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Muslimische Kinder und Jugendliche in Deutschland - Konrad ...

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26 27ländern erlebt haben. Man war Gast <strong>und</strong> hat wenig Ansprüche gestellt.Dabei ist zu betonen, dass die türkeistämmigen Gastarbeiter <strong>Deutschland</strong>deutlich positiver bewerteten als andere Gastarbeitergruppen. Zudemergaben Umfragen <strong>in</strong> den 1970er Jahren, dass sie deutlich stärker denKontakt zu Deutschen suchten bzw. sich e<strong>in</strong>en solchen wünschten alsbeispielsweise Griechen oder Italiener. Aus der heutigen Sicht ist ebensoerstaunlich, dass die erste Generation der zugewanderten Türken denAufenthalt <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> mit Bildungserwartungen für ihre <strong>K<strong>in</strong>der</strong> verb<strong>und</strong>enhat. Hier sche<strong>in</strong>t sich etwas über die Generationen verändert zuhaben.Diese E<strong>in</strong>ordnungsmöglichkeit <strong>in</strong> Bezug auf Differenz- <strong>und</strong> Diskrim<strong>in</strong>ierungserfahrungenhaben <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> geborene Migranten nicht. Sienehmen es als Diskrim<strong>in</strong>ierung wahr, anders behandelt zu werden, dennsie haben die Migrationserfahrung nicht selbst gemacht. Ihre Erfahrungenbeziehen sich lediglich auf <strong>Deutschland</strong> <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>in</strong>direkter, narrativerForm auf das Herkunftsland der Eltern. Dadurch fällt es ihnen auch deutlichschwerer, Anerkennung <strong>in</strong> jenem Herkunftsland zu erfahren. Dielangfristige Integration steht <strong>und</strong> fällt letztlich mit der Möglichkeit, e<strong>in</strong>esichere materielle Existenz aufzubauen. Und diese Sicherheit kann ausschließlichüber Erwerbsarbeit gewährleistet werden. Dadurch werdenbestimmte Themen wie Arbeitslosigkeit, Berufsausbildung, Studium<strong>und</strong> Berufs<strong>in</strong>teressen bzw. -wahl zu existentiellen Aspekten der sozialenIntegration. Um den primären Strategien der Arbeitslosigkeit zu entr<strong>in</strong>nen,f<strong>in</strong>den Migranten <strong>in</strong> der Form der e<strong>in</strong>fachen Selbstständigkeit(Obsthandel, Kiosk, verschiedene Formen der Gastronomie, Friseursalon,Transport- <strong>und</strong> andere e<strong>in</strong>fachere Dienstleistungsbetriebe). Diese Branchens<strong>in</strong>d überwiegend durch prekäre Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen gekennzeichnet.Dabei bef<strong>in</strong>den sich diese Arbeitsplätze <strong>in</strong> der Regel <strong>in</strong> Stadtteilenmit e<strong>in</strong>em hohen Migrantenanteil.E<strong>in</strong> anderes wichtiges Merkmal für die sozialen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen,die die <strong>Jugendliche</strong>n positiv bzw. negativ bee<strong>in</strong>flussen können, ist dieArt der Erwerbstätigkeit bzw. Arbeitslosigkeit <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>en dieArmut der Eltern. Alle aktuellen Untersuchungen belegen, dass vor allemtürkische <strong>und</strong> arabische Migranten am stärksten von der Arbeitslosigkeitbetroffen s<strong>in</strong>d (vgl. z.B. Beauftragter der B<strong>und</strong>esregierung 2007). Dief<strong>in</strong>anziellen Notlagen der <strong>Jugendliche</strong>n hängen aber nicht nur von derobjektiven Höhe der zur Verfügung stehenden Mittel ab, sondern auchvon ihren <strong>in</strong>dividuellen Ansprüchen <strong>und</strong> Wünschen. Bei jungen Migrantenarabischer <strong>und</strong> türkischer Herkunft kann festgestellt werden, dass materielleAnsprüche, wie z.B. Handy, Markenkleidung, Führersche<strong>in</strong> mit 18oder aber der Wunsch nach e<strong>in</strong>em Auto, sehr ausgeprägt s<strong>in</strong>d, weildiese Statussymbole die Stellung der <strong>Jugendliche</strong>n bzw. der Familie <strong>in</strong>der Gesellschaft widerspiegeln. Dadurch entstehen häufig große Diskrepanzenzwischen Anspruch <strong>und</strong> Wirklichkeit.<strong>Jugendliche</strong> mit Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> muslimischer Abstammungs<strong>in</strong>d auf dem Ausbildungsmarkt deutlich unterrepräsentiert. Ihre Ausbildungsbeteiligungliegt bei weniger als 25 Prozent (Beauftragter derB<strong>und</strong>esregierung 2007; Statistisches B<strong>und</strong>esamt 2008). Diese Entwicklungist besonders vor dem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> e<strong>in</strong>es stetigen Anstiegs desAnteils dieser Gruppe <strong>in</strong>nerhalb der Kohorten <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> besorgniserregend.Gleichzeitig konzentrieren sich diese <strong>Jugendliche</strong>n <strong>in</strong> wenigenBerufsausbildungsgängen, deren Zukunftssicherheit <strong>und</strong> Entgelt alsger<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>geschätzt werden können (Beauftragter der B<strong>und</strong>esregierung2007). In den unter den <strong>Jugendliche</strong>n beliebten Berufen, wie z.B. BankoderVersicherungskaufmann, ist die Ausbildungsbeteiligung weit unterdem Durchschnitt.Insgesamt lässt sich festhalten, dass die berufliche Integration muslimischer<strong>Jugendliche</strong>r nur sehr bed<strong>in</strong>gt gel<strong>in</strong>gt <strong>und</strong> zweifelsfrei e<strong>in</strong> großesHandlungsfeld politischer <strong>und</strong> pädagogischer Anstrengungen darstellt.Auf der e<strong>in</strong>en Seite werden hierfür Diskrim<strong>in</strong>ierungseffekte herangeführt:beispielsweise bei der Personalauswahl für e<strong>in</strong>en AusbildungsoderArbeitsplatz. 2Für die dauerhafte Integration <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> ist das Bildungssystemvon besonderer Bedeutung. Dies gilt zweifelsfrei <strong>in</strong> allen modernenGesellschaften, da die Integration auf dem Arbeitsmarkt hauptsächlichüber Bildungsabschlüsse <strong>und</strong> Sprachkenntnisse erfolgt. Aufgr<strong>und</strong> strukturellerVeränderungen <strong>in</strong> der Wirtschaft, stehen genau jene Arbeitsplätze,die die erste Generation der E<strong>in</strong>wanderer bekleiden konnte, nichtmehr zur Verfügung. Es werden <strong>in</strong>sbesondere Fachkräfte <strong>und</strong> Hochqualifiziertegesucht. Daher besteht <strong>in</strong> manchen Bereichen Arbeitskräftemangel,der durch die arbeitsuchenden, niedrig qualifizierten Menschennicht abgedeckt werden kann. Die Bildungsexpansion <strong>in</strong> der zweitenHälfte des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts hat zudem dazu geführt, dass der Wertvon Abschlüssen gesunken ist. Von dieser Entwicklung s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>sbesondereHauptschüler betroffen. Dieser gr<strong>und</strong>legende Abschluss reicht <strong>in</strong> den

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