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Inklusion durch Partizipation: Ein Beitrag von ... - BBE

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Schöttler | Grußworteher in familienbezogenen und sozialenBereichen aktiv. Menschenohne Migrationshintergrund hattennach Angaben des Bundesministeriumseher ein organisatorischrepräsentativesTätigkeitsprofil,während Menschen mit Migrationshintergrundsich eher direkt fürMenschen einsetzten.Sehr geehrte Damen und Herren,mit dem neuen Integrations- und<strong>Partizipation</strong>sgesetz in Berlin sinddie Bezirke verpflichtet, einen Integrationssauschusszu gründen.Hier in Tempelhof-Schöneberghatten wir einen solchen Ausschussbereits viele Jahre. Mitdem Gesetz konnten wir aber dieZahl der Bürgerdeputierten erhöhen,so dass wir insgesamt sechsBürgerdeputierte im Ausschusshaben. Alle sechs Bürger habeneinen Migrationshintergrund. SeitJahren beziehen wir hier im Bezirkdie Vereine und Träger in unsereArbeit mit ein, so ist beispielsweisedie Tempelhofer-SchönebergerArbeitsgemeinschaft derMigranten und Flüchtlingsprojekteim Interkulturellen Haus einsehr wichtiger Ansprechpartnerfür mich, wenn es um interkulturelleFragen geht. Die unterschiedlichenProjekte, die wirmit Migrant_innenorganisationengemeinsam entwickeln, stärkennicht nur unseren Bezirk, sondernunterstützen, manchmal direkt,manchmal indirekt die interkulturelleÖffnung und die Antidiskriminierungsarbeitdes Bezirksamtes.Sehr geehrte Damen und Herren,in einer demokratischen und solidarischenZivilgesellschaft solltenHerz und Verstand mehr geltenals die Ellenbogen. Richard <strong>von</strong>Weizäcker hatte einmal treffendformuliert: „Demokratie lebt vomStreit, <strong>von</strong> der Diskussion um denrichtigen Weg. Deshalb gehört zuihr der Respekt vor der Meinungdes anderen.“ In Tempelhof-Schönebergversuchen wir genau diesenWeg zu gehen. In diesem Sinnewünsche ich allen Anwesendeneine gelungene Veranstaltung.4 | Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>


Koray Yilmaz-Günay (Vorstand des Migrationsrates Berlin-Brandenburg e.V.)Erwartungen aus Sicht desMigrationsrates Berlin-Brandenburg e.V.Sehr geehrte Damen und Herren,liebe Freundinnen und Freunde,es ist mir eine große Freude, Sie imNamen des Migrationsrates Berlin-Brandenburg heute hier begrüßenzu können. Die Idee zu dieser Tagungist im Nachgang der letztenTagung entstanden, die sich in Hallemit Elternnetzwerken beschäftigthatte. Der Prozess der Vorbereitungund das daraus resultierende Programmsind aus unserer Perspektiveselbst beispielgebend gewesenfür die Themen, die wir an diesemWochenende besprechen wollen:<strong>Inklusion</strong> und <strong>Partizipation</strong>.Der Migrationsrat Berlin-Brandenburgist ein Dachverband <strong>von</strong> über70 Migrantinnen- und Migrant_innenorganisationen(MO), der imJahr 2004 selbst aus einem <strong>Partizipation</strong>sprozesshervorgegangen ist.Die Frage nach den «gemeinsamenInteressen» ist für uns <strong>von</strong> Anfangan zentral gewesen: Als das LandBerlin 2003 den Landesbeirat für Integrations-und Migrationsfragen insLeben gerufen hatte, war es alles andereals selbstverständlich, dass alle,die als «Migrant_innen» bezeichnetwurden, auch tatsächlich ähnlicheoder vergleichbare Erwartungen,Bedürfnisse und Vorstellungen haben.In einem langen, aufwändigen– und oft auch schmerzhaften –Prozess beteiligten sich einige DutzendMO an dem Projekt, unsereGemeinsamkeiten und auch unsereUnterschiede als Migrant_innenherauszuarbeiten. Wir haben unszu unserer Gründung eine Satzunggegeben, die als Produkt langer Debattentatsächlich mehr ist, als dieformale Geschäftsgrundlage unsererArbeit. Wir haben uns bewusst dafürentschieden, keine herkunftslandundherkunftsregionenbezogeneArbeit zu machen. Wir haben unsbewusst dafür entschieden, alle Formender Diskriminierung in den Blickzu nehmen und gemeinsam dagegenvorzugehen. Denn niemand ist nurMigrantin oder Migrant, niemand istnur <strong>von</strong> Rassismus betroffen – obwohldas den meisten <strong>von</strong> uns sicherschon mehr als genug wäre. Phänomenewie Sexismus, Homophobieund Transphobie sind genauso «unsere»Themen wie Antisemitismus,Altersdiskriminierung oder Barrieren,die Menschen mit Beeinträchtigungenin den Weg gestellt werden.Auch wenn der Staat und Teile derGesellschaft nach EU-Bürger_innenund Drittstaatsangehörigen unterscheiden,Flüchtlinge, Aussiedler_innenund andere Migrant_innen faktisch<strong>von</strong>einander trennen, tretenwir für einen solidarischen Kampfgegen Ungleichbehandlungen ein –unabhängig <strong>von</strong> tatsächlichen odervermeintlichen Merkmalen, dieMenschen auseinanderdividieren.Wir finden nicht nur als Individuen,sondern auch als Organisationensehr ungleiche Bedingungen fürunser Leben und unsere Arbeit vor.Betrachten wir im Feld der Gesetzeund des Regierungshandelns die Situation<strong>von</strong> Flüchtlingen, die Frage<strong>von</strong> Familienzusammenführungenoder die Regelungen zur Staatsangehörigkeit:In vielen Viertelndeutscher Großstädte ist mittlerweiledie Mehrheit der Bevölkerungnicht wahlberechtigt – oftgenug sind das auch Menschen, diein Deutschland geboren und aufgewachsensind und nie woandersgelebt haben. Das ist nicht nur einedemokratietheoretische Fragestellung,sondern ein reales Problemfür viele. Denn da<strong>von</strong> hängen auchandere demokratische <strong>Partizipation</strong>s-und Entscheidungsmöglichkeitenab, wie etwa Volksbegehrenund Volksentscheide. Dass es sichdabei nicht um abstrakte Hindernissefür einzelne handelt, sondernum konkrete Benachteiligungenfür viele, sehen wir nicht nur anden Referenden zu Religion alsSchulunterricht in Berlin oder zurSchulstrukturreform in Hamburg.Nicht anders sieht es im Bereichpolitischer Repräsentation aus.Schauen wir uns die Gewerkschaftenan. Dort kommen Migrant_innenvor allem auf der Ebene <strong>von</strong>Vertrauenspersonen in den Betriebenvor, in die oberen Etagenschaffen sie es nach wie vor genausoselten wie in der Politik, inder Verwaltung oder in Nichtregierungsorganisationen.Dasselbegilt für Selbstorganisationen, dennDokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> | 7


Vorträge


Prof. Dr. Iman Attia (Alice Salomon Hochschule Berlin)Migrant_innenselbstorganisationen – ihr <strong>Beitrag</strong> zurpolitischen <strong>Partizipation</strong>Ich bin gebeten worden, darüberzu sprechen, welchen <strong>Beitrag</strong> Migrant_innenorganisationenzur<strong>Partizipation</strong> leisten. Um den <strong>Beitrag</strong><strong>von</strong> Migrant_innen nicht zuvernachlässigen und die Organisationen,um die es gehen soll, zuspezifizieren, habe ich mir erlaubt,mich auf Migrant_innenselbstorganisationen(MO) zu konzentrieren.Selbstorganisationen sinddefiniert als freiwillige Zusammenschlüsse,die aus den Gruppen heraus(und nicht <strong>von</strong> außen) gebildetwerden, um gemeinsame eigeneZiele zu verfolgen. Es handelt sichdabei um solidarische Formen derBearbeitung gesellschaftlicher Problemlagen.Selbstorganisationen„konstituieren und entwickeln sichdann, wenn zwischen Staat undGesellschaft ein Spannungsverhältnisexistiert“ (Hadeed 2005, 23).Diese Konkretisierung leitet zumzweiten erklärungsbedürftigen Begriffüber, dem der <strong>Partizipation</strong>. DerBegriff wird heute inflationär verwendet,um die Beteiligung <strong>von</strong> Personenan jeglichen Entscheidungsprozessenzu beschreiben odereinzufordern. Demgegenüber werdeich meinen Ausführungen im Folgendenden engeren, aber dennocherweiterten Begriff <strong>von</strong> <strong>Partizipation</strong>zu Grunde legen. Eng insofern, alsdass ich mich auf die politische <strong>Partizipation</strong>konzentriere, um die Defiziteder Politik und ihrer etabliertenInstanzen und Institutionen in ihrerBedeutung für die Konstituierung<strong>von</strong> Selbstorganisationen herauszustellen.Diese Defizite hängen mit der politischenKultur der Bundesrepublikzusammen, insbesondere imKontext <strong>von</strong> Migrationspolitik, undsind für Migrant_innen und damitfür Migrant_innenselbstorganisationen<strong>von</strong> zentraler Relevanz. Ichbeziehe mich aber gleichzeitig insofernauf den erweiterten Begriff, alsdass <strong>Partizipation</strong> nicht länger aufdie politische Teilhabe <strong>durch</strong> Wahlenund in Parteien reduziert werdenkann. Die Erweiterung des Begriffsder politischen <strong>Partizipation</strong>um vielfältige Formen und Inhaltefängt auch jene Aktivitäten ein, diePolitik beeinflussen, ohne direktund aus den Parteien heraus zuagieren, etwa indem sie dafür sorgen,dass bestimmte Themen aufdie Agenda gesetzt werden. Hierzuzählen künstlerische, mediale oderauch wissenschaftliche Thematisierungengesellschaftlicher Problemlagenund <strong>von</strong> Beginn an auchInterventionen <strong>von</strong> MO. Sie ermöglichenes Bürger_innen auch dann,politische Bedeutung zu erlangen,wenn ihnen politische Bürger_innenrechtevorenthalten werden.Ich werde also jene Themen undFormen der <strong>Partizipation</strong> fokussieren,die mit dem Ausschluss <strong>von</strong>Post-/Migrant_innen zu tun haben.„Post-/Migrant_innen“ wiederumsoll die Gesamtheit jener Menschenandeuten, die als Migrant_innennach Deutschland eingewandertsind (und zwar als angeworbene,angeheiratete, undokumentierte,geflüchtete usw.) und ihre Nachkommen,die weiterhin als Fremdemarkiert und adressiert oder ebennicht adressiert werden.Lange Zeit (und teils auch heutenoch) wurde der <strong>Beitrag</strong> <strong>von</strong> MOauf ihren <strong>Beitrag</strong> zu Segregationoder Assimilation reduziert. Es interessiertealso lediglich, ob MOden Effekt haben, dass Migrant_innensich in die bestehende Gesellschafteingliedern oder sich amRande bzw. in sogenannten Parallelgesellschaftenaußerhalb der eigentlichenGesellschaft einrichten.Trotz der unterschiedlichen Argumentationenwaren die Positionen<strong>von</strong> einem Standpunkt aus vorgetragen,der die Aufnahme- oderMehrheitsgesellschaft nicht in Fragestellte. Sie bleibt in beiden Logikenunverändert und stabil, dasandere wird <strong>von</strong> der Mehrheitsgesellschaftaus analysiert und bewertet.Demgegenüber fokussierenStudien und Aktivist_innen, dieMO als politische Interessenvertretungverstehen, ihren <strong>Beitrag</strong> zurVeränderung <strong>von</strong> Gesellschaft undPolitik. Dieser Perspektivenwechselhängt damit zusammen, dassMO in ihren Formen und Themen,auch dann, wenn sie nicht explizitpolitisch formuliert sind, als Ausdruckder politischen Situation <strong>von</strong>10 | Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>


Vorträge | Attia | Migrant_innenselbstorganisationen – ihr <strong>Beitrag</strong> zur politischen <strong>Partizipation</strong>Gelegenheiten zur Interventionund sind ausschlaggebend für dieLebenslagen, die bewältigt werdenmüssen und die Mittel, diehierzu zur Verfügung stehen bzw.aktiviert werden können. Das bundesdeutscheNationenverständnisinklusive der Migrationspolitik hatfür Post-/Migrant_innen nicht nurzur Folge, <strong>von</strong> politischer <strong>Partizipation</strong>im engeren Sinne weitgehendausgeschlossen zu sein, sondernim Bildungs- und Erwerbsleben,bei der Wohnungssuche und imöffentlichen Leben benachteiligt zuwerden. Die eingeschränkten Zugänge,materiellen Nachteile unddiskursiven Schieflagen bestimmenaber nicht nur die Lebenslagen<strong>von</strong> Post-/Migrant_innen, sondernauch ihre Möglichkeiten, gehört zuwerden und <strong>Ein</strong>fluss zu gewinnen(vgl. Munsch 2010). Die Berücksichtigungdieser gesellschaftspolitischenRahmenbedingungen weistindividualisierende und kulturalisierendeSichtweisen auf Lebenslagen<strong>von</strong> Post-/Migrant_innen undAktionen <strong>von</strong> MO zurück. Vielmehrwird das Politische im Privaten undKulturellen hervorgehoben.Konkret heißt das, dass auch dann,wenn MO Hausaufgabenhilfe, Eheberatungoder Jobvermittlung anbietenoder wenn sie Kultur- undpolitische Veranstaltungen mitBezug zum Herkunftsland <strong>durch</strong>führen,diese Aktivitäten <strong>von</strong> dengesellschaftspolitischen Rahmenbedingungender Bundesrepublik<strong>durch</strong>drungen sind. Insofern istdie in Forschung und Politik üblicheTrennung <strong>von</strong> MO in solche,die sich der Herkunfts- oder aberder Aufnahmegesellschaft zuwenden,irreführend. Sie spiegelt zudemnicht die Aktivitäten der MO,denn in der Regel beschäftigen siesich mit beidem. Allerdings scheinensich mehr MO in Deutschlandmit Themen zu beschäftigen, diemit den Herkunftsländern zu tunhaben, als in anderen <strong>Ein</strong>wanderungsgesellschaften.Dies wird inentsprechenden Studien (zusammenfassendHadeed 2005, Leinberger2006, Munsch 2010) damitbegründet, dass die Herkunftsländerder Post-/Migrant_innen aufGrund der restriktiven deutschenMigrationspolitik interessant bleibenbzw. <strong>von</strong> hier aus werden. Dadie Bundesrepublik Migrant_innennicht als gleichberechtigtenTeil der Gesellschaft anerkenntund ihre Organisationen entsprechendfinanziert und hört, greifenMigrant_innen und MO aufdie Herkunftsländer als Finanzierungsquelleund politische Instanzzurück und behalten sie als Re-/Migrations- und Identifizierungsoptionim Blick. Diese Sichtweiseauf MO wird <strong>durch</strong> den internationalenVergleich belegt: Wenn diegleichen <strong>Ein</strong>wanderer_innengruppensich in verschiedenen Gesellschaftenunterschiedlich formieren,liegt es nahe anzunehmen, dass dasweniger mit der Herkunftskultur der<strong>Ein</strong>gewanderten als mit den Bedingungenim <strong>Ein</strong>wanderungsland zutun hat.In Bezug auf die Themen und Organisationsformen<strong>von</strong> MO inder Bundesrepublik wird darüberhinaus die Rolle der Wohlfahrtsverbändehervorgehoben. Im Zusammenhangmit der Anwerbung<strong>von</strong> Arbeitskräften erhielten sieden staatlichen Auftrag, die <strong>Ein</strong>gewandertenzu betreuen. Bereitsder Auftrag deutet darauf hin, dass<strong>Ein</strong>gewanderte nicht als Interessengruppeverstanden werden, derenInteressen gehört und reguliertwerden sollen, sondern als Unmündige,die der Erziehung bedürfenund für die externe Stellvertretereingesetzt werden. Weder wurdenMO in nennenswertem Umfanggefördert, noch bemühten sich dieWohlfahrtsverbände darum, <strong>Ein</strong>gewandertenRaum zuzugestehen,um ihre Interessen selbst zu vertreten.„Die Betroffenen wurdenbei der Artikulation und Lösungihrer Probleme <strong>durch</strong> die Verbändein den ersten Jahrzehnten weitgehendausgeschlossen. DiesesSpannungsverhältnis zwischen derlogistischen, finanziellen und politischenUnterstützung der Wohlfahrtsverbände[<strong>durch</strong> den Staat,I.A.] einerseits und deren Entmündigungspolitikandererseits führtezur Gründung <strong>von</strong> Organisationenund Vereinen“ (Hadeed 2005, 28).Die Leistungen der MO zeichnetensich <strong>von</strong> Beginn an <strong>durch</strong> einegroße Breite aus (vgl. Hadeed2005). Sie verstehen sich erstensals legitime Interessenvertretunggegenüber der Mehrheitsgesellschaftund ihren Institutionen.Zweitens vermitteln sie zwischenden Interessen und Bedürfnissen<strong>von</strong> Post-/Migrant_innen und Verwaltung,Politik und Regeleinrichtungenund geben Informationenüber diese an Post-/Migrant_innenweiter. Sie knüpfen drittens anverschiedenen Herkunftskulturenan und transformieren diese inder Auseinandersetzung mit ihrenLebensumständen in der Aufnahmegesellschaft.Und sie erbringenviertens Dienstleistungen, die <strong>von</strong>den Regeleinrichtungen gar nichterbracht werden oder aber nichtauf die spezifischen Bedürfnisse<strong>von</strong> Post-/Migrant_innen akzentuiertsind oder in entmündigenderund diskriminierender Form geleistetwerden. Obwohl also <strong>Ein</strong>gewanderte„in ihren Bürgerrechtenbeschnitten sind, haben sie in derVergangenheit und in der GegenwartMittel und Wege gefunden,sich am politischen Leben zu beteiligen.Migrant_innenselbstorganisationenspielen in diesem Zusammenhangeine wichtige Rolle“(Leinberger 2006, 2), denn sie sindin der Lage, die Interessen <strong>Ein</strong>zelnerals Gruppeninteressen zu artikulierenund zu bündeln und so Potenzialzu entwickeln, um <strong>Ein</strong>flusszu gewinnen.Mangels politischer <strong>Partizipation</strong>smöglichkeitenim engeren Sinne12 | Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>


Vorträge | Attia | Migrant_innenselbstorganisationen – ihr <strong>Beitrag</strong> zur politischen <strong>Partizipation</strong>sind andere Formen der <strong>Partizipation</strong>,wie sie im erweiterten Begriffbenannt werden, umso wichtiger.Im Post-/Migrationskontextsind dies vor allem jene Interventionsmöglichkeiten,die „mittelsÖffentlichkeit auf politische Willensbildungund politische Entscheidungsprozesseein[wirken]“(Leinberger 2006, 2 f.). Der Aufschwung,den diese Formen der<strong>Partizipation</strong> in der bundesdeutschenpolitischen Kultur der letztenJahre erfahren haben, „verhilftsozialer und politischer Aktivität zueinem neuen – höheren – Stellenwert[, … der MO, I.A.] politische<strong>Ein</strong>flussmöglichkeiten außerhalbpolitischer Wahlen“ (ebd., 3) eröffnet.Auch der aktuelle Bezugzu „Diversity Politics“ in verschiedenengesellschaftlichen Bereichenbietet eine günstige Grundlage, umMinderheitenpolitik zu fördern. ImUnterschied zu einer Politik, dievom Glauben an und dem Strebennach Konsens und <strong>Ein</strong>heit getragenist und damit regelmäßig marginalisiertePositionen missachtet, vermages eine Politik, die Vielfalt imKontext sozialer Ungleichheit versteht,„dominante Positionen undSichtweisen in Frage zu stellen undnicht-normative Lebensformen zubefördern“ (Munsch 2010, 37). Insofernbestehen derzeit gute Aussichtenauf eine Änderung der politischennationalen Kultur mit ihrenEffekten für Minderheitenrechteund für Aktivitäten <strong>von</strong> MO.Auf lange Sicht wird das für dieAktivitäten <strong>von</strong> MO Folgen haben;das kann derzeit bereits beobachtetwerden. Und es wird sicherlichauch Folgen haben für die Organisationsformen,die sich auf diesich verändernden Bedingungeneinstellen werden. Die große Breitean Aktivitäten <strong>von</strong> MO wirdda<strong>durch</strong> wohl nicht geschmälertwerden, denn sie ist Ausdruck derpolitisch-gesellschaftlichen Situation<strong>von</strong> Post-/Migrant_innen undzielt nach wie vor auf ihre Verbesserung.Die Arbeit wird allerdingserschwert <strong>durch</strong> die Breite derThemen, die in den meisten Fällen<strong>von</strong> jeder einzelnen MO erbrachtwird und damit einer Spezialisierungund Professionalisierung entgegenwirkt.In Ballungsgebietenund Großstädten konnten dennochspezialisierte <strong>Ein</strong>richtungenund Dachverbände aufgebaut werden.Das sieht in Gegenden, in denenweniger Post-/Migrant_innenleben, noch weitgehend andersaus. Die Arbeit <strong>von</strong> MO wird aberinsbesondere <strong>durch</strong> die schlechtefinanzielle Ausstattung und die gesellschaftspolitischenRahmenbedingungenerschwert.Die politische Kultur ist nach wievor geprägt <strong>durch</strong> eine Haltung,die MO inzwischen zwar punktuellhört, sie aber nicht regelmäßigals legitime Vertreterinnen einerTeilgruppe dieser Gesellschaft einbezieht,die mit entsprechendenRechten ausgestattet ist. Immernoch werden eher die Wohlfahrtsverbändeund Regeleinrichtungenstellvertretend und advokatorischangefragt, statt sich selbstverständlichund zuerst an die Selbstorganisationenund ihre inzwischenvorhandenen Dachverbändezu wenden. Die erschwerendenRahmenbedingungen verdankensich zudem der andauernden Entrechtungeines Teils der Bevölkerung.Insbesondere Flüchtlinge undundokumentierte Migrant_innenleben in prekären Verhältnissen,ihre Interessenvertretungen sindauf Grund ihrer politischen Positionmarginal. Insofern wird hieraufin Zukunft sicherlich ein Schwerpunktder Arbeit <strong>von</strong> MO und ihrerDachverbände liegen. Denn der<strong>Beitrag</strong> <strong>von</strong> MO zur politischen <strong>Partizipation</strong><strong>von</strong> Post-/Migrant_innenmisst sich letztlich an den Erfolgen,die für jene Gruppen erreicht werden,die am stärksten marginalisiertund entrechtet werden. Dasshierzu MO notwendig sind, ergibtsich aus der politischen Kultur derBundesrepublik und ihrem Nationenverständnis.Insofern sind zuallererstdie Bundesrepublik und ihreRegeleinrichtungen danach zu fragen,wie sie gedenken, ihren <strong>Beitrag</strong>zur gleichberechtigten politischen<strong>Partizipation</strong> Aller zu leisten.Literatur:• Hadeed, Anwar (2005): Selbstorganisationim <strong>Ein</strong>wanderungsland.<strong>Partizipation</strong>spotenziale<strong>von</strong> Migrant_innen-Selbstorganisationenin Niedersachsen,Oldenburg• Leinberger, Katharina (2006):Migrant_innenselbstorganisationenund ihre Rolle als politischeInteressenvertreter. AmBeispiel zweier Dachverbände inder Region Berlin-Brandenburg,Münster• Munsch, Chantal (2010): Engagementund Diversity. Der Kontext<strong>von</strong> Dominanz und sozialerUngleichheit am Beispiel Migration,Weinheim, München• Toksöz, Gülay (1991): „Ja, siekämpfen – und sogar mehr als dieMänner“. ImMigrant_innen-Fabrikarbeitund gewerkschaftlicheInteressenvertretung, BerlinDokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> | 13


Ergun Can (Netzwerk für türkeistämmige Mandatsträger_innen)Voraussetzung für Engagement ist politische TeilhabeZunächst ist ein wenig Statistik interessant:1. Ca. 40 Prozent der Bevölkerunghaben einen „Migrationshintergrund“.2. Bei den 0 bis 6-jährigen sind es60 Prozent mit „Migrationshintergrund“.3. In 18 Prozent der Haushalte inStuttgart leben Kinder, da<strong>von</strong>ca. 10 Prozent mit „Migrationshintergrund“.4. Wahlberechtigt sind ca. 30 Prozentder Bevölkerung mit „Migrationshintergrund“.5. In Stuttgart sitzen im Gemeinderatsieben Mitglieder mit „Migrationshintergrund“bei 60 Mitgliederndes Gemeinderates.Die Strukturen der Gesellschaftändern sich die Gesellschaft überaltert.Daraus folgt; Vereine könnennur weiter bestehen, wennsie Kinder und Jugendliche ausallen Herkunftsländern beteiligen.D.h. gelungene Integration ist eineGrundvoraussetzung für den Erhaltunserer Vereinsstrukturen.Der Verein, der sich öffnet, sichertsein Überleben. Integrationist also für Vereine alternativlos,sonst droht das biologische „Vereinsende“.Um ein Beispiel für gelungene Integrationzu zeigen, möchte ich meinenLebenslauf darstellen. Warumhat es bei mir so gut geklappt?Schule und Beruf• 1964 <strong>Ein</strong>wanderung, Deutschland/Schramberg• Hauptschulabschluss• 1974 Lehre als Industrie-Mechanikerbei Junghans• Zweiter Bildungsweg, Dipl. Ing.Maschinenbau• Berufstätigkeit als Vertriebsingenieur(Siemens, Kern & Liebers,Novotechnik)• Betriebsratsvorsitzender seit 2008(IGM/Vertrauensmann 1974)Politischer Werdegang• 1982 <strong>Ein</strong>tritt in die SPD• 2001 Ortsvereinsvorsitzender• seit 2004 Stadtrat der SPD inStuttgart• seit 2007 Bundesvorsitzenderdes Netzwerks türkeistämmigerMandatsträger_innenGesellschaftliche Aktivitäten• Gründungsmitglied FördervereinAlbschule, Elternbeirat• Kuratorium des Deutsch-TürkischenForums seit 2008• AWO• Naturfreunde• Deutsches Rotes Kreuz• Verkehrswacht Stuttgart e.V.• Gesellschaft Möbelwagen e.V.seit 1897• Sportkreis Stuttgart e.V. als Beirat• Spielvereinigung SV 08 SchrambergMitglied seit 1970Unterstützung erhielt ich <strong>durch</strong>eine Familie in Schramberg, die mir<strong>durch</strong> Zuspruch, Menschlichkeitund Warmherzigkeit gezeigt hat,dass sie mir zutrauen, etwas in derGesellschaft zu erreichen.Nun zeige ich im Gegensatz dazu einigeBeispiele, warum es auf gesellschaftlicherEbene oft nicht klappt:1. Die finanzielle Sicherheit fehlt.2. Die Willkommenskultur fehlt,auch bei Vereinen, die Migrant_innen nicht zum Mitmachen einladen.Bei Migrant_innen gibtes oft keine Vereinskultur wie inDeutschland, sondern eher beruflicheVerbände.3. Missverständnisse aus Unkenntnisder “anderen“ Kultur, z.B. Bestattungsritualebei Muslimen.<strong>Ein</strong> Beispiel: Würde ich sterben,dann wäre die erste Schwierigkeit,dass meine in der Türkeilebenden Verwandten nichtohne wochenlange bürokratischeSchwierigkeiten nach Deutschlandkommen könnten.Ich möchte kurz einige wenige abereinfach <strong>durch</strong>zuführende konkreteLösungsansätze nennen:1. Es könnte mehr Angebote <strong>von</strong>deutschen Vereinen an Migrant_innenvereine geben, z.B. gemeinsamesWandern.2. Man muss Visionen entwickeln,indem man Gemeinsamkeiten14 | Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>


Vorträge | Can | Voraussetzung für Engagement ist politische Teilhabesucht, z.B. beim Volkstanz (türkischeTrachtenvereine und deutscheTrachtenvereine zeigen diejeweils eigenen Tänze bei einemgemeinsamen Abend).In wenigen Jahren entscheidet sichdie Integration. Noch haben wir esin der Hand.Politische EbeneDas Schlüsselmotiv meines politischenWerdegangs ist “mitmachen“.Angefangen hat alles aberdamit, dass mich Männer wie EgonBahr, Willy Brandt und HerbertWehner beeindruckt haben. Ausstrahlunghaben sie gehabt und sowar zum Beispiel Brandts Kniefallin Warschau für mich mehr als einSymbol, es war der Ausdruck tieferMenschlichkeit. Ich wollte nichtmehr, dass für mich Politik gemachtwird, ich wollte mitgestalten! Deshalbbin ich 1982 in die SPD eingetretenund habe mich eingemischt.Zunächst wurde ich ein ganz normalesMitglied im Ortsverein, dannrückte ich in den Vorstand auf undwurde 1999 in den Degerlocher Bezirksbeiratgewählt. Den Ortsvereinsvorsitzübernahm ich 2001. Inden Stuttgarter Gemeinderat wurdeich 2004 für die SPD gewählt.Dies wurde in einer Dokumentationdes SWR unter dem Titel „HerrCan mischt sich ein“ gezeigt.Wir brauchen Personen, mit denensich die Menschen identifizierenkönnen. Vor allem junge Migrant_innenbrauchen Vorbilder,die ihnen gelungene Integrationvorleben. Daher ist es für die Parteienein Gewinn, bei Wahlen auchKandidaten mit einer <strong>Ein</strong>wanderungsbiographieaufzustellen.Gegenwärtig begegnen wir uns vorallem bei den strittigen Fragen. Dabeigibt es sehr viele Schnittmengenzwischen den Migrant_innenüber alle Ethnien hinweg und auchzwischen den Zuwanderern undden Deutschen. Hierauf sollten wirschauen. Schon Herbert Wehnersagte in diesem Zusammenhang:„Nur eine gegenseitige Toleranz,die im Andersglaubenden und Andersdenkendenden Mitmenschengleicher Würde achtet, bieteteine tragfähige Grundlage für dasfruchtbare Zusammenleben.“Aus eigenen Erfahrungen kann ichsagen, dass ich <strong>von</strong> Nachbarn, Kollegenund Vereinskamerad_innenschon in meiner Jugend unterstütztund anerkannt wurde undSicherheit und Selbstbewusstseinerhielt. So konnte ich meine beruflichen,gesellschaftlichen undpolitischen Ziele erreichen. Wennich in meiner Jugend keinen Zuspruchbekommen hätte, hätteich nicht den Mut gehabt meinenWeg weiter zu gehen. Integrationerreicht man nicht nur, indem manProjekte einrichtet, Integrationerreicht man, indem man Herzenöffnet. Wir müssen die Vielfaltwertschätzen und den Zusammenhaltstärken.Seien wir mutig, dann wird es unsgelingen!Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> | 15


Dr. Karamba Diaby (Stadtrat der Stadt Halle)Herausforderungen für eine gelungene politische<strong>Partizipation</strong> in einer ZuwanderungsgesellschaftTrotz positiver Signale und demerfreulichen Umdenken der Politikder letzen Jahre gibt es immer nochviele Stolpersteine auf dem Wegzu einer idealtypischen Zuwanderungsgesellschaftin Deutschland.Im Nationalen Integrationsplan(NIP/NAP) wird die Integration alsgesamtgesellschaftliche Aufgabeangesehen (u.a. fanden vier Integrationsgipfelstatt, die als positiveSymbole angesehen werdenkönnen). Die aus dem NIP resultierendenHandlungsempfehlungengehen in die richtige Richtung.Beispielweise ist im Themenfeld„Migrant_innen im öffentlichenDienst“ ein Paket <strong>von</strong> insgesamt30 konkreten Maßnahmen undProjekten vereinbart worden, umden Anteil der Migrant_innen imöffentlichen Dienst zu erhöhen(http://www.wir-sind-bund.de).Damit zieht die Politik die über16 Millionen Menschen mit Migrationsgeschichtein ihre Überlegungenein. Die Vielfalt, dieMigrant_innen und Flüchtlingeeinbringen, wird positiv begriffen.Die Signale aus der Politik habenallerdings nur Wirkung, wenn sie<strong>von</strong> Akteuren vor Ort umgesetztwerden (u.a. interkulturelle Öffnungder Verwaltung und derParteien). Bei den Menschen mitMigrationshintergrund und ihrenOrganisationen existieren vielePotenziale, die nicht ausreichendberücksichtigt werden. Dagegengibt es vielfältige Stolpersteine,wie institutionelle Diskriminierung,höhere Arbeitslosigkeit undprekäre Beschäftigungen, geringereinterkulturelle Sensibilisierungder Verwaltung, schlechteRahmenbedingungen für <strong>Inklusion</strong>sowie mangelnde Willkommenskultur.Um eine nachhaltige <strong>Partizipation</strong>in der deutschen Zuwanderungsgesellschaftzu erreichen, brauchenwir u.a.:• mehr Zugewanderte in den Parlamenten(momentan sind diesnur ca. vier Prozent)• interkulturelle Öffnung der Parteien• kommunales Wahlrecht für Ausländer_innenaus Drittstaaten• Mitspracherecht in politischenGremien der Kommunen (Ausschüssefür Jugendhilfe, Soziales,Bildung u.a.)• neue Formen der Zusammenarbeitmit Kommunen, den Ländernund den Wohlfahrtsverbänden(u.a. Tandemprojektenicht nur auf dem Papier)• Novellierung der Gemeinde-Ordnungen besonders in denostdeutschen Ländern, um diepolitische <strong>Partizipation</strong> auf kommunaleEbene zu ermöglichen• Sicherstellung der Qualifizierungder Akteure und Schlüsselpersonenin den Gremien.16 | Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>


Talkrunde


TalkrundeDISKUSSIONPOLITISCHE PARTIZIPATION AUF UNTERSCHIEDLICHEN EBENENReferent_innen des 1. Tages im Gesprächmit dem Publikum• Prof. Dr. Iman Attia• Marianne Ballé Moudoumbou• Ergun Can• Dr. Karamba DiabyModeration: Prof. Dr. Siglinde NaumannProf. Dr. Siglinde Naumann:Ich möchte Sie um ein kurzes Statementzu der Frage bitten, welcheRahmenbedingungen nötig sind,damit Migrant_innenorganisationenwirkungsvolle Vertreter ihrer Mitgliedersein können.Prof. Dr. Iman Attia:Ich würde gerne den Bogen <strong>von</strong> deranderen Seite her aufspannen: Waskönnen Regeleinrichtungen zur <strong>Partizipation</strong><strong>von</strong> Migrant_innen, Postmigrant_innen,People-of-coulourusw. beitragen? Um diese Fragebeantworten zu können, solltenRegeleinrichtungen in diesem Zusammenhangüber den Punkt Personalpolitiknachdenken. Der zweitePunkt bezieht sich auf die interkulturelleAkzentuierung des Angebotes,Richtlinien und deren Umsetzung,die im Zusammenhang mit Diskriminierungund Antidiskriminierungstehen. Inbegriffen sind die beidenAspekte Interkulturalität und Rassismus.<strong>Ein</strong> weiterer Punkt, welchermir als besonders wichtig erscheint,ist, dass Regeleinrichtungen benennensollten, für wen sie ihr Angebotmachen. Dies hat auf der einen Seiteden Effekt, sich zu positionieren,und auf der anderen Seite, den MOzu ermöglichen, in diesen Bereichentatsächlich Anträge zu stellen undgefördert zu werden. Der vorletzteAspekt bezieht sich darauf, dassRegeleinrichtungen entscheiden, inwelchen Bereichen sie tatsächlichPrivilegien abgeben. Hierbei wäreBündnispolitik das Stichwort. Meinletzter Punkt ist das Ziel, zu einer Haltungzu gelangen, die eine Interessenvertretungund den Menscheneine selbstbestimmte Positionierungermöglicht.Prof. Dr. Siglinde Naumann:Frau Ballé Moudoumbou, was bedarfes aus Ihrer Sicht, damit Menschenmit einer Migrationsgeschichte undMO hörbarer werden?Marianne Ballé Moudoumbou:Der erste Schritt wäre meiner Meinungnach, die eigene Organisationzu stärken. Ebenso ist es wichtig,alle Möglichkeiten des Engagementszu nutzen, um einen positiven<strong>Beitrag</strong> leisten zu können. Außerdemist die Sprache elementarund stellt einen Türöffner zu eineranderen Welt dar.Prof. Dr. Siglinde Naumann:Herr Diaby, Sie verfolgen bereitsseit langem ein vielfältiges Engagementin Migrant_innenorganisationenund Sie engagieren sich aufder politischen Ebene. Wo gibt esda Ergänzungen und Überschneidungen?Dr. Karamba Diaby:Meiner Meinung nach passen beideEngagementbereiche zusammen.Mein Engagement ist keinZufall. 42 Prozent der Menschen,die in Deutschland Mandatsträgersind, haben ihre Vorgänger in denAusländerbeiräten, diese Tatsachehat mich motiviert, dies zu tun.Ich sehe bei meinem Engagementauf beiden Ebenen keinen Widerspruch.Ich finde es wichtig, sicheinerseits in Organisationen zuengagieren, in welchen man seineeigenen Wurzeln ergründen kann,aber ebenso das Engagement in Organisationender „neuen Heimat“.Das Wesentliche ist, dass mandie Überzeugung hat: Wenn mannichts tut, wird sich auch nichts ändern.Ob dies nun im Kindergartenoder der Schule der eigenen Kinderist oder in der Gemeinde, in der ichwohne – man kann überall etwastun. Das ist meine Überzeugung.Prof. Dr. Siglinde Naumann:Herr Can, welche Bedeutung hat indiesem Zusammenhang das Netzwerkfür türkeistämmige Mandatsträgerund Mandatsträger_innen?Ergun Can:Das Netzwerk türkeistämmiger Mandatsträger_innenwurde 2004 <strong>von</strong>der Körber-Stiftung in Hamburg ins18 | Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>


TalkrundeLeben gerufen. Die Körber-Stiftunghat sehr viele Projekte mit Migrant_innen<strong>durch</strong>geführt, unteranderem auch mit Menschen mittürkischem Migrationshintergrund.Dabei kam die Frage auf, ob esauch politische Akteure mit einemtürkischen Migrationshintergrundgibt. Seither kommen die Mitgliederzweimal im Jahr zusammen. DieMitglieder sind Vertreter_innen ausallen Parteien, hierbei gibt es einesehr große Spannbreite. Die zentraleFragestellung war zunächst: Beiwelcher Schnittstelle kommen wirzusammen und können uns bündeln?Dieser Prozess hat fast überzwei Jahre gedauert.Die zentralen Elemente sind nun dieThemen Bildung, politische Teilhabe,Pflege oder Religionsunterricht.Wir können natürlich nicht die gesamteBandbreite der Politik diskutieren,sondern haben uns auf dieThemen beschränkt, bei welchenwir eine Überschneidung feststellenkonnten. Im Mittelpunkt stehtdie Vernetzung untereinander, aberauch die Möglichkeit, Gesprächemit entsprechenden Personen aufunterschiedlichen Ebenen der politischenEntscheidungsträger zuführen, um diese zu sensibilisieren.Das Max-Planck-Institut hat in einerStudie ermittelt, dass <strong>von</strong> über4.000 Mandatsträger_innen in allenStädten Deutschlands, welche mehrals 100.000 <strong>Ein</strong>wohner haben, nur187 mit einem Migrationshintergrundals Stadträt_innen aktivsind. Da<strong>von</strong> sind mehr als die Hälftetürkischer Herkunft. Wenn dieseMenschen sich politisch engagieren,dann ist dies ein Zeichen dafür,dass sie sich integrieren möchten.Durch dieses Netzwerk haben wirdie Möglichkeit, über die Parteigrenzenhinaus gemeinsam Forderungenzu stellen.Prof. Dr. Siglinde Naumann:Das Plenum hat nun die MöglichkeitFragen, direkt an unsere Podiumsgästezu richten.Dorota Szymanska (Region Hannover- Koordinierungsstelle für Integration):Es ist schön, bei dieser Tagungdie Möglichkeit zu haben, überdie Themen rund um <strong>Partizipation</strong>zu sprechen. Allerdings istdies gleichzeitig das Problem, wasbereits seit Jahren besteht. Dennalle Themen und alle Inhalte, diewir an dieser Stelle ansprechen,sind den hier Anwesenden gutbekannt. Eigentlich sollten wirmit anderen darüber sprechen,denn diese Diskussionen bestehenschon seit vielen Jahren und dieEntwicklung geht nicht sehr weitvoran. Wir stoßen ständig an unsereGrenzen, die wiederum mitdem Thema Macht zu tun haben.Diese Grenzen der Macht sind aufallen Ebenen vorhanden, ob essich um die politische, die öffentlicheoder die gesetzliche Ebenehandelt. Wir versuchen dies <strong>durch</strong>die politische <strong>Partizipation</strong> zu verändern,aber es ist nicht leicht,,weiter voran zu kommen. Wirmüssen uns ständig behaupten,damit wir weiter kommen.Über den strukturellen Rassismus,den Sie heute angesprochen haben,der in allen Ebenen fest verankertist, darüber wird nicht diskutiert.Mein Anliegen ist, dass wir darübermit Menschen aus anderen Kontextenins Gespräch kommen.Marianne Ballé Moudoumbou:Wir müssen versuchen zu verstehen,wie „die andere Seite“ spricht.Beispielsweise haben wir vor einigerZeit ein Afrikawirtschaftsforum insLeben gerufen, um neben dem kulturellenBereich die Aufmerksamkeitauch für einen anderen Bereichzu wecken. Durch solche „Türöffner“kann es gelingen, den Zugang zu anderenBereichen zu erhalten. Es istein langer Atem nötig, damit etwaspassiert. <strong>Ein</strong>e Person alleine kannnichts bewegen. Selbst eine Gruppealleine kann wenig bewegen. Wirmüssen gemeinsam Strategien verfolgen,wie man an welchen Stellenbestimmte Hebel umlegen kann.Dies gilt ebenso für Machtstrukturen.Hierbei muss man ebenso mitder geeigneten Strategie versuchendie entsprechenden Personen zuerreichen. Wenig sinnvoll ist dabeider Kampf an mehreren Fronten, dadiese möglicherweise gegensätzlicharbeiten. Folglich sind viele <strong>Ein</strong>zelstrategienzusammengefasst untereiner Gesamtstrategie notwendig.Nana Verkhviashvili (kargah e.V.):Ich habe zwei Fragen an HerrnCan. Es ist bekannt, dass für einepolitische <strong>Partizipation</strong> bestimmterechtliche Rahmenbedingungen nötigsind, die in Deutschland eigentlichnicht vorhanden sind, wennman die deutsche Staatsbürgerschaftnicht besitzt. Ihre politischeKarriere war nur möglich, da Sie diedeutsche Staatsbürgerschaft besitzen.Ich möchte gerne <strong>von</strong> Ihnenwissen, welche Schritte Sie in dieserRichtung planen, um diese Missständezu beheben, zum Beispiel,dass die Menschen mit Migrationshintergrundkein Wahlrecht haben,weder auf Kommunal-, noch aufLandes-, noch auf Bundesebene.Meine zweite Frage bezieht sich aufdas Thema der interkulturellen Öffnung.Was ist Ihrer Ansicht nach nötig,damit sich beispielsweise Gremien,Verwaltungen oder Parteienin Deutschland auf interkulturellerEbene öffnen?Ergun Can:Ihre erste Frage muss man zweigeteiltsehen. EU-Bürger_innen habenauf zwei Ebenen die Möglichkeitzu wählen. Dies bezieht sichauf den kommunalen Bereich, alsoBürgermeister, Gemeinde- oderStadträte sowie das EuropäischeParlament. Wir versuchen innerhalbunseres Netzwerkes, über Parteigrenzenhinweg Anträge zu formulieren,welche in Parteigremienauf unterschiedlichen Ebenen eingebrachtwerden. Hierbei hängt esdann da<strong>von</strong> ab, welche politischeDokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> | 19


TalkrundeMehrheit damit verbunden ist, umdies entsprechend umsetzen zukönnen. Aber ich gebe Ihnen Recht,dass es Menschen gibt, die bereitsseit sehr langer Zeit in Deutschlandsind und noch nie gewählt haben.Dies ist de facto ein Missstand.Aber hierzu müssen eben zunächstdie politischen Rahmenbedingungengeändert werden. Auch alsMigrant_innenorganisation kannman <strong>von</strong> den Parteien fordern,mehr Kandidat_innen aufzustellen.Zu Ihrer zweiten Frage: Ich habebeispielsweise in Stuttgart einenAntrag an die Stadtverwaltung gestellt,um herauszufinden, welcheKonzeptionen entwickelt werdenmüssen, damit wir auf einen höherenAnteil an Migrant_innen inder Verwaltungsebene kommen.Da<strong>durch</strong> kann man über Antragsverfahreneinen bestimmten Druckentwickeln. Wenn man keine Visionenvor Augen hat, dann kannman nichts erreichen. Wenn wirdie guten Elemente in unserer Gesellschaftam Leben erhalten wollen,dann müssen wir die Weichenjetzt stellen und nicht in zwei oderdrei Jahren. Dafür muss man wiederholtkämpfen.Hugo Pariona (DiKom e.V.):Jeder <strong>von</strong> uns hat eine eigene Biografie.Jede einzelne Biografie ist unterschiedlich.Migrant_innen, egalaus welchem Land, haben somit einanderes Verständnis <strong>von</strong> Bildung.Häufig fehlt die Anerkennung fürdie ursprüngliche berufliche Qualifikationder Eltern. Ohne Anerkennungwerden häufig auch die Kinderauf der ähnlichen beruflichen Ebeneeingestuft – demnach zu tief. Wennsich Machtverhältnisse ändern sollen,dann sollten diese sich auch aufdiesen Ebenen ändern. In Frankfurtgibt es beispielsweise eine kommunaleAusländervertretung – diesehat aber nur beratende Funktion.Alle MO sollten eine gemeinsameDachorganisation bilden, um auchdie Parteien zu beraten und siefachlich zu unterstützen.Marianne Ballé Moudoumbou:Die kulturelle Ebene ist, insbesonderewas Schulen angeht, sehrwichtig. Die Aufrechterhaltung derBindung zur eigenen Kultur spielthierbei eine sehr wichtige Rolle,so dass auch die Eltern nicht dasGefühl haben, dass ihre Kinder<strong>von</strong> der eigenen Kultur entfremdetwerden.Zum Thema der Bündelung <strong>von</strong>Kompetenzen im entwicklungspolitischenBereich bestehen bereitssehr viele Institutionen. Wichtigist es, das Thema auf unterschiedlichenEbenen anzupacken, umeine hörbare Stimme zu erhalten.Asghar Eslami (kargah e.V.):Meiner Meinung nach haben wirein strukturelles Problem in diesemLand. <strong>Ein</strong>e Vernetzung untereinanderist unerlässlich, um einpaar Schritte weiter zu kommen.Aber um noch weiter zu kommen,brauchen wir in dieser Gesellschaftpolitische Entscheidungen. Warumhaben Migrant_innen aus europäischenLändern ein Wahlrecht aufkommunaler Ebene und Migrantenaus nichteuropäischen Staatenkein kommunales Wahlrecht? Wielange sollen wir warten, bis Regeleinrichtungenmerken, dass diesebei bestimmten Programmen zuwenig Teilnehmer_innen habenund dies <strong>durch</strong> Selbstkritik analysieren.Hierfür brauchen wir politischeEntscheidungen. Wie soll dieGesellschaft die politische <strong>Partizipation</strong>realisieren, wenn die Politikhierbei die Hauptverantwortungträgt und bei ihren Aktivitäten angewisse Grenzen stößt?Prof. Dr. Iman Attia:Sie haben Recht, wir können nichtwarten. Ich wollte mit meiner Äußerungbetonen, dass auch Regeleinrichtungeneinen <strong>Beitrag</strong> zu der<strong>Partizipation</strong> <strong>von</strong> Post-Migrant_innenleisten können. Der <strong>Beitrag</strong><strong>von</strong> MO wird auf der politischen,sozialen, kulturellen und institutionellenEbenen erbracht, dieserkann aber noch größer werden.Dr. Karamba Diaby:Es ist mir wichtig, dass wir differenzieren.Für die Änderungen deskommunalen Wahlrechtes brauchenwir eine 2/3-Mehrheit. Esgibt zwei Parteien, die eindeutigdafür sind. Im jetzigen Regierungsprogrammwird dieses Thema mitkeinem Satz erwähnt. Es liegt alsoin unseren Händen. Wenn man diesenZustand ändern möchte, dannmuss man dafür sorgen, dass eseine politische Mehrheit gibt.Prof. Dr. Siglinde Naumann:Herzlichen Dank für die engagierteDiskussion.20 | Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>


WORLD-CAFé


WORLD-CAFéPolitische <strong>Partizipation</strong> <strong>von</strong> Migrant_innen auf dem Prüfstand<strong>Ein</strong>führungNuran Yiğit, Moderatorin des Welt-Cafés und ehem. Vorstand des MigrationsratsBerlin-BrandenburgDas Welt-Café ist eine Methodespeziell für große Gruppen, um innerhalbkürzester Zeit effektiv undschnell ins Gespräch zu kommen. 1Die Café-Atmosphäre schafft denRaum, um miteinander in einen Dialogund Austausch zu kommen undPerspektiven zu entwickeln. Dennin diesem Raum ist <strong>durch</strong> jede/jeden <strong>Ein</strong>zelne/n viel Wissen undErfahrung versammelt. Genau diesbietet viel Potenzial für Synergieeffekte,die wir nutzen möchten.1 Mehr Informationen zum Welt Café unter:http://www.all-in-one-spirit.de/pdf/cafetogo_d.pdfDafür brauchen wir Ihre aktive Teilnahme.Ich werde Sie nun in drei Runden<strong>durch</strong> den Gesamtprozess begleiten.Jede Runde hat eine eigenespezielle Fragestellung und dauert20 Minuten. Nach jeder Rundewechseln Sie den Tisch und suchenmöglichst neue, unbekannte Gesprächspartneran einem anderenTisch. Jeder Tisch hat einen eigenenTischgastgeber, der die einzelnenFragerunden moderiert. Aufden Tischen liegt ein großes Papier,damit Sie Ihre Gedanken schreibenund malen können, und es gibteine Café-Etikette:• Focus auf das, was wichtig ist.• Eigene Ansichten und Sichtweisenbeitragen.• Sprechen und Hören mit Herzund Verstand.• Hinhören, um wirklich zu verstehen.• Ideen verlinken und verbinden.• Aufmerksamkeit für die Entdeckungneuer Erkenntnisse undtiefer gehende Fragen.• Spielen, kritzeln, malen – aufdie Tischdecke schreiben ist erwünscht.Die drei Runden haben folgendeFragen:1. Welche konkreten Möglichkeitengibt es bezüglich der <strong>Partizipation</strong><strong>von</strong> Migrant_innen?2. Welche Erfahrungen, positiv wienegativ, haben wir konkret gemacht?3. Was muss sich ändern, um die Potenzialebesser nutzen zu können?22 | Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>


ERGEBNISSE DER THEMENTISCHETHEMA 1: Migrant_innen in politischen Parteien, Gewerkschaften, Beiräten und AusschüssenTisch 1: Dr. Birgit Jagusch (ISM)Tisch 2: Mamad Mohamad (LAMSA)Tisch 3: Athena Leotsakou (BAGIV)Tisch 4: Nurhayat Canpolat (Agarp)Tisch 5: Nader Mahboubkhah (IntegrationsbeiratNordhausen)Tisch 1: Dr. Birgit Jagusch(ISM)Der Thementisch „Migrant_innenin politischen Parteien, Gewerkschaften,Beiräten und Ausschüssen“widmete sich der Frage, wieein Engagement <strong>von</strong> Menschenmit Migrationshintergrund möglichist und welche Hürden sichin der Praxis zeigen. Wenngleichdie Möglichkeit der <strong>Partizipation</strong>grundsätzlich in den drei Rundenals positiv und notwendig erachtetund seitens der Teilnehmendenbetont wurde, dass engagierte Personengerade für junge Menschenauch positive Rollenvorbilder seinkönnen, zeigte sich eine grundlegendeFrage, die in allen drei Rundengestellt wurde darin,:Wie ist esum die grundsätzliche Bereitschaftund Offenheit etablierter Gremienfür die Teilhabe <strong>von</strong> Menschen mitMigrationshintergrund bestellt.Runde 1: Welche konkreten Möglichkeitengibt es bezüglich der<strong>Partizipation</strong> <strong>von</strong> Migrant_innen?Direkte Mitgliedschaft/Vertretung,z.B.:• Mitgliedschaft in Parteien (bisherv.a. auf lokaler Ebene).• Forum der Migrant_innen imDeutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband(DPWV).• Mitgliedschaft in kommunalenAusschüssen (z.B. Jugendhilfeausschuss).Indirekte Vertretung <strong>durch</strong> Vernetzung,z.B.:• Politiker_innen verschiedener Parteienkönnen zu den Veranstaltungenund/oder Sitzungen derMO eingeladen werden.• Es sind themenbezogene Kontaktezur Verwaltung aufzubauen.• In den Fällen, in denen die MOein Büro in einem Gebäude mitverschiedenen anderen zivilgesellschaftlichenAkteur_innenhat, können leicht Kontakte aufgebautwerden.• Stiftungen unterstützen teilweisedas Engagement (z.B. fördertdie Körberstiftung explizit daspolitische Engagement <strong>von</strong> Jugendlichenmit Migrationshintergrund).Runde 2: Welche Erfahrungen, positivwie negativ, haben wir konkretgemacht?Explizit zum Thema „Engagement inParteien“ wurden Hürden, die einEngagement erschweren, gesammelt.Zunächst stellte sich die grundsätzlicheFrage: Warum sollten sichMenschen mit Migrationshintergrundin Parteien engagieren, wennsie kein Wahlrecht haben? Sind dieParteien tatsächlich offen für Menschenmit Migrationshintergrund?Insgesamt gibt es• Zu wenig Interesse an Politikgenerell.• Zu wenig Gelegenheitsstrukturenfür Kontakte und <strong>Partizipation</strong>.• Zu wenig offensive Werbung derParteien für Jugendlichen mitMigrationshintergrund.• Die Befürchtung, dass Menschenmit Migrationshintergrund inden Parteien als Alibi fungierenbzw. nur auf Integrationsthemenbeschränkt sind.Hinsichtlich möglicher Chancenwurden folgende Aspekte genannt:• Um gemeinsam die Zukunft zugestalten, ist grundsätzlich <strong>Partizipation</strong>in allen Bereichen unddie Möglichkeit der <strong>Partizipation</strong><strong>von</strong> Allen notwendig.• Menschen, die sich (gesellschafts-)politisch engagieren, können alsRollenvorbilder fungieren.• Identifikation mit den etabliertenInstitutionen und Organisationenwird da<strong>durch</strong> erhöht, dassgemeinsame Themen und Zielsetzungenidentifiziert werden.• Durch die <strong>Partizipation</strong> an etabliertenStrukturen und Institutionenkann die Chance derDokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> | 23


World Café | THEMA 1: Migrant_innen in pol. Parteien, Gewerkschaften, Beiräten und Ausschüssen<strong>Ein</strong>flussnahme erhöht werden.Gerade bei kleineren MO, dieSchwierigkeiten haben, in derÖffentlichkeit sichtbar zu sein,kann es zur Durchsetzung derInteressen hilfreich sein, sich zuvernetzen.Runde 3: Was muss sich ändern,um die Potenziale besser nutzenzu können?In der dritten Runde überlegtensich die Teilnehmenden, welcheMöglichkeiten es gibt, um mitden zuvor identifizierten Hürdenumzugehen und die <strong>Partizipation</strong><strong>von</strong> Menschen mit Migrationshintergrundzu erhöhen. Gesammeltwurden folgende Aspekte:• Befähigungsstrukturen schaffen:Um Menschen mit Migrationshintergrundfür (gesellschafts-)politischesEngagement zu gewinnen,müssen Strukturen entstehen,die auf die ressourcenorientierteUnterstützung setzen, bspw.<strong>durch</strong> gezielte Förderprogramme.• Diskriminierung und Rassismusthematisieren: Um Veränderungenhin zu einer <strong>Partizipation</strong>sgerechtigkeitzu bewirken,müssen die teils diskriminierendenStrukturen (z.B. hinsichtlichdes Wahlrechts oder derstereotypisierenden Wahrnehmung)offengelegt werden.• Strukturen für Beteiligung schaffen:Dies kann beispielsweise<strong>durch</strong> die Etablierung einer Willkommenskultur,<strong>durch</strong> Veränderungender rechtlichen Rahmen(Wahlrecht) oder die Quotenregelungeninitiiert werden.• Gemeinsamkeiten in den Fokusrücken: Um <strong>Partizipation</strong> nachhaltigzu erhöhen, gilt es an dengemeinsamen Interessen undThemen anzusetzen und auchVernetzungen über Institutionenhinweg und auch unter einertransnationalen Perspektive zustärken. Ebenso wichtig ist es,Menschen direkt anzusprechen.Tisch 2: Mamad Mohamad(LAMSA)In allen drei Runden haben sichdie Teilnehmer_innen mit der <strong>Ein</strong>stiegsfrage:„Was heißt <strong>Partizipation</strong>für mich?“ vorgestellt.Runde 1: Welche konkreten Möglichkeitengibt es bezüglich der<strong>Partizipation</strong> <strong>von</strong> Migrant_innen?In der ersten Runde haben sich dieTeilnehmer_innen mit der Frage:„Welche konkreten Möglichkeitengibt es bezüglich der <strong>Partizipation</strong> <strong>von</strong>Migrant_innen?“ befasst. Um dieseFrage zu beantworten, haben die Beteiligtenfolgende Fakten gesammelt:• im Gemeinderat• in Parteien• in Beiräten (Schulen, Kita)• in Migrant_innenorganisationen• in Kirchengemeinden• im Sport• in Vereinen<strong>Ein</strong>ige Teilnehmer_innen haben beklagt,dass es nur sehr geringe Möglichkeitenund keine niedrigschwelligenAngebote für die <strong>Partizipation</strong><strong>von</strong> Migrant_innen auf der kommunalenEbene gibt. Außerdem wurdebemängelt, dass es an Lobbyarbeitin den Kommunen fehlt.Runde 2: Welche Erfahrungen, positivwie negativ, haben wir konkretgemacht?In der zweiten Runde stand die Frage:„Welche Erfahrungen positivwie negativ haben wir konkret gemacht?“im Mittelpunkt. Bevor wirdie Frage diskutiert haben, haben dieTeilnehmer_innen folgende Frage inden Raum geworfen: „Fehlen für die<strong>Partizipation</strong> die Ressourcen?“ Hiermöchte ich in einem Beispiel deutlichmachen: Wenn die Migrant_innenan bestimmten Beiräten/Dialogforenals ehrenamtliche Akteureteilnehmen sollen, fehlt es oft anzeitlichen und finanziellen Ressourcen,um einen fachlichen <strong>Beitrag</strong>gegenüber den hauptamtlichen Akteurenzu leisten. Weiterhin haben24 | Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>


World Café | THEMA 1: Migrant_innen in pol. Parteien, Gewerkschaften, Beiräten und Ausschüssendie Beteiligten folgende Hindernissebesprochen:• Es fehlen Informationen, woman sich beteiligen kann.• Wie werden die Infos weitergegeben?• Es dauert alles so lange, bis dieMigrant_innen sich beteiligenkönnen.• Wir brauchen Brücken zwischenden Akteuren.Runde 3: Was muss sich ändern,um die Potenziale besser nutzenzu können?In der letzten Runde habe sich dieBeteiligten mit der Frage: „Was musssich ändern, um die Potenziale bessernutzen zu können?“ beschäftigt.Gleich am Anfang haben sich zweigroße Schwerpunkte herauskristallisiert:Die Willkommenskultur unddie Anerkennung der Potenziale derMigrant_innen in den Kommunenmüssen sich verbessern. Weiterhinhaben die Teilnehmer_innen einefehlende interkulturelle Öffnungseitens der Verwaltung bemängelt.<strong>Ein</strong> weiterer Gedanke in der Diskussionwar, ob Quoten bei der Besetzung<strong>von</strong> Beiräten oder Ausschüssennotwendig sind.Tisch 3: Athena Leotsakou(BAGIV)Runde 1: Welche konkreten Möglichkeitengibt es bezüglich der<strong>Partizipation</strong> <strong>von</strong> Migrant_innen?Es gibt vielfältige formale Möglichkeitender politischen <strong>Partizipation</strong><strong>von</strong> Migrant_innen. Allerdings sindauf dem Weg zu den konkreten Mitwirkungschancenzahlreiche Barrierenzu verzeichnen, die als erstesidentifiziert werden müssen, umwirklich partizipieren zu können.Beispielweise sind die Frage des Herkunftskontextes(EU/Nicht-EU) undder Staatsangehörigkeit (deutsch/nicht-deutsch) entscheidend für denGrad der Teilnahmemöglichkeiten.Auf der Ebene der politischen Parteiensind diese Fragen für die Durchsetzung<strong>von</strong> Mitwirkungsrechtenzentral. Dazu kommen Barrieren, diemit der Herkunft zusammenhängen,wie fehlende Sprachgewandtheitoder sogar Sprachprobleme und fehlendeeigene Netzwerke innerhalbder Parteien.Das Thema der Mitgliedschaft in politischenParteien ist seit Jahren relevant,da der Organisationsgrad <strong>von</strong>Migrant_innen dort vergleichsweiseniedrig ist. Es werden jedoch keineMaßnahmen der Parteien beobachtet,um diesem Zustand ein Ende zubereiten, da für diese bisher keineNotwendigkeit dazu besteht. DieEtablierung einer Willkommenskulturund eine generelle interkulturelleÖffnung wären zwei Schritte, umdiesem Mangel entgegenzuwirken.Es gibt gleichwohl auch positive Beispielefür das Engagement <strong>von</strong> Migrant_innenin politischen Parteien.Dazu gehört die Verbindung der TGD(Türkische Gemeinde Deutschland)und der SPD. Dort kann man beobachten,wie Verbandsinteressenauch <strong>durch</strong> die Mitgliedschaft in einerPartei gebündelt und verbessertwahrgenommen werden können.Dieses Beispiel könnte auch als Blaupausefür die Wahrnehmung der Interessen<strong>von</strong> Migrant_innen gelten,indem <strong>durch</strong> Mitgliedschaften inParteien und die Bildung <strong>von</strong> eigenenNetzwerken Fortschritte erzieltwerden können.Runde 2: Welche Erfahrungen, positivwie negativ, haben wir konkretgemacht?Die Diskussion am Thementisch behandelteüberwiegend die vielfältigennegativen Erfahrungen. Hierzugehören zweifellos die alltäglichenDiskriminierungs- und Rassismuserfahrungen.Besonders Migrantinnenhaben aufgrund mehrfacherDiskriminierungen schlechte Voraussetzungenfür die Teilnahmeam politischen Geschehen. <strong>Ein</strong>weiteres Beispiel für eine verfehlteMitwirkungsmöglichkeit sind die Integrations-und Ausländer(bei)räte,die auch <strong>von</strong> Migrant_innen sehrkritisch gesehen werden. Ihre Legitimationzur Wahrnehmung <strong>von</strong> Migrant_inneninteressenwird problematischgesehen. Darüber hinausvollziehen sie lediglich symbolischeAkte, aber ihre konkreten <strong>Ein</strong>flussmöglichkeitensind begrenzt.Runde 3: Was muss sich ändern,um die Potenziale besser nutzenzu können?Alternative Beteiligungsformen und-strukturen sind auf allen Ebenender politischen <strong>Partizipation</strong> nötig,um adäquate Mitwirkungsmöglichkeitenfür Migrant_innen zu schaffen.Konkret heißt das zum Beispiel,die Integrationsräte angemessen zulegitimieren sowie ihnen Entscheidungskompetenzenund Projektmittelzu geben. Migrant_innen sollennicht nur Alibifunktionen erfüllenoder symbolisch beteiligt werden,sondern ihre Arbeit muss anerkanntwerden. Diese Anerkennung erfolgtzum Teil bereits heutzutage, indemdie Bedeutung der Arbeit <strong>von</strong> Migrant_innen(selbst)organisationenherausgestellt wird. Jedoch schlägtsich diese Herausstellung nicht inGeldmitteln nieder. Besonders im Bereichder finanziellen Unterstützung<strong>von</strong> Organisationen der sozialen Arbeitwerden etablierte (oftmals deutsche)Träger den meisten Migrant_innenorganisationenvorgezogen.<strong>Ein</strong> weiterer Ansatzpunkt ist dieMitgliedschaft <strong>von</strong> Migrant_innenin politischen Parteien, um (inlanger Sicht) als Entscheidungsträger_innenpositive Veränderungsprozessebewirken zu können. Desgleichenkann <strong>durch</strong> eine erhöhtePräsenz sowie Arbeit in den Mediengeschehen, da die Wahrnehmungund Darstellung <strong>von</strong> Migrant_innenihre Beteiligung an politischen Gremienpositiv beeinflussen kann.Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> | 25


World Café | THEMA 1: Migrant_innen in pol. Parteien, Gewerkschaften, Beiräten und AusschüssenTisch 4: Nurhayat Canpolat(AGARP)Vorstellung der Moderatorin undder AGARP: Nurhayat Canpolat,Geschäftsführerin der AGARP, istDiplom-Sozialpädagogin/Coach-FH.Die AGARP ist der Landesverband<strong>von</strong> 50 kommunalen Beiräten, derenMitglieder die kommunale Integrationspolitikvor Ort mitgestalten.AGARP ist aktiv eingebunden in diefachliche Beratung kommunalerIntegrationskonzepte sowie in vielfältigenlandesweiten Strukturen.Sie vertritt gegenüber Landesregierung,Landtag und Öffentlichkeit dieBelange der zugewanderten Bevölkerungin Rheinland-Pfalz und setztsich für demokratische gesellschaftlicheProzesse ein.Die Moderatorin stellt die MethodeWorld Café sowie die Regeln vor.Danach wird seitens der Moderatorineine kurze <strong>Ein</strong>führung in dasThema vorgenommen. <strong>Ein</strong>e kurzeVorstellungsrunde der „Tischgäste“erfolgt, damit der Austauschunter ihnen, auch nach dieser Arbeitseinheit,geführt werden kann.Runde 1: Welche konkreten Möglichkeitengibt es bezüglich der<strong>Partizipation</strong> <strong>von</strong> Migrant_innen?• Parteien und Gewerkschaftensowie die (kommunale) Verwaltungensollten das Ziel verfolgen,sich (interkulturell) zu öffnen, indem sie z.B. (mehr) Migrant_innenbeschäftigen. Dies hat zu Folge,dass <strong>durch</strong> die Mitarbeiter_innenmit Migrationshintergrundneue, andere Themen und Sichtweisensowie Lösungsansätze indie Unternehmen eingebrachtwerden. Da sie als Vorbilder fungieren,ermutigen sie direkt/indirekt die (jüngeren) Migrant_innen, sich bei Parteien und Gewerkschaftenzu engagieren bzw.sich dort zu bewerben. Die interkulturelleÖffnung dient auch zurBewusstseinsveränderung in deno.g. Organisationen, aber auchinsgesamt in der Gesellschaft,wenn es denn gelebt wird.• Die politische Kommunikationskulturbzw. die Arbeitsweisen inGremien, Ausschüssen sowie inVerbänden sind zu verändern:Weg <strong>von</strong> einer Komm-Struktur,hinzu einer Geh-Struktur. Vertreter_innender Gremien solltenMigrant_innen und Migrant_innenorganisationen(MO) aufsuchenund sie für die Mitarbeitin ihren Verbänden gewinnen.Besuche <strong>von</strong> Politiker_innenbei den MO werden in der Regelals eine Aufwertung und alsein „Ernstgenommen-Werden“aufgefasst. Solche Besuche sindjedoch nicht nur vorzunehmen,wenn Wahlen anstehen.• Gemeinsame Themenfelder wieSenioren-, Schulelternarbeit, Bildungund Schule sind ohne Unterschiede,Herkunft und Sprachein den Vordergrund zu stellen, zubestimmen und zusammen aktivzu bearbeiten. Gemeinsame Interessenund Fähigkeiten sowieKompetenzen sollten dabei <strong>von</strong>Bedeutung sein.• Sprachprobleme und geringeDeutschkenntnisse, werden alsmögliche Hindernisse der <strong>Partizipation</strong>genannt. Da diese mitRückzug verbunden sind, solleine Stärkung des Selbstbewusstseinsder Zugewandertenangestrebt werden.• Durch mehr Aufklärung überRechte und Pflichten, z.B. in denIntegrationskursen, deren Volumenerhöht werden müssten,könne allgemein die <strong>Partizipation</strong>der Migrant_innen erreichtwerden.• <strong>Ein</strong>/e Willkommenspaket bzw.-kultur sollte entwickelt werdenund den Zugewanderten zukommen,um die Teilhabe zu erleichternbzw. zu ermöglichen.• Berührungsängste auf „beidenSeiten“ sind abzubauen. AktivesAufeinanderzugehen ist zu verfolgen.Runde 2: Welche Erfahrungen, positivwie negativ, haben wir konkretgemacht?Positiv:• Projekte wie Stadtteilmütter habensich bewährt.• MO sind offen und bereit zu Kooperation.• Beschäftigungen <strong>von</strong> Migrant_innen in manchen Strukturensind vorhanden und sind auszuweiten,um den Prozess der Öffnungfortzusetzen.• Besuche/Gespräche <strong>von</strong> Parteienvertreter_innenbei/mit MOhaben sich bewährt. Das Interessean Themen, Anliegen undProblemen der Migrant_innenschafft Vertrauen und erhöhtdie Bereitschaft der Migrant_innenzu mehr Mitarbeit und Engagementin den Parteien.• Die Elternarbeit mit Christen undMuslimen ist sehr erfolgreichgewesen. Die Kompetenzen der<strong>Ein</strong>zelnen konnten gut eingesetztwerden. Elternbesuche beiMigrant_innen wurden sehr begrüßtund motivierten diese zurMitarbeit.Negativ:• MO unternehmen viele Anstrengungen,bleiben jedoch meistunter sich und ihre Aktivitätenrichten sich meist an eine bestimmteGruppe.• Bei Sprach- und Integrationskursensollte darauf geachtetwerden, dass eine Ethnie nichtdominiert.Runde 3: Was muss sich ändern,um die Potenziale besser nutzenzu können?• Kommunales Wahlrecht für alleist einzuführen.• Durch <strong>Ein</strong>bürgerungskampagnenkann das Wahlpotenzial derMigrant_innen genutzt werden.• Es ist eine Bewusstseinsverän-26 | Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>


World Café | THEMA 1: Migrant_innen in pol. Parteien, Gewerkschaften, Beiräten und Ausschüssenderung erforderlich; „die deutscheGesellschaft“ wird zurzeitnicht als Aufnahmegesellschaftdefiniert.• Es muss eine Bereitschaft geben„Macht“ zu teilen, d.h. einen „Teildes Kuchens“ an Mandatsträgerschaftenabzugeben und Führungspositionenden Politiker_innenmit Migrationshintergrundzu überlassen. Bei Wahlen sinddie Migrant_innen auf aussichtsreicheListenplätze aufzunehmen.• Politische Arbeit mit/für Migrant_innen ist auszuweiten.• Die Rolle der Migrationsbeiräteals politische Gremien ist auszubauen.• Die Möglichkeiten der Migrationsbeirätesind zu nutzen.• Gremienbeschlüsse und ihre Umsetzungsind einer Controlling-Instanz zuzuordnen.• Migrant_innen für politisches Engagementgewinnen, dabei sinddie Migrationsbeiräte zu stärken.• Migrant_innen sollten eigeneNetzwerke in politischen Organisationenbilden, um ihre Interessenbesser <strong>durch</strong>setzen zukönnen. Dabei stellt sich die Frage,ob da<strong>durch</strong> „Parallelstrukturen“geschaffen werden, diekontraproduktiv wären.Tisch 5: Nader Mahboubkha(Integrationsbeirat Nordhausen)Runde 1: Welche konkreten Möglichkeitengibt es bezüglich der<strong>Partizipation</strong> <strong>von</strong> Migrant_innen?Die Diskutanten am Thementischformulierten Kritik, Fragen undauch Vorschläge für Verbesserungen,die hier stichpunktartigzusammengefasst sind:• Ehrenamtliche Arbeit wird inDeutschland ausgenutzt.• Politische Gremien sind vorhanden,müssen aber gesetzlichverankert werden; Integrationsbeirätewerden häufig nurals Alibi bestellt, Wahlrecht derausländischen Mitbürger.• Finanzielle Unterstützung ist zuverbessern.• Jugendliche Migrant_innen müssenan Projekten beteiligt werden.• <strong>Ein</strong>e gesetzliche Quote für Beschäftigtemit Migrationshintergrundist erforderlich.• Es gibt ein Überangebot anOrganisationen in der Migrationsarbeit,so dass es einer ArtDachorganisation bedarf, diedie Angebote koordiniert.• Integrationsbeirat: Wie wirdman Integrationsbeirat? WelcheUnterstützung der politischenBildung gibt es?• Gemeinsame Interessen <strong>von</strong> „<strong>Ein</strong>heimischen“und Migrant_innenfinden.Runde 2: Welche Erfahrungen, positivwie negativ, haben wir konkretgemacht?• Es gibt eine gute Zusammenarbeit<strong>von</strong> ausländischen unddeutschen Mitbürger_innen, jedocheine fehlende Unterstützung<strong>von</strong> der Stadt.• Gemeinsame Veranstaltungen:Iranisches und syrisches Neujahrsfest,Feier mit den Student_innen,Elternfest.• Es gibt eine geringe Solidaritätder Migrant_innen untereinander(Beobachtung).• Es besteht eine Notwendigkeitvom eigenen zum gemeinsamenInteresse zu gelangenund daraus politische und gesellschaftlicheForderungen zuformulieren.• Es sind „Verbündete“ unter dendeutschen Mitbürgern zu finden• Informationen und <strong>Ein</strong>ladungensollten in mehreren Sprachenvorhanden sein.• Patenschaften für Neuankömmlinge.• Öffentlichkeitsarbeit müsste verstärktwerden.Runde 3: Was muss sich ändern,um Potenziale nutzen zu können?• Öffnung des Wahlrechts für ausländischeMitbürger.• sich in Parteien einmischen; Rechteeinfordern.• Wohnortwahlrecht für alle Bürger_innen.• doppelte Staatsbürgerschaft.• Mitarbeit in Parteien, NGOs undVereinen fördern.• Förderprogramme in den Parteienfür Nachwuchs mit Migrationshintergrund.• zivilgesellschaftliche Formen derBeteiligung, insbesondere beijungen Menschen.• Begegnungen zwischen ausländischenund deutschen Mitbürger,um Vorurteile abzubauen.Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> | 27


ERGEBNISSE DER THEMENTISCHETHEMA 2: Beteiligung an der politischen Willensbildung: Bürgerinitiativen, Elternnetzwerke,Verbände, Vereine usw.Tisch 1: Berrin Alpbek (FöTED)Tisch 2: Amine Tasdan (Inssan e.V.)Tisch 3: Didem Yüksel (Vorstand MRBB)Tisch 4: Antonio Diaz (BiFF e.V.)Tisch 5: Marissa Turac (AG 5/<strong>BBE</strong>)Tisch 1: Berrin Alpbek (FöTED)• Die Etablierung der Migrant_innenselbstorganisationenwurdemit Skepsis betrachtet undals Gefährdung (Parallelgesellschaft!)angesehen, nicht alsdemokratische Form der <strong>Ein</strong>bindungin die Zivilgesellschaft.• In der öffentlichen Wahrnehmunghat sich erst in den letztenJahren ein deutlich positiver Perspektivenwechselzur Relevanz<strong>von</strong> Migrant_innenselbstorganisationenin der Politik vollzogen.Die Arbeit wird zum Teil wertgeschätztund unterstützt.• Die Vertreter_innen der politischenParteien sind grundsätzlichoffen für Kontakte zumDachverband der Migrant_innenvereine,jedoch nur wenigeParteien sind gewillt, die spezifischenAnliegen <strong>von</strong> Zugewandertenauch tatsächlich im politischenProzess zu vertreten.• Die partizipative Integrationkann nur <strong>durch</strong> die gemeinsameEntwicklung und Umsetzung angemessenerStrategien gelingen.• Mittlerweile haben in Deutschlandfast alle der hier lebendenMigrant_innengruppen ihre eigenenMigrant_innenvereine/-organisationen, die in vielen unterschiedlichenBereichen tätigsind.Die Dachverbände der Migrant_innenvereinekönnen grob unterteiltwerden in:a) Lobbyingb) Beratung, Auskunft und praktischeHilfeleistungenc) ausführende Tätigkeiten undProjektarbeitAufgrund des breiten Tätigkeitsspektrumswerden deutlich mehrAufgaben erfüllt als ursprünglichvorgesehen:28 | Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>


World Café | THEMA 2: Beteiligung an der politischen Willensbildung: Bürgerinitiativen, ...• Die Selbstorganisationen habenbislang nur selten Zugang in dieFinanzierungsstrukturen gefunden.• Der Mangel an Zugang zu finanziellerFörderung wird <strong>von</strong> denmeisten Migrant_innenorganisationenals großes und die Arbeiterheblich einschränkendesDefizit wahrgenommen.• Betrachtet man die Situation ausder Perspektive der Vereine <strong>von</strong>Migrant_innen, so muss festgestelltwerden, dass diese nachwie vor in der Vereinslandschaftund öffentlichen Förderung unterrepräsentiertund in wichtigenGremien kaum vertretensind.• Die interkulturelle Öffnung derVerbandsstrukturen und Qualifikation<strong>von</strong> Migrant_innenselbstorganisationensollte alsaktive Förderung der <strong>Partizipation</strong>s-und Integrationschancender Migrant_innen verstandenwerden.• Sie sollten darin unterstützt werden,ihre Anliegen überzeugendund öffentlichkeitswirksam vorzutragen.Das könnte bedeuten,dass sie <strong>von</strong> Expert_innen mitMultiplikatorenschulungen professionellvorbereitet werden.• Der interkulturelle Dialog bedarfstarker Partner. Der interkulturelleDialog muss initiiert, moderiertund verstetigt werden.• Empowerment-Ansätze helfen,Selbstbewusstsein und Durchsetzungswillenzu entwickeln.• Solange Migrant_innen nichtstimmen und wählen können,sollte ein Dachverband als legitimerRepräsentant der Interessender Migrationsbevölkerungangehört werden. Damit kannerreicht werden, dass die Perspektive<strong>von</strong> Migrant_innen inpolitische und gesellschaftlicheDiskussionen einfließt und verankertwird.• Das eigentliche Ziel sollte daskommunale Wahlrecht und Zulassung<strong>von</strong> doppelter Staatsangehörigkeit(aktives/passivesWahlrecht) für Migrant_innensein.Tisch 2: Amine Tasdan (Inssane.V.)Runde 1: Welche konkreten Möglichkeitengibt es bezüglich der<strong>Partizipation</strong> <strong>von</strong> Migrant_innen?• Die Migrant_innenselbstorganisationen(MO) sollten sich unterDachverbänden zusammenschließenund z.B. <strong>durch</strong> die Beteiligungam Integrationsrat ihreInteressen vertreten. Die Devisesollte lauten: Gemeinsam istman stark!• Entweder sollten eigene Netzwerkegenutzt aktiviert werdenoder man sollte sich in bereitsbestehende Strukturen/Verbändeeinklinken. Dazu gehören z.B.Projekte wie die JIVE (BMFSFJ),ein Projekt, welches die <strong>Ein</strong>bindung<strong>von</strong> MO in die internationaleJugendarbeit fördert.• Die Vereine sollten mehr Aufmerksamkeiterregen und sichgezielt an die Parteien wenden,indem sie Parteien bzw. Politikergezielt einladen. Sie sollten Druckausüben und sich Macht <strong>durch</strong>die <strong>Partizipation</strong> in gesellschaftlichenBelangen erkämpfen.• <strong>Ein</strong>e mangelnde Wahlbeteiligungist zu verzeichnen. Deswegensollten Migrant_innen<strong>durch</strong> die MO dazu bewegtwerden, sich an den Wahlen zubeteiligen. Etablierte Verbändehaben kaum Migrant_innen alsMitglieder, Migrant_innen fehltdas Wissen um die Strukturen.• Häufig bestehen auch Berührungsängste.Daher sollte ein politischerRahmen geschaffen werden, derdie <strong>Partizipation</strong> <strong>von</strong> MO unterstützt.Durch gezielte Professionalisierungund Unterstützung <strong>von</strong>MO können die Voraussetzungenfür die politische Willensbildungaufgebaut werden.Runde 2: Welche Erfahrungen, positivwie negativ, haben wir konkretgemacht?• Die Beteiligung <strong>von</strong> MO ist zugering. Es sind Barrieren vorhanden,die die <strong>Partizipation</strong>verhindern. Sind überhaupt politischeStrukturen angemessenfür die <strong>Partizipation</strong> <strong>von</strong> allenGruppen? Vielleicht sollte manneue Strukturen, die auf dieBedürfnisse der Migrant_innenangepasst sind, nutzen. ZumBeispiel können im Rahmen <strong>von</strong>Aktionen wie die „Soziale Stadt“Berührungsängste überwundenwerden. Mit alternativen Beteiligungsformensollten Barrierenüberwunden werden.• Es wurde die Erfahrung gemacht,dass niedrigschwellige Aktionenfunktionieren. Es bleibt die Frage,wie man in Konzepten undMaßnahmen die Beteiligung <strong>von</strong>Migrant_innen fördern kann.Zum Beispiel ist die Beteiligungbeim Quartiersmanagement sehrgering, obwohl die Belange allerQuartiersbewohner betroffensind. Die vorhandene Politikverdrossenheitmuss aufgebrochenwerden.Runde 3: Was muss sich ändern,um die Potenziale besser nutzenzu können?• <strong>Ein</strong> Paradigmenwechsel in derPolitik ist notwendig. Sowohldie Verbände als auch die Parteienmüssen sich mehr öffnen,um Migrant_innen als Mitgliederanzuwerben.• Begriffe wie <strong>Inklusion</strong>, Integrationund <strong>Partizipation</strong> müssengeklärt werden.• Kommunale Netzwerke müssengebildet werden, gemeinsameInteressen und Ziele der MOkönnen da<strong>durch</strong> verfolgt werden.• Die Finanzierung <strong>von</strong> Netzwerkenist unsicher, da die Ressourcenfehlen.Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> | 29


World Café | THEMA 2: Beteiligung an der politischen Willensbildung: Bürgerinitiativen, ...Gastgeber des Tisches animiertedie Tischgäste, aus ihren Organisationenund über ihre persönlichenErfahrungen zu berichten, welchekonkreten Möglichkeiten es bezüglichder <strong>Partizipation</strong> <strong>von</strong> Migrant_innen gibt.Migrant_innen haben sehr vieleMöglichkeiten, sich einzubringenund teilzuhaben, doch mangelndeInformation, Unkenntnis, mangelndeBereitschaft, sich interkulturellzu öffnen, oder fehlende Mittelverhindern bzw. beschränken ihre<strong>Partizipation</strong>.In der anschließenden, zweitenTischrunde vertieften die Tischgästeihre Erfahrungen bezüglich derkonkreten <strong>Partizipation</strong>. Die <strong>Partizipation</strong><strong>von</strong> Migrant_innen istgrundsätzlich als positiv anzusehen,die Gäste an den Tischen berichtetenaber <strong>von</strong> teilweiser Zurückweisungnach dem Motto: „Die wollenmich nicht“. Von anderer Seite wurdeberichtet: „Die wollen sich nichteinbringen, weil sie keine Ahnunghaben“. Andere berichteten da<strong>von</strong>,dass es sich trotz aller Schwierigkeitenlohnt, sich einzubringen undzu partizipieren, denn man erhältWertschätzung und hat das Gefühl:„Ich kann etwas verändern“.Über die Motivation <strong>durch</strong> positive<strong>Partizipation</strong>serfahrungen <strong>von</strong>Migrant_innen waren sich alle Beteiligteneinig. Alle Anwesendenwaren sich außerdem einig, dassMigrant_innen und Aufnahmegesellschaftnoch vieles tun müssen,um die Potenziale der Migrant_innenfür die deutsche Gesellschaftfruchtbar zu machen. So muss sichals erstes die defizitäre Betrachtung<strong>von</strong> Migrant_innen und ihren Organisationenfundamental ändern.Die <strong>Partizipation</strong> <strong>von</strong> Migrant_innenerfordert einen Dialog auf gleicherAugenhöhe und die Schaffungentsprechender Räume und Möglichkeiten.Dies ist eine der wichtigstenVoraussetzungen, damitdie <strong>Partizipation</strong> <strong>von</strong> Migrant_innengelingen kann. <strong>Ein</strong> Großteil derTeilnehmer_innen des Tisches warder Meinung, es müsse aufhören,dass die Migrant_innenorganisationenoder Migrant_innen bei derKooperation mit Nicht-Migrant_innenorganisationen immer dasEhrenamt übernehmen und dieandere Seite das Hauptamt. Gleichzeitigmüssten mehr Mittel für dieStärkung des Ehrenamtes bereitgestelltwerden und dieses könntewiederum nur mit einer starkenhauptamtlichen Struktur gelingen.Das gesellschaftliche Ansehen desEhrenamtes im Allgemeinen undspeziell das Ehrenamt <strong>von</strong> Migrant_innen muss gestärkt werden. <strong>Ein</strong>Teilnehmer drückte dies folgendermaßenaus: „In anderen Ländernwird <strong>von</strong> den Menschen ehrenamtlichesEngagement verlangt, dasgeht soweit, dass der beruflicheAufstiegt mit dem ehrenamtlichenEngagement verbunden ist.“Die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppekönnen wie folgt zusammengefasstwerden:• Es gibt viele Möglichkeiten der<strong>Partizipation</strong> <strong>von</strong> Migrant_innenund MO, entsprechendeErfahrungen wurden gemacht.• Bestimmte Umstände (mangelndeInformation, Unkenntnis,mangelnde Bereitschaft der interkulturellenÖffnung, fehlendeMittel) behindern <strong>Partizipation</strong>.• <strong>Partizipation</strong> und Sich-<strong>Ein</strong>bringenist positiv und lohnt sich.• Die Aufnahmegesellschaft sollteeine „Willkommenskultur“ entwickelnund den <strong>Ein</strong>satz der Migrant_innenwertschätzen.• Die defizitäre Betrachtung <strong>von</strong>Migrant_innen und ihren Organisationenmuss sich fundamentaländern, die Potenziale müssengesehen werden.• Räume der Begegnung auf gleicherAugenhöhe müssen geschaffenwerden.• Die Schieflage bei der Kooperationzwischen Migrant_innen,MO und Wohlfahrtverbänden(d.h. Migrant_innen gleich ehrenamtlicheArbeit, aber Verantwortung;Wohlfahrtsverbändegleich hauptamtliche Arbeitund Mittel) muss sich ändern.• Das gesellschaftliche Ansehendes Ehrenamtes muss gestärktwerden und sich positiv auf denLebenslauf eines Menschen auswirken.Tisch 5: Marissa Turac (AG 5/<strong>BBE</strong>)Beteiligung <strong>von</strong> Migrant_innenauf politischer EbeneMigrant_innen beteiligen sich aktivin politischen Parteien und bekleidenmeist integrationspolitischeÄmter. Diese „Ämterverteilung“wird <strong>von</strong> den beteiligten Gästenhäufig kritisch betrachtet. Wünschenswertwäre die Überwindungeiner solchen „Ämterzuweisung/-zuordnung“ hin zu einer migrationsunabhängigenÄmterbesetzung.Zudem bemängeln die Teilnehmer_innen, dass die politischen Arbeitskreisefür Migration und Integration<strong>von</strong> den Parteien und der Politikmarginalisiert und nicht ernst genommenwerden und daher politischgestärkt werden sollten. DesWeiteren heißt es, dass Politikerauf Themen aus den unterschiedlichstenMigrant_innenmilieus reserviertreagieren. Hier wird einefehlende Bereitschaft der Politikvermutet, sich in Herkunftsthemeneinzuarbeiten. Darüber hinaus wirddas stark eingeschränkte Mitbestimmungsrechtder Migrations-/Integrationsbeiräte beanstandetund das kommunale und allgemeineWahlrecht für alle Migrant_innengefordert.Das in 2011 verabschiedete Landesintegrationsgesetztin NRW stärktdas Mitspracherecht des Landes-Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> | 31


World Café | THEMA 2: Beteiligung an der politischen Willensbildung: Bürgerinitiativen, ...integrationsrates NRW und fordertdarüber hinaus die interkulturelleÖffnung der etablierten <strong>Ein</strong>richtungenund Organisationen.Beteiligung auf Vereins-/VerbandsebeneDie interkulturelle Öffnung der verbandlichenJugendarbeit hat in denvergangenen Jahren erheblich dazubeigetragen, dass Vereine jungerMigrant_innen <strong>Ein</strong>zug in die Jugendringeauf kommunaler, Landes- undBundesebene gefunden haben. Mitihrer Stimme in den Gremien derJugendringe beteiligen sie sich ander gesellschaftlichen, sozialen undpolitischen Gestaltung der KinderundJugendarbeit in der BundesrepublikDeutschland.Jugendverbände bieten jungenMenschen Beteiligungsformenunterschiedlichster Art an, insbesondereim nonformalen Bildungsbereich.So zum Beispiel dieevangelische Schüler_innenarbeitWestfalen. In Kooperation u.a. mitHauptschulen, meist mit einem hohenMigrant_innenanteil, stellt sieeine aktive Beteiligungsplattformzur Verfügung. In außerschulischenBildungsseminaren werden dieThemen der Schüler_innen kulturpädagogischaufgegriffen. In Gesang,Tanz und Musik-Workshopswerden die Schüler_innen professionellgeschult. Ihre Teilnahme anden Bildungsseminaren wird miteinem Zertifikat honoriert und ineinem festlichen Akt in Anwesenheitder Eltern an die Jugendlichenübergeben. Zum einen stärken dieWorkshops und die Ergebnispräsentationendas Selbstwertgefühlder Jugendlichen. Zum anderenwerden die Jugendlichen für gesellschaftspolitischeThemen sensibilisiert.Darüber hinaus könnenJugendliche mit Migrationshintergrundan Jugendleiterschulungenteilnehmen. Mit diesen Maßnahmenbietet die evangelischeSchüler_innenarbeit Westfaleninsbesondere benachteiligten Jugendlichenmit Migrationshintergrundeine informelle BeteiligungsundBildungsplattform. Sie zeigtauf, wie Eltern und Jugendliche mitMigrationshintergrund <strong>von</strong> Vereinenund Verbänden der Mehrheitsgesellschafterreicht werdenkönnen. Im Bereich der internationalenJugendarbeit hingegen ist dieBeteiligung <strong>von</strong> Vereinen jungerMigrant_innen noch ausbaufähig.Auch fehlt der strukturelle Zugangzu Förderprogrammen wie „Jugendfür Europa“.<strong>Partizipation</strong> auf strukturellerEbeneAuf struktureller Ebene ist einegleichberechtigte <strong>Partizipation</strong><strong>von</strong> Migrant_innenorganisationennoch nicht erreicht. <strong>Ein</strong>igen landesweitagierenden Vereinen jungerMigrant_innen ist es gelungen, dieVoraussetzungen für eine strukturelleFörderung der Verbandsarbeitzu erfüllen. Auch der LandesintegrationsratNordrhein-Westfalenwird mit dem neuen Integrationsgesetzstrukturell gefördert undpolitisch gestärkt. Bemängeltwird das Fehlen <strong>von</strong> migrationsspezifischenThemen in (Weiter-)Bildungseinrichtungen. Gefordertwird die <strong>Ein</strong>richtung <strong>von</strong> geeignetenRäumen und Plattformen,in denen Austausch und Kommunikationermöglicht werden. Dieinterkulturelle Öffnung der Verwaltungsowie aller etablierten<strong>Ein</strong>richtungen und Organisationenauf der Leitungs-, Mitarbeiter- undAngebotsebene bietet die Chanceauf eine gleichberechtigte Beteiligungs-und Mitwirkungsmöglichkeit<strong>von</strong> Migrant_innen.32 | Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>


ERGEBNISSE DER THEMENTISCHETHEMA 3: Lokale und kommunale <strong>Partizipation</strong>spotenzialeTisch 1: Angelina Weinbender(MRBB)Tisch 2: Torsten Groß (ISKANürnberg)Tisch 3: Dr. Karamba Diaby(Stadtrat der Stadt HalleTisch 4: Derya Ovali (SPD Friedrichshain-Kreuzberg)Tisch 5: Viktor Ostrowski(Phoenix e.V.)Tisch 1: Angelina Weinbender(MRBB)Runde 1: Welche konkreten Möglichkeitengibt es bezüglich der<strong>Partizipation</strong> <strong>von</strong> Migrant_innen?An der ersten Runde des Thementischeswaren keine (Post-)Migrant_innenbeteiligt, so dass dasBrainstorming einerseits viele Möglichkeitenaußer Acht ließ und andererseitsdie Grenzen einiger Möglichkeitenunberücksichtigt lässt:• Integrationsbeiräte/-ausschüsse• Gewerkschaften, Parteien.• kommunales Wahlrecht.• Eltern- und Lehrer_innenvertretung.• Sportvereine.• Kulturvereine/Karneval.• Nachbarschaftsnetzwerke undinterkulturelle Gärten.• Stadtführungen <strong>durch</strong> Migrant_innen.• Stadtteilmütter.• Lesepat_innen.• interkulturelle/antirassistischeWochen, Woche des Engagements,Tag der Flüchtlinge.• Jugendclubs.Runde 2: Welche Erfahrungen, positivwie negativ, haben wir konkretgemacht?• Migrant_innenselbstorganisationen(MO) werden mehr gefördert.• Es gibt immer mehr Gesprächsrunden,in denen auch mehrheitlich(Post-) Migrant_innen vertretensind.• Integrationsausschüsse werden<strong>von</strong> Politik und Öffentlichkeitnicht ernst genommen.• Integrationsausschüssen fehltdie entsprechende Expertise.• (Post-) Migrant_innen und MOsollen meist politisch aufgeklärtwerden.• Die Bedürfnisse <strong>von</strong> (Post-) Migrant_innenwerden unter denTisch gekehrt.• Machtverhältnisse werden nichtgenügend reflektiert.• Als (Post-) Migrant_in muss mansich ändern bzw. anpassen, umeinen Zugang zu erhalten.• Als (Post-) Migrant_in wird manselbst zu Themen, die einen direktbetreffen, nicht eingeladen.• (Post-) Migrant_innen beteiligensich aufgrund diffuser Ängste(Wer hört mir schon zu/nimmtmich ernst?) weniger an Veranstaltungenwie Stadtteilkonferenzen.Runde 3: Was muss sich ändern,um die Potenziale besser nutzenzu können?• <strong>Ein</strong>heimische wissen nicht, was„Integration“ bedeuten, so dassman nicht weiß, wo man anfangensoll.• Die Mehrheitsgesellschaft sollsich öffnen.• Wir müssen unsere Theorie undKonzepte überarbeiten: weg<strong>von</strong> Defizitperspektiven hin zuRessourcen und Potenzialen.• Wir müssen klare Forderungenformulieren und Strukturen ändern(interkulturelle Öffnung).• Das Bildungssystem muss sichändern: weg vom selektiven,dreigliedrigen System hin zurGesamtschule.• Lehrer_innen müssen entsprechendden Bedürfnissen der<strong>Ein</strong>wanderungsgesellschaft geschultwerden.• Rassismus muss als solcherbenannt werden. Wir müssenaussprechen, dass unsere Gesellschaftrassistisch ist. Dafürbraucht es sowohl Bottom-upalsauch Top-down-Prozesse.• Unsere Methoden müssen sichändern: (Post-) Migrant_innenmüssen in die Arbeit einbezogenund neue Ideen entwickeltwerden.Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> | 33


World Café | THEMA 3: Lokale und kommunale <strong>Partizipation</strong>spotenzialeTisch 2: Torsten GroSS (ISKANürnberg)Runde 1: Welche konkreten Möglichkeitengibt es bezüglich der<strong>Partizipation</strong> <strong>von</strong> Migrant_innen?• Die Diskussion beschränkte sichauf <strong>Partizipation</strong>smöglichkeiten,mit denen die Teilnehmer_inneneigene Erfahrungen gesammelthatten: Netzwerke, Dachverbände<strong>von</strong> MO und Integrationslotsen.Gerade Netzwerke, indenen Menschen mit und ohneMigrationshintergrund, „neue“und etablierte Akteure, HauptundEhrenamtliche, zusammenarbeiten,wurden als besondersgeeignete Möglichkeit der <strong>Partizipation</strong>angesehen. Wünsche,Anregungen oder auch Forderungenaus einem solchen Netzwerkwerden ernster genommenals <strong>von</strong> einzelnen Migrant_innenorganisationen.• Integrationslotsen können vorallem dann partizipative Wirkungenentfalten, wenn sie eigeneProjekte – möglichst inKooperation mit etablierten Institutionen– anstoßen. Dies istals Integrationslotse leichter, alswenn man als Migrant_in keine„offizielle“ Funktion“ innehat.• Abschließend wurde noch <strong>von</strong>allen betont, dass <strong>Partizipation</strong>nicht nur Mitreden, sondernauch Mitgestaltung/Mitentscheidungbeinhalten muss. Entsprechendist wirkliche <strong>Partizipation</strong>erst mit dem kommunalenWahlrecht für Migrant_innengegeben, dies würde nach Meinungder Teilnehmer_innen beiMigrant_innen auch das Interessean anderen Formen derBeteiligung und des Engagementsbefördern.Runde 2: Welche Erfahrungen, positivwie negativ, haben wir konkretgemacht?• Als positiv wurde wahrgenommen,dass in „gemischten“ Netzwerkengemeinsame Interessenentwickelt und dann auch Zielegemeinsam verfolgt wurdenoder dass die Akzeptanz und Anerkennung<strong>von</strong> Migrant_innenstieg, wenn sie länger in einerFunktion/Position oder einemNetzwerk aktiv waren.• Negative Erfahrungen lassen sichfolgendermaßen verallgemeinern:Migrant_innen sind sehr willkommen,wenn es um kulturelle/künstlerische oder kulinarischeBeiträge geht und auch ihr Fachwissenwird gerne „abgegriffen“.Wenn Migrant_innen aber Ressourcen/Gelderbenötigen odermehr <strong>Ein</strong>flussmöglichkeiten/Macht anstreben, stoßen sie aufimmer größere Hürden. Der <strong>Ein</strong>druckder Diskutant_innen war,dass dies zwar ein weit verbreitetesPhänomen ist, Migrant_innenaber in besonderem Maßetrifft.Runde 3: Was muss sich ändern,um die Potenziale besser nutzenzu können?• <strong>Ein</strong>ig waren sich Alle, dass die – auch<strong>von</strong> Herrn Piening angesprochene– ungerechte Ressourcenverteilungzwischen Migrant_innenorganisationenund „Etablierten“dringend korrigiert werden muss.<strong>Ein</strong> erster Schritt dazu könntensog. „Verfügungsfonds“ für Aktivitäten<strong>von</strong> MO sein, die Netzwerkeund Dachorganisationen <strong>von</strong> MOeigenständig vergeben können.Langfristig ist der Aufbau <strong>von</strong>nachhaltigen Strukturen im Sinneeiner Grundförderung (Raummiete,Büroinfrastruktur etc.) für MOnotwendig. Größere MO sowielandes- oder bundesweite Dachorganisationenbenötigen zudemprojektunabhängig finanziertes,hauptamtliches Personal.Dieser Professionalisierungsprozessmuss flächendeckend <strong>durch</strong>Qualifizierungsangebot (sowohlspezielle Angebote für MO alsauch interkulturelle Öffnung allgemeinerQualifizierungsmaßnahmen)unterstützt werden.• Neben der Verbesserung derRahmenbedingungen für Engagementund <strong>Partizipation</strong> <strong>von</strong>Migrant_innen wünschen sich34 | Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>


World Café | THEMA 3: Lokale und kommunale <strong>Partizipation</strong>spotenzialeviele ein stärkeres Interesse <strong>von</strong>Politik und Öffentlichkeit und einanderes Bild <strong>von</strong> Migrant_innen:Die vielbeschworenen positivenAspekte <strong>von</strong> Migration (StichwortBereicherung) schlagen sich imAlltag kaum nieder: „Bei interkulturellenVeranstaltungen kommen80 Prozent Migrant_innen,die Deutschen kommen vorrangigaus beruflichem Interesse“.Tisch 3: Karamba Diaby (Stadtratder Stadt Halle)Runde 1: Welche konkreten Möglichkeitengibt es bezüglich der<strong>Partizipation</strong> <strong>von</strong> Migrant_innen?• Das Bundesprogramm „SozialeStadt“ mit <strong>Ein</strong>beziehung <strong>von</strong> Migrant_innen.• Mitwirkung bei der Realisierung<strong>von</strong> Projekten im Rahmen „InternationaleGärten“ als Orte fürkonkrete <strong>Ein</strong>mischung vor Ort.• Projekte wie Eltern-Cafés.• Mitwirkung bei Bürgerinitiativen,um mehr Austausch mit derMehrheitsgesellschaft zu ermöglichenund da<strong>durch</strong> zum Abbau<strong>von</strong> Vorurteilen beizutragen.• Projekte wie Stadteilmütter/Väter.• Projekte wie Rucksackmütter(„Folgebefähigungen“).• Zugang zu Freiwilligen-Agenturen.• Kommunalparlamente.• Internationale Frauennetzwerke.• Internationale Jugendprojekte/Jugendbegegnungen.• Kommunale Integrations-/Ausländerbeirätemit Stimmrecht.Runde 2: Welche Erfahrungen, positivwie negativ, haben wir konkretgemacht?• Mangelnde Willkommenskulturfür Flüchtlingsorganisationen beimZugang zu Strukturen (u.a. fürdie Mitgliedschaft bei den Wohlfahrtverbänden).• Instrumentalisierung <strong>von</strong> MO<strong>durch</strong> einige etablierte Organisationenund damit eine mangelndeZusammenarbeit aufAugenhöhe.• Mangelnde interkulturelle Sensibilitätbei den Grundsicherungsträgern(Agentur für Arbeit, Jobcenter,Kammer).• Zu wenig Kooperation zwischeneinigen MO und deutschen Organisationen.• Verstärkte Solidarität zwischenMO mit zunehmender Nutzung<strong>von</strong> Synergien.Runde 3: Was muss sich ändern,um die Potenziale besser nutzenzu können?• <strong>Ein</strong>stellungen in den Köpfen derhandelnden Menschen.• Begegnung und Dialog bezogenauf gemeinsame Ziele.• Mehr professionelle Strukturen fürMO (Abbau <strong>von</strong> Zugangsbarrieren).• Erleichterter Zugang zu den Ressourcenfür MO (Abbau verschiedenerBarrieren).• Institutionelle Förderung <strong>von</strong> MO.• Qualifizierung <strong>von</strong> Schlüsselpersonender MO.• Beteiligung bei politischen Parteien– interkulturelle Öffnungder Parteien.• Mehr Elternnetzwerke als Plattformfür den Austausch.• Öffnung der Förderrichtlinienzur Unterstützung der <strong>Partizipation</strong>(Entbürokratisierung undinterkulturelle Kompetenz derHandelnden).Tisch 4: Derya Ovali (SPD Friedrichshain-Kreuzberg)Runde 1: Welche konkreten Möglichkeitengibt es bezüglich der<strong>Partizipation</strong> <strong>von</strong> Migrant_innen?Es werden verschiedene Beteiligungsmöglichkeitenangesprochen:• Quartiersmanagement.• BeteiligungsmöglichkeitenStadtteil.im• Senatsverwaltung.• Behördenebenen.• Arbeiten mit verschiedenen <strong>Ein</strong>richtungen.• Engagement in Vereinen.Die Teilnehmer_innen tauschensich aus, welche Hilfe Migrant_innenbenötigen, um sie besser zuunterstützen:• Es muss festgestellt werden, inwelcher Lage die Migrant_innensich befinden.• Migrant_innen, die erst seit kurzemin Deutschland sind, haben größerenBeratungsbedarf.• <strong>Ein</strong>e muttersprachliche Umgebungerschwert das Erlernender deutschen Sprache.• Eltern müssen aktiv werden umSchüler_innen zu unterstützen.• Sportvereine haben großes Potenzial.• Information und Öffentlichkeitsarbeitmuss vermehrt werden.• Durch „neue“ Herangehensweisensollten mehr Menschen angesprochenwerden.• Schüler_innen sollten <strong>durch</strong>Theater- und Kunstprojekte angesprochenwerden.Fazit der Runde: „Wir müssen Elternund Erziehungsberechtigte fördernund die Schule als Ort für <strong>Partizipation</strong>nutzen. Die Menschen müssendas Gefühl haben, ihr Schicksalselbst in die Hand zu nehmen.“Runde 2: Welche Erfahrungen, positivwie negativ, haben wir konkretgemacht?• Kommunale Anlaufstellen fürMigrant_innen in den Gewerkschaften.• Mehrsprachiges Infomaterial.• Probleme mit dem Sozialamt.• Wir brauchen viel mehr interkulturelleÖffnung und eine stärkereWillkommenskultur, denn die erstenAnlaufstellen sind die Behörden,Behörden müssen Zugangfür alle Migrant_innen schaffen.Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> | 35


World Café | THEMA 3: Lokale und kommunale <strong>Partizipation</strong>spotenzialeRunde 3: Was muss sich ändern,um die Potenziale besser nutzenzu können?• Institutionen wie Stadtverwaltungenund alle Apparate, dieMacht ausüben und die Demokratiewiderspiegeln, müssensich interkulturell öffnen.• Struktureller Rassismus gehörtabgeschafft.• Interkulturelle Trainings für Ausländerbehördenund Jobcenter,auch Uni-Beschäftigte sind nötig.• Neue Organisations- und <strong>Partizipation</strong>smöglichkeitensind zuschaffen. Wir müssen ein Themahaben, um alle Migrant_innenauf einem Boot mitzunehmen,z.B. Kinderarbeit oder Bildung.• Es bestehen kulturelle Unterschiede,zum Beispiel in derSchulerziehung.• Menschen wissen gar nicht, dasssie partizipieren können.• Wir brauchen Multiplikator_innen.Vereine müssen besser beratenwerden.• Das Wahlrecht muss geändertwerden.• Das System der Stadtteilbeiräteist nicht geeignet.• Der Zugang über die Partei musserleichtert werden.• Man muss aushalten, dass mannicht „willkommen“ ist! Daskann nicht jeder.• Vermitteln <strong>von</strong> Selbstbewusstsein.Tisch 5: Viktor Ostrowski(Phoenix e.V.)Runde 1: Welche konkreten Möglichkeitengibt es bezüglich der<strong>Partizipation</strong> <strong>von</strong> Migrant_innen?Die Teilnehmer_innen der erstenRunde haben sich für folgendes <strong>Partizipation</strong>smodellausgesprochen:Die Migrant_innen können sichbei Integrationsräten, politischenParteien, Arbeitskreisen, Wohlfahrtsverbänden,Vereinen, Bürgerinitiativenund bei Migrant_innenorganisationenengagieren.Runde 2: Welche Erfahrungen, positivwie negativ, haben wir konkretgemacht?Folgende positive Erfahrungen sindgemacht worden:• Manchen Migrant_innen gelanges, auf der kommunalenund Landesebene <strong>durch</strong> Wahlenund politische Parteien in Parlamentezu kommen.• <strong>Ein</strong>ige Migrant_innenvertreternehmen an Integrationsgipfelnim Bundeskanzleramt mit derBundeskanzlerin Merkel teil.• Das Forum der Migrant_innenbeim Paritätischen Wohlfahrtsverbandengagiert sich sehrerfolgreich im Dialog mit Vertreter_innen<strong>von</strong> Politik und Verwaltungauf der Bundesebene.<strong>Ein</strong> Beispiel ist die Vorbereitungder Gesetzesgrundlage „Strukturförderungder Migrant_innenorganisationen“.• In vielen Kommunen in Deutschlandgibt es Migrant_innenorganisationen,die Integrationspolitikvor Ort mitbestimmen. Hiersind stellvertretend zu nennen:der Kulturverein in Lübeck, dasmultikulturelle Forum in Lünenoder auch Ifak in Bochum.Folgende negative Erfahrungensind gemacht worden:• Viele Migrant_innen beklagensich über geschlossene Kreisein der Politik, die Migrantenvertreter_innennicht wahrnehmenund nicht auf ihre Wünsche reagieren.In erster Linie betrifftdies die Mittelvergabe für unterschiedlicheProjekte im Integrationsbereich.• Viele Initiativen fühlen sich imStich gelassen und können da<strong>durch</strong>nur auf eigene Kräfte zählen,es gibt kaum Unterstützung.Runde 3: Was muss sich ändern,um die Potenziale besser nutzenzu können?Beim Gespräch zu dieser Fragewaren sich die Teilnehmer_innennicht einig, ob sich in Deutschlandzum Thema Migrant_innen wirklichetwas Positives entwickelt.Diejenigen, die seit Jahrzehntendabei sind, berichten über positiveEntwicklung in der Integrationsdebatteim Vergleich zu vergangenenJahren. Diejenigen, die sich seitkurzer Zeit mit diesem Thema befassen,sehen jedoch noch großeHürden und klagen über langjährignicht gelöste Probleme.Zum Schluss kamen aber alle Beteiligtenzur einheitlichen Meinung,dass sich die deutsche Gesellschaftweiter öffnen muss, um Mitbürger_innenmit Migrationshintergrundbesser zu verstehen undVorurteile abzubauen. Gleichesmüssen auch Migrant_innen tun,um Vorurteile <strong>von</strong> <strong>Ein</strong>heimischenabzubauen. Durch beiderseitigenAbbau <strong>von</strong> Vorurteilen werden Potenzialewahrgenommen und fürdie gesamte deutsche Gesellschaftviel besser genutzt.36 | Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>


ARBEITSGRUPPEN


AG 1: Politische <strong>Partizipation</strong> auf Kommunal- und LandesebeneInput: Erfahrungen und Erfolgeder politischen Teilhabein BerlinHakan Taş (Mitglied des BerlinerAbgeordnetenhauses/Linksfraktion– ehemals stellvertretender Vorsitzenderdes Berliner Integrationsbeirates)EntstehungsgeschichteDer Landesbeirat konstituierte sichim Jahr 2003, um in Berlin lebendeMenschen mit Migrationshintergrundbzw. Migrant_innenorganisationeneine <strong>Ein</strong>flussmöglichkeitauf das politische Leben der Stadtzu verleihen und darüber das existierende<strong>Partizipation</strong>sdefizit fürMigrant_innen zu kompensieren.Die Linke hatte in den Koalitionsverhandlungen2002 die Bildungeines solchen Beirates angeregtund <strong>durch</strong>gesetzt.Die Bevölkerung Berlins mit Migrationshintergrundwird <strong>durch</strong> ein besonderes,basisnahes Verfahren repräsentiert:Der Senator bzw. die Senatorinfür Integration hat den Vorsitz desLandesbeirates, <strong>Ein</strong>e/r der Migrant_innenvertreter die Stellvertretung.An den Sitzungen des Landesbeiratsnehmen die Staatssekretärinnenund Staatssekretäre der verschiedenenSenatsverwaltungen teil.Der Beirat hat seit seiner Gründungeine gute Arbeit geleistet,viele Entwicklungen angeregt unddiesen zur politischen Umsetzungverholfen. Besonders hervorzuhebensind die „Berliner Integrationskonzepte“,die Bemühungen zurinterkulturellen Öffnung der Verwaltung,der „Aktionsplan gegenRassismus und ethnische Diskriminierung“sowie das „<strong>Partizipation</strong>sundIntegrationsgesetz“ (PartIntG).Das <strong>Partizipation</strong>s- und IntegrationsgesetzDie Verabschiedung des PartIntG istmaßgeblich auf die Initiative der Arbeitsgruppe„<strong>Partizipation</strong>“ des Landesbeirateszurückzuführen. DieseAG legte im Januar 2010 dem Integrationsbeiratein ausführliches Papierzur Erarbeitung eines „<strong>Partizipation</strong>s-und Integrationsgesetzes“vor. Der Integrationsbeirat stimmtedem Projekt „grundsätzlich“ zu undbat die Senatsverwaltungen, unterFederführung der Senatsverwaltungfür Integration, Arbeit undSoziales ein entsprechendes Gesetzauszuarbeiten.38 | Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>


AG 1 | Politische <strong>Partizipation</strong> auf Kommunal- und LandesebeneIm Juni 2010 wurden die „Eckpunktefür ein Gesetz zur Regelung<strong>von</strong> <strong>Partizipation</strong> und Integration inBerlin“ an Verbände verschickt undum eine schriftliche Stellungnahmegebeten. Schließlich verabschiedeteder Berliner Senat Anfang August2010 die „Vorlage über das Gesetzzur Regelung <strong>von</strong> <strong>Partizipation</strong> undIntegration in Berlin (PartIntG)“. DasBerliner Abgeordnetenhaus verabschiedetedas Gesetz am 8. Dezember2011 mit den Stimmen der SPDund Der Linken. Das <strong>Partizipation</strong>sundIntegrationsgesetz besteht auseinem „Kerngesetz“ und einem„Paragraphengesetz“.Im Kerngesetz wird das Ziel wiefolgt formuliert:„Die Integrationspolitik des LandesBerlin ist darauf ausgerichtet,Menschen mit Migrationshintergrunddie Möglichkeit zur gleichberechtigtenTeilhabe in allenBereichen des gesellschaftlichenLebens zu geben und gleichzeitigjede Benachteiligung und Bevorzugunggemäß Artikel 3 Absatz 3Satz 1 des Grundgesetzes und Artikel10 Absatz 2 der Verfassung<strong>von</strong> Berlin auszuschließen.“Das Gesetz soll für die Senats- unddie Bezirksverwaltungen des LandesBerlin gelten. Es beinhaltetBestimmungen zur <strong>Partizipation</strong>und Förderung <strong>von</strong> Menschen mitMigrationshintergrund.Im Paragraphengesetz werden dieBestimmungen einzelner BerlinerGesetze geändert und festgehalten:Die wichtigsten Neuregelungen:• Die interkulturelle Öffnung desöffentlichen Dienstes (ÖD) sowiedie Förderung und Anerkennunginterkultureller Kompetenzaller Beschäftigten wirdfestgeschrieben.• Folgerichtig wird die Erhöhungdes Anteils der Beschäftigtenmit Migrationshintergrund „entsprechendihrem Anteil an derBevölkerung“ angestrebt.• Der Landesbeirat für Integrations-undMigrationsfragen, derseit 2003 in Berlin tätig ist, erhälteine gesetzliche Grundlage.• Die Aufgaben und Kompetenzender/s Beauftragten des Senats<strong>von</strong> Berlin für Integration undMigration werden gesetzlichfestgeschrieben• Jeder Bezirk setzt eine/nBezirksbeauftragte/n für Integrationund Migration ein, injeder Bezirksverordnetenversammlungwird ein Integrationsausschussgebildet.• In verschiedenen vorhandenenGremien, wie beispielsweise demBeirat für Sozialhilfeangelegenheiten,dem Landesseniorenbeirat,dem Landesschulbeirat unddem Landesjugendhilfeausschusssollen Menschen mit Migrationshintergrundeinbezogen werden.• Wichtig für Menschen muslimischenGlaubens: Unterer Beachtungder Hygienevorschriftenwird erlaubt, eine Erdbestattungin „einem Leichentuch ohneSarg“ <strong>durch</strong>zuführen.Im Gesetz über die Sonn-und Feiertagewird als Zeichen der Integrationund zur Förderung religiöserÖffnung und Toleranz der Begriff„kirchliche Feiertage“ <strong>durch</strong> denBegriff „religiöse Feiertage“ ersetzt.Hier<strong>durch</strong> erhalten im AusbildungsoderBeschäftigungsverhältnis stehendeAngehörige einer Religionsgemeinschaftwie beispielsweisemuslimische Mitbürger_innen anreligiösen Feiertagen die Möglichkeit,religiöse Veranstaltungen zubesuchen, soweit dem nicht unabweisbarebetriebliche Notwendigkeitenentgegenstehen.<strong>Ein</strong> Gesetz kann die zum Teil verletzendeund diskriminierende öffentlicheDiskussion nicht verhindern,sie kann auch die seit vierzig Jahren<strong>von</strong> der Politik verbreitete „wir sindkein <strong>Ein</strong>wanderungsland-Ideologie“nicht über Nacht verschwindenlassen. Es kann auch nicht die Versäumnisseder Politik der letztenvierzig Jahre – insbesondere imBildungswesen – reparieren. Dazubedarf es einer weiteren ausführlichenDiskussion und grundlegendenÄnderungen im Bildungsbereich.Dies ist sicherlich der nächsteAspekt, der in Angriff zu nehmen ist.Input: Gelingensfaktoren undHerausforderungen für eineeffektive BeiratsarbeitDr. Birgit Jagusch (Institut für SozialpädagogischeForschung Mainze.V.)/Nurhayat Canpolat (AGARB)Vorstellung der AGARP (Arbeitsgemeinschaftder Beiräte für Migrationund Integration in Rheinland-Pfalz):Die AGARP ist der Landesverband<strong>von</strong> 50 kommunalen Beiräten,deren Mitglieder die kommunaleIntegrationspolitik vor Ort mitgestalten.Die AGARP ist aktiv eingebundenin die fachliche Beratungkommunaler Integrationskonzeptesowie in vielfältige landesweiteStrukturen. Sie vertritt gegenüberLandesregierung, Landtag und Öffentlichkeitdie Belange der zugewandertenBevölkerung in Rheinland-Pfalz.Beispiele der Gremienarbeit aufLandesebene (Vertreten ist AGARPdort <strong>durch</strong> Mitarbeiter_innen undVorstandsmitglieder):• Landesbeirat für Migration undIntegration.• Landesregierungs- und NGO-Vertretungen.• Mitarbeit in den Arbeitsschwerpunktender Landesregierung, beider Entwicklung und Fortschreibungdes Landesintegrationskonzeptes.• Runder Tisch Islam (Themenschwerpunkte:Islamunterricht inSchulen, muslimische Verbände).Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> | 39


AG 1 | Politische <strong>Partizipation</strong> auf Kommunal- und Landesebene• Runder Tisch Ingelheim (Abschiebungshaftvollzugin Rheinland-Pfalz).• Initiativausschuss für Migrationspolitikin Rheinland-Pfalz.• Landesweite NGO-Vertretungen.Durch die institutionelle Förderungseitens des Beauftragten der Landesregierungfür Migration und Integrationist eine Grundlage für dieArbeit der AGARP gewährleistet.Des Weiteren ist die AGARP Träger<strong>von</strong> verschiedenen Projekten,die mit Bundes- und Landesmittelfinanziert werden. Ziel dieser Projekteist es, die Benachteiligung/Diskriminierung der Migrant_innenin allen gesellschaftlichen Ebenenentgegen zu wirken und die (politische)<strong>Partizipation</strong> zu erreichen.Während die ersten Beiräte in den1970er Jahren berufen wurden, sindsie heute <strong>durch</strong> Wahlen demokratischlegitimierte Gremien. Sie setzensich in den Kommunen für politische<strong>Partizipation</strong> der Migrant_innen ein.Bei der Entwicklung <strong>von</strong> kommunalenIntegrationskonzepten, Integrationsstrategiender Kommunensowie bei gesamtgesellschaftlichenEntwicklungen übernehmen sie einewichtige fachliche Rolle ein. Sieübernehmen eine „Brückenfunktion“und vermitteln zwischen denöffentlichen Verwaltungen, Institutionenund den Migrant_innenorganisationen.Die AGARP stärkt dieBeiräte <strong>durch</strong> fachliche Beratung,Begleitung, Seminaren und Qualifizierungsmaßnahmen.Die unterschiedlichen personellenund finanziellen Ausstattungen derlokalen Beiräte sind wichtige Indikatorenfür den Erfolg der ehrenamtlichenArbeit. Über die Beiratsarbeit,insbesondere nach der Reform derGemeindeordnung, ist eine deutlicheVerzahnung der Beiräte undder Politik zu verzeichnen. Vor allemdie Mitarbeit in den städtischenAusschüssen ist dabei <strong>von</strong> großerBedeutung. Weiterhin ist in den letztenJahren die Anzahl der Beiratsmitglieder,die zusätzlich in unterschiedlichenParteien mitarbeiten, starkgestiegen. Oft fungieren die Beiräteals „Sprungbrett“ in die KommunalundLandespolitik <strong>von</strong> Migrant_innen.Aus diesen Gründen ist die Arbeitder Beiräte für Migration undIntegration, vor allem seitens derKommunen, sicherzustellen, indemMittel in städtischen Haushalten eingestelltwerden.Um die Arbeit der Beiräte auf kommunalerEbene nachhaltig zu unterstützen,hat die AGARP das ISM e.V.mit der evaluativen Herausarbeitung<strong>von</strong> Gelingensbedingungenfür erfolgreiche Beiratsarbeit beauftragt.<strong>Ein</strong>es der Ergebnisse istdie Erstellung einer Handreichungfür die Beiratsarbeit, in der zentraleGelingensbedingungen gebündeltwerden sowie Arbeitsmaterialund Hilfsmittel für die konkrete Arbeitzur Verfügung gestellt werden.An dieser Stelle soll auf zentraleElemente der Beiratsarbeit hingewiesenwerden: Die Zusammenarbeit<strong>von</strong> gewählten Beiratsmitgliedernmit den <strong>von</strong> den kommunalenFraktionen berufenen politischenBeiratsmitgliedern sowie einigestrukturelle Fragestellungen.Zur Zusammenarbeit der gewähltenund berufenen Beiratsmitglieder:Die berufenen Mitglieder könnenThemen in die kommunalen Gremien(Ausschüsse etc.) und <strong>von</strong>diesen in den Beirat transportieren,thematische Impulse setzen,<strong>durch</strong> die Arbeit im Beirat KnowHow im Bereich <strong>Inklusion</strong> und Integrationgewinnen sowie den gewähltenBeiratsmitgliedern KnowHow in der politischen Arbeit vermitteln.Allerdings besteht immerdie Notwendigkeit, die Beiratsarbeitnicht <strong>durch</strong> parteipolitischeInteressen dominieren zu lassen.Zur Struktur der Beiräte für Migrationund Integration:Über die Beiräte kann politischer <strong>Ein</strong>flussgenommen und die Wahrnehmungder Interessen verstärkt werden.Gleichzeitig stellen die BeiräteArenen dar, in denen die MitgliederLernerfahrungen in gesellschaftspolitischerArbeit machen, die siegegebenenfalls auf für eigenes politischesEngagement nutzen können.Problematisch kann sich die hohe Arbeitsbelastungder Beiratsmitgliederauswirken, die sich aus der primärehrenamtlichen Tätigkeit ergibt.Weiterhin werden häufig sehr hoheErwartungen an die Beiräte gestellt,die nicht immer erfüllt werden können.Zudem beschränkt das teils geringefinanzielle Budget die Arbeitsmöglichkeitender Beiräte.<strong>Ein</strong> weiterer wichtiger Kernbereichder Arbeit ist die Entwicklung derBeiratsmitglieder hin zu einemTeam. Hier gilt es, eng an den Interessenund Kompetenzen dereinzelnen Mitglieder anzuknüpfenund Arbeitsschwerpunkte zu wählen,die auf die Bedarfe vor Ort reagieren.Je höher die Erfahrungender Selbstwirksamkeit sind, destohöher ist auch die Motivation derMitglieder, sich zu engagieren. DieGestaltung der Zusammenarbeitzwischen dem Beirat und der kommunalenVerwaltung stellt einewesentliche Aufgabe dar, da einegute Kooperation eine Arbeitsentlastungdarstellen kann, die Tür zupolitischen Gremien öffnen undKontakte vermitteln kann.Internet: http://www.agarp.deModeration: Elena Brandalise (Mitarbeiterinder Hochschule für Wirtschaftund Recht Berlin)Stichworte aus der Diskussion zumSchwerpunkt Strukturen:• Gesetzliche Regelungen sindnotwendig (rechtliche Grundlagenschaffen, um <strong>Partizipation</strong>auf der Kommunal -und Landesebenezu verankern).40 | Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>


AG 1 | Politische <strong>Partizipation</strong> auf Kommunal- und Landesebene• Das Angleichen <strong>von</strong> Verfahrenfür die Beiräte im Rahmen derStrukturen und der Zugangsmöglichkeitenist wünschenswert:1. <strong>Ein</strong>heitlichkeit der Begriffe, umgleiche Zugänge zu ermöglichen(Diskrepanz der Zugängezu Beiräten aufgrund <strong>von</strong>Folgen der <strong>Ein</strong>bürgerung undder rechtlichen Befugnissezwischen Ausländer_innen/Menschen mit Migrationshintergrund).2. Best Practices aus den jeweiligenKommunen und Ländernweitergeben mit dem Ziel,verschiedene Strukturen indie Öffentlichkeit zu rückenund bestehende Strukturen inFrage zu stellen (in Form <strong>von</strong>Beiträgen publizieren).• Die <strong>Partizipation</strong> <strong>von</strong> Menschenmit Migrationshintergrund inden Beiräten darf nicht daskommunale Wahlrecht für Drittstaatenangehörigeersetzen.• Die Beschäftigung <strong>von</strong> Menschenmit Migrationshintergrund in derVerwaltung ist <strong>durch</strong> die <strong>Ein</strong>führung<strong>von</strong> Quoten zu erhöhen.• Migration ist als Querschnittsaufgabein der Verwaltung einzuführen.• Die interkulturelle Öffnung derVerwaltung ist voranzutreiben.Stichworte aus der Diskussion zumSchwerpunkt Beiräte:• Der empfehlenden Charakterder Beiräte ist zuüberdenken:1. Bisherige Möglichkeiten derTeilhabe nutzen.2. Übergang <strong>von</strong> einem Beratungs-in einen Entscheidungsmodus(ein Beispiel bezüglichder Strukturen und Befugnissekönnte das Modell der Jugendauschüssesein).• Die Professionalisierung undWeiterqualifizierung der Mitgliederder Beiräte ist <strong>durch</strong> Fortbildungenund Coaching zu stärken.Stichworte aus der Diskussion zumSchwerpunkt Ehrenamt:• Das Ehrenamt in den Beirätenmuss grundsätzlich überdachtwerden:1. Aufwand.2. Qualität der Arbeit.3. Professionalisierung.4. Weiterbildung.• Ehrenamt bedarf der Begleitungund der Schaffung <strong>von</strong> Struktureninnerhalb der Verwaltung(Verankerung der Tätigkeit <strong>von</strong>Ehrenamtstätigen in den bereitsvorhandenen Strukturen).• Es müssen Förderkriterien für dieEntschädigung im Rahmen des Ehrenamtsgeschaffen werden (z.B.Sitzungsgeld, Fahrkosten, usw.).Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> | 41


AG 2: Politische <strong>Partizipation</strong> im Rahmen <strong>von</strong> NetzwerkenInput: Gelungene Modelleund Erfahrungen aus Sachsen-AnhaltMamad Mohamad (Sprecher derLAMSA Sachsen-Anhalt)Zu Beginn möchte ich die LAMSAvorstellen: Das Landesnetzwerk derMigrant_innenselbstorganisationenSachsen-Anhalt (LAMSA) ist ein Zusammenschluss<strong>von</strong> ca. 70 verschiedenenOrganisationen und Vereinen<strong>von</strong> Migrant_innen aus Sachsen-Anhalt.Ziel ist eine engere Zusammenarbeitder verschiedenen Vereine,Verbände und Organisationen, diesich mit Migrant_innen beschäftigen.Das Landesnetzwerk vertritt daspolitische, wirtschaftliche, sozialeund kulturelle Interesse der Bevölkerungmit Migrationshintergrund imLand Sachsen-Anhalt und verstehtsich als legitimierter Gesprächspartnergegenüber der Landesregierungund allen relevanten Organisationenauf Landesebene sowie ähnlichenMigrant_innenorganisationenin anderen Bundesländern.Das Landesnetzwerk möchte einen<strong>Beitrag</strong> zur nachhaltigen Förderungder Integration <strong>von</strong> Migrant_innenin Sachsen-Anhalt leisten.Des Landesnetzwerk arbeitet infolgenden Netzwerken auf LandesundBundesebene: EntwicklungspolitischesNetzwerk Sachsen-Anhalt(seit 2008), BundeszuwanderungsundIntegrationsrat, Bündnis fürZuwanderung und Integration inSachsen-Anhalt, Netzwerk für Demokratieund Toleranz, LandesintegrationsbeiratSachsen-Anhalt(seit 2009), Bundesnetzwerk BürgerschaftlichesEngagement, Beiratder Beauftragten der Bundesregierungfür Migration, Flüchtlinge undIntegration (seit 2010), Landesjugendhilfeausschuss,IQ Netzwerk,Landesprogramm für Demokratie,Vielfalt und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt,Landesprogramm geschlechtsgerechtesSachsen-Anhalt(seit 2011).Der Landesnetzwerk hat mit seinenNetzwerkpartnern folgende Projekteentwickelt und steuert dieseim Rahmen der Beiräte mit: Interkulturell– Demokratisch – Ehrenamtlich– Emanzipiert (IDEE), Familia– Family – Familie (FFF), VielfaltNutzen, Netzwerk für InterkulturelleBildung und Projektwerkstatt.Der Landesnetzwerk setzt auf strategischeZusammenarbeit mit Akteuren,Parteien und Verwaltung auflokaler und Landesebene hinsichtlichder Teilnahme an der Trägerberatung,der Integrationsbeauftragtender Landesregierung, bei der Gestaltungder Interkulturellen Wochen imLand und in Zusammenarbeit mit derLiga der Wohlfahrtspflege bei derGestaltung <strong>von</strong> Fachtagungen.Für die Arbeit unseres Landesnetzwerksist die politische Lobbyarbeitein wichtiger Faktor. Daher habenwir uns in der letzten Zeit bei folgendenGesprächen beteiligt: Gesprächmit dem Landtagspräsident,dem Finanzminister des LandesSachsen-Anhalt und SozialministerBischof. Weiterhin leisteten wirUnterstützung hinsichtlich öffentlicherAktionen wie beispielsweisedie Demonstration gegen den Auftrittder NPD in Halle. Weiterhinsind regelmäßige Gespräche mitder Integrationsbeauftragten einwesentlicher Faktor unserer Arbeit.Athena Leotsakou (Forum derMigrant_innen im Paritätischen(FdM))Input: Die Arbeit des Forumsder Migrant_innen im ParitätischenDas Forum der Migrant_innen imParitätischen ist ein Verbund <strong>von</strong>verschiedensten Migrant_innenorganisationen,die dort Mitglied undengagiert tätig sind. Es stellt einePlattform zum Austausch und Bündelung<strong>von</strong> Interessen dar. Dabeisind nicht nur große Organisationen,die selbst Dachverbände <strong>von</strong>Migrant_innenorganisationen sind(Beispiel: Bundesarbeitsgemeinschaftder ImMigrant_innenverbände)vertreten, sondern auch kleineOrganisationen, die ausschließlichauf lokaler Ebene tätig sind. In-42 | Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>


AG 2 | Politische <strong>Partizipation</strong> im Rahmen <strong>von</strong> Netzwerkenhaltlich decken die Mitgliedsorganisationenein großes Spektrumab. Sie sind in allen Bereichen derSozialarbeit tätig. Die Gründungdes Forums erfolgte 2007 und dieAnzahl der Mitgliedsorganisationensteigt stetig, wobei sie zurzeit circa140 umfasst. Vertreten wird dasForum in der Öffentlichkeit undim Verband <strong>von</strong> einer Sprecherin/einem Sprecher, zwei Stellvertreter_innenund einem sieben Personenumfassenden Beirat. Dieseskoordinierende Gremium wird allezwei Jahre <strong>von</strong> den Mitgliedsorganisationengewählt.Wichtige Ziele der Zusammenarbeitsind die stärkere Beteiligung<strong>von</strong> Migrant_innen an der Migrations-und Integrationspolitik aufallen Ebenen sowie eine bessereVernetzung, Qualifizierung undStärkung der politischen Interessenvertretung.Um diese Ziele effizientererreichen zu können, konzentriertsich die Arbeit des Forumsauf bestimmte Themenbereiche.Zurzeit werden die gemeinsamenAktivitäten auf folgende Bereichefokussiert:1) Politische <strong>Partizipation</strong> undVernetzungDas Forum beteiligt sich aktiv undengagiert an der Gestaltung derIntegrationspolitik in Deutschland.Dazu gehören die Mitgliedschaftin verschiedenen Gremien aufBundes- und Landesebene, die Erarbeitung<strong>von</strong> Stellungnahmen undPressemitteilungen zu aktuellenmigrations- und integrationspolitischenFragen sowie ebenfallsdie Teilnahme an der Erarbeitung<strong>von</strong> Bundesprogrammen wie derAusarbeitung des Integrationsprogrammsund der Mitarbeit am „NationalenAktionsplan Integration“.Außerdem wird jedes Jahr eineFachkonferenz organisiert, um diebessere Vernetzung <strong>von</strong> Organisationenzu ermöglichen und denfachlichen Austausch zu fördern.2) Qualifizierung <strong>von</strong> Migrant_innenorganisationenBereits seit 2009 engagiert sichdas Forum, zusammen mit demParitätischen und mit finanziellerUnterstützung des BAMF und desEIF, im Fortbildungsbereich fürMigrant_innenorganisationen. Dabeiist die Zugehörigkeit zum Paritätischenfür eine Teilnahme anden verschiedensten Maßnahmennicht erforderlich. Die Ziele desProgramms sind die Verbesserungder Angebote <strong>von</strong> Migrant_innenorganisationen,die Unterstützungbeim Aufbau innerer Strukturenund die Stärkung der politischen<strong>Partizipation</strong>.3) BildungSeit 2008 hat sich das Forum denBildungsbereich als Schwerpunktthemagesetzt, um die Zusammenhängezwischen Bildungserfolg undIntegration zu diskutieren. Ab 2010werden gemeinsame Aktivitätenund Maßnahmen unter der Bildungsinitiative„AB in die Zukunft“(www.abindiezukunft.de) gebündelt.Die Initiative wurde ins Lebengerufen, um auf die Tatsache aufmerksamzu machen, dass Kinderund Jugendliche mit Migrationshintergrundgenerell schlechtereChancen haben, einen Abschlussder Sekundarstufe II zu erwerben.Die Verbesserung der Bildungsbeteiligung<strong>von</strong> Kindern und Jugendlichenmit Migrationshintergrundwird hierbei als gesamtgesellschaftlichesZiel gesehen.4) Strukturelle Förderung <strong>von</strong> Migrant_innenorganisationenDas Forum erarbeitet seit 2010 zusammenmit sieben bundesweittätigen Migrant_innendachorganisationenein Konzept für einenachhaltige Förderung (finanziellunterstützt vom BAMF und der Beauftragtenfür Migration, Flüchtlingeund Integration) <strong>von</strong> Migrant_innenorganisationensowie für derenbessere Beteiligung an bestehendenFörderprogrammen aus.Kontakt FdM:Sergio CortésDer Paritätische GesamtverbandOranienburger Straße 13-1410178 Berlinqmo@paritaet.orgwww.migration.paritaet.orgModeration: Antonio Diaz (BiFF e.V.)Die Arbeitsgruppe 2 beschäftigtesich mit dem Thema Politische<strong>Partizipation</strong> im Rahmen <strong>von</strong> Netzwerken.Impulsgeberin war FrauAthena Leotsakou vom Forum derMigrant_innen (FdM). Sie präsentiertedie Arbeit des Forums derMigrant_innen im Paritätischenund die Arbeit der BAGIV e.V., derBundesarbeitsgemeinschaft derMigrantenverbände in Deutschlande.V. Die Arbeit <strong>von</strong> MO in denneuen Bundesländern wurde <strong>von</strong>Mamad Mohamad, dem Sprecherder LAMSA Sachsen-Anhalt dargestellt.Er referierte über gelungeneModelle und Erfahrungen aus Sachsen-Anhalt.Die Moderation derArbeitsgruppe übernahm der Journalistund Gründungssprecher desElternnetzwerkes NRW, AntonioDiaz, des Dortmunder InterkulturellenVereins und Netzwerkes Biffe.V. (Bildung - Integration - Frauen- Familien e.V.)Die Referent_innen und Teilnehmer_innenstellten sich in einerkurzen Vorstellungsrunde vor. DieTeilnehmenden vertraten ganz unterschiedlicheInstitutionen wieElternverbände und politische Verbände,Parteien und Wohlfahrtsverbände.Die anschließende Diskussion,getragen <strong>von</strong> der Vielfaltder Beiträge der Teilnehmendenaus den unterschiedlichsten Organisationen,führte zu einem sehrproduktiven Austausch. Die Gruppekonnte sowohl Unterschiede alsauch Gemeinsamkeiten zwischenDokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> | 43


AG 2 | Politische <strong>Partizipation</strong> im Rahmen <strong>von</strong> NetzwerkenOst und West, zwischen MO undanderen NGO, zwischen Hauptamtund Ehrenamt und zwischenWohlfahrtsverbänden und NGOfeststellen. Zum Abschluss forderteder Moderator die Anwesenden zueinen Brainstorming rund um dasThema auf. Als nächsten Schrittsollten die Teilnehmer_innen ausdiesen Gedanken und den eingereichtenStatements vier oder fünf‚Schlagzeilen‘ zu Papier bringenund dann im Plenum vorstellen.Die „Schlagzeilen“ der Arbeitsgruppe:• Man muss den Kuchen (d.h. dieRessourcen, die kleiner werden)gemeinsam backen, damit darausein ganzer leckerer Kuchenwird, den man gemeinsam essenkann. → keine Ressourcenverschwendung<strong>durch</strong> Konkurrenzdenken.• Man muss das Ehrenamt stärken.Dafür sind Anerkennungund Wertschätzung der Arbeit,Fortbildung, und Aufwandsentschädigungnötig.• Ehrenamt braucht Hauptamtund Hauptamt braucht Ehrenamt.Es bedarf einer unterstützendenStruktur. Anstatt Konkurrenzbedarf es gegenseitigerWertschätzung und Zusammenarbeit.• Gesellschaftliche Teilhabe erfolgt<strong>durch</strong> Engagement, Zusammenarbeitund Sich-<strong>Ein</strong>bringen/<strong>Ein</strong>mischen.44 | Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>


AG 3: <strong>Partizipation</strong> in lokalen NetzwerkenInput: „<strong>Partizipation</strong> vorOrt“, Expertise im Auftragdes Bundesamtes für Migrationund Flüchtlinge undder Freien und HansestadtHamburgKristin Schwarze (IfS Institut fürStadtforschung und StrukturpolitikGmbH)In der Studie „<strong>Partizipation</strong> vor Ort“wurde am Beispiel des StadtstaatesHamburg untersucht, welche BeteiligungsangeboteMenschen mitMigrationshintergrund unabhängig<strong>von</strong> ihrer Staatsangehörigkeit auflokaler Ebene offen stehen, inwieweitdiese <strong>von</strong> den verschiedenenGruppen genutzt werden undwelche reale <strong>Ein</strong>flussnahme aufdie Gestaltung der Lebensräumedamit erzielbar ist. Dabei wurdenverschiedene Ebenen in die Betrachtungeinbezogen: Strukturenzur Beteiligung auf Bezirks- undLandesebene, Selbstorganisationund freiwilliges Engagement, formelleund informelle Beteiligung inden Quartieren, Mitwirkung im Bildungsbereichund parteipolitischesEngagement. Neben einer umfassendenDaten- und Dokumentenanalysewurden zur Erfassung derBeteiligungsstrukturen, -prozesseund -ergebnisse u.a. eine schriftlicheBefragung der HamburgerMigrant_innenorganisationen undüber 90 qualitative Befragungen<strong>von</strong> Akteuren auf Bezirks- undLandesebene, Migrant_innenorganisationen,Stadtteilakteuren undBewohner_innen mit Migrationshintergrundvorgenommen.Zentrale Ergebnisse zur quartiersbezogenen<strong>Partizipation</strong>In die quartiersbezogene Untersuchungwurden sechs Gebiete mitbesonderen Problemlagen einbezogen.Deren Auswahl war <strong>durch</strong>den Auftraggeber vorgegebenund orientierte sich an aktuellenoder abgeschlossenen Aktivitätenim Rahmen <strong>von</strong> Programmen derStadterneuerung. Insofern richtetesich das Untersuchungsinteresseauf die <strong>Partizipation</strong> <strong>von</strong> Bewohner_innenmit Migrationshintergrundan Aktivitäten und Gremienaus diesem Kontext. Im Ergebnisder Untersuchung zeigte sich, dassMigrant_innen in den QuartiersundStadtteilgremien, in denenu.a. über die Vergabe <strong>von</strong> Mittelnaus Verfügungsfonds für quartiersbezogeneVorhaben entschiedenwird, deutlich unterrepräsentiertwaren. An allgemeinen Beschlüssenzu lokalen/kommunalen Fragenin den Quartiers- und Stadtteilgremienwaren Migrant_innen in denletzten zwei Jahren gar nicht odernur selten beteiligt. Etwas höherfiel ihre Beteiligung an Beschlussfassungenzu Projektanträgen aus.Häufigste Bezugsländer <strong>von</strong> beteiligtenMigrant_innen waren dieTürkei und Russland. Auffällig wenigoder gar nicht beteiligt warenBewohner_innen mit einem afrikanischenoder südeuropäischen Bezugsland.Beteiligungshemmnissestellten auf Seiten der Migrant_innenSchwierigkeiten mit der deutschenSprache, geringe Kenntnisseüber Beteiligungsmöglichkeitenvor Ort, fehlende Erfahrungen mitden Beteiligungsstrukturen undder Diskussionskultur in Deutschland,Erfahrung <strong>von</strong> Diskriminierungund zum Teil bestehende sozialeKontrolle im familiären oderherkunftslandbezogenen Netzwerkdar. Auf Seiten der Stadtteilakteureund Stadtteilbüros wirktenvor allem fehlende interkulturelleÖffnung, geringe Kenntnisse überdie migrantische Bevölkerung undmangelnde personelle Ressourcenals Hemmnisse. Auf den Beteiligungsprozesspositiv wirktensich dagegen die Zusammenarbeitmit Migrant_innenorganisationenoder Akteuren mit Migrationshintergrund,aufsuchende und aktivierendeBefragungen sowie dieinformellere Ausgestaltung <strong>von</strong>Beteiligungsgremien aus.Für informelle Veranstaltungenwie Stadtteilfeste, Grillnachmittageoder kulturelle Aktivitäten warenBewohner_innen mit Migrationshintergrundin sehr viel größeremUmfang zu gewinnen. Darüber hinauswaren auf Quartiersebeneverschiedene Eigeninitiativen <strong>von</strong>Migrant_innen zu finden, auf denenDokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> | 45


AG 3 | <strong>Partizipation</strong> in lokalen Netzwerkenaufgebaut werden kann. PositiveBeispiele sind hier ein internationalesFrauenfrühstück, bei dem sozialeoder stadtteilbezogene Themendiskutiert und gemeinsame Aktivitätenorganisiert werden, sowie diePflege <strong>von</strong> Grünflächen.Zentrale Ergebnisse der Befragung<strong>von</strong> Migrant_innenorganisationenIn Kooperation mit der ehemaligenLeitstelle für Integration und Zivilgesellschaftder Hansestadt Hamburgwurden 279 Migrant_innenorganisationenund interkulturelleVereine angeschrieben, <strong>von</strong> denen67 antworteten, was einem Rücklauf<strong>von</strong> 24 Prozent entspricht. ImErgebnis der Befragung zeigte sich,dass die räumliche Bezugsebene desEngagements <strong>von</strong> Migrant_innenorganisationenin der Regel die gesamtstädtischeEbene darstellt, sieaber dennoch für stadtteilbezogeneAktivitäten gewonnen werden können.Zentrale Engagementbereicheder Selbstorganisationen stellendie Pflege der eigenen Kultur oderReligion, Bildung und Jugendarbeit,die Versorgung älterer Menschensowie lokale Ökonomie dar. In denformellen Netzwerken und Strukturender Freiwilligenarbeit warenMigrant_innen(organisationen)bisher nur geringfügig vertreten.Dies lässt sich zum einen da<strong>durch</strong>erklären, dass die bestehendenBeteiligungsmöglichkeiten den Migrant_innenorganisationennur zueinem geringen Teil bekannt sind,und zum anderen da<strong>durch</strong>, dass diepersonellen Kapazitäten und finanziellenRessourcen der Migrant_innenorganisationenäußerst begrenztsind. Die bisherigen Erfahrungen imRahmen der Beteiligungsprozesseund die Unterstützung <strong>durch</strong> Verwaltungund Politik wurden <strong>von</strong>den Migrant_innenorganisationenzurückhaltend bewertet, wobei inden letzten Jahren aber größtenteilseine Verbesserung wahrgenommenwird. Um eine weitergehende Beteiligungzu ermöglichen, bedarf esneben einer finanziellen Förderungeiner verbesserten Information undBeratung sowie einer stärkeren Anerkennungdes bisherigen Engagements.Das Forschungsprojekt „<strong>Partizipation</strong>vor Ort“ wurde im Auftrag desBAMF und der Hansestadt Hamburggemeinsam vom IfS Institut fürStadtforschung und Strukturpolitik(Dr. Reinhard Aehnelt und KristinSchwarze) und dem Projektbürofür sozialwissenschaftliche Studien(Emilija Mitrović) bearbeitet. WeitereInformationen zum Projekt unddie Studie können Sie der Internetseitedes BAMF entnehmen.Input: „<strong>Partizipation</strong> vorOrt in der Praxis“, NürnbergerErfahrungen im Rahmendes ExWoSt Forschungsfeldes„Integration undStadtteilpolitik“Torsten Groß (ISKA Nürnberg)„<strong>Ein</strong>bindung <strong>von</strong> Migrant_innenund Migrant_innenorganisationen(MO) in Prozesse der Stadt(teil)entwicklung und Stadtteilkommunikation– ein Nürnberger ExWoSt-Projekt“:Das Projekt ist eines <strong>von</strong> bundesweitsechs Modellprojekten des Forschungsfelds„Integration und Stadtteilpolitik“im Forschungsprogramm„Experimenteller Wohnungs- undStädtebau“ (ExWoSt) des BMVBS.Ausgangsthese des Forschungsfeldesist es, dass die Wirkung <strong>von</strong> integrationspolitischenStrategien undlokalen Handlungskonzepten derStadtentwicklung <strong>durch</strong> eine Zusammenführungdeutlich verstärkt wird.Ausgangssituation in NürnbergIntegration <strong>von</strong> Migrant_innen wirdin Nürnberg seit langem als wichtigeQuerschnittsaufgabe gesehen.Somit sieht sich die Stadt Nürnbergeiner interkulturellen Orientierungverpflichtet, die kulturelle Vielfaltihrer <strong>Ein</strong>wohner_innen als zukunftsweisendesEntwicklungspotenzialbetrachtet. Bestehende Angeboteund <strong>Ein</strong>richtungen werden – wo nötig– zielgruppengerecht verändertund ergänzt. Dabei wird die Heterogenitätder Bevölkerung berücksichtigt.Nürnberg verfügt über differenzierteStrukturen und Gremiender kommunalen Integrationspolitik,auf politischer, zivilgesellschaftlicherund Verwaltungsebene und inder lokalen Zivilgesellschaft. Für dasProjekt wichtig war auch die langeTradition der Stadtteilorientierungin der Nürnberger Sozial- undKulturpolitik mit einem entsprechendenNetz an <strong>Ein</strong>richtungen.Das Amt für Kultur und Freizeit(KUF) als Projektträger ist ein wichtigerAkteur sowohl im BereichIntegration/interkulturelle Arbeitals auch bei der Stadtteilorientierung.Viele Kulturläden sind auchinterkulturelle „Kommunikations-Knotenpunkte“ im Stadtteil. DasInter-Kultur-Büro als Facheinrichtungdes KUF macht eigene interkulturelleAngebote, ist aber auchfür die Betreuung und Förderungder Migrant_innenvereine zuständigund hat da<strong>durch</strong> gute Kontaktezu den Organisationen der verschiedenen„Migrant_innen-Communities“.Das KUF hat zudem dieFederführung für integrationspolitischeGremien und die damit verbundeneFortschreibung der kommunalenIntegrationspolitik inne.Im Sinne der Querschnittsaufgabewurden an der Projektsteuerungzudem Dienstellen aus dem Wirtschaftsreferatund dem Sozialreferatbeteiligt.ZielsetzungenVerbesserung der Beteiligung <strong>von</strong> Migrant_innenund Migrant_innenorganisationen– modellhaft in zwei unterschiedlichenStadtteilen – <strong>durch</strong>:46 | Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>


AG 3 | <strong>Partizipation</strong> in lokalen Netzwerken• interkulturelle Öffnung bestehenderStrukturen, Gremien,Prozesse;• Entwicklung neuer Beteiligungsformate(in Abstimmung mitStadtteilakteuren);• Unterstützung der Stadtteilorientierungbei Migrant_innenorganisationen;• Anstoßen interkultureller Öffnungsprozessein der Verwaltung,die mit integrierter Stadt(teil)-entwicklung befasst ist.ProjektverlaufZur Konkretisierung der Projektinhaltewurden Ziele und Möglichkeitenzunächst mit Gremien derStadtteilentwicklung und der Integrationspolitiksowie mit dem Rat fürIntegration und Zuwanderung undMigrant_innenvereinen diskutiert.Zudem wurden fast 500 Migrant_innenbei der Wahl des Integrationsratszur Zufriedenheit mit ihremWohnumfeld sowie zu ihrer Engagementbereitschaftbefragt.Im Folgenden wird nur auf die Projektaktivitätenbzw. -ergebnisse ineinem Stadtteil, Langwasser, eingegangen.Der Fokus lag in Langwasserauf der interkulturellen Öffnungdes Stadtteilforums 1 und des Bürgervereins.Beide Gremien warenschon aufgeschlossen für das Themaund wurden <strong>von</strong> den befragten Migrant_innenals geeignete Beteiligungsformateangesehen. Ergebnisbeim Stadtteilforum war zum einen,dass Vertreter_innen einiger Migrant_innenvereinekontinuierlich inArbeitsgruppen mitwirken oder sichbei Veranstaltungen (z.B. Sozial- undKulturmarkt) aktiv beteiligen. Zumanderen wurde eine strukturelleVeränderung des Stadtteilforums erfolgreichinitiiert: Nach Diskussionenüber die ExWoSt-Ziele und insbe-1 Das Stadtteilforum ist ein Zusammenschluss<strong>von</strong> ca. 60 Vertreter_innen wichtigerInstitutionen, Kirchengemeinden,Parteien, Schulen, Vereine und interessierter<strong>Ein</strong>zelpersonen aus dem sozialkulturellenBereich.sondere in der Auseinandersetzungmit rechtsradikalen Aktivitäten imStadtteil wurde beschlossen, denNürnberger Rat für Integration undZuwanderung dauerhaft in das GeschäftsführendeGremium des Stadtteilforumsaufzunehmen.Resultat mehrerer Gespräche mitdem Vorstand des BürgervereinsLangwasser war eine Informationsveranstaltungin Kooperation mitdem Integrationsrat, in der Nürnberger_innenmit Migrationshintergrundund Neubürger_innen ausLangwasser das „Prinzip Bürgerverein“,seine Aufgaben und Arbeitsweisensowie Möglichkeiten, denStadtteil mitzugestalten, vorgestelltwurden. In der gut besuchten Veranstaltung(ca. ein Drittel der Besucher_innenmit Migrationshintergrund)lösten einige „interkulturellunsensible“ Formulierungen desBürgervereinsvorsitzenden einekontroverse Diskussion aus, bei derMigrant_innen ihre Anliegen undPerspektiven selbstbewusst einbrachten.Dies und eine Nachbesprechungmit dem ExWoSt-Projektteamverdeutlichten dem Vorstanddes Bürgervereins einen Handlungsbedarfund lösten eine längerfristigeinterne Diskussion aus.ResumeeDie Rahmenbedingungen des Projekts(geringe Ressourcen, kurzeLaufzeit, hoher Aufwand für bundesweiteProjektveranstaltungen,Berichtswesen) waren nicht dazugeeignet, nachhaltige (insbesonderestrukturelle) Veränderungen zu bewirken.Mehrheitsgesellschaft/KommuneHinsichtlich der Akteure derStadt(teil)-entwicklung aus Verwaltungund Zivilgesellschaft sindwesentliche Erfolge des Projektsdie Sensibilisierung der Akteure füreine Beteiligung <strong>von</strong> Migrant_innenund das Anstoßen <strong>von</strong> entsprechendenReflexions- und Diskussionsprozessen(z.B. interkulturelleAnforderungen an das Quartiersmanagement,Leitbildformulierungin der Stadtteilentwicklung). In dergesamtstädtischen Integrationspolitikgewinnt zudem die sozialräumlicheOrientierung zunehmend anBedeutung (z.B. stadtteilorientierteDatenerhebung und Analyseim Bereich Migration und Gesundheitoder in der Bildungsberichtserstattung,Stadtteilbezug bei derWeiterentwicklung des Integrationsprogramms).Migrant_innenDie Rahmenbedingungen bei denMO entsprachen dem bundesweitenTrend: spärliche Ressourcenund gleichzeitig steigende (Beteiligungs-)Erwartungen(der Mehrheitsgesellschaft).Die besondere Rolle des Integrationsratsals demokratisch gewählte,Ethnien übergreifende Interessenvertretung<strong>von</strong> Migrant_innen bestätigtesich im Projektverlauf. Trotzder beschränkten Ressourcen desIntegrationsrats (Mitglieder sindehrenamtlich aktiv etc.) wurden regelmäßigoffene Bürgergesprächeangeboten sowie aktiv im StadtteilforumLangwasser und im StadtteilarbeitskreisMuggenhof mitgearbeitet.Der Integrationsrat erkannteden Ansatz der Stadtteilorientierungals geeignete Möglichkeit zurinhaltlichen Weiterentwicklung, dieeinen intensiveren Austausch mit„Migrant_innen-Communities“ vorOrt ermöglicht. Diese Erfahrungensind Basis einer nachhaltigen Stadtteilorientierung,die langfristig vorsieht,Mitglieder des Integrationsratsals „Stadtteilverantwortliche“bzw. Stadtteilansprechpartner_innenzu „ernennen“.Bei den Migrant_innenvereinenkonnten diejenigen für eine konkreteBeteiligung in Stadtteilengewonnen werden, die schon eineDokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> | 47


AG 3 | <strong>Partizipation</strong> in lokalen Netzwerkengewisse Affinität zu bürgerschaftlichemEngagement in Strukturender Mehrheitsgesellschaft und zuStadtteilthemen hatten. Es zeigtesich, dass für erfolgreiche Beteiligungsprozessedie Motivationder entsprechenden Zielgruppen<strong>durch</strong> zeitnahe, attraktive, leichtzugängliche und eventuell öffentlichkeitswirksameProjekte aufrechterhalten werden muss.Moderation: Sebastian Beck (VHW)Mehr quartiersorientierte interkulturelle<strong>Partizipation</strong> wagen!Es ist ein Bonmot der aktuellen politischenDebatte, dass sich Integrationvor Ort entscheidet. Wenn wirüber Integration und <strong>Partizipation</strong>in lokalen Netzwerken sprechen,sind wir also im Zentrum des Geschehens.Tatsächlich geht es sogarnoch eine Ebene konkreter: wennwir <strong>von</strong> quartiersbezogenen Netzwerkensprechen. Auch wenn im Dialogforumselbst sehr klar war, dassbei lokalen Netzwerken vor allemdem Quartier eine entscheidendeRolle zukommt, diese <strong>Ein</strong>sicht istnoch lange nicht wie selbstverständlichin der Debatte um <strong>Partizipation</strong>und Integration verankert.Von daher ist die wichtigste Aufgabedieses Dialogforums, eine Lanzefür die Quartiersebene zu brechen!Das Paradoxon lässt sich sehr präzisebeschreiben: Die Handlungsebene<strong>von</strong> <strong>Partizipation</strong> und Integrationist in den meisten Fällen quartiersbezogen.Interkulturelle Netzwerkeliegen in der Regel auf höher gelegenenEbenen (zum Beispiel auf gesamtstädtischerEbene). QuartiersspezifischeNetzwerke sind in derRegel alles andere als interkulturellaufgesetzt.Die interkulturelle Wende <strong>von</strong><strong>Partizipation</strong> auf QuartiersebeneUm interkulturelle <strong>Partizipation</strong> aufQuartiersebene zu ermöglichen,lässt sich im Sinne einer Agendaeine ganze Reihe <strong>von</strong> Erfordernissenerfassen. Die wichtigsten Diskussionspunktewaren hier:1. <strong>Ein</strong>e interkulturelle Öffnungquartiersspezifischer <strong>Partizipation</strong>sstrukturen:Dazu gehört unteranderem: eine systematische <strong>Ein</strong>bindung<strong>von</strong> Migrant_innenorganisationenund Multiplikatorenmit Migrationshintergrund, dieVermittlung interkultureller Kompetenzen,Mehrsprachigkeit (alsKompetenz der Akteure wie auchin Bezug auf die Verbreitung <strong>von</strong>Informationen).2. Sichtbare Netzwerkstrukturenvor Ort: Es braucht möglichst attraktiveTreffpunkte, die <strong>von</strong> Personengetragen werden, die möglichstnachhaltig wirken können („Projektitis“ist für nachhaltige Netzwerkentwicklungsehr abträglich)3. <strong>Ein</strong>e Öffnung etablierter quartiersspezifischerNetzwerke: Diesgilt insbesondere in Bezug auf Zielgruppen,die bislang nicht vertretensind. Das bedeutet eventuelldie Nutzung neuer Medien (StichwortSocial Media), aber auch dasAufbrechen „alter“ Strukturen undeine gewisse Art <strong>von</strong> Rotation.4. <strong>Ein</strong>e systematische Verknüpfungformeller und informeller Netzwerkstrukturensowie eine Anbindung<strong>von</strong> quartiersspezifischenStrukturen an übergeordnete Netzwerke(Politik, Verwaltung, intermediäreOrganisationen) ist nötig.Auch wenn das Thema der quartiersorientiertenNetzwerkstrukturennoch nicht so etabliert ist, wie es seinsollte: Die Zahl der Unterstützer fürdieses Anliegen nimmt tendenziellzu. Neben dem Bundesministeriumfür Verkehr, Bau und Stadtentwicklungwerden auch die kommunalenAkteure der Stadtentwicklung zunehmendsensibel für dieses Thema.Allerdings bleibt über allem die Frageder nachhaltigen Finanzierung einessolchen Ansatzes. Die derzeitige Politikder Streichung nicht-investiverMittel im Programm Soziale Stadtweist in diesem Zusammenhang aufjeden Fall in die falsche Richtung.48 | Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>


AG 4: <strong>Partizipation</strong>spotenziale und Beteiligungsformen<strong>von</strong> jungen FlüchtlingenInput: Soziale, kulturelle undgesellschaftliche Teilhabe<strong>von</strong> jungen FlüchtlingenRenate Janßen (Landesarbeitsgemeinschaftautonome Mädchenhäuser)Ich arbeite in der Landesarbeitsgemeinschaftder Autonomen MädchenhäuserNordrhein-Westfalen(LAG NRW) und leite dort die FachstelleInterkulturelle MädchenarbeitNordrhein-Westfalen . Die LAGist ein Zusammenschluss <strong>von</strong> autonomenMädchenhäusern und -einrichtungenin NRW. JugendlicheZuwanderinnen sind eine wichtigeZielgruppe unserer <strong>Ein</strong>richtungen.Seit einigen Jahren beschäftigenwir uns sehr intensiv mit der interkulturellenÖffnung <strong>von</strong> <strong>Ein</strong>richtungenund den Bedarfen <strong>von</strong>Mädchen mit Zuwanderungshintergrund.Die Fachstelle InterkulturelleMädchenarbeit NRW wirdvom nordrheinwestfälischen Jugendministeriumgefördert.Teilhabe <strong>von</strong> jungen FlüchtlingenFür uns ist die Realisierung dersozialen, kulturellen und gesellschaftlichenTeilhabe <strong>von</strong> jungenFlüchtlingen auch eine Aufgabe derJugendhilfe und Jugendarbeit. Natürlichsind dafür auch die rechtlichenRahmenbedingungen wichtig.Hier hat sich in den letzten Jahrenauf dem rechtlichen Gebiet etwasbewegt. Die Jugendhilfe hat sichin den vergangenen Jahren stärkerfür jugendliche Flüchtlinge zuständiggefühlt. Auslöser waren die unbegleitetenminderjährigen Flüchtlinge.2005 wurde das Kinder-undJugendhilfegesetz geändert. Dortwurde in § 42 ein entscheidenderSatz eingefügt:„Das Jugendamt ist berechtigt undverpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichenin seine Obhut zu nehmen,wenn ein ausländisches Kindoder ein ausländischer Jugendlicherunbegleitet nach Deutschlandkommt und sich weder Personensorge– noch Erziehungsberechtigteim Ausland aufhalten.“ Und weiter,„ist unverzüglich die Bestellungeines Vormundes oder Pflegers zuveranlassen.“Mit dieser 2005 neu eingeführtenrechtlichen Regelung sind die unbegleitetenJugendlichen in Obhutder Jugendhilfe. Diese Gesetzesänderunghatte u.a. zur Folge, dassder Bedarf an Inobhutnahmeeinrichtungenstieg. Die Jugendlichendürfen seit diesem Zeitpunkt nichtmehr in Sammelunterkünften untergebrachtwerden.Rücknahme des Rechtsvorbehaltesbei der UN-KinderrechtskonventionAls die Bundesrepublik am 5. April1992 die UN-Kinderrechtskonventionratifizierte, formulierte siegleichzeitig einen Rechtsvorbehaltgegen bestimmt Bestimmungender Konvention. Folgende Rechtbereichesollten unberührt bleiben:• Das Recht der <strong>Ein</strong>reise und desAufenthalts.• Die Regelungen der Aufenthaltsbedingungenausländischer Kinder.• Die Ungleichbehandlung ausländischerKinder gegenüber deutschenKindern.2010 wurde dieser Rechtvorbehaltzurückgenommen. Damit gilt die UN-Kinderrechtskonvention für alle sichin Deutschland aufhaltenden Kinderund Jugendlichen. Die Bundesregierungist verpflichtet, die Konvention<strong>durch</strong> geeignete Maßnahmen undRegelungen umzusetzen.Thesen:<strong>Partizipation</strong> ist möglich und nötig,dazu sind aber unter anderemfolgende Aspekte und Perspektivwechselwichtig:• Das deutsche Hilfesystem, insbesonderedie deutsche Jugendhilfe,muss jugendliche Flüchtlingeals ihre Zielgruppe erkennen.Im Rahmen dieser Tagung wurdeüber „Macht abgeben“ gesprochen.Für mich ist hierbei im ersten Schrittwichtig, dass die Akteur_innen imdeutschen Hilfe- und Jugendar-Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> | 49


AG 4 | <strong>Partizipation</strong>spotenziale und Beteiligungsformen <strong>von</strong> jungen Flüchtlingenbeitssystem bereit sind, ihre Machtfür die Interessen der jungen Flüchtlingeeinzusetzen. Und dies in einemviel stärkeren Maß, als es bisher derFall war.• Jugendliche Flüchtlinge müssenals Teil der Jugend in diesemLand gesehen werden. ImBereich der Jugendarbeit undJugendverbandsarbeit hat sichhier einiges getan. In der Breiteder Jugendarbeit sind sie aberimmer noch eine „Rand-Zielgruppe“.• Wir brauchen eine starkeSelbstorganisation und Selbstartikulation<strong>von</strong> jugendlichenFlüchtlingen. Die Organisation„Jugendliche ohne Grenzen“ istdabei ein wichtiger <strong>Beitrag</strong> fürmich. Auch hier sehe ich diejenigen,die über Zugänge zu Entscheidungsträgernverfügen, inder Verantwortung, die Türenfür diese Jugendlichen zu öffnen.• Wir müssen uns mit dem verstecktenund offenen Rassismusauseinandersetzen.• Wir müssen aktiv auf jugendlicheFlüchtlinge zugehen, unddürfen nicht darauf warten,dass sie den Weg in unsere <strong>Ein</strong>richtungenfinden.• Die rechtlichen Rahmenbedingungenmüssen sich verändern.Der dritte Jugendintegrationsgipfel,der im April 2012 auf <strong>Ein</strong>ladungder Bundesregierung stattfand, forderteeine weniger restriktive AsylundZuwanderungspolitik! Als Beispielführten die Jugendlichen an:<strong>Ein</strong>führung einer doppelten Staatsbürgerschaft,besserer Zugang zumArbeitsmarkt, Abschaffung derResidenzpflicht für Migranten mitdem Aufenthaltsstatus »Duldung«,Abschaffung des Aufenthaltsstatus»Duldung«.Auch an diesen Forderungen ist zusehen, wie viel noch zu tun bleibt,um eine Teilhabe für junge Flüchtlingezu ermöglichen.Input: Selbstorganisationund <strong>Partizipation</strong> <strong>von</strong> undfür junge FlüchtlingeMohammed Jouni (JoG Berlin-Brandenburg)Teilhabe = Anerkennung und Autonomieals (Mit-)Bürger:• Gleiche politische, soziale undkulturelle Rechte.• Gleichberechtigte Mitwirkung inallen gesellschaftlichen Angelegenheiten.• Teilhabe ≠„Integration“.Selbstorganisation:• Selbstregulierung, Selbstverantwortung(jeder und jede gesellschaftlicheGruppe ist für sichselbst verantwortlich)• Kollektives Mittel zur Durchsetzungeigener Rechte und Interessen,Selbstermächtigung (Empowerment)benachteiligter Gruppen• EmanzipationSpezifische Bedingungen jungerFlüchtlinge:• Verweigerung <strong>von</strong> Teilhabe undSelbstbestimmung <strong>durch</strong> die „offizielle“Gesellschaft (sie sindunerwünscht und kriegen das zuspüren).• Rechtlosigkeit <strong>durch</strong> Ausländergesetze(und Behördenpraxis)und Vorbehalt zur UN-Kinderrechtskonvention.• Diskriminierung, Rassismus, hohesMaß „gruppenbezogenerMenschenfeindlichkeit“.• Erzwungene Passivität: KeineArbeitserlaubnis, keine „Schulpflicht“,paternalistische Sozialarbeiter,Residenzpflicht, Unterbringungin Lagern und Heimen.Entwicklung längerfristiger Perspektiveunmöglich bzw. unerwünscht:• Ambivalente Folgen der „Minderjährigkeit“:erhöhter Schutzanspruch(Frage der Altersgrenzen),Missachtung <strong>von</strong> Kompetenzenund verweigerte Autonomie und<strong>Partizipation</strong> (Altersdiskriminierung).50 | Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>


AG 4 | <strong>Partizipation</strong>spotenziale und Beteiligungsformen <strong>von</strong> jungen FlüchtlingenDie JOG- Anfänge:2002:• Bleiberechtsinitiative <strong>von</strong> Jugendlichendes Betreuungs- und Beratungszentrumfür junge Flüchtlingeund Migranten (BBZ)• <strong>Ein</strong>satz in eigener Sache.• Großzügige Bleiberechtsregelung.2005:• Erste Aktion parallel zur IMK.• Offizielle Gründung <strong>von</strong> „Jugendlicheohne Grenzen“.• Aktionsprogramm „Hier Geblieben“mit BBZ- Bleiberechtsinitiative,FIB,, Banda Agita (Grips Theater),Pro Asyl, Flüchtlingsräte.Aktionsformen:• Gegenseitige Unterstützung• Interkulturelle Treffen.• Verhinderung <strong>von</strong> Abschiebungen.• Teilnahme an Fachtagungen undSeminaren.• Forderungen an Politiker herantragen.• DEMO, Kundgebungen, Mahnwachen.• Organisation <strong>von</strong> Infoveranstaltungenfür Presse, Schulen, andereOrganisationen.• Vernetzungstreffen (3-4 mal imJahr).• Jugendkonferenzen parallel zuder IMK.Selbstorganisationspotenziale:• Lebenserfahrungen (die jungeDeutsche nicht machen müssen)= viele Ressourcen.• Sprachkompetenzen.• Authentizität: Vorurteile werdenabgebaut und Jugendlicheentwickeln sich. Sie stellen sichvor, sie rebellieren, sie ändernihre Situation.• Frühere Erfahrung <strong>von</strong> Verantwortungsübernahmein der Herkunftsgesellschaft:Viele habensich politisch engagiert. VieleBegleitete übernehmen die Rolledes Vaters bzw. der Mutter.• Hohe Motivation, etwas zu lernen.• Kenntnis und Berufung auf Kinder-und Menschenrechte, allerdingsmeist zu wenig oder garnicht vorhanden.• Positive Gruppenerfahrungen(Jungen, Mädchen).• Erfahrung <strong>von</strong> Solidarität (z.B.Schulklasse, Freunde, Lehrer).• Beratungs- und Unterstützungsangebote<strong>durch</strong> Organisationen,nicht aus Nächstenliebe, sondernpolitische Arbeit, Kontaktezur Verfügung stellen, pädagogischeArbeit, Reflexion der Arbeitin der Gruppe.• Wichtig sind professionelle Betreuer_innen,die Raum bietenund ermutigen.• Internet, eigene Medien, Medienpräsenz.Kontakt:www.jogspace.netwww.twitter.com/jogspacewww.facebook.com/jogspacewww.hier.geblieben.netE-Mail: jog@jogspace.netModeration: Marissa Turac (AG 5, <strong>BBE</strong>)Nach ausführlichen Impulsreferaten<strong>von</strong> Mohammed Jouni und RenateJanßen zu den <strong>Partizipation</strong>spotenzialenund Beteiligungsformen <strong>von</strong>jungen Flüchtlingen werden im Folgendendie wesentlichen Ergebnisseder Arbeitsgruppe festgehalten.Gefordert wird:• <strong>Ein</strong> Perspektivwechsel hin zu einerressourcenorientierten Flüchtlingsarbeit.• Die volle Anwendung des KinderundJugendhilfegesetzes auf unbegleiteteminderjährige Flüchtlinge(UMF).• <strong>Ein</strong>e Anpassung der deutschenRechtslage an die UN-Kinderrechtskonvention.Im <strong>Ein</strong>zelnen:Verstärkter Fokus auf das Kindeswohl,Handlungsfähigkeit derunbegleiteten minderjährigenFlüchtlinge auf 18 Jahre heraufsetzen,Inobhutnahme <strong>durch</strong> dasJugendamt auch im Flughafenverfahren,keine Überstellungenim Dublin II Verfahren, keine Anwendungdes Asylbewerberleistungsgesetzes,keine Abschiebehaftund keine Abschiebung.Darüber hinaus werden folgende integrationspolitischenForderungenformuliert:• Bundesweite Zuständigkeit <strong>von</strong>Integrationsbeauftragten auch fürFlüchtlinge (insbesondere fürKinder und Jugendliche).• Verstärkte Berücksichtigung <strong>von</strong>unbegleiteten minderjährigenFlüchtlingen bei integrationspolitischenEntscheidungen undMaßnahmen.• Bundesweite Aufhebung der Residenzpflicht.• Freier Zugang zu Bildungsangeboten.• Bewegungsfreiheit auf europäischerEbene.• <strong>Ein</strong>beziehung des soziales Engagementsund Integrationswillensjunger Flüchtlinge in aufenthaltsrechtlichenFragen.In Bezug auf das Kinder- und Jugendhilfesystemwird Folgendesformuliert:• <strong>Partizipation</strong> <strong>von</strong> jungen Flüchtlingenist möglich und nötig – auchunter den bestehenden rechtlichenRahmenbedingungen.• Das deutsche Jugendhilfesystemsowie <strong>Ein</strong>richtungen und Institutionen,die sich an Jugendlicherichten, wie z.B. Freiwiligenagenturen,Freiwilligendienste etc.,müssen junge Flüchtlinge alsihre Zielgruppe erkennen undsich dieser verstärkt öffnen.• <strong>Ein</strong>e starke Selbstorganisationund Selbstartikulation <strong>von</strong> jungenFlüchtlingen braucht starkePartner, die ihnen die Zugängezu Entscheidungsträgern öffnen.Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> | 51


AG 5: <strong>Partizipation</strong>srechte in DeutschlandInput: Wahlrecht für Alle:Jede Stimme zählt. <strong>Ein</strong> BerlinerAktionsbündnis.Laura Kolland (Citizens For Europee.V.)Das Berliner Aktionsbündnis „JedeStimme 2011 – Wahlrecht für alle!“Im Herbst 2010 hatten Citizens ForEurope e.V. und Jede Stimme e.V.die Idee, den Wahlkampf um dasBerliner Abgeordnetenhaus zu nutzenund mit der Kampagne „JedeStimme 2011 – Wahlrecht für alle!“auf bestehende demokratischeMissstände hinzuweisen und für die<strong>Ein</strong>führung eines kommunalen Ausländerwahlrechtszu werben. Hierausentstand ein berlinweites, interkulturellesAktionsbündnis, das <strong>von</strong>mehr als 100 Vereinen sowie zivilgesellschaftlichen,privaten und öffentlichenAkteuren getragen wurde.Dem Aktionsbündnis „Jede Stimme2011 – Wahlrecht für alle!“ lag dieÜberzeugung zugrunde, dass nur<strong>durch</strong> Teilhabe der gesamten Bevölkerungeine stabile Demokratiemit legitimen politischen Entscheidungsträger_innengewährleistetwerden kann. Gerade in Berlin,wo ca. 487.000 Menschen ohnedeutschen Pass leben und in einigenBezirken der Anteil der nichtdeutschenBevölkerung bei über40 Prozent liegt, birgt die politischeAusgrenzung eine Gefährdung fürdie demokratische Kultur und dengesellschaftlichen Zusammenhalt.Aufgrund rechtlicher und finanziellerHürden wie auch psychosozialerBelastungen kann die Übernahmeder deutschen Staatsangehörigkeitnur bedingt Abhilfe schaffen undhat Deutschland aufgrund der vorherrschendenOptionspflicht im EU-Vergleich ohnehin eine besondersrestriktive Handhabe. In vielen anderenEU-Ländern gibt es hingegenzahlreiche positive Erfahrungen mitAusländerwahlrecht wie auch einemeinfachen Zugang zu (doppelter)Staatsangehörigkeit.Das Kernstück <strong>von</strong> „Jede Stimme2011“ bildete eine symbolischeWahl, die vom 29.8. bis 4.9.2011 füralle Berliner_innen ohne deutschenPass und über 18 Jahren stattfand.Damit die Wähler_innen ihre Stimmefür eine Partei der Landesebeneabgeben konnten, wurden berlinweit83 Wahllokale in Vereinen,Begegnungsstätten sowie auch anöffentlichen Orten eingerichtet.Flankiert wurde die symbolischeWahl <strong>durch</strong> zahlreiche Rahmenveranstaltungen,wie u.a. einerinternationalen Konferenz zu politischen<strong>Partizipation</strong>srechten mitKommunalpolitikern aus Polen,Luxemburg, den Niederlanden undBerlin, diversen Diskussions- undInformationsveranstaltungen mitBerliner Landes- und Kommunalpolitikernsowie zum Abschlusseiner offizielle Wahlparty mit dersog. Elefantenrunde. Außerdemwurde die symbolische Wahl <strong>von</strong>einer großen Medienkampagnebegleitet (Presse, Rundfunk, u.a.Werbung in der Berliner U-Bahn),die auch über Berlin hinaus Aufmerksamkeiterzielte und die Debatteüber das Ausländerwahlrechtund politische Teilhaberechte verstärkte.An den symbolischen Wahlen zumAbgeordnetenhaus beteiligten sichinsgesamt 2.371 Berliner_innenaus mehr als 100 Nationen. Amhäufigsten vertreten waren Drittstaatenangehörige,insbesondere<strong>durch</strong> Menschen aus der Türkei (ca.35 Prozent) sowie der ehemaligenSowjetunion (ca. 18 Prozent); nurca. 31 Prozent stammten aus einemEU-Staat. Die Wähler_innen setztensich gleichermaßen aus Männernund Frauen zusammen und lebtenganz überwiegend bereits seitmehr als fünf Jahren in Berlin. DasDurchschnittsalter der Wähler_innenbetrug ca. 39 Jahre, wobei sichdie Gruppe der 45-59-Jährigen amstärksten beteiligte.Betrachtet man die „Jede Stimme2011“ – Wahlergebnisse, werden imVergleich zu den Wahlen zum BerlinerAbgeordnetenhaus vom September2011 erhebliche Unterschiededeutlich. Es zeigt sich, dass Parteienmit restriktiven Positionen zu Aus-52 | Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>


AG 5 | <strong>Partizipation</strong>srechte in Deutschlandländerwahlrecht, Staatsbürgerschaftund Integrationspolitik als Wahlverliererabschnitten und umgekehrtParteien, die sich im Wahlkampf fürdie <strong>Ein</strong>führung eines kommunalenAusländerwahlrechts ausgesprochenhatten, wie SPD und Bündnis 90/Die Grünen, einen erheblichen Stimmengewinnda<strong>von</strong>tragen konnten.Zudem hätte entsprechend densymbolischen Wahlergebnissen die„Migrant_innen-Partei“ BIG (Bündnisfür Innovation und Gerechtigkeit)auf Anhieb den <strong>Ein</strong>zug ins Abgeordnetenhausgeschafft.2013 stehen die nächsten Bundestagswahlenvor der Tür. Es stelltsich also jetzt die Frage, ob etwas inpuncto Ausländerwahlrecht unternommenwerden soll. Auch wennsich die Gesetzeslage in Berlin imAnschluss an die symbolische Wahlbislang nicht geändert hat, war dieKampagne „Jede Stimme 2011“sicher nicht umsonst: Das ThemaAusländerwahlrecht wurde zumWahlkampfthema und fand <strong>Ein</strong>gangin die meisten Parteiprogramme.Vielleicht noch wichtiger ist aber,dass sich <strong>durch</strong> das Aktionsbündnisein breites Netzwerk gebildethat und hier<strong>durch</strong> auch über Berlinhinaus die Lobby für politische Teilhaberechtein Deutschland gestärktwurde. Diese Potenziale gilt es zunutzen und weiter auszubauen.Informationen zur Kampagne „JedeStimme 2011 – Wahlrecht für alle!“ findenSie in der Projektdokumentation.Download unter :https://dl.dropbox.com/u/420771/JedeStimme2011_Dokumentation_WEB.pdf,www.jedestimme2011.dewww.citizensforeurope.org.Für weitere Fragen und Anregungensteht das Citizens For Europe-Teamgerne zur Verfügung:office@citizensforeurope.org.Moderation: Koray Yilmaz-Günay(Vorstand Migrationsrat Berlin-Brandenburg)Der Workshop hat mit einer Vorstellungsrundebegonnen, in der dieTeilnehmenden sich, ihren (institutionellen)Hintergrund und ihr spezifischesInteresse am Workshop-Themavorstellen konnten. Angesichtsder Kürze der Zeit war es erfreulich,dass die Teilnehmenden trotz ihrerHerkunft aus verschiedenen Bundesländernrelativ homogene Interessenformulierten. So gab es imAnschluss an die beiden Inputvorträgezunächst konkrete Nachfragen andie beiden Referent_innen und danneine – trotzdem viel zu kurze – Generaldebatte,die sich auf folgendePunkte konzentrierte:1. Stimmrecht für alle – auf allenEbenenÜber diesen Punkt wurde am meistendiskutiert. Die Teilnehmendenäußerten sich interessiert, angesichtsder 2013 anstehenden Bundestagswahlin diesem Bereich etwasgemeinsam zu unternehmen.Es konnte nicht geklärt werden, obeine der anwesenden Organisationenhier die Federführung übernehmenwürde. Diskutiert wurdeauch die Frage, ob sich eine Klagezum Wahlrecht anbieten würde, allerdingsgab es dazu kein konkretesErgebnis. Kargah e.V. (Hannover)stünde hier als Ansprechpartnerzur Verfügung.2. Symbolische Wahlen 2013Citizens for Europe e.V. steht alsAnsprechpartner für Organisationenzur Verfügung, die sich an der Organisationsymbolischer Wahlenim Vorfeld der Bundestagswahl2013 engagieren wollen.3. BundespartizipationsgesetzDieser Punkt ist – in Ergänzungzum Vortrag zum Berliner <strong>Partizipation</strong>sgesetz– als Anregung aufgenommenworden, konnte abernicht untersetzt werden.Darüber hinaus sind im WorkshopInteresse und Bedarf an Inspirationengenannt worden, was dierechtliche Situation in Gemeinden,Bundesländern und auf Bundesebeneangeht. Konkrete Forderungenwie etwa das Recht aufVerdolmetschung im Umgang mitBehörden konnten nicht ausdiskutiertwerden.Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> | 53


AG 6: <strong>Partizipation</strong> <strong>durch</strong> Kultur und politische BildungInput: Empowerment alsGrundlage für politische<strong>Partizipation</strong>Sebastian Fleary (BildungswerkstattMigration & Gesellschaft)HintergründeRahmenbedingung für die Bedeutung<strong>von</strong> pädagogischen Empowerment-Räumenin Deutschland ist,dass die Auseinandersetzung mitMigration und Rassismus großteiligin Zusammenhängen stattfindet,die <strong>von</strong> Angehörigen der weißenMehrheitsgesellschaft und ihrenPerspektiven dominiert wird. Zubeobachten und festzustellen ist,dass oftmals in „offenen“ und meist<strong>von</strong> weißen Personen dominiertenRäumen die Frage nach Macht, dereigenen Position und der eigenenPrivilegiertheit nicht ausreichendreflektiert bzw. völlig ausgeblendetwird. Somit besteht die Gefahr,dass rassistisch geprägte DenkundHandlungsmuster in diesenKontext hinein getragen werden.In der Konsequenz kann es passierenbzw. ist es in der Vergangenheitoftmals passiert, dass es zu wiederholtenMarginalisierungen und zurVerletzung des Denkens, Fühlensund Wollens <strong>von</strong> People of Color indiesen Räumen kommt. Empowerment-Räumewollen dieser (strukturellen)Schieflage begegnen.Es geht um die Herstellung einesSchutzraumes vor rassistischenAlltagsverhältnissen, die demzufolgeverstanden werden können als„wichtige Zentren der Begegnung,des Erfahrungs- und Wissensaustauschesund der gegenseitigenStärkung gegen Diskriminierungund Rassismus <strong>von</strong> und für PoC“(Yiğit/Can 2006, 168f).Die zentrale Prämisse lautet daher,dass Empowerment im Sinneeiner Dekolonisierung bzw. Selbstermächtigunggegen Rassismusnur <strong>von</strong> People of Color selbst undim gegenseitigen Austausch undHandeln erfolgen kann. Es ist hierbei<strong>von</strong> zentraler Bedeutung, dassdie pädagogischen Begleiter_innen<strong>von</strong> Empowerment-Prozessenebenfalls People of Color sind undin Bezug auf Rassismus ebenfallsDiskriminierungserfahrungen gemachthaben/machen. Durch diesenSchutzraum wird es möglich,sich mit anderen offen und respektvollauch über sehr schmerzhafteErlebnisse auszutauschenund sich somit gegenseitig zu stärken(vgl. Yiğit/Can 2006, 168 ff).Haltungen aus der Empowerment-PraxisDas offene GeheimnisDas Konzept des pädagogischenEmpowerment-Raumes zielt nichtdarauf ab, die Reflexionen, Prozesseund Bewegungen, die hier stattfinden,„geheim“ zu halten bzw.nicht nach außen zu kommunizieren.Vielmehr trägt es der TatsacheRechnung, dass die Anwesenheitweißer Personen die Dynamik, denFokus und damit den Prozess derAuseinandersetzung verändern, daunterschiedlichen Perspektiven undgesellschaftliche Machtpositionenin Bezug auf Rassismus vorhandensind. Aus diesen unterschiedlichengesellschaftlichen Positionierungenergeben sich somit erstmal auchunterschiedliche zu bearbeitendeThemen und Bedürfnisse. Es gehtdaher hierbei um den Fokus und diePerspektiven auf die Auseinandersetzung.Schutzraum?Bei diesen Empowerment-Räumenwird landläufig <strong>von</strong> „Schutzräumen“gesprochen. Hierbei handeltes sich auch um ein Konstrukt, dadiese Räume nicht Schutz vor allenVerletzungsrisiken bieten (können)– da sie bspw. niemals homogenund die Menschen darin immerunterschiedlich reflektiert, positioniertund sensibilisiert sind.Es geht daher lediglich um einenSchutzraum in Bezug auf Rassismus.So ist ein Empowerment-Raum nicht selbstverständlich einsicherer Raum, bspw. vor sexistischenoder homophoben Aussagenund Verletzungen. Somit gehtes bereits im Ansatz darum, derKomplexität <strong>von</strong> Machtverhältnissengerecht zu werden und ledig-54 | Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>


AG 6 | <strong>Partizipation</strong> <strong>durch</strong> Kultur und politische Bildunglich den Fokus in der Arbeit aufRassismus(erfahrungen) für einegewisse Zeit zu setzen. Es solltedeutlich geklärt sein, dass wir in einerinterdependenten Gesellschaftleben, wo Herrschaftsverhältnissesich wechselseitig bedingen unddiese miteinander verflochten sind.Daher geht es grundlegend darum,einen reflexiven, bewussten, behutsamenund kritischen Umgangmit diesen Verhältnissen zu entwickelnund zu praktizieren (vgl. Yiğit/Can 2006, 175f; Arapi 2008, 25ff).AbschließendesDer Austausch über das Erlebte, welcheEmpfindungen und Reaktionendies mit sich brachte, welche Strategiendie <strong>Ein</strong>zelnen im Umgang damitentwickelt haben und welche neuenWiderstands- und Handlungsstrategieneinzelne Personen in Bezug aufRassismus in ihrem Alltag und Lebenentwickeln (können), ist ein bedeutsamerFaktor, der diese Schutzräumein allen gesellschaftlichen Bereichenin Migrationsgesellschaften absolutnotwendig macht.Parallel dazu ist es wichtig, dass diePeople of Color-Perspektive undEmpowerment-Arbeit im Allgemeinenin dem etablierten Mainstreamder interkulturellen Arbeit <strong>Ein</strong>gangfindet, um damit Empowermentauf breiter gesellschaftlicher Ebenevoranzutreiben.In diesem Zusammenhang möchteich pädagogische Empowerment-Räume als Instrument umreißen,deren Ziel es ist, gesellschaftlicheUngleichheit abzubauen und gesellschaftlicheUmverteilung anzustreben.LiteraturGüler Arapi: Rassismuserfahrungenund Handlungsfähigkeit, UniversitätBielefeld, 2008.Nuran Yiğit/Halil Can: PolitischeBildungs- und Empowerment-Arbeitgegen Rassismus in People ofColor-Räumen – das Beispiel derProjektinitiative HAKRA in: Elverich/Kalpaka/Reindlmeier(Hrsg.)Spurensicherung – Reflexion <strong>von</strong> Bildungsarbeitin der <strong>Ein</strong>wanderungsgesellschaft,IKO-Verlag für InterkulturelleKommunikation, 2006Input: Die Initiative Grenzen-Los: Ansatz + MethodeAhmet Shah (Initiative Grenzen-Los! e.V.) und KulTür Auf: Baut dieZugangsbarrieren ab!Das Brennpunkt-Manifest„Wir wissen, wie es ist. Wir wissen,wie es sein kann[…]. Wir sind die,über die ihr immer redet[…]. WIRsind die Problemfälle, die Euch dasLeben erschweren[…]. Ihr werdetnie den passenden Titel oder dasrichtige Bild für uns finden! [...]Wir lassen uns nicht länger bevormunden[...]nirgendwo![…]Wirfordern[...]eine große Bühne füruns und unsere Themen! [...] Wirfordern Zugang. Schaut auf unsereFähigkeiten, macht die Schubladenzu! […] KulTür auf!“ (Auszüge ausdem „Brennpunkt-Manifest“ derJugendlichen des Jugendtheater-Büro Berlin)ZugangsbarrierenDie Gesellschaft ist im Wandel,aber die Institutionen sind erstarrt– ein Widerspruch, der zu Blockadenoder ‚Zugangsbarrieren’ führt.Für Jugendliche aus den so genannten‚Brennpunkten’ bedeutet dasunter anderem einen erschwertenZugang zu Bildung, Arbeitsweltund Kultur und da<strong>durch</strong> zum Diskursder Zivilgesellschaft. Das sindechte Hindernisse für die erstrebte<strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>, die inzahlreichen Studien formuliert undauf etlichen Fachtagungen diskutiertwerden. Jede und jeder, die/der heute in der Jugendkulturarbeittätig ist, bekommt das deutlichzu spüren. Die ökonomischenZwänge <strong>durch</strong> Sparmaßnahmen,Privatisierung und Kommerzialisierungin den Bereichen Jugend,Kultur und Soziales und die ideologischenOffensiven à la Sarrazingegen sozial schwache und Menschenmit insbesondere muslimischenHintergrund verschärfendiese Konflikte. Wir betrachten diegemeinsame Auseinandersetzungunserer Mitarbeiter_innen und unserenJugendlichen mit diesen Zugangsbarrierenals einen zentralenTeil der Jugendkulturarbeit heute.Kampf um AnerkennungDie Zugangsbarrieren im Kulturbetriebsind vielfältig. Damit meinenwir nicht nur die finanziellen oderdie bildungspolitischen Hürden.Wir beschäftigen uns nicht hauptsächlichmit den Zugangsbarrierenfür Zuschauer_innen und Konsument_innen.Es ist bekannt, dassdie meisten Besucher_innen derKulturbetriebe aus bestimmten‚bildungsnahen’ sozialen Schichtenkommen. Uns interessiert vielmehr,wer die Kulturproduzent_innensind, und die Frage, warumunsere Jugendlichen nicht auchselber diese Rollen und Berufeübernehmen können. Uns interessiert,warum unsere Jugendlichennicht als Künstler_innen, unsereProdukte nicht als Kunst und unsere<strong>Ein</strong>richtungen nicht als kulturelleInstitutionen anerkannt werden.Der selbstverwaltete alternativeJugendtheaterbetriebJammern wollten wir jedoch nicht,sondern haben uns entschieden,uns aktiv einzumischen und daswirkliche Leben der Jugendlichen,ihre Sehnsüchte und Ängste in dengesellschaftlichen Diskurs hineinzutragen.Unser erster Schritt dahinwar der Aufbau eines selbstverwaltetenJugendtheaterbetriebs.Damit wollten wir unseren eigenenDokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> | 55


AG 6 | <strong>Partizipation</strong> <strong>durch</strong> Kultur und politische BildungKulturbetrieb schaffen und unsereeigenen Produktionen entwickeln,um unsere eigene Sicht aufdie Welt zu vermitteln. KulturelleFreiräume sind gut. Aber Freiräumedürfen nicht zu einer Blaseverkommen. Diese Gefahr besteht,wenn sie sich auf Therapie undFreizeitbeschäftigung beschränken.Oder sie besteht, wenn sie nurdazu dienen soll, eine Klientel <strong>von</strong>den schwierigen gesellschaftlichenVerhältnissen abzuschirmen. Denndie gesellschaftlichen Verhältnissewirken letztendlich wie eine Nadel,die die Blase zum Platzen bringt.Wir haben verschiedene Teambereicheaufgebaut, die <strong>durch</strong> unsereMitarbeiter_innen angeleitet wurden:Ensemble (Schauspiel/Regie/Dramaturgie), Crew (Licht/Ton/Video/Werkstatt), und Festivalbüro(Eventmanagement/Öffentlichkeitsarbeit/Marketingusw.). Die Jugendlichenwurden darauf vorbereitet,so selbstständig wie möglich neueStücke zu entwickeln und Theateraufführungenund Events <strong>durch</strong>zuführen.Wir koordinierten dieArbeit <strong>durch</strong> regelmäßig stattfindendeEnsemble- und Crewtreffen,Festivalplena, Betriebsversammlungenund Produktionsgremien.Auf allen Ebenen waren Jugendlicheund Mitarbeiter_innen gleichermaßenbeteiligt.Emanzipatorische AnsätzeDas Jugendtheater Büro Berlin beruhtauf emanzipatorischen Ansätzenin der Jugendkulturarbeit,politischen Bildung und Berufsorientierung:• Empowerment <strong>durch</strong> Eigenproduktion:Wir simulieren keinenKulturbetrieb, sondern sind einBetrieb, der ein Theater verwaltet,neue Produktionen schafftund ein jährlich stattfindendesbundesweites Theaterfestivalorganisiert, dies alles unter derkünstlerischen, technischen undorganisatorischen Eigenregieder Jugendlichen.• Frame and Freedom: Wir strebenein Jugendtheater an, dassowohl professionell als auchauthentisch ist. Unsere Mitarbeiter_innen– Professionals ausder Berliner Kulturszene – schaffengemeinsam mit den Jugendlicheneinen professionellenRahmen, in dem das Bild <strong>von</strong>den Jugendlichen frei und authentischgemalt werden kann.Immer wieder muss dieserRahmen neu ausgehandelt undumgebaut werden – diese Konfliktegehören zu einer selbstbestimmtenProduktion dazu.• Kollektiv: Wir verstehen uns alsKollektiv, welches die Selbstorganisationder Jugendlichen fördert:pädagogisch, künstlerischund organisatorisch.• Selbstrepräsentation: Durchdie Selbstrepräsentation derJugendlichen auf der Bühne zeigenwir die Bricolage <strong>von</strong> Identitäten,die das wirkliche Lebenin den Großstädten ausmacht– jenseits des allgegenwärtigen„Sarrazynismus“ – und wir verstehenuns als einen Katalysatordieses Bricolage- Prozesses.• Selbstbefreiung: Bertolt Brechtmeinte, das Theater vor allemden Spaß an der Befreiunghervorrufen soll. Wir stimmendem zu. Darüber hinaus denkenwir, dass kulturelle Produktionin Eigenregie den Spaß ander Selbstbefreiung hervorrufenkann.KulturproduktionDas Ergebnis unserer Arbeit warenfünf neue Theaterproduktionen,die ein breites Publikum erreichten.Zwei da<strong>von</strong> wurden nominiertfür den Bundeswettbewerb desTheatertreffen der Jugend 2011und eins da<strong>von</strong> wurde <strong>von</strong> derWettbewerbsjury ausgewählt undausgezeichnet als eine der acht bestenJugendtheaterproduktionen.Unser Stück „Keiner hat mich gefragt“,das <strong>von</strong> einer unserer Jugendlichenproduziert wurde,thematisiert gleichermaßen patriarchaleStrukturen in einer muslimischenFamilie und rassistischeund islamfeindliche Denkstrukturenin der Mehrheitsgesellschaftvom Standpunkt einer gläubigenund nach Selbstbestimmung strebendenMuslima. Das Stück sorgtefür große Aufregung und kontroverseDebatten. Genau das war dasZiel unserer jungen Regisseurin.Alle Stücke wurden nach dem Festivalwiederaufgenommen undwährend einer einmonatigen Spielzeitin unserem eigenen Theaterpräsentiert: Jeden Abend wurdenStücke aufgeführt – komplett unterdem Management der Jugendlichen(Organisation, <strong>Ein</strong>lass, Licht,Ton, Video, Schauspiel).Yalla Yalla Festiwalla! – das selbstorganisiertebundesweite Jugendtheaterfestival<strong>von</strong> und fürJugendliche(n)Mit unseren Teams, Produktionenund unserem selbstverwaltetenBetrieb schafften wir eine Basis,um für unsere Ansätze und unsereArbeit auf einer größeren Bühne zukämpfen: <strong>Ein</strong> Festival in einem derrenommierten Kulturbetriebe Berlins– dem Haus der Kulturen derWelt. Damit wollten wir uns davorbewahren, uns lediglich mit unseremlokalen ‚Standort’ zufriedenzu geben. Wir wollten damit einegemeinsame Plattform schaffen fürandere Jugendkultureinrichtungenund Projekte mit emanzipatorischenAnsätzen.Das erste Festiwalla fand 2011 imHaus der Kulturen der Welt statt,mit 45 Veranstaltungen, da<strong>von</strong> 16Theaterproduktionen, vor gezählten4000 Besucher_innen. Es warso erfolgreich, dass das Festivalauch für 2012 und 2013 <strong>von</strong> der Intendanzdes Hauses gebucht wurde.56 | Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>


AG 6 | <strong>Partizipation</strong> <strong>durch</strong> Kultur und politische BildungKampagneUnser Betrieb, unsere Produktionenund die Mobilisierung für dasFestiwalla 2011 schufen auch einePlattform, <strong>von</strong> der aus wir eine Kampagneentwickeln konnten: „KulTürauf! Wir schaffen Zugang!“ Sie hattedas Ziel, die Zugangsbarrieren zuden etablierten Kulturbetrieben zuthematisieren und anzuprangern.<strong>Ein</strong> „Brennpunkt-Manifest“ wurde<strong>von</strong> den Jugendlichen formuliertund wir organisierten zwei Straßentheatertouren<strong>durch</strong> Berlin – die ZU-GANGstour, deren Stationen vor etablierteTheater, Kultureinrichtungenund Behörden führte, und die KulTürauf –Tour, die als politische Zirkus-Roadshow die Zugangsthematik aufBerliner Straßen brachte. Weiterhinveranstalteten wir Zugangspanels,auf denen unsere Jugendlichen mitLeiter_innen etablierter BerlinerTheater und Kultureinrichtungen aufgleicher Augenhöhe diskutierten.FazitWas wir und alle an dieser TagungTeilnehmenden fördern wollen, istdie <strong>Partizipation</strong> der Ausgegrenztenund ihre <strong>Inklusion</strong> in unsere Gesellschaft.Wir glauben, dass diesnur erreicht werden kann, wennwir Orte schaffen, wo Jugendlichesich selbstbestimmt organisierenkönnen und wenn wir uns gemeinsamanstrengen, die ZugangsbarrierenStück für Stück abzubauen.www.jugendtheaterbuero.dewww.festiwalla.deModeration: Gandhi Chahine (MusicOffice Hagen)Nach den Input-Referaten stelltensich folgende Fragen:• Wie erreicht Mann/Frau die Zielgruppe?• Welche Möglichkeiten der Finanzierunggibt es?• Welche Kooperationen sindsinnvoll?Es stellte sich als wichtig heraus,die jugendliche Zielgruppe in einemprofessionellen Rahmen anzusprechen,<strong>von</strong> der Gestaltung des Flyersbis hin zum Auftritt. Die Bindung derJugendlichen an das Projekt ist indiesem Zusammenhang einfacher.Die Finanzierung stellt nach wie vorein Problem dar. Es ist der ewigeKampf um Fördergelder. Zum Teilarbeiten Dozenten, wenn man dieOrganisationskosten und die VorundNachbereitungszeit hinzurechnet,für 3,00 € die Stunde.Kooperationen sind dann wichtig,wenn die Kooperationspartner sichnach ihren Möglichkeiten einsetzenund zum Gelingen des Projektsbeitragen. Hierfür gab es ein paargute Beispiele, die Mut machen.Die beiden Dozenten haben ihrepositiven als auch ihre negativenErfahrungen gemacht. In der Regelhilft eine schriftliche Vereinbarung,in der die Aufgaben klar definiertsind. Im Verlauf der Diskussionwurde des Weiteren deutlich, dasses ohne den persönlichen <strong>Ein</strong>satzund ohne den Willen, etwas verändernzu wollen, schwierig ist,Projekte <strong>durch</strong>zuführen. In beidenFällen waren die Projekte in dieserGrößenordnung ohne den ehrenamtlichen<strong>Ein</strong>satz der Projektleiternicht möglich.Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> | 57


Abschlusstalk


Abschlusstalk: <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> –ein <strong>Beitrag</strong> <strong>von</strong> Migrant_innenorganisationenTeilnehmer_innen_innen:• Berrin Alpbek (FöTED)• Hüseyin Aydin (IG-Metall Vorstand,Ressort Migration)• Athena Leotsakou (BAGIV)• Katrin Hirseland (Bundesamt fürMigration und Flüchtlinge)• Volker Roßocha (MigrationsreferatDGB Berlin)• Daniel Volkert (Max-Planck-Institutzur Erforschung multireligiöserund multiethnischer Gesellschaften)Moderation: PD. Dr. Ansgar Klein(<strong>BBE</strong>)Dr. Ansgar Klein:Zu Beginn der zweiten Podiumsdiskussionwird es zunächst eineVorstellung aller Teilnehmer_innendes Podiums geben. Im Anschlussdaran werden die Arbeitsgruppenihre Ergebnisse darstellen und dieGäste auf dem Podium werden dieMöglichkeit haben, diese zu kommentieren.Berrin Alpbek:Ich bin seit ungefähr vier JahrenBundesvorsitzende der FöderationTürkischer Elternvereine in Deutschland(FöTED). Diese Föderation istein Dachverband <strong>von</strong> Vereinen, diebundesweit <strong>von</strong> türkischstämmigenEltern gegründet wurden. Dies sindmehr als 80 Vereine, die sich allefür die Interessen der türkischstämmigenEltern und deren Kinder einsetzen.Hierbei geht es hauptsächlichum schulische Belange, aberauch um alle anderen Probleme,welche die Familien beschäftigen.Die Organisation wurde vor 16Jahren in Berlin gegründet. UnsereGründung ist auch politischer Natur,deshalb möchte ich mich ganz herzlichbeim <strong>BBE</strong> und beim MigrationsratBerlin/Brandenburg bedanken,dass das Thema „<strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong><strong>Partizipation</strong>“ bei dieser Tagung zurSprache kommt.Meines Erachtens ist die Rolle derMigrant_innenorganisationen imMoment bei der politischen <strong>Partizipation</strong>nicht so groß. <strong>Ein</strong>e größereRolle würden wir uns natürlichwünschen. Jedoch wären hierfürprofessionelle Strukturen notwendig.Dies setzt hauptamtliches Personalvoraus, welches nur über eineausreichende finanzielle Basis zu sichernist, welche nicht vorliegt. Ausdiesem Grund sind wir dabei, überentsprechende Projekte die Entwicklungvoranzutreiben. Seit zweiJahren bereiten wir gemeinsam mitacht Dachverbänden ein Konzeptzur strukturellen Finanzierung <strong>von</strong>Migrant_innenorganisationen vor.Meiner Meinung nach brauchenMigrant_innenorganisationen Unterstützungfür eine professionellepolitische Beteiligung. Auch auf derkommunalen Ebene ist es wichtig,dass Migrant_innenorganisationenEntscheidungsbefugnisse erhalten.Dies ist machbar, da hierfürBeispiele aus anderen Ländernvorhanden sind. Letztendlich istkommunales Wahlrecht für alleAusländer_innen wichtig, so dassdies nicht nur für die EU gilt, sondernauch für alle anderen.Hüseyin Aydin:Ich bin beim IG Metall-Vorstand zuständigfür das Ressort Migration.Die IG Metall hat 2,2 Millionen Mitglieder.Da<strong>von</strong> sind 300.000 Menschenmit Migrationshintergrund.Dies zeigt, dass es die IG Metallbereits früh verstanden hat, dieseMenschen für die gewerkschaftlicheArbeit zu begeistern, um gemeinsammit ihnen, solidarisch mitallen anderen abhängig Beschäftigten,für gute Arbeit und ein gutesLeben zu streiten. Die Reform desBetriebsverfassungsgesetzes <strong>von</strong>1972 (in diesem Jahr ist es 40 Jahreher) hat die <strong>Partizipation</strong> im Betrieb<strong>durch</strong> das aktive und passive Wahlrechtabgesichert, so dass unabhängig<strong>von</strong> ihrer Herkunft der Statusals Arbeitnehmer_innen im Vordergrundstand. Folglich konnten dieBetriebe erfolgreich wirtschaften,aber auch die Gewerkschaften erfolgreichetarifpolitische Ergebnisseerzielen. Somit ist deutlich, dassbeide Seiten da<strong>von</strong> profitieren.Meine erste These ist, dass dieseVielfältigkeit ausgebaut werdenmuss. Nach einer HochrechnungDokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> | 59


Abschlusstalk | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> – ein <strong>Beitrag</strong> <strong>von</strong> Migrantenorganisationenderung <strong>von</strong> und mit Migrant_innenorganisationen,eine wichtigeRolle, aber auch andere Themen,wie interkulturelle Öffnung derJugendverbandsarbeit und im bürgerschaftlichesEngagement undeiniges mehr.Die Rolle der Migrant_innenorganisationenist ein Thema, mitdem sich das BAMF seit ungefährvier bis fünf Jahren relativ intensivbeschäftigt. Dies geht auf einenProzess zurück, welcher sichdas bundesweite Integrationsprogrammnannte. Dieser Prozess hatunter anderem dazu geführt, dasswir unsere Förderpraxis veränderthaben. Hierzu gab es eine Arbeitsgruppemit vielen Migrant_innenorganisationen.In der Konsequenzdaraus haben wir nicht nur unsereFörderrichtlinie geändert, in demwir Migrant_innenorganisationenexplizit als Träger aufgenommenhaben und andere Träger zur Kooperationaufrufen. Wir habenebenso die Zahl der Projekte, andenen Migrant_innenorganisationenbeteiligt sind, verdreifacht.Mittlerweile sind 1/3 der jährlichgeförderten Projekte (ca. 400)entweder <strong>von</strong> oder in Kooperationmit Migrant_innenorganisationen.Wir haben allerdings festgestellt,dass noch ein Schritt davorgedacht werden muss. Hierbeigeht es um die Themen Qualifizierungund Professionalisierung.Wir sind daher dazu übergegangen,auch kurzzeitige Maßnahmenzu fördern, beispielsweiseQualifizierungsangebote für alleehrenamtlich arbeitenden Vereine,insbesondere für Migrant_innenorganisationen.Hier besteht einsehr großer Bedarf. Dies wurdeinsbesondere im vergangenen Jahrfestgestellt, in dem Anträge fürüber eine halbe Million Euro eingereichtwurden. Aus diesem Grundist dies ein Thema, welches ganzwichtig ist und welches wir in jedemFall weiter verfolgen sollten.Uns ist es des Weiteren ganz wichtig,Migrant_innenorganisationen gewissermaßen„bekannt“ zu machen.Ich bin überzeugt, dass es unerlässlichist, dass die „Gegenüber“ – wiedie Verwaltung und die Politik – Migrant_innenorganisationenkennenlernen, damit <strong>Partizipation</strong> überhauptmöglich wird. Dies bedeutet,dass wir viele Veranstaltungen<strong>durch</strong>führen, um eine gewisse „PR“für Migrant_innenorganisationenmöglich zu machen und damit eineQuelle für Vernetzung zu bieten.Zum Thema Vernetzung haben wirin der Praxis untersucht, welcheFormen der Kooperation es zwischenMigrant_innenorganisationenund anderen Trägern gebenkann. Dies ist ein spannendes Thema,denn wenn Migrant_innenorganisationenüber ihren Kreis hinauswirken können, dann ist einwichtiger <strong>Beitrag</strong> zum Thema <strong>Partizipation</strong>.Wir haben Kooperationen<strong>von</strong> Migrant_innenorganisationenmit traditionellen Wohlfahrtsverbändengefördert, bei denen beideSeiten sehr viel gelernt haben.Aber dies ist nicht alles – das ThemaStrukturförderung ist schonmehrfach gefallen. Wie wir das„Kind“ auch nennen, ob wir esGrundausstattungsförderung oderStrukturförderung oder projektunabhängigeFörderung nennen, diesist ein Thema, welches wir diskutierenmüssen und auch aktuell tun.Aus diesem Grund fördern wir dasbereits erwähnte Projekt, welchesein Set an Vorschlägen entwickelthat, wie Migrant_innenorganisationen,in diesem Fall bundesweitorganisierte Dachorganisationen,öffentlich gefördert werden können.Dies kann sicherlich auf weitereEbenen herunter gebrochenwerden. Derzeit werden dieseEmpfehlungen im Kreise der hierfürzuständigen Bundesministeriendiskutiert. Ich hoffe, dass diesesProjekt die Arbeit in diesem Bereichdeutlich verändern wird.<strong>Ein</strong>e weitere These, die ich unterstützenmöchte, ist, dass neben alldem, was man mit, für und <strong>durch</strong>Migrant_innenorganisationentun kann, die interkulturelle Öffnungder Ansprechpartner_innenvoranschreitet. Man kann noch soviele Förderprogramme aufsetzen,wenn die, die vor Ort zu diesemThema arbeiten – beispielsweise inder Verwaltung – hierbei nicht einegewisse Offenheit zeigen, greifenFörderprogramme oft zu kurz. Diesist ein Thema, welches wir parallelverfolgen, bei welchem wir auch sicherlichnoch viele Jahre brauchenwerden.Viele Migrant_innenorganisationensind dabei, sich weg zu entwickeln<strong>von</strong> einer reinen Interessenvertretungihrer ursprünglichenKlientel hin zu großen zivilgesellschaftlichenAkteuren, die sichanderen öffnen. Dies ist ein ganzwichtiger Schritt hin zu <strong>Partizipation</strong>smöglichkeitenund auch zum„Anerkannt-werden“, als ein ganz„normaler“ zivilgesellschaftlicherAkteur neben anderen.Zusammenfassend: Migrant_innenorganisationensind aus meinerPerspektive wichtiger geworden.Wir müssen dafür sorgen,dass Rahmenbedingungen geschaffenwerden, die es integrativarbeitenden Migrant_innenorganisationenermöglichen, ihr Know-How auf den unterschiedlichstenEbenen einbringen zu können.Aber wir müssen auch ganz realistischsehen: Nicht jede Migrant_innenorganisationenkann,soll und will sich zu einem umfassendenAkteur im Integrationsbereichentwickeln. Wir müssenauch die Frage stellen: Wer willdas, wer kann das, wer hat welcheAufgabe und wer kann sinnvoll mitwem zusammenarbeiten in diesemBereich? Und wenn wir diesgeschafft haben, haben wir meinerMeinung nach bereits ein weitesStück hinter uns gebracht.Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> | 61


Abschlusstalk | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> – ein <strong>Beitrag</strong> <strong>von</strong> MigrantenorganisationenDaniel Volkert:Ich bin Daniel Volkert vom Max-Planck-Institut zur Erforschung multireligiöserund multiethnischer Gesellschaften.Ich bin wissenschaftlicherMitarbeiter und habe im letztenJahr mit Prof. Dr. Karen Schönwälderals Forschungsgruppenleiterinund Cihan Sinanoglu in Zusammenarbeitmit der Heinrich-Böll Stiftungdie Studie „Vielfalt sucht Rat“veröffentlicht. Wir haben hierbeialle Großstädte in Deutschlanduntersucht. Hierbei wollten wiruntersuchen, wie hoch die Repräsentation<strong>von</strong> Ratsmitgliedern mitMigrationshintergrund ist. Dieseist deutlich unter<strong>durch</strong>schnittlich,jedoch kann erwähnt werden, dassein leichter Aufwärtstrend zu verzeichnenist.Bei der bereits geführten Diskussionwurde besprochen, dass 15 Prozentder <strong>von</strong> uns befragten Ratsmitgliedermit Migrationshintergrundnicht die deutsche Staatsbürgerschafthaben. Dies bedeutet, dasssie aus einem EU-Staat kommen undsich politisch engagieren.Des Weiteren sollte das Themader sozialen Benachteiligung nichtaus dem Auge verloren werden,besonders im Zusammenhang mitparteipolitischer <strong>Partizipation</strong>. DieErgebnisse zeigen, dass 66 Prozentder Ratsmitglieder mit Migrationshintergrundeinen Hochschulabschlusshaben. Zudem gehören 55Prozent zu den Bildungsaufsteigern.Dies bedeutet, dass deren Elternnoch über kein Abitur verfügthaben. Nichtsdestotrotz haben wireine starke Unterrepräsentanz undwissen alle, dass Menschen mit Migrationshintergrundüberproportionalbenachteiligt sind. MeinerMeinung nach sollten Parteien generellüberlegen, wie sie Mitgliedergewinnen können, die auch anderenSchichten zugehörig sind. Diesist ein generelles Problem <strong>von</strong> Parteien,dass die soziale Heterogenitätnicht abgebildet wird.<strong>Ein</strong>e weitere These verbirgt sichhinter dem Thema der strukturellenDiskriminierung. Dies wurdein unserer Studie zwar nicht systematischuntersucht, aber dennochkonnten wir <strong>durch</strong> BefragungenBeispiele für negative Erfahrungendeutlich machen. 65 Prozent derbefragten Ratsmitglieder habengesagt, dass sie in ihrer Tätigkeitbereits negative Erfahrungen inBezug auf ihren Hintergrund gemachthaben, wobei man erwähnenmuss, dass die meisten sich alsRatsmitglieder akzeptiert fühlen.In den <strong>durch</strong>geführten Interviewswurde aber auch deutlich, dass esschwierig ist, offen über Diskriminierungzu reden und zu sagen „Ichbin diskriminiert worden.“ Manbekommt aber unterschwellig heraus,dass Diskriminierungsstrukturenbestehen.<strong>Ein</strong> weiterer Punkt ist die mangelndeOffenheit <strong>von</strong> politischen Organisationengegenüber Menschenmit Migrationshintergrund. Über50 Prozent der Befragten gaben an,dass die Parteien in diesem Bereichmehr tun müssen und sich mehröffnen müssen, so dass Migrant_innen voll akzeptiert werden. Diessei besonders der Fall in den Ortsvereinendefizitär ist. In diesemZusammenhang ist auch in denBefragungen eine Quote sehr umstritten.Dies bedeutet, dass manchedafür sind und sagen, dass sienatürlich auch mehr Quereinsteigerbrauchen. Manche sind aberauch skeptisch, indem sie deutlichmachen, dass sie keine Sonderrollebenötigen.Volker Roßocha:Ich komme vom DGB Bundesvorstandim Deutschen Gewerkschaftsbundund bin dort zuständigfür die Themenbereiche Migrationund Antirassismuspolitik. MeinBlickwinkel geht weniger in Richtungder Parteien und stärker inRichtung der Arbeitswelt und derenBedingungen vor Ort.Mein <strong>Ein</strong>druck ist, dass wir unserenBlickwinkel auch bei den Fragen<strong>von</strong> <strong>Inklusion</strong> und gleichberechtigterTeilhabe erweitern müssen,über die Gruppen hinaus, die sichtraditionell in der Bundesrepublikaufhalten und bereits in Migrant_innenorganisationen tätig sindund den Blick hinwenden zu denjenigenPersonen, die relativ kurz,ohne sicheren Aufenthaltsstatus,temporär, beispielsweise als Wanderarbeiter,in die Bundesrepublikkommen, aber sich nicht auf Dauerniederlassen wollen. Ebenso müssenwir unseren Blick erweitern aufdie Großmutter, die sechs Monateim Jahr in Izmir und sechs Monateim Jahr in Dortmund lebt, die auchein Recht darauf hat, in Deutschlandgleichberechtigt zu leben.Wir haben derzeit ca. 90.000 Menschenin Deutschland, die über eineDuldung verfügen. Da<strong>von</strong> sind ca.36.000 bis 37.000 unter-25-Jährige.Wir wissen alle, was es bedeutet,wenn jemand in diesem Land nurgeduldet ist: für das Arbeitsleben,für den Schulbesuch, für das Engagement,für die Überschreitung<strong>von</strong> Bundeslandgrenzen. Dies istein Hindernis für <strong>Partizipation</strong> undgleichberechtigte Teilhabe. In denletzten Wochen ging <strong>durch</strong> dieMedien, dass die BundesrepublikDeutschland bezüglich des KindergeldesProbleme macht. Hierbeibesteht eine Form der strukturellenDiskriminierung. Die Absicht, <strong>durch</strong>einen aktivierenden Sozialstaatund <strong>durch</strong> eine Liberalisierung desArbeitsmarktes mehr Menschenin Beschäftigung zu bringen, hatnicht funktioniert, denn wir sehenheute, dass Menschen mit Migrationshintergrundüberproportionalhäufig bei Leiharbeitsfirmen undunter schlechten Arbeitsbedingungentätig sind. Dies hat damit zutun, dass die Rahmenbedingungenin der Bundesrepublik Deutschlandfür <strong>Inklusion</strong>, <strong>Partizipation</strong> und fürgleichberechtigte Teilhabe nichtstimmen. Aus meiner Sicht ist der62 | Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>


Abschlusstalk | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> – ein <strong>Beitrag</strong> <strong>von</strong> MigrantenorganisationenAusweg so zu sehen, dass alle Menschen,die in Deutschland lebendürfen oder leben, einen Zugang zueinem sicheren Aufenthaltsstatusbekommen, ohne Beschränkungbei der Beschäftigungsaufnahme,und einen gleichberechtigten Zugangzu sozialen Dienstleistungenund Sozialleistungen erhalten.Dr. Karamba Diaby hat bereits überdie Öffnungen der Organisationenreferiert. Dies kann ich nur bestätigen,denn ich glaube, dass dieRahmenbedingungen nur ein Teilsind. Aber ein zweiter Teil bestehtdarin, dass der bestehende Alltagsrassismusbekämpft wird und dassdie Öffnung <strong>von</strong> Verwaltungen,Parteien, Organisationen und Betriebenstattfindet. Nur dann überspringenwird das Problem, dassMenschen strukturell unterhalbder rechtlichen Rahmenbedingungendiskriminiert werden.Mein letzter Punkt bezieht sichauf Migrant_innenorganisationenselbst. Ich glaube, dass es erforderlichist, Menschen mit Migrationshintergrundund insbesonderediejenigen, die nicht so lange inDeutschland sind, in der Durchsetzungihrer Rechte zu beraten undzu unterstützen. Hierzu sind meinerMeinung nach verschiedene Punktenötig: Es muss Projekte geben, diediese Menschen unterstützen. Solchein Projekt haben wir mit mittelundosteuropäischen Arbeitnehmer_innenbegonnen, die nicht aufDauer in Deutschland sind. Dieseversuchen wir an sechs Orten in derBundesrepublik, wenn ihnen beispielsweiseder Lohn vorenthaltenwird oder sie aus den Wohnungenrausfliegen, zu unterstützen. Hierbeimuss man Hilfestellung leisten,aber man muss auf der anderenSeite auch die Selbstorganisationder Migrant_innen unterstützen.Sie müssen in die Lage versetzt werden,ihre Interessen selbst in dieHand zu nehmen und diese selbst<strong>durch</strong>zusetzen.Aus meiner Sicht haben wir vieleOrganisationen, die ihre Aufgabenerfüllen wollen, aber es bedarf einerweiteren Vernetzung <strong>von</strong> Organisationen,um die verschiedenenFelder miteinander zu verknüpfenund die verschiedenen Handlungsfelderzusammen zu bringen.PD Dr. Ansgar Klein:Ich bitte jetzt um die Statementsaus den Arbeitsgruppen.Statements aus den ArbeitsgruppenAG 1: Politische <strong>Partizipation</strong> aufKommunal- und Landesebene• Es bedarf einer Professionalisierungund bedarfsgerechten Weiterbildungder politischen Arbeit(insbesondere der Integrationsausschüsseund -beiräte).• Migration ist eine Querschnittsaufgabein Kommunen und Ländern.AG 2: Politische <strong>Partizipation</strong> im Rahmen<strong>von</strong> Netzwerken• Wir müssen den Kuchen (er wirdkleiner) zusammen backen, damitwir gemeinsam einen leckerenKuchen essen können.• Ehrenamt muss <strong>durch</strong> Wertschätzung,Bildungsurlaub, Anerkennung,Aufwandsentschädigunggestärkt werden.• Ehrenamt braucht Hauptamt.• Es braucht Teilhabe <strong>durch</strong> Engagement.AG 3: <strong>Partizipation</strong> in lokalen Netzwerken• Migrant_innenorganisationen undMultiplikatoren mit Migrationshintergrundbrauchen stabileund im Quartier sichtbareNetzwerkstrukturen und Treffpunkte,so dass sie Brückenzu repräsentativen Strukturenschlagen können.AG 4: <strong>Partizipation</strong>spotenziale undBeteiligungsformen <strong>von</strong> jungenFlüchtlingen• Die Öffnung der etablierten <strong>Ein</strong>richtungen(Jugendhilfe) und dieVernetzung der Jugendhilfe mitder Flüchtlingsarbeit sind unabdingbar.• Die Ermessungsspielräume, dievorhanden sind, sollen <strong>von</strong> Verwaltungengenutzt werden.• Im Rahmen der interkulturellenÖffnung muss die Flüchtlingsthematikstärker einbezogenwerden.AG 5: <strong>Partizipation</strong>srechte inDeutschland• Bei dem Wahlrecht auf kommunalerEbene besteht die Mitwirkungsmöglichkeitfür EU-Bürger,aber so genannte Drittstaatenbürgerdürfen, auch wenndiese in Deutschland geborensind und Jahrzehnte hier gelebthaben, nicht wählen. Sie habennur über die <strong>Ein</strong>bürgerung dieMöglichkeit, an ein Wahlrechtzu kommen. „Stimmrecht füralle“ ist eine Kampagne, welchein Berlin zu diesem Thema<strong>durch</strong>geführt worden ist. Hierbeihat eine symbolische Wahlmit Nichtstimmberechtigten zurAbgeordnetenhauswahl stattgefunden.Dies ist eine guteMöglichkeit, um auf das Thema„Stimmrecht für alle“ aufmerksamzu machen. Insofern sindwir zu dem Schluss gekommen,dass es zumindest eine Überlegungwert wäre, dies für dieBundestagswahl 2013 auchauf der Bundesebene <strong>durch</strong>zuführen.Ansonsten habenwir die neuen Gesetze in Berlinund Nordrhein-Westfalenbetrachtet, die auch einigeVerbesserungen in Bezug aufdie Mitwirkungs- und Teilhabemöglichkeitenin Gremien und<strong>Ein</strong>richtungen auf kommunalerEbene beinhalten. Des WeiterenDokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> | 63


Abschlusstalk | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> – ein <strong>Beitrag</strong> <strong>von</strong> Migrantenorganisationenhaben wir diskutiert, wie auf politischerEbene eine notwendigeZweitdrittel-Mehrheit, zur Reformdes Wahlrechts zustandekommen kann.In Nordrhein-Westfalen haben wirnun zumindest eine zahlenmäßigeMehrheit <strong>von</strong> Abgeordneten, derenParteien irgendwann einmalgesagt haben, dass man an dasThema des kommunalen Wahlrechtesherangehen muss. Dies istzwar noch keine politische Mehrheit,aber an dieser Stelle kannman möglicherweise ansetzen.• Ergänzungen: Wir fordern zudemein <strong>Partizipation</strong>sgesetzauf Bundesebene und die Unterstützungdes Projektes „JedeStimme zählt“.AG 6: <strong>Partizipation</strong> <strong>durch</strong> Kulturund politische Bildung• Auf der einen Seite war es spannend,aus der Arbeit in Empowermentworkshopszu erfahren,was es bedeutet, in geschütztenRäumen zunächst einmal eineigenes Bewusstsein zu entwickeln.Auf der anderen Seite wares interessant, aus der Arbeitmit jungen Migrant_innen zu erfahren,dass es sehr wichtig ist,offen zu kommunizieren, wasin der Gesellschaft schief läuft,und Veränderung anzustreben.Hierbei ist festzustellen, dassmeist zu wenig finanzielle Mittelbereit stehen. Wenn mandie Arbeitszeit herunterrechnenwürde, wäre bei dem diskutiertenProjekt ein Stundenlohn <strong>von</strong>3 bis 5 Cent vorhanden.• Das nächste Problem besteht darin,dass ein nachweislich gutesModellprojekt keine Fortsetzunggarantiert, denn man musswieder ein neues Modellprojektbeantragen. Des Weiteren ist eshäufig so, dass die Menschen,die die Arbeit vor Ort machen,keine Wertschätzung erhalten.An dieser Stelle haben wiruns die Frage gestellt, ob dieseArbeit überhaupt politischgewollt ist. Dies wäre eine unsererForderungen in Richtungder Politik: zu sagen, dass diesein Zustand ist, welcher nichterträglich ist. Hierbei muss sichdefinitiv etwas ändern. Möglicherweiseüber eine auferlegteFörderquote.Ansgar Klein:Ich möchte das Wort nun an diePodiumsteilnehmer_innen mit derBitte um eine kurze Kommentierungder Statements zurück gegeben.Berrin Alpbek:Ich kann alle aus den Arbeitsgruppengenannten Forderungen unterstützen.Aufgrund meiner Erfahrungbin ich jedoch eher etwaspessimistisch. Es ist eine Entwicklungin Gange, welche als positivzu bewerten ist, wie beispielsweiseder Integrationsgipfel vor sechsJahren. Aber im Endeffekt lassendie Umsetzungen doch zu wünschenübrig. Die Strukturen sindnoch nicht vorhanden, um die Migrant_innenorganisationendirektzu legitimieren. An dieser Stellemuss <strong>durch</strong> die Gesetzeslage nachgebessertwerden.Hüseyin Aydin:Ich möchte gerne auf drei Punktegenauer eingehen: Das ThemaWeiterbildung <strong>von</strong> Migrant_innenmuss als Querschnittsthemaverstanden werden. Dies sollteman stärker in den Fokus setzen.Des Weiteren ist es, wie bereitserwähnt, wichtig, ehrenamtlicheArbeit zu stärken. Ohne die Beteiligungder Menschen mit Migrationshintergrundwäre die IG Metallnicht dort, wo sie heute steht. Derdritte Punkt, welcher mit wichtigist, ist Migrationsarbeit sichtbarund damit stärker machen. Wirhaben vor einiger Zeit unsere Bundesmigrationskonferenzauf einenjährlichen Modus umgestellt, umdaraus Themen aufzugreifen undForderungen zu stellen, besondersan den Stellen, die wir selbst beeinflussenkönnen, um diese Entwicklungenund Veränderungenin der folgenden Bundesmigrationskonferenzvorzustellen. Durchdiesen Mechanismus sind wir auchinnerhalb der Organisation stärkergeworden. Dies führt automatischzu einer Stärkung der Struktur, dieMigrant_innen haben.Athena Leotsakou:Ich möchte gerne zwei Aspekteaus den Berichten der AG herausgreifen.Zum Thema Migrationals Querschnittsaufgabe: An Migrant_innenorganisationenwerdenAnliegen aus allen möglichenBereichen herangetragen, welchealle beantwortet werden wollen.Somit müssen wir Expert_innen füralle diese Bereiche sein. Dies führtuns zu der Forderung der Professionalisierung,welche ich hiermitunterstützen möchte. In vielenDiskussionen wird gesagt, dass dasThema Migration in 20 Jahren sowiesoerledigt ist, denn dann sindalle, die hier sind, eingebürgert.Oder: Wieso sollte man Menschenmit Migrationshintergrund speziellin einer Statistik ausweisen? Da<strong>durch</strong>würde man sie besondershervorheben, was möglicherweiseauch negativ interpretiert werdenkann. Des Weiteren wurde bei demThema der interkulturellen Öffnung<strong>von</strong> Parteien bemängelt, dassdiese noch nicht sehr weit fortgeschrittenist und eher symbolischbetrachtet wird.Katrin Hirseland:Für uns als Fördermittelgeberstellt sich auch die Frage: Sollenwir eigentlich Migrant_innenorganisationenfördern oder sollenwir nicht eher die interkulturelleÖffnung aller gesellschaftlich relevantenInstitutionen und Bereichefördern? Und dies ist interessanterweiseeine Frage, die sehr vieleMigrant_innen äußerst kritisch64 | Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>


Abschlusstalk | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> – ein <strong>Beitrag</strong> <strong>von</strong> Migrantenorganisationendiskutieren und sagen, wir wollendie Förderung <strong>von</strong> Sonderorganisationennicht und wir möchten,dass der Bund seine Ressourcen ineine systematische interkulturelleÖffnung der Institutionen steckt.<strong>Ein</strong>en Punkt möchte ich noch betonen:Aus der AG 1 kam der Hinweis,dass es wichtig ist die Beiräte zuqualifizieren! Professionalisierungist ein ganz wichtiges Thema; ebensoMigrant_innenorganisationenund Beiräte zusammen als Akteurevor Ort zu sehen, die man im Quartiernoch stärker gemeinsam an einenTisch holen muss.Zum Thema „Hauptamt brauchtEhrenamt“ und „Ehrenamt brauchtHauptamt“: Dies sehe ich als besonderswichtig. Es geht Hand inHand mit einem Ergebnis der AG 3,die festgestellt hat, dass wir nochstärker beachten müssen, dass wirProjekte systematisch und sinnvollin bestehende Strukturen einbauenmüssen. Dies ist besonderswichtig für das Thema Nachhaltigkeit.Projektförderung ist endlich.Aus diesem Grund ist es für alleBeteiligten wichtig, <strong>von</strong> Beginn anzu schauen, wo das Projekt angekoppeltwerden kann und was nachAbschluss bleibt.Daniel Volkert:Zum Thema Sichtbarkeit, welchessehr wichtig ist: Wir haben festgestellt,dass auch <strong>von</strong> Seiten derParteien Gefahren ausgehen, dain gewisser Weise ein Schubladendenkenentstehen kann, sodass ein Mitglied einer Partei mitMigrationshintergrund innerhalbeiner Partei sehr schnell als ein„Quotenmigrant“ oder Experte fürIntegrationspolitik gesehen wird,aber dieser im Gegensatz dazueher sagt, dass er sich gar nicht indieser Rolle sieht. Das ist ein Unterschiedzu Migrant_innenorganisationen.In unseren Befragungenhaben wir festgestellt, dass dieMenschen mit Migrationshintergrundsagen, dass ihre eigene Herkunftweniger bis gar nicht wichtigfür ihre politische Aktivität ist. Siebetonen, dass sie eigentlich jedenin der Gesellschaft repräsentierenmöchten. Und hierbei ist die Gefahr,dass Parteien es als Muss sehen,ein oder zwei Migrant_innenauf der Liste zu haben und so dasSoll als erfüllt betrachten. An dieserStelle ist es wichtig, sich selbstkritisch zu reflektieren.Im Gegensatz zu den Mechanismenin Migrant_innenorganisationensieht das Verhältnis „Ehrenamtund Hauptamt“ in Parteiendeutlich anders aus. Hierbei ist esein sehr langer Weg, um in die bestimmtenÄmter zu kommen. Unddieser Weg ist nur erfolgreich,wenn man sich langfristig innerhalbeiner Partei engagiert. Natürlichgibt es Forderungen nach derMöglichkeit eines Quereinstieges,damit sich Parteien mehr öffnen.Aber man muss auch bedenken,dass Parteien nach bestimmtenLogiken funktionieren, so dassdieser lange Weg unerlässlichbleibt. Es gibt bereits Parteien,wie beispielsweise die Grünen,die sich öffnen, aber meist gehtes doch eher nach der Dauer desEngagements in der Partei selbst.Volker Roßocha:Meiner Meinung nach haben wirein allgemeines gesellschaftlichesund politisches Problem, dass Migrant_innenorganisationenaberauch Migrant_innen selbst als eineGruppe gesehen werden. Migrant_innenorganisationen müssen <strong>von</strong>Anfang an zahlreiche Kompetenzenund Verantwortung nicht nur fürdas eigene Handeln, sondern auchfür das Handeln der gesamtenCommunity mitbringen. Aus dieserWarte heraus wird deutlich,dass es einer breiten politischenInitiative bedarf, die Migration alsQuerschnittsaufgabe versteht, sodass alle Bereiche <strong>von</strong> der Kindertagesstättebis hin zur Altenpflegebehandelt werden. Dies bedarf einerÖffnung der Strukturen und damitverbunden die Unterstützungderjenigen, die sich engagieren,egal aus welcher Migrant_innenorganisationsie stammen. <strong>Ein</strong> inallen Bundesländern umgesetztes<strong>Partizipation</strong>sgesetz würde uns andieser Stelle um einen Schritt weiterbringen.Fragen aus dem PlenumAlexander Wittmer (Monolith e.V. -Netzwerk Aussiedler):Ich habe den <strong>Ein</strong>druck, dass <strong>durch</strong>die lautstarken Forderungen <strong>von</strong>Migrant_innenorganisationen derFokus zu sehr auf die Menschenmit Migrationshintergrund gelegtwurde. Dabei wurde vergessen,dass Jugendliche ohne Migrationshintergrundbeispielsweise auchProbleme haben, einen Ausbildungsplatzzu bekommen. MeinWunsch wäre es, Projekte nicht nurfür Migrant_innen <strong>durch</strong>zuführen,sondern gezielt für alle umzusetzen.Wenn also „Herr Schulze“ und„Frau Müller“ nicht in diesen Prozessintegriert sind, dann wird dieIntegration nicht funktionieren.Sebastian Beck:Hierzu ist zu sagen, dass Integrationvor Ort stattfindet. Man sollte <strong>Partizipation</strong>nicht nur auf der Ebeneder repräsentativen Mittelschichtsorganisationenwie Parteien, Gewerkschaftenoder Bezirksrätenbetrachten, sondern viel stärkerauch die informellen Beteiligungsstrukturenin den Blick nehmen,denn die eigentliche <strong>Partizipation</strong>findet im Quartier statt. Leiderwird diese Betrachtungsweise inden Debatten meist vernachlässigt,da diese Netzwerkstrukturenhäufig nicht sichtbar und langfristiggenug sind. Aus diesem Grundist es meiner Meinung nach wichtig,dass sich alle Institutionen mitden Quartiersnetzwerken beschäftigen,denn dort findet Integrationbereits statt.Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> | 65


Abschlusstalk | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> – ein <strong>Beitrag</strong> <strong>von</strong> MigrantenorganisationenDr. Karamba Diaby:Die Gewerkschaften gehören natürlichzu den gesellschaftlichenKräften, die immer wieder Vorstößegemacht haben, welche dazu geführthaben, dass Gesetze geändertwurden. Nun wurde mehrfach betont,dass Integration als gesamtgesellschaftlicheAufgabe zu betrachtenist. Jedoch habe ich als Stadtratdie Erfahrung gemacht, dass es beider Bezuschussung <strong>von</strong> Projektenimmer zunächst darum geht, diePflichtaufgaben zu erfüllen und erstdann freiwillige Leistungen, wie Integrationsprojekte,gefördert werden.Ich würde gerne Herrn Volkertund Herrn Aydin fragen, ob es möglichwäre, Integration als Pflichtaufgabegesetzlich zu verankern?Antonio Diaz (BIFF e.V.):Meiner Meinung nach wird inDeutschland viel zu viel diskutiert,anstatt zu agieren. Auf der anderenSeite gibt es einen Transformationskern,in dem die wichtigsten Entscheidungsträgersitzen. Besondersgilt dies bei dem Thema der Arbeitslosigkeit<strong>von</strong> hochqualifizierten Migrant_innen,die lediglich da<strong>durch</strong>,dass sie keine Arbeitserlaubnis haben,lange Zeit arbeitslos sind.Unbekannt:Ich möchte gerne den Hinweisgeben, dass das Thema <strong>Inklusion</strong>auch in anderen Zusammenhängenzu betrachten wäre, nicht nur imKontext der Migration. Man mussversuchen, unter der Überschrift„Diversity“ alle Unterschiedlichkeitenzusammenzubringen.Marissa Turac:Im Hinblick auf die Forderung dergemeinsamen Förderung <strong>von</strong> Menschenmit und ohne Migrationshintergrundbin ich der gleichenMeinung. Man muss jedoch unterscheiden,an welcher Stelle man migrationsunabhängigdiskutiert undan welcher Stelle man den sozialenAspekt in den Mittelpunkt stellt.Bezüglich der Förderung <strong>von</strong> Migrant_innenorganisationenist diesfür mich eine strukturelle Frage, weiles hierbei auch um gleichberechtigteTeilhabe und <strong>Partizipation</strong> geht. Diesmuss man politisch diskutieren.Athena Leotzakou:Ich möchte die Forderung nachder Vernetzung der Migrant_innenorganisationenauf lokaler, landes-und bundesweiter Ebene nocheinmal unterstützen. Nur <strong>durch</strong> dieVernetzung mit den Organisationender Mehrheitsgesellschaft lassensich die Forderungen der Migrant_innenorganisationen <strong>durch</strong>setzen.Hüseyin Aydin:Die Frage nach der ausreichendenSensibilität der Betriebsräte kannich bejahen. Wir haben alleineim Bereich der Metallwirtschaft77.000 Betriebsratsmitglieder. Da<strong>von</strong>sind etwa 5.000 Menschenmit Migrationshintergrund. Selbstdiese 5.000 sind für das ThemaMigration nicht sensibel. Auch sieargumentieren manchmal nicht imSinne der Migrant_innen. Aus diesemGrund sehe ich meine Aufgabedarin, die Betriebsräte stärker aufdas Thema aufmerksam zu machen,damit diese die strukturelleDiskriminierung reduzieren.Zur Forderung, die Integrationsarbeitals Pflichtaufgabe zu verstehen,kann ich <strong>von</strong> Seiten derGewerkschaften sagen, dass wirdiese bereits seit 1983 an die Parteienrichten, bisher aber noch keinErfolg zu verzeichnen ist. MeinerMeinung nach gibt es für die Bundestagswahl2013 eine realistischeChance, etwas zu verändern.66 | Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>


Abschlusstalk | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> – ein <strong>Beitrag</strong> <strong>von</strong> MigrantenorganisationenAthena Leotzakou:Die vermehrte Förderung <strong>von</strong> Migrant_innenorganisationenkannvielleicht eher als „positive Bevorzugung“gesehen werden, denndiese haben in gewisser Weise einigesnachzuholen, beispielsweisebei dem Thema Bildung. Aus diesemGrund ist es zunächst wichtig,darauf aufmerksam zu machenund dies gezielt zu fördern. Deshalbsehe ich in dieser Thematikkeinerlei Problem.Katrin Hirseland:Diese Betrachtung kann ich auch<strong>von</strong> Seiten der Geldgeber unterstützen.Auch für Mittelgeber wirdes wichtiger, nicht nur Projekte zufördern, die unter der Überschrift„Integration“ verzeichnet sind.Vielmehr macht es Sinn, Aktivitätenzu fördern, bei denen Menschenmit und ohne Migrationshintergrundgemeinsam agieren.Dieser Ansatz muss sich jedocherst in Förderrichtlinien abzeichnen.Dies ist allerdings nur eineFrage der Zeit. Zur Verbesserungder Situation auf dem Arbeitsmarktwird meiner Meinung nachdas Anerkennungsgesetz etwasbeitragen können.Daniel Volkert:Auch in der Forschung gibt es Ansätze,den Horizont der Definitionen zuöffnen, um den Themen Integrationund <strong>Inklusion</strong> und den unterschiedlichenBedürfnissen und Biografiengerecht werden zu können.Volker Roßocha:Im Hinblick auf die Frage nach derÄnderung der Integration zu einerPflichtleistung ist es meiner Meinungnach wichtig, zunächst zu differenzieren,ob die entsprechendeIntegrationsmaßnahme tatsächlichdie Integration fördert. Abschliessendmöchte ich gerne dazu auffordernmachen, dass alle über denTellerrand hinaus schauen sollten,um alle in die gemeinsame Arbeitzu integrieren.Personen auf den FotosBerrin Alpbek (FöTED)Hüseyin Aydin (IG-Metall Vorstand)Athena Leotsakou (BAGIV)Katrin Hirseland (BAMF)Volker Roßocha (MigrationsreferatDGB Berlin)Daniel Volkert (Max-Planck-Institutzur Erforschung multireligiöser undmultiethnischer Gesellschaften)PD. Dr. Ansgar Klein (<strong>BBE</strong>)Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> | 67


Anhang


Handlungsempfehlungen<strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>VorbemerkungDie vorliegenden Handlungsempfehlungensind im Kontext der Tagung„<strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>“ entstanden,die <strong>durch</strong> das BundesnetzwerkBürgerschaftliches Engagement(<strong>BBE</strong>) in Zusammenarbeit mitdem Migrationsrat Berlin-Brandenburgam 16./17. Juni 2012 in Berlinveranstaltet wurde. Die dargestelltenEmpfehlungen und Ansichtenstellen Meinungen der Teilnehmer_innen dar. Die Verantwortung fürdiese Handlungsempfehlungen liegtausschließlich bei den Autor_innen.Die Bevölkerung in Deutschlandbesteht aus Menschen unterschiedlicherHerkunft und mit unterschiedlichstenkulturellen Prägungen undVoraussetzungen. Integration kannnur dann gelingen, wenn sie nichtals Assimilation missverstandenwird. Hier ist ein Umdenken auf allenEbenen notwendig.Der interkulturellen Vielfalt in derGesellschaft sollte in den verschiedenenInstitutionen <strong>von</strong> Politik,Verwaltung und GemeinwesenRechnung getragen und so dieWertschätzung der Unterschiedlichkeitder Menschen dokumentiertwerden.Diese Wertschätzung sollte sichauch in verbesserten <strong>Partizipation</strong>s-und Beteiligungsmöglichkeitenauf den unterschiedlichenEbenen niederschlagen. <strong>Partizipation</strong>svoraussetzungenebenso wiekulturelle und politische Bildung erforderneine hinreichende Finanzierung.Empowerment ist die Grundlagefür politische <strong>Partizipation</strong>.Interkulturelle Öffnung im ÖffentlichenDienstGute, moderne Verwaltung heißt,dass der öffentliche Dienst integrationspolitischeine Vorreiterrolleeinnimmt und mit seiner <strong>Ein</strong>stellungs-und Förderpraxis der interkulturellenVielfalt in der GesellschaftRechnung trägt. Diese interkulturelleVielfalt sollte sich daher auch bei denMitarbeiter_innen in den Bundes-,Landes- und kommunalen Behördenzeigen, da diese sich um die Anliegenaller Menschen kümmern, die hierleben und arbeiten.Dabei sind insbesondere folgendePunkte zu berücksichtigen:• Mehr eingewanderte Mitbürger_innensollten ermutigt werden,sich im öffentlichen Dienstum eine Stelle zu bewerben. Esmuss sichergestellt werden, dassdiese Bewerbungen in den Auswahlverfahrenauch angemessenBerücksichtigung finden.• Bewerber_innen mit Mehrsprachigkeitund Erfahrungen imUmgang mit Menschen unterschiedlicherHerkunft sollten inmöglichst vielen Bereichen, auchin Leitungspositionen, stärkerberücksichtigt werden.• Interkulturelle Bildung und Kompetenzerweiterungist zu einemintegralen und verbindlichen Bestandteil<strong>von</strong> Aus- und Fortbildungdes öffentlichen Diensteszu machen, vor allem bei Ausbildungs-und Personalleitungen.• Interkulturelle Kompetenzen undggf. Sprachkenntnisse in Migrantensprachensollten als ergänzendesAnforderungs- undEignungsprofil in den Stellenausschreibungenaufgenommenwerden, insbesondere für Arbeitsbereichemit direktem Bürgerservice(z.B. Beratungs- undBetreuungsdienste) sowie in Planungsstäbenmit Querschnittsaufgaben.• Es bedarf der Entwicklung undFortschreibung eines kommunalenIntegrationskonzeptes• Die interkulturelle Öffnungder öffentlichen Verwaltungensollte als Querschnittsaufgabezum Anforderungsprofil <strong>von</strong> Leitungsfunktionenim öffentlichenDienst gehören. Gezielt solltenKundenbefragungen in allen Ämtern,vor allem bei Menschen mitMigrationsgeschichte, <strong>durch</strong>geführtwerden, um Maßnahmengegen die Benachteiligung dieserGruppe zu entwickeln• Die Vorlage eines jährlichen Berichtsüber die Umsetzung dieserForderungen sollte stattfinden.Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> | 69


Handlungsempfehlungen: <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong><strong>Ein</strong>e solche interkulturelle Öffnungder öffentlichen Verwaltung hätteVorbildfunktion auch für Trägerund <strong>Ein</strong>richtungen der Zivilgesellschaftund für Unternehmen.Förderung <strong>von</strong> Migrant_innenorganisationenund MigrantenjugendorganisationenMigrant_innenorganisationen benötigenlangfristige Unterstützung<strong>durch</strong> eine gesicherte Finanzierung,Qualifizierung und Fortbildung.Migrant_innenorganisationen sindoder fördern keine Parallelgesellschaften,sondern ermöglichengesellschaftlichen wie politischenZugang und Teilhabe <strong>von</strong> bisher unterrepräsentiertenGruppen. Dieswird auch da<strong>durch</strong> unterstrichen,dass sich viele Verantwortlicheaus Migrant_innenorganisationenin Gremien, Organisationen undParteien der gesamten bzw. Mehrheitsgesellschaftwiederfinden.Mitgliedschaften <strong>von</strong> Migrantenjugendorganisationenin StadtundKreisjugendringen sind eineVoraussetzung für den Zugangzum System der Jugend(verbands)arbeit. Dies erfordert auf Seitender Migrantenjugendorganisationenggf. eine Anerkennung alsfreier Träger der Jugendhilfe undeine Bereitschaft zur Mitwirkungauf lokaler bzw. regionaler Ebeneund <strong>von</strong> den Jugendringen einestrukturelle und interkulturelleÖffnung.Stärkung politischer BeteiligungsmöglichkeitenPolitische <strong>Partizipation</strong>smöglichkeitenmüssen gestärkt und die Gremiender repräsentativen Demokratiesystematisch interkulturellgeöffnet werden. Die Parteien sindaufgefordert, auf allen Ebenenmehr Kandidat_innen mit Migrationshintergrundzur Wahl zu stellen.<strong>Ein</strong> gleichberechtigtes kommunalesWahlrecht auch für Drittstaatenangehörigesollte ermöglicht werden.Die Möglichkeit einer doppeltenStaatangehörigkeit sollte stärkergenutzt und ausgebaut werden.Diese würde die <strong>Ein</strong>bürgerungszahlendynamisch entwickeln undwäre orientiert an dem Ziel einesWahlrechts für alle, die einen bestimmtenMindestzeitraum inDeutschland leben, auch auf derBundesebene.Es sollten Maßnahmen zur Professionalisierungund Weiterbildung,aber auch zur besseren finanziellenAusstattung <strong>von</strong> bestehenden Integrations-und Ausländerbeirätenergriffen werden. Andere Beiräteauf Kommunal- und Landesebene(etwa Seniorenbeiräte) sollten interkulturellstärker geöffnet werden.Alle Beiräte sollten enger mitden politischen Entscheidungsgremienverbunden werden.<strong>Ein</strong>e stärkere Vernetzung untereinandersowie die Zusammenarbeit<strong>von</strong> Migrant_innenorganisa-tionen und (etablierten) Vereinensind nötig. Im Rahmen solcherlokaler Netzwerke muss das Engagementgestärkt und müssenzugleich auch stabile hauptamtlicheStrukturen etabliert werden.Lokale Netzwerke sollten in Landes-und Bundesnetzwerke undVerbandsstrukturen stärker eingebundenwerden.Die Beteiligungsmöglichkeiten <strong>von</strong>Flüchtlingen und Geduldeten müssenerweitert werden. Dies kann<strong>durch</strong> die Nutzung großer Ermessensspielräumegeschehen, abererfordert auch einen erweitertenrechtlichen Rahmen. Die <strong>Partizipation</strong>spotenzialeund Beteiligungsformen<strong>von</strong> jungen Flüchtlingenkönnen etwa <strong>durch</strong> die Öffnungder Jugendhilfe und die Vernetzungmit weiteren Akteurinnenund Akteuren gestärkt werden.Die Autorinnen und Autoren derRedaktionsgruppe:• Marianne Ballé Moudoumbou,Migrant_innenvertreterin beimRBB-Rundfunkrat• Ergun Can, Netzwerk fürtürkeistämmige Mandatsträger_innen• Nurhayat Canpolat, Arbeitsgemeinschaftder Beiräte fürMigration und Integration inRheinland-Pfalz• Dr. Karamba Diaby, Stadtrat derStadt Halle• Dorota Szymanska, Region Hannover,Leiterin der KoordinierungsstelleIntegration70 | Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>


Arbeitsgruppe 5 „Migration und Teilhabe“ des <strong>BBE</strong>Zum freiwilligen bzw. bürgerschaftlichenEngagement <strong>von</strong> Menschenmit Migrationshintergrund liegenbisher nur wenige empirisch gesicherteErkenntnisse vor. Dieses Engagementist jedoch zweifellos vorhandenund stellt einen besonderswichtigen Zugang zu sozialer undpolitischer <strong>Partizipation</strong> und Integrationdar. Vor diesem Hintergrundist der Abbau <strong>von</strong> Zugangsbarrierenin traditionellen Engagementbereichenund -strukturen wünschenswert,um eine höhere Beteiligung<strong>von</strong> Menschen mit Migrationshintergrundzu ermöglichen. Gleichzeitigist zu berücksichtigen, dass Migrant_innenorganisationen große Teile derZielgruppe direkt ansprechen unddaher als Träger des Engagements zustärken und zu fördern sind.Die Arbeitsgruppe ist ein relevantesForum für den intensiven Erfahrungsaustauschzu neuen ProjektundForschungsvorhaben rund umdas Engagement <strong>von</strong> Menschen mirMigrationshintergrund. Sie ist zudemder zugangsoffene Ort auch fürMigrant_innenorganisationen, umsich jenseits der Fachtagungen im<strong>BBE</strong> zu vernetzen – dieses Angebotwird im Gefolge der Fachtagungen,die seit 2006 nahezu jährlich stattfinden,zunehmend genutzt. ImRahmen der Arbeitsgruppe wurdenferner die interkulturelle Öffnung<strong>von</strong> bestehenden Vereinsstrukturensowie Förderbedarfe <strong>von</strong> Migrant_innenorganisationenanhandzweier Expertisen der Beauftragtender Bundesregierung für Migration,Flüchtlinge und Integration diskutiert.Vertreter der Arbeitsgruppehaben sich zudem intensiv an denDiskussionen des Nationalen Integrations-und Aktionsplans sowie ander Beratung eines neuen Förderprogrammsdes Bundesamtes fürMigration und Flüchtlinge (BAMF)beteiligt. Darüber hinaus war die ArbeitsgruppeBeirat im europäischenProjekt INVOLVE (www.involve-europe.eu)und im nationalen ProjekteEMPA (www.projekt-empa.de).Themen der Arbeitsgruppe sind:• Strukturentwicklung und Stärkung<strong>von</strong> Migrant_innenorganisationenals Träger bürgerschaftlichenEngagements .• Interkulturelle Öffnung <strong>von</strong> Organisationenund <strong>Ein</strong>richtungen.• Engagement <strong>von</strong> und für Flüchtlinge.• Vernetzung <strong>von</strong> Migrant_innenorganisationen.Sprecher der Arbeitsgruppe 5Sprecherin:Susanne Huth, INBAS-SozialforschungGmbHStellvertretende Sprecherin:Prof. Dr. Siglinde Naumann, HochschuleRheinMain, WiesbadenStellvertretender Sprecher:Sebastian Beck, vhw-Bundesverbandfür Wohn- und Stadtentwicklung e.V.Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong> | 71


Materialien<strong>BBE</strong>-Dokumentationen aus der Tagungsreihe zu Migrant_innenorganisationenQualifizierungs- und Weiterbildungsbedarfe <strong>von</strong>Migrantenselbstorganisationen (Erschienen 2007).Dokumentation eines Fachworkshops am 2. Dezember2006 in OberhausenWie können die Weiterbildungsbedarfe <strong>von</strong> Migrant_innenorganisationen(MO) gelöst werden, umihre Rolle als Trägerstrukturen für das bürgerschaftlicheEngagement <strong>von</strong> Migrant_innen zu stärken?Die Dokumentation der <strong>BBE</strong>-Fachveranstaltungführt in die Diskussion ein und gibt Handlungsempfehlungen.(nur als Download erhältlich)Integrationsförderung <strong>durch</strong> Migrant_innenorganisationen.Zur Vernetzung <strong>von</strong> Kompetenzen,Ressourcen und Potentialen (Erschienen 2010). Dokumentationeiner Fachtagung am 28. und 29. Novemberin Mainz 2009Für die gesellschaftliche Integration <strong>von</strong> Migrant_innenist die Netzwerkbildung besonders bedeutsam.Mit Vernetzung verbinden sich jedoch unterschiedlichePerspektiven und Anforderungen. Die Dokumentationinformiert über Vernetzungsmodelle,-strategien und -potentiale.Migrant_innenorganisationen als Akteure der Zivilgesellschaft:Integrationsförderung <strong>durch</strong> Weiterbildung(Erschienen 2008). Dokumentation einer Fachtagungam 14. und 15. Dezember 2007 in NürnbergFür das bürgerschaftliche Engagement <strong>von</strong> Migrant_innen sind Migrant_innenorganisationen (MO) <strong>von</strong>erheblicher Bedeutung. Wie können MO besser indie Lage versetzt werden, dieses Engagement zuentwickeln und zu fördern? Die Dokumentation einerFachtagung des <strong>BBE</strong> zusammen mit Partnerorganisationengibt Auskünfte. (nur als Download erhältlich)Integrationsförderung <strong>durch</strong> Migrant_innenorganisationen:Kompetenzen – Ressourcen – Potentialeund Förderkonzepte in Ost und West (Erschienen2009). Dokumentation einer Fachtagung am 11.und 12. Oktober 2008 in PotsdamDie dritte Fachtagung des <strong>BBE</strong> behandelte die unterschiedlichenArbeitsbedingungen und Ausgangslagen<strong>von</strong> MO in West- und Ostdeutschland und die sich darananschließenden Bereiche für die Förderung.Integrationsförderung <strong>durch</strong> Elternvereine undElternnetzwerke. <strong>Ein</strong> <strong>Beitrag</strong> <strong>von</strong> Migrant_innenorganisationenin Ost- und Westdeutschland (Erschienen2011). Dokumentation einer Fachtagungam 07. und 08. Mai 2011 in HalleIn der Dokumentation werden unterschiedliche Dimensionenund Konzepte <strong>von</strong> Elternarbeit und Erfahrungenin der interkulturellen Zusammenarbeit<strong>von</strong> Elternvereinen vorgestellt sowie Chancen <strong>von</strong>Elternnetzwerken und deren Bedeutung für Bildungserfolgund Integration thematisiert.Die Publikationen stehen auf der Internetplattformdes <strong>BBE</strong> als Download bereit. Soweit vorrätig sindsie auch als Printversionen in der Geschäftsstelle des<strong>BBE</strong> erhältlich. Bestellung unter:Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches EngagementMichaelkirchstr. 17/1810179 BerlinE-Mail: info@b-b-e.deInternetplattform: http://www.b-b-e.de72 | Dokumentation | <strong>Inklusion</strong> <strong>durch</strong> <strong>Partizipation</strong>


ImpressumHerausgeber:Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (<strong>BBE</strong>)Michaelkirchstr. 17/1810179 BerlinTel: +49 (0)30 - 629 80-110Fax: +49 (0)30 - 629 80-151Internetplattform: http://www.b-b-e.deV.i.S.d.P:Redaktion:Layout & Satz:Fotos:Druck:PD Dr. Ansgar Klein (<strong>BBE</strong>)Prof. Dr. Siglinde Naumann (Hochschule RheinMain), Katrin Gewecke (<strong>BBE</strong>)Regina Vierkant (sevenminds)Regina Vierkant (sevenminds)eye-solution GmbHArbeitsgruppe 5 Migration und Teilhabe des <strong>BBE</strong>Sprecherin:Susanne Huth (INBAS-Sozialforschung GmbH)E-Mail: susanne.huth@inbas-sozialforschung.deStellv. Sprecherin: Prof. Dr. Siglinde Naumann (Hochschule RheinMain)E-Mail: Siglinde.Naumann@hs-rm.deStellv. Sprecher: Sebastian Beck (vhw-Bundesverband für Wohn- und Stadtentwicklung e. V. )E-Mail: sbeck@vhw.deErscheinungsdatum: März 2013ISBN: 978-3-9814731-3-1


ISBN: 978-3-9814731-3-1

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