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PERSPEKTIVWECHSEL

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Vor diesem Hintergrund bestünde eine der Aufgaben der interkulturellen Pädagogik darin, den Zusammenhang<br />

aufzuzeigen, der zwischen der Ausbildung einer Moral der Anerkennung zwischen Gruppen und Subkulturen<br />

mit je eigener kollektiver Identität und gerechten gesellschaftlichen Verhältnissen besteht. Deren Durchsetzung<br />

erweist sich als Voraussetzung für die Entfaltung eines interkulturellen Lern- und Anerkennungsprozesses. Es<br />

gilt darauf hinzuweisen, dass nicht die verschiedenen Kulturen und die in ihnen entwickelten Identitäten das<br />

eigentliche gesellschaftliche Problem darstellen – problematisch ist vor allem die Prozesse der Ausgrenzung von<br />

gesellschaftlicher Teilhabe.<br />

„Über die Geltungsansprüche in verschiedenen Kulturen kann man sich kommunikativ verständigen, nicht<br />

jedoch über die Vorenthaltung von Gleichberechtigung über Dominanz und Diskriminierung.“ 11 Gerechtigkeit und<br />

Gleichheit zählen also mit Blick auf Rechte und Freiheiten zu den konstitutiven Bedingungen der Ermöglichung<br />

interkultureller Lern- und Verständigungsprozesse. Prozesse wechselseitiger Anerkennung können nur unter<br />

Bedingungen der Herstellung und Erhaltung der gleichen gerechten Optionen für die Entwicklung auch des<br />

Ungleichen ihr Ziel erreichen. Eine Moral, die nicht auf Gerechtigkeit gegründet ist, gefährdet und verhindert<br />

den interkulturellen Anerkennungsprozess, da Diskriminierungserfahrungen von den betroffenen Individuen als<br />

Mangel an Respekt seitens der Gesellschaft ihnen gegenüber erfahren wird und zum Mangel an Selbstachtung<br />

führen kann.<br />

Somit ist eine interkulturelle Pädagogik auch dann gefordert, wenn es darum geht, Konzepte von Gerechtigkeit<br />

im interkulturellen Beziehungsgeflecht zu konkretisieren, da erst gerechte soziale Verhältnisse die Gewähr dafür<br />

bieten, dass sich eine Moral Geltung verschaffen kann, die Bezug auf das Verhältnis unterschiedlicher ethischkultureller<br />

Identitäten nimmt.<br />

9<br />

Literaturnachweise<br />

1<br />

Gabriele Pommerin. Migrantenliteratur und ihre Bedeutung für die interkulturelle Erziehung. In: Zielsprache Deutsch 3/1984, S. 41<br />

2<br />

Franz Hamburger. Interkulturelles Lernen in einer offenen Gesellschaft. In: Christian Kubina / Gerd Rutz (Hrsg.). Interkulturelles Lernen. GFPF-Materialien Nr. 21,<br />

Frankfurt/M. 1989, S. 32<br />

3<br />

Wolfgang Nieke. Multikulturelle Gesellschaft und interkulturelle Erziehung. Zur Theoriebildung in der Ausländerpädagogik. In: Die Deutsche Schule 4/1986, S. 470<br />

4<br />

Franz Hamburger. Der Kulturkonflikt und seine pädagogische Kompensation. In: Eckard J. Dittrich / Frank-Olaf (Hrsg.). Ethnizität, Wissenschaft und Minderheiten.<br />

Opladen 1990, S. 313<br />

5<br />

Albert Scherr. Bildung zum Subjekt in der multikulturellen Gesellschaft. In: Franz Grubauer et al. (Hrsg.). Subjektivität – Bildung – Reproduktion. Perspektiven einer<br />

kritischen Bildungstheorie. Weinheim 1992, S. 170<br />

6<br />

Franz Hamburger. Interkulturelles Lernen als Aufgabe und Problem in Schule, Ausbildung und Beruf. In: Ralph Kersten / Doron Kiesel / Sener Sargut (Hrsg.). Ausbildung<br />

statt Ausgrenzen. Jugendliche ausländischer Herkunft in Schule, Ausbildung und Beruf. Frankfurt/M. 1996, S.100<br />

7<br />

Oswald Schwemmer. Kulturelle Identität und moralische Verpflichtung. In: Information Philosophie 3/1992, S. 20<br />

8<br />

Ebenda, S. 18<br />

9<br />

Ebenda, S. 20<br />

10<br />

Ebenda<br />

11<br />

Hamburger. Interkulturelles Lernen als Aufgabe und Problem, S. 104

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