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Konkurrentenstreitverfahren<br />
Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 23. Januar <strong>2006</strong> – 1 TG 2710/05<br />
Aus den Gründen<br />
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers<br />
ist nicht begründet. Das<br />
Verwaltungsgericht hat es zu Recht<br />
abgelehnt, im Wege der einstweiligen<br />
Anordnung den vom Antragsteller<br />
geltend gemachten Bewerbungsverfahrensanspruch<br />
zu sichern. Denn<br />
der Antragsteller ist durch das durchgeführte<br />
Auswahlverfahren zur Besetzung<br />
der Stelle eines Vorsitzenden<br />
Richters am Hessischen Finanzgericht<br />
(R 3) und die hierauf beruhende<br />
Auswahlentscheidung zu Gunsten<br />
des Beigeladenen nicht in seinem<br />
von Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 124 HV<br />
gewährleisteten grundrechtsgleichen<br />
Recht auf chancengleichen Zugang<br />
zu jedem öffentlichen Amt nach<br />
Maßgabe von Eignung, Befähigung<br />
und fachlicher Leistung verletzt. Wie<br />
das Verwaltungsgericht geht auch<br />
der Senat davon aus, dass der Antragsgegner<br />
das Auswahlverfahren<br />
formell fehlerfrei durchgeführt und<br />
die streitige Auswahlentscheidung<br />
ohne Verletzung des Leistungsprinzips<br />
in inhaltlich nachvollziehbarer<br />
Weise und ohne sachwidrige<br />
Erwägungen getroffen hat. Das nach<br />
den Anlassbeurteilungen vom 14. Dezember<br />
2004 um eine Notenstufe<br />
bessere aktuelle Beurteilungsniveau<br />
des Beigeladenen, dessen deutlich<br />
längere Erfahrung in der Leitung von<br />
Senatssitzungen, in der Vertretung<br />
des Senatsvorsitzenden und in der<br />
Einzelrichtertätigkeit, aber auch die<br />
beim Antragsteller aufgefallenen,<br />
verhältnismäßig langen Absetzzeiten<br />
bei einzelnen Entscheidungen, sind<br />
Umstände, die der Antragsgegner<br />
fehlerfrei im Rahmen seines Personalauswahlermessensermessensleitend<br />
zugunsten des Beigeladenen<br />
berücksichtigen konnte. Insoweit<br />
nimmt der Senat gemäß § 122 Abs. 2<br />
Satz 3 VwGO auf die zutreffenden<br />
Ausführungen des Verwaltungsgerichts<br />
in dem angefochtenen Beschluss<br />
(Seiten 2 bis 7, vorletzter Absatz<br />
des amtl. Abdrucks) Bezug. Das<br />
Beschwerdevorbringen rechtfertigt<br />
keine andere Entscheidung.<br />
Der Antragsteller kann gegen das<br />
Auswahlverfahren nicht mit Erfolg<br />
einwenden, die erforderliche schriftliche<br />
Niederlegung der maßgeblichen<br />
Auswahlerwägungen sei unterblie-<br />
<strong>BDVR</strong>-Rundschreiben 03/<strong>2006</strong><br />
ben, da der Antragsgegner die Auswahlentscheidung<br />
erstmals mit seiner<br />
Antragserwiderung vom 8. September<br />
2005 schriftlich begründet<br />
habe, die aber weder vom Hessischen<br />
Minister der Justiz noch vom<br />
Staatssekretär unterzeichnet sei.<br />
Die Auswahlentscheidung ist formal<br />
ausreichend begründet. In der Rechtsprechung<br />
des Senats ist anerkannt,<br />
dass grundsätzlich noch vor der Mitteilung<br />
des Ausgangs des Auswahlverfahrens<br />
die wesentlichen Auswahlüberlegungen<br />
schriftlich in ihren<br />
wesentlichen Elementen unter Beachtung<br />
des Gebots rationaler, nachvollziehbarer<br />
Abwägung schriftlich<br />
niederzulegen sind (Hess. VGH, Beschluss<br />
vom 10. Oktober 1989 - 1 TG<br />
2751/89 - ZBR 1990, 185; Beschluss<br />
vom 2. Juli 1996 - 1 TG 1445/96 -<br />
ZBR 1997, 157). Aus den Gründen<br />
der vom Hessischen Ministers der<br />
Justiz am 11. Januar 2005 zu Gunsten<br />
des Beigeladenen getroffen<br />
Auswahlentscheidung ergibt sich,<br />
dass der Minister sich unter Bezugnahme<br />
auf den schriftlichen Besetzungsvorschlag<br />
des Präsidenten des<br />
Hessischen Finanzgerichts vom<br />
16. Dezember 2004 für den Beigeladenen<br />
als den aus seiner Sicht am<br />
Besten geeigneten Bewerber entschieden<br />
hat. Aus dem in Bezug genommenen<br />
Besetzungsbericht vom<br />
16. Dezember 2004 ergibt sich wiederum<br />
der Vorschlag zu Gunsten des<br />
Beigeladenen, weil dieser bei Auswertung<br />
der aktuellen dienstlichen<br />
Beurteilungen aller Bewerber das<br />
höchste aktuelle Beurteilungsniveau<br />
aufweisen könne. Zumindest die vorrangig<br />
ermessensleitende Auswahlerwägung<br />
zu Gunsten des Beigeladenen,<br />
sein aktueller Beurteilungsvorsprung,<br />
ist damit im Auswahlverfahren<br />
schriftlich dokumentiert. Im<br />
Übrigen hat der Antragsgegner im<br />
Verlauf des Verwaltungsstreitverfahrens<br />
- was der Senat als grundsätzlich<br />
zulässig erachtet (Hess. VGH, Beschluss<br />
vom 18. August 1992 - 1 TG<br />
1074/92 - HessVGRspr. 1993, 19;<br />
Beschluss vom 2. Juli 1996 - 1 TG<br />
1445/96 - HessVGRspr. 1996, 92) -<br />
seitens der sachlich und persönlich<br />
für die Personalauswahlentscheidung<br />
zuständigen Stelle mit Schriftsatz<br />
vom 9. September 2005 einen detail-<br />
Rechtsprechung<br />
lierten aktuellen Leistungsvergleich<br />
zwischen dem Antragsteller und dem<br />
Beigeladenen vorgelegt. Da der<br />
Schriftsatz auch von dem nach dem<br />
Geschäftsverteilungsplan des Justizministeriums<br />
bestimmten ständigen<br />
Vertreter des Staatssekretärs unterzeichnet<br />
ist, mithin eine geschlossene<br />
Vertretungskette besteht, sind<br />
die Erwägungen auch dem Hessischen<br />
Minister der Justiz als zur<br />
Auswahl berufener Person zuzurechnen.<br />
Die streitige Auswahlentscheidung zu<br />
Gunsten des Beigeladenen ist auch<br />
materiell nicht ermessensfehlerhaft.<br />
Eine Verletzung des Leistungsprinzips<br />
ist weder dargetan noch ersichtlich.<br />
Wie das Verwaltungsgericht<br />
geht auch der Senat davon aus, dass<br />
der Antragsgegner ermessensleitend<br />
zugunsten des Beigeladenen berücksichtigen<br />
konnte, dass dieser nach<br />
den maßgeblichen aktuellen Anlassbeurteilungen<br />
vom 14. Dezember<br />
2004 nach Eignung, Befähigung und<br />
fachlicher Leistung mit der Gesamtbewertung<br />
"sehr gut geeignet" deutlich<br />
besser beurteilt worden ist, als<br />
der mit der Gesamtbewertung "besonders<br />
gut geeignet" um eine Notenstufe<br />
schlechter beurteilte Antragsteller.<br />
Dies gilt auch angesichts<br />
der vom Antragsteller gegen die Beurteilung<br />
erhobenen Einwände.<br />
Nach ständiger verwaltungsgerichtlicher<br />
Rechtsprechung kommt dienstlichen<br />
Beurteilungen von Beamten<br />
und Richtern im Rahmen von Auswahlverfahren,<br />
die Personalentscheidungen<br />
vorbereiten, entscheidende<br />
Bedeutung zur Verwirklichung des<br />
Leistungsgrundsatzes zu. Mängel einer<br />
im Zusammenhang mit einer<br />
Auswahlentscheidung zu Grunde gelegten<br />
dienstlichen Beurteilungen<br />
können auch die Rechtswidrigkeit der<br />
Auswahlentscheidung bewirken. Die<br />
inzidente Überprüfung dienstlicher<br />
Beurteilungen im vorläufigen Rechtsschutzverfahren<br />
zur Sicherung des<br />
Bewerbungsverfahrensrechts ist jedoch<br />
beschränkt auf Fehler der angefochtenen<br />
Beurteilung, die eine nachträgliche<br />
Verbesserung mit hinreichender<br />
Wahrscheinlichkeit erwarten<br />
und die Auswahl des betreffenden<br />
Bewerbers nach rechtsfehlerfreier<br />
Beurteilung möglich erscheinen las-<br />
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