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PERSPEKTIVWECHSEL

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Persönliche Reflexionen // Monika Chmielewska-Pape<br />

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Monika Chmielewska-Pape<br />

Bildungsreferentin, Projekt „Perspektivwechsel“<br />

Meine persönliche Motivation<br />

Ich bin in dem Bewusstsein aufgewachsen, dass man<br />

sich für die Gesellschaft, in der man lebt, interessieren<br />

und engagieren sollte. Und dieses Projekt besetzt<br />

Themen – Antisemitismus und Diskriminierung –, die<br />

mich persönlich tangieren und zu denen ich als Jüdin<br />

und als überzeugte Demokratin einen besonderen<br />

Bezug habe.<br />

Ich glaube, dass die „deutsch-jüdische“ Beziehung<br />

keine einfache ist. Ich möchte etwas dazu beitragen,<br />

dass sich dieses Verhältnis verändert, dass sich die<br />

beiden „Parteien“ einander soweit annähern, dass<br />

ein ehrlicher, gleichberechtigter Dialog stattfinden<br />

kann. Das ist eines meiner persönlichen Ziele, und<br />

das möchte ich unter anderem mit der Seminararbeit<br />

beim Perspektivwechsel – in dem kleinen Rahmen –<br />

der mir zur Verfügung steht.<br />

Ich versuche, meine Wünsche und Vorstellungen<br />

von der Gesellschaft, in der ich leben will, nicht nur<br />

auszusprechen, sondern soweit wie möglich auch zu<br />

verwirklichen. Die Antidiskriminierungsarbeit bietet<br />

dafür ein geeignetes Forum. Damit kann ich als<br />

Mitglied der deutschen Gesellschaft Verantwortung<br />

übernehmen und meinen Handlungsspielraum nutzen.<br />

Unsere Projektziele<br />

Wir möchten in den Seminaren vermitteln, dass jeder<br />

Mensch Vorurteile hat, weil er ein Mensch ist. Das<br />

Ziel desjenigen, der sich damit befasst, soll eben nicht<br />

darin bestehen, sich selbst von jeglichen Vorurteilen<br />

freizusprechen. Das ist von vorneherein zum Scheitern<br />

verurteilt. Der Mensch kann lernen, dass Vorurteile<br />

eine Einengung des Denkens darstellen und er mit<br />

ihnen bewusst umgehen kann. Wir machen damit<br />

verständlich, dass Vorurteile nicht deshalb entstehen,<br />

weil wir als Menschen etwas falsch machen. Das<br />

hat vielmehr etwas mit den Bildern von Menschen<br />

und Menschengruppen zu tun, die wir in der<br />

Herkunftsfamilie aufnehmen, die kulturell bedingt<br />

unser Leben begleiten (etwa in der Literatur, Kunst<br />

und Musik) – Bilder, die durch unterschiedlichste<br />

Medien immer wieder bestärkt werden. Wir machen<br />

klar, dass wir diese sozialisationsbedingte Prägung<br />

nicht hinnehmen müssen. Jeder, der für seine<br />

Einstellungen Verantwortung übernehmen will, kann<br />

seine vorurteilsbehafteten Denkmuster oder sein<br />

diskriminierendes Verhalten verändern.<br />

Wir versuchen, ein differenziertes Menschenbild zu<br />

schaffen und aufzuzeigen, dass wir Menschen uns in<br />

vielen Dingen ähnlich sind, gleichzeitig aber jede und<br />

jeder von uns durch ihre/seine persönliche Geschichte<br />

einzigartig ist. Deshalb kann keine pauschalisierende<br />

Zuschreibung richtig sein. Dies lässt sich umgehen,<br />

wenn man beispielsweise auf Pauschalisierungen<br />

verzichtet und Menschen so konkret wie möglich<br />

beschreibt, ohne dadurch eine ganze Menschengruppe<br />

zu kritisieren. Es gibt geizige Juden, aber nicht jeder<br />

Jude ist geizig. Es gibt pünktliche Deutsche, aber nicht<br />

jeder Deutsche ist pünktlich.<br />

Wir möchten erreichen, dass die SeminarteilnehmerInnen<br />

für diese Denkweisen und Ansichten<br />

sensibilisiert werden. Erst die Sensibilisierung<br />

ermöglicht das Umdenken. Das kann jede/r nur selbst<br />

in einem Prozess erarbeiten. Diesen Prozess leiten<br />

wir ein und unterstützen die TeilnehmerInnen dabei,<br />

Dinge zur Sprache zu bringen und zu verinnerlichen.<br />

Viele glauben, dass es ausreicht, ein paar Bücher<br />

zu lesen, um Vorurteilen und Diskriminierung zu<br />

begegnen. Doch die PädagogInnen, LehrerInnen,<br />

SozialarbeiterInnen und MultiplikatorInnen können<br />

nur dann glaubwürdig bestimmte Ideen vermitteln,<br />

wenn sie selbst eine durchdachte Haltung dazu haben<br />

und sie ständig hinterfragen.<br />

Uns ist es wichtig, dass die Teilnehmenden unserer<br />

Seminare sich dessen bewusst sind. Wir versuchen,<br />

sie in die Lage zu versetzen, diese Haltung authentisch<br />

und selbstsicher nach außen zu tragen.<br />

Methoden und Seminare<br />

Der methodische Ansatz, mit dem wir arbeiten, ist<br />

der Anti-Bias-Ansatz. Diese Methode bietet eine<br />

Möglichkeit, unsere eigenen Menschen- und Weltbilder<br />

zu hinterfragen und zu modifizieren. Dies geschieht<br />

in einem Prozess, der durch viele unterschiedliche<br />

Übungen eingeleitet wird. Zunächst werden die<br />

TeilnehmerInnen auf eine Reise zu sich selbst einge-

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