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sollte die Anleger dazu bewegen, einem Austausch zuzustimmen?<br />

Die neuen Anleihen müssten attraktiver als die bestehenden<br />

sein. Beispielsweise könnten die neuen Anleihen durch<br />

Privatisierungserlöse besichert werden. Eine weitere mögliche<br />

Lösung stellen Schuldverschreibungen nach dem Prinzip der<br />

Brady Bonds dar, die in den 1980er- und 1990er-Jahren bei<br />

der Schuldenrestrukturierung einiger lateinamerikanischer<br />

Länder eingesetzt wurden. Damals wurden von Zahlungsausfällen<br />

betroffene Staatskredite durch die Geschäftsbanken in<br />

zwei verschiedene Formen von langlaufenden Anleihen umgetauscht.<br />

Par Bonds wurden zum selben Nennwert wie die<br />

ursprüngliche Anleihe vergeben, aber mit einem Coupon unter<br />

der marktüblichen Verzinsung. Discount Bonds wurden<br />

unter dem Nennwert der ursprünglichen Anleihe ausgeteilt,<br />

aber mit einer marktüblichen Verzinsung. Tilgungs- und Couponzahlungen<br />

wurden durch die US-Regierung garantiert. Die<br />

Brady Bonds waren erfolgreich, weil sie illiquide und notleidende<br />

Kredite in handelbare Instrumente umwandelten, für<br />

die ein Staat mit hohem Bonitätsrating eine Garantie vergeben<br />

hatte. Im aktuellen Fall könnten die neuen Anleihen mit<br />

gewissen EU-Garantien versehen sein.<br />

Das Problem der Überschuldung muss früher oder später<br />

gelöst werden<br />

Die griechische Staatsverschuldung ist bereits auf ein sehr<br />

hohes Niveau gestiegen und dürfte sich dieses und nächstes<br />

Jahr weiter erhöhen. Wir halten diese Verschuldung für nicht<br />

tragfähig – nicht nur, weil sie irgendwann refinanziert werden<br />

muss, sondern auch, da die damit verbundenen Zinszahlungen<br />

jedes Jahr eine zusätzliche Haushaltsbelastung darstellen.<br />

Vorausgesetzt, ein nachhaltiges hohes BIP-Wachstum, eine<br />

Hyperinflation oder deutlich höhere Privatisierungserlöse als<br />

zunächst erwartet bleiben aus – womit wir rechnen – sollte<br />

der Staat letztendlich irgendwann zu einer Umschuldung<br />

gezwungen sein. Dies sollte nicht geschehen, bevor der griechische<br />

Finanzsektor rekapitalisiert ist und das Land einen<br />

Primärüberschuss erreicht hat. Im Idealfall würden sich die<br />

übrigen Peripherieländer bis dahin deutlich erholt haben, die<br />

meisten europäischen Länder Rechtsgrundlagen für geordnete<br />

Bankeninsolvenzen geschaffen haben und die grossen europäischen<br />

Banken über eine solide Kapitalisierung verfügen.<br />

Der Preis für den Erhalt des Euro ist hoch<br />

Angesichts der Gefahr von Moral Hazard mit Blick auf<br />

Portugal und Irland sowie des Risikos einer Ausweitung der<br />

Schuldenkrise auf Italien und Spanien kann die EU unseres<br />

Erachtens derzeit keinen Zahlungsausfall Griechenlands<br />

Zahlreiche Analysten sprechen sich weiterhin für einen<br />

Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone aus, da die europäischen<br />

Problemländer ihrer Meinung nach nur durch<br />

eine Rückkehr zu einer eigenen Währung ihre Wettbewerbsfähigkeit<br />

zurückgewinnen können. Wir halten ein<br />

Zerbrechen der Währungsunion für sehr unwahrscheinlich.<br />

Eine eigene Währung eines Peripherielandes würde<br />

unmittelbar eine Abwertung erfahren. Da die Auslandsschulden<br />

weiterhin auf EUR lauten würden, würde die<br />

Verschuldung gemessen am BIP massiv ansteigen. Vor<br />

allem aber stellen der freie Handel und die Einheitswährung<br />

einen immensen Vorteil für die Unternehmen in der<br />

Eurozone dar. Vermutlich wären die Kosten, dies aufzugeben,<br />

einfach zu hoch.<br />

zulassen. Durch die alleinige Bereitstellung eines weiteren<br />

Rettungspakets wird zwar Zeit gewonnen, das Problem aber<br />

nicht gelöst. Wir denken, dass eine Insolvenz oder eine<br />

Restrukturierung zu einem späteren Zeitpunkt unvermeidbar<br />

werden. Ein glaubhafterer Plan für Griechenland, und eventuell<br />

auch für andere Problemländer der Eurozone, würde<br />

zusätzliche Mittel von der EU und dem IWF zu tiefen Zinsen<br />

beinhalten, kombiniert mit einer für die Mehrheit der Bondinvestoren<br />

akzeptablen Restrukturierung der Anleihen. Griechenland<br />

benötigt eine spürbare Erleichterung seiner Zinslast,<br />

während das Sparprogramm umgesetzt und die Wirtschaft<br />

reformiert wird.<br />

Europa steht an einem Scheideweg, und Investoren, Politiker<br />

und Zentralbankiers sollten sich dessen gleichermassen<br />

bewusst sein. Die EU wird möglicherweise einen hohen Preis<br />

für den Erhalt des Euro bezahlen müssen.<br />

Marco Engesser, Senior Fund Manager<br />

marco.engesser@claridenleu.com, Tel. +41 (0)58 205 66 60<br />

Stefan Chappot, Senior Fixed Income Analyst<br />

stefan.chappot@claridenleu.com, Tel. +41 (0)58 205 37 35<br />

3/2011 <strong>perspektiven</strong> 7

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