österreich - Ablinger-Garber
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Bleib sauber,<br />
Generaldirektor<br />
Nach einer Serie von Korruptionsskandalen entdecken Öster reichs<br />
Unternehmen soeben ein neues Zauberwort: Compliance. Mit strengen<br />
Verhaltensregeln und Codes of Conduct wollen sich die Manager davor<br />
schützen, selber irgendwann vor einem Unter suchungsausschuss<br />
zu landen. von e. michael brauner / clemens hirtenberger<br />
Wurde die Privatisierung des<br />
staatlichen Wohnbauträgers<br />
Buwog im Jahr 2004 manipuliert,<br />
nachdem der Bestbieter eine Clique<br />
rund um den damaligen Finanzminister<br />
bestochen hatte? Hat der Glücksspielkonzern<br />
Novomatic versucht, sich mit<br />
horrenden Parteispenden ein für ihn<br />
günstiges Spielautomatengesetz zu erkaufen?<br />
War die immer noch teilstaatliche<br />
Telekom Austria jahrelang Selbstbedienungsladen<br />
von Politfunktionären?<br />
Alles Fragen, die hartnäckig die Schlagzeilen<br />
der <strong>österreich</strong>ischen Presse dominieren<br />
und zum Teil die Staatsanwaltschaft<br />
beschäftigen.<br />
Wege zur Sauberkeit<br />
Sogar ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss<br />
wurde eingesetzt,<br />
der – völlig unabhängig vom Ausgang<br />
der anhängigen Strafverfahren – ein erschütterndes<br />
Sittenbild zutage förderte:<br />
Offenbar werken Teile der alpenländischen<br />
Wirtschaft nach wie vor nach<br />
dem Motto „Wer gut schmiert, der gut<br />
fährt.“ Vor allem in der staatsnahen Industrie<br />
und anderen unter politischem<br />
Einfluss stehenden Unternehmen blühten<br />
noch vor kurzem die Gefälligkeiten<br />
zwischen den Mächtigen des Staates<br />
und den Herren in den Vorstandsetagen.<br />
Da flossen reichlich Parteispenden und<br />
wurden auf jede nur erdenkliche Art<br />
verschleiert.<br />
Politiker durften sich zu noblen<br />
Jagden und fidelen Jachtpartien einfinden,<br />
wertvolle Geschenke wechselten<br />
den Besitzer. Dass verdiente Parteisoldaten<br />
irgendwann mit einem Versorgungsjob<br />
bei dem einen oder anderen<br />
Energiekonzern, in der einen oder an-<br />
deren Landesbank rechnen können, gehörte<br />
ja sowieso zum guten Ton im Umgang<br />
zwischen Wirtschaft und Politik.<br />
Österreich, das Vorzimmer zum Bakschisch-Orient?<br />
Nicht ganz. Die anhaltende Empörung<br />
zeigt vielmehr, dass die öffentliche<br />
Sensibilität gewachsen ist. Wo früher<br />
die Bürger zähneknirschend die Achseln<br />
gezuckt hätten, wo die Zeitungen<br />
allenfalls zynisch vermerkt hätten, dass<br />
Politik eben ein unsauberes Geschäft<br />
wäre und schließlich alle Parteien gleichermaßen<br />
Dreck unter dem Teppich<br />
hätten – da regt sich heute der Ruf nach<br />
neuen Spielregeln. Erst recht gilt das<br />
für die schweigende Mehrheit jener Unternehmen,<br />
die schon bisher vermieden<br />
haben, die schmale, aber eindeutige<br />
Grenze zwischen Kontaktpflege und<br />
Korruption zu überschreiten, und nicht<br />
mehr einsehen wollen, weshalb sie von<br />
den Machenschaften der schwarzen<br />
Schafe in Mitleidenschaft gezogen werden<br />
sollen.<br />
in den Chefetagen wurden die Zeichen<br />
der Zeit offenbar erkannt. Immer<br />
mehr Unternehmen nehmen im eigenen<br />
Haus den Kampf gegen unsaubere<br />
Geschäftspraktiken und gegen den<br />
schlampigen Umgang mit großzügigen<br />
Geschenken auf. Compliance-Richtlinien,<br />
Verhaltenscodizes und Antikorruptions-Programme<br />
erleben einen<br />
Boom. Dahinter steckt einerseits der<br />
verständliche Wunsch nach Schutz vor<br />
Skandalen – kein Vorstand hat große<br />
Lust, wegen ein paar unüberlegter Einladungen<br />
vor dem nächsten Untersuchungsausschuss<br />
zu landen. Zum anderen<br />
wissen international agierende<br />
Firmen, dass sie im Zeitalter der glo-<br />
„Österreich starkes Land“ befragte<br />
Vertreter der Wirtschaft, wie sie<br />
und ihre Unternehmen mit dem<br />
neuen Trend zu Sauberkeit und<br />
Transparenz umgehen.<br />
A: Was ist der Grund für die derzeit<br />
so heftige Debatte um Sauberkeit?<br />
Sind Österreichs Unternehmen<br />
besonders korruptionsanfällig?<br />
Verleitet umgekehrt das<br />
politische System zu Korruption?<br />
Oder ist die Sensibilität in der Öffentlichkeit<br />
größer geworden angesichts<br />
von Praktiken, die früher<br />
toleriert wurden?<br />
B: Was sollte die Wirtschaft jetzt<br />
tun? Bringen freiwillige Verhaltenscodizes,<br />
Benimm-Regeln und<br />
Compliance-Programme Abhilfe,<br />
oder brauchen wir strengere Gesetze?<br />
C: Wie steht nach Ihrer Erfahrung<br />
Österreich im internationalen Vergleich<br />
da? Werden die Spielregeln<br />
hier tatsächlich etwas lascher gehandhabt<br />
als in Westeuropa oder<br />
den USA?<br />
D: Wie wird in Ihrem Unternehmen<br />
sichergestellt, dass Mitarbeiter<br />
die Gesetze (und die gesellschaftlich<br />
geforderten Spielregeln) einhalten?<br />
balen Transaktionen auch in den USA<br />
oder Großbritannien Probleme kriegen<br />
können, wenn sie in Österreich allzu<br />
oft die Augen zudrücken.<br />
Der neue Zug zur Sauberkeit fordert<br />
auch ein paar Opfer unter lieb gewonnenen<br />
Gewohnheiten. So streichen die<br />
Österreichischen Bundesbahnen den<br />
großzügigen Rabatt für Journalisten,<br />
die bisher ohne Aufpreis in der Ersten<br />
Klasse fahren und Ermäßigungen bis<br />
zum halben Preis in Anspruch nehmen<br />
konnten. Vorbei ist es auch mit dem guten<br />
alten Brauch, von Kulturveranstaltungen<br />
wie etwa den Salzburger Festspielen<br />
gleich dutzendweise Karten zu<br />
kaufen und sie dann großzügig unter<br />
Geschäftsfreunden und guten Kontakten<br />
aus der Politik zu verteilen.<br />
WALTER<br />
RoThENSTEiNER<br />
Generaldirektor<br />
der Raiffeisen<br />
Zentralbank<br />
ad A: Die Sensibilität<br />
in der Öffentlichkeit<br />
ist sicherlich gestiegen, Transparenz<br />
wird nicht nur wichtiger,<br />
sondern zum Gebot. Das ist aber kein<br />
<strong>österreich</strong>isches Phänomen, sondern<br />
ein europäisches. Die rechtliche und<br />
auch mediale Aufarbeitung einiger<br />
Fälle der letzten Jahre hat da ihren<br />
Beitrag geleistet. Zahlreiche Beispiele<br />
zeigen, dass mittlerweile auch in der<br />
Öffentlichkeit jegliche Vorteilsannahme<br />
moralisch verurteilt wird.<br />
ad B: in der RZB verfügen wir bereits<br />
seit 1997 über ein ausgefeiltes Kon-<br />
trollprogramm und halten dies für<br />
äußerst sinnvoll. Generell sind Banken<br />
bereits seit vielen Jahren Verhaltensregeln<br />
gewöhnt, die meisten<br />
verfügen auch über eigene<br />
Compliance-Abteilungen. Dort werden<br />
interne Regelungen geprüft.<br />
Aber beispielsweise auch Kontrollen<br />
durchgeführt, um Geldwäsche zu<br />
verhindern, oder das Verhalten als<br />
Marktteilnehmer an den Börsen beobachtet.<br />
Gesetze sind wichtig, aber<br />
oft nicht so detailliert auslegbar wie<br />
interne Regeln.<br />
ad C: ich denke, dass Österreich<br />
den internationalen Vergleich nicht<br />
scheuen muss. Gerade durch mediale<br />
Debatten gelingt es, Bewusstsein für<br />
Themen wie Compliance zu schaffen.<br />
Die aktuelle Aufarbeitung alter Fälle<br />
birgt vielleicht sogar eine Chance,<br />
aus diesen Fehlern zu lernen und<br />
früher als andere Länder ein modernes<br />
Regelwerk zur Korruptionsprävention<br />
zu beschließen.<br />
ad D: in der RZB-Gruppe gibt es seit<br />
1997 eine Compliance-Abteilung.<br />
Die se kontrolliert auch das Bankennetzwerk<br />
in Zentral- und Osteuropa.<br />
Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
im Bereich Compliance legen<br />
interne Regeln fest, kontrollieren<br />
deren Einhaltung und sind auch<br />
Anlaufstelle rund um das Thema Geschenke<br />
und Einladungen. Gerade<br />
bei diesem Punkt muss man korrekt<br />
handeln. Das betrifft von uns ausgesprochene<br />
Einladungen sowie auch<br />
erhaltene. Die Bindung an unsere<br />
Compliance-Regeln ist uns ein wesentliches<br />
Anliegen.<br />
4 <strong>österreich</strong> starkes Land<br />
<strong>österreich</strong> starkes Land 5<br />
Foto: Martin Schalk<br />
Foto: Peter Rigaud<br />
ChRiSTiAN KERN<br />
CEo der Österreichischen<br />
Bundes bahnen<br />
ad A: Korruption ist<br />
auch eine Frage der<br />
Grenzziehung. In Österreich<br />
werden gerade die Grenzen<br />
neu vermessen und neue Standards<br />
gesetzt. So schmerzhaft das sein mag,<br />
so wichtig ist die öffentliche Debatte<br />
darüber. Am Ende wird eine neue politische<br />
und Geschäftskultur stehen.<br />
ad B: ich bin ein Anhänger von<br />
strikten Compliance-Regeln und konsequenter<br />
Ahndung. Vorbildwirkung<br />
und öffentliche Stigmatisierung sind<br />
mindestens so wichtig. Korruptionsverdacht<br />
ab der zweiten Melange im<br />
Kaffeehaus auszulösen, wird die Idee<br />
aber ad absurdum führen.<br />
ad C: Gefühlt liegt Österreich im<br />
westeuropäischen Schnitt. Öffentliche<br />
Debatte und Zustand des Gemeinwesens<br />
sollte man nicht voreilig<br />
verwechseln. Gerade in der<br />
Politik hat man mitunter den Eindruck:<br />
Je sauberer die Sauberpartei,<br />
desto höher die Chance der nächsten<br />
Hausdurchsuchung. Siehe Umberto<br />
Bossi ...<br />
ad D: Als heimischer Leitbetrieb<br />
tragen die ÖBB eine besondere Verantwortung<br />
und haben Vorbildwirkung<br />
für andere Unternehmen. Wir<br />
haben uns daher aufgrund der geschilderten<br />
Erfahrungen, aber auch<br />
angesichts der aktuellen Debatte<br />
in unserem Land dazu entschlossen,<br />
unseren Verhaltenskodex neu<br />
zu gestalten. Bei der Erstellung haben<br />
wir uns an internationalen Konzernstandards<br />
und Empfehlungen<br />
des Rechnungshofs orientiert. Der<br />
Kodex ist aber wesentlich strenger<br />
ausgelegt als das geltende Antikorruptionsgesetz.<br />
Wir verfolgen hier<br />
eine absolute Nulltoleranzstrategie.<br />
Das bedeutet auch die konsequente<br />
Verfolgung von Rechtsverstößen auf<br />
jeder Ebene, vom Top-Management<br />
abwärts.<br />
Zugleich haben wir einen Chief Compliance<br />
Officer installiert, der unabhängig<br />
und weisungsfrei gegenüber<br />
der Konzernführung ist. Seine zentrale<br />
Aufgabe liegt vor allem in der<br />
Prävention und in der Schulung und<br />
Beratung unserer Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter. Denn jedem Einzelnen<br />
muss klar sein: Korruption ist<br />
kein Kavaliersdelikt, sondern schädigt<br />
unser Ansehen als Mitarbeiter<br />
und das Ansehen des ÖBB-Konzerns<br />
und schadet der Wirtschaft im Allgemeinen.