perspektiven
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…und einer Rotation in defensive Sektoren<br />
Diese Betrachtungsweise lässt allerdings ausser Acht,<br />
dass es innerhalb der Märkte jeweils zu einer deutlichen<br />
Sektorrotation kam. Wenig überraschend waren Zinserhöhungen<br />
Gift für die zinssensitiven Sektoren Finanzwesen und<br />
Nicht-Basiskonsumgüter (da die Kaufkraft der Privathaushalte<br />
abnimmt), während defensive Sektoren wie Gesundheit,<br />
Telekom und Basiskonsumgüter tendenziell besser abschnitten.<br />
Ein ähnliches Muster lässt sich seit Februar 2011 beobachten,<br />
haben doch die defensiven Werte markant besser<br />
abgeschnitten als die zyklischen Sektoren. Diese Entwicklung<br />
dürfte über die Sommermonate anhalten.<br />
Ein Grund hierfür ist, dass die zyklischen Sektoren in Erholungsphasen<br />
deutlich besser abschneiden als die defensiven,<br />
vom Konjunkturzyklus eher unabhängigen Branchen.<br />
Zyklische Unternehmen leiden im Gegenzug im Abschwung<br />
deutlich stärker, da ihre Umsätze und Margen von einer wirtschaftlichen<br />
Eintrübung viel stärker beeinträchtigt werden.<br />
Zeichnet sich dann eine Erholung ab, verzeichnen diese Firmen<br />
umso stärkere Zuwächse bei Umsatz und Ertrag, was<br />
sich wiederum in der Kursentwicklung widerspiegelt. Der<br />
Beginn eines Zinserhöhungszyklus ist dann aber häufig der<br />
Übergang zu einer etwas weniger dynamischen und oftmals<br />
von Wachstumsängsten begleiteten Wirtschaftsentwicklung,<br />
weshalb das Pendel oftmals wieder in Richtung defensiver<br />
Unternehmen ausschlägt.<br />
Was sind die Auswirkungen auf die Länderstrategie?<br />
Die unterschiedlich gelagerten Zinszyklen finden natürlich<br />
auch in der Länderperformance ihren Niederschlag. Zum<br />
ersten Mal überhaupt ist nicht die US-Notenbank die erste<br />
wichtige Zentralbank, welche die Zinsen anhebt. In der Vergangenheit<br />
warteten die europäischen und asiatischen Notenbanken<br />
jeweils auf den ersten Zinsschritt des US-Fed,<br />
bevor sie mit Straffungsmassnahmen nachzogen.<br />
Im Gefolge der Finanzkrise, aus der die Schwellenländer<br />
in deutlich besserer Verfassung herausfanden als die Industrieländer,<br />
waren es nun erstmals die Notenbanken in den<br />
aufstrebenden Volkswirtschaften, die als erste Zinserhöhungen<br />
durchführten. Drei der vier BRIC-Länder haben bereits im<br />
Frühjahr 2010 mit ersten Massnahmen die monetären Zügel<br />
zu straffen begonnen. Russland hat als letztes BRIC-Land im<br />
Februar dieses Jahres die Zinsen erstmals erhöht. Dies dürfte<br />
mit ein Grund für das relativ schwache Abschneiden der<br />
Schwellen- relativ zu den Industrieländern gewesen sein.<br />
Volatile Seitwärtsperiode mit dem Beginn eines<br />
Zinszyklus<br />
In der Vergangenheit war insbesondere die Periode vor<br />
dem Start eines neuen Zinserhöhungszyklus positiv für<br />
die Aktienmärkte. In Abbildung 1 ist die durchschnittliche<br />
Aktienkursentwicklung des DAX und des S&P 500 Index<br />
über 300 Tage vor und nach dem ersten Zinsschritt der<br />
US-Notenbank seit 1970 dargestellt. In dieser Zeitspanne<br />
waren sieben Zinszyklen zu beobachten – 1972, 1977,<br />
1984, 1986, 1994, 1999 und 2004. Unmittelbar vor und<br />
nach dem ersten Zinsschritt tendierten sowohl der deutsche<br />
Aktienindex DAX als auch der amerikanische S&P<br />
500 Index im Durchschnitt seitwärts bis leicht negativ.<br />
Diese Phase dauerte rund 200 Tage, bis die Märkte ihren<br />
Aufwärtstrend – in abgeschwächtem Tempo – wieder<br />
aufnahmen.<br />
Heisst es schon bald wieder: Vorteil Schwellenländer?<br />
Obschon die Inflationsproblematik in diversen Schwellenländern<br />
nach wie vor akut ist und die Realzinsen in einigen<br />
Ländern noch immer negativ sind, erwarten wir, dass sich die<br />
Vorteile im Verlauf der zweiten Jahreshälfte wieder zugunsten<br />
der Schwellenländer verschieben werden. Einerseits<br />
dürften die bereits vorgenommenen Zinsschritte langsam<br />
Wirkung zeitigen, während eine weitere Abschwächung oder<br />
zumindest Stabilisierung bei den Rohstoffpreisen, die ein<br />
grosses Gewicht in den Warenkörben der Schwellenländer<br />
haben, die Inflationssorgen dämpfen wird.<br />
Während sich also bei den Schwellenländern ein Ende bei<br />
den Zinserhöhungen abzeichnet, stehen die Industrieländer<br />
erst am Anfang des Zyklus. Es wäre deshalb wenig überraschend,<br />
wenn die Aktienmärkte der Schwellenländer in der<br />
zweiten Jahreshälfte die Indizes der Industrieländer wieder<br />
hinter sich lassen würden.<br />
Sandro Rosa, Head Equity Strategy<br />
sandro.rosa@claridenleu.com, Tel. +41 (0)58 205 72 20<br />
3/2011 <strong>perspektiven</strong> 11