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14<br />
Wohl der Schüler fest<br />
im Blick<br />
Gedanken zur Schulentwicklung im Aachener<br />
Nordwesten<br />
Im Nordwesten Aachens tut sich bildungspolitisch<br />
einiges. Der neue Campus der RWTH<br />
zieht dabei sehr viel Aufmerksamkeit auf sich.<br />
Aber vor das Studium haben die Bildungsverantwortlichen<br />
in Deutschland die Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> die<br />
weiterführenden Schulen gesetzt. Wie es um die<br />
Schulentwicklung im Nordwesten steht, beschreibt<br />
der Schulleiter des Anne-Frank-Gymnasiums am<br />
Hander Weg in <strong>Laurensberg</strong>, Herr Oberstudiendirektor<br />
Berthold Winterlich, <strong>aus</strong> dessen Feder<br />
dieser Artikel stammt:<br />
Am 27. März 2012 entschied der Schul<strong>aus</strong>schuss<br />
der Stadt Aachen, keinen vierten Zug im Schuljahr<br />
2012/13 am Anne-Frank-Gymnasium (AFG) einzurichten.<br />
Dies bedeutet, dass am AFG nur maximal<br />
96 Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler aufgenommen werden<br />
können; die Anmeldezahl lag bei 103. Sechs Jahre<br />
hintereinander waren die Anmeldezahlen stetig<br />
gestiegen. Die Gründe dafür sind vielfältig, einige<br />
könnten sein:<br />
1. Der Wegfall der Verbindlichkeit der Gr<strong>und</strong>schulempfehlungen<br />
führt landesweit zu einem<br />
Anstieg der Übergangsquote zum Gymnasium. Für<br />
Aachen dürfte sie bei etwa 53 % liegen.<br />
2. Das neue Schulgesetz verlangt von allen<br />
Schulen, Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler individuell zu<br />
fördern. Inzwischen ist diese gesetzliche Vorschrift<br />
auch in den Gymnasien angekommen <strong>und</strong> wird<br />
flächendeckend umgesetzt. Viele Schülerinnen<br />
<strong>und</strong> Schüler, die früher keine Chance am Gymnasium<br />
hatten, werden nun mitgenommen <strong>und</strong> ihnen<br />
wird durch individuelle Förderung ermöglicht, die<br />
Klassenziele zu erreichen.<br />
3. Die Kürzung der gymnasialen Ausbildung<br />
auf acht Jahre hat zu einer Ausweitung des<br />
St<strong>und</strong>enplans in den Nachmittag geführt. Praktisch<br />
sind alle Gymnasien inzwischen auch „Ganztagsschulen“,<br />
auch wenn sie dafür weder die Mittel noch<br />
die personelle Ausstattung erhalten. Daher sind die<br />
Gymnasien auch wieder interessant geworden für<br />
Eltern, die beide berufstätig sind.<br />
4. Viele Gymnasien – auch das Anne-Frank-<br />
Gymnasium – haben für Eltern interessante Profile<br />
entwickelt: Profilklassen, Musikklassen, Ausweitung<br />
des bilingualen Unterrichts, Zusammenarbeit mit<br />
außerschulischen Lernpartnern, verstärkter Unterricht<br />
in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik,<br />
Naturwissenschaften, Technik) usw. Das AFG hat<br />
das St<strong>und</strong>envolumen in den Naturwissenschaften<br />
<strong>und</strong> Sport in den Eingangsklassen z. B. erhöht <strong>und</strong><br />
ein neues Fach „Lernen lernen“ eingeführt.<br />
Für viele Erziehungsberechtigte sind die Gymnasien<br />
damit eine gute Alternative zu Real- <strong>und</strong><br />
Gesamtschule geworden. Als Stadtteilschule hat<br />
das AFG in den vergangenen Jahren zunehmend<br />
die Zusammenarbeit mit den ansässigen Gr<strong>und</strong>schulen<br />
erweitert <strong>und</strong> <strong>aus</strong>gebaut. Selbst Eltern, die<br />
ihre Kinder noch nicht am AFG angemeldet hatten,<br />
wurde Gelegenheit gegeben, die Schulentwicklung<br />
mit zu bestimmen. So führte das Gymnasium im<br />
Herbst 2011 eine Befragung zur Einführung von<br />
Spanisch als zweite Fremdsprache, zur Änderung<br />
des St<strong>und</strong>entaktes <strong>und</strong> zur Schulanfangszeit durch.<br />
Gefragt wurden eben auch die Eltern der Kinder der<br />
3. <strong>und</strong> 4. Klasse in den Gr<strong>und</strong>schulen <strong>Laurensberg</strong>,<br />
<strong>Richterich</strong>, Horbach, Hörn, Vaalserquartier <strong>und</strong><br />
den drei Gr<strong>und</strong>schulen in Kohlscheid. In anonymisierter<br />
Form konnten Eltern ihre Vorstellungen<br />
einbringen, wenn die jeweiligen Schulleitungen der<br />
Befragung zustimmten. Mit Ausnahme der Gr<strong>und</strong>schule<br />
in Vaalserquartier haben dies auch alle<br />
genehmigt. Auch dies mag ein Gr<strong>und</strong> mehr sein,<br />
dass Eltern inzwischen ihr Kind gern am AFG<br />
anmelden.<br />
Ein völlig anderer Gr<strong>und</strong> könnte die schulische<br />
Entwicklung im Aachener Norden sein oder die<br />
Entscheidungen der Stadt Aachen bzw. der Stadt<br />
Herzogenrath mit entsprechender Wirkung auf den<br />
nordwestlichen Stadtteil. Die Entscheidung zur<br />
Errichtung einer vierten Gesamtschule musste sich<br />
auf die im <strong>Laurensberg</strong>er Schulzentrum ansässige<br />
Heinrich-Heine-Gesamtschule (HHG) <strong>aus</strong>wirken.<br />
Die Anmelde- <strong>und</strong> Aufnahmezahlen 2011 <strong>und</strong><br />
2012 scheinen dies eindrucksvoll zu bestätigen.<br />
Konnte bisher noch damit gerechnet werden, dass<br />
Kohlscheider Eltern, die ihr Kind zu einer Gesamtschule<br />
schicken wollten, sich für die Heinrich-<br />
Heine-Gesamtschule entschieden, entstand 2012<br />
durch den Beschluss der Stadt Herzogenrath, in<br />
Kohlscheid eine Gesamtschule zu errichten <strong>und</strong><br />
gleichzeitig an der Real- <strong>und</strong> Hauptschule keine<br />
Aufnahmen mehr zuzulassen, ein nicht unerheblicher<br />
Druck auf die <strong>Laurensberg</strong>er Gesamtschule.<br />
Was bedeutet dies nun für die weitere schulische<br />
Entwicklung im Aachener Nordwesten? Da in<br />
Kohlscheid kein Angebot des dreigliedrigen Schulsystems<br />
mehr besteht <strong>und</strong> Kohlscheider schon<br />
seit jeher ihre Kinder auch gern im Schulzentrum<br />
<strong>Laurensberg</strong> angemeldet haben, kann angenommen<br />
werden, dass die Anmeldungen am AFG höher als<br />
in der Vergangenheit liegen werden. Immerhin wird<br />
auch von Politikern das Prinzip vertreten: „Kurze<br />
Beine, kurze Wege!“ Der Schulweg zum Schulzentrum<br />
<strong>Laurensberg</strong> ist für die Kohlscheider Kinder<br />
der Kürzeste. Schließlich waren ja auch die Kohlscheider<br />
vehement für den Bau des Schulzentrums<br />
eingetreten; damals, vor der Gebietsreform, eine<br />
durch<strong>aus</strong> verständliche Haltung. Aber warum sollte<br />
sich daran, in einem grenzfreien Europa, heute<br />
etwas geändert haben?