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AUF ACHSE I<br />
Benelli 650 S Tornado I Kawasaki 650 W1<br />
Treppe oder Aufzug? Mal<br />
ehrlich, wer die Wahl hat,<br />
nimmt den Lift. Ich mache<br />
das jedenfalls so. Und würde<br />
daher auch liebend gern auf den<br />
schwarzen Starterknopf der Benelli drücken.<br />
Allerdings nicht aus Bequemlichkeit,<br />
sondern aus Respekt.<br />
Den hat mir die 650 S Tornado nämlich<br />
in den Tagen zuvor bei zwei, drei<br />
schüchternen Startversuchen in der <strong>Classic</strong>-Tiefgarage<br />
beigebracht. Jeder Tritt war<br />
nicht nur vergeblich, sondern auch ein<br />
wenig schmerzhaft, weil der Italo-Twin<br />
bei Zaghaften lieber austeilt als einsteckt.<br />
Dennoch, ich musste Norbert Breuninger,<br />
dem Besitzer dieses schönen 1972er-Modells,<br />
versprechen, den E-Starter nicht zu<br />
benutzen. Schlägt der Zweizylinder dabei<br />
zurück, kann die schwächliche Kette zum<br />
Anlasser reißen, hatte er mich gewarnt.<br />
So stehe ich nun mit gemischten Gefühlen<br />
und besonders stabilen Stiefeln auf<br />
den Rasten der Benelli. Jetzt gilt‘s, der Fotograf<br />
drängelt, außerdem schaut Jürgen,<br />
der Eigner der Kawasaki, erwartungsvoll<br />
herüber. Seine W1 brummelt schon sonor<br />
aus den kurzen Tüten, als ich – wie von<br />
Norbert empfohlen – den Kickstarter einen<br />
Klick nach unten drücke und erst danach<br />
entschlossen und mit Schmackes zutrete.<br />
So klappt‘s, die Benelli läuft, und das auf<br />
den ersten Tritt! Puh, ich bin echt erleichtert,<br />
die Benelli beschert mir das erste<br />
Glücksgefühl an diesem herrlichen, sonnigen<br />
Tag auf der Schwäbischen Alb.<br />
Die W1 gibt sich „very british“<br />
Jürgen hat von meiner Anspannung<br />
nichts mitbekommen, für ihn ist das<br />
Kicken kein großer Akt, seine W1 startet<br />
willig. Gut so, denn einen E-Starter besitzt<br />
die Kawasaki erst gar nicht. Nicht nur in<br />
diesem Punkt hält sich die W1 streng an<br />
die englischen Vorbilder. Auch konstruktiv<br />
schimmert überall traditioneller britischer<br />
Motorradbau durch, weshalb weniger<br />
zurückhaltende Zeitgenossen damals,<br />
1965, sogar von einer Kopie sprachen.<br />
Nicht ganz zu Unrecht, denn die Kawasaki<br />
W1 war eine Weiterentwicklung, die<br />
auf dem 500er-Meguro-Twin von 1959<br />
basierte. Und bei dem hatten die Techniker<br />
tatsächlich die BSA A7 ganz genau<br />
angeschaut, Bohrung (66 Millimeter) und<br />
Hub (72,6 Millimeter) waren bei der<br />
Meguro K1 sogar identisch mit der Britin.<br />
Anfang der 1960er-Jahre kooperierte<br />
6 <strong>MOTORRAD</strong> CLASSIC 8/<strong>2014</strong> www.motorrad-classic.de