3 Die Rechtsidee - FernUniversität in Hagen
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E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die Praktische Philosophie anhand von ausgewählten Problemfeldern<br />
b) sie mit Positionen und Ämtern verbunden s<strong>in</strong>d, die jedem offen stehen.“<br />
39<br />
Zur Ungleichheit muss man ergänzend sagen, dass sie nur dann für legitim<br />
gelten darf, wenn sie den am wenigsten Begünstigten den größtmöglichen<br />
Vorteil br<strong>in</strong>gt. So bietet Rawls e<strong>in</strong>e Begründung für e<strong>in</strong>en zugleich<br />
liberalen und sozialen Rechtsstaat.<br />
Vorrang der Freiheit<br />
Liberaler und sozialer<br />
Rechtsstaat<br />
Utilitaristische<br />
Gegenargumente<br />
<strong>Die</strong> beiden genannten Gerechtigkeitspr<strong>in</strong>zipien s<strong>in</strong>d nicht gleichrangig,<br />
vielmehr kommt dem ersten e<strong>in</strong> Vorrang zu, d. h. die Freiheit darf nur um<br />
der Freiheiten anderer wegen e<strong>in</strong>geschränkt werden, nicht aber aus ökonomischen<br />
oder sozialpolitischen Erwägungen.<br />
Der Staat, den Rawls <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er „Theorie der Gerechtigkeit“ begründet, ist<br />
der Typ e<strong>in</strong>es liberalen und sozialen Rechtsstaats. <strong>Die</strong> Wirtschaft ist <strong>in</strong><br />
diesen Staat e<strong>in</strong>gebunden, d. h. auch an diese Rahmenbed<strong>in</strong>gungen gebunden.<br />
Manche Wirtschaftsliberale sehen dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Beh<strong>in</strong>derung und<br />
Gängelung der freien Wirtschaft und der freien Entfaltung der heilsamen<br />
Kräfte des Marktes.<br />
Solche Kritik an der Kritik der „Theorie der Gerechtigkeit“ bedient sich oft<br />
als philosophischer Begründung, d. h. wenn sie mehr se<strong>in</strong> will als das<br />
Austoben e<strong>in</strong>es ökonomischen Machtwillens und sich um e<strong>in</strong>e Legitimation<br />
bemüht, utilitaristischer Argumente. Für den Utilitarismus hat das kollektive<br />
Wohl („Das größte Glück der größten Zahl“) absoluten Vorrang<br />
auch gegenüber dem Freiheitsanspruch E<strong>in</strong>zelner, d. h. mit den Worten<br />
gewisser Kritiker gesagt: E<strong>in</strong>e Sklavenhaltergesellschaft oder e<strong>in</strong> Polizeistaat,<br />
die e<strong>in</strong>en großen Gesamtnutzen garantieren, ist e<strong>in</strong>er Gesellschaft<br />
der Freiheit im Elend vorzuziehen und „gerechter“. Der Utilitarismus ist<br />
also gewissermaßen e<strong>in</strong> Egoismus des Kollektivs, während Rawls die unverletzlichen<br />
Rechte des E<strong>in</strong>zelnen <strong>in</strong> den Mittelpunkt stellt. Beide Seiten<br />
s<strong>in</strong>d sich allerd<strong>in</strong>gs dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ig, dass es der Idee der Gerechtigkeit nicht<br />
widerspricht, dass es soziale und ökonomische Ungleichheiten gibt, oder<br />
deutlicher gesprochen: dass es Arme und Reiche gibt, das ist ok. Mit ihrer<br />
privaten Verschwendungssucht oder ihrer reichtumsmehrenden Investitionsbereitschaft<br />
schaffen die Reichen Arbeitsplätze für die Armen und<br />
nutzen daher mit ihrem <strong>in</strong>dividuellen Egoismus e<strong>in</strong>em Egoismus des Kollektivs.<br />
Rawls dagegen formuliert e<strong>in</strong>schränkende Bed<strong>in</strong>gungen der Ungleichheit.<br />
Wenn es besser geht, dann muss es zum Vorteil der schlechter<br />
Gestellten dienen. <strong>Die</strong> Frage, die sich Rawls nicht stellt, ist allerd<strong>in</strong>gs, was<br />
als gerecht anzusehen wäre, wenn sich die Bed<strong>in</strong>gungen allseits verschlechtern.<br />
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39 J. Rawls: E<strong>in</strong>e Theorie der Gerechtigkeit. Frankfurt a. M. 1975, S. 81.