Vorlesungsmanuskript ET-EW 2011.pdf - von Prof. Dr.-Ing. H. Alt, FH ...
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8<br />
1.2.2 Kernfusion<br />
Kernenergie lässt sich auch über den Aufbau schwerer Kerne aus leichten Kernen (Kernfusionpro-<br />
2 3 4 1<br />
zess), gewinnen z. B.: 1 D+ 1T<br />
⇒2<br />
He + 0n<br />
+ ∆E<br />
, ∆E = 17,6 MeV<br />
Kernfusion und Kernspaltung lassen sich als Kettenreaktion führen; allerdings wurde bisher nur bei<br />
der Kernspaltung eine kontrollierte Kettenreaktion verwirklicht. Eine massenkontrollierte Fusionsreaktion<br />
liefert die Wärme unseres Zentralgestirns, eine unkontrollierte Kernfusions-Kettenreaktion<br />
erfolgt bei der Explosion einer Wasserstoffbombe. Im Jahr 1991 wurde am Joint European Torus<br />
(J<strong>ET</strong>) in Culham/England erstmals auch unter irdischen Bedingungen nachgewiesen, dass sich<br />
eine (D2 + T2)-Mischung auch thermisch in kontrollierter Form „zünden“ lässt.<br />
Die bei Kernprozessen freiwerdende Energie ∆E tritt – wie dies auch bei chemischen Reaktionen<br />
der Fall ist – als Massendifferenz zwischen Anfangs- und Endzustand des Systems in Erscheinung<br />
(Massendefekt). Dieser Massendefekt ∆m ist über die Einstein-Beziehung ∆E = ∆m c 2 einer Energie<br />
gleich; wobei der Masse 1 AME die Energie 931 MeV entspricht. Die relativen Massendefekte<br />
∆m/m sind für chemische Reaktionen verschwindend klein.<br />
Hier wird meist nur die Bindungsenergie der chemischen Bindungen im Bereich <strong>von</strong> (1 – 5)eV frei.<br />
Nach den chemischen Reaktionen weisen die radioaktiven Zerfallsprozesse die geringsten Massendefekte<br />
auf (∆m/m in der Größenordnung <strong>von</strong> 10 -10 ; 10 Milliardstel), während der Massenverlust<br />
bei Kernfusion und Kernspaltung (∆m/m in der Größenordnung <strong>von</strong> 10 -3 ; Tausendstel) mit einer<br />
guten Waage bestimmt werden könnte. Eine vollständige Massenvernichtung (∆m/m=1!) tritt<br />
bei Teilchen-Antiteilchen-Reaktionen auf, z. B. bei der Wechselwirkung <strong>von</strong> Positronen mit Negatronen<br />
(Paarvernichtung).<br />
Wird die <strong>von</strong> einem Radionuklid emittierte Strahlung in der Probe absorbiert, so führt dies in den<br />
meisten Fällen zu deren Aufheizung (Ausnahme: (a,n)-, (g,n)-Kernreaktionen oder g-Wechselwirkung)<br />
In den Radionuklid- oder Isotopenbatterien nutzt man den sich somit ausbildenden Temperaturunterschied<br />
zur Umgebung aus. Bei den heute in Betrieb befindlichen Isotopenbatterien<br />
wird diese Wärmeenergie über die thermoelektrische Konversion (Seebeck-Effekt) mit einem Wirkungsgrad<br />
<strong>von</strong> maximal 3 bis 5 % in elektrische Energie umgewandelt. Eine höhere Ausbeute an<br />
elektrischer Energie <strong>von</strong> 8 bis 10 % liefert die thermoionische Anordnung, deren Technologie aber<br />
noch nicht genügend entwickelt ist.<br />
Die bei radioaktiven Zerfallsprozessen freiwerdende Energie ist mit weniger als 100 keV/u relativ<br />
gering. Für Isotopenbatterien mit konstanter, hoher Leistung, aber kleinem Volumen und Gewicht<br />
werden Radionuklide benötigt, die eine relativ lange Halbwertszeit besitzen, beim Zerfall möglichst<br />
viel Energie in Freiheit setzen und keine oder nur eine sehr geringe Abschirmung benötigen, um<br />
eine Strahlenbelastung der Umgebung auszuschließen.<br />
Vorteilhaft sind daher α-strahlende Nuklide wie 238 Pu, 244 Cm und 210 Po. β-aktive Nuklide wie 144 Ce<br />
und 90 Sr sind zwar als Abfallprodukte der Kernspaltung billiger, bedürfen aber einer relativ dicken<br />
Abschirmung.<br />
Das wichtigste Nuklid für Isotopenbatterien ist 238 Pu, da es mit einer Halbwertszeit <strong>von</strong> 87,74 Jahren<br />
beim Zerfall nur α-Strahlen mit 5,5 MeV emittiert und die Zahl der Spontanspaltneutronen wegen<br />
der langen Spontanspalthalbwertszeit <strong>von</strong> 238 Pu niedrig ist. 238 Pu wird heute in kg-Mengen<br />
über die Reaktionen:<br />
237 Np (n,g) 238 Np -(b - ) → 238 Pu<br />
und in geringeren Mengen über: 241 Am (n,g) 242 Am -(b - ) → 242 Cm-(a) → 238 Pu gewonnen.<br />
Durch 237 Np-Bestrahlung erzeugtes 238 Pu besteht zu etwa 80 bis 85 % aus<br />
238 239<br />
Pu, zu 10 bis 15 % aus Pu und zu 3 bis 5 % aus höheren Pu-Isotopen.<br />
Sämtliche im Rahmen des Apollo-Mondlandungsprogramms benutzten Isotopenbatterien<br />
enthielten 238 PuO2 als Energiequelle (SNAP-27 mit ca. 4 kg<br />
238<br />
PuO2 lieferte bei 1480 Wth eine elektrische Leistung <strong>von</strong> ca. 60 W).<br />
Seit 1968 beim Absturz nach dem Fehlstart einer Rakete eine ungeschütze<br />
Pu-Isotopenbatterie in der Erdatmosphäre verglühte, wurde eine<br />
Wiederholung einer solchen Freisetzung durch entsprechend angebrachte<br />
Hitzeschilde ausgeschlossen. Für die Erforschung der äußeren<br />
Planeten unseres Sonnensystems sind Pu-Isotopen-Batterien die<br />
bisher einzige, zuverlässige Energiequelle.<br />
D:\<strong>FH</strong> AKE\<strong>Vorlesungsmanuskript</strong> <strong>ET</strong>-<strong>EW</strong> 2011.doc<br />
100 Watt Pu-238 Quelle, wie sie in einer<br />
Raumfahrtmission 1970 verwendet worden<br />
ist. Die Quelle ist 250 g schwer und<br />
ungefähr 3 cm im Durchmesser. Quelle:<br />
Los Alamos National Laboratory, U.S.A