und daher genügend Zeit für entsprechende Maßnahmen gewesen<br />

wäre.<br />

Der ehemalige Gesundheitsstadtrat Dr. Rieder hat zwar in den Jahren nach den<br />

Vorfällen im Pflegeheim Lainz 1989 zahlreiche Kommissionen ins Leben geru-<br />

25.06.2004 19


fen und unterschiedlichste Maßnahmen begonnen. Fertiggestellt wurden jedoch<br />

wenige Projekte. Auch die Fokussierung auf den zu reformierenden Bereich der<br />

Pflege älterer Menschen durch die Stadt Wien geriet Mitte der Neunziger-Jahre<br />

ins Stocken. Im Beschlussantrag „Hilfe im hohen Alter“, der dem Gemeinderat<br />

im Jahre 1998 vorgelegt wurde, sind einige Punkte als zukünftige Zielerreichungen<br />

beinhaltet. Diese wurden jedoch nie durch die Verantwortlichen (Stadtsenat,<br />

Bürgermeister, Gesundheitsstadtrat) auf deren lückelose Umsetzung hin überprüft<br />

(siehe auch Kontrollamtsberichte).<br />

Auch bei der längst notwendigen Anpassung der seit 1994 gültigen Heimordnung<br />

zeigt sich die mangelnde Umsetzung durch die politisch Verantwortlichen. Die<br />

Heimordnung der Wiener Pflegeheime hätte, so das Kontrollamt in seinem Bericht<br />

zu den Missständen, dringend durch einen modernen Heimvertrag ersetzt<br />

werden müssen, dies ist jedoch nicht erfolgt.<br />

Vizebürgermeister Dr. Rieder gestand in der Untersuchungskommission ein, dass<br />

es diesbezüglich unter seiner Amtszeit hier zu gravierenden Versäumnissen gekommen<br />

war. „Ich werde die Heimordnung nicht verteidigen (...) Sie ist von mir<br />

akzeptiert unter dem Hinweis, dass das ein Provisorium ist in Erwartung des<br />

Pflegeheimgesetzes. .Dass sie jetzt noch gilt, bedauere ich umso mehr.“<br />

f) Personalmangel im Pflegebereich<br />

Nicht nur, dass es seit Jahren einen akuten Mangel an diplomierten Pflegekräften<br />

gibt, wurden auch zu wenig Zivildiener zur Unterstützung des Pflegepersonals<br />

eingesetzt. Aufgrund des Personalmangels ist das Pflegepersonal gezwungen,<br />

auch berufsfremde Tätigkeiten wie Putzen, Essensvorbereitung und Essensverabreichung<br />

vorzunehmen, bei denen Zivildiener eine große Unterstützung wären.<br />

Es mangelt auch am therapeutischen Personal, sodass die BewohnerInnen nicht<br />

im erforderlichen Ausmaß mit Therapien versorgt werden können, obwohl dies<br />

ihren Zustand wesentlich verbessern könnte und auch dazu beitragen könnte,<br />

dass mehr BewohnerInnen wieder nach Hause entlassen werden könnten oder in<br />

angemessenere Einrichtungen verlegt werden könnten, als Jahrzehnte in einem<br />

Großheim der Stadt Wien zu verbringen.<br />

Der Personalmangel führt auch zu einer massiven Unzufriedenheit des Pflegepersonals,<br />

was deren Engagement und Arbeitsleistung schmälert und damit indirekt<br />

die Qualität der Pflege mindert.<br />

Es konnte im Rahmen der Untersuchungskommission festgestellt werden, dass<br />

vor allem in den Großheimen die Krankenstände beim Personal überdurchschnittlich<br />

hoch sind, was die Personalsituation weiter verschärft. Doch wurden weder<br />

von der kollegialen Führung noch von der Generaldirektion des KAV Gegenmaßnahmen<br />

gesetzt, um mehr Personal zum Einsatz zu bringen und das vorhandene<br />

Personal entsprechend zu motivieren.<br />

25.06.2004 20


Im sogenannten „Wiener Modell“ wird der genaue Personalbedarf pro Station<br />

ermittelt. Doch wird nicht einmal diese theoretisch errechnete Anzahl an Pflegekräften<br />

tatsächlich eingesetzt. Außerdem hat nach diesem Modell eine schwerst<br />

pflegebedürftige Person, die sich alleine nicht bewegen kann und daher eine umfassende<br />

Rund-um-die-Uhr-Betreuung braucht, lediglich einen Pflegebedarf von<br />

durchschnittlich 23 Minuten am Tag (Nacht mit eingerechnet), was schon einem<br />

Laien nicht nachvollziehbar ist. Denn bereits für das regelmäßig notwendige Lagern<br />

und die Körperpflege ist mehr Zeit erforderlich, als bloß 23 Minuten pro<br />

Tag.<br />

Die konkrete Situation im Pflegebereich stellte sich im GZW 2003 wie folgt dar:<br />

Am 5. März 2003 gab es einen offenen Brief des Dienststellenausschusses an die<br />

Pflegedirektion (in Abschrift an Stadträtin Pittermann, die Vorsitzende der<br />

Hauptgruppe II der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten sowie an den Direktor<br />

der TU1) in dem eindringlich auf die prekäre Personalsituation im GZW hingewiesen<br />

wurde. Im Brief wurden die Verantwortlichen aufgefordert, den Pflegenotstand<br />

zu beseitigen, um eine „gefährliche Pflege“ (= der Patient kann durch<br />

die Pflege bzw. Nicht-Pflege Schaden erleiden) zu verhindern. Das Kontrollamt<br />

stellt in seinem Bericht fest, dass weder seitens der Stadträtin noch seitens der<br />

GD oder der Direktion der TU 1 des KAV aufgrund des Briefverkehrs konkrete<br />

Maßnahmen angeordnet wurden, die von der Leitung des GZW zu setzen gewesen<br />

wären. Das Haus wurde von der Führung des KAV und der Stadträtin mit den<br />

massiven Personalproblemen allein gelassen.<br />

Das Kontrollamt stellte fest, dass im Jahresdurchschnitt 2003 im GZW die Differenz<br />

zwischen dem SOLL-Personalbedarf und dem IST-Stand rd. 222 Vollzeitäquivalente<br />

betrug.<br />

Die Verantwortlichen im KAV und die GesundheitsstadträtInnen wissen seit Jahren,<br />

dass in den Pflegeheimen der Stadt Wien ein starker Pflegepersonalmangel<br />

herrscht:<br />

Die Gemeinde Wien sah von 1997 bis 2001 lt. Wiener Modell eine Pflegepersonal-SOLL-Zahl<br />

im Geriatriebereich von 63 Pflegepersonen (dipl. und nicht-dipl.<br />

Pflegepersonal) auf 100 belegte Betten vor.<br />

Diese Zahl wurde außer im Sozial-Therapeutischen Zentrum Ybbs und im PH<br />

Ybbs (2001) in keinem Pflegeheim der Stadt Wien je erreicht.<br />

2003 wurde auf eine Anfrage mitgeteilt, dass die Pflegepersonal-SOLL-Zahl im<br />

Geriatriebereich auf 58 Pflegepersonen pro 100 belegte Betten gesenkt wurde.<br />

Nun erreichen alle Pflegeheime der Stadt Wien die angepeilte Pflegepersonal-<br />

SOLL-Zahl.<br />

Statt den Pflegepersonalmangel durch die Einstellung von Personal zu beheben<br />

werden die SOLL-Zahlen von der SPÖ nach unten korrigiert; der Personalmangel<br />

wird durch Federstrich „behoben“.<br />

Der eklatante Mangel an Personal führt aber nicht nur zu Mängel in der unmittelbaren<br />

Betreuung und Pflege der BewohnerInnen, sondern wirkt sich auch in anderen<br />

Bereichen aus.<br />

25.06.2004 21


Wie Zeugen vor der Untersuchungskommission ausgesagt haben, sind zwischen<br />

3 und 6 Personen pro Tag im GZW kürzer oder länger von ihrer Station abgängig,<br />

ohne dass ihr momentaner Aufenthaltsort den Mitarbeitern des GZW bekannt<br />

ist. Trotz der großen Anzahl an Abgängigen- im Jahre 2003 waren es insgesamt<br />

rund 2.200 Personen – suchen nur etwa 7 bis 10 Mitarbeiter des GZW nach diesen<br />

oft geistig verwirrten, dementen oder psychisch kranken Personen. Das ist eine<br />

nicht ausreichende Zahl, wenn man bedenkt, dass das Areal vom GZW über<br />

295.000 m² groß ist. Das ist sicher mit ein Grund, warum es passieren konnte,<br />

dass ein abgängiger Bewohner nicht (rechtzeitig) gefunden werde konnte und am<br />

Dachboden des GZW zu Tode gekommen ist. Es waren nicht ausreichend Personen<br />

für eine zielführende Suche vor Ort zur Verfügung und jene Personen, die<br />

mit der Suche befasst waren, waren in keinster Weise geschult, um möglichst effizient<br />

vorzugehen. Die in der Untersuchungskommission vorgelegten Suchpläne<br />

des GZW sind sicher nicht ausreichend, um möglichst rasch abgängige Personen<br />

wieder zu finden.<br />

Darüber hinaus wurde in der Untersuchungskommission festgestellt, dass aufgrund<br />

eines Erlasses im GZW nur 3 Tage verpflichtend nach Abgängigen zu suchen<br />

ist. Konnte die betreffende Person nicht innerhalb dreier Tage gefunden<br />

werden, wird sie als Entlassen eingetragen und keine weiteren Maßnahmen getroffen.<br />

Ob im jeweils konkreten Fall „Gefahr im Verzug“ ist und daher eine intensivere<br />

Suche stattzufinden hat, entscheidet der diensthabende Arzt. Auch über<br />

die Erstattung einer Vermisstenanzeige bei der Polizei hat er zu entscheiden, unabhängig<br />

davon, ob er den betroffenen Bewohner regelmäßig medizinisch betreut<br />

oder nur „zufällig“, z. B. am Wochenende auf der konkreten Station zum Dienst<br />

eingeteilt ist.<br />

Ob damit die Entscheidung in den richtigen Händen liegt, ist zu bezweifeln.<br />

g) Versagen des Beschwerdemanagements<br />

Beschwerden von Sachwaltern oder Angehörigen oder auch den BewohnerInnen<br />

selbst beim diensthabenden Personal wurden nicht dokumentiert und auch nicht<br />

an die Vorgesetzten im Dienstwege weitergeleitet.<br />

Erst Pflegedirektor Pelikan hat im GZW eine Oberschwester mit dem Beschwerdemanagement<br />

beauftragt, doch hat niemand von dieser zentralen Beschwerdestelle<br />

gewusst. Weder das Personal noch die BewohnerInnen und ihre Angehörigen<br />

wurden darüber informiert.<br />

Grundsätzlich ist das Beschwerdemanagement festgelegt und die Verantwortungen<br />

zugeteilt. Nicht zuletzt die unterschiedlichen Zuständigkeiten (KA, S. 11,<br />

Stellungnahme KAV) verhindern aber die praktische Umsetzung der Richtlinien<br />

des Beschwerdemanagements. Diesbezügliche Kontrollen bzw. Ablaufoptimierungen<br />

konnten im Zuge der Befragungen der Untersuchungskommission nicht<br />

festgestellt werden.<br />

25.06.2004 22


Die Patientenanwaltschaft sieht sich bezüglich pflegerischer Leistungen aufgrund<br />

nicht eindeutiger gesetzlicher Bestimmungen nicht (direkt) zuständig, was sich<br />

auch aus den wenigen Beschwerdefällen ersehen lasse.<br />

Hinsichtlich der Beschwerde von Angehörigen wurde von unterschiedlichen<br />

Zeugen (Generaldirektor HAUKE, Pflegeombudsmann VOGT, Patientenanwalt<br />

DOHR et al) vor der Untersuchungskommission darauf hingewiesen, dass bei<br />

Angehörigen mitunter die Furcht besteht, dass es durch etwaige Beschwerden zu<br />

Repressionen bei den Pflegepatienten durch zB schlechtere Betreuung kommen<br />

könnte Somit ist eine niederschwellige Beschwerdemöglichkeit, die derzeit nicht<br />

vorhanden ist, auf allen Stationen im städtischen Pflegebereich unabdingbar.<br />

Ein eigens eingerichteter Pflegeombudsmann wurde von der Stadträtin Pittermann<br />

ernannt, aber lediglich befristet bis Ende 2005 und ohne landesgesetzliche<br />

Legitimation ausgestattet.<br />

Sowohl Vizebürgermeister Dr. Rieder als auch Dr. Pittermann-Höcker haben als<br />

zuständige Stadträte es bisher nicht geschafft, ein funktionierendes Beschwerdemanagement<br />

im KAV zu installieren. Immer wieder aufkommende Vorfälle und<br />

Missstände haben bis heute nicht dazu geführt, dass das theoretische Konstrukt<br />

„Beschwerdemanagement“ in praktische Realität gegossen wird. Zudem sind Beschwerden,<br />

die im Stadtratbüro einlangten, nicht auf deren Bearbeitung hin überprüft<br />

worden. Dass diese sensible und wichtige Schnittstelle zwischen den Bürgern<br />

und den politischen Verantwortungsträgern jahrelang nicht ausreichend<br />

funktionierte, liegt in der Verantwortung dieser beiden Politiker.<br />

h) Freiheitsbeschränkende Maßnahmen<br />

Aufgrund des eklatanten Personalmangels müssen immer wieder freiheitsbeschränkende<br />

Maßnahmen eingesetzt werden und kommt es zu Fixierungen der<br />

BewohnerInnen beispielsweise durch Steckgitter vor dem Rollstuhl.<br />

Auch hinsichtlich der Abgrenzung der Befugnisunterschiede zwischen einem<br />

Arzt und einer Pflegeperson bezüglich bspw. freiheitsbeschränkender Maßnahmen,<br />

Bedarfsmedikation und pflegerischen Maßnahmen (u.a. Windel statt Toilettengang)<br />

mangelt es an einer detaillierten Regelung.<br />

Netzbetten, Steckgitter, Gurte, freiheitseinschränkende Overalls und sedierende<br />

Medikamente werden in den öffentlichen Pflegeheimen verwendet. Bezüglich der<br />

Angaben, wer anordnungsbefugt ist und aus welchem Grund einzelne Maßnahmen<br />

angeordnet sind, widersprechen sich die verantwortlichen Personen aus dem<br />

U-KAV bei ihrer Einvernahme.<br />

Das Kontrollamt hält in seinem Bericht fest, dass Einschränkungen der persönlichen<br />

Freiheit des Patienten nur auf schriftliche ärztliche Anordnung unter Angabe<br />

der Art der Einschränkung, des Beginns und des Endes erfolgen dürfen und<br />

die Durchführung kontrolliert werden müsse. Es bemängelt., dass die gegenständlichen<br />

Handlungsanleitungen nicht ausreichend berücksichtigt werden. Es muss<br />

25.06.2004 23


überdies das jeweils gelindeste Mittel zur Abwehr einer erheblichen Gefahr eingesetzt<br />

werden.<br />

Das Kontrollamt empfahl daher dringend, die bestehende Anleitung bezüglich<br />

freiheitsbeschränkender Maßnahmen zu überarbeiten und durch Aufzeigen von<br />

Alternativen sowie in weiterer Folge auch durch die Beschaffung entsprechender<br />

Hilfsmittel so weit wie möglich die Einschränkung der persönlichen Freiheit<br />

hintan zu halten.<br />

Die fehlende rechtliche Grundlage und der daraus entstandene Graubereich des<br />

medizinischen und pflegerischen Handelns in der Vergangenheit wurde weder<br />

von Rieder noch von Pittermann als Auftrag für politisches Handeln erkannt. Im<br />

Gegenteil: die von Rieder erlassene Heimordnung schränkte die Chancen der<br />

BewohnerInnen und deren Angehörige, sich gegen mögliche Übergriffe des Personals<br />

zu wehren, weiter ein: die in der Heimordnung enthaltene explizite Verpflichtung<br />

des „Pfleglings“, den pflegerischen Anordnungen Folge zu leisten und<br />

das Recht der Heimleitung, Besuchern Hausverbot in der Einrichtung zu erteilen,<br />

vergrößert das Risiko der Bewohner unzulässigen freiheitsbeschränkenden Maßnahmen<br />

zum Opfer zu fallen.<br />

i) Mängel in der Pflege, Qualitätssicherung<br />

Der Krankenanstaltenverbund hat es unterlassen, durch ein entsprechendes Qualitätsmanagement<br />

diese Mängel, insbesondere in der Pflegedokumentation, zu beseitigen.<br />

Es ist zwar ein Dienstposten für Qualitätsmanagement im KAV vorgesehen,<br />

aber dieser ist derzeit unbesetzt. Konkrete Vorgaben für die Qualität der<br />

Pflege dürfte es im KAV nicht geben und falls solche doch vorhanden sind, wurde<br />

deren Einhaltung nicht kontrolliert, sodass es keine gesicherte Qualität der<br />

Pflege in städtischen Heimen gibt, sondern dass die Art und Weise der Betreuung<br />

vom jeweiligen im Dienst befindlichen Personal abhängt.<br />

Qualitätssicherungsmaßnahmen wurden lediglich auf dem Papier eingeführt. Auf<br />

deren praktische Verwirklichung und realistische Adaption im täglichen Leben<br />

haben weder die Generaldirektion noch die politischen Verantwortlichen explizit<br />

Bedacht genommen. Qualitätssichernde Maßnahmen (oben angeführt) werden<br />

unzureichend eingesetzt, angeboten und ergriffen.<br />

Soziale Betreuung mit individuellem Kontakt zu den in Pflege befindlichen Menschen,<br />

Ausflügen oder der Möglichkeit nach einem täglichen Spaziergang mit<br />

Sonnenbad und Frischluft findet aufgrund des chronischen Personalmangels zumindest<br />

in einigen Pavillons nicht statt.<br />

Ausflüge – auch nicht in den vorgelagerten Garten -, Beschäftigungstherapien<br />

fehlen; bis auf wenige Vorzeigestationen. Die individuelle persönliche Betreuung<br />

ist aufgrund der personellen Gegebenheit nur unzureichend möglich.<br />

25.06.2004 24


Derzeit fehlt eine Tagstruktur im Pflegebereich der Stadt Wien. Lediglich notwendigste<br />

pflegerische Tätigkeiten werden durchgeführt. Viel zu oft und viel zu<br />

lange müssen Menschen in städtischen Pflegeeinrichtungen den Großteil ihres<br />

Tages im Bett oder alleingelassen im Rollstuhl – unter Umständen sogar mit<br />

Sperre – verbringen. Der dringend notwendige soziale Kontakt wird selten gefördert.<br />

Es gibt heute in Wien sehr unterschiedliche Betreuungs- und Qualitätsstandards<br />

in den verschiedenen Pflegeheimen/Geriatriezentren der Stadt Wien. Es ist weder<br />

Vizebürgermeister Rieder, der zumindest noch Ansätze in seiner amtsführenden<br />

Tätigkeit als Gesundheitsstadtrat erkennen lassen hat, noch der nunmehrigen Gesundheitsstadträtin<br />

Pittermann-Höcker gelungen, diese Unterschiede dahingehend<br />

auszugleichen, dass man die inakzeptablen, alten, abgewohnten Bettenburgen<br />

Schritt für Schritt verkleinern und renovieren hätte können. Die notwendigen<br />

Maßnahmen werden unzureichend gesetzt, die geplanten Maßnahmen verzögert.<br />

In diesem Punkt kann man auch den Bürgermeister nicht aus seiner Verantwortung<br />

nehmen, weil er die nötigen politischen Möglichkeiten zu einer Forcierung<br />

dieses Bereiches als Bürgermeister und Landeshauptmann hat.<br />

j) Fehlende Umsetzung des Wiener Pflegeheimplans 2001<br />

Der von StR Dr. Rieder in Auftrag gegebene Wiener Pflegeheimplan sah relevante<br />

Strukturänderungen in der Versorgung pflegebedürftiger alter Menschen vor:<br />

Abbau der Großeinrichtungen, Ausbau der Pflegekapazität im KWP, Ausbau der<br />

ambulanten Betreuung, Erstellung eines differenzierten und bedarfsgerechten<br />

Pflegeangebotes, Abbau der Übermedikalisierung.<br />

Dieser Plan wurde 2001 fertiggestellt, aber von STR Pittermann nicht im Gemeinderat<br />

vorgelegt und in der Folge schubladisiert.<br />

Die Stadträtin distanzierte sich in der UK von dem Pflegeheimplan, der immerhin<br />

von ihrem Vorgänger in Auftrag gegeben worden war und an dem die Planungsexperten<br />

ihres Ressorts federführend mitgearbeitet hatten. „Das war eine Planungsunterlage,<br />

....die auch ein bisschen der wissenschaftlichen Grundlage entbehrt.“<br />

Der Pflegeheimplan wurde von Stadträtin Pittermann kommentarlos in die Versenkung<br />

geschickt, offensichtlich aus dem einzigen Grund, die erstellten Vorschläge<br />

nicht realisieren zu müssen<br />

Als er dann auf Initiative der Opposition der Öffentlichkeit bekannt wurde, wurde<br />

der Weg in der Diffamierung der beteiligten ÖBIG Experten gesucht, indem die<br />

„wissenschaftliche Klarheit der Studie“ in Abrede gestellt wurde.<br />

Doch nicht nur der Pflegeheimplan 2001 wurde nicht umgesetzt und verwirklicht,<br />

sondern auch der Anstaltsentwicklungsplan des GZW vom 10.09.1993. Es wurden<br />

in unterschiedlichen Projekten und Gremien die Weiterentwicklung der Geriatrie<br />

in Wien erarbeitet, aber die konkreten Ergebnisse wurden nicht umgesetzt.<br />

Weder die Generaldirektion des KAV noch die zuständigen Stadträte haben sich<br />

für eine Verbesserung der Situation in den städtischen Pflegeheimen eingesetzt,<br />

25.06.2004 25


sodass diese in der Untersuchungskommission untersuchten Missstände seit Jahren<br />

bekannt sind, aber nichts unternommen wurde, diese zu verhindern und abzuschaffen.<br />

k) BewohnerInnen- und Angehörigenrechte<br />

Die Heimordnung hätte bereits 1994 bzw. 1995 vom Krankenanstaltenverbund<br />

massiv überarbeitet werden müssen. Es sind darin keinerlei Rechte der BewohnerInnen<br />

und Angehörigen vorgesehen. Erstmals in dem im Entwurfsstadium befindliche<br />

Heimgesetz sind BewohnerInnenrechte ausdrücklich vorgesehen.<br />

Es gibt in den meisten Pflegeheimen auch keine Informationsbroschüren für die<br />

BewohnerInnen und ihre Angehörigen, in denen die Patientenrechte ausgeführt<br />

wären.<br />

3. Schlussfolgerungen<br />

Der Bereich der Betreuung älterer pflegebedürftiger Menschen in städtischen<br />

Heimen wurde jahrelang vernachlässigt, sodass gravierende Missstände auftreten<br />

konnten. Es wurden weder die baulichen Strukturen modernen Maßstäben angepasst,<br />

noch wurde für ausreichend Personal gesorgt. Kontrollen wurden erst gar<br />

nicht durchgeführt, damit mögliche Fehler und Mängel unentdeckt bleiben konnten.<br />

Die Vielzahl an Verbesserungsvorschlägen wurde negiert.<br />

Diese Ignoranz gegenüber älteren Menschen, die sich auch in der Art und Weise<br />

der Durchführung dieser Untersuchungskommission durch die SPÖ deutlich gezeigt<br />

hat, ist der eigentliche „Skandal“. Man lässt BewohnerInnen Jahre und in<br />

manchen Fällen sogar Jahrzehnte in Großheimen dahinvegetieren, ohne ihnen eine<br />

adäquate und sichere Unterbringung und menschenwürdige Betreuung zu bieten.<br />

Das ist für eine Stadt wie Wien „skandalös“.<br />

Weder der KAV noch die verantwortlichen Politiker haben dafür Sorge getragen,<br />

dass eine Bewohnerin wie der Frau K.- als Symbol für den völlig unzureichenden<br />

Wohn- und Lebensstandard in den öffentlichen Pflegeheimen- ein „Älterwerden<br />

in Würde“ ermöglicht wird.<br />

4. Allgemeine Anmerkungen zur Arbeitsweise der Untersuchungskommission<br />

Es soll in diesem Minderheitsbericht auch auf die Arbeitsweise dieser Untersuchungskommission<br />

eingegangen werden, weil die Untersuchungskommission in<br />

bestimmten Aspekten, insbesondere bei den Sitzungen am 17.06. und 24.06.2004<br />

nicht den Vorschriften der Wiener Stadtverfassung entsprechend, durchgeführt<br />

wurde. Es wurden insbesondere die Minderheitsrechte, welche einem Drittel der<br />

Mitglieder der Untersuchungskommission zustehen, nicht ausreichend berücksichtigt.<br />

25.06.2004 26


Gemäß § 59 d Abs 1 WrStV ist der Vorsitzende verpflichtet eine (weitere) Sitzung<br />

einzuberufen und die Untersuchungskommission fortzusetzen, wenn dies<br />

mindestens ein Drittel der Mitglieder der Untersuchungskommission verlangt.<br />

Einem solchen Antrag wurde nicht entsprechend nachgekommen, weil offenbar<br />

die SPÖ ein rasches Ende dieser Untersuchungskommission gewünscht hat. Es<br />

wurde zwar eine weitere Sitzung einberufen, allerdings bestand in dieser nicht<br />

mehr die Möglichkeit Zeugen zu befragen oder andere Beweismittel aufzunehmen,<br />

weil die entsprechenden Anträge der Oppositionsparteien abgelehnt wurden.<br />

Auch das Vorliegen eines Rechtsgutachtens eines unabhängigen Experten<br />

hat an der Vorgehensweise der SPÖ und des Vorsitzenden nichts geändert. Es<br />

durften keine weiteren Untersuchungen vorgenommen werden, sondern es wurde<br />

die Untersuchungskommission einseitig von der SPÖ für beendet erklärt. Sie hat<br />

ihren Endbericht bereits vor Befragung der letzten Zeugin vorgelegt und darüber<br />

abgestimmt, ohne Rücksicht auf den Wunsch der Opposition diese Untersuchungskommission<br />

noch fortzusetzen, zur Klärung weiterer Missstände und<br />

Mängel im Bereich der städtischen Pflegeheime, die erst in jüngster Zeit bekannt<br />

geworden sind.<br />

Damit hat die SPÖ als Mehrheitspartei (ohne Einwendungen des Vorsitzenden)<br />

es geschafft, diese Untersuchungskommission abrupt abzubrechen, um noch vor<br />

dem Sommer den Endbericht dem Gemeinderat vorlegen zu können. Die Tatsache,<br />

dass wichtige Sachverhalte insbesondere über die Pflege und Betreuung in<br />

den GZ Baumgarten und GZ Liesing bisher nicht ausreichend untersucht werden<br />

konnten, obwohl dies vom Untersuchungsgegenstand der Untersuchungskommission<br />

umfasst ist, bleibt dabei völlig unberücksichtigt.<br />

Auch die Umstände, welche zum Tod eines Bewohners des GZW auf dem Dachboden<br />

eines Pavillons geführt haben, konnten nicht näher aufgeklärt werden, weil<br />

die von den Oppositionsparteien dazu eingebrachten Beweisanträge von der SPÖ<br />

abgelehnt wurden. Selbst der Leiter der Stabsstelle Interne Revision der Generaldirektion<br />

des KAV wurde nicht als Zeuge zu diesem Thema zugelassen, obwohl<br />

die Interne Revision diesen konkreten Vorfall untersucht hat.<br />

Die Ursache und die Verantwortung für diesen tragischen Todesfall bleiben wohl<br />

für die Mitglieder der Untersuchungskommission und in weiterer Folge für den<br />

Wiener Gemeinderat ungeklärt, weil die SPÖ ganz offensichtlich kein Interesse<br />

daran hat, solche erschütternden Vorfälle aufzuklären und in weiterer Folge<br />

Maßnahmen zu ergreifen, die eine Wiederholung in der Zukunft vermeiden sollten.<br />

Es ist zu betonen, dass nicht nur die Rechte der Opposition nicht geachtet wurden,<br />

sondern auch Zeugenaussagen kein Respekt gezollt wurde. Am deutlichsten<br />

hat sich dies daran gezeigt, dass die SPÖ bereits ihren Endbericht der Untersuchungskommission<br />

vorgelegt hat, obwohl noch Zeugen zu befragen waren. Damit<br />

wurde demonstriert, dass nicht die konkrete Zeugenaussage für die Mitglieder der<br />

Untersuchungskommission der SPÖ für die Verfassung ihres Berichtes maßgeblich<br />

sind, sondern die tatsächlich untersuchten und erwiesenen Missstände in den<br />

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städtischen Pflegeheimen möglichst vertuscht und beschönigt werden sollen. Anders<br />

wäre es nicht möglich einen Bericht zu finalisieren, obwohl noch nicht alle<br />

Zeugen gehört wurden und deren Aussagen daher noch nicht bekannt sein können.<br />

Es ist offenbar nicht im Interesse der derzeitigen Stadtregierung Missstände und<br />

Mängel, die teilweise so gravierend sind, dass Menschen ums Leben kommen,<br />

aufzuklären und für die Zukunft abzustellen. Ob dies auch im Interesse der BürgerInnen<br />

dieser Stadt, insbesondere im Interesse der BewohnerInnen der städtischen<br />

Pflegeheime, gelegen ist, ist wohl sehr fraglich.<br />

5. Maßnahmen<br />

Jene Mitglieder der Untersuchungskommission, die diesem Minderheitsbericht<br />

vorlegen, sehen das Erfordernis, folgende Maßnahmen umgehend zu treffen:<br />

a) Sicherstellung der Umsetzung der Maßnahmen des Strategiekonzeptes<br />

• Stärkung der Geriatriekommission als politisches Gremium zur Begleitung von<br />

Maßnahmen im Bereich der Pflege und Betreuung älterer Menschen in Wien.<br />

• Überarbeitung des Strategiekonzeptes der Gemeinderätlichen Geriatriekommission<br />

alle 2 Jahre.<br />

• Vorlage eines Grundsatzkonzeptes der Stadt Wien für seine BürgerInnen zu<br />

„Altwerden in Wien“, das alle Politikbereiche umfasst. Insbesondere sind die<br />

Ressorts für Wohnbau, Stadtplanung und Verkehr in die Erarbeitung einzubeziehen:<br />

- Vorlage des Grundsatzkonzeptes bis 2005<br />

- Rollierende Planung alle 5 Jahre<br />

• Vorlage eines „Integrativen Geriatrieplans für Wien“ aufgrund einer wissenschaftlichen<br />

Studie mit Schwergewicht auf Pflege- und Betreuungsleistungen<br />

und mit folgendem Zeitplan<br />

- Konkretisierung der Vorgaben der Geriatriekommission bis Ende 2004<br />

- Umsetzungsplanung 2005<br />

- Rollierende Planung alle 2 Jahre<br />

• Berichterstattung über den Stand der Umsetzung vierteljährlich an die Geriatriekommission<br />

und jährliche Berichte an den Gemeinderat.<br />

• Etablierung einer ExpertInnengruppe zur „Implementierung moderner Strukturen<br />

der Betreuung älterer Menschen in Wien“ aus der Führungsebene des Wiener<br />

Krankenanstaltenverbund, des Magistrats, des Fonds Soziales Wien und des<br />

Dachverbandes Wiener Pflegedienste mit folgenden Zielsetzungen:<br />

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- entsprechend der Vorgaben (strategische Ziele) der Geriatriekommission<br />

Weiterentwicklung des Betreuungssystems von der Pflegekette zum Pflegenetzwerk<br />

- Erarbeitung und Umsetzungsvorbereitung von Konzepten zu neuen Pflege-<br />

und Betreuungsangeboten (z.B. neue Wohnmodelle)<br />

- Erarbeitung eines Konzeptes, wie der Übergang von einem niedrigen zu<br />

einem höheren Pflege- und Betreuungsbedarf sichergestellt werden kann,<br />

ohne dass der/die BewohnerIn die Einrichtung wechseln muss<br />

• Aufbau einer wissenschaftlich fundierten Datenbank als Planungsgrundlage ab<br />

2005<br />

a) Maßnahmen im Bereich der baulichen Infrastruktur<br />

• Abbau der Großheime GZ am Wienerwald, GZ Baumgarten, GZ Liesing<br />

Binnen 10 Jahren sind sämtliche Großpflegeheime auf eine Größe von höchstens<br />

300 Betten zu reduzieren. Festlegung von Höchstgrenzen für Zimmerbelegung<br />

(Ein- und Zweibettzimmer mit eigener sanitärer Ausstattung und Wohncharakter)<br />

• Bei Renovierungen ist verbindlich eine Vergleichsrechnung zwischen Neubau<br />

und Umbau vorzulegen und die kostengünstigere Variante zu wählen.<br />

• Die durch den Bettenabbau in den Großpflegeeinrichtungen benötigten neuen<br />

Pflegebetten/-wohnungen sind binnen der nächsten 10 Jahre in den Häusern des<br />

Kuratoriums Wiener Pensionistenwohnhäuser, durch Kontingentaufstockungen<br />

bei gemeinnützigen privaten Trägern und durch den Ausbau von betreuten<br />

Pflegehaus- und Wohngemeinschaften zu sichern<br />

• Erstellung eines verbindlichen „Integrierten Geriatriekonzeptes für Wien“ auf<br />

Basis des im Jahr 2004 zu aktualisierenden „Wiener Pflegeheimplans 2001“<br />

• Erstellung eines Nachnutzungskonzeptes für freiwerdende Einrichtungen bis<br />

Ende 2004<br />

• Pflegeheim-Neubauten sind in derzeit unterversorgten Bezirken zu errichten<br />

• Pflegeheim-Neubauten sind mit 150 Pflegebetten zu begrenzen<br />

• Errichtung eines Sonderkrankenhauses für Geriatrie bis Ende 2005 in Anbindung<br />

eines Akutspitals<br />

• Sicherstellung von Mindestausstattung und Wohnqualität in ALLEN öffentlichen<br />

Pflegeeinrichtungen entsprechend dem Vorschlag über allgemeine und<br />

spezielle Qualitätsstandards des Wiener Pflegeheimplans 2001<br />

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• Ausbau ambulanter Dienste – der Fond Soziales Wien hat in Zusammenarbeit<br />

mit dem KAV und dem Dachverband Wiener Pflegedienste bis Ende 2004 ein<br />

Konzept (Planungshorizont 5 Jahre) im Gemeinderat vorzulegen<br />

• Ausbau der teilstationären Angebote, auch neuer Formen zu den etablierten Geriatrischen<br />

Tageszentren und Seniorenzentren<br />

• Erstellung eines operativen Konzeptes zur Vernetzung des Angebotes<br />

• Ausbau der Kurzzeit- und Urlaubspflege bis zur Bedarfsdeckung<br />

• Vor jeder Aufnahme in ein Pflegeheim (öffentlicher Träger oder gemeinnütziger/privater<br />

Träger mit Kontingentplätzen der Gemeinde Wien) ist ab 2005 ein<br />

verpflichtender Rehabilitationsversuch – basierend auf einem interdisziplinären<br />

Assessment – an einer Abteilung für Geriatrie und Remobilisation durchzuführen.<br />

• Ausbau des gerontopsychiatrischen Angebotes (stationär und ambulant). Eine<br />

qualitative und quantitative Bedarfsplanung ist bis Ende 2004 vom KAV zu<br />

erstellen und mit deren Realisierung 2005 zu beginnen. Bis 2010 ist die Bedarfsdeckung<br />

zu erreichen.<br />

• Ausbau des Entlassungsmanagements: die bereits bestehenden bzw. abgeschlossenen<br />

Projekte sollen auf ihre Treffsicherheit evaluiert werden und ein<br />

strategisches Modell für die Entlassung aus stationären Einrichtungen (Krankenanstalten<br />

und Pflegeheime) in Wien ist ab Mitte 2005 zu etablieren.<br />

• Einrichtung einer unabhängigen Kontrolle des öffentlichen und privaten Leistungsangebotes<br />

nach einheitlichen, qualitätsgesicherten Richtlinien in der Institution<br />

des Pflegeombudsmannes.<br />

• Regelmäßige Kontrolle der öffentlichen und privaten Pflegeheimeinrichtungen<br />

und des Kuratoriums Wiener Pensionistenwohnhäuser durch das Magistrat der<br />

Stadt Wien (Aufstockung des dafür nötigen Personals bis Ende 2004)<br />

b) Maßnahmen im Bereich des Personals<br />

• TU 4 – Wohn- und Pflegeheimbereich - ist bis Ende 2004 zu errichten :<br />

Durch die eigene Teilunternehmung sollen die Bedürfnisse von alten, pflegebedürftigen<br />

Menschen – hohe Wohn- und Lebensqualität bei bedarfsgerechter<br />

medizinisch, pflegerischer Versorgung – stärker als bislang realisiert werden.<br />

Dies ist eine vorläufige Maßnahme, so lange bis eine Verlagerung von nichtmedizinisch-indizierten<br />

Fällen aus dem KAV heraus abgeschlossen ist. Dies<br />

bedeutet die konsequente Zurücknahme der spitalsartigen Personalstruktur.<br />

Demgegenüber steht ein starker Ausbau von Berufsgruppen zur Rehabilitation,<br />

Pflege, Animation und psycho-sozialen Wiedereingliederung zu Hause. Medi-<br />

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zinische Versorgung durch ÄrztInnen ist im notwendigen Rahmen zu<br />

gewährleisten.<br />

• Führung der TU4 durch eine Person, deren Quellenberuf und (Zusatz-) Ausbildung<br />

die Verwirklichung der neuen Zielsetzung der Wiener Pflegeheime ermöglicht.<br />

Aus diesem Grund ist es sinnvoll, keine ärztliche Führung zu berufen,<br />

da andernfalls die Gefahr besteht, dass in erster Linie einseitig medizinische<br />

Betreuungskonzepte etabliert würden.<br />

• Keine Kollegialen Führungen und Primariate in den Strukturen der TU4<br />

• KAV-GD erstellt bis Ende 2004 parallel zum Neustrukturierungskonzept des<br />

Geriatriebereiches ein Personalkonzept, wo das bislang in den „alten“ Pflegeheimstrukturen<br />

tätige Personal (Kollegiale Führungen, ärztliches und paramedizinisches<br />

Personal) in den „neuen„ Pflegeheimstrukturen eingesetzt werden<br />

soll<br />

• Verankerung von Ethikstrukturen (interorganisational und als multiprofessionelles<br />

Team strukturiert)<br />

• mehr Ausbildung in Psychiatrie für alle Berufsgruppen – Konzepterstellung<br />

durch KAV-GD<br />

• Intensivierung der Kommunikations- und Informationskultur in allen Einrichtungen<br />

• Projekte zur Erhebung und – aufgrund der Ergebnisse - zur Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit<br />

• Umstellung der Dokumentation auf EDV gestützte Systeme<br />

• Einsatz von MediatorInnen in der Aufarbeitung von Konflikten und Belastungssituationen<br />

(BewohnerInnen, Personal, Angehörige)<br />

• Soweit als möglich sollen TurnusärztInnen 3-6 Monate ihres Turnus in einer<br />

Einrichtung der geriatrischen Langzeitbetreuung absolvieren – KAV entwickelt<br />

ein Konzept dazu. Start des Turnus für ÄrztInnen im Pflegeheim im Sommer<br />

2005<br />

c) Maßnahmen bei der Berufsausübung<br />

• Abschaffung der 12-Stunden-Dienste ab 2005<br />

• flexible Arbeitszeitmodelle<br />

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• Etablierung individueller Pflegemodelle durch entsprechend geschultes Personal<br />

(Validation, basale Stimulation,...)<br />

• Einsatz von AnimateurInnen<br />

• 2-jährige, regelmäßige Erhebung und Evaluation der MitarbeiterInnenzufriedenheit<br />

• Projekte zur Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit<br />

d) Maßnahmen im Bereich der PatientInnenrechte, Mitbestimmung und<br />

Schutz vor Gewalt<br />

• Neuformulierung der Heimordnungen den Bestimmungen des Heimvertragsgesetz<br />

und des Heimaufenthaltsgesetz entsprechend bis 1.Juli 2005<br />

• Verankerung der Pflegeombudsstelle im Wiener Pflegeheimgesetz<br />

• Einrichtung einer streng vertraulichen Beschwerdestelle für Angehörige, Bewohner,<br />

Personal und rechtliche Betreuer bei der Pflegeombudsstelle<br />

• Einrichtung einer nachprüfbaren Dokumentation von Medikamentenverbrauch<br />

(nach Spezialitäten und Abteilungen) in den Pflegeeinrichtungen<br />

e) Maßnahmen bei der Finanzierung<br />

• Bis Ende 2004 ist dem Gemeinderat ein Finanzierungskonzept für die intra- und<br />

extramurale Pflege und Betreuung von Menschen über 65 Jahren in Wien lt.<br />

den Zielsetzungen des „Strategiekonzeptes für die Betreuung älterer Menschen<br />

in Wien“ und dieses Beschlussantrages vorzulegen.<br />

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6. Zusammenfassung<br />

Die gesellschaftliche Nicht-Achtung alter Menschen spiegelt sich in der jahrzehntelangen<br />

Ignoranz dieses Bereiches durch die SPÖ und deren konkreten Politik<br />

wider:<br />

• Die Untersuchungskommission hat gezeigt, dass der Jahrzehnte lange Stillstand<br />

im Bereich der Pflege und Betreuung der BewohnerInnen in den städtischen<br />

Pflegeheimen in die Verantwortung des Bürgermeisters Dr. Häupl, Vizebürgermeister<br />

Dr. Rieder und Stadträtin Dr. Pittermann-Höcker fällt.<br />

• Der allergrößte Teil der Finanzmittel im Gesundheitsbereich wird den Krankenanstalten<br />

zur Verfügung gestellt. Der ambulante und stationäre Altenbetreuungsbereich<br />

wird trotz ständig steigendem Bedarf chronisch unterdotiert.<br />

• Zukunftsweisende Pläne – „Wiener Pflegeheimplan 2001“ und eine Vielzahl<br />

von Konzepten für eine zeitgemäße geriatrische Versorgung verschwinden in<br />

der Schublade.<br />

• Dem Mangel an Pflegepersonal und therapeutischem Personal wird nicht entgegengewirkt.<br />

Schlechte Arbeitsbedingungen, verfehlte Führungsstrukturen und<br />

schlechte Bezahlung verfestigen die Personalmisere.<br />

• Der Kasernencharakter der Großpflegeheime wird seit Jahrzehnten unhinterfragt<br />

hingenommen und mit dem Hinweise „alte Menschen wollen doch nicht<br />

alleine sein“ legitimiert.<br />

• Behördliche Kontrollen durch das Magistrat wurden in den öffentlichen Pflegeheimen<br />

nicht durchgeführt – nach dem Motto „was niemand weiß, macht niemand<br />

heiß“.<br />

• Die Anforderungen der Pflegedokumentation waren/sind praxisfremd und führten<br />

zu keiner Qualitätsverbesserung<br />

• Die Kollegiale Führung, das Management des KAV und die politisch zuständigen<br />

StadträtInnen haben Verantwortung an die jeweils andere Stelle delegiert.<br />

Durch die vielen Hierarchieebenen nahm letztendlich niemand Verantwortung<br />

und Steuerung wahr.<br />

• Die Dienstaufsicht hat versagt. Unnötig viele Hierarchieebenen - Stationsschwester/StationsärztIn<br />

– Oberschwester/OberärztIn – PrimarärztInnen – Kollegiale<br />

Führung verschiedene Stellen im KAV und Magistrat – und ein insuffizientes<br />

Beschwerdemanagement lassen Mängel und Missstände über Jahre unentdeckt<br />

und ohne Konsequenzen.<br />

• Freiheitsbeschränkende Maßnahmen werden ohne gesetzliche Regelung gesetzt.<br />

Die Kollegiale Führung und die Leitung im KAV lässt die MitarbeiterIn-<br />

25.06.2004 33


nen mit diesen schwierigen Problemen vollkommen allein. Es fehlt eine gesetzliche<br />

Grundlage und es fehlen Handlungsanweisungen, Schulungen und genügend<br />

Personal um den Einsatz freiheitsbeschränkender Maßnahmen zu verhindern.<br />

• Die Heimordnung für die Pflegeheime der Gemeinde Wien enthält weniger<br />

Rechte für die BewohnerInnen als das Strafvollzugsgesetz für die Unterbringung<br />

von Häftlingen in Gefängnissen<br />

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