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Herausgeber: Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Bargstädt M.Sc.2007<strong>Bauhaus</strong>-Universität <strong>Weimar</strong>Fakultät BauingenieurwesenProfessur Baubetrieb und Bauverfahren


Vorwort des HerausgebersStreitigkeiten bei der Abwicklung und Abrechnung von Bauvorhaben gehören inDeutschland zu den ergiebigsten Bereichen für Baujuristen undBaubetriebsexperten. Häufig sind die streitenden Parteien, also die Auftraggeber undAuftragnehmer, aber auch die involvierten Fachplaner, so heftig verbissen in ihreSicht der Dinge, dass aus eigener Kraft ein gemeinsam getragener Kompromissnicht mehr erreichbar ist.Im Ergebnis werden deshalb vermehrt Gutachter und Gerichte bemüht, um den Streitzu schlichten, dessen Ursachen und Verwicklungen sich im Nachhinein aber nurmühsam und oft genug nicht mehr vollständig aufklären lassen. Entsprechendunbefriedigend sind daher nicht nur der schwelende und offene Streit, sondern auchdas schließlich erzielte Ergebnis.Krudewig hat sich hier in dankenswerter Weise eines Themas angenommen,welches in unserer Bauwirtschaft hochaktuell ist, nämlich der Streitkultur imdeutschen Bauwesen. Er zeigt, dass unsere bisherigen bauvertraglichen Regelungenund baubetrieblichen Gepflogenheiten nicht mehr zeitgemäß sind und einigesinnvolle Werkzeuge vermissen lassen. Mit einer umfassenden Erläuterung vonalternativen Streitbeilegungsverfahren, wie sie weltweit mit unterschiedlichem Erfolgpraktiziert werden, versucht er, Wege und Strategien aufzuzeigen, die auch derdeutschen Bauwirtschaft und den hier manchmal lang anhaltend und verbissenkämpfenden Streitparteien ein besseres Miteinander und vor allem eine zügigeLösung von Konflikten ermöglichen.Angesichts der aus dem Ausland vorgestellten Verfahren stellt sich beim Lesen dervorliegenden Dissertation immer wieder die Frage, warum sich manche rechtübersichtlich angelegten und auf Kooperation gebauten Vertragswerke nicht aufgleiche Weise in Deutschland praktizieren lassen. Ist es das BGB- und VOB-Rechtsgefüge, ist es ein großes Vertrauen in das deutsche Rechtssystem, oder ist esder Drang zur Perfektion, der zwar nicht immer bei der Beschreibung und derRealisierung des Bau-Solls, dann aber wenigstens bei der Vertragsausübung gelebtwird?


Vorwort des VerfassersDie Umsetzung dieser Arbeit erfolgte von 2003 bis 2007 an der Professur Baubetriebund Bauverfahren der Fakultät Bauingenieurwesen an der <strong>Bauhaus</strong> Universität in<strong>Weimar</strong>.Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr.-Ing. Hans JoachimBargstädt für die Unterstützung und die Diskussionen und wertvollenGedankenanstöße. Gleichfalls danke ich ausdrücklich Herrn Prof. Dr. jur. MartinHavers für sein Interesse an meiner Arbeit und die Übernahme der weiterenBegutachtung meiner Arbeit. Mein Dank gilt auch Herrn Prof. Dr.-Ing. RainerWanninger für den Bericht zu meiner Arbeit.Im Besonderen danke ich meiner Frau Birgit und unseren Kindern, die während derErstellung dieser Arbeit in nicht unerheblichem Maße auf mich verzichten mussten.Siegburg, im Dezember 2007Norbert Krudewig


InhaltsverzeichnisAbbildungsverzeichnisAbkürzungsverzeichnisVIVIII1 Einleitung 11.1 Einführung 11.2 Zielsetzung 21.3 Einführung in die Thematik 21.4 Abgrenzung 61.5 Vorgehensweise 62 Leitlinien geschäftlicher Beziehungen im Bauwesen 72.1 Vertragsgrundlagen 72.2 Werkvertragsrecht nach BGB 82.3 Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen ( VOB ) 112.3.1 Einheitspreisvertrag 152.3.2 Pauschalpreisvertrag 162.3.2.1 Detail-Pauschalpreisvertrag 172.3.2.2 Einfacher Global-Pauschalvertrag 182.3.2.3 Komplexer Global-Pauschalvertrag 182.3.3 Stundenlohnvertrag 192.3.4 Selbstkostenerstattungsvertrag 192.4 Bauträgervertrag 202.5 Partnerschaftsmodelle 212.5.1 Garantierter-Maximum-Preis (GMP)-Vertrag 212.5.2 PreFair 242.5.3 Teamconcept 262.5.4 GMP-Modell 272.6 New Engineering Contract 292.7 Mustervertragswerk der FIDIC 312.8 Construction-Management 322.9 Finanzierungs- und Betreibermodelle 332.10 PPP-Modelle 342.11 Kooperation im Bauvertragswesen 362.11.1 Begriff der Kooperation 362.11.2 Allgemeine Kooperationspflichten 382.11.3 Besondere Kooperationspflichten 39I


2.12 Beteiligte der Bauabwicklung 412.13 Ethik-Management 452.14 Bewertung der Leitlinien geschäftlicher Beziehungen 473 Streitbeilegungsverfahren 503.1 Grundlagen der Streitbeilegung 503.1.1 Allgemeine Grundlagen 503.1.2 Überblick erprobter Verfahren 593.1.3 Gesetzliche Regelungen in Deutschland 603.2 Verfahren zur Verhandlung 623.2.1 Freie Verhandlung 623.2.2 Step Negotiation 643.2.3 Variante der freien Verhandlung 663.2.4 Privatgutachten 673.2.5 Bewertung der Verfahren zur Verhandlung 693.3 Verfahren nach VOB 703.3.1 Verfahren nach § 18 Nr.2 VOB/B 703.3.2 Verfahren nach § 18 Nr.3 VOB/B 723.3.3 Verfahren nach § 18 Nr.4 VOB/B 723.3.4 VOB-Ausschuss 743.3.5 Bewertung der VOB/B-Verfahren 753.4 Schlichtungsverfahren 763.4.1 Durchführung nach dem Harvard-Konzept 793.4.2 Schlichtungsverfahren vor Schlichtungsstellen 833.4.2.1 Schlichtungsstellen der Handwerkskammern 853.4.2.2 Schlichtungsstellen der Berufskammern derArchitekten und Ingenieure 853.4.2.3 Schlichtung nach der Güteordnung der Notare 873.4.3 Schlichtungsvereinbarung 883.4.4 Person des Schlichters 893.4.5 Schlichtungsordnung SOBau 913.4.6 Schlichtungsmodell 933.4.7 Bewertung der Schlichtungsverfahren 953.5 Mediation 963.5.1 Präventive Mediation 993.5.2 Projektbegleitende Mediation 1003.5.3 Gerichtsnahe Mediation 1013.5.4 Göttinger Modell 101II


3.5.5 Michigan Mediation 1023.5.6 Bewertung der Mediation 1043.6 Mahnverfahren 1043.7 Selbständiges Beweisverfahren 1073.8 Schiedsgutachten 1103.9 Schiedsgerichtsverfahren 1123.9.1 Schiedsgerichtsverfahren nach ZPO 1123.9.2 Sonderformen von Schiedsgerichtsverfahren 1153.9.2.1 Last-Offer-Arbitration 1153.9.2.2 High-Low-Arbitration 1163.9.2.3 Incentive Arbitration 1173.9.3 Bewertung der Schiedsgerichtsverfahren 1173.10 Entscheidung des Ingenieurs 1183.11 Dispute Boards 1193.11.1 Dispute-Review-Board 1193.11.2 Dispute-Adjudication-Board 1223.11.3 Bewertung der Dispute-Boards 1253.12 Sonderformen von Streitbeilegungsverfahren 1263.12.1 Mini Trial 1263.12.2 Factfinding 1273.12.3 Early Neutral Evaluation 1283.12.4 Private Judging 1283.12.5 Med-Arb-Verfahren 1293.12.6 Summary Jury Trial 1303.12.7 Baubegleitende Einigungsstelle (BEST) 1313.12.8 Kooperationsmodell 1323.12.9 Außergerichtliche Streitregulierung in England 1343.12.10 Bewertung der Sonderformen 1363.13 Gerichtsverfahren 1373.14 Bewertung der Einzelverfahren 1393.15 Gesamtüberblick der Streitbeilegungsverfahren 1414 Entwicklung des optimierten Streitbeilegungsmodells 1474.1 Stufenmodell der Streitbeilegung 1474.2 Berücksichtigung bewährter Streitbeilegungskriterien 1504.3 Entwicklung von Streitbeilegungsmodulen 1524.3.1 Module der Projektebene 1544.3.1.1 Modul Baustellenvereinbarung I 154III


4.3.1.2 Modul Baustellenvereinbarung II 1554.3.1.3 Modul Baustellenmediation 1574.3.2 Module der Leitungsebene 1574.3.2.1 Modul Leitungsebene I 1574.3.2.2 Modul Leitungsebene II 1584.3.2.3 Modul Leitungsebene III 1594.3.3 Modul oberste Leitungsebene 1614.3.4 Modul Experten-Entscheidung 1614.4 Rückfallebene Gerichtsbarkeit 1634.5 Verknüpfung der Streitbeilegungsmodule 1634.5.1 Verfahrensablauf 1634.5.2 Zeitvorgaben im Verfahrensablauf 1654.6 Verfahrensausstieg 1674.7 Auswahl des neutralen Expertengremiums 1674.7.1 Qualifikation des Baubetriebsexperten 1674.7.2 Qualifikation des Baujuristen 1694.7.3 Vergütung des Expertengremiums 1695 Implementierung des Streitbeilegungsmodells 1705.1 Berücksichtigung der Unternehmensgröße 1705.1.1 Unternehmung mit vier Führungsebenen und Stabstelle 1715.1.2 Unternehmung mit vier Führungsebenen 1715.1.3 Unternehmung mit drei Führungsebenen 1745.1.4 Unternehmung mit zwei Führungsebenen 1765.2 Vereinbarung des Streitbeilegungsmodells 1785.2.1 Festlegung auf das Streitbeilegungsmodell 1785.2.2 Auswahl des Expertengremiums 1795.2.3 Anpassung § 25 VOB/A 1805.2.4 Anpassung § 18 Nr. 2 VOB/B 1815.2.5 Berücksichtigung § 18 Nr. 4 VOB/B 1825.3 Projektstart mit dem Streitbeilegungsmodell 1826 Validierung des Streitbeilegungsmodells 1846.1 Verhandlungsunwillige Partei 1846.2 Taktische Streitnegierung 1856.3 Taktische Streitverlängerung 186IV


AbbildungsverzeichnisAbbildung 1: Bauprozesse im Jahr 2005 3Abbildung 2: Vor dem Landgericht in erster Instanz erledigteZivilprozesse 3Abbildung 3: Vor dem Oberlandesgericht in der Berufungsinstanzerledigte Zivilprozesse 4Abbildung 4: Mögliche Bonus / Malus-Regelung beim GMP-Vertrag 22Abbildung 5: Vergütungsbestandteile des GMP 23Abbildung 6: Das PreFair-Team der HOCHTIEF AG 24Abbildung 7: Leistungsspektrum „PreFair“ der HOCHTIEF AG 25Abbildung 8: Leistungsspektrum „Teamconcept“ der STRABAG 27Abbildung 9: Leistungselemente des „GMP“ der Bilfinger Berger AG 28Abbildung 10: Kombinationsmöglichkeiten des GMP-Modell derBilfinger Berger AG 28Abbildung 11: Konflikteskalation nach Friedrich Glasl 50Abbildung 12: Stufenleiter der Streitbeilegungsmethoden 54Abbildung 13: Konfliktmodell nach Flucher 58Abbildung 14: Überblick erprobter und bewährterAlternativverfahren nach Englert 59Abbildung 15: Ablauf freie Verhandlung 63Abbildung 16: Ablauf Step Negotiation 65Abbildung 17: Variante der freien Verhandlung 67Abbildung 18: Verfahrensablauf Privatgutachten 68Abbildung 19: Verfahren nach § 18 Nr. 2 VOB/B 71Abbildung 20: Verfahren nach § 18 Nr. 4 VOB/B 73Abbildung 21: Verfahren vor dem VOB-Ausschuss 75Abbildung 22: Schlichtungsverfahren 78Abbildung 23: Schlichtungsverfahren vor einer Schlichtungsstelle 84Abbildung 24: Schlichtungsmodell nach Schlapka 93Abbildung 25: Mediationsverfahren 98Abbildung 26: Ablauf der Michigan Mediation 103Abbildung 27: Ablauf eines Mahnverfahrens 106Abbildung 28: Ablauf eines selbständigen Beweisverfahrens 109Abbildung 29: Zielsetzung Schiedsgutachten 110VI


Abbildung 30: Ablauf eines Schiedsgutachterverfahrens 111Abbildung 31: Ablauf eines Schiedsgerichtsverfahrens 114Abbildung 32: Dispute Review Board 121Abbildung 33: Dispute Adjudication Board 124Abbildung 34: Ablauf Mini-Trail 127Abbildung 35: Ablauf Private Judging – Verfahren 129Abbildung 36: Ablauf eines Summary Jury Trail 130Abbildung 37: Kooperationsmodell nach Schlapka 133Abbildung 38: Ablauf Gerichtsverfahren 139Abbildung 39: Kosten der Streitbeilegung in Abhängigkeitvom Grad der Feindseligkeit 141Abbildung 40: Übersicht der Streitbeilegungsverfahren, Teil 1 143Abbildung 41: Übersicht der Streitbeilegungsverfahren, Teil 2 144Abbildung 42: Überblick Stufenmodell der Streitbeilegung 149Abbildung 43: Ablauf Diagramm Streitbeilegungsmodell 164Abbildung 44: Übersicht der Zeitvorgaben im Verfahrensablauf 166Abbildung 45: Ablaufdiagramm „Vier Führungsebenen“ 173Abbildung 46: Ablaufdiagramm „Drei Führungsebenen“ 175Abbildung 47: Ablaufdiagramm „Zwei Führungsebenen“ 177Abbildung 48: Ablauf Festlegung auf das Streitbeilegungsmodell 179Abbildung 49: Ablauf Auswahl Expertengremium 180VII


AbkürzungsverzeichnisAbb.Abs.ADRAGAGBANARGEBATNABauRBestBGBBGHBLBLOTBOOBOOTBOTBsp.BTOCMDABDAVDBDRBDVAe.V.ECCECSENEEvtl.FIDICGFAbbildungAbsatzAlternative Dispute ResolutionAuftraggeberAllgemeine GeschäftsbedingungenAuftragnehmerArbeitsgemeinschaftBest Alternativ to Negotiated AgreementBaurechtBaubegleitende EinigungsstelleBürgerliches GesetzbuchBundesgerichtshofBauleiterBuilt, Lease, Operate, TransferBuilt, Own, Operate,Built, Own, Operate, TransferBuilt, Operate, TransferBeispielBuilt, Transfer, OperateContruction ManagementDispute Adjudication BoardDeutscher Anwalt VereinDispute BoardDispute Review BoardDeutscher Verdingungsausschuss für BauleistungenEingetragener VereinEngineering and Construction ContractEngineering and Construction SubcontractEarly Neutral EvaluationeventuellFederation Internationale des Ingenieurs-ConseilsGeschäftsführerVIII


GGGgf.GMPGUGÜHGCRAHOAImax.Mio.NECNLNLLNUNZBauOBLPLPPPRBerGRdn.ROTSGOBauSOBauTLUSVvgl.VOB/AVOB/BVOB/CWTZPOGrundgesetzgegebenenfallsGarantierter MaximumpreisGeneralunternehmerGeneralübernehmerHousing Grants Construction and Regeneration ActVerordnung über die Leistungen der Architekten und IngenieuremaximalMillionenNew Engineering ContractNiederlassungNiederlassungsleiterNachunternehmerNeue Zeitschrift für Bau- und VergaberechtOberbauleiterProjektleiterPublic Private PartnershipRechtsberatungsgesetzRandnummerRehabilitate, Operate, TransferSchiedsgerichtsordnung für das BauwesenSchlichtungs- und Schiedsordnung für BaustreitigkeitenTechnischer LeiterUnited StatesVorstandvergleicheVergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil AVergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil BVergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil CWerktageZivilprozessordnungIX


1 Einleitung1.1 EinführungIn Deutschland werden Probleme aus Bauverträgen in nicht ausreichender Formzwischen den Vertragsparteien selbst gelöst. 1 Vor allem werden unterschiedlicheAuslegungen der vertraglich geschuldeten Bauleistung zwischen den Parteien immerhäufiger zum Inhalt von vor Gericht ausgetragenen Streitigkeiten. 2 Die Gerichte sindmit der Flut der Klagen überlastet. Hieraus und aus der zum Teil hohen Komplexitätder Streitfälle ergibt sich eine meist mehrjährige Verfahrensdauer, die in einzelnenFällen auch mehr als ein Jahrzehnt andauern kann. 3 Im Regelfall muss davonausgegangen werden, dass bei Durchschreiten aller Instanzen eine rechtskräftigeEntscheidung erst nach drei bis vier Jahren, häufig auch erst nach mehr als fünfJahren erreicht wird. 4 Die hieraus resultierenden Rechts- und Finanzunsicherheitenkönnen zu weit reichenden Konsequenzen für die Prozessbeteiligten führen.Schon im Jahre 1982 forderte in Bezug auf das allgemeine Prozessrisiko Edward A.Dauer, Rechtsprofessor an der Yale Lag School: „Ziel ist nicht, einen Prozess zugewinnen, sondern Gewinne zu steigern und Verluste zu reduzieren“. 5 DieseForderung, die Dauer in Bezug auf Konfliktmanagementsysteme bei USamerikanischenWirtschaftsunternehmen aufgestellt hatte, ist auch für die deutscheBauwirtschaft relevant. Die Baubeteiligten streben in Deutschland nach einereinfacheren und doch optimalen Problem-, also Streitlösung. 61 Englert/Franke/Grieger, Streitlösung ohne Gericht, 12 Zerhusen, Alternative Streitbeilegung im Bauwesen, 43 Englert/Grauvogel/Maurer, Handbuch des Baugrund- und Tiefbaurechts, Rdn. 13094 Zerhusen, Alternative Streitbeilegung im Bauwesen, 75 Dauer, Corporate Dispute Management, XVII6 Englert/Franke/Grieger, Streitlösung ohne Gericht, 11


1.2 ZielsetzungIm Rahmen der vorliegenden Arbeit wird, bezogen auf das Bauwesen, denVertragsbeteiligten ein Weg aufgezeigt, der die Häufigkeit von langwierigen undrisikobehafteten Gerichtsprozessen reduziert. Auf Basis der maßgeblichenStreitbeilegungsverfahren wird hierzu ein auf die Anforderungen des Bauwesensangepasstes Streitbeilegungsmodell entwickelt.1.3 Einführung in die ThematikDer Streit zwischen Menschen bzw. Personengruppen begleitet die Menschheit seitihrem Ursprung. Oft stehen dabei kleinere Streitigkeiten im Vordergrund, die schnellgelöst werden können. Darüber hinaus gibt es jedoch eine Vielzahl vonStreitigkeiten, die zwischen den Parteien nicht direkt gelöst werden können. 7 AlsLösungsweg für die Beilegung eines solchen Streites sehen viele Parteien heute,häufig gewissermaßen als letzte Möglichkeit, den Weg vor die staatlichen Gerichte.Diese Tendenz ist im Besonderen im Bauwesen erkennbar. Hier sind die Gerichtemit einer Flut von Klagen überlastet. 8 Dabei ist die Streitbeilegung mittelsGerichtsverfahren aufgrund der langen Verfahrensdauer denkbar ungeeignet. Diedurchschnittliche Verfahrensdauer für Zivilstreitfälle, zu denen Baustreitigkeitengehören, beträgt derzeit an den Landgerichten 6,7 Monate in der ersten Instanz, inder Berufungsinstanz 5,4 Monate und an den Oberlandesgerichten 8,5 Monate. 9 Diesbedeutet, dass bereits bei einem durchschnittlichen Fall bei Anrufung desOberlandesgerichtes eine Verfahrensdauer von ca. 18 Monaten anzusetzen ist. 10Nach Auswertungen des Statistischen Bundesamtes ist dabei zu erkennen, dassvorwiegend die Landgerichte mit einer Vielzahl von Gerichtsverfahren belastet sind.Die nachfolgende Abbildung gibt hierzu einen Überblick.7 Boysen/Plett, Bauschlichtung in der Praxis, 18 Englert/Franke/Grieger, Streitlösung ohne Gericht, 19 Dendorfer Wirtschaftsmediation: Die Abkehr von der Streithansel Kultur, Der Betrieb 2003, 13510 Statistisches Bundesamt, Rechtspflege Zivilgerichte, Fachserie 10, Reihe 2.1, 20052


40.00037.50035.00032.50030.00027.50025.00022.50020.00017.50015.00012.50010.0007.5005.0002.5000erledigte Bauprozesse aller Instanzen37.37224.4495.8561.681110Jahr 2005AmtsgerichtLandgericht erster InstanzLandgericht, BerufungsinstanzOberlandesgerichtBundesgerichtshof, VII. SenatAbbildung 1: Bauprozesse im Jahr 2005 11In Bezug auf die Häufigkeit von Streitigkeiten im Bau- bzw. Architektenrecht zeigt dienachfolgende Abbildung eine Auswahl von vor Landgerichten in 1. Instanzausgetragenen Zivilprozesssachen. Hieraus ist erkennbar, dass Streitigkeiten imBau- und Architektenrecht häufiger auftreten als beim Kaufrecht. Besondersinteressant ist dabei auch die Tatsache, dass mehr als doppelt so viele Streitigkeitenim Bau- und Architektenrecht auftreten wie im Verkehrsunfallrecht.40.00035.00030.00025.00020.00015.000erledigte Zivilprozesse vor dem Landgericht inerster Instanznach ausgewählten Verfahrensgegenständenerledigte Verfahren insgesamt 430.23637.37231.44118.350Bau-, ArchitektenrechtKaufrechtVerkehrsunfallrecht10.0005.0000Jahr 2005Abbildung 2: Vor dem Landgericht in erster Instanz erledigte Zivilprozesse 1211 Statistisches Bundesamt, Justizstatistik der Zivilgerichte, Fachserie 10, Reihe 2.1, 200512 Statistisches Bundesamt Wiesbaden 2007, Justizstatistik der Zivilgerichte, Fachserie 10, Reihe 2.1, 20053


Eine noch deutlichere Tendenz ist aus den Fallzahlen der Berufungsverfahren vorden Oberlandesgerichten zu entnehmen. Hier zeigt die nachfolgende Abbildung,dass auf dieser Ebene mehr Fälle des Bau- und Architektenrechts behandelt werdenmüssen als im Kauf- und Verkehrsunfallrecht zusammen.erledigte Berufungssachen vor dem Oberlandesgerichtnach ausgewählten Verfahrensgegenständenerledigte Verfahren insgesamt 56.7377.0006.0005.8565.0004.0003.0002.7273.045Bau-, ArchitektenrechtKaufrechtVerkehrsunfallrecht2.0001.0000Jahr 2005Abbildung 3: Vor dem Oberlandesgericht in der Berufungsinstanz erledigte Zivilprozesse 13Auf Basis des vorliegenden Datenmaterials des Statistischen Bundesamtes kannman die Überlastung der Gerichte sehr gut nachvollziehen. Verstärkt wird die Problematikdadurch, dass nicht ausreichend Richter zur Verfügung stehen, um dieVielzahl von anstehenden Prozessen kurzfristig durchzuführen. 14 Des Weiteren istdie Gesamtproblematik der Rechtsfälle im Bauwesen sehr vielseitig und hochkomplex. Hieraus folgt, dass die Gerichte in vielen Fällen zur Klärung, vor allem dertechnischen und baubetrieblichen Inhalte, Gutachter einschalten müssen. Diese sindhäufig aufgrund des Inhalts und des Umfangs der Streitinhalte überlastet. 15 Einekurzfristige Entscheidung im Konfliktfall ist somit auf dem häufig begangenen, teurenWeg über die ordentlichen Gerichte nicht zu erreichen.13 Statistisches Bundesamt Wiesbaden 2007, Justizstatistik der Zivilgerichte, Fachserie 10, Reihe 2.1,200514 Englert/Franke/Grieger, Streitlösung ohne Gericht, 115 Oberndorfer, Claimmanagement und alternative Streitbeilegung im Bau- und Anlagenvertrag, 1594


Die an sich schon hohe Komplexität von Bauvorhaben wird, in Bezug aufStreitigkeiten, aufgrund der in Deutschland üblichen Projektstruktur teilweisepotenziert. Die Struktur Auftraggeber - Generalunternehmer – Nachunternehmerführt schon in dieser einfachen Konstellation dazu, dass paralleleRechtsstreitigkeiten in ein und derselben Sache auftreten können. UnterschiedlicheGerichtsstandsklauseln in den einzelnen Verträgen können dabei bewirken, dassderselbe Streitfall aufgrund unterschiedlicher Beteiligter an verschiedenenGerichtsständen behandelt werden muss. 16 Die Ergebnisse der einzelnen Verfahrenkönnen dabei unterschiedlich ausfallen.„Nichtjustiziabilität“ 17 ist angesichts dieser Randbedingungen häufig Resultat und derZwang zum Vergleich ist damit in praxi vorgegeben, woraus sich der Wunsch vielerBaubeteiligter nach einer schnelleren, effektiven außergerichtlichen Streitbeilegungnachvollziehen lässt. Einen Zwang zur „schnellen, sachlichen, nerven- und Geldsparenden Alternative“ 18 kennt die deutsche Rechtsordnung nicht.Die vorgenannte Problematik führt zu immer häufiger auftretenden Rufen nach eineraußergerichtlichen Streitbeilegungsmethodik. Englert führt hierzu aus: „JederBauvertrag, gleich ob es sich um ein öffentliches oder privates Bauvorhaben handelt,sollte von Anfang an eine Mediations- bzw. Schlichtungsvereinbarung mit verbindlichfestgelegtem Mediator bzw. Schlichter enthalten“. 19 Dabei sollte ein Kaskadensystemregeln, wie zu verfahren ist, wenn ein erster Schlichtungsversuch scheitern würde.Im Focus dieser Vorgehensweise liegt seitens der Baubeteiligten dabei die Zeit- undKostenersparnis, die bei zeitnaher Konfliktlösung zu erzielen ist. 20 Auch derDeutsche Baugerichtstag e.V. beschäftigt sich mit der außergerichtlichenStreitbeilegung. So beginnt der Arbeitskreis VII mit der Prüfung der Frage, ob und inwelcher Form ein außergerichtliches Streitbeilegungsverfahren zwingend einemstaatlichen Gerichtsverfahren vorgeschaltet und ob dies gesetzlich geregelt werdensollte. 21 Auf der nächsten Tagung des Deutschen Baugerichtstages am13./14.06.2008 soll hierzu intensiv diskutiert werden.16 Walzberger/Schmid, Weiter verhandeln statt richten lassen,17 Englert/Franke/Grieger, Streitlösung ohne Gericht, 118 Englert/Franke/Grieger, Streitlösung ohne Gericht, 319 Englert/Franke/Grieger, Streitlösung ohne Gericht, 720 Damm von, Wesentliche Ursachen für Konflikte beim Bauen aus Unternehmersicht, IBB 2007, 1821 Kniffka/Schulze-Hagen, Deutscher Baugerichtstag 2008, Informationsbrief 30.05.20075


Aus dem Vorgenannten wird deutlich, dass im deutschen Bauwesen ein effizientesStreitbeilegungsmodell fehlt und die Notwendigkeit zur Entwicklung eines solchenModells gegeben ist.1.4 AbgrenzungDer Focus dieser Arbeit liegt auf der baubetrieblichen Betrachtung derStreitbeilegung, wobei erforderliche rechtliche Randbedingungen berücksichtigtwerden. Aus diesem Grund liegt der Zielfindungskorridor in der Entwicklung vonbaubetrieblichen Verfahrensabläufen unter Berücksichtigung der speziellenAnforderungen der Baubeteiligten. Das Ziel dieser Arbeit liegt somit in derEntwicklung eines Streitbeilegungsmodells und nicht in der Entwicklung einesStreitbeilegungsvertrages.1.5 VorgehensweiseNach der Feststellung der Notwendigkeit zur Entwicklung einesStreitbeilegungsmodells werden die wesentlichen Bestandteile der geschäftlichenBeziehungen im Bauwesen betrachtet. Hierbei wird überprüft, in wie weit sich dieIdee der außergerichtlichen Streitbeilegung bereits in den Leitlinien dergeschäftlichen Beziehungen im Bauwesen widerspiegelt. Im nächsten Schritt werdendie verschiedenen Streitbeilegungsverfahren vorgestellt und analysiert. Auf Basis derhierbei gewonnenen Erkenntnisse über die außergerichtliche Streitbeilegung wird einStreitbeilegungsmodell entwickelt, das die wesentlichen Vorteile der bestehendenVerfahren integriert, in einer neuen Erfolg versprechenden, kaskadenartigenKombination verbindet und weiter entwickelt. Nachfolgend wird das Modell zurImplementierung im Bauwesen auf die Anforderungen der Aufbauorganisation derUnternehmen angepasst und werden Wege zur Einführung des Modells aufgezeigt.Daraufhin wird das Streitbeilegungsmodell auf seine Systemtauglichkeit geprüft und,falls erforderlich, angepasst. Abschließend werden die wesentlichen Ergebnissedieser Arbeit zusammengefasst dargestellt.6


2 Leitlinien geschäftlicher Beziehungen im BauwesenIn Kapitel 2 werden wesentliche Bestandteile der geschäftlichen Beziehungen imBauwesen betrachtet. Der Fokus der Betrachtung liegt dabei nicht auf einervollständigen Darstellung aller möglichen Geschäftsbeziehungen, sondern auf derDarlegung eines Querschnitts der wesentlichen Themen zwischen denBauvertragsparteien. In Bezug auf das zu entwickelnde Streitbeilegungsmodell wirdhierbei geprüft, inwieweit einzelne Ansätze zur Streitbeilegung bereits heute in denLeitlinien geschäftlicher Beziehungen enthalten sind.2.1 VertragsgrundlagenDer Bauvertrag ist nach der Diktion des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) einWerkvertrag. 22 Der Auftragnehmer schuldet als Vertragsleistung den Erfolg, also dieHerstellung des entsprechenden Werkes. Der Auftraggeber schuldet die Abnahmedes Bauwerkes und die Vergütung des Werklohnes. Der Abschluss einesBauvertrages erfolgt durch die übereinstimmende Willenserklärung zwischenAuftraggeber und Auftragnehmer. 23 Durch den Abschluss des Bauvertragesentstehen zwei Schuldverhältnisse. Das Recht der Schuldverhältnisse ist imBürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in den §§ 241 – 853 geregelt. 24 Innerhalb dieserRegelungsbreite für die Schuldverhältnisse ist das für die Rechtsbeziehungen derBauvertragspartner verbindliche Werksvertragsrecht in den §§ 631 ff. geregelt. 25Unsere Rechtsordnung ist geprägt durch die Regelungen des Grundgesetzes (GG).Abgeleitet aus Artikel 2 des Grundgesetzes (grundsätzlich bestehende Freiheit) giltdies somit auch für das Baurecht. 26Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) ist eine spezielleAusformung des Bauvertragsrechts. Da das Bürgerliche Gesetzbuch das Recht derSchuldverhältnisse allgemein regelt, sind die speziellen Belange des Bauvertrages22 Kapellmann/Langen, Einführung in die VOB/B, 1923 Maser, Baurecht nach BGB und VOB/B, 1624 Bürgerliches Gesetzbuch, 2. Buch, Recht der Schuldverhältnisse25 Maser, Baurecht nach BGB und VOB/B, 6926 Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, Artikel 27


nur ungenügend geregelt. Auf dieser Basis wurde aufbauend auf demWerkvertragsrecht des BGB in Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen Hand undder Bauwirtschaft die VOB entwickelt, um speziell für das Bauwesen geltendeRegeln zu schaffen. 27 Die VOB ist kein Gesetz sondern ein Regelungswerk für dasBauwesen. 28 Die VOB muss ausdrücklich von den Vertragsparteien vereinbartwerden. 29 Ansonsten gelten die vertraglichen Regeln des BGB. Ist die VOB zwischenden Vertragsparteien vereinbart, gelten ihre Regeln vor denen desWerkvertragsrechts des BGB. Das BGB gilt dann in ergänzender Form zuRegelungen, die in der VOB nicht enthalten sind. Die Vereinbarung und Anwendungder VOB zwischen den Werkvertragsparteien ist heute der Regelfall.Der Bauvertrag als solcher regelt die beiderseitigen Vertragspflichten vonAuftraggeber und Auftragnehmer. Er schreibt dabei fest, welche Bauleistung fürwelche Vergütung in welcher Zeit und zu welchen Vertragskonditionen erbrachtwerden soll. 30 Dabei sind Unklarheiten bei der Leistungsbeschreibung oder denVertragskonditionen häufig Anlass für gerichtliche Auseinandersetzungen.2.2 Werkvertragsrecht nach BGBDer Bauvertrag wird zwischen dem Auftragnehmer und dem Auftraggeber als BGBWerkvertrag abgeschlossen und unterliegt damit den gesetzlichen Vorschriften des§ 631 BGB. 31 Im BGB wird der Auftraggeber als „Besteller“ bezeichnet.Der Werkvertrag findet im Baubereich zwischen folgenden VertragspartnernAnwendung:- Zwischen dem Bauunternehmer und dem Bauherrn,wobei der Bauunternehmer die Herstellung eines Gebäudes und damitimmer einen bestimmten Erfolg schuldet. 3227 Locher, Das private Baurecht, 6228 Locher, Das private Baurecht, 6429 Elsner, Bauverträge gestalten, 9230 Maser, Baurecht nach BGB und VOB/B, 1531 Elsner, Bauverträge gestalten, Rdn. 8332 BGB, § 633 (Leistungserfolg)8


- Zwischen dem Lieferanten von Baustoffen und dem Bauherrn,soweit der Lieferant die gelieferten Teile einbaut. 33 Erfolgt nur dieAnlieferung von Baustoffen durch den Lieferanten ohne Einbau, handelt essich nicht um einen Werkvertrag, sondern um einen Kaufvertrag.- Zwischen dem Bauträger und dem Käufer,über das von dem Bauträger zu errichtende Gebäude. Der Bauträgervertrag34, 35wird auch dann als Werkvertrag angesehen, wenn der Vertrag auchnoch andere Leistungen, z. B. Planungsleistungen enthält.- Zwischen Architekt und Bauherr.Bei einem Vertrag über die Planungsleistung handelt es sich ebenso wie beieinem Vertrag allein für die Objektüberwachung stets um einenWerkvertrag. 36- Zwischen Fachingenieuren und dem Bauherrn,wie z. B. dem Statiker oder dem Haustechnikingenieur. 37Der Abschluss eines Werkvertrages gemäß BGB unterliegt den folgendenwesentlichen Grundsätzen. 38- Formfreiheit- Gestaltungsfreiheit- AbschlussfreiheitDer Grundsatz der Formfreiheit 39 bedeutet, dass Verträge und auch sonstigeRechtsgeschäfte vorgenommen werden können, ohne dass bestimmte Formeneinzuhalten sind. So ist es erlaubt, Verträge jederzeit mündlich oder durchsachschlüssiges Verhalten abzuschließen. 40 Dies bringt einerseits den Vorteil, dass33 BGB, § 651 (Werklieferungsvertrag)34 BGH, Urteil vom 05.05.1977 – VII ZR 36/76, BauR 1977, 27135 BGH, Urteil vom 06.05.1982 – VII ZR 74/81, BauR 1982, 49336 Werner/Pastor, Der Bauprozess, Rdn. 32137 Werner/Pastor, Der Bauprozess, Rdn. 32138 Reister, Nachträge im Bauvertrag, Kap. 2.139 Kapellmann/Langen, Einführung in die VOB/B, 2240 Langen/Schiffers, Bauplanung und Bauausführung, 1479


Verträge schnell und auf einfache Weise abgeschlossen werden können, ist aberandererseits mit dem Nachteil verbunden, dass durch die Möglichkeit des schnellenund einfachen Vertragsabschlusses Verträge unüberlegt und mit einem später nurschwer feststellbaren Inhalt zustande kommen. Ein Vertrag ist also schon danngültig, wenn sich die Partner über den Vertragsabschluss einig sind. Dies kann schonvor Vertragsunterzeichnung der Fall sein.Die Gestaltungsfreiheit 41 gibt den Vertragsschließenden grundsätzlich das Recht,den Inhalt des Vertrages beliebig zu bestimmen. Den Vertragspartnern bleibt esüberlassen, den Inhalt eigenverantwortlich zu gestalten, so dass er ihren besonderenWünschen, Anliegen, Vorstellungen, Bedürfnissen und Zielen entspricht. DerGestaltungsfreiheit sind aber da Grenzen gesetzt, wo sie den Interessen desGemeinwohls und der Gesamtwirtschaft zuwiderlaufen. Dies ist der Fall, wenn dieVereinbarung- gegen ein gesetzliches Verbot verstößt,- gegen die guten Sitten verstößt,- auf eine objektiv unmögliche Leistung gerichtet ist.Die Abschlussfreiheit 42 gibt jedermann das Recht, frei darüber zu entscheiden, ob ereinen Vertrag abschließen will oder nicht. Jeder kann selbst beschließen, ob erVertragsangebote einreichen oder Angebote annehmen will. Der Empfänger einesVertragsangebotes kann jederzeit zustimmen und damit den Vertrag zustandebringen. Für ihn bestehen aber keinerlei Verpflichtungen, auf ein ihm zugegangenesAngebot einzugehen.Der Umfang des Werkvertrages definiert sich aus § 631 ff. BGB.Daraus lässt sich die Notwendigkeit ableiten, dass mit Abschluss des Werkvertrageszum einen die Leistung („das versprochene Werk“) umfassend, widerspruchfrei underschöpfend beschrieben sein muss, zum anderen aber auch keine Änderung des zuerbringenden Werkes zu erwarten ist.41 Langen/Schiffers, Bauplanung und Bauausführung, 14842 Langen/Schiffers, Bauplanung und Bauausführung, 14710


Der Besteller muss vor Abschluss des Vertrages genau definieren, welcheLeistungen er erwartet. Der Unternehmer kann im Rahmen der Angebotsbearbeitungeine Vergütung bestimmen, zu der er bereit ist, das Gewerk zu erstellen.Im Bauwesen trifft dies in der Regel nicht zu. Zum Zeitpunkt desVertragsabschlusses stehen selten alle Einzelheiten eines Bauwerkes fest. Es istunbestritten, dass die Regelungen zum Werkvertrag im BGB der Baupraxis nichthinreichend gerecht werden. 43 Trotzdem ist bisher noch kein eigenständiges BGB-Bauvertragsrecht entstanden.Die Inhalte des geschlossenen Vertrages definieren sich durch dieVertragsbedingungen. Vertragsbedingungen im Sinne von § 305, Abs. 1, Satz 1 BGBsind grundsätzlich alle Erklärungen, die Inhalt des Bauauftrages werden sollen. 44 Obes sich dabei um Bedingungen technischer oder rechtlicher Art handelt, ist dabeinicht bedeutsam. Vertragsbedingungen sind in diesem Sinne der Vertragstext, dieLeistungsbeschreibung, die allgemeinen, besonderen und zusätzlichenVertragsbedingungen, sowie die allgemeinen und zusätzlichen technischenVertragsbedingungen. Die Zuordnung weiterer Vertragsinhalte bleibt den Parteienfreigestellt. Dieses können u. a. Erklärungen der Parteien im Verhandlungsprotokolloder im Bietergespräch sein, die in den Vertragsinhalt einfließen können.2.3 Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB)Aus den vorgenannten Sachverhalten ergibt sich die Notwendigkeit vonweitergehenden Regelungen, die die zu erwartenden Abweichungen und Problemezwischen den Bauvertragspartnern behandeln. Diese Regelungen finden sich in derVergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB). Die VOB wurde entwickelt,um speziell für das Baugeschehen geltende Regeln zu schaffen, und besitzt denrechtlichen Status von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. 4543 Locher, Das private Baurecht, 6244 Langen/Schiffers, Bauplanung und Bauausführung, 14945 Locher, Das private Baurecht, 6411


Die VOB 46 gliedert sich in drei Teile, mit der Vergabe von Bauleistungen (VOB/A),den allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen(VOB/B) und den allgemeinen technischen Vertragsbedingungen (VOB/C). Die VOBTeil A umfasst den Zeitraum von der Ausschreibung der Bauleistung bis zurZuschlagserteilung, d. h. dem Vertragsabschluss. Die VOB Teil B umfasst denZeitraum vom Vertragsabschluss, über die Ausführung, bis hin zur Abnahme derBauleistung, mit Regelungen u. a. zur Abrechnung, Zahlung und Gewährleistung. DieVOB Teil C enthält technische Regeln zur Leistungsbeschreibung sowie zurAusführung und Abrechnung von Bauleistungen. 47 Wenn die VOB/B zwischen denVertragsparteien vereinbart wird, ist die VOB/C gleichzeitig eingeschlossen.Die VOB kann bei der Erstellung von Bauleistungen vertraglich vereinbart werden. 48Bauleistungen sind Arbeiten jeder Art, durch die eine bauliche Anlage hergestellt,instand gehalten, geändert oder beseitigt wird. 49 Alle Arbeiten, die den Neubau, denUmbau, oder auch den Abbruch von Gebäuden betreffen, fallen somit in denWirkungsbereich der VOB.Die Historie der VOB geht in die zwanziger Jahre des vorangegangenenJahrhunderts zurück. 50 Im Jahre 1926 verabschiedete der diesbezüglich gegründete„Reichsverdingungsausschuss“ die erste Verdingungsordnung für Bauleistungen.Nach dem zweiten Weltkrieg wurde der „Deutsche Verdingungsausschuss fürBauleistungen“ (DVA) gebildet. Der DVA setzt sich aus öffentlichen und privatenAuftraggebern, Firmen der Bauwirtschaft, Architekten und Ingenieuren, sowieGewerkschaften und anderen Organisationen zusammen. Die Vielfältigkeit derbeteiligten Interessengruppen soll gewährleisten, dass die Regelungen zwischenAuftragnehmer und Auftraggeber ausgewogen bleiben.Die VOB ist für die Vergabebehörden von Bund und Ländern und für die Kommunenzur Anwendung vorgeschrieben. 51 Die VOB liegt aktuell in der Fassung aus demJahre 2006 vor.46 VOB, Ausgabe 200647 Locher, Das private Baurecht, 6548 Maser, Baurecht nach BGB und VOB/B, 3149 VOB Teil A, Abschnitt 1 § 150 Niebuhr/Kus, Einführung in die VOB/A, 151 Maser, Baurecht nach BGB und VOB/B, 3112


Folgende wesentliche Elemente bestimmen die Abwicklung eines Bauvorhabens imRahmen der VOB:- AusschreibungsunterlagenBei Ausschreibungsunterlagen 52 handelt es sich um die Beschreibungen undBedingungen, unter denen der Vertragsabschluss erfolgen soll. Diese sindGrundlage für die Preisermittlung des Unternehmens.Die Beschreibung der Leistung wird nach der VOB in dieLeistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis und dieLeistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm (funktionaleLeistungsbeschreibung) differenziert. 53 Die Leistungsbeschreibung mitLeistungsverzeichnis hat dabei grundsätzlich nach § 9 Nr. 11 bis 14 VOB/Adurch eine allgemeine Darstellung der Bauaufgabe, die Baubeschreibung undein in Teilleistungen gegliedertes Leistungsverzeichnis zu erfolgen. DieLeistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm kommt dann zum Tragen,wenn es nach Abwägen aller Umstände zweckmäßig ist, auch den Entwurf fürdie Leistung dem Wettbewerb zu unterstellen, um die technisch, wirtschaftlichund gestalterisch beste sowie funktionsgerechteste Lösung der Bauaufgabezu erlangen. 54 Die Regelungen hierzu finden sich in § 9 Nr. 15 bis 17 derVOB/A. Die Leistung ist dabei eindeutig und so erschöpfend zu beschreiben,dass alle Bewerber die Beschreibung im gleichen Sinne verstehen müssenund ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten berechnenkönnen. 55 Das sogenannte Bau-Soll 56 , das aus dem Bauinhalt und denBauumständen definiert wird, muss somit exakt bestimmt werden.- AngebotDer Unternehmer bietet die vom Auftraggeber ausgeschriebenen Leistungenzu einem kalkulierten Preis an, den er im Angebot benennt, und wartet aufden Zuschlag. Im Angebot muss eine direkte Zuordnung der Preise zu den52 Mantscheff/Boisserée, Baubetriebslehre I, 14953 Niebuhr/Kus, Einführung in die VOB/A, 5654 N80iebuhr/Kus, Einführung in die VOB/A, 5955 VOB/A, § 9 Nr. 156 Kapellmann/Schiffers, Band 1, Einheitspreisvertrag, 213


einzelnen Leistungen ersichtlich sein 57 . Hat ein Unternehmer ein Angebotabgegeben, so ist er im Rahmen einer definierten Frist daran gebunden. 58- Angebotsannahme und ZuschlagDurch Zugang einer eindeutigen Willenserklärung des Auftraggebers beimBieter (z. B. durch die Unterzeichnung des Bauvertrages) tritt der Vertrag inKraft. Der Auftragnehmer wird zur Erbringung der Bauleistungen und derAuftraggeber zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung und zur Abnahmeder Leistung verpflichtet. Ein Vertrag kommt somit durch Angebot undAnnahme zustande. 59- AusführungNach Zuschlagserteilung beginnt die Bauausführung für den Auftragnehmerim Rahmen der vertraglich vereinbarten Termine und des vertraglichvereinbarten Leistungsumfangs. Die VOB/B stellt dabei die allgemeinenVertragsbedingungen für die Ausführung der Bauleistung dar.- AbnahmeDie Abnahme stellt eine der Hauptpflichten des Auftraggebers dar. 60 DieAbnahme bedeutet dabei im rechtsgeschäftlichen Sinne die Billigung desWerks durch den Auftraggeber, als der Hauptsache nach vertragsgemäßerLeistung. 61 Der Auftragnehmer muss somit dem Auftraggeber die Bauleistungals im Wesentlichen fertig gestellt überlassen und der Auftraggeber muss sieals im Wesentlichen vertragsgemäße Leistung akzeptieren. Dies hat zurFolge, dass die Leistung zwar „im Wesentlichen“, aber nicht zwingendvollständig fertig gestellt sein muss und dass die Leistung im Wesentlichenmängelfrei sein muss, wobei ihr bestimmungsgemäßer Gebrauch nichterheblich eingeschränkt sein darf.57 Locher, Das Private Baurecht, 9358 Locher, Das private Baurecht, 9359 Kapellmann/Langen, Einführung in die VOB/B, 1960 Kapellmann/Langen, Einführung in die VOB/B, 9061 Kapellmann/Langen, Einführung in die VOB/B, 13314


Die Abnahme 62 hat für die Bauvertragspartner folgende Wirkungen 63 :- Werklohnfälligkeit- Wegfall der Vorleistungspflicht des Auftragnehmers- Beschränkung des Erfüllungsanspruchs- Gefahrübergang- Beweislastumkehr bei Mängeln- Verlust nicht vorbehaltener Ansprüche- VerjährungsbeginnRegelungen im Hinblick auf mögliche Vertragsarten bzw. Abrechnungsarten sind in §5 VOB/A getroffen. 64 Es wird zwischen Einheitspreisvertrag, Pauschalpreisvertrag,Stundenlohnvertrag und Selbstkostenerstattungsvertrag unterschieden. Dabei sindder Einheitspreisvertrag und der Pauschalpreisvertrag Leistungsverträge. DerStundenlohnvertrag und der Selbstkostenerstattungsvertrag sind Verträge, bei denender getätigte Aufwand vergütet wird.2.3.1 EinheitspreisvertragBeim Einheitspreisvertrag 65, 66 werden durch Leistungspositionen die Teilleistungendes Bauvorhabens beschrieben und hierfür Einheitspreise vereinbart. DieEinheitspreise beschreiben einen Preis pro Mengeneinheit für die entsprechendeLeistungsposition.Nach Fertigstellung der Arbeiten wird die durch den Unternehmer erbrachte Mengeder Leistungsposition über den Weg eines Aufmaßes, oder auf der Basis vonZeichnungen ermittelt. Die Multiplikation der Menge mit dem für die Teilleistungvorgesehenen Einheitspreis ergibt die insgesamt geschuldete Vergütung derTeilleistung. Die Abrechnungssumme aller Teilleistungen stellt den zu forderndenWerklohn des Unternehmers für die ausgeführte Bauleistung dar.62 Siehe auch VOB/B § 1263 Kapellmann/Langen, Einführung in die VOB/B, 149 ff.64 Kapellmann/Langen, Einführung in die VOB/B, 4065 Maser, Baurecht nach BGB und VOB/B, 15966 Elsner, Bauverträge gestalten, 9715


Die tatsächliche Vergütung steht somit erst nach Aufmaß der real erbrachtenBauleistungen fest. Das Mengenrisiko liegt beim Auftraggeber. Der vereinbarteEinheitspreis ist grundsätzlich ein Festpreis, der Änderungen nicht zugänglich ist. 67Dieser Grundsatz kann bei Mengenänderungen durchbrochen werden. Ist die VOB/Bwirksam im Vertrag vereinbart, kann es unter den Voraussetzungen des § 2 Nr. 3VOB/B zur Anpassung des Einheitspreises kommen. 68 Auch Anordnungen desAuftraggebers können zu geänderten/zusätzlichen Leistungen führen. DieAnpassung der Einheitspreise gestaltet sich in der praktischen Umsetzung häufigaußerordentlich schwierigVertragsparteien.69und führt zu Streitigkeiten zwischen den2.3.2 PauschalpreisvertragBeim Pauschalpreisvertrag 70 wird für die vertraglich vereinbarte Bauleistung beiVertragsabschluss ein feststehender Werklohn vereinbart. Die dem Unternehmergeschuldete Vergütung bleibt unabhängig von den tatsächlich ausgeführten Mengen.Das Risiko für Mengenabweichungen gegenüber den geschätzten Mengen vorVertragsschluss trägt hier der Unternehmer. Ist zur Fertigstellung des Werkes eingeringerer Aufwand notwendig als erwartet, begünstigt dies den Unternehmer undbenachteiligt den Auftraggeber. Im umgekehrten Fall zieht der Auftraggeber Vorteileaus einem Pauschalpreisvertrag. 71Je nach Detailtiefe der Ausschreibungsunterlagen werden Pauschalpreisverträgenach Detail-Pauschalpreisverträgen, einfachen Global-Pauschalverträgen undkomplexen Global-Pauschalverträgen unterschieden.Die Motivation des Auftraggebers für den Abschluss eines Pauschalpreisvertragesliegt in dem Wunsch, bereits zu Baubeginn Kostensicherheit zu erreichen. Dies setztallerdings eine abschließende Leistungsbeschreibung voraus. Der Anreiz für denBauunternehmer zum Abschluss eines Pauschalpreisvertrages kann darin begründet67 Werner/Pastor, Der Bauprozess, 60268 Werner/Pastor, Der Bauprozess, 60369 Elsner, Bauverträge gestalten, 9870 Maser, Baurecht nach BGB und VOB/B, 16071 Elsner, Bauverträge gestalten, 9916


sein, dass eine detaillierte Abrechnung nach Aufmaß entfällt und damit verbundeneStreitigkeiten um die Auslegung des Bau-Solls so unter Umständen vermiedenwerden können.2.3.2.1 Detail-PauschalpreisvertragDer Detail-Pauschalpreisvertrag 72 unterscheidet sich auf der Leistungsseite,„der Artnach“, nicht vom Einheitspreisvertrag. Dies gilt für den Standardfall, bei dem mitLeistungsverzeichnis ausgeschrieben wird, als auch bei dem Ausnahmefall, bei demnur Ausführungspläne und Leistungsabgrenzungen als Leistungsbeschreibungvorliegen. Hier ist nur das, was detailliert vorgegeben ist, Teil des Bau-Solls unddamit relevant für die Preisbildung. Bedingung ist somit, dass bei einem Detail-Pauschalpreisvertrag das Bau-Soll in allen Einzelheiten geklärt ist. So kann sich einDetail-Pauschalpreisvertrag auch aus einer vorangegangenen Ausschreibung füreinen Einheitspreisvertrag entwickelt haben.Der entscheidende Unterschied zwischen dem Einheitspreisvertrag und dem Detail-Pauschalpreisvertrag liegt darin begründet, dass beim Einheitspreisvertrag dietatsächlich ausgeführten Mengen mit den Einheitspreisen abgerechnet werden. ImGegensatz hierzu werden beim Detail-Pauschalpreisvertrag keinerlei Mengen, wederim Vertrag noch in der Leistungserstellung dokumentiert. Für dieVergütungsermittlung ist somit die bieterseitige Mengenermittlung auf Basis derauftraggeberseitig vorgegebenen Mengenermittlungsparameter relevant. DasHauptrisiko des Bieters besteht darin, im Angebotsstadium die Leistung und ihreMengen richtig zu erfassen. Sollten auftraggeberseitig im LeistungsverzeichnisMengen aufgeführt sein, die nicht mit den vorgegebenenMengenermittlungsparametern übereinstimmen, so sind diese Vordersätze nichtrelevant. Das Bau-Soll wird also durch die auftraggeberseitig vorgesehenen Detailsgeregelt. Abweichungen von diesem vorgegebenen Bau-Soll können auch bei einemDetail-Pauschalpreisvertrag zu Mehrvergütungsansprüchen führen. 7372 Langen/Schiffers, Bauplanung und Bauausführung, 47873 Kapellmann/Langen, Einführung in die VOB/B, 6017


2.3.2.2 Einfacher Global-PauschalvertragDer einfache Global-Pauschalvertrag 74 entwickelt sich aus einem Detail-Pauschalpreisvertrag, der mit einer „Komplettheitsklausel“ versehen wird. Diesbedeutet, dass zu einem detaillierten Leistungsverzeichnis und den zugehörigenPlänen eine Klausel hinzutritt, die ungeachtet der auftrageberseitigen detailliertenLeistungsbeschreibung definiert, dass beispielsweise eine komplette Heizungsanlagezu liefern sei. Der Auftraggeber verfolgt damit das Ziel, die Komplettheit der Leistungausdrücklich zu vereinbaren. Die Komplettheitsklausel stellt somit ein globalesElement der Leistungsbeschreibung dar und überträgt das zusätzliche Risiko derVollständigkeit auf den Auftragnehmer.Eine Komplettheitsklausel in einfachen Global-Pauschalverträgen ist nur individuellwirksam. In allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers dagegen ist sieunwirksam. 752.3.2.3 Komplexer Global-PauschalvertragDer komplexe Global-Pauschalvertrag 76 beruht auf einer funktional gestaltetenLeistungsbeschreibung. Das herzustellende Objekt kann z. B. durch die EntwurfsundAusführungsplanung umrissen werden, ergänzt durch bestimmte Angaben zugewünschten Ausstattungs- oder Qualitätsmerkmalen. Im Vordergrund steht dabeidie Definition eines bestimmten Leistungsziels, nicht aber die detaillierte Wiedergabeeiner Vielzahl von Einzelleistungen. 77 Der Auftragnehmer hat bei dieser Vertragsartkomplexe Planungs- und Ausführungsleistungen zu kalkulieren und auszuführen.Neben dem Mengenrisiko trägt der Unternehmer bei dieser Vertragsart das Risiko fürdie Gewährung der Funktionalität des Bauwerkes. Damit trägt der Unternehmer dasRisiko, den zur Erreichung des vertraglichen Leistungsziels angenommenenAufwand unterschätzt zu haben. 7874 Kapellmann/Schiffers, Band 2: Pauschalvertrag, 13675 Kapellmann/Schiffers, Band 2: Pauschalvertrag, 13776 Kapellmann/Schiffers, Band 2: Pauschalvertrag, 13777 Elsner, Bauverträge gestalten, 10178 Elsner, Bauverträge gestalten, 10218


2.3.3 StundenlohnvertragBei einem Stundenlohnvertrag 79 erfolgt die Berechnung des Werklohns nachStunden-, Geräte- oder Materialaufwand des Unternehmers. Dieses bedingt für denAuftraggeber erhebliche Risiken, da anders als beim Einheitspreisvertrag die Höheder schließlich insgesamt geschuldeten Vergütung noch nicht genau absehbar ist.Da beim Stundenlohnvertrag nicht die Leistung, sondern der Aufwand an Zeit undverwendeten Materialien oder Geräten die Basis für die Vergütung darstellt, bestehtfür den Unternehmer und seine Mitarbeiter kein besonderer Anreiz zuwirtschaftlichem Arbeiten. Die Vereinbarung einer Vergütung auf Stundenbasis kannallerdings dann sinnvoll sein, wenn der Aufwand an Personal nur sehr schwer odernicht vorhersehbar ist, was bei Reparatur- oder Mängelbeseitigungsarbeiten durchDrittunternehmer der Fall sein kann.Aufgrund der vorgenannten Kostenrisiken bietet sich die Vereinbarung desStundenlohnvertrages nur ausnahmsweise an. So werden Stundenlohnarbeitenhäufig als Ergänzung zu Einheitspreisverträgen vorgesehen. Wenn die VOB/B in denVertrag einbezogen ist, regelt sich die Vergütung nach § 15 VOB/B.2.3.4 SelbstkostenerstattungsvertragDer Selbstkostenerstattungsvertrag 80 wird in § 5 Nr. 3 VOB/A benannt und geregelt.Er stellt dabei eine Ausnahmeerscheinung dar. Eine Ausführung imSelbstkostenerstattungsvertrag kommt dann in Frage, wenn Leistungen größerenUmfangs vor der Vergabe noch nicht eindeutig und erschöpfend beschrieben werdenkönnen, so dass eine einwandfreie Preisermittlung nicht möglich ist. Die Vergütunghängt somit nicht vom Leistungswert oder vom Lohneinsatz ab, sondern vomGesamtaufwand des Unternehmers. Hierbei sind die Selbstkosten im eigentlichenSinne und der Gewinn zu unterscheiden. Als Selbstkosten sind alle Aufwendungenzu verstehen, die von Seiten des Auftragnehmers erforderlich sind, um dieBauleistung vertragsgemäß zu erbringen. Bereits vor Vertragsabschluß istfestzulegen, wie einzelne Positionen der Selbstkosten zu vergüten sind. Hierbei sind79 Elsner, Bauverträge gestalten, 10480 Locher, Das private Baurecht, 16219


auch die Gemeinkosten, Lohnnebenkosten, Baustoffe, Materialien, Geräte- undMaschinenvorhaltung zu berücksichtigen. So wie die Selbstkosten, ist auch die Höhedes Gewinns vor Leistungsbeginn zu definieren.In § 5 Nr. 3, Satz 3 wird ausgeführt, dass, sobald bei der Bauausführung eineeinwandfreie Preisermittlung möglich sei, ein Leistungsvertrag abgeschlossenwerden soll. Das bis dahin bereits in einem SelbstkostenerstattungsvertragGeleistete wird entweder in den Leistungsvertrag einbezogen oder separat berechnetund vergütet.2.4 BauträgervertragIm Rahmen eines Bauträgervertrages 81 errichtet der Bauträger (Betreuer) auf einemGrundstück, das nicht im Eigentum des Erwerbers (Betreuten) steht, in eigenemNamen und für Rechnung des Betreuten aufgrund der von diesem genehmigtenPläne ein Bauwerk. Vertragliche Beziehungen bestehen hier zwischen dem Erwerberund dem Bauträger einerseits sowie dem Bauträger und den ausführendenUnternehmern sowie Planern andererseits. Der Erwerber steht somit nicht indirektem Vertragsverhältnis mit den am Bau Beteiligten. Ihm stehen somit keineunmittelbaren Mängelrechte gegenüber den Unternehmern zu. Das Grundstück, aufdem das Bauwerk errichtet wird, kann dabei im Eigentum des Erwerbers stehen odererst von einem Dritten beschafft werden, sofern eine Veräußerungs- oderErwerbsverpflichtung besteht. Entscheidend ist, dass schon während derBauausführung eine vertragliche Beziehung zwischen Erwerber und Bauträgerbesteht, die aus einem Vorvertrag resultiert oder auch eine Erwerbsverpflichtung desErwerbers beinhalten kann.Der Bauträgervertrag enthält Elemente des Kaufvertrages und des Werkvertrages. 8281 Locher, Das private Baurecht, 34982 BGH, BauR 1990, 46620


2.5 PartnerschaftsmodelleUm den Anforderungen des schrumpfenden Baumarktes gerecht zu werden, wurdenin den letzten Jahren verstärkt alternative Geschäftsmodelle diskutiert undangewendet, die auf ein partnerschaftliches Verhältnis der Baubeteiligten setzen.Hierbei wird das Ziel verfolgt, auftretende Interessenskonflikte zwischen denVertragspartnern frühzeitig aufzulösen. Das Ziel, der Inhalt und die Wirkungsweisedieser Partnerschaftsmodelle werden in den nachfolgenden Abschnitten behandelt.Dabei wird der „Garantierte-Maximum-Preis (GMP)-Vertrag“ erläutert, der die Basisfür weitere Entwicklungen darstellt. Stellvertretend für Entwicklungen auf derUnternehmerseite werden die Modelle „PreFair“ von HOCHTIEF, „Teamconcept“ vonStrabag und das „GMP-Modell“ der Bilfinger Berger AG erläutert.2.5.1 Garantierter-Maximum-Preis (GMP)-VertragDie „Garantierter-Maximum-Preis (GMP)-Verträge“ 83, 84 unterscheiden sich vonPauschalverträgen in erster Linie durch ein Vergütungsmodell mit Bonus/Malus-Regelungen, wodurch Auftraggeberinteressen wie niedrige Baukosten, kurzeBauzeiten und optimierte Gebäude mit den Interessen des Auftragnehmerskombiniert werden. Dazu wird der Auftragnehmer frühzeitig in das Projekteingebunden, wodurch dessen Know-how mit in die Planung einfließt. Gelingen demAuftragnehmer Kosteneinsparungen, werden diese nach einem vereinbartenSchlüssel zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer aufgeteilt.Die folgende Abbildung illustriert als Beispiel feste sowie variableAufteilungsverhältnisse zwischen den Vertragspartnern:83 Locher, Das Private Baurecht, 16384 Hök, Handbuch des internationalen und ausländischen Baurechts, § 1121


Bauherr GMP-Partner90 % 10 %75 % 25 %60 % 40 %50 % 50 %Ein Kernprinzip des Vertrages mit einer GMP-Vereinbarung ist dabei, dass der GMP-Partner immer Generalunter- oder Generalübernehmer ist. Er vergibt also die ganze,oder den wesentlichen Teil der Leistung an Nachunternehmer. In der Praxis werdenüblicherweise neben der reinen Bauleistung auch Planungsleistungen mitübertragen, insbesondere die Ausführungsplanung. Es handelt sich dann um denTotalunter- oder übernehmer.KosteneinsparungBauherr GMP-Partner0 – 3 % 0 % 100 %3 – 6 % 50 % 50 %6 – 10 % 80 % 20 %> 10 % 100 % 0 %Tab.: Bsp. für feste AufteilungsverhältnisseTab.: Bsp. für variable AufteilungsverhältnisseAbb. 4: Mögliche Bonus/Malus-Regelung beim GMP-Vertrag 85GMP-Verträge sind weitaus komplexer als allgemein übliche Pauschalverträge. Sieversuchen durch ein partnerschaftliches Verhältnis der Vertragsparteien, dieInteressenkonflikte zwischen den Vertragpartnern aufzulösen. Dazu gehört dieBeteiligung des Auftraggebers bei der Vergabe von Bauleistungen anNachunternehmer, wie auch die Politik der „Offenen Bücher“. Das setzt auf beidenSeiten neben einer hohen Kooperationsbereitschaft auch ein hohes Maß anKompetenz und Vertrauen voraus.Der durch den Unternehmer garantierte Maximalpreis setzt sich meist aus einemfesten und einem variablen Pauschalanteil zusammen. Der feste Pauschalanteilbezieht sich auf die planbaren Einzelkosten der selbst auszuführenden Teilleistungendes Auftragnehmers, denen ein vereinbarter Prozentsatz für Planungskosten,85 Gralla, Garantierter Maximalpreis: GMP-Partnering-Modelle - Ein neuer und innovativer Ansatz,141 f.22


Baustellengemeinkosten, Allgemeine Geschäftskosten sowie Wagnis und Gewinnzugeschlagen wird. Der variable Pauschalanteil besteht ausNachunternehmerleistungen und enthält garantierte Höchstkosten für alle Gewerke,mit Ausnahme der durch den GU selbst ausgeführten Leistung.Die nachfolgende Abbildung zeigt die Vergütungsbestandteile des GMP-Vertrages.variablerPauschalanteil Planungskosten, Gemeinkosten, AGK sowieWagnis und Gewinn des GU jeweils fürNachunternehmerleistungen Garantierte Höchstkosten für alle Gewerkeaußer eigener Werkleistung des GUfesterPauschalanteil Planungskosten, Gemein- undGeschäftskosten sowie Wagnis und Gewinnjeweils Eigenleistung EKT der eigenen Werkleistung des GUAbb. 5: Vergütungsbestandteile des GMP 86Nachforderungen sind bei einem Vertrag mit GMP-Vereinbarung nicht grundsätzlichausgeschlossen, da sich die Preisgarantie auf das vertraglich vereinbarte Bau-Sollbeschränkt. Zeitlich später erfolgende Änderungen der Bauausführung oderzusätzliche Leistungen sind grundsätzlich von der Preisgarantie nicht mehr umfasstund können zu einer Änderung des garantierten Maximalpreises führen.Vorteile einer GMP-Vereinbarung sind insbesondere die frühzeitige Kostensicherheitfür den Auftraggeber sowie die kürzere Projektabwicklungszeit durch die frühzeitigeBeauftragung des Auftragnehmers. Durch die frühzeitige Einbindung desAuftragnehmers kann dieser sein Wissen in Bezug auf kostengünstige Bauverfahreneinbringen, um so die Wirtschaftlichkeit des Projektes zu erhöhen. Als Nachteil wirdder fehlende Wettbewerb aufgrund der freihändigen und frühzeitigen Vergabeangeführt. Außerdem ist zu beachten, dass der tatsächlich abgerechneteGesamtpreis bei einem Bauvertrag mit GMP-Vereinbarung nicht unbedingt niedrigerals bei einem solchen mit Pauschalpreis liegen muss.86 Batel, Der Guaranteed Maximum Price Bauvertrag, Teil 1, Baumarkt und Bauwirtschaft, 4/2003, 3123


Es sollte also für jedes Projekt gesondert entschieden werden, ob die Vereinbarungeines garantierten Maximalpreises von Vorteil ist. Die Anwendung des GMP-Modellsist besonders für private Auftraggeber geeignet, die- regelmäßigen Bedarf an Bauleistungen haben,- hohe Anforderungen an eine frühe und verbindliche Preisfindung stellen,- den Auftragnehmer und sein Know-how früh einbinden und- das Projekt schnellstmöglich abwickeln wollen.2.5.2 PreFairDas von HOCHTIEF entwickelte Modell „PreFair“ 87 wurde im Jahr 2002 eingeführt.Dabei handelt es sich um ein Vertragsmodell, das aus den Inhalten desConstruction-Management entstanden ist. Das Modell beinhaltet weiterhin dieGrundsätze des Bauteams, da das Team aus Kunde, Architekt, Fachplanern und derBaufirma HOCHTIEF bereits in der Planungsphase partnerschaftlichzusammenarbeitet.KundePreFair-TeamHOCHTIEFConstruction AGArchitekt/FachplanerAbb 6: Das PreFair-Team der HOCHTIEF AG 8887 Heilfort/Stich, Neue Chancen mit alternativen Geschäftsmodellen, Baumarkt und Bauwirtschaft,12/2003, 1488 Hochtief Construction AG, PreFair. Partnerschaflich, sicher und schnell, 524


Der Ablauf eines Projekts wird in zwei Phasen unterteilt, die Preconstruction- und dieConstruction-Phase. Das komplette Leistungsspektrum, das in der jeweiligen Phaseerbracht wird, ist in der nachfolgenden Abbildung dargestellt. Bereits in derPreconstruction-Phase bringt die HOCHTIEF Construction AG ihre Kompetenz in dasProjekt ein. Am Ende dieser Phase liegt eine optimierte Planung vor, die alleerforderlichen Unterlagen für die Beauftragung der Construction-Phase enthält. Sokönnen ohne Informationsverlust die technischen und terminlichen Belange in derKalkulation und der Ablaufplanung berücksichtigt werden. Im Ergebnis legt Hochtiefdem Kunden ein verbindliches Angebot vor. Für die Construction-Phase stehen vierVertragsarten zur Auswahl:- der GMP-Vertrag- der Budgetvertrag- der Cost-Plus-Fee-Vertrag- der PauschalpreisvertragDer Budgetvertrag beinhaltet die Festlegung eines Budgets und denVerteilungsschlüssel bei einer Unterschreitung beziehungsweise Überschreitung desBudgets. Der Cost-Plus-Free-Vertrag orientiert sich an den Kosten desUnternehmens mit einem Zuschlag für die Management-Kosten.Preconstruction-PhaseGrundleistungen:- Projektmanagementkompetenzwährend der gesamten Phase- Risiko- und Sicherheitsmanagement –insbes. bei komplexen Projekten- Budgetentwicklung und -steuerung- Planungssteuerung- Kompetenz in der Tragwerksplanungund technischen Gebäudeausrüstung- Ausführungskompetenz- Logistik, Arbeitsvorbereitung,Terminplanung, Sicherheit,Umweltschutz- Regelmäßige Projektstandsberichte- Entwicklung von Vertragsmodellen fürdie Construction-Phase- Einbeziehung der Kundennetzwerkedes Auftraggebers in die PlanungConstruction-PhaseAngebot an Leistungen:- Ausführungsplanung und Bauausführung- Gemeinsame Ausschreibung und Vergabealler Leistungen an Partnerunternehmen- Einbindung in den Entscheidungsprozess- Einbeziehung der Kundennetzwerke desAuftraggebers in die Planung- Professionelles Einkaufs- undPartnermanagement- Effizientes Projektcontrolling mitregelmäßig detailliertenFortschrittsberichten- Baustellenorganisation undSchnittstellenmanagement- Einblick in alle Unterlagen (open books)Mögliche zusätzliche Leistungen:- Bedarfs- undWirtschaftlichkeitsanalysen mitFinanzierungskonzepten- Standortentwicklung- ArchitektenwettbewerbAbb. 7: Leistungsspektrum „PreFair“ der HOCHTIEF AG 8989 Heilfort/Stich, Neue Chancen mit alternativen Geschäftsmodellen, Baumarkt und Bauwirtschaft,12/2003, 1425


2.5.3 TeamconceptDie STRABAG AG hat das Modell „Teamconcept 90 entwickelt. Hintergrund diesesModells ist die Idee, den Service zu erweitern und ein Leistungsspektrum aus einerHand anzubieten, das alle baurelevanten Aufgaben umfasst. Das kompletteLeistungsspektrum ist in der nachfolgenden Abbildung dargestellt. Der Auftraggeberkann auch lediglich einzelne Leistungen auswählen und nur diese beauftragen. Dazuwurde das Leistungsspektrum in einzelne abgeschlossene Bausteine untergliedert.Um eine effiziente Ausführung zu erreichen, wird eine frühzeitige Beteiligung desBauunternehmens am Projekt angestrebt. Bereits in der Projektierungs- undPlanungsphase werden in partnerschaftlicher Zusammenarbeit alle Beteiligten in dasProjekt einbezogen. Vor Beginn der Bauausführung wird somit der Verlauf derAusführungs- und Nutzungsphase optimiert. Zur Berechnung der Kosten wird einedreistufige Kostenkalkulation erstellt. Zunächst erfolgt eine Schätzung, dieanschließend von einer Berechnung ersetzt wird. Vor Beginn der Ausführungsphasewird schließlich ein verbindliches Angebot mit einer Preisgarantie erstellt. Für dieAusführung hat der AG die Wahl zwischen drei alternativen Vertragsformen 91 :- der Pauschalpreisvertrag- der Cost-Plus-Fee-Vertrag- der GMP-Vertrag90 Heilfort/Stich, Neue Chancen mit alternativen Geschäftsmodellen, Baumarkt und Bauwirtschaft,12/2003, 1691 Strabag AG, Intelligentes Bauen mit Strabag Teamconcept, 326


ProjektierungsphasePlanungsphaseAusführungsphaseNutzungsphaseRechercheBeurteilung undErschließung dergeeignetenGrundstückePlanungKoordination allerbeteiligtenPlanungsteamsManagementKoordination allerGewerke undLieferantenKoordinationOrganisation derMieterausbauten undUmbaumaßnahmenFinanzierungHilfe bei derOrganisation einerFinanzierungSicherheitÜbernahme allerMaßnahmen zurArbeitssicherheitAnalogieVergleich derPlanungsdaten mitrealisierten ProjektenZeit / KostenErstellung der Zeit- undKostendefinitionenOptimierungUntersuchung allerPläne aufVerbesserungsmöglichkeitenProphylaxeErstellen vonPlananpassungenNetzwerkFreigabe der Baudatenfür alleBerechtigtenBauleistungGarantie einererstklassigenAusführungControllinglaufender Abgleich derkfm. DatenInspektionWartung der Gebäudeund technischenEinrichtungenInbetriebnahmeStellung des Personalsfür BetriebsstartAbb.: 8 Leistungsspektrum „Teamconcept“ der STRABAG 922.5.4. GMP-ModellDie Bilfinger Berger AG hat ein Kooperationsmodell entwickelt, das den Namen„Gemeinsam Miteinander Partnerschaftlich“ – „GMP“ – trägt. 93 Grundlage desModells ist eine möglichst frühzeitige Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten,wodurch aufgrund der optimalen vorausschauenden Kooperation aller Beteiligtenminimale Baukosten und größtmögliche Terminsicherheit bei bester Qualitätgewährleistet werden soll.Der Projektablauf wird bei diesem Modell in fünf Phasen unterteilt, die von derEntwicklung und Konzeption bis zum Betreiben den ganzen Lebenszyklus einesBauwerks umfassen. In jeder Phase werden die jeweils spezifischen Leistungenerbracht. Das Modell beinhaltet die Vereinbarung eines garantierten Maximalpreisesfür die Bauausführung. Dieser wird erst bei fortgeschrittener Planung festgelegt. Eine92 Heilfort/Stich, Neue Chancen mit alternativen Geschäftsmodellen, Baumarkt und Bauwirtschaft,12/2003, 1693 Heilfort/Stich, Neue Chancen mit alternativen Geschäftsmodellen, Baumarkt und Bauwirtschaft,12/2003, 1427


Beschreibung der Leistungsinhalte der einzelnen Modellphasen ist dernachfolgenden Abbildung zu entnehmen:- Gesamtplanung der Bauaufgabe- Behördliche und planungsrechtlicheFeinabstimmung- Definition des Qualitätsstandards- Vorbereitung der Entscheidungsvorlagen- Termin-, Kosten-, und Budgetüberwachung- Betriebskostenanalyse u.a.- Qualitäts- und Termintreue- Professionalität undKostensicherheit- Moderner Informations- undWissenstransfer- Baukompetenz und finanzielleSolidaritätEntwicklungund KonzeptionGeneralplanungBeratungPlanungsphaseProjektrealisierungBetreiben- Standort-, Bedarfs- undInfrastrukturanalyse- Wirtschaftlichkeitsberechnungen- Altlastrecherche- Umsetzung innovativerFlächenkompetenz u.a.- Planungsunterstützung in punctoNutzungsanforderungen, Kosten- undTermineinhaltung- Erarbeitung von Optimierungsansätzen- Überwachung und <strong>Dokument</strong>ation derKostenentwicklung- Ermittlung des Budgets- Standortbetreibung- Bedarfs- undProzessplanung- FortwährendeBetriebskostenkontrolleAbb. 9: Leistungselemente des „GMP“ der Bilfinger Berger AG 94Das Modell ermöglicht dem Kunden die Auswahl aus verschiedenen Kombinationen,die sich jeweils in der Beteiligung der Bilfinger Berger AG an den einzelnen Phaseneines Projektes unterscheiden. Bei der Wahl des Mindestpaketes ist die BilfingerBerger AG an der Beratung in der Planungsphase und an der Projektrealisierungbeteiligt. Schrittweise ist eine Ausweitung auf die Generalplanung, anschließend dieEntwicklung und Konzeption sowie letztendlich auf den Betrieb möglich. Dienachfolgende Abbildung zeigt die Kombinationsmöglichkeiten auf.Entwicklungund KonzeptionBeratungPlanungsphaseMindestpaketGeneralplanungProjektrealisierungBetreibenKombination IKombination IIKombination IIIAbb. 10: Kombinationsmöglichkeiten des GMP-Modell der Bilfinger Berger AG 9594 Bilfinger Berger AG, Gemeinsam Miteinander Partnerschaftlich, 11 -1395 Heilfort/Stich, Neue Chancen mit alternativen Geschäftsmodellen, Baumarkt und Bauwirtschaft,12/2003, 1528


2.6 New Engineering ContractDer New Engineering Contract (NEC) stellt eine Vertragsreihe dar, in derverschiedene Vertragsformen vom britischen Verband der Bauingenieure dargestelltsind. Die erste Auflage des NEC wurde 1993 veröffentlicht. Im Juli 2005 wurde diedritte Auflage aufgelegt, die mit Stand vom 21.01.2007 acht Musterverträge enthält.Aus Sicht der Bauausführung sind dabei der Engineering and Construction Contract(ECC) – Werkverträge für Planungs- und Bauleistungen – und der Engineering andConstruction Subcontract (ECS) – Nachunternehmer-Werkvertrag für Bauleistungen– von besonderer Bedeutung.Im Rahmen des NEC wurden vom britischen Verband der Bauingenieure dreizehnMerkmale entwickelt, die ein moderner Bauvertrag enthalten sollte:1. Eine ausdrückliche Pflicht aller Vertragspartner, fair und kooperativmiteinander umzugehen.2. Nachdrückliche Team-Work Verpflichtungen mit wechselseitigen, finanziellenAnreizen.3. Ein verknüpftes Gesamtvertragswerk, geeignet für alle Arten von Projektenund alle Vergabeformen.4. Eine einfach zu verstehende Sprache.5. Trennung der Rollen von Vertragsmanager, Projektsteuerer undSchiedsgutachter.6. Eine Auswahl zur Risikoverteilung.7. Vergütung von geänderten/zusätzlichen Leistungen vor Ausführung klären.8. Nicht nur Abschlagszahlungen nach Leistungsstand sondern auch nachErreichen von Meilensteilen oder Zahlungsplänen.9. Ausreichend hohe Zinsen, um vor schleppender Zahlung abzuschrecken.10. Absicherung von Zahlungen an Nachunternehmer über einen „Trust Fund“.11. Zügige Streiterledigung durch einen von Anfang an feststehendenunabhängigen Schiedsgutachter.12. Anreize für außergewöhnliche Leistungen.13. Vorrauszahlungen für Leistungen der Arbeitsvorbereitung/Baustelleneinrichtung.29


Der Engineering and Construction Contract (ECC), der als Werkvertrag für PlanungsundBauleistungen zu verwenden ist, besteht zunächst nur aus einem Grundgerüstaus Klauseln, die von sich aus nicht funktionsfähig sind. Erst durch eine Auswahl vonPflichtoptionen, die zu den Kernbestandteilen des Vertrages hinzugefügt werden,entsteht ein vollwertiger Werkvertrag. Bei den Kernbestandteilen handelt es sich umDefinitionen der allgemeinen Verpflichtungen der wesentlichen Aufgaben desAuftragnehmers, der Planungs- und Bauzeit, der Inbetriebnahme undMängelbeseitigung, der Vergütung und Zahlung, der Anpassung von Vergütung undTerminen, der Sicherheiten, der Gefahrtragung und Versicherungen, sowie derKündigung. Bei den oben genannten Pflichtoptionen ist aus einer Reihe vonangebotenen Vertragsoptionen, wie beispielhaft dem Einheitspreisvertrag oder demGMP-Vertrag zu wählen. Außerdem muss bei Vertragsabschluss entschiedenwerden, ob eine außergerichtliche Streitbeilegung vereinbart werden soll.Bei der Leistungserbringung im Rahmen eines ECC sind 5 Projektbeteiligtevorgesehen. Neben dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer sind dies derProjektsteuerer und die örtliche Bauüberwachung, die im Auftrag des Auftraggeberstätig werden, und der Schiedsgutachter, der durch eine Dreiecksvereinbarungzwischen Auftraggeber und Auftragnehmer beauftragt wird.In Bezug auf das Risikomanagement sieht der NEC3 ECC in Artikel 16 Nr. 1 eineVerpflichtung für den Projektsteuerer und den Auftragnehmer vor, sich gegenseitig inForm einer „early warning“-Mitteilung über Umstände zu unterrichten, die dieGesamtkosten erhöhen, die Fertigstellung verzögern, die vertraglichenZwischentermine verschieben oder die Eigenschaften bzw. die Leistungsfähigkeit derBauleistung beeinträchtigen könnten 96 . Bei einer Unterlassung einer „early warning“durch den Auftragnehmer ist in den Artikeln 61 Nr. 5 und 63 Nr. 5 festgelegt, wie indiesem Fall zu verfahren ist. Im Kern ist dort geregelt, dass der Auftragnehmerlediglich dann Ansprüche auf Vergütung und Bauzeitverlängerung zugebilligtbekommt, wenn er rechtzeitig eine „early warning“ herausgegeben hat. Hat er diesunterlassen, bekommt er nur die Vergütung und Bauzeit zugebilligt, die auch imRahmen einer rechtzeitigen „early warning“ entstanden wären. Dies kann zu einemteilweisen oder vollständigen Verlust der Ansprüche führen, wenn zum Zeitpunkt des96 Schmidt-Gayk, Vertragliche Instrumente zur Konfliktvermeidung gemäß NEC, SchriftenreiheIBB, Heft 44, 66 f.30


Eintretens des Ereignisses die Folgen durch anderweitige Entscheidungen hättenabgemildert oder verhindert werden können.Großer Wert wird auf die Darstellung und Fortschreibung eines Detailterminplansgelegt, der nicht nur den Bauablauf des Auftragnehmers darstellt, sondern auch dieerforderlichen Mitwirkungshandlungen des Auftraggebers und eventuelle AktivitätenDritter beinhaltet. Für die Einreichung und Beantwortung von Angeboten zurAnpassung von Vergütung und Bauzeit gelten sanktionierte Fristen undFormerfordernisse, die bei Missachtung durch den Auftragnehmer entweder zumVerlust von Ansprüchen, oder bei Missachtung durch den Bauherrenvertreter zurautomatischen Beauftragung führen.In der Literatur wird über eine hohe Anwenderzufriedenheit berichtet, sofernausreichende personelle Ressourcen zur Bewältigung der umfangreichenBerichtspflichten vorgehalten werden. 972.7 Mustervertragswerk der FIDICDie Fédération Internationale des Ingénieurs-Conseils (FIDIC) wurde 1913 in Belgienals Zusammenschluss nationaler Ingenieurverbände ins Leben gerufen. FIDIC ist derinternationale Verband der beratenden Ingenieure. Heute stellt FIDIC einenmodernen Interessenverband dar, der international anerkannte Standardverträgeherausgibt und gegenüber der Weltbank und vergleichbaren Organisationen dieInteressen der Industrie vertritt. 98Die Vertragsbedingungen für den reinen Bauvertrag sind bei FIDIC einfach zufassen. Inhaltlich handelt es sich um einen Bauvertrag, bei dem die Erstellung einesBauwerkes im Mittelpunkt der vertraglichen Leistungspflicht des Unternehmers steht.Er ist als Werkvertrag im Sinne von §§ 631 ff. BGB zu qualifizieren. 99 Unterschiedenwerden dabei die Disziplinen des Hoch- und des Tiefbaus. 10097 Schmidt-Gayk, Vertragliche Instrumente zur Konfliktvermeidung gemäß NEC, SchriftenreiheIBB, Heft 44, 7498 Mallman, Bau- und Anlagenbauverträge nach den FIDIC-Standardbedingungen, 699 Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 60. Aufl., Rdn. 3100 Weick, Vereinbarte Standardbedingungen im Deutschen und Englischen Bauvertragsrecht, 9131


Dem Grunde nach handelt es sich bei den FIDIC-Vertragswerken um Musterverträgefür die verschiedenen Disziplinen des Bauwesens, vergleichbar mit dem zuvorbeschriebenen New Engeneering Contract. Das Besondere an den Bau- undAnlagenbauverträgen nach den FIDIC-Standardbedingungen sind Regelungen, diedarauf abheben, Streitigkeiten zwischen den Bauvertragsparteien zu regeln. Aufdiese Besonderheiten wird in Kapitel 3 bei der Betrachtung derStreitbeilegungsverfahren eingegangen.2.8 Construction-ManagementConstruction Management 101 (CM) stellt eine Projektorganisationsform dar, bei derdas Projektmanagement mit Focus auf die Interessen des Auftraggebers dieProjektrealisierung weitgehend selbstständig mit Nachunternehmern durchführt, diejeweils ein komplettes Gewerk ausführen.Der Projektmanager, in diesem Fall dann Construction-Manager genannt, kann dabeials Vertreter des Auftraggebers oder selbst als Vertragspartner auftreten. Imletztgenannten Fall übernimmt der Construction-Manager dann auch die Risiken unddie Verantwortung für die Realisierung.Im Gegensatz zum Generalunternehmereinsatz, bei der der Unternehmer zumindestnoch wesentliche Teile der Bauleistung erbringt, übt der Construction-Manager nuradministrative Einflüsse aus. Insbesondere bei komplexen Bauwerken mit hohemÄnderungsbedarf ist das Construction-Management für den Auftraggeber wegen derRisikoverlagerung interessant.101 Hök, Handbuch des internationalen und ausländischen Baurechts, § 6, Rdn. 532


2.9 Finanzierungs- und BetreibermodelleFinanzierungs- und Betreibermodell umfassen neben den Planungs- undBauleistungen auch die Finanzierungskomponente und in verschiedenen Fällen denBetrieb der baulichen Anlage. Der englische Oberbegriff für Betreibermodelle 102 istBOT (Build, Operate, Transfer) und kennzeichnet die drei Phasen desBetreibermodells. Hierbei handelt es sich um die Bauphase, die Konzessionsphase,in der die Betreibergesellschaft die Anlage betreibt und den Transfer-Step, in demdie Anlage auf den Kunden übertragen wird. Neben den ursprünglichen BOT habensich zwischenzeitlich besondere Formen gebildet:- ROT (Rehabilitate, Operate, Transfer)das Akronym ROT bezeichnet eine Form des klassischen Betreibermodellsbei dem nicht der Anlagenneubau, sondern die Renovierung einerbestehenden Anlage im Mittelpunkt steht.- BLOT (Build, Lease, Operate, Transfer)BLOT steht dabei für ein Betreibermodell bei dem das Eigentum der Anlageeiner Leasinggesellschaft zuzuordnen ist.- BOO (Build Own Operate)Bei BOO handelt es sich um Betreibermodelle, die sich von der klassischenBOT-Form darin unterscheiden, dass ein Übertragen des Eigentums vomBetreiber auf den Kunden nicht vorgesehen ist.Darüber hinaus gibt es noch weitere Formen der Betreibermodelle, bei denen dieverschiedenen Leistungsinhalte von BOT-Projekten modulartig kombiniert werden.Da die Finanzierungs- und Betreibermodelle neben der zusätzlichenFinanzierungskomponente und dem Betrieb der baulichen Anlage im ÜbrigenPlanungs- oder Bauleistungen umfasst, können hierfür alle implementiertenVertragsarten herangezogen werden.102 http:// Betreibermodell.know-library.net/33


2.10 PPP-ModellePublic-Private-Partnership (PPP) ist ein Sammelbegriff für eine Vielzahlunterschiedlicher, wechselseitiger Austauschbeziehungen zwischen öffentlichen undprivaten Partnern. Aufgrund dieser Tatsache gibt es eine Vielzahl vonBeschreibungen bzw. Definitionen des Inhalts von PPP. In Deutschland orientiertsich die Handlungsweise der öffentlichen Hand in Bezug auf den Bausektor an demLeitfaden „PPP im öffentlichen Hochbau“ 103 . Die darin enthaltene Definition ist alstypisch zu bezeichnen und lautet:„PPP kann man abstrakt beschreiben als langfristige, vertraglich geregelteZusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und Privatwirtschaft zur Erfüllungöffentlicher Aufgaben, bei der die erforderlichen Ressourcen (z. B. Know-how,Betriebsmittel, Kapital, Personal) in einem gemeinsamenOrganisationszusammenhang eingestellt und vorhandene Projektrisikenentsprechend der Risikomanagementkompetenz der Projektpartnerangemessen verteilt werden“. 104PPP beschreibt somit keine konkrete Projektorganisationsform sondern bildetvielmehr einen Modellrahmen, innerhalb dessen verschiedeneProjektorganisationsformen zur Anwendung kommen können. Bei einer vollständigenLebenszyklusbetrachtung für ein Bauvorhaben umfassen PPP-Projekte die fünfProjektphasen Finanzierung, Planung, Bau, Betrieb/Unterhaltung undEndregelung. 105 PPP-Projekte im engeren Sinne beinhalten dabei mindestens dreidieser Phasen. Dabei muss die Phase Betrieb/Unterhaltung Bestandteil desvertraglichen Leistungsumfangs des Auftragnehmers sein. Hierdurch wird dieKosteneffizienz durch die Lebenszyklusbetrachtung hervorgehoben, die dieGrundidee des PPP-Ansatzes darstellt. Ein PPP-Projekt mit den ElementenFinanzierung, Planung und Bau beinhaltet zwar drei Phasen, legt jedoch den103 Budäus, Public Private Partnership – Strukturierung eines nicht ganz neuen Problemfeldes,Führung und Organisation 73 (2004), 312 ff.104 Beratergruppe „PPP im öffentlichen Hochbau“: PPP im öffentlichen Hochbau, Bundesministeriumfür Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, 2003105 Racky, Die Umsetzung des Managementansatzes Partnering bei construction-at-risk und PublicPrivate Partnership-Modellen IBW-Symposium 2006, 734


Schwerpunkt auf die Finanzierung und weniger auf die Optimierung von PlanungsundManagementprozessen.In aller Regel liegt der Fokus von PPP-Modellen auf einer partnerschaftlichenDurchführung von Vorhaben. So definiert auch der vorgenannte Bundesleitfadenhierzu folgendes:„Der partnerschaftliche Ansatz von PPP liegt in der Verfolgung einesgemeinsamen Zwecks, bei dem sich öffentliche Hand und Private über denkurzfristigen Austausch von Leistungen hinaus zu einer dauerhaftenZweckerreichung zusammenfinden und entsprechende Ressourcen in einemOrganisationsmodell zusammenführen, um gemeinsam bessere Ergebnisse beider Realisierung von Projekten erreichen zu können.“ 106Als Erfolgsvoraussetzung für PPP-Modelle werden eine funktionale,ergebnisbezogene Leistungsbeschreibung des öffentlichen Auftraggebers, dasVerfolgen des Lebenszyklusansatzes bereits in der Planungsphase, einesachgerechte Verteilung der Projektrisiken zwischen öffentlichem Auftraggeber undprivatem Auftragnehmer, leistungsorientierte Vergütungsmechanismen, dieDurchführung eines strukturierten, transparenten Bieterwettbewerbs und der Aufbaueiner Allianz des „Gemeinsam sind wir besser“ zwischen den beidenVertragsparteien angesehen. 107Es kann somit festgehalten werden, dass bei PPP-Modellen der partnerschaftlicheAnsatz für das Wirken der Vertragsparteien maßgeblich ist.106 Beratergruppe „PPP im öffentlichen Hochbau“: PPP im öffentlichen Hochbau, Bundesministeriumfür Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, 2003107 Racky, Die Umsetzung es Managementansatzes Partnerring bei construktion@risk und PublicPrivate Partnership-Modellen, IBW-Symposium 2006,13,1435


2.11 Die Kooperation im Bauvertragswesen2.11.1 Begriff der KooperationDer Begriff der Kooperation wird sprachlich vom lateinischen „cooperatio“ abgeleitetund bedeutet Mitwirkung oder Zusammenarbeit. 108 Bezeichnet wird der Prozesseiner gemeinsamen Zielverfolgung.Der Kooperationsgedanke spielt vor allem in der Soziologie und in denWirtschaftswissenschaften eine wichtige Rolle. In der Rechtswissenschaft wird derKooperationsbegriff für verschiedene Rechtsgebiete, wie bei dem Umwelt-, Kartell-,und dem Gesellschaftsrecht diskutiert.Der Bundesgerichtshof führt aus, der Bauvertrag als Langzeitvertrag bedürfe derKooperation der Vertragspartner, diese seien zur Kooperation verpflichtet. ZurKooperation gehören, so der Bundesgerichtshof weiter, Informations- undMitwirkungspflichten und Rügeobliegenheiten. 109Indem der Bundesgerichtshof vom Bauvertrag als Langzeitvertrag spricht, spielt erauf die Untersuchungen von Nicklisch zum komplexen Langzeitvertrag an. NachNicklisch ist die Kooperation eines der Strukturelemente des komplexenLangzeitvertrages. 110 Die Kooperation ist dabei auf verschiedenen Arbeitsebenenzwischen Auftraggeber und Auftragnehmer von Bedeutung. Im Besonderen bei derLösung von während des Projektablaufes auftretenden Fragen und Problemen, diemöglichst im Zusammenwirken der Vertragspartner geklärt und entschieden werdenmüssen, bei Folgen des Rechts des Auftraggebers, Anordnungen zu treffen undÄnderungen zu treffen, sowie bei der Auftraggebermitwirkung.Aus diesen drei Fallgruppen entwickelt Nicklisch die Erfordernis der ständigenKommunikation der Vertragspartner, das dem Informationsaustausch, der Klärungvon Problemen, dem Schließen von Vertragslücken und der Beilegung vonMeinungsverschiedenheiten dient. Da Nicklisch aus dem Erfordernis der Kooperation108 Fuchs, Kooperationspflicht der Bauvertragsparteien, 55109 Fuchs, Kooperationspflicht der Bauvertragsparteien, 56110 Nicklisch/Weick, VOB/B, Rdn. 436


eim komplexen Langzeitvertrag keine konkreten Pflichten oder Obliegenheiten derParteien ableitet, ist sein Verständnis des Kooperationsbegriffes eher deskriptiverNatur.Bei Verträgen, die keine Kooperation erfordern, kann es sich nicht um komplexeLangzeitverträge handeln, da Kooperation eines der Charakteristika desVertragstypus ist. Kooperation ist erforderlich, um den Leistungserfolg deskomplexen Langzeitvertrages – die Realisierung des Projektes durch denAuftragnehmer und die Zahlung der Vergütung durch den Auftraggeber –sicherzustellen. 111Dieses Kooperationsverständnis deckt sich mit dem von Kniffka, der Kooperationallgemeiner als Zusammenwirken der Vertragsparteien zur Erreichung desgemeinsam verfolgten Vertragszweckes definiert. 112 Die Notwendigkeit derKooperation ergebe sich aus dem Inhalt des Vertrages. Bereits bei dessenAbschluss leitet Kniffka Informations-, Mitwirkungs- und Verhandlungspflichten und -obliegenheiten ab.Heiermann definiert Kooperation als das möglichst einvernehmlicheZusammenwirken der Vertragspartner zur Erreichung des gemeinsamenVertragszieles, der Herstellung eines mangelfreien Bauwerkes unter denvereinbarten Prämissen, insbesondere Kosten- und Termineinhaltung. 113 ZurKooperation gehören das gegenseitige Verständnis für die Interessen des jeweilsanderen Vertragspartners und eine aktive Beteiligung an der Verfolgung desgemeinsamen Vertragszweckes.Nach Vygen ist das Kooperationserfordernis ein Ausdruck der besonderen Natur desBauvertrages, die insbesondere ein vertrauensvolles Zusammenwirken vonAuftraggeber und Auftragnehmer verlangt, wobei jeder aus dem ihm111 Fuchs, Kooperationspflichten der Bauvertragsparteien, 67112 Kniffka, Die Kooperationspflichten der Bauvertragsparteien im BauvertragJahrbuch Baurecht 2001, 1, 3113 Heiermann, Der neue Kooperationsgedanke am Bau im Lichte der aktuellen Rechtssprechung,Teil 1; Baumarkt und Bauwirtschaft, 3/2002, 2837


zuzurechnenden Bereich dazu beizutragen habe, dass die vertraglich vereinbarteBauleistung pünktlich und mängelfrei erbracht werden kann. 114Quack versteht die „klassische Kooperation“ in dem Sinne, dass beideVertragsparteien der jeweils anderen helfen sollen, ihre Rechte zu wahren. 115Über eine Abgrenzung der Begriffe Streit und Zusammenarbeit definiert Kraus daskooperative Verhalten. 116 Dabei können Konflikte und Zusammenarbeit auf zweiverschiedene Weisen ausgetragen werden. Zum einen versuchen die Parteien imStreit ihre jeweiligen Positionen durchzusetzen, um Sieger der Auseinandersetzungzu werden, und zum anderen bemühen sich die Parteien um ein Miteinander, um denKonflikt einvernehmlich zu beenden. Dabei sollen bei der Streitbeilegung durchZusammenarbeit möglichst große Vorteile für die Beteiligten erreicht werden. Beidieser Form der kooperativen Konfliktlösung geht es nicht um Sieg oder Niederlage,sondern um die kreative Lösung eines gemeinsamen Problems.Verbindet man die verschiedenen Definitionen, so ergibt sich, dass die Kooperationnotwendiger Bestandteil eines Bauvertrages ist, ohne den die Erreichung desVertragszweckes nicht möglich ist. 1172.11.2 Allgemeine KooperationspflichtenUnter den allgemeinen Kooperationspflichten kann die generelle Pflicht derBauvertragsparteien zur Zusammenarbeit verstanden werden. Die Rechtssprechungverpflichtet die Bauvertragsparteien zur Kooperation. 118Rechtsfolgen können aber erst aus einer Verletzung der sich aus demKooperationsverhältnis ergebenden Obliegenheiten und Pflichten zur Mitwirkung und114 Vygen, Ingenstau/Korbion, VOB/ B, § 9 Rdn. 17115 Quack, Der Bauvertrag als Kooperationsvertrag, IBR 2000, 198116 Kraus, Rational-Kooperatives Verhandeln – Eine geeignete Alternative zum Bauprozess?, JahrbuchBaurecht 1998, 137Jahrbuch Baurecht 1998, 137117 Fuchs, Kooperationspflichten der Bauvertragsparteien, 68118 BGH, NZ Bau 2001, 12938


gegenseitigen Informationen hergeleitet werden. 119 Die Kooperationspflicht kann indiesem Zusammenhang nicht als Rechtspflicht des Vertrages verstanden werden,sondern als Notwendigkeit zur Erreichung des Vertragszweckes.Erfüllungs- oder Schadensersatzansprüche oder nachteilige Rechtsfolgen für den miteiner Kooperationsobliegenheit belasteten Vertragspartner werden aus derVerletzung der Allgemeinen Kooperationspflicht nicht abgeleitet. Hieraus ergibt sich,dass ein Bauvertrag der Kooperation beider Vertragspartner bedarf. Die allgemeineKooperationspflicht ist keine Rechtspflicht, deren Verletzung rechtlich relevanteSanktionen auslöst. 1202.11.3 Besondere KooperationspflichtenBei den besonderen Kooperationspflichten handelt es sich um einzelne aus demKooperationsverhältnis der Bauvertragsparteien hervorgehende Pflichten undObliegenheiten. Hierzu gehören die Ankündigungs-, Informations-, Mitwirkungs-,Verhandlungs- und Rügeobliegenheiten und -pflichten. 121Kniffka nimmt hierzu eine Einteilung in Mitwirkungs-, Informations- undVerhandlungspflichten und -obliegenheiten vor, die nachfolgend erläutert werden. 122a. Mitwirkungspflichten und -obliegenheitenAusgangspunkt für die Entwicklung von Mitwirkungspflichten ist dieErkenntnis, dass sich beide Parteien, also Gläubiger und Schuldnereiner Leistung, nicht mit der rein buchstäblichen Erfüllung ihrerjeweiligen Hauptpflicht begnügen dürfen. Sie sind zur Zusammenarbeitverpflichtet.119 Kniffka, Die Kooperationspflichten der Bauvertragsparteien im Bauvertrag, JahrbuchBaurecht, 1,3120 Fuchs, Kooperationspflichten der Bauvertragsparteien, 71121 Fuchs, Kooperationspflichten der Bauvertragsparteien, 72122 Kniffka, Die Kooperationspflicht der Bauvertragsparteien im Bauvertrag,Jahrbuch Baurecht 2001, 839


Bei der Auskunftspflicht des Auftraggebers aus § 5 Nr.2 Satz 1 VOB/Bhandelt es sich um eine Mitwirkungspflicht. Der Zweck dieser Regelungliegt darin, den Auftragnehmer zumindest über den voraussichtlichenArbeitsbeginn aufzuklären. Folgerichtig werden die Rechtsfolgen einerVerletzung dieser Auskunftspflicht auch den Rechtsfolgen einerMitwirkungspflichtverletzung gleichgestellt.b. Verhandlungspflichten und -obliegenheitenZweck dieser Verpflichtungen ist es, einen Dialog einzuleiten.Während der Vertragsdurchführung sollen entstandeneMeinungsverschiedenheiten über die Art und Weise der Anpassungdes Vertrages durch Verhandlung einvernehmlich beigelegt werden.c. Informationspflichten und -obliegenheitenDiese Pflichten bewirken, dass dem Vertragspartner vor Eintritt weitererFolgen eine Warnung zukommt, damit er diese Folgen unterUmständen vermeiden kann. Darunter fallen Mitteilungs-, Anzeige-,Hinweis-, Beratungs-, Aufklärungs-, Belehrungs-, Warn- undOffenbarungspflichten.Die besonderen Kooperationspflichten tragen zum Zusammenwirken derVertragsparteien bei und dienen der Erreichung des gemeinsamenVertragszweckes. 123123 Fuchs, Kooperationspflichten der Bauvertragsparteien, 8240


2.12 Beteiligte der BauabwicklungIm Gegensatz zum Kaufvertrag, bei dem sich in der Regel nur zwei beteiligteParteien gegenüberstehen, begegnen sich in der Baupraxis beim Werkvertrag sehrviele „Beteiligte“. 124 Das Zusammenwirken der Beteiligten im Rahmen derBauabwicklung ergibt sich aus der Verteilung der Aufgaben im Projekt. Die Gruppeder Beteiligten wird von der Gesamtheit der Leistungsträger gebildet, die aktiv an derEntwicklung und Durchführung eines Projektes mitwirken.Zentrale Fragen in der Aufbauorganisation eines Bauprojektes sind dabei dieBestimmungen des Bauherrn, der entscheidet, wann, in welchem Umfang und inwelcher Form, er Aufgaben an andere delegiert. Dabei ist es ihm freigestellt, welcheFachleute und Unternehmen er bestellt, um seine Interessen und Ziele professionellund kostengünstig umsetzen zu können. Im Prinzip muss er die Zuständigkeitenjeweils dorthin delegieren, wo das Wissen und Können am Größten ist und wo dieAufgaben fachgerecht, wirtschaftlich und zuverlässig durchgeführt werden. Nach denLandesbauordnungen der einzelnen Bundesländer werden der Bauherr und dieanderen am Bau Beteiligten für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriftenals verantwortlich angesehen. Als am Bau Beteiligte definieren einzelneLandesbauordnungen den Bauherrn, den Entwurfsverfasser, den Bauleiter und denUnternehmer. 125 Dem Bauherrn wird dabei zur Vorbereitung, Überwachung undAusführung eines genehmigungspflichtigen Vorhabens, die Bestellung einesEntwurfsverfassers, eines Bauleiters und eines Unternehmers zur Auflage gemacht.Der Entwurfsverfasser wird dafür verantwortlich gemacht, dass die Zeichnungen undAnweisungen zur Ausführung dem genehmigten Entwurf und den öffentlichrechtlichenVorschriften entsprechen. Werden von ihm andere Sachverständige, sogenannte Sonderfachleute wie Statiker hinzugezogen, so sind diese für von ihnengefertigte Unterlagen eigenverantwortlich.Vom Unternehmer im Sinne der Landesbauordnung werden eine Ausführung nachden genehmigten Bauvorlagen und nach den allgemein anerkannten Regeln der124 Kapellmann/Langen, Einführung in die VOB/B, 13125 Mantscheff/Boisseree, Baubetriebslehre I, 8541


Technik, sowie die Sicherheit der Baustelle und die Einhaltung derArbeitsschutzbestimmungen gefordert.Der Bauleiter ist gegenüber der Bauaufsichtsbehörde verantwortlich für dieAusführung der Bauleistung nach den allgemein anerkannten Regeln der Technikund ist zuständig für die Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen. Der Bauleiterist im Sinne der Landesbauordnung der fachkundige Vertreter des Bauherrngegenüber der Bauaufsichtsbehörde und nicht der Bauleiter des Unternehmers. 126 InBezug auf die Pflichten des Bauleiters im Allgemeinen hat das OLG Düsseldorf 127definiert, dass ein von einer Partei entsendeter Verhandlungsteilnehmer alsbevollmächtigt gilt, ein Ergebnis zu verhandeln.In der Baupraxis haben sich in Bezug auf die Beteiligten der Bauabwicklung weitereBegrifflichkeiten geprägt, die nachfolgend dargestellt werden.Bauherr/AuftraggeberIn der Baupraxis werden die Begriffe Bauherr und Auftraggeber häufig synonymverwendet, was zu einem nicht unerheblichen Risikopotenzial führt. 128 Dies liegtdarin begründet, dass es bei denselben Bauvorhaben mehrere Auftraggeber,aber nur einen Bauherrn geben kann. Auftraggeber ist der heute allgemeinverwendete Begriff im privaten Baurecht. Auftraggeber ist derjenige, in dessenAuftrag Bauleistungen, Architektenleistungen, Ingenieurleistungen und andereserbracht werden. Aus dieser vertraglichen Definition des Auftraggebers ergibtsich, dass bei demselben Bauvorhaben zahlreiche Auftraggeber nachgeschaltetauftreten können. Der Bauherr ist derjenige, in dessen rechtlicherVerantwortung und auf dessen Kosten ein Bauvorhaben realisiert wird. Darausergibt sich, dass er zwingend gleichzeitig auch Auftraggeber irgend einesVertragspartners sein muss, es sei denn, der Bauherr realisiert das kompletteBauvorhaben ohne fremde Hilfe selbst, was jedoch nur in seltenen Fällenvorkommt. Der Bauherr ist also in der Regel Auftraggeber z. B. einesGeneralunternehmers oder auch zahlreicher Fachunternehmer, wenn das126 Mantscheff/Boisseree, Baubetriebslehre I, 87127 OLG Düsseldorf, Az: 5 U 10/99, 29.02.2000128 Langen/Schiffers, Bauplanung und Bauausführung, 6942


Bauvorhaben konventionell durchgeführt wird. 129 Der Bauherr kann sich inseiner Funktion als Gesamtverantwortlicher für die Durchführung desBauvorhabens durch professionelle Hilfe unterstützen lassen. Hierzu kann erArchitekten, Ingenieure, Projektsteuerer, Juristen und baubetriebliche Beraterhinzuziehen.Architekten und FachplanerIn Ergänzung zur Definition der Landesbauordnungen ist anzumerken, dassArchitekten und Fachplaner für die Dauer der Projektdurchführung engmiteinander kooperieren und Koordinationsaufgaben in Bezug auf denPlanungsinhalt wahrzunehmen haben. Im Rahmen der Planungen sind derArchitekt und die Fachplaner Erfüllungsgehilfen des Auftraggebers. 130ProjektsteuererDie heute vielfach vorgegebene Realisierung komplexer Bauprojekte innerhalbkurzer Zeiträume und mit fest bestimmten Budgets ist in der herkömmlichenForm mit Auftraggeber, Planer und Werkunternehmer in der Regel nicht mehrzu steuern. 131 Gleichzeitig sind Auftraggeber auch nicht in der Lage oderangesichts der Einmaligkeit der Bauaufgabe oftmals auch nicht willens, in ihremBereich erforderliche Managementkapazitäten zu schaffen und bereit zu halten.Aus diesem Grund werden derartige Managementleistungen häufig externvergeben. Die Projektsteuerung hat sich hier neben den Architekten und denFachingenieuren als eigenständiges Berufsfeld etabliert. In § 31, Absatz 1 derHOAI ist die Projektsteuerertätigkeit beschrieben. Im Kern ist dabei dieProjektsteuerung als eine professionelle Unterstützung des Auftraggebers beider Leitung eines Bauprojektes beschrieben. Im Mittelpunkt steht dieSicherstellung der Kosten-, Termin- und Qualitätsziele. Die Abgrenzung desProjektsteuerers gegenüber dem Architekten hängt von der jeweiligenvertraglichen Regelung ab.129 Langen/Schiffers, Bauplanung und Bauausführung, 70130 Kapellmann/Langen, Einführung in die VOB/B, 16131 Eschenbruch, Recht der Projektsteuerung, 143


Generalunternehmer (GU)Der Generalunternehmer 132 ist ein Hauptunternehmer, der sämtliche für dieHerstellung eines Bauwerkes erforderlichen Bauleistungen zu erbringen hat undwesentliche Teile hiervon auch selbst ausführt. Für nicht von ihm selbstausgeführte Leistungsinhalte setzt er Nachunternehmer (NU) ein.Generalübernehmer (GÜ)Der Generalübernehmer 133 ist jemand, der sämtliche für die Herstellung einesBauwerkes erforderlichen Bauleistungen zu erbringen hat, diese jedoch nichtselbst ausführt, sondern nur Nachunternehmer einsetzt.Nachunternehmer/FachunternehmerNachunternehmer ist derjenige, der von einem Bauunternehmer, also nicht vondem Bauherrn, mit der Ausführung einzelner Gewerke beauftragt wird. Bei denNachunternehmern handelt es sich im Regelfall um sogenannteFachunternehmer, die sich auf verschiedene Gewerke der Bauleistungspezialisiert haben. Der Nachunternehmer/Fachunternehmer ist gegenüberDritten, also auch gegenüber dem Bauherrn, Erfüllungsgehilfe desHauptauftragnehmers. 134Arbeitsgemeinschaft (ARGE)Eine Arbeitsgemeinschaft ist eine Gesellschaft, in der sich mehrereUnternehmer zur Errichtung eines Objektes zusammengeschlossen haben. DieArbeitsgemeinschaftsmitglieder haften ihrem Auftraggeber gegenübergesamtschuldnerisch. Der Vertrag wird zwischen Auftraggeber und derArbeitsgemeinschaft geschlossen. 135BaujuristDer Baujurist kann als Berater aller sonstigen am Bau Beteiligten fungieren. Erberät eine Partei in Bezug auf die vertragsrechtlichen Inhalte desBauvorhabens. Er wirkt bei der Gestaltung und Umsetzung von Bauverträgen132 Kapellmann/Langen, Einführung in die VOB/B, 14133 Kapellmann/Langen, Einführung in die VOB/B, 14134 Kapellmann/Langen, Einführung in die VOB/B, 15135 Kapellmann/Langen, Einführung in die VOB/B, 1644


mit. Bei auftretenden Streitigkeiten zwischen den sonstigen Baubeteiligtenunterstützt er die Durchsetzung berechtigter Ansprüche für den Auftragnehmeroder unterstützt den Auftraggeber bei der Abwehr von unberechtigtenForderungen. Er ist somit die fachliche Institution für alle baurechtlichen Fragenbei der Projektabwicklung.Baubetrieblicher BeraterDer baubetriebliche Berater kann sowohl für Auftraggeber als auch fürAuftragnehmer tätig werden. Er unterstützt seinen Auftraggeber in ähnlicherWeise wie der Jurist des Baurechts, jedoch bezogen auf baubetrieblicheBelange des Bauvorhabens. Darüber hinaus kann er im Rahmen derStreitbeilegung vermittelnde und dialogfördernde Aufgaben übernehmen. Hierzuwird im weiteren Verlauf der Arbeit vorgetragen.2.13 Ethik-ManagementDie zunehmende Vernetzung von Unternehmen sowie die Globalisierung derWirtschaft und die stark ansteigende Aufmerksamkeit der Gesellschaft für dasHandeln von Unternehmen haben eine Vielzahl ethischer Probleme in den Fokus derUnternehmen gesetzt. So stellt es einen Unterschied dar, ob ein Unternehmen miteinem Lieferanten eine Geschäftsbeziehung unterhält, der Vertragstreue undIntegrität in den Vordergrund stellt, oder mit einem Lieferanten inGeschäftsbeziehung steht, der in seiner Arbeitsweise durch Korruption, Bestechungund Bestechlichkeit bekannt geworden ist. 136Im Jahr 1996 haben die Unternehmen der Bauwirtschaft auf Initiative desBayerischen Bauindustrieverbandes damit begonnen, ein branchenspezifischesEthik-Managementsystem zu erarbeiten und zu implementieren. Dabei verfolgen dieUnternehmen die Intention, die Risiken aus Gesetzesverstößen und reputationsschädigendenPraktiken bei der Auftragsvergabe und Auftragsabwicklung zureduzieren. Das dabei entwickelte Ethik-Management enthält zwei Komponenten.Zum einen ist dies eine Selbstverpflichtung der Unternehmen auf ein136 Wieland/Fürst, Werte Management Systeme in der Praxis, 245


Werteprogramm und zum anderen die Verpflichtung daran mitzuwirken, diesesWerteprogramm weiter zu entwickeln. 137 Das Ziel des Werteprogramms ist dabei dieWahrung und Förderung integerer Geschäftspraktiken in der Bauwirtschaft. ZurIntegrität wird dabei neben der Gesetzestreue auch die Fairness bei allen Beteiligten,in allen Belangen des täglichen Geschäftes, angesehen. Dieses Werteprogrammbasiert auf den folgenden fünf für die Unternehmen verpflichtenden Bausteinen:- Vorgabe von Verhaltensstandards zu Gesetzestreue, Ablehnung illegalerGeschäftspraktiken, Durchführung eines Werteprogramms auch bei Partnern.- Einführung des Werteprogramms durch die Geschäftsleitung.- Umsetzung der Verhaltensstandards unter Einbeziehung der Mitarbeiter.- Unterrichtung und Schulung der Mitarbeiter in Bezug auf das Werteprogramm,Darlegung der Konsequenzen bei Nichtbeachtung.- Verpflichtung zur Informationsoffenheit durch externes Audit-Verfahren.Das Ethik-Management hat sich sowohl als Führungsinstrument nach innen als auchals Instrument zur Sicherung kooperativer Geschäftsbeziehungen im flexiblenBaumarkt bewährt. 138 Zwischenzeitlich hat die Deutsche Bauindustrie mit einemklaren Bekenntnis zu ethischen Grundwerten wie Fairness, Offenheit, Ehrlichkeit,Vertrauenswürdigkeit und Integrität am 21. März 2007 die bundesweite Einführungvon Wertemanagement-Systemen in der Bauwirtschaft bekannt gegeben. Damit wirddie von der Bayerischen Bauindustrie gestartete Initiative nunmehr bundesweitverbreitet.137 Däschlein, Ethik-Management in Unternehmen der Bauwirtschaft, 3138 Däschlein, Ethik-Management in Unternehmen der Bauwirtschaft, 446


2.14 Bewertung der Leitlinien geschäftlicher BeziehungenDer hier dargelegte Querschnitt der strategischen Ansätze zur Vertragsgestaltung imBauwesen gibt einen Überblick über die gebräuchlichen Vertragsformen und die inden letzten Jahren entwickelten Geschäftsmodelle.Aufbauend auf der Erkenntnis, dass die Vertragsparteien zur Kooperation verpflichtetsind und somit einer strukturierten Streitbeilegung gegenüber offen sein sollten, istdie Entwicklung eines Streitbeilegungsmodells aus dieser Sicht als sinnvoll zuerachten.Neue Geschäftsmodelle wie „Pre-Fair“ oder „Teamconcept“ stellen die Kooperationder Vertragsparteien in den Vordergrund und betrachten die Bauabwicklung als einePartnerschaft zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Soweit dieserGrundgedanke zwischen den Vertragsparteien gelebt wird, ist bei der Durchführungvon Bauvorhaben im Rahmen von Partnerschaftsmodellen mit einem Rückgang derStreitigkeiten zwischen den direkten Vertragsparteien zu rechnen. DiePartnerschaftsmodelle weisen jedoch den Nachteil auf, dass der Gedanke derGemeinsamkeit nur zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer zu erreichen ist. Inden zahlreichen, zweifellos unterhalb dieser Ebene vorhandenen Nachunternehmer-Vertragsverhältnissen lässt sich dieser Gedanke nicht realisieren, da eineGemeinsamkeit zwischen Auftragnehmer und seinen Nachunternehmern gegen dieIntentionen des Auftraggebers verstoßen würde und auf dieser Ebene dann diePartnerschaft gestört würde. Darüber hinaus werden die Partnerschaftsmodellebisher mit Standardverträgen realisiert, die keine Optionen zur Streitbeilegungenthalten. Dies muss auch bei einer angestrebten Kooperation als bedenklichangesehen werden.Aufgrund der frühzeitigen Einbindung des Bauunternehmens in denEntwicklungsprozess eines Bauvorhabens ist neben den beschriebenen Vorteilenanzumerken, dass hiermit unter Umständen durch den großenInformationsvorsprung, eine Benachteiligung der Wettbewerber gegeben sein kann,was für den Auftraggeber zu einer Unsicherheit bei der Preisbeurteilung führen kann.47


Aus diesen Gründen werden Partnerschaftsmodelle in dieser Form bei öffentlichenBauvorhaben kaum zur Anwendung kommen.Hier stellt der Ansatz der PPP-Modelle, zumindest für die EbeneAuftraggeber/Auftragnehmer, einen interessanten Ansatz dar, bei dem es auf dengemeinsamen Willen zur Partnerschaft der Parteien ankommt. Da PPP-Modelle inder Umsetzung vielfach auf einer funktionalen Leistungsbeschreibung basieren unddem Wettbewerb unterstellt werden, ist auch hier mit Streitigkeiten zwischen denVertragspartnern zu rechnen. Dies gilt im Besonderen für auch hier existierendeNachunternehmer-Vertragsverhältnisse, die nicht unbedingt vom PPP-Gedankengeprägt sein müssen. Auf die außergerichtliche, partnerschaftliche Beilegung vonStreitigkeiten sind PPP-Modelle nicht eingerichtet.Es bleibt zum einen abzuwarten, inwieweit sich neue Vertragsmodelle überhaupt aufdem Markt durchsetzen werden und ob zum anderen Partnerschaftsmodelle ohneein Streitbeilegungsmodell auskommen können. Letzteres ist zumindest zubezweifeln.Internationale Vertragswerke wie die Musterverträge der FIDIC haben dieNotwendigkeit der Streitbeilegung erkannt und entsprechende Werkzeugeimplementiert. Die dabei im Besonderen bei den FIDIC-Verträgen entwickeltenStreitbeilegungsverfahren werden in Kapitel 3 behandelt.Eine interessante Perspektive bietet der New Engineering Contract (NEC), bei demdie jeweiligen Vertragspartner direkt nach Kenntnisnahme einer Vertragsänderungden anderen Vertragspartner zu informieren haben. Diese Frühwarnung (earlywarning) steht grundsätzlich im Einklang mit der VOB/B, die auch den Auftragnehmerverpflichtet, rechtzeitig auf Behinderungen hinzuweisen. Diese frühzeitige Warnung,bei sich abzeichnenden Problemen stellt ein Instrument dar, das es denVertragsparteien ermöglicht, rechtzeitig Probleme anzupacken und zu lösen. Ausdiesem Grund wird diese Frühwarnung in das Streitbeilegungsmodell übernommen.Ansonsten bietet der NEC auch im NEC 9 „disputes and termination“ nur bedingtNeues. Er definiert die Kooperationspflichten der Vertragsparteien in ähnlicher Weise48


wie im deutschen Bauvertragsrecht. Eine strukturierte Vorgehensweise bei derStreitbeilegung ist erkennbar.Eine strukturierte Vorgehensweise ist für die in Deutschland verwendetenund hier dargestellten Vertragsformen nicht erkennbar. Die von Auftraggeber(Minimierung der Gesamtkosten) und Auftragnehmer (Maximierung des Gewinns)verfolgten Ziele stehen sich ohne ausreichende Regelungsmechanismengegenüber. 139Im Fazit ergibt sich, dass in Deutschland kein standardisiertes Vertragswerkimplementiert ist, das eine ganzheitliche strukturierte und zielgerichteteStreitbeilegung beinhaltet.139 Damm, von, Wesentliche Ursachen für Konflikte beim Bauen aus Unternehmersicht, IBB 2007, 549


3 StreitbeilegungsverfahrenEs werden nun die verschiedenen Streitbeilegungsverfahren vorgestellt undbewertet. Neben den in Deutschland verwendeten Verfahren werden dabei auchinternational gebräuchliche Wege zur Streitbeilegung aufgezeigt.3.1 Grundlagen der Streitbeilegung3.1.1 Allgemeine GrundlagenUm sich der Thematik Streitbeilegung zu nähern, ist es zunächst erforderlich,näheres über die Eskalation von Konflikten bzw. Streitigkeiten zu erfassen. DasModell der Konflikteskalation nach Friedrich Glasl 140 bietet eine Möglichkeit, Konfliktewährend ihres Verlaufes zu analysieren und damit besser reagieren zu können.Hierbei handelt es sich um ein Drei-Ebenen-Modell, das jeweils drei Abstufungen inden Ebenen vorsieht. In der 1. Ebene können beide Konfliktparteien noch gewinnen(Win-Win). In der 2. Ebene verliert eine Partei, die andere gewinnt (Win-Loose) undin der 3. Ebene verlieren beide Parteien (Loose-Loose).1: Spannung2: DebatteI>>win-winwin-looseloose-loose


Im Einzelnen stellt sich das Modell wie folgt dar:1. Ebene (Win-Win)Stufe 1: SpannungKonflikte beginnen mit Spannungen, wie gelegentliches Aufeinanderprallen vonMeinungen. Es ist alltäglich und wird nicht als Beginn eines Konflikteswahrgenommen. Wenn daraus doch ein wahrgenommener Konflikt entsteht, werdendie Meinungen entschiedener. Es entsteht eine Verhärtung der Standpunkte. DieSpannung ist durch Gespräche lösbar.Stufe 2: DebatteAb hier überlegen sich die Konfliktparteien Strategien, um den Anderen von ihrenArgumenten zu überzeugen. Meinungsverschiedenheiten führen zu einem Streit.Man will den Anderen unter Druck setzen. Es entsteht eine Polarisierung im Denken,Fühlen und Wollen (Schwarz-Weiß-Denken).Stufe 3: Taten statt WorteDie Konfliktpartner erhöhen den Druck auf den Anderen, um sich oder die eigeneMeinung durchzusetzen. Gespräche werden unter Umständen abgebrochen. Esfindet keine Kommunikation mehr statt und der Konflikt verschärft sich zunehmendschneller.2. Ebene (Win-Loose)Stufe 4: KoalitionenDie Suche nach Sympathisanten verschärft den Konflikt. Auf Grund des Glaubens andie eigene Rechtsposition wird der Gegner denunziert. Es steht nicht mehr die Sacheim Vordergrund, sondern es geht darum, den Konflikt zu gewinnen, damit der Gegnerverliert.Stufe 5: GesichtsverlustDurch Unterstellungen oder falsche Behauptungen soll der Gegner in seiner Identitätvernichtet werden. Es entwickelt sich ein vollständiger Vertrauensverlust. Der Verlustder moralischen Glaubwürdigkeit wird dabei als Gesichtsverlust erachtet.51


Stufe 6: DrohstrategienDie Konfliktparteien versuchen mit Drohungen die Situation zu kontrollieren. DieDrohung soll die eigene Macht veranschaulichen. Bei Nichtberücksichtigung dereigenen Forderungen werden Sanktionen aufgezeigt, sie verschärfen den Konflikt.3. Ebene (Loose-Loose)Stufe 7: Begrenzte VernichtungDer Gegner wird nicht mehr in seiner menschlichen Qualität wahrgenommen. Eswerden alle Wege beschritten, die es ermöglichen dem Gegner empfindlich zuschaden. Ab dieser Stufe wird ein begrenzter eigener Schaden schon als Gewinnangesehen, sofern der Schaden des Gegners als größer einzustufen ist.Stufe 8: ZersplitterungAuf dieser Stufe soll der Gegner mit Vernichtungsaktionen regelrecht zerstört werden.Stufe 9: Totale KonfrontationAuf dieser letzten und damit endgültigen Stufe kalkuliert man bereits die eigeneVernichtung mit ein, um den Gegner letztendlich besiegen zu können. Es führt somitkein Weg mehr zurück zur Verhandlung.Während das Modell von Glasl ein Werkzeug zur Einordnung der Konflikteskalationbietet, zeigt Breidenbach 141 vier Schritte auf, die zur rationalen und somitverstandesbasierten Lösung von Streitigkeiten führen.1. Schritt: InformationEine umfassende Sammlung von Informationen und Beweismitteln auch inForm von Zeugenaussagen und Expertengutachten ist eine unverzichtbareGrundlage für die Streitbeilegung.141 Breidenbach, Mediation: Struktur, Chancen und Risiken von Vermittlung im Konflikt52


2. Schritt: EvaluationDie gesammelten Informationen und Beweismittel werden zum Sachverhaltverdichtet und analytisch auf Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit undvertraglicher Gegebenheit hin analysiert. Mit Hilfe von Flussdiagrammenwird der Lösungsweg in Bezug auf die rechtliche Problematik aufgezeigt.3. Schritt: MediationEs wird untersucht, ob ein interessenbasierter Ausgleich möglich ist und obdies gewollt ist und Sinn macht.4. Schritt: DecisionHierbei handelt es sich um schnelle Entscheidungen mittels Einvernehmen,Schiedsgutachten oder Schiedsgericht. Eine langsame Entscheidung ist zuvermeiden, da sie unrationell ist und unnötig Arbeitskapazität bindet.Oberndorfer greift diese Problematik 142 auf und stellt sechs Methoden zurStreitbeilegung vor, die somit einen ersten Überblick über die Gesamtheit derexistierenden Streitbeilegungsverfahren geben.1. Methode: Verhandlung der VertragspartnerSie ist selbstverständlich jene Methode, die immer zuerst zum Einsatzgelangt und mit der viele Meinungsverschiedenheiten ohne Hilfe Dritterbeigelegt werden können.2. Methode: BaustellenschlichtungDer Feind jeder vernünftigen Kooperation zwischen Bauherr undUnternehmer sind kleinere, klar abgrenzbare Meinungsverschiedenheitenwährend der Leistungserbringung, die aus mangelnder Problemaufbereitungund mangelnder Entscheidungsfreudigkeit nicht rasch geklärt werden undsomit aufgrund ihrer Laufzeit zu einer größeren Problematik führen, die dasVerhältnis der Vertragsparteien empfindlich belastet.142 Oberndorfer, Claim Management und alternative Streitbeilegung im Bau- und Anlagenvertrag,Teil 1 Grundlagen und Methoden, 15553


3. Methode: Nicht bindende Streitbeilegung mit Hilfe DritterHier geht es vor allem um schwerwiegende Meinungsverschiedenheiten, diesich nicht mehr auf der Baustellenebene oder Projektebene beilegen lassen.Ein Lösungsweg soll mit Hilfe eines neutralen Dritten aufgezeigt werden.4. Methode: SchiedsgutachenHiermit wird eine bindende Entscheidung zu technischen bzw. rechtlichenProblemen durch einen Schiedsgutachter getroffen.5. Methode: Schiedsgericht6. Methode: ordentliches GerichtDie einzelnen Schritte fügt Oberndorfer in einer Stufenleiter derStreitbeilegungsmethoden 143 zusammen.6Ordentliches5 GerichtSchiedsgericht4Schiedsgutachten3Nicht bindende Streitbelegung2Baustellenschlichtungen1VerhandlungenAbb. 12: Stufenleiter der StreitbeilegungsmethodenDie Stufenleiter der Streitbeilegung nach Oberndorfer zeigt, dass einHintereinanderschalten von einzelnen Methoden einen möglichen Weg zurStreitbeilegung darstellt. Nicht nur bei der Streitentstehung, sondern auch bei der143 Oberndorfer, Claim Management und alternative Streitbeilegung im Bau- und Anlagenvertrag,Teil 1 Grundlagen und Methoden, 15754


Streitbeilegung spielt die menschliche Verhaltensweise eine große Rolle. 144 Dabei istzu berücksichtigen, dass die Umgangsformen der Menschen unterschiedlichausgeprägt sind. Problembewältigung bei der Bauabwicklung und bei bautechnischenFragestellungen werden von unterschiedlichen Teams unterschiedlich bearbeitet unddementsprechend ist das Potential für einen Streit bei gegebenen gleichartigenProblemen, selbst bei einem gleichen Vertrag, völlig unterschiedlich. Oberndorfergreift diese allgemein gültige Thematik auf und überträgt dies wie nachfolgendaufgeführt auf das Bauwesen. 145(1) Keine Vorurteile gegenüber den Personen des VertragspartnersDie Einschätzung der Gegenüber darf nur auf eigenen Erfahrungenbasieren und nicht darauf, was andere über sie erzählen.Vorverurteilungen sind problematisch in den zwischenmenschlichenBeziehungen. Vorurteile erschweren Objektivität und Sachlichkeit und sindder Nährboden für Emotionen.(2) Sachlichkeit des Ausdruckes in Wort und SchriftEs soll nach Möglichkeit sachbezogen und nicht personenbezogenformuliert werden. Persönliche Angriffe führen zu Gegenangriffen.(3) Keine persönliche Kritik, keine persönlichen Schuldvorwürfe an einenMitarbeiter des VertragspartnersPersönliche Kritik wirkt verletzend und muss deshalb vermieden werden.(4) Kontrolle der EmotionenBeleidigungen sind zu vermeiden. Eine Vergeltungsmentalität istauszuschließen. Festgestellte Schwachstellen von Mitarbeitern desVertragspartners dürfen nicht permanent herausgestellt werde. Es ist zuberücksichtigen, dass Emotionen Gegenemotionen verursachen.144 Oberndorfer, Claim Management und alternative Streitbeilegung im Bau- und Anlagenvertrag,Teil 1 Grundlagen und Methoden, 163145 Oberndorfer, Claim Management und alternative Streitbeilegung im Bau- und Anlagenvertrag,Teil 1 Grundlagen und Methoden, 164, 165,16655


(5) Kein unethisches VerhaltenJedes unethische Verhalten birgt zwei Gefahren. Zum einen kann eserkannt werden und zum anderen zur Erpressung führen. Außerdem führtunethisches Verhalten zur Schädigung des Rufes des Unternehmens undsollte deshalb schon vermieden werden.(6) Keine VerzögerungstaktikEin Verzögern von zugesagten Erledigungen muss vermieden werden.(7) Keine DrohungenDrohungen, etwa mit einer gerichtlichen Streitaustragung, bewirkenirrationales Verhalten und verhärten die Verhandlungssituation.(8) Akzeptanz von Gesprächsbereitschaft und VermittlungsanträgenDie Gesprächsbereitschaft und die Bereitschaft zur Mediation solltemöglichst lange offen gehalten werden.(9) Sichtbare Einschaltung eines Rechtsanwaltes möglichst spätDie Abklärung rechtlicher Positionen sollte parallel zur Streitentwicklungverlaufen. In der Außenwirkung sollte die Mitwirkung eines Rechtsanwaltesmöglichst spät erkennbar sein.Die Thesen von Oberndorfer zeigen auf, dass er sich bei deren Entwicklung nachdem Eskalationsmodell von Glasl ausgerichtet hat.Es gibt eine Vielzahl von Mustern, in denen Menschen auf Konflikte reagieren undversuchen, diese zu regeln. Diese lassen sich in den nachfolgenden Grundstrategien146 zusammenfassen.Eine Wesensart des Menschen, die für ihn als typisch zu bezeichnen ist, stellt denReflex zur Flucht dar. Hier handelt es sich um ein instinkthaftes Verhaltensmuster.Dieser Fluchtreflex zeigt sich heute in der Weise, dass man Konflikte nicht zurKenntnis nimmt und deren Lösung ständig verschiebt, indem man Gespräche meidet146 Englert/Franke/Grieger, Streitlösung ohne Gericht, 19256


oder in andere Themen ausweicht, um somit jedweder Diskussion und Konfrontationaus dem Wege zu gehen.Aus der Menschheitsgeschichte hat sich eine weitere typischeKonfliktbewältigungsform entwickelt. Hier stehen der Kampf und die Vernichtung imVordergrund. Nicht die Überlegung oder das Gespräch, sondern der Kampf und dieVernichtung werden als Alternative zur Flucht gesehen. Eine weitere, schon aus derUrzeitgeschichte des Menschen stammende Form der Konfliktbewältigung, stellt dieUnterordnung dar. In unserer heutigen multifunktionalen globalen Welt und ihrerWirtschaftsstruktur ist die Unterordnung eine beliebte Form der Konfliktbewältigung.Diese Vorgehensweise ist geprägt von dem Gedanken, die Schwierigkeitenumgehen zu können. Ziel ist es, den Konflikt in eine andere Ebene, z. B. eine Ebenenach oben zu verschieben. Der Konflikt wird sozusagen delegiert.Konflikte sind als alltägliche, unvermeidbare und immer wiederkehrende Ergebnissemenschlicher Aktivitäten anzusehen. Nicht jede Meinungsverschiedenheit stellt dabeieinen Konflikt dar und muss somit automatisch zum Disput führen. Eine bedeutsameRolle spielt die subjektive Wahrnehmung des Einzelnen. Ein Konflikt entsteht somiterst dann, wenn ein Betroffener eine auftretende Meinungsverschiedenheit alsBeeinträchtigung erlebt. 147 Angesichts der dynamischen Natur eines Konfliktesempfinden die Beteiligten die Beeinträchtigung umso stärker, je länger dieAuseinandersetzung andauert. 148 Daher ist in jedem Fall eine zeitnahe Lösung beiauftretenden Konflikten zu suchen. Dies ist erklärtes Ziel aller Methoden deralternativen Streitbeilegung. Die erfolgreiche Gestaltung von geschäftlichenBeziehungen hängt somit von der Fähigkeit ab, entstandene Konflikteeinvernehmlich zu lösen. Bei der Realisierung von Projekten spielen dabeiverschiede Kategorien 149 eine Rolle:- Sachkonflikte- Wert- und Grundsatzkonflikte- Verteilungskonflikte- Beziehungskonflikte- Strategiekonflikte147 Flucher, Mediation, 5, 27148 Duve, Konfliktmanagement, 40149 Flucher, Mediation, 1657


Bei der Durchführung eines Projektes wirken sich ungelöste Konflikte negativ auf dieDurchführung der einzelnen Prozesse aus. Da die Wahrnehmung derKonfliktbeteiligten subjektiv getrübt wird, ist die konstruktive Zusammenarbeitbeeinträchtigt. Dies führt zu einem Verlust an Effektivität und erhöht wiederum dieKosten. Im Extremfall kann die Geschäftsbeziehung zerstört werden. Dasnachfolgend dargestellte Konfliktmodell 150 zeigt zum einen den Weg derKooperationslösung und zum anderen den eher streitig angelegten Weg zur Lösungvon Konflikten.einseitigeLösungSachproblemEskalationIgnoranzKonfliktBearbeitenBeziehungsproblemMachtentscheidKooperationslösungGewinnerwinlooseVerliererGewinnerwinwinGewinnervon beiden Seitenakzeptiertes ErgebnisIsolationStressSkrupelUnzufriedenheitRachegefühlFrustrationscheinbare Konfliktlösungmit weiterhin vorhandenem Eskalationspotenzialund zerstörter (Geschäfts-) Beziehungdauerhafte KonfliktlösungAbb. 13: Konfliktmodell nach FlucherDie Kenntnis dieser Grundmuster ist erforderlich, um Lösungsalternativen entwickelnzu können.150 Flucher, Mediation, 5 f.58


3.1.2 Überblick erprobter VerfahrenFür die Lösung von Baustreitigkeiten ist eine Vielzahl von Lösungswegen denkbar.Vom völligen Verzicht auf Ansprüche über außergerichtliche Streitlösungen bis hinzum staatlichen Gericht sind alle Möglichkeiten gegeben. Zunächst zeigt Abb. 14einen zusammenfassenden Überblick 151 über die erprobten und bewährtenAlternativverfahren:AnspruchsverzichtLösungsmöglichkeiten fürBaustreitigkeitenStaatliches Gericht(AG; LG; OLG; BGH)Nach KonflikteintrittvereinbartAußergerichtlicheStreitlösungVon Anfangan vereinbartVerbindlicheVerfahrenUnverbindlicheVerfahrenSchiedsgericht(nach ZPO bzw.vereinbartenVerfahren)Schiedsgutachen(falls als verbindlichvereinbart)SchlichtungMediationAbb. 14: Überblick erprobter und bewährter Alternativverfahren nach EnglertBei den Verfahren bzw. Alternativverfahren ist die Entwicklung in den USA 152 und inEngland 153 weiter vorangeschritten als in Deutschland.Die außergerichtliche Streitlösung, die im englischen Sprachraum als „AlternativeDispute Resolution“ (ADR) bezeichnet wird, hat zum Ziel, auftretende Konflikte aufaußergerichtlichem Weg beizulegen. Dies erfolgt im Besonderen durch dieEinbeziehung einer neutralen und qualifizierten dritten Partei, die in der Lage ist,Konfliktsituationen in eine kooperative Zusammenarbeit umzuwandeln. 154 Dasoberste Ziel der ADR ist das selbstbestimmte Handeln der Konfliktparteien bei der151 Englert/Franke/Grieger, Streitlösung ohne Gericht, 4152 Winter, Adjudication: Kulturschock oder Gebot der Stunde?, IBR März 2007, 113153 Winter, Adjudication: Kulturschock oder Gebot der Stunde?, IBR März 2007, 113154 Oppen, Konfliktvermeidung und -erledigung, 20659


Suche nach einvernehmlichen Lösungen. Ein akzeptabler Interessensausgleichzwischen den Parteien ist dabei von größter Bedeutung. Zwischenzeitlich haben sichin den USA und in Europa unter dem Begriff ADR die verschiedenstenStreitbeilegungsverfahren entwickelt.Neben der Entwicklung der unverbindlichen Verfahren wie Schlichtung und Mediationsind dabei auch verbindliche Verfahren entstanden. Im Nachfolgenden werdenneben den etablierten Verfahren auch die wichtigsten Entwicklungen der alternativenStreitbeilegung dargestellt.3.1.3 Gesetzliche Regelungen in DeutschlandIn der Zivilprozessordnung hat es in Deutschland in den letzten Jahren zweiNeuerungen gegeben, die eine Einigung der Parteien fördern und die Notwendigkeitvon Gerichtsentscheidungen reduzieren soll.Am 01. Januar 2000 wurde das Gesetz zur Förderung der außergerichtlichenStreitbeilegung in Kraft gesetzt, womit § 15 a EGZPO eingefügt wurde. Durch dieseRegelung ist die Klage vor einem ordentlichen Gericht erst zulässig, nachdem voreiner anerkannten Gütestelle eine einvernehmliche Beilegung der anstehendenStreitigkeiten versucht worden ist. Damit sollte nicht nur eine Entlastung der Gerichteangestrebt, sondern auch eine kostengünstige schnelle Streitregulierung möglichwerden. 155 Dies ist jedoch erst dann verpflichtend, wenn der Landesgesetzgeberdieses bestimmt hat. Die obligatorische Güteverhandlung ist in Baden Württemberg,Bayern, Brandenburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen-Anhalt undSchleswig Holstein eingeführt worden. 156 Eine Verpflichtung zum Güteverfahrenentfällt, wenn bereits ein Mahnverfahren eingeleitet wurde. 157155 Hartmann, Das neue Gesetz zur Förderung der außergerichtlichen Streitbeilegung, 3745156 Wirth, Handbuch der Vertragsgestaltung, Vertragsabwicklung und Prozessführung im privaten undöffentlichen Baurecht, 1901, Rdn. 27157 Ebert/Friedrich, Alternative Streitbeilegung im zivilen Baurecht, 25260


Die Verpflichtung zu einer Güteverhandlung ist im Gesamten auf Kritik gestoßen.Ergebnisse von Erhebungen zeigen, dass dieses Verfahren nicht akzeptiert wird,sondern vermehrt das Mahnverfahren als mögliche Alternative angestrebt wird. 158Aufgrund dieser Tatsache sind erste Änderungen in der Ländergesetzgebungangekündigt bzw. bereits beschlossen, die vermögensrechtliche Streitigkeiten vonder verpflichtenden Streitschlichtung ausnehmen. Dies bedeutet, dass hiervon auchdie üblichen Baustreitigkeiten betroffen sind. 159Die zweite Regelung wurde am 01. Januar 2002 in Kraft gesetzt. Hierbei handelt essich um den § 278 Absatz II ZPO. Er setzt fest, dass einer mündlichen Verhandlungvor Gericht eine obligatorische Güteverhandlung vorgeschaltet sein muss. EineAusnahme ist dann gegeben, wenn bereits eine außergerichtliche Güteverhandlungstattgefunden hat oder das Gericht diese für aussichtslos hält. Hierbei handelt essich um die gerichtsnahe Mediation, die in 3.5.3 beschrieben wird.Dies sollte die Motivation der Streitparteien zu einer gütlichen Einigung erhöhen, sodass sie von selbst einen Weg zur Einigung hin einschlagen. Dieses ist jedoch inDeutschland mit gesetzlichem Zwang kaum zu erreichen 160 . Hierbei werdenregelmäßig die Erfolge von vergleichbaren Verfahren in Amerika und Englandvorgetragen. Vor dem Hintergrund, dass dort die Verfahren vor ordentlichenGerichten nicht nur deutlich länger dauern, sondern auch wesentlich kostspieligersind, wird ersichtlich, dass in Amerika und England eine Alternative zu dem Weg vordie staatlichen Gerichte ein Erfolg werden musste. 161 Ein Zustand der sich hierausfaktisch ergebenden Rechtsverweigerung ist für Deutschland nicht zu erkennen. Ausdiesem Grund ist der Bedarf an einem „Zwangsvergleich“ in Deutschland ehergering. 162 Grundsätzlich ist die Öffnung der Zivilprozessordnung für Möglichkeitender Verhandlung außerhalb der prozessualen Regeln allerdings zu begrüßen. 163158 Lauer, Erfahrungen mit der außergerichtlichen Streitbeilegung in Ausführung des § 15 a EGZPO,1282159 Für Bayern hat der bayerische Landtag in der Sitzung vom 13.12.2005 den Entfall des Schlichtungszwanges für vermögensrechtliche Streitigkeiten wegen seiner Ungeeignetheit beschlossen.160 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 151161 Stadtler, Außergerichtliche obligatorische Streitbeilegung – Chance oder Illusion?, 2479 ff.162 Baumbach/Lauterbach, Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und anderen Nebengesetzen,§ 278, Rdn. 7163 Hoffmann-Riem, Konfliktbewältigung in einer angebotsorientierten Rechtsschutzordnung, 190 ff.61


3.2 Verfahren zur Verhandlung3.2.1 Freie VerhandlungDie Verhandlung zwischen den Vertragspartnern ohne die Einschaltung Dritter kannals ein Streitregulierungsverfahren angesehen werden. Dies kann aus denEntscheidungen des Bundesgerichtshofes zu den Kooperationspflichten derBauvertragsparteien 164 entnommen werden. Dieses BGH-Urteil legt als einevertragliche Pflicht fest, dass Verhandlungen mit der Gegenseite zu führen sind undhierbei die einvernehmliche Beilegung von Meinungsverschiedenheiten erreichtwerden soll. Erst nach dem Scheitern von Verhandlungen sind demnach weitereSchritte zulässig.Die Vertragsparteien unterliegen bei der Verhandlung keinen Regelungen undkönnen somit deren Gestaltung frei bestimmen. 165 Üblicherweise wird das Verfahrender freien Verhandlung von einer Vertragspartei initiiert, indem diese die andereVertragspartei zu einem Gespräch einlädt und dazu die zu behandelnden Themenbenennt. Auch die Hinzuziehung von Dritten zu den Verhandlungen stellt einenüblichen Weg dar und unterliegt keinen Beschränkungen. Hierbei handelt es sich invielen Fällen um beratende oder auch streitbeteiligte Dritte. 166 Die Beteiligten desVerfahrens zur Verhandlung sind bei der Gestaltung des Ablaufes frei von Vorgaben.In vielen Fällen stellt dies ein Problem dar, da eine professionelle Ablaufplanung,eine vorbereitete Gesprächsführung und eine ergebnisorientierteVerhandlungsleitung nicht stattfinden 167 .In Folge der Vertragsfreiheit sind die Verhandlungsparteien befugt, alle Arten vonAbschlüssen zu tätigen. Grenzen werden unter anderem durch gesetzliche Verbote,Vereinbarungen zu Lasten unbeteiligter Dritter oder strafbare Handlungen gesetzt.Die in Verhandlungen getroffenen Vereinbarungen unterliegen den gleichenRegelungen, die auch für Verträge gelten und sind demnach bindend. 168164 BGH-Urteil vom 28.10.1999, Baurecht 2000, 409 ff.165 Englert/Franke/Grieger, Streitregulierung im Bauwesen, 108166 Sangenstädt, Rechtshandbuch für Ingenieure und Architekten, 261, Rdn. 14 ff.167 Quack, Kooperation im Bauwesen, 24168 Duve, Streitregulierung im Bauwesen, 10862


Ist nach Beendigung der Verhandlungen ein einvernehmliches Ergebnis erreicht, istder Streitfall als beendet zu erachten. Bei nur einer teilweisen oder bei keiner Einigungmüssen über weitere Streitregulierungsverfahren Lösungen gefunden werden.Den möglichen Ablauf von freien Verhandlungen zeigt die nachfolgende Abbildung.Schriftliche Einladung zuVerhandlungen mitBezeichnung derVerhandlungsthemenVerhandlungen derVertragspartnerProtokoll derVerhandlungsergebnisseEinigung der ParteienAnderesStreitregulierungsverfahrenAbb. 15: Ablauf einer freien Verhandlung 169Die Ergebnisse jeder Verhandlung sind zu dokumentieren, um spätere Einwände zuerschweren. Hierzu wird von den Verhandlungsteilnehmern ein Protokoll angefertigtund noch in der Verhandlung unterschrieben. Im Einigungsfall ist eine direkte Vollstreckungnicht möglich. Die Einigung stellt einen Vertrag dar und muss für den Fall,dass sich eine Partei nicht an ihre Wirkungen halten will, eingeklagt werden. DiesePraxis ist bei Verhandlungen auf der Baustelle häufig anzutreffen. 170 Die bereits benannteschriftliche Fixierung der Verhandlungsergebnisse ist somit ein wichtigerPunkt bei der Durchsetzung der Forderungen.Unabhängig von dieser Problematik sind die freien Verhandlungen zwischenVertragsparteien als die erfolgreichsten Streitregulierungsverfahren anzusehen. 171Schon aus diesem Grund ist es grundsätzlich sinnvoll, Verhandlungen zu führen.169 Duve, Streitregulierung im Bauwesen, 109170 Duve, Streitregulierung im Bauwesen, 110171 Haghshemo/Kaben, Konfliktursachen und Streitgegenstände bei der Abwicklung von Bauprojekten,26363


3.2.2 Step NegotiationDie Step Negotiation ist ein Entwurf für die Verhandlungsführung beiMeinungsverschiedenheiten, die im Zuge der Abwicklung von Bauprojektenauftreten. Das Verfahren stammt aus den USA und wurde speziell für den Bausektorentwickelt. 172 Es handelt sich hierbei um ein vertraglich zu vereinbarendesStufenmodell mit vorgegebenen Fristen. Die Fristen wurden auf Basis der originärenAufgabe der Beteiligten festgelegt und können im Einzelfall von den Vertragsparteieneinvernehmlich in geänderter Form bestimmt werden.Im Grunde handelt es sich um ein freies Verhandlungsverfahren, das über dreiStufen zum Erfolg führen soll. In der ersten Stufe werden Verhandlungen aufBaustellenebene zwischen den Beteiligten des Auftraggebers und desAuftragnehmers durchgeführt. Um die Bauleitung mit den Verhandlungen über dieStreitigkeiten nicht unnötig zu belasten, beträgt die Frist zur Lösungsfindung aufdieser Ebene einen Tag.Werden hierbei keine Ergebnisse erzielt, wird der Streitfall in der zweiten Stufe aufEbene der Projektleiter bzw. Oberbauleiter fortgeführt. Der Zeitraum für dieDurchführung der Verhandlungen ist mit zehn Tagen definiert. Endet auch dieseVerhandlung ergebnislos, werden die eventuell erreichten Teilergebnissedokumentiert und an die handelnden Personen der dritten Stufe übergeben.In der dritten Stufe werden die Verhandlungen auf Unternehmensebene geführt.Sollte hier wiederum innerhalb von zehn Tagen keine Lösung gefunden werden, wirdeine Baustellenschlichtung oder ein Mediationsverfahren eingeleitet. EineErläuterung dieser Verfahren erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt. Der Ablauf derStep Negotiation im Gesamten ist aus der nachfolgenden Abbildung zu entnehmen.172 Groton/Mac Pherson, Construction Company Strategist, 1/0164


Step NegotiationVerhandlung aufBauleitungsebeneAnnahmeneinVerhandlungen auf Oberbauleiter- /ProjektleiterebeneAnnahmeneinVerhandlung aufLeitungsebenejajakurze Frist1 TagEndeFrist10 TageEndeFrist10 TagejaAnnahmeneinSchlichtung oder MediationsverfahrenEndeAbb. 16: Ablauf einer Step NegotiationDa bei der Step Negotiation im Rahmen der stufenweisen Durchführung derVerhandlungen die handelnden Personen frühzeitig durch die nächste Ebene ersetztwerden, trägt dieses zur besseren Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber undAuftragnehmer auf der Ebene der mit der Bauabwicklung beschäftigten Personenbei. Ein Aufbau von Differenzen auf der zwischenmenschlichen Ebene wird soweitestgehend vermieden. Gleichzeitig wird durch kurze Fristvorgabe dieUnternehmensebene frühzeitig über die entstehenden Probleme informiert. Hierbeiist nicht nur die Sachinformation zu beachten, sondern auch die Information in Bezugauf die Verhandlungsfähigkeit der handelnden Personen in den untergeordnetenEbenen. Es kann somit rechtzeitig den in 3.1.1 beschriebenenHandlungsmechanismen entgegengewirkt werden. Die Step Negotiation verfolgt inden einzelnen Ebenen das Prinzip der Verhandlung auf „gleicher Augenhöhe“.65


3.2.3 Variante der freien VerhandlungUnter Berücksichtigung der Gesichtspunkte der freien Verhandlung und der Inhalteder Step Negotiation entwickelt Duve 173 eine Abstufung der freien Verhandlung.Hiernach werden die Verhandlungen zunächst auf Ebene der Projektbeteiligtendurchgeführt. Diesen sind vertraglich festgelegte Termine und Fristen sowieFormalien vorgegeben. Die Protokollierung der Arbeitsergebnisse erfolgt ebenso wiedie Feststellung des Scheiterns in den Streitpunkten. Sollte hierbei kein Ergebniserzielt werden, wird wie bei der Step Negotiation die Gesprächsführung aufvorgesetzter Ebene ohne Beteiligung der eigentlichen Streitebene fortgeführt. Hierbeibesteht die Möglichkeit der Beteiligung beratender Dritter. Es handelt sich umexterne Berater, die zur Unterstützung der jeweiligen Verhandlungspositionhinzugezogen werden. Diese sind nicht der Neutralität verpflichtet.In einem nächsten Schritt werden Verhandlungen unter Beteiligung neutraler Dritterdurchgeführt. Eine weitergehende Verifizierung der Vorgehensweise erfolgt nicht.Sollte es auf dieser Ebene zu keiner Einigung der Parteien kommen, werden andereStreitregulierungsverfahren angesprochen aber von Duve nicht benannt. Dasnachfolgende Ablaufdiagramm gibt einen Überblick über den Verhandlungsverlauf.173 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 11166


Verhandlung der Projektbeteiligten unterBeachtung vertraglich festgelegter Termine,Fristen und Formalien.Protokollierung der Ergebnisse und derArbeitsaufgaben,Feststellung des Scheiterns in Streitpunkten.Gesprächsführung auf vorgesetzterEbene ohne Beteiligung derStreitebenen über die offenenStreitpunkteVerhandlungen unter Beteiligungberatender DritterVerhandlungen unter Beteiligungneutraler Dritter, z. B. mittelsbesonderer VerhandlungsverfahrenEinigung der ParteienAnderesStreitregulierungsverfahrenAbb. 17: Variante der freien Verhandlung 174Die Variante der freien Verhandlung sieht vor, dass bereits im Vertrag feste Abläufe,Termine, Fristen und Formalien vorzusehen sind. Eine Erläuterung hierzu erfolgtjedoch nicht.3.2.4 PrivatgutachtenDas Privatgutachten, für das auch der Begriff Parteigutachten verwendet wird, ist imGrunde kein Streitregulierungsverfahren als solches. In der Praxis findet es häufigAnwendung, wenn ein Vertragspartner nicht die ausreichende Sachkompetenz zurBeurteilung einer Frage hat und sich somit im Vorfeld des Streites um eine interneKlärung des Standpunktes bemüht. 175 Insoweit ist es als Streit vermeidend anzusehen.Zur Untersuchung und Beantwortung von Fragen, die zwischen den Parteienzum Streit stehen, beauftragt einer der Vertragspartner einen Gutachter seiner Wahl.174 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 111175 Pastor, Werner/Pastor, 71, Rdn. 14867


Die andere Vertragsseite muss über diesen Vorgang nicht informiert und somit auchnicht beteiligt sein. Das erstellte Gutachten wird nur dem beauftragendemVertragspartner übergeben und zur Kenntnis gebracht. Dieser entscheidet über dieVerwendung des Gutachtens. Sollte seine Auffassung durch das Gutachten bestätigtsein, wird er dieses der anderen Vertragspartei übergeben. Mit der Erstellung desPrivatgutachtens der Vorgang abgeschlossen. Der Verlauf des Verfahrens stellt sichwie nachfolgend aufgezeigt dar.Beauftragung eines Gutachtersdurch einen VertragspartnerAnfertigung des GutachtensBeliebige Verwendung desGutachtens durch denEinigung oder weitereStreitregulierungAbb. 18: Verfahrensablauf Privatgutachten 176Die Ergebnisse des Privatgutachtens sind für keine der Parteien bindend. Die Kostensind durch den Beauftragenden zu tragen. Privatgutachten sind dann besonderssinnvoll, wenn: 177- dem Gutachter Informationen aus der Sphäre des anderenVertragspartners und dessen Argumente zur Verfügung gestelltwerden.- der Gutachter seine primäre Aufgabe darin sieht, höchst qualifizierteExpertenerfahrung einzubringen und nicht nur mit seinem Gutachtenseinen Auftraggeber bei der Durchsetzung von dessen Forderung zuunterstützen.176 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 82177 Oberndorfer, Claim Management und alternative Streitbeilegung im Bau- und Anlagenvertrag,Teil 1 Grundlagen und Methoden, 16768


- der Gutachter mit seinem fachlichen und persönlichen Rufunbestritten ist.Schlussfolgernd kann hiervon abgeleitet werden, dass Privatgutachten dann amsinnvollsten sind, wenn sie neutral erstellt sind, so dass auch die andereVertragspartei dem Ergebnis folgen kann. Von seriösen Privatgutachten kann auchein Präjudiz ausgehen, wenn in einem anschließendenTatsachenfeststellungsverfahren ein anderer Gutachter tätig werden sollte. 1783.2.5 Bewertung der Verfahren zur VerhandlungDie freien Verhandlungen von Vertragspartnern sind die erfolgreichstenStreitregulierungsverfahren. Da sie im Bauwesen regelmäßig angewendet werden,entstehen hier nur geringe zusätzliche Kosten. Ein klarer Nachteil derVerhandlungsverfahren liegt jedoch in ihrer Unverbindlichkeit. Darüber hinaus sinddie Vorteile der Mediation, Schlichtung und Entscheidung nicht oder in nichtausreichender Form eingeführt. Regelungen zur zeitlichen und inhaltlichenDurchführung bestehen nicht.Die in den USA entwickelte Step-Negotiation berücksichtigt dieses Defizit undbeinhaltet zeitliche Vorgaben zum Ablauf und strukturiert die Vorgehensweise beiden Verhandlungen. Die Inhalte und damit die Vorteile der Mediation, Schlichtungund Entscheidung sind auch bei der Step-Negotiation nicht berücksichtigt. Die Step-Negotiation bietet jedoch eine gute Basis für die Entwicklung eines neuenStreitbeilegungsmodells.Das Privatgutachten stellt kein eigenständiges Streitregulierungsverfahren dar,sondern trägt durch seine sachverhaltsaufklärende Wirkung in einemVerhandlungsverfahren zur möglichen Streitbeilegung bei. Das Privatgutachten wirktsomit nur in sehr engen Grenzen und ist für die Beilegung eines Streitfalles in seinerKomplexität nicht geeignet.178 Geiger, Die Rolle des Richters unter den gegenwärtigen Bedingungen unserer freiheitlich rechtsstaatlichenDemokratie, 32169


3.3 Verfahren nach VOB3.3.1 Verfahren nach § 18 Nr. 2 VOB/BIn § 18 Nr. 2 VOB/B wird ein besonderes Verfahren beschrieben, bei dem derVertragspartner des Auftragnehmers die öffentliche Hand ist. Dabei wird unter derThematik Behörde der hierarchische Aufbau der Verwaltung mit entsprechendenAufsichtsfunktionen der vorgesetzten Stellen verstanden. 179 Wenn es keine derbeauftragenden Behördenebene vorgesetzte Stelle gibt, kann ein Verfahren nach §18 Nr. 2 VOB/B durch den Auftragnehmer nicht beantragt werden. Das Verfahren istsomit selbst bei Anwendung der VOB/B in seinem Anwendungsbereich beschränkt.Das Verfahren beginnt dann, wenn es Meinungsverschiedenheiten zwischen demAuftragnehmer und der beauftragenden Behörde gibt, die nicht direkt einer Lösungzuzuführen sind. Hier eröffnet § 18 Nr. 2 VOB/B dem Auftragnehmer die Möglichkeitdie unmittelbar vorgesetzte Stelle dieser Behörde anzurufen. Dieser Antrag unterliegtkeiner Formerfordernis und kann auch mündlich gestellt werden. 180 Beteiligte desVerfahrens sind der Auftragnehmer, der Auftraggeber sowie die vorgesetzteBehörde. In der Praxis werden zu diesem Zeitpunkt bereits andere Streitbeteiligte inden Streitfall einbezogen. Hierbei handelt es sich u. a. um betroffeneNachunternehmer, Parteigutachter und Rechtsanwälte des Auftragnehmers. Dieangerufene Behörde muss dem Auftragnehmer die Möglichkeit zu einer mündlichenAussprache geben und ihn möglichst innerhalb von zwei Monaten nach Anrufungschriftlich bescheiden. Dabei ist auf die Rechtsfolge hinzuweisen, dass dieEntscheidung als anerkannt gilt, wenn der Auftragnehmer nicht innerhalb von dreiMonaten nach Eingang des Bescheides schriftlich Einspruch beim Auftraggebererhebt.179 Heiermann, Heiermann/Riedel/Ruhsam, B § 18 Rdn. 5 f.180 Merkens, Kapellmann, Messerschmidt, B § 18 Rdn. 1970


Das Verfahren nach § 18 Nr. 2 kann man als auftraggeberseitig dominiertesStreitbeilegungsverfahren bezeichnen. Abb. 19 gibt einen Überblick über den Verlaufdes Verfahrens nach § 18 Nr. 2 VOB/B.Antrag an die vorgesetzte BehördeEventuell Schriftwechselzwischen den StreitparteienGelegenheit zur mündlichen AusspracheEntscheidung der vorgesetzten BehördeEinverständnis oderUntätigkeit desAuftragnehmersEntscheidung wirdbindendAblehnung durch denAuftragnehmerEinspruch desAuftragnehmersStreit bleibt offenAbb. 19: Verfahren nach § 18 Nr. 2 VOB/B 181181 Duve, Streitregulierung im Bauwesen, 8871


3.3.2 Verfahren nach § 18 Nr. 3 VOB/BDer mit der VOB 2006 eingeführte Absatz Nr. 3 des § 18 der VOB/B stellt keineigenständiges Streitbeilegungsverfahren dar, sondern zeigt erstmalig einen Weg zurVerwendung von Verfahren zur Streitbeilegung bei Verwendung der VOB/B auf.Damit bindet die VOB/B alternative Streitbeilegungsverfahren besser ein. In § 18 Nr.3 der VOB/B wird weiterhin darauf verwiesen, dass die Vereinbarung von Verfahrenzur Streitbeilegung mit Vertragsabschluß erfolgen soll. Weitergehende Regelungenoder Festlegungen wurden nicht getroffen.3.3.3 Verfahren nach § 18 Nr. 4 VOB/BEin weiteres Streitregulierungsverfahren ist in § 18 Nr. 4 der VOB/B aufgezeigt. Unterbestimmten Voraussetzungen kann eine staatlich anerkannte Materialprüfstelle eingeschaltetwerden. Es handelt sich um eine besondere vertragliche Regelung, beider durch ein Schiedsgutachten eine Entscheidung getroffen wird, die für beide Parteienverbindlich ist. Es ist geeignet für die Regelung von Meinungsverschiedenheitenüber die Eigenschaften von Stoffen und Bauteilen, für die allgemein gültigePrüfverfahren bestehen. Eine weitere Voraussetzung besteht darin, dass diesePrüfverfahren zur Prüfung der streitigen Eigenschaft geeignet sein müssen.Der § 18 Nr. 4 der VOB/B kommt weiterhin zum Tragen, wenn Meinungsverschiedenheitenentstehen, die auf Grund von streitigen Fragen zu der Zulässigkeit oderder Zuverlässigkeit von Maschinen oder Verfahren einer bereits vorgenommenenPrüfung von Stoffen oder Bauteilen aufgekommen sind.Das Verfahren nach § 18 Nr. 4 VOB/B ist nicht auf öffentliche Auftraggeber beschränkt,sondern in jedem Fall anwendbar, wo die Wirksamkeit der VOB/B vertraglichvereinbart ist. Dies gilt somit auch bei privaten Auftraggebern. 182 Sollte ein anderesStreitregulierungsverfahren bereits begonnen worden sein, in dem eine Tatsachenfeststellungerforderlich wird, kann die Schiedsgutachterabrede eingewendetwerden, wenn sie zuvor nicht angewendet wurde. Das begonnene Verfahren zurStreitregulierung ist dann auszusetzen und das Schiedsgutachten nachzuholen. 183182 Altschwager, Baurecht, 157 ff.183 Duve, Streitregulierung im Bauwesen, 9172


Das Verfahren nach § 18 Nr. 4 der VOB/B kann von jeder Vertragspartei eingeleitetwerden. Zunächst erfolgt die Benachrichtigung des anderen Vertragspartners. Dannwird eine staatliche oder staatlich anerkannte Prüfstelle durch den die Prüfungveranlassenden Vertragspartner beauftragt. Die Auswahl der Prüfungsstelle erfolgtdurch den Beauftragenden. Im Rahmen des Prüfungsverfahrens hat diePrüfungsstelle beide Vertragspartner in der Sache zu hören. Nach Anhörung derParteien wird dann das Gutachten durch die Prüfungsstelle erstellt, womit dasBegutachtungsverfahren gleichzeitig beendet ist. Die Kosten des Verfahrens trägtder unterliegende Teil. Abb. 20 visualisiert den Ablauf des Verfahrens nach § 18 Nr.4 der VOB/B.Benachrichtigung des Vertragspartnersüber dieEinleitung des VerfahrensBeauftragung einerstaatlich anerkanntenMaterialprüfungsstelleAnhörung beiderStandpunkte durch dieMaterialprüfungsstelleVerbindliches Gutachtender PrüfungsstelleBekanntgabe desGutachtens an beideVertragspartnerEinigung oder weiteresStreitregulierungsverfahrenAbb. 20: Verfahren nach § 18 Nr. 4 VOB/B 184184 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 9273


3.3.4 VOB-AusschussSollte bei Bauverträgen die VOB/B vereinbart sein, kann eine Klärung streitigerThemen durch die VOB-Ausschüsse oder VOB-Stellen erfolgen. 185 Entweder sind siemit ihren Geschäftsstellen bei den Handwerkskammern oder den Ministerien fürWirtschaft und Arbeit angegliedert. Als zu behandelnde Streitthemen kommen dieAuslegung der VOB/B und der damit vereinbarten VOB/C, die Auslegung vonLeistungsbeschreibungen, Abrechnungsprobleme und ähnlich gelagerte Themen inFrage. Bedingung ist jedoch, dass zumindest eine der Streitparteien ihren Sitz indem jeweiligen Bezirk des VOB-Ausschusses hat und dass das Verfahren noch nichtbei Gericht oder in einem anderen Streitregulierungsverfahren anhängig ist.Der Verfahrensbeginn erfolgt mit einem Antrag an die Geschäftsstelle des VOB-Ausschusses. Darin ist durch die beantragende Partei der Sachverhalt zu schildern.Beteiligt an dem Verfahren ist der Antragsteller. Grundsätzlich besteht auch dieMöglichkeit, dass sich die Streitparteien verständigen und eine gemeinsame Anfrageeinreichen. Nach Einreichung des Antrages erarbeitet die Geschäftsstelle auf Basisder eingereichten Unterlagen und ggf. Rückfrage beim Antragsteller eineEntscheidungsvorlage für den Ausschuss. Die Entscheidungsvorlage istanonymisiert, damit die Vertreter des Ausschusses, der sich aus Vertretern derAuftraggeber- und Auftragnehmerseite zusammensetzt, sich unvoreingenommen aufdie Fragestellung konzentrieren können. Der Ausschuss beschließt für die einzelnenFragen und gibt diese Entscheidung an den Antragsteller weiter. Die Entscheidungendes VOB-Ausschusses sind nicht bindend, sondern haben nurEmpfehlungscharakter. Dies bedeutet, dass ein anderes Streitregulierungsverfahrendurchgeführt werden muss, wenn sich die Streitparteien aufgrund der Empfehlungdes VOB-Ausschusses nicht einigen. Ein Vorteil des Verfahrens vor dem VOB-Ausschuss liegt darin, dass es kostenlos ist. Die nachfolgende Abbildung stellt denAblauf des Verfahrens vor dem VOB-Ausschuss dar.185 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 9474


Antrag einer Partei an dieGeschäftsstelle des VOB-AusschussesGeschäftsstelle erarbeitetanonymisierteEntscheidungsvorlageVOB-Ausschuss berät die FragestellungSchriftliche Mitteilung derunverbindlichenEntscheidung an denAntragstellerAbb. 21: Verfahren vor dem VOB-Ausschuss 186Da die Empfehlung des VOB-Ausschusses unverbindlich ist, kann diese mit einemSchlichterspruch verglichen werden. 187 Es handelt sich somit im weitesten Sinne umein Schlichtungsverfahren, das eine Partei ohne Wissen der anderen Parteidurchführen und die Ergebnisse nach eigenem Ermessen verwenden kann.3.3.5 Bewertung der VOB/B-VerfahrenBei dem Verfahren nach § 18 Nr. 2 VOB/B handelt es sich um ein auftraggeberseitigdominiertes Verfahren. Der Verfahrensinhalt berücksichtigt in einer eingeschränktenForm die Techniken der Verhandlung. Elemente der Mediation und Schlichtungwerden nicht berücksichtigt. Die bei diesem Verfahren vorgesehene Entscheidungwird durch den Auftraggeber getroffen, was zu einer entsprechend geringenAkzeptanz durch die Auftragnehmer führt. 188 Der Auftragnehmer hat keinerleiEinflussmöglichkeit auf die Besetzung des Entscheidungsgremiums.186 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 95187 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 96188 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 8975


Das Verfahren nach § 18 Nr. 4 VOB/B enthält nur die Elemente der Entscheidungund ist für die Vertragsparteien verbindlich. Das Verfahren ist nur bei technischenFragestellungen einsetzbar und wird durch ein Expertengutachen entschieden.Ansätze zur Konfliktlösung zwischen den Parteien sind nicht implementiert.Die Empfehlung des VOB-Ausschusses ist durch ihre Unverbindlichkeit wie einSchlichterspruch zu sehen. Es handelt sich im Prinzip um ein Schlichtungsverfahren,in welchem eine Streitpartei die Meinung des VOB-Ausschusses als Schlichtersprucheinholen und die Empfehlung nach eigenem Ermessen verwenden kann. DieseVorgehensweise trägt nicht zur Konfliktlösung bei, sondern hilft der jeweiligen Parteibei der Bestimmung ihrer Position. Es sind somit weder die Vorteile derVerhandlungsverfahren, der Mediation oder der Schlichtung berücksichtigt. Darüberhinaus ist aufgrund der fehlenden direkten Kommunikation mit dem Gremium einklärender Vortrag und Dialog nicht möglich. Somit sind Missverständnisse nichtausgeschlossen, die die Qualität beeinflussen können.Generelle zeitliche Vorgaben und Regelungen zum Verfahrensablauf fehlen bei denVOB-Verfahren.3.4 SchlichtungsverfahrenEine zunehmend auch im Bauwesen an Bedeutung gewinnende Möglichkeit zuraußergerichtlichen Streitbeilegung ist durch die Schlichtung gegeben.Unter Schlichtung versteht man die konsensuale Streitbeilegung unter Beteiligungeines neutralen Dritten, der keine Kompetenz hat, den Streit verbindlich zuentscheiden. 189 Es handelt sich somit um ein nicht verbindliches Verfahren, auf dassich die Vertragsparteien zur Durchführung im Vorfeld einigen müssen. 190189 Gottwald, Streitschlichtung, 59, 64190 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 6376


Den Verfahrensbeginn stellt der Antrag eines Vertragspartners dar, eine vertraglichvorgesehene oder anderweitig vereinbarte Schlichtung in Bezug auf einenbestimmten Streitgegenstand durchführen zu wollen. Hierzu müssen die Parteiensich einvernehmlich auf einen Schlichter einigen. Ist eine Einigung über die Persondes Schlichters zwischen den Parteien nicht möglich, kann er durch einen Drittenfestgelegt werden, beispielsweise durch den deutschen Anwaltsverein. 191 DieBeteiligten im Verfahren sind somit die Streitparteien und ihr Schlichter. Hierbei ist esüblich einen Schlichter als Einzelperson einzusetzen. 192 Zur Durchführung desVerfahrens wird der Schlichter den Streitgegenstand mit den Parteien erörtern. BeiErfordernis müssen ihm alle verfahrensnotwendigen <strong>Dokument</strong>e vorgelegt werden.Darüber hinaus ist er befugt, weitere Gutachten einzuholen, Besichtigungenvorzunehmen und andere Sachverhaltsaufklärung zu betreiben. In der Verhandlunghat der Schlichter auf eine gütliche Einigung hinzuwirken. Dieser Anspruch kommtder später noch zu beschreibenden Mediation nahe. Der Schlichter muss somit in derLage sein, gleichzeitig als Mediator tätig zu werden. 193 Kommt während derVerhandlung keine Einigung zustande, obliegt es dem Schlichter einenLösungsvorschlag zu erarbeiten und vorzustellen. Bei Anwendung der SOBaukönnen die Parteien diesen innerhalb einer Frist von zwei Wochen 194 annehmen.Sollten sich die Parteien dazu entschließen, den Kompromissvorschlaganzunehmen, muss dieser direkt protokolliert werden. Bei Nichtannahme durch dieParteien gilt die Schlichtung als gescheitert. Abb. 22 zeigt den vorgeschriebenenAblauf einer Schlichtung.191 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 63192 Engler/Franke/Grieger, Streitlösung ohne Gericht, 183193 Zerhusen, Schlichtungs- und Schiedsordnung für Baustreitigkeiten (SOBau), BauR 1998, 851194 SOBau, § 10 Abs. 277


Schlichtungsvereinbarungzwischen den ParteienBestellung des SchlichtersAnhörung der Parteien,evtl. SchriftsatzwechselVerhandlungenunverbindlicherSchlichterspruchAbb. 22: Schlichtungsverfahren 195Das Schlichtungsverfahren ist eine Mischung aus einem kontradiktorischenVerfahren, wo die Streitparteien ihre Position gegenüber dem Schlichter vortragenund aufbauen, sowie einem konsensualen Verfahren, das darauf abzielt, eineeinvernehmliche Lösung eines Streites herbeizuführen. Da das Verfahrenletztendlich unverbindlich ist, bleibt der Streitpunkt zwischen den Parteien bei einerverfehlten Einigung ungelöst.Das Honorar für den Schlichter wird üblicherweise frei vereinbart. Im Regelfallhandelt es sich um einen Juristen, der nach Zeitaufwand vergütet wird. DasStundenhonorar beträgt dabei in etwa 250,00 €/Stunde 196 . Eine Verpflichtung zurBeweiserhebung besteht nicht. Die Schlichtung kann somit frei gestaltet werden. EinAnwaltszwang besteht ebenfalls nicht. Aufgrund dieser Tatsache können die direktenKosten gering gehalten und indirekte Kosten vermieden werden. 197 Die Schlichtungist somit als ein günstiges Verfahren anzusehen.Unabhängig vom Ergebnis des Schlichtervorschlages tragen die Parteien die Kosteneiner Schlichtung im Regelfall jeweils zur Hälfte.195 Duve, Streitregulierung im Bauwesen, 64196 Zerhusen, Schlichtungs- und Schiedsordnung für Baustreitigkeiten (SOBau), BauR 1998, 858197 Wiesel, Schlichtung und Mediation haben im Bauwesen Zukunft, IBR 2004, 5578


Der Ablauf des Verfahrens ist nur durch wenige, bereits zuvor benannte zeitlicheVorgaben gekennzeichnet. Der Verfahrensablauf ist somit sehr vom jeweiligenSchlichter abhängig und kann in seiner Dauer nicht vorherbestimmt werden.Im Rahmen der Weiterentwicklung der Schlichtungsverfahren haben sichzwischenzeitlich verschiedene Verfahrenstypen entwickelt, von denen die wichtigstenim Nachfolgenden dargestellt werden sollen.3.4.1 Durchführung nach dem Harvard-KonzeptDie Schlichtung und auch die später noch zu behandelnde Mediation orientieren sichsehr an dem Harvard-Konzept, das deshalb zum besseren Verständnis derWirkungen des Schlichtungs- bzw. des Mediationsverfahrens hier erläutert werdensoll. 198 Das Harvard-Konzept baut auf der natürlichen Verhaltensweise des Menschenauf. Im Mittelpunkt stehen das Verhandeln und das Besprechen.Das Harvard-Konzept geht von fünf Grundaspekten des Verhandelns aus, an dessenEnde ein akzeptables Ergebnis für beide Parteien steht. Um dieses Ziel zu erreichen,ist folgendes Voraussetzung:1. Die Sachebene von der Beziehungsebene trennen.2. Zwischen Position und Interesse unterscheiden.3. Nach Möglichkeiten von gegenseitigem Nutzen suchen.4. Die Entscheidung auf objektive Kriterien stützen.5. Die beste Ausstiegsalternative bestimmen.Unter Berücksichtigung dieser Aspekte geht das Harvard-Konzept davon aus, dassdie Parteien so ihre Verhandlungen selbst zum Ziel führen können. Aufgrund ihrerherausgehobenen Bedeutung für den Erfolg eines Schlichtungsverfahrens sind dieInhalte im Nachfolgenden im Einzelnen beschrieben.198 Fischer, Ury, Pattan, Das Harvard Konzept – Der Klassiker der Verhandlungstechnik, 5 ff.79


Trennung der Sachebene von der BeziehungsebeneBei einer kritischen Betrachtung seiner selbst wird der einzelneVerhandlungsteilnehmer feststellen können, dass bei Verhandlungen relativ schnellEmotionen mitschwingen. Sachprobleme werden dabei häufig mit emotionalenProblemen vermischt. Das Harvard-Konzept bietet eine wichtige Unterstützung,diese emotionale Ebene zu verlassen und die Sachebene hervorzuheben. Für eineerfolgreiche Schlichtung ist es somit erforderlich, neben der Bereinigung derBeziehungsebene, Vertrauen zwischen den Beteiligten aufzubauen, um so einewechselseitige Akzeptanz und damit eine funktionierende Kommunikationsebenezwischen den Beteiligten zu schaffen.Unterscheidung zwischen Positionen und InteressenHäufig wird nicht über die Sache diskutiert, sondern der Vorgang danach beurteilt,welchen Standpunkt man hierzu einnimmt. Standpunkte und Positionen sind beimAufeinandertreffen gegensätzlich und eher unversöhnlich. Sie sind somit nichtkonsensfähig. Eine geregelte Kommunikation zwischen den Parteien ist hierdurchgestört. Für die Streitschlichtung ist es somit erforderlich, die Hintergründe füreingenommene Positionen und Interessen zu finden. Nur dann kann der Schlichtereine sinnvolle Diskussion zwischen den Streitparteien eröffnen und einegemeinsame Kommunikation ermöglichen. Das Harvard-Konzept setzt voraus, dasssich hinter Positionen bestimmte Grundbedürfnisse verbergen und empfiehlt deshalb,auf die grundsätzliche Motivation der Menschen wie folgt zu achten:- Sicherheit- Wirtschaftliches Auskommen- Zugehörigkeitsgefühl- Anerkennung- SelbstbestimmungDer Schlichter hat im Rahmen einer Schlichterverhandlung dieses entsprechendherauszuarbeiten. Hierzu muss er in der Lage sein, auf verschiedeneKommunikationstechniken zurückzugreifen. Hierzu gehören vor allem:80


- das aktive Zuhören- das Zusammenfassen- der Perspektivwechsel- das sogenannte Reframing- Ich-Aussagen- Offene Fragen- W-FragenMöglichkeiten des gegenseitigen NutzenEin wichtiges Prinzip des Harvard-Konzeptes ist es, die Möglichkeit vongegenseitigem Nutzen auszuloten. Im Fokus dieses Schrittes steht der Versuch, denStreitparteien unterschiedliche Sichtweisen desselben Sachverhaltes darzulegen.Hier geht es darum, den Streitparteien zu verdeutlichen, dass es verschiedeneDenkmöglichkeiten in Bezug auf den streitigen Sachverhalt gibt. Neben dieserÖffnung des Bewusstseins der Verhandlungsteilnehmer soll der Schlichter auf dieverschiedenen Möglichkeiten des Interessensausgleiches hinweisen.Zugrundelegung objektiver KriterienDas Harvard-Konzept beschreibt hier den kreativen Suchprozess zurLösungsfindung. Der Zielfindung stehen in der Regel folgende Probleme gegenüber:1. das vorschnelle Urteil2. das Suchen nach der richtigen Lösung3. die Annahme, dass der Kuchen begrenzt sei4. die Vorstellung, dass die andere Streitpartei ihre Probleme selbst lösen sollSolche Grundgedanken verhindern die Konfliktlösung und führen zu einer weiterenSteigerung in der bereits beschriebenen Konflikteskalation. Dies gilt es zuvermeiden. Hierzu soll den Parteien ermöglicht werden, selbst zu erkennen, dassderselbe Sachverhalt aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden und somitauch zu verschiedenen Sichtweisen führen kann. Sollte dieser Schritt erreichtwerden, erkennen die Parteien, welche Optionen und welche Lösungsmöglichkeitenihnen zur Verfügung stehen. Hierbei hat der Schlichter intensiv mitzuwirken unddiesen Vorgang zu unterstützen. Der Schlichter muss in der Lage sein, durch den81


Vergleich mit objektiven Kriterien gangbare Kompromisslinien aufzuzeigen. ObjektiveKriterien können dabei geschriebene oder ungeschriebene Gesetze, anerkannteStandards, Handelsgebräuche, Marktwerte, vergleichbare Fälle und Gutachten sein.Die beste AusstiegsalternativeAn dieser Stelle der Verhandlungsfolge sieht das Harvard-Konzept vor, Alternativenzu den möglichen Ergebnissen aufzuzeigen. Im Harvard-Konzept wird dies als „BestAlternativ to Negotiated Agreement“, kurz BATNA, bezeichnet. Diese BATNA-Methode verdeutlicht, dass das Verhandlungsergebnis stets besser ist als diemöglichen Alternativen, die eine Streitpartei ohne Verhandlung gehen kann, um zueinem Ergebnis zu gelangen. Dem Grunde nach handelt es sich hierbei um eineRisikoanalyse.Diese Grundschemata spiegeln sich in den Abläufen einer Schlichtung wieder. ZurErhöhung der Erfolgsaussichten muss dieses Konzept durch entsprechendeKommunikationstechniken begleitet werden. Neben dieser inhaltlichen Betrachtungder Verhandlungsvorgänge kann der Ablauf eines Schlichtungsverfahrens in siebenPhasen unterteilt werden. 199VorphaseUnter der Vorphase versteht man die Kontaktaufnahme mit dem Schlichter.Das Verfahren wird auf Basis der Antragsschrift vorbereitet und die beteiligtenPersonen sowie Ort und Zeit der Verhandlung festgelegt.EröffnungsphaseDie Eröffnungsphase dient im Wesentlichen der Schaffung einer guten undentspannten Arbeitsatmosphäre.Identifizierung der StreitpunkteIn dieser Phase hat der Schlichter die Sichtweise der Parteien zu eruieren unddie Hauptstreitpunkte herauszuarbeiten.199 Zerhusen, Alternative Streitbeilegungen im Bauwesen, 76, 7782


KonfliktberatungNach Erfassung der Streitpunkte steht die Klärung der eigentlichen Interessender Parteien im Vordergrund. Jede Partei hat dabei eine bestimmteVorstellung zur Lösung des Konfliktes. Diese Position muss aber nichtgleichbedeutend mit dem dahinter stehenden Interesse sein.KonfliktlösungIst die Interessenslage aufgeklärt, müssen Lösungen gefunden werden. Dabeimüssen die Lösungsvorschläge möglichst viele gemeinsame Interessen derVertragsparteien beinhalten. Hierbei geht es zunächst um gedanklicheMöglichkeiten, also um das Entwickeln von Optionen in Form einesBrainstormings.EntscheidungIn dieser Phase werden die erarbeiteten Optionen gemeinsam bewertet. Imgünstigsten Falle einigen sich die Parteien auf eine Lösung. Diese muss dannformuliert werden.AbschlussIn der siebenten und letzten Phase können die Parteien dasEinigungsangebot des Schlichters annehmen oder ablehnen. DasSchlichtungsverfahren ist damit beendet.3.4.2 Schlichtungsverfahren vor SchlichtungsstellenWährend das vorab beschriebene Schlichtungsverfahren für jeden einzelnenStreitfall initiiert wird und die Bestellung eines Schlichters notwendig macht, gibt esauch institutionalisierte Schlichtungsstellen. 200 Die Schlichter stehen hier ständig zurVerfügung und die Parteien wählen sie nicht aus. 201 Hierbei müssen sich dieParteien zwar ebenfalls darauf verständigen, ein Schlichtungsverfahrendurchzuführen, aber die ggf. aufwendige Einigung auf einen gemeinsamen Schlichterentfällt. Stattdessen müssen sich die Parteien auf eine Schlichtungsstelle einigen.200 Kuffer/Wirth, Handbuch des Fachanwalts Bau- und Archtiektenrecht, 1024, Rdn. 16201 Nicklisch, Alternative Formen der Streitbeilegung und internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit,38183


Das Verfahren beginnt mit dem Antrag einer Partei an die Schlichtungsstelle. DieserAntrag wird dem Antragsgegner zugeleitet und seine Zustimmung zu einemSchlichtungsverfahren abgefragt. Sollte der Antragsgegner dem Wunsch desAntragstellers folgen, gilt auch hier das bereits erläuterte Prinzip der Kostenteilungunabhängig vom Ergebnis der Schlichtung. Tritt der Antragsgegner dem Verfahrenbei, erfolgt der Verfahrensablauf in der bereits in 3.4 beschriebenen Weise. Tritt derAntragsgegner dem Verfahren nicht bei, ist dieses bereits beendet. Der Ablauf einesSchlichtungsverfahrens vor einer Schlichtungsstelle ist aus Abb. 23 zu entnehmen.Antrag einer Partei an dieSchlichtungsstelleSchlichtungsstelle fordert Einverständnisder anderen Partei anEinverständnisnicht erklärtEinverständniserklärtVerfahrenbeendetAnhörung der Parteien,evtl. SchriftsatzwechselVerhandlungenUnverbindlicherSchlichterspruchAbb. 23: Schlichtungsverfahren vor einer Schlichtungsstelle 202Institutionelle Schlichtungsstellen wurden zwischenzeitlich nicht nur durchBerufskammern eingerichtet, sondern auch durch andere Stellen. Hier sind dieSchlichtungsstellen der Berufskammern der Architekten und Ingenieure, derHandwerkskammern und die Bauschlichtungsstellen zu nennen. Von den sonstigenAnbietern ist beispielhaft die Güteordnung der Notare erwähnenswert.202 Duve, Streit- Regulierung im Bauwesen, 6884


3.4.2.1 Schlichtungsstellen der HandwerkskammernVerschiedene öffentlich-rechtliche Körperschaften und Interessenverbände habenSchieds- oder Schlichtungsstellen eingerichtet, um durch diesen Weg deraußergerichtlichen Streitbeilegung eine Entlastung der Justiz zu erreichen. DerAdressatenkreis dieser Bauschlichtungsstellen sind private Bauherren, Architekten,Ingenieure, Bauunternehmen und Sonderfachleute mit Streitigkeiten im Bereich desHandwerks. 203 Für die Streitbeilegung vor den Bauschlichtungsstellen derHandwerkskammern ergeben sich im Regelfall nur geringe Kosten nach einerentsprechenden Gebührenordnung.Das Verfahren vor der Bauschlichtungsstelle ist nicht fest reguliert, sondern freibestimmbar. Der Ablauf an sich entspricht der bereits erläuterten Vorgehensweisebei den Schlichtungsverfahren. Die Schlichtungsverhandlung wird grundsätzlich inder Geschäftsstelle einer Bauschlichtungsstelle durchgeführt. Da das Verfahren vorden Schlichtungsstellen der Handwerkskammern für die Parteien nicht verpflichtendist, kann jede Partei, auch ohne einen Schlichtungsversuch unternommen zu haben,Klage vor dem staatlichen Gericht oder Schiedsgericht erheben. Sollte jedoch einePartei bereits eine gerichtliche Klage zum Streitgegenstand erhoben haben, ist dieAnrufung der Bauschlichtungstelle für Handwerkskammern nicht mehrzulässig. 204 Das Gleiche gilt, wenn bereits ein selbständiges Beweisverfahren gemäߧ§ 485 ff. ZPO eingeleitet wurde.3.4.2.2 Schlichtungsstellen der Berufskammern der Architekten undIngenieureDie Schlichtungsstellen der Berufskammern der Architekten und Ingenieure dienenals Vermittlungsstellen bei Streitigkeiten zwischen Architekten und Ingenieuren undihren Auftraggebern. 205 Die Schlichtungsstelle kann auch bei Streitigkeiten zwischenBerufsangehörigen angerufen werden.203 Zerhusen, Alternative Streitbeilegung im Bauwesen, 70204 vgl. § 7, Schlichtungsordnung der HWK Aachen, Arnsberg, Bielefeld, Dortmund, Düsseldorf205 Sangenstedt, Rechtshandbuch für Ingenieure und Architekten, A XII, Rdn. 3085


Der primäre Grund für die Einrichtung von Kammerschlichtungsstellen liegt darin,interne Auseinandersetzungen nicht vor Gericht, sondern innerhalb der Kammer zubereinigen. Gleichzeitig soll das Verfahren vor den Schlichtungsstellen dazu dienen,Konflikte bei ihrer Lösung nicht in gleicher Weise wie bei einem Prozess an dieÖffentlichkeit gelangen zu lassen. Dieses soll zur Rufbewahrung des Berufsstandesbeitragen. 206Die Verfahrensregeln sind in den einzelnen Berufskammern unterschiedlich, folgenaber einem vergleichbaren Grundmuster. 207 Im Regelfall findet nach einemschriftlichen Vortrag beider Parteien eine mündliche Verhandlung statt, zu der imAllgemeinen die Parteien persönlich erscheinen müssen. Die Schlichtungsstellebesteht aus einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern. Der Vorsitzende soll dabei dieBefähigung zum Richteramt haben, während die Beisitzer fachliche Qualifikationen inBezug auf die strittige Thematik haben sollen. Das Schlichtungsgespräch soll zueinem Vergleich zwischen den Parteien führen. Eine Entscheidungskompetenz istder Schlichtungsstelle nicht eingeräumt. Die Parteien haben jedoch die Möglichkeitdie Schlichtungsstelle zu beauftragen, als Schiedsgericht oder Schiedsgutachter tätigzu werden. 208 Diese Beauftragung kann jedoch nur einvernehmlich zwischen denParteien beschlossen werden.Das Kammerschlichtungsverfahren findet grundsätzlich auf freiwilliger Basis statt undkann nur dann durchgeführt werden, wenn beide Parteien dem Verfahrenzustimmen. Architekten und Ingenieure können aufgrund ihrer berufsrechtlichenStellung verpflichtet sein, sich auf Antrag eines Beteiligten dem Verfahren zustellen. 209 Dies liegt darin begründet, dass zahlreiche Berufsordnungen fürArchitekten und Ingenieure dieses aus Gründen der Kollegialität bei Streitigkeitenzwischen Kollegen fordern. 210206 Sangenstedt, Rechtshandbuch für Ingenieure und Architekten, A XII, Rdn. 32207 Zerhusen, Alternative Streitbeilegung im Bauwesen, 73208 Wagner, Schiedsgerichtsbarkeit, Schiedsgutachten, Schlichtung, Dispute Adjudication, Mediation –Möglichkeiten der alternativen Konfliktlösung im Baurecht, 171209 Sangenstedt, Rechtshandbuch für Ingenieure und Architekten, A XII, Rdn. 37210 vgl. Ziffer 5.1, Richtlinien zur Berufsordnung der Architektenkammer Bremen86


3.4.2.3 Schlichtungen nach der Güteordnung der NotareZur Durchführung von Schlichtungsverhandlungen mit Notaren hat die Notarkammereine Güteordnung veröffentlicht. 211 Im Falle eines Streites zwischen denVertragsparteien wird das Güteverfahren auf schriftlichen Antrag eingeleitet. DasVerfahren setzt das Einverständnis aller Beteiligten voraus. Die durchzuführendemündliche Verhandlung ist nicht öffentlich. Bei gemeinsamem Wunsch der Parteienkann der Notar ein schriftliches Verfahren vorsehen und Einzelgespräche mit denBeteiligten führen. Falls es dem Wunsch der Parteien entspricht, kann der Notareinen Vorschlag zur gütlichen Beilegung des Konfliktes unterbreiten. 212 Dem Notarsteht die Möglichkeit offen, Zeugen oder Sachverständige anzuhören sowie Einblickin die Unterlagen zu nehmen. Die hieraus resultierenden Kosten haben dieBeteiligten zu tragen. Das Verfahren ist beendet, wenn festzustellen ist, dass einErfolg nicht gegeben sein wird, oder ein Beteiligter das Verfahren für gescheiterterklärt, oder ein Ergebnis erreicht wird. Das Güteverfahren endet ebenfalls, wenn einBeteiligter zur mündlichen Verhandlung nicht erscheint. Sollte ein Güteverfahrenergebnislos enden, sieht die Güteordnung vor, dass die Parteien bei einemanschließenden Gerichtsverfahren weder den Notar als Zeugen benennen nochandere Vorgänge des Güteverfahrens in das Gerichtsverfahren einbringen dürfen.Bei Abschluss eines Vergleichs erfolgt eine Beurkundung der Vergleichserklärungdurch den Notar. Diese bietet gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO den Vorteil derVollstreckbarkeit. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, einen vollstreckbaren Titel imSinne von § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zu schaffen, falls eine vollstreckbare Urkundefür den behandelten Anspruch nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO nicht errichtet werdendarf. 213 Die Voraussetzung hierfür ist, dass der Notar für das die Schlichtungbetreffende Rechtsgebiet von der Landesjustizverwaltung als Gütestelle anerkanntist und die Schlichtung in seiner Funktion als Gütestelle durchgeführt hat. 214211 www.notk.de212 Zerhusen, Alternative Streitbeilegungen im Bauwesen, 74213 Wirth, Handbuch zur Vertragsgestaltung, Vertragsabwicklung und Prozessführung im Privaten undÖffentlichen Baurecht, XIV, Rdn. 20214 Wagner, Einsatzmöglichkeiten notarieller Streitvermeidung und Streitentscheidung NJW 2001,212887


3.4.3 SchlichtungsvereinbarungBereits bei Abschluss des Bauvertrages können die Parteien eineSchlichtungsvereinbarung treffen und diese in den Bauvertrag aufnehmen. 215Sollte eine Partei eine Schlichtungsvereinbarung als Bestandteil allgemeinerGeschäftsbedingungen vorgesehen haben und diese als AGB vertraglich vereinbartworden sind, so ist nach dieser Schlichtungsvereinbarung zu verfahren. 216 Neben derdirekten Vereinbarung im Vertrag besteht die Möglichkeit, ein Schlichtungsverfahrenbei Entstehung der Meinungsverschiedenheiten zu vereinbaren. Dies kann entwederindividuell oder durch Bezugnahme auf eine bereits vorhandene Verfahrensordnungerfolgen. Für Bauschlichtungen bietet sich hierfür die Bezugnahme auf die SOBauan, die in den §§ 8-10 Regelungen zum Schlichtungsverfahren enthält.Die Parteien sollten sich ebenfalls darüber einig werden, ob die Durchführung desSchlichtungsverfahrens zwingende Voraussetzung für den Zugang zu staatlichenGerichten sein soll oder die Durchführung freigestellt ist. Damit eine schnelleStreitbeilegung verfolgt werden kann, sollten die Parteien bereits in derSchlichtungsvereinbarung die gemeinsame Benennung eines Schlichters vorsehen.Sollten die Parteien das Ziel verfolgen, aufgrund der Komplexität einesBauvorhabens mehrere Schlichter einzusetzen, so sind diese ebenfalls bereits in derSchlichtungsvereinbarung zu benennen. Sind mehrere Schlichter benannt, solltendiese verschiedenen Berufsfachrichtungen angehören, damit ein breites Spektruman Fachwissen verfügbar ist. 217 Ist eine gemeinsame Benennung des Schlichtersnicht möglich, sollte hierzu vereinbart werden, dass eine neutrale dritte Stelleinnerhalb einer Frist die Benennung eines Schlichters vornimmt.215 Zerhusen, Alternative Streitbeilegung im Bauwesen, 75 f.216 BGH, IBR 2002, 141217 Zerhusen, Alternative Streitbeilegung im Bauwesen, 7688


3.4.4 Person des SchlichtersBei institutionellen Schlichtungsverfahren besetzen die Kammern dasSchlichtungsgremium regelmäßig mit einem Juristen. Sollte dasSchlichtungsgremium aus drei Mitgliedern bestehen, wird dieses mit Bauingenieurenergänzt. 218 Bei einer individuellen Schlichtungsvereinbarung ist die Wahl der Persondes Schlichters freigestellt.Die Anforderungen an die Person des Schlichters sind vergleichbar mit denAnforderungen an einen Sachverständigen: 219- Technisches, baubetriebliches, bauwirtschaftliches und vertragsrechtlichesFachwissen- Bereitschaft, etwaige fehlende Kompetenz einzugestehen- Sofortige Verfügungsbereitschaft, Agieren ohne Verzögerungen- Vertraulichkeit, Sachlichkeit, Unbefangenheit- Berücksichtigung aller Umstände und Beweismittel, Parteiengehör undVermeidung von voreiligen Festlegungen bei der LösungsfindungUm dem genannten Anforderungsprofil gerecht zu werden, muss der Schlichter übereine entsprechende Qualifikation verfügen. Diese hat so gestaltet zu sein, dass erauf der einen Seite die Psychologie und die Technik der Gesprächsführungbeherrscht und auf der anderen Seite schnell, umfassend und überzeugend aus derSituation heraus Schlichtungsvorschläge entwickelt, die für die Parteien akzeptabelsind.Die Arbeitsgemeinschaft Baurecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) hat hierzufolgende Kriterien für einen Schlichter entwickelt: 220- Tätigkeit als Rechtsanwalt oder eine vergleichbare juristische Tätigkeit seitmindestens sieben Jahren.- Eine nachweisbare, praktische Tätigkeit mit den Schwerpunkten Baurechtund Architektenrecht.218 Zerhusen, Alternative Streitbeilegung im Bauwesen, 77 f.219 Oberndörfer, Claimmanagement und alternative Streitbeilegung im Bau- und Anlagenvertrag, 168 f.220 Englert/Franke/Grieger, Streitlösung ohne Gericht, 20889


- Nachweis über eine Teilnahme an den von der ArbeitsgemeinschaftBaurecht im DAV empfohlenen Seminaren über die außergerichtlicheStreitbeilegung im Bauwesen und Verfahren nach der SOBau.- Nachweis über die regelmäßige Fortbildung in Höhe von mindestens zehnZeitstunden jährlich.Im angelsächsischen Raum ist der Engineer implementiert. Der Engineer ist in denBau- und Anlagenverträgen nach den FIDIC-Standardbedingungen verankert. In derneuesten Ausgabe des FIDIC Red Book ist seine Rolle neu definiert worden. 221 Dervom Auftraggeber eingesetzte Engeneer vertritt zum einen auftraggeberseitigeInteressen und hat andererseits bei Streitigkeiten zwischen Auftragnehmer undAuftraggeber in vorgegebenen Rahmenbedingungen neutrale Entscheidungen zutreffen. 222 Der Engineer ist eine natürliche Person und verfügt über besondereQualifikationen auf dem Gebiet des Bauingenieurwesens. 223Über diese Anforderungen hinaus ist darauf zu achten, dass der Schlichter nicht inKonflikt mit dem Rechtsberatungsgesetz kommt. Nach Überzeugung vonZerhusen 224 müssen Schlichter über eine Erlaubnis nach demRechtsberatungsgesetz verfügen, wenn sie an der Vorbereitung und dem Abschlusseines Vergleiches mitwirken. Nach neuerlicher Rechtssprechung hat sich dasRechtsberatungsgesetz in dieser Beziehung geöffnet. Eschenbruch führt hierzu aus,dass die Grenzen der Rechtsberatung durchlässiger geworden sind, weil dasBundesverfassungsgericht die Verbotsnormen des Rechtsberatungsgesetzeseinschränkend ausgelegt hat. 225 Infolge dessen ist der Berufsausübungsfreiheit einweiterer Spielraum eingeräumt worden. Entscheidend ist dabei der Schwerpunkt derTätigkeit, ob also eine Dienstleistung als überwiegend rechtlich oder überwiegendwirtschaftlich anzusehen ist. Entscheidend ist somit, ob umfangreiche oder wenigerumfangreiche anwaltliche Leistungen mit übernommen werden.221 Oberndorfer, Claimmanagement und alternative Streitbeilegung im Bau- und Anlagenvertrag, 169222 Mallmann, Bau- und Anlagenbauverträge nach den FIDIC-Standard-Bedingungen, 111 ff.223 Hoffmann, Wege zur Beilegung von Streitigkeiten in internationalen Bau-Verträgen, 45 ff.224 Zerhusen, Alternative Streitbeilegung im Bauwesen, 79225 Eschenbruch, Zulässige Rechtsberatung des Projektsteuerers?, IBR 2004, 63290


Des Weiteren können natürliche Personen auch als Schlichter tätig werden, wenn esdazu keiner Erlaubnis bedarf. Eine Erlaubnis ist nicht erforderlich, wenn derbetreffende Nichtjurist aus dem persönlichen Anwendungsbereich desRechtsberatungsgesetzes heraus fällt. Dies ist bei Schiedspersonen der Fall. Siegehören zu den sonstigen Personen im Sinne von Artikel 1 § 3 Nr. 2 desRechtsberatungsgesetzes, die ein öffentliches Amt ausüben. 226 Deren Tätigkeitbedarf gemäß Artikel 1 § 3 RBerG keiner Erlaubnis. Das Rechtsberatungsgesetzsteht demnach der Zuordnung von Schiedspersonen als Schlichter selbst für den Fallnicht entgegen, dass die Schlichtung Rechtsberatung im Sinne desRechtsberatungsgesetzes beinhaltet. Andere juristische Laien sind in Artikel 1 § 3RBerG nicht aufgeführt. Frei gestellt ist auch die Tätigkeit eines Schiedsrichters.Artikel 1 § 2 des Rechtsberatungsgesetzes führt hierzu folgendes aus:„Die Erstattung wissenschaftlich begründeter Gutachten und die Übernahme derTätigkeit als Schiedsrichter bedürfen der Erlaubnis gemäß § 1 nicht.“Hieraus ist unter Umständen abzuleiten, dass eine schlichtende Tätigkeit von derErlaubnispflicht des Rechtsberatungsgesetzes befreit ist. 227 Ob die Schlichtung oderdie Mediation Rechtsberatung im Sinne des Rechtsberatungsgesetzes ist, bleibtweiterhin umstritten. 2283.4.5 Schlichtungsordnung SOBauDie Schlichtungsordnung SOBau stellt ein Verfahren nach der Schlichtungs- undSchiedsordnung für Baustreitigkeiten der ARGE Baurecht im DAV dar. Die SOBauverfolgt das Ziel, den an Bauvorhaben Beteiligten eine zeitgemäßeVerfahrensordnung zu geben, um Konflikte aus Bauverträgen ohne die Einschaltungvon staatlichen Gerichten lösen zu können. Dabei sieht die SOBau keininstitutionelles Schiedsgericht oder fest installierte Schlichtungsstelle vor. Es handeltsich um ein Ad-hoc-Gerichtsverfahren, bei dem die Schlichtungsstelle je nach Bedarf226 Rennen/Caliebe, Kommentar zum RBerG, Artikel 1 § 3, Rdn. 19227 Duve, Anmerkung zum Urteil des OLG Rostock vom 20.06.2001, BB 2001, 1871, 1872228 Maunz, Der außergerichtliche obligatorische Streitschlichtungsversuch gemäß § 15 a EGZPO, 5891


für den Streitfall eingerichtet wird. Gegenüber institutionellen Einrichtungen soll sodie Flexibilität und Schnelligkeit erhöht werden. 229Die SOBau gliedert sich in die nachfolgenden fünf Teile:- Teil I: Allgemeine Bestimmungen- Teil II: Schlichtung- Teil III: Isoliertes Beweisverfahren- Teil IV: Schiedsgerichtsverfahren- Teil V: Kosten und GebührenDas Verfahren der Schlichtung folgt der bereits beschriebenen Vorgehensweise. DieErgebnisse einer erfolgreichen Schlichtung werden in einem Schlichtungsvergleichniedergelegt. Dieser Vergleich kann als Rechtsanwaltsvergleich einVollstreckungstitel werden. 230Nach § 8 Absatz 2 SOBau soll der Schlichter die Befähigung zum Richteramt haben,sofern die Parteien nichts anderes bestimmen. Hiernach können somit auch Nichtjuristenwie Architekten oder Ingenieure als Schlichter tätig werden. In § 8 Absatz 4der SOBau ist geregelt, dass auch mehrere Schlichter bestellt werden können. AlsVorteil wird hierbei angesehen, dass so eine flexible Zusammenarbeit zwischenJuristen und Ingenieuren möglich wird. 231 Sollten sich die Parteien nicht auf einenneutralen Schlichter einigen können, besteht die Möglichkeit, über die ARGEBaurecht eine neutrale Empfehlung zu erlangen. Für diesen Fall werden in einerListe 232 qualifizierte Juristen geführt. Die Mindestanforderungen zur Übernahme indie Liste der ARGE Baurecht sind bereits in 3.4.4 beschrieben. Sollte bei demSchlichtungsverfahren nach der Schlichtungsordnung SOBau kein Ergebnis erzieltwerden, besteht die Möglichkeit, das ebenfalls in der SOBau geregelteSchiedsgerichtsverfahren zu durchlaufen.229 Zerhusen, Alternative Streitbeilegung im Bauwesen, 130230 Zerhusen, Alternative Streitbeilegung im Bauwesen, 132231 Wiesel, Schlichtung und Mediation haben im Bauwesen Zukunft, 55232 www.arge-baurecht.de92


3.4.6 SchlichtungsmodellBei dem von Franz-Josef Schlapka entwickelten Schlichtungsmodell handelt es sichum ein Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten auf Basis derSchlichtungsverfahren. 233 Dabei ist vorgesehen, dass das Schlichtungsmodell auchnach Auftreten einer schwerwiegenden Meinungsverschiedenheit vereinbart werdenkann. Es wird das Ziel verfolgt, den aktuellen Streit zu beenden und den Umgang mitzukünftigen Streitfällen durch eine geregelte Vorgehensweise zu vereinfachen. DasHauptaugenmerk liegt auf einer kooperativen Zusammenarbeit der Beteiligten.SchiedsgerichttechnischerSachverständigerSchlichtungsgremiumbaubetrieblicherSachverständigerAnrufungInternerSachverständigerLenkungsausschussInternerSachverständigerAnrufungProjektsteuerungAbwicklungBauvertragProjektleitungAGVertragANAbb. 24: Schlichtungsmodell nach SchlapkaBei Vorliegen eines komplexen Konfliktfalles innerhalb eines Bauprojektes müssensich die Parteien für den Einsatz des Schlichtungsmodells entscheiden und dabeifolgende vertragliche Vereinbarungen treffen:233 Schlapka, Schlichtungsmodell – Ein Weg der Streitbeilegung, 4793


- Einsatz eines Schlichtungsgremiums mit einem Richter oder unabhängigenRechtsanwalt sowie zwei Architekten bzw. Bauingenieuren, die überüberdurchschnittliche technische und insbesondere baubetrieblicheKenntnisse verfügen.- Berufung eines Schiedsgerichts für den Fall der Ablehnung desSchlichtungsergebnisses. Das Schiedsgericht ist im Regelfall mit dergleichen Personenzahl und Qualifikation zu besetzen wie dasSchlichtungsgremium. Es ist jedoch ein Austausch der handelndenPersonen vorzunehmen. Bei komplexeren Problemstellungen ist darüberhinaus vorzusehen, diese Gremien auf jeweils fünf Personen auszuweiten.- Verpflichtung zum Austausch der notwendigen Unterlagen- Übergabe der aufbereiteten Unterlagen an den oder die Sachverständigen- Verpflichtung zur zügigen Bearbeitung entstehender MeinungsverschiedenheitenNach der konstituierenden Phase folgt die Schlichtungsphase. Hierbei handelt essich um den Beginn der Aufarbeitung der bisherigen Konflikte in folgender Form:- Zusammenstellung aller relevanten Unterlagen.- Konfliktaufbereitung durch Sachverständige.- Vorlage der Ergebnisse, Beurteilung und Lösungsbeschluss desSchiedsgremiums.- Ggf. Anfechtung des Beschlusses, Anrufung Schiedsgericht.- Ziel: Beilegung aller vorausgegangenen Streitigkeiten.An die Beendigung der Schlichtungsphase schließt sich die Kooperationsphase an.Hier erfolgt die Festlegung für die weitere Bauabwicklung mit dem Hauptaugenmerkauf ein kooperatives Miteinander in folgender Form:94


- Einrichtung eines Lenkungsausschusses. In den Lenkungsausschusswerden entscheidungsbefugte Mitarbeiter beider Parteien einberufen, dienicht mit der täglichen Baustellenabwicklung befasst sind. Dies sindvorwiegend Niederlassungsleiter von Bauunternehmen bzw.Projektsteuerer.- Der Lenkungsausschuss behandelt auftretendeMeinungsverschiedenheiten als erste Instanz.- Kann auf Ebene des Lenkungsausschusses keine Einigung erzielt werden,wird der Streitfall an das Schiedsgremium und die Sachverständigenweitergeleitet.- Die Entscheidung des Schiedsgremiums ist als verbindlich anzusehen.Schlapka verfolgt mit dem Schlichtungsmodell das Ziel, aufgrund sachgerechterStreitbelegung die Ergebnisse von Streitfällen für beide Vertragspartnerkalkulierbarer zu machen.3.4.7 Bewertung der SchlichtungsverfahrenGrundsätzlich sind Schlichtungsverfahren als sehr wirkungsvoll anzusehen. Dies liegtan der ausgleichenden Tätigkeit des Schlichters und seinem Mitwirken an derZielfindung, unter anderem durch Einbringung eigener Lösungsvorschläge.Maßgeblich hierfür ist die richtige Auswahl des Schlichters. Dies liegt in der Hand derbeiden Parteien.Bei den Verfahren vor den Schlichtungsstellen ist dieser Vorteil nicht gegeben. DieSchlichter werden durch die jeweiligen Schlichtungsstellen bestimmt. Darüber hinauskönnen die Parteien nicht beurteilen, ob die Schlichtungsstelle die teilweiseumfangreichen Sachverhalte bewältigen kann. 234234 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 6995


Das Schlichtungsmodell berücksichtigt die Elemente der Verhandlung und derEntscheidung. Die Vorteile der Mediation bleiben unberücksichtigt. Die Inhalte derSchlichtung werden, trotz der entsprechenden Namensgebung, nur ineingeschränkter Form berücksichtigt. Es wird das Element des eigenenLösungsvorschlages eingeführt, aber die auch bei der Schlichtung anzuwendendenInhalte des Harvard-Konzeptes werden nur sehr eingeschränkt berücksichtigt.Direkte Gespräche der Schlichter mit den Parteien sind nicht vorgesehen.Gleichzeitig lässt dieses Modell ein stufenweises, zeitlich geregeltes Vorgehenvermissen. Da die Entscheidung des Schiedsgerichts als ein festes, nicht disponiblesElement des Schlichtungsmodells vorgesehen ist, wird dieses zumindest beiöffentlichen Auftraggebern auf Widerstand stoßen, da diese sich aushaushaltsrechtlichen Gründen nicht einem privaten Schiedsgericht beugen können.3.5 MediationUnter Mediation ist eine kooperative Methode zur außergerichtlichen Konfliktlösungzu verstehen, bei der die Konfliktparteien mit Unterstützung eines neutralen Dritten –des Mediators – freiwillig, eigenverantwortlich und gemeinsam eine Lösungerarbeiten. 235 Die Hauptaufgabe des Mediators liegt darin, die Parteien von ihremPositionsdenken abzubringen 236 und sie so einem Ergebnis zuzuführen.Obwohl diese Ausführungen sehr modern klingen, ist die Mediation keine Erfindungder Neuzeit, sondern wurde in vielen Kulturen schon seit Jahrhunderten praktiziert. 237In den letzten Jahren hat auch in Deutschland die Mediation alsStreitregulierungsverfahren große Beachtung gefunden. Die Mediation wird häufigals erfolgreiches Streitregulierungsverfahren bezeichnet, wobei dabei auf besteErfahrungen aus den USA verwiesen wird. Der Erfolg in den USA ist jedoch daraufzurückzuführen, dass die Zivilgerichtsbarkeit dort in einem desaströsen Zustand warund sich Gerichtsverfahren zum einen als sehr teuer und zum anderen als sehrlangwierig darstellten. Weiterhin ist zu beachten, dass bei englischen und235 Wagner, Schiedsgerichtbarkeit, Schiedsgutachten, Schlichtung, Disputadjudikation, Mediation –Möglichkeiten der alternativen Konfliktlösung im Baurecht, 169236 Breidenbach/Henzler, Mediation für Juristen, 18237 Haft/Schliffen, Handbuch zur Mediation, 150 ff.96


amerikanischen Systemen die Richter nicht auf einen Vergleich hinwirken durften, sodass die alternativen Formen der Streitregulierung unter diesen Gesichtspunkt eineerhebliche Bedeutung gewannen. In Deutschland hat dagegen der gerichtlicheVergleich Tradition. 238Die Durchführung der Mediation muss zwischen den Parteien vereinbart werden underfolgt freiwillig. Dem Grunde nach entspricht die Mediation einer Schlichtung ohneSchlichterspruch. 239Neben der einvernehmlichen Festlegung auf ein Mediationsverfahren müssen sichdie Streitparteien auf einen Dritten, den Mediator, einigen. Es besteht auch dieMöglichkeit, ein Mediatorenteam zu bilden. Es bestehen grundsätzlich keineEinschränkungen in Bezug auf die Beteiligten. Üblicherweise beschränkt man sichauf die Streitbeteiligten selbst und den Mediator. Eine Beteiligung von mehr als zweiStreitparteien ist jedoch möglich. Der Mediator ist frei in der Gestaltung desVerfahrens, da es in Deutschland keine Regelung in Bezug auf den Ablauf gibt. 240Die Methodik der Mediation ist jedoch durch eine bestimmte Arbeitsweisevorgegeben, die sich in verschiedene Phasen unterteilen lässt. 241Zur Vorbereitung eines Verhandlungstermins fordert der Mediator von denVerhandlungsparteien die fallbezogenen Unterlagen an. In einer mündlichenVerhandlung stellt der Mediator den geplanten Ablauf des Verfahrens dar und dieParteien stellen ihre Standpunkte vor. Zu diesem Zeitpunkt liegt die Aufgabe desMediators darin, die Streitpunkte zwischen den Parteien herauszuarbeiten.Im Rahmen weiterer Verhandlungen, die der Mediator auch mit den Parteien separatdurchführen kann, soll er deren Interessen herausfinden. Dabei gilt es, dieübereinstimmenden Interessen herauszufiltern. Die dabei gewonnenen Erkenntnissesind vertraulich zu behandeln. Diese Regelung gilt über das Mediationsverfahrenhinaus. 242238 Jung/Steding, Mediation am Bau, 9239 Wagner, Einsatzmöglichkeiten notarieller Streitvermeidung und Streitentscheidung,NJW 2001, 2130 ff.240 Risse, Wirtschaftsmediation, NJW 2000, 1614241 Haft, Verhandlung und Mediation, 245242 Groth, v. Bubnoff, Gibt es gerichtsfeste Vertraulichkeit bei der Mediation?, 33897


In einem weiteren Schritt soll sich die Mediation mit der gemeinsamen Erörterungvon Lösungsalternativen beschäftigen, die gegenseitig abgewogen werden. VorBeendigung der Erörterungen hat der Mediator auf die Konsequenzen desScheiterns der Mediation hinzuweisen. Die Dauer und der Ablauf der Verhandlungenbestimmen sich aus dem Verfahren selbst. Es bestehen keine Zeitvorgaben zurDurchführung. Die Mediation endet mit der Einigung der Parteien oder mit einemoffenen Dissens. Im Unterschied zum Schlichtungsverfahren, bei dem der Schlichtereinen Vorschlag zur Lösung unterbreitet, ist bei der Mediation nicht vorgesehen,dass der Mediator einen Entscheidungsvorschlag erstellt. Sollte die Mediation zukeinem Ergebnis führen, müssen die Parteien eine Lösung durch ein anderesStreitregulierungsverfahren suchen. Der Ablauf eines Mediationsverfahrens ist inAbb. 25 dargestellt.Mediationsvereinbarungzwischen den ParteienBestellung des MediatorsAnhörung der Parteien,evtl. SchriftsatzwechselVerhandlungenEinigung der ParteienNächstesStreitregulierungsverfahrenAbb. 25: Mediationsverfahren 243Bei der Mediation handelt es sich um ein konsensuales Verfahren, das grundlegendvon der Einigungsbereitschaft der Streitparteien abhängig ist.243 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 10398


Die Kosten für das Verfahren sind nicht abschätzbar, da sich die Mediation frei nachden Gegebenheiten des Streitfalles richtet. Die Vergütung erfolgt im Regelfall nachAufwand auf Stundenbasis. Die Verrechnungssätze können hier in einer Bandbreitevon 250,00 € bis 500,00 € je Stunde liegen. 244Sollte das Mediationsverfahren erfolgreich sein, werden die Ergebnisse in einemgemeinsamen Protokoll niedergeschrieben und von den Parteien unterzeichnet.Sollten Anwälte an den Verfahren beteiligt sein, bieten sich hier in Bezug auf denAnwaltsvergleich die gleichen Möglichkeiten wie bei einem Schlichtungsverfahren. 245Aufgrund des vergleichbaren Ablaufes eines Mediationsverfahrens und einesSchlichtungsverfahrens wird zur Vermeidung von Wiederholungen in Bezug auf dieVereinbarung eines Mediationsverfahrens und der Festlegung des Mediators auf dieentsprechenden Ausführungen in 3.4 verwiesen.3.5.1 Präventive MeditationDie präventive Mediation sieht bereits bei Abschluss eines Vertrages vor,entsprechende Vertragsmuster mit Mediationsklauseln zu verwenden. 246 EinigeBauunternehmen haben die generelle Durchführung einer Mediation zurKonfliktlösung in ihre Vertragsmuster eingearbeitet. Eine entsprechende Klausel sollzum einen bestimmen, wann ein für die Mediation geeigneter Konfliktfall vorliegt, undzum anderen, welcher Mediator bzw. welche Mediationsorganisation den Konfliktmediieren soll. Eine entsprechende Mediationsklausel bei Verträgen zwischenBauunternehmen verstößt nicht gegen §§ 305 ff. BGB. 247 Trotzdem sollten dieentsprechenden Klauseln individuell bezogen auf das jeweilige Bauvorhabenzwischen den Vertragsparteien abgestimmt werden. Bei Verträgen zwischenBauunternehmen und Privatkunden sollte eine Mediationsklausel nicht eingeführtwerden. Im Verhältnis zum Verbraucher wäre eine solche Klausel zudem verboten,da sie den Zugang zur Gerichtsbarkeit einschränken würde. 248 Da eine244 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 105245 Zerhusen, Alternative Streitbeilegung im Bauwesen, 98246 Englert/Franke/Grieger, Streitlösung ohne Gericht, 267247 Heiermann/Franke/Knipp, Baubegleitende Rechtsberatung, 964248 Roquette/Otto, Vertragsbuch privates Baurecht, 53799


Mediationsklausel zumindest vorübergehend diesen Weg sperrt, ist ein Verstoßgegen § 305 ff BGB nicht auszuschließen. 249Die Verwendung von Mediationsklauseln gibt jedoch keine Garantie dafür, dass dieParteien im Konfliktfall tatsächlich eine Mediation durchführen wollen. In Bezug aufdie Durchsetzbarkeit einer Mediationsklausel kann nur der Verstoß gegen dievertragliche Mediationsverpflichtung sanktioniert werden. Wenn eine Partei somitbereits von Beginn an dem Mediationsverfahren fern bleibt, können hierfür, fallsvertraglich vorgesehen, Vertragsstrafen zum Tragen kommen. 250 Eine wirksamevertragsgemäße Vereinbarung einer Mediationsklausel verwehrt den Parteien jedochdie sofortige Einschaltung eines staatlichen Gerichts. 251 Hierdurch werden dieVertragsparteien in solchen Fällen letztlich zu einem vorgerichtlichenMediationsversuch gezwungen.3.5.2 Projektbegleitende MediationVersierte Bauunternehmen, die bereits über Mediationserfahrung verfügen,schließen häufig in ihren vertraglichen Regelungen eine baubegleitendeMediationsvereinbarung ein. Dabei greifen sie auf ihnen bekannte Mediatorenzurück, die in regelmäßigen Abständen an Treffen zwischen Auftraggeber undAuftragnehmer teilnehmen. 252 Bei auftretenden Konflikten haben die Vertragspartnerein jeweiliges einseitiges Abrufrecht.Durch die frühe Einbindung des Mediators wird erreicht, dass dieser mit den Inhaltendes Bauvertrages und dem Stand des Bauablaufes vertraut ist. Konfliktfelder könnenso ohne Zeitverlust und damit schadensbegrenzend bearbeitet werden. Da bei derprojektbegleitenden Mediation Konflikte bereits zum Zeitpunkt ihres Entstehensaufgegriffen werden, ist die Chance auf effiziente und langfristige Lösungen groß.Zudem gewinnen die Vertragsparteien Zutrauen zu dem sie von Beginn anbegleitenden Mediator. Für die verantwortlichen Mitarbeiter der Streitparteien ist es in249 Heiermann/Franke/Knipp, Baubegleitende Rechtsberatung, 964, 965250 Englert/Franke/Grieger, Streitlösung ohne Gericht, 268251 BGH-Urteil vom 18.11.1998 (VIII ZR 344/97, IBR 2000, 195)252 Englert/Franke/Grieger, Streitlösung ohne Gericht, 269100


dieser Phase der Streitentwicklung leichter, Verantwortung für Entscheidungen zuübernehmen, weil der Konflikt noch nicht eskaliert ist. 253 Der von Beginn anprofessionelle Umgang mit zwangsläufig auftretenden Konflikten im Bauwesen wirktsich positiv auf die Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens aus. Da Streitigkeiten direktbehandelt werden, haben Konflikte nicht mehr ausreichend Zeit sich auszuweitenund damit unüberschaubar zu werden. 2543.5.3 Gerichtsnahe MediationDie gerichtsnahe Mediation 255 stellt für die Konfliktparteien die Möglichkeit dar, auchbei einem bereits begonnenen Gerichtsverfahren den Konflikt durch einMediationsverfahren beizulegen. Angeregt wird das Mediationsverfahren durch denfür das gerichtliche Verfahren zuständigen Richter. Sollten sich die Parteien diesemVorschlag anschließen, wird das Verfahren an einen für die Mediationsverfahrenzuständigen Richter des entsprechenden Gerichtes weitergeleitet. Durch diegerichtsnahe Mediation entstehen keine weiteren Gerichtskosten. Bei einemScheitern der Mediation wird das gerichtliche Verfahren, das zwischenzeitlich ruhte,weitergeführt.3.5.4 Göttinger ModellBei dem Göttinger Modell handelt es sich um ein Zusatzangebot des LandgerichtsGöttingen, bei dem eine besondere Form einer gerichtsverbundenen Mediationdurchgeführt wird. 256 Diese ist dem eigentlichen Prozess vorgeschaltet. DasGöttinger Modell ist eine Weiterentwicklung der zuvor beschriebenen gerichtsnahenMediation. Es handelt sich um ein freiwilliges Verfahren, dem Kläger und Beklagtezustimmen müssen. Wie bei der gerichtsnahen Mediation agieren bei dem GöttingerModell Richter, die in einem möglicherweise anschließenden Gerichtsprozess nichtbeteiligt sein werden. Bei einem Scheitern der Mediation ist es den Parteien frei253 Walzberger/Schmid, Weiter handeln statt richten lassen – Kosten- und Ergebnisoptimierung inBaustreitigkeiten durch Wirtschaftsmediation, 5254 Englert/Franke/Grieger, Streitlösung ohne Gericht, 269255 Englert/Franke/Grieger, Streitlösung ohne Gericht, 243, 244256 Landgericht Göttingen, Mediation im Gerichtsverfahren101


gestellt, wie die weitere Konfliktlösung aussehen soll. Es besteht kein Zwang zurDurchführung eines Gerichtsverfahrens, sondern es können auch andereStreitbeilegungsverfahren eingesetzt werden.Die weiteren Charakteristika des Göttinger Modells sind vergleichbar mit denen derbereits beschriebenen Mediation.3.5.5 Michigan MediationDie Michigan Mediation stellt ein Modell der Streitbeilegung des State Courts desUS-Bundesstaates Michigan dar. 257 Die Michigan Mediation stellt dabei einebesondere Variante der Court-Annexed Arbitration dar und bezeichnet ein gerichtlichangeordnetes Schlichtungsverfahren vor Beginn des eigentlichen Gerichtsprozesses.Das Ziel der Michigan Mediation ist es, die strittigen Parteien zuerst durch Mediationund dann durch einen unverbindlichen Einigungsvorschlag, vergleichbar mit einemSchlichtungsverfahren, zu einem Vergleich zu bewegen, ohne ein Gerichtsverfahrendurchlaufen zu müssen. Eine zugehörige Kostenregelung sorgt für den notwendigenEinigungsdruck.Bei diesem Verfahren bewertet ein Gremium aus drei Juristen ausgewählte Konflikteauf ihre Eignung in Bezug auf ein Mediationsverfahren. Sollten die Konfliktemediationsfähig erscheinen, wird mittels Mediation der Versuch einer Einigungdurchgeführt. Bei einem Misserfolg formuliert das Mediatorengremium einenunverbindlichen Vergleichsvorschlag. Diesen Vergleichsvorschlag können dieParteien annehmen oder auch ablehnen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dassdiejenige Partei, die den Vorschlag ablehnt, eine Strafzahlung leisten muss, wenndas später vor einem Gericht erreichte Ergebnis nicht um mindestens zehn Prozentgünstiger ist als der Einigungsvorschlag. Auf diese Weise wird das Kostenrisiko fürdie den Vergleichsvorschlag ablehnende Partei erhöht und der Annahmewilleverstärkt.257 Risse, Neue Wege der Konfliktbewältigung, 16 ff.102


Das Verfahren ist besonders geeignet bei Streitigkeiten über die Höhe einerForderung. Bei Streitfällen um andere Rechte ist die zehn Prozent-Schwelle nichtfestlegbar und der Einsatz des Verfahrens schwierig. Technische oderbaubetriebliche Fragen können deshalb nur begrenzt verhandelt werden. Diesesmacht das Verfahren der Michigan Mediation für komplexe Baukonflikte wenigergeeignet. Der Gesamtablauf einer Michigan Mediation ist aus Abb. 26 zu entnehmen.Anrufung des Gerichtes zur Konfliktbeilegung undWeiterleitung zur Michigan MediationDurchführung des MediationsverfahrensEinigung und Vergleichsabschlusskeine Einigung der Parteienunverbindlicher Vergleichsvorschlag des MediatorsEinigung und Vergleichsabschlusskeine Einigung der ParteienDurchführung des GerichtsverfahrensUrteil 10% günstiger:Parteien tragen Kosten derMediation je zur HälfteUrteil weniger als 10% günstiger:initiierende Partei trägt die Kostender MediationAbb. 26: Ablauf der Michigan Mediation 258258 Risse, Neue Wege der Konfliktbewältigung, 16 ff.103


3.5.6 Bewertung der MediationBei einem Mediationsverfahren sind aufgrund der Tatsache, dass der Mediator keineVorschläge unterbreitet oder Entscheidungen trifft, sondern durch sein Wirken einenKonsens zu erreichen versucht, für die Parteien keine Risiken verbunden. Es gibtkeine Zeitvorgaben für die Durchführung des Verfahrens, was zu einerUnbestimmtheit des Ablaufes führt. Ein Nachteil der Mediation ist, dass nach demScheitern der Mediation der gesamte Sach- und Streitstand erneut in einemanschließenden Streitregulierungsverfahren aufgearbeitet werden muss. Wie bei denSchlichtungsverfahren ist der Erfolg eines Mediationsverfahrens von der Qualität desMediators abhängig. Dementsprechend muss hier durch die Parteien ein hoherMaßstab an die Auswahl des Mediators gestellt werden. Eine Fehlbesetzung führtunter Umständen zum Scheitern des Verfahrens.Die Michigan Mediation stellt eine Kombination von Mediation und Entscheidung dar.Ähnlich der gerichtsnahen Mediation oder dem Göttinger Modell wird hierverpflichtend eine Mediation der endgültigen Entscheidung durch das Gericht,vorangestellt. Die Vorteile der Verhandlungsverfahren und der Schlichtung bleibenungenutzt. Zusätzlich zur Mediation tritt eine bewertende Begutachtung desStreitfalles hinzu. Hierbei handelt es sich um ein Privatgutachten der Mediatoren, dasBasis für einen Vergleich der Parteien sein soll. Es stellt somit auch eine Vorstufe zurDurchführung des Gerichtsverfahrens dar. Das Fehlen von Zeitvorgaben für denVerfahrensablauf kann die Durchführung des Verfahrens verzögern.3.6 MahnverfahrenZur Vermeidung eines Gerichtsverfahrens sieht die Zivilprozessordnung (ZPO) in §688 im Fall von Zahlungsansprüchen ein Mahnverfahren als Lösungsmöglichkeit vor.Der Schuldner soll hierdurch die Ernsthaftigkeit des Anspruches zur Kenntnisnehmen und zur Zahlung bewegt werden. 259 Die Durchführung des Mahnverfahrensist nicht zwingend vorgeschrieben.259 Baumbach/Lauterbach, Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und anderenNebengesetzen, Mahnverfahren, Grundzüge, Rdn. 2104


Das Mahnverfahren wird durch Antrag eingeleitet. Dieser ist als Vordruck erhältlich.Zur Bearbeitung des Vordruckes benötigt man keine Rechtskenntnisse. Eingetragenwerden muss der Anspruchsgegner, der Grund und die Höhe des Anspruches.Nähere Voraussetzungen sind in § 690 ZPO geregelt. Insofern sind zumindestKenntnisse über die entsprechenden Voraussetzungen erforderlich. DieZurückweisung eines nicht ordnungsgemäß ausgefüllten Antrages bedeutet nichtden Verlust des Anspruches, sondern der Antrag darf nachgebessert werden. DerVerfahrensbeginn ist mit Absendung des Antrages an das zuständige Amtsgerichtgegeben. Einige Bundesländer verfügen über zentrale Amtsgerichte fürMahnverfahren. Bei falscher Adressierung werden die Anträge jedoch weitergeleitet.Da das Amtsgericht den Antrag nur formell prüft, werden nur die StreitparteienBeteiligte des Verfahrens. Der Verfahrensablauf hängt im Weiteren von der Reaktiondes Antragsgegners ab. Innerhalb einer Frist von zwei Wochen hat derAntragsgegner die Forderung zu erfüllen. Falls der Antragsgegner sich hierzu nichtverpflichtet fühlt, muss er Widerspruch einlegen. Auf Antrag einer Partei geht danndas Verfahren in ein Gerichtsverfahren über. Sollte der Antragsgegner die zuvorgenannte Frist von zwei Wochen verstreichen lassen, kann der Antragssteller einenVollstreckungsbescheid gemäß § 699 ZPO erwirken. Hiergegen kann aber seitensdes Antragsgegners Einspruch erhoben werden. 260 Der Einspruch hat zur Folge,dass ein ordentliches Gerichtsverfahren durchgeführt werden kann. Der Ablauf desMahnverfahrens ist aus der nachfolgenden Grafik ersichtlich.260 Baumbach/Lauterbach, Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und anderenNebengesetzen, § 700, Rdn. 2 ff.105


Antrag an das AmtsgerichtZustellung an den AntragsgegnerZahlungWiderspruchUntätigkeitAntrag aufstreitigesVerfahrenAntrag aufVollstreckungs-BescheidGerichtsverfahrenEinspruchVollstreckungAbb. 27: Ablauf eines Mahnverfahrens 261261 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 52106


3.7 Selbstständiges BeweisverfahrenDas selbstständige Beweisverfahren ist in §§ 485 ff. ZPO geregelt. Das Verfahrenwird vor ordentlichen Gerichten geführt und unterliegt den Vorschriften der ZPO.Dem Grunde nach handelt es sich um eine separat durchgeführte Beweisaufnahmeeines ordentlichen Gerichtsverfahrens. 262 Die Verwendung von Urkunden und dieParteivernehmung als Beweismittel sind im selbständigen Beweisverfahren nichtzulässig. 263Der Verfahrensbeginn ist mit einem Antrag gekennzeichnet, der den Anforderungennach § 487 ZPO genügen muss. Zunächst ist bei dem zuständigen Gericht dasVorliegen der prozessualen Voraussetzung darzulegen. 264 Der Antrag ist gemäß §485 I ZPO statthaft, wenn der oder die Antragsgegner zustimmen, das Beweismittelzu verloren gehen droht oder seine Benutzung erschwert werden könnte. Darüberhinaus ist auch ein Antrag gemäß § 485 II ZPO möglich. Dies ist gegeben, wenn dieschriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragt wird, der denZustand oder Wert einer Sache sowie die Ursache eines Schadens oder Mangelsoder den Aufwand für die Beseitigung des Schadens oder Mangels feststellen soll.Bedingung ist, dass der Antragsteller ein rechtliches Interesse vorweisen kann.Dieses liegt vor, wenn die Feststellung zur Vermeidung eines nachfolgendenRechtsstreites dienen kann. 265In Bezug auf die begehrte Beweisaufnahme hat der Antragsteller diefestzustellenden Tatsachen und die von ihm vorgesehenen Beweismittel zubenennen. Ein Sachverhaltsvortrag soll beigefügt werden, der die Gründe erläutert.Rechtliche Fragestellungen sind dagegen nicht Gegenstand eines selbständigenBeweisverfahrens. 266 Der Antragsteller hat in dem Verfahren mindestens einenAntragsgegner zu benennen.262 Werner/Pastor, Der Bauprozess, 3, Rdn. 1263 Viering, Alternative Konfliktbewältigungsverfahren für das Bauwesen, 137264 Wirth, Handbuch der Vertragsgestaltung, Vertragsabwicklung und Prozessführung im privaten undöffentlichen Baurecht, 1709, Rdn. 1 ff., 1754, Rdn. 82 ff.265 Baumbach/Lauterbach, Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und anderen Nebengesetzen,ZPO § 485, Rdn. 4 ff.266 Quack, Zur Problematik der stillschweigenden Rechtsanwendung durch Sachverständige, 161107


Im weiteren Verfahrensverlauf kann der Streit darüber hinaus auch anderenverkündet werden. 267 Das Verfahren wird vom Gericht geleitet, welches über diejeweiligen Anträge entscheidet. Im Regelfall wird der Antrag dem Antragsgegnerüber das Gericht zugestellt. Der Antraggegner hat innerhalb einer vom Gerichtfestgelegten Frist Stellung zu nehmen.Nach einer Prüfung wird das Gericht über den Antrag entscheiden undgegebenenfalls einen Beweisbeschluss erlassen, der die festzustellenden Tatsachenund die Art der Beweiserhebung festlegt und gleichzeitig den Gutachter bestimmt.Die Beweisaufnahme unterliegt den gleichen Regelungen wie im Klageverfahren.Nach Abschluss der Beweisaufnahme besteht für die Beteiligten die Möglichkeit zuden Ergebnissen der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen. Hierzu können weitereAnträge gestellt oder bei einer gutachterlichen Beweiserhebung ergänzende Fragenan den sachverständigen Gutachter gerichtet werden. Auf Veranlassung einer Parteikann der gerichtlich bestellte Gutachter zu einem Erörterungstermin geladen werden.Üblicherweise wird das Verfahren von den Gerichten schriftlich geführt, auch wenn§ 492 III ZPO ausdrücklich die Möglichkeit vorsieht, die Parteien nach Abschluss derBeweisaufnahme zu einer mündlichen Verhandlung zu laden. Ein solcher Termin hatden Vorteil, dass ein dort geschlossener Vergleich mit Vollstreckungswirkung durchdas Gericht protokolliert werden kann. Diese Möglichkeit ist in § 492 III in Verbindungmit § 794 I Nr. 1 ZPO vorgesehen.Sollten keine Fragen offen geblieben sein, ist das selbständige Beweisverfahrendamit beendet. Abb. 28 zeigt in vereinfachter Form den Ablauf des selbständigenBeweisverfahrens.267 Wirth, Handbuch der Vertragsgestaltung, Vertragsabwicklung und Prozessführung im privaten undöffentlichen Baurecht, 1788, Rdn. 226 ff.108


Antrag bei GerichtZustellung an den AntragsgegnerSchriftsatzwechselAblehnung des AntragesBeweisbeschlussBeweisaufnahmeBeweisgutachten,Protokoll etc.VerfahrensendeSchriftsatzwechsel, evtl.mündliche AnhörungEinigungder ParteienGerichtsverfahrenAbb. 28: Ablauf eines selbständigen Beweisverfahrens 268Für die Weiterführung des Verfahrens bestehen mehrere Möglichkeiten. § 485 II ZPOgeht davon aus, dass die Parteien im Nachgang zum selbständigen Beweisverfahrenden Streitfall in einer freien Verhandlung regulieren. In der Praxis zeigt sich jedochein anderes Bild. 269 Sollte sich eine Partei durch das selbständige Beweisverfahrenermutigt fühlen Klage einzureichen, wird ein ordentliches Gerichtsverfahrendurchgeführt, wobei auf die Beweisaufnahme verzichtet werden kann, da diesebereits vorweggenommen wurde.268 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 73269 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 74109


3.8 SchiedsgutachtenEin Schiedsgutachtenverfahren ist vergleichbar mit dem gerichtlichenBeweisverfahren mit Gutachterwahl. Zur Durchführung des Verfahrens müssen sichdie Parteien zunächst auf einen gemeinsamen Schiedsgutachter einigen. Eineeinseitige Einleitung des Verfahrens ist somit nicht möglich. Die Parteien sind bei derFormulierung der Schiedsgutachterklausel frei. Dadurch hängt das Verfahren vomInhalt einer entsprechenden Klausel ab. 270 Das Hauptziel der Parteien liegt darin,dass der von ihnen gemeinsam beauftragte neutrale Gutachter aufgrund seinerSachkunde eine Tatsachenfrage klärt. 271 Je nach Fassung derSchiedsgutachterklausel kann die im Schiedsgutachten getroffene Festlegung fürbeide Parteien verbindlich sein. Die Parteien verbinden mit der Klärung in einemSchiedsgutachten den Wunsch, die verbleibenden Streitpunkte auf Basis einerobjektiven Grundlage zu klären. Eine gerichtliche Auseinandersetzung wird hierdurchzwar nicht grundsätzlich vermieden, aber die außergerichtlicheEinigungswahrscheinlichkeit wird sich erhöhen. Ein Schiedsgutachterverfahren istdas Verfahren nach § 18 Nr. 4 VOB/B.Abb. 29 zeigt die Zielsetzung des Schiedsgutachterverfahrens.ZielBeilegung eines bestehenden Konfliktes;ggf. Vermeidung eines entstehendenKonfliktes durch:Klärende Feststellung einer Tatsachenfragedurch sachkundige DritteVerbindlichkeitAbb. 29: Zielsetzung Schiedsgutachten 272270 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 77271 Engler/Franke/Grieger, Streitlösung ohne Gericht, 111272 Engler/Franke/Grieger, Streitlösung ohne Gericht, 111110


Sobald sich die Parteien auf einen Schiedsgutachter und auch einvernehmlich aufdie Fragestellungen geeinigt haben, kann das eigentliche Verfahren beginnen. AufGrund seiner Sachkompetenz wird dem Schiedsgutachter der Umfang dernotwendigen Beweisaufnahme überlassen. Er hat auf Basis der unterschiedlichenStandpunkte der Parteien die notwendige Tatsachenerhebung vorzunehmen. DieParteien haben das Recht, bei der Beweisaufnahme zugegen zu sein. Nach derBeweisaufnahme besteht wie bei dem selbständigen Beweisverfahren dieMöglichkeit, ergänzende Fragen zu stellen oder eine mündliche Anhörungdurchzuführen. Der Schiedsgutachter hat sein Gutachten unter Berücksichtigungaller gewonnenen Erkenntnisse zu verfassen. 273Mit der Übergabe des Gutachtens ist das Verfahren beendet. In Abb. 30 ist derAblauf des Schiedsgutachterverfahrens dargestellt.Schlichtungsvereinbarungzwischen den ParteienBestellung des SchlichtersAnhörung der Parteien,evtl. SchriftsatzwechselBeweisaufnahmeErgänzungsfragen, evtl.mündliche AnhörungVerbindlichesSchiedsgutachtenEinigung oder weitereStreitregulierungAbb. 30: Ablauf eines Schiedsgutachterverfahrens 274273 Döbereiner, Die Haftung des gerichtlichen und außergerichtlichen Sachverständigen nach derneueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes und des BGH, 282274 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 78111


Sollte auf Basis des Schiedsgutachtens keine Einigung erzielt werden, muss derStreit in einem weiteren Streitregulierungsverfahren fortgeführt werden. DasSchiedsgutachterverfahren ist besonders für die Fälle geeignet, bei denen es umeine reine Tatsachenfrage geht. 2753.9 Schiedsgerichtsverfahren3.9.1 Schiedsgerichtsverfahren nach ZPODie Regelungen für ein Schiedsgerichtsverfahren sind in der Zivilprozessordnung(ZPO) definiert. In § 1025 ZPO ist der Anbindungsbereich, in den nachfolgendenParagraphen sind die weiteren Details geregelt. Auf Basis dieser Regelungenkönnen Vertragspartner gemeinsam festlegen, dass anstatt eines ordentlichenGerichtes ein Schiedsgericht mit der Streitentscheidung beauftragt wird. Die Parteienkönnen sich auch darauf verständigen, nur einen Teil des Streites durch einSchiedsgerichtsverfahren entscheiden zu lassen. 276 Die Vereinbarung desSchiedsgerichtsverfahrens können die Parteien in Form eines Schiedsvertrages voroder nach Entstehung des Streites treffen. 277 Die Parteien können denStreitgegenstand und den Verfahrensablauf selbst bestimmen. In derZivilprozessordnung ist bereits eine vollständige Regelung für einSchiedsgerichtsverfahren enthalten. Für die Parteien besteht Entscheidungsfreiheit,auch andere Schiedsgerichtsordnungen für die Abwicklung des Streitfalles zuvereinbaren. Im Bauwesen sind dies die SOBau, die Schlichtungs- undSchiedsordnung für Baustreitigkeiten der ARGE Baurecht im Deutschen AnwaltVerein 278 und die SGOBau, die Schiedsgerichtsordnung für das Bauwesen,herausgegeben vom Deutschen Beton- und Bautechnikverein e.V. und derDeutschen Gesellschaft für Baurecht e.V.. 279 Die grundsätzlichen Regelungen allerSchiedsgerichtsordnungen sind dabei vergleichbar. Sie unterscheiden sich nur in275 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 77276 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 54277 Baumbach/Lauterbach, Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und anderen Nebengesetzen,ZPO § 1029, Rdn. 8278 Zerhusen, Schlichtungs- und Schiedsordnungen für Baustreitigkeiten, BauRecht 1998, 850279 Zerhusen, Alternative Streitbeilegung im Bauwesen, 100112


Detailpunkten. Aus diesem Grund konzentriert sich diese Arbeit auf dasSchiedsgerichtsverfahren nach der ZPO.Vor dem eigentlichen Verfahrensbeginn muss das Schiedsgericht festgelegt werden,sofern dies nicht über die Schiedsvereinbarung bereits erfolgt ist. Die Bestimmungder Anzahl der Schiedsrichter ist den Parteien überlassen. Sollten die Parteien keineAnzahl bestimmen, so schreibt die ZPO in § 1034 drei Schiedsrichter vor. Solltedurch die Schiedsvereinbarung einer Partei ein Übergewicht bei derZusammensetzung des Schiedsgerichts zukommen, so dass die andere Parteibenachteiligt ist, kann diese Partei bei Gericht beantragen, abweichend von dererfolgten Ernennung oder der vereinbarten Ernennungsregelung eigenevorgeschlagene Schiedsrichter zu bestellen. Dieser Antrag ist innerhalb einer Fristvon zwei Wochen zu stellen, nachdem den Parteien die Zusammensetzung desSchiedsgerichts bekannt geworden ist.Bei der Bestellung der Schiedsrichter ist es üblich, dass eine Partei unter Nennungihres Schiedsrichters die andere Partei auffordert, innerhalb einer Frist ihrenSchiedsrichter zu benennen. Grundsätzlich können diese Schiedsrichter von derjeweils anderen Parteien abgelehnt werden, z. B. aus Befangenheit. In einemanschließenden Schritt bestimmen die beiden benannten Schiedsrichter einenVorsitzenden. Sollte nur ein Einzelschiedsrichter vorgesehen werden, müssen sichdie Parteien einvernehmlich auf eine Person einigen. Sollte dieses nicht gelingen,erfolgt die Bestellung des Schiedsrichters durch einen Dritten, der wiederum in derSchiedsgerichtsordnung vorbestimmt ist.Nach der Konstituierung des Schiedsgerichts beginnt das eigentlicheSchiedsgerichtsverfahren. Die Beteiligten des Verfahrens sind der oder dieSchiedsrichter sowie die Parteien, die sich auch anwaltlich vertreten lassen können.Wie bei einem ordentlichen Gerichtsverfahren hat der Kläger eine Klageeinzureichen, auf die der Beklagte zu erwidern hat. Das Schiedsgericht ist autorisiertGutachter zu befragen 280 und Zeugen zur Beweisaufnahme zu laden. Im Gegensatzzu ordentlichen Gerichtsverfahren können die Parteien den Verfahrensablauf in derSchiedsvereinbarung festlegen oder, falls dies nicht erfolgt ist, kann das280 Schwab, Der Sachverständige 2006, 66113


Schiedsgericht den Verfahrensablauf nach eigenem Ermessen bestimmen. 281 Solltensich die Parteien nicht im Laufe des Verfahrens vergleichen, entscheidet dasSchiedsgericht durch einen Schiedsspruch gemäß § 1056, Absatz 1 der ZPO. DieserSchiedsspruch hat gegenüber den Parteien die Wirkungen eines rechtskräftigengerichtlichen Urteils. 282 Ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung desSchiedsgerichtes ist nicht vorgesehen. Eine Anfechtung des Schiedsspruches ist nurdann möglich, wenn elementare Verfahrensgrundregeln verletzt worden sind. Solltedie dabei vorgebrachte Kritik zutreffend sein, kann ein ordentliches Gericht denSchiedsspruch aufheben. 283 Eine solche Problematik tritt in der Praxis jedoch nichthäufig auf. Vielmehr besteht häufig das Problem, dass der Schiedsrichter dasVerfahren nicht mit der notwendigen Zielstrebigkeit betreibt oder als Person für dasVerfahren ungeeignet ist. In diesen Fällen können die Parteien den Schiedsrichtereinvernehmlich auswechseln. In Abb. 31 ist der Verlauf des Schiedsgerichtsverfahrensvereinfacht dargestellt.Schiedsvereinbarungzwischen den ParteienEinleitung durchBenennung der SchiedsrichterEinreichen derSchiedsklageSchriftsatzwechselMündliche VerhandlungBeweisaufnahmeSchriftsatzwechsel, evtl.mündliche VerhandlungenSchiedsspruchAbb. 31: Ablauf eines Schiedsgerichtsverfahrens 284281 ZPO, § 1042, Absatz 4282 ZPO, § 1055283 Mandelkow, Schiedsgerichtsverfahren in Bausachen, BauR 1997, 69284 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 57114


Die Kosten, die durch das Schiedsgerichtsverfahren entstehen, werden denBeteiligten je nach Ergebnis des Schiedsspruchs auferlegt. Im Gegensatz zu einemUrteil eines ordentlichen Gerichtes ist der in einem Schiedsgerichtsverfahren erfolgteSchiedsspruch nicht direkt vollstreckbar. Dies muss gemäß § 1060 ZPO durch einordentliches Gericht erfolgen. 285 Die Erfordernis entfällt, wenn sich die Parteien andie Entscheidung des Schiedsgerichts halten. 286 Für die Durchführung desSchiedsgerichtsverfahrens ist ein mindestens ebenso langer Zeitraum anzusetzenwie bei einem ordentlichen Gerichtsverfahren. 2873.9.2 Sonderformen von SchiedsgerichtsverfahrenBei den folgenden Sonderformen von Schiedsgerichtsverfahren handelt es sich umvergleichbare Verfahren, die Abwandlungen des Verfahrensablaufes oder derEntscheidungsfindung aufzeigen. Die Erläuterung dieser Verfahren beschränkt sichsomit auf die jeweilige Besonderheit.3.9.2.1 Last-Offer-ArbitrationDie Last-Offer-Arbitration ist ein modifiziertes Schiedsgerichtsverfahren mit zweiEntscheidungsalternativen für den Schiedsrichter. Im Gegensatz zu dem normalenSchiedsgerichtsverfahren, bei dem die Anträge der Parteien üblicherweise bis zurEntscheidung nicht mehr geändert werden, müssen die Parteien bei der Last-Offer-Arbitration nach einer abschließenden Verhandlung ihr letztes Angebot abgeben. DerSchiedsrichter hat sich dann für eines der beiden Angebote zu entscheiden. Eineandere Entscheidung ist ihm nicht erlaubt. 288 Diese Vorgehensweise soll die Parteienbei der Benennung ihres letzten Angebotes von überzogenen Forderungenabhalten. 289285 Mandelkow, Schiedsgerichtsverfahren in Bausachen, BauR 1997, 792286 Dietz, Baustreitigkeiten vor dem Schiedsgericht, NZBau 2003, 182287 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 60288 Schiffer, Mandatspraxis Schiedsverfahren und Mediation, Rdn. 771289 Ebert/Friedrich, Alternative Streitbeilegung im zivilen Baurecht, BauR 2002, 254115


Bei einer Verfahrensvariante der Last-Offer-Arbitration ist vorgesehen, dass dieParteien ihr letztes Angebot verschlossen bei dem Schiedsgericht hinterlegen. DieSchiedsrichter haben zunächst keine Kenntnis von diesen Angeboten. DieSchiedsrichter fällen ihre Entscheidung auf Basis der ihnen vorgelegten undvorgetragenen Argumente und erst danach werden die letzten Angebote der Parteiengeöffnet. Maßgeblich wird das Angebot der Partei, das am nächsten an derEntscheidung des Schiedsgerichtes liegt. Dieses Verfahren, dass auch Baseball-Arbitration genannt wird, enthält spekulative Elemente, die nicht unproblematischsind. 290 Da die Höhe der Vergütung letztendlich durch die Parteien selbst bestimmtist, hat das Verfahren eine eigenverantwortliche Komponente. Bei der Anwendungvon reinen Geldforderungen ist dieses Verfahren grundsätzlich unproblematisch. FürStreitigkeiten über das Vorliegen von Mängeln und deren Beseitigung ist es wenigergeeignet. 2913.9.2.2 High-Low-ArbitrationAuch bei der High-Low-Arbitration handelt es sich um ein Schiedsgerichtsverfahren,bei dem die Parteien in der letzten Verhandlung ein endgültiges Angebot abgeben.Das Schiedsgericht kann hier durch eigenes Ermessen einen Lösungsvorschlagmachen, der zwischen den Angeboten der Streitparteien liegt. Die High-Low-Arbitration verfolgt das Ziel, dass sich die Parteien während der Durchführung desVerfahrens in ihren Standpunkten annähern, so dass die Entscheidung desSchiedsgerichts in einer engeren, sozusagen vorverhandelten Bandbreite erfolgenkann. 292290 Wirth, Handbuch der Vertragsgestaltung, Vertragsabwicklung und Prozessführung im privaten undöffentlichen Baurecht, 1923, Rdn. 65291 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 114292 Ebert/Friedrich, Alternative Streitbeilegung im zivilen Baurecht, BauR 2002, 254116


3.9.2.3 Incentive ArbitrationBei der unter dem Namen Incentive Arbitration bekannt gewordenen Sonderformeines Schiedsgerichtsverfahrens handelt es sich dem Grunde nach um keineigenständiges Verfahren. Die Namensgebung lässt ein Schiedsgerichtsverfahrenerwarten. Tatsächlich liegt der Schwerpunkt der Incentive Arbitration jedoch in derMediation, der eine Entscheidungskomponente zugeordnet wurde. DieVorgehensweise entspricht der bereits in 3.5.5 beschriebenen Michigan-Mediationund muss deshalb hier nicht nochmals erläutert werden. 2933.9.3 Bewertung der SchiedsgerichtsverfahrenDie Schiedsgerichtsverfahren sind eine Alternative zu den Verfahren vor denordentlichen Gerichten. Sie sind diesen sehr ähnlich und benötigen einenvergleichbaren und damit unbefriedigend langen Durchführungszeitraum. Für dieunterlegene Partei ist das Verfahren nachteilig, da ein Rechtsmittel gegen dieEntscheidung des Schiedsgerichtes nicht vorgesehen ist. Eine Anfechtung ist immernur dann möglich, wenn elementare Verfahrensgrundregeln verletzt worden sind. Dader Schiedsspruch in einem Schiedsgerichtsverfahren nicht direkt vollstreckbar ist,muss hier zusätzlich Zeit aufgewendet werden, um gemäß § 1060 ZPO dieVollstreckbarkeit zu erwirken. Die Qualität des Schiedsgerichtsverfahrens ist in sehrhohem Maße von der Qualifikation der zu bestimmenden Schiedsrichter abhängig.Auch wenn die Schiedsrichter auf Kompromisslösungen bei der Streitbeilegunghinwirken dürfen, stellen Schiedsgerichtsverfahren keine wirkliche Alternative derStreitbeilegung dar. Es handelt sich vielmehr um eine endgültigeEntscheidungsregelung für den Fall der versuchten, aber misslungenenStreitbeilegung auf alternativen Wegen.Die aufgeführten Sonderformen für Schiedsgerichtsverfahren stellen Varianten dar,die den Streitparteien helfen sollen, ihre Positionen anzunähern. Grundsätzlich istdies aber auch bei jedem anderen Verfahren insofern möglich, dass die Parteien ihrePositionen verlassen bzw. Forderungen reduzieren. Es handelt sich somit um eine293 Kuffer/Wirth, Handbuch des Fachanwalts Bau- und Architektenrecht, 1026, Rdn. 17117


gebräuchliche Form der Annäherung zwischen den Parteien, die dem Grunde nachkein eigenständiges Verfahren darstellt. Zeitvorgaben in Bezug auf dieVerfahrensdurchführung existieren nicht, was zu Verzögerungen im Ablauf führenkann.3.10 Entscheidung des IngenieursIn den Bau- und Anlagenbauverträgen nach den FIDIC-Standardbedingungen ist fürStreitigkeiten die Entscheidung durch einen Ingenieur vorgesehen. Das Konzept desunabhängigen Ingenieurs ist in der angelsächsischen Baurechtstradition entstanden.Das idealtypische Bild des Ingenieurs war dabei das eines hochqualifizierten,unabhängigen beratenden Ingenieurs, der eine Vermittlerfunktion zwischen denParteien wahrnimmt. 294 Ende des 19. Jahrhunderts wurde dem Ingenieur erstmalseine umfassende Befugnis zur Konfliktbeilegung und abschließenden Streitbeilegungeingeräumt. 295 Da der Ingenieur vom Bauherrn benannt, eingesetzt und auch bezahltwird, ist seine Rolle als neutraler Entscheider zunehmend in Kritik gekommen. 296 Invielen Fällen war festzustellen, dass er mehr als Vertreter des Bauherrn agierte. 297Dieser Kritik ist in der neuesten Ausgabe des Red Book Rechnung getragen worden.Im Red Book, einem Vertragsmuster der FIDIC-Verträge, wurde 1999 dieEntscheidungsbefugnis des Ingenieurs auf ein Dispute-Adjudication-Boardübertragen. Das führt dazu, dass es heute einer gesonderten Vereinbarung bedarf,wenn der Ingenieur dennoch zur Entscheidung berufen werden soll. 298In der Klausel 67.1 des Red Book wird das Verfahren zur Streitbeilegung durch denIngenieur beschrieben. Bei Streitigkeiten jedweder Art, die mit dem Bauvertrag inZusammenhang stehen, hat die Streit verkündende Partei den Sachverhalt demIngenieur zunächst schriftlich vorzulegen. Innerhalb einer Frist von 84 Tagen hat derIngenieur dann eine schriftliche Entscheidung zu treffen und diese den Parteienmitzuteilen. Diese Entscheidung ist für den Bauherrn und den Unternehmer vorläufig294 Weick, Vereinbarte Standardbedingungen im Deutschen und Englischen Bauvertragsrecht, 20 ff.295 Barber, Rules of Conduct for the engeneer, 290296 Mallmann, Bau- und Anlagenbauverträge nach den FIDIC-Standardbedingungen, 98297 Gödel, Was ist ein Dispute-Adjudication-Board?, IBR 2000, 298298 Mallmann, Bau- und Anlagenbauverträge nach den FIDIC-Standardbedingungen, 104118


indend. 299 Innerhalb einer weiteren Frist von 70 Tagen kann die Entscheidung desIngenieurs von beiden Vertragsparteien angefochten werden. Die Entscheidung wirddann von einem Schiedsgericht überprüft. Das Verfahren darf jedoch erst 65 Tagenach der Mitteilung einer Partei, die Entscheidung des Ingenieurs anfechten zuwollen, durch das Schiedsgericht eröffnet werden. Diese großzügig angelegte Fristsoll den Parteien die Möglichkeit geben, einen weiteren Versuch zur gütlichenEinigung durchzuführen. 300 Auf dem Weg zur Entscheidungsfindung muss derIngenieur zunächst eine Lösung im Einvernehmen beider Parteien suchen. Aufwelchem Wege er diese verfolgt, bleibt ihm überlassen. Wenn diese keine frühzeitigeEinigung erzielen, hat er seine Entscheidung zu treffen. Sollte die Entscheidung desIngenieurs innerhalb der vorgesehenen 70 Tage nicht angefochten werden, wird dieEntscheidung endgültig bindend.3.11 Dispute Boards3.11.1 Dispute Review BoardDas Dispute Review Board (DRB) stammt aus den Vereinigten Staaten. 301 Es ist einebaubegleitende Schlichtungsstelle, deren Einrichtung und Tätigkeit zwischen denParteien vereinbart werden muss. 302 Die Ausgestaltung des Verfahrens ist somit denVertragspartnern freigestellt.Das Dispute Review Board besteht im Regelfall aus drei Personen. Üblicherweisesind es zwei Ingenieure und ein Rechtsanwalt. 303 Wenn im Vertrag nicht andersgeregelt, erfolgt die Berufung in der Weise, dass zwei Experten jeweils von einemVertragspartner mit Zustimmung des anderen nominiert werden und der dritteExperte von den beiden bereits nominierten Experten unter Zustimmung beiderVertragsparteien bestellt wird. Die Berufung der Mitglieder muss vor Baubeginnabgeschlossen sein. Der Beginn der Tätigkeit des Expertengremiums ist durch die299 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 121300 Höck, Handbuch des internationalen und ausländischen Baurechts, 1089301 Genten, Streitbeilegung im Bauwesen, Das Potential der ADR-Verfahren, 33302 Höck, Handbuch des internationalen und ausländischen Baurechts, 998303 Oberndorfer, Claimmanagement und alternative Streitbeilegung im Bau- und Anlagenvertrag,170119


Einarbeitung in die Vertrags- und Projektunterlagen geprägt. 304 Mit Baustellenbeginnwird das Gremium über die Ereignisse auf der Baustelle informiert und es wirdregelmäßig eine Baustellenbegehung durchgeführt. Damit sind die Mitglieder desDRB jederzeit über die Ereignisse und den Baufortschritt des Projektes informiert.Die eigentliche Arbeit des Gremiums beginnt mit Auftreten des ersten Streitfalles.Beteiligt an dem Streitverfahren sind dann die Parteien sowie das Board. Die ersteAufgabe des Boards nach seiner Anrufung besteht in der Sachverhaltsermittlungunter Anhörung der Parteien. Das Gremium ist berechtigt, weitere Informationen oderUnterlagen anzufordern und auch Besichtigungen vorzunehmen. Die Detaillierungdes Verfahrensablaufs liegt im Ermessen der Mitglieder des Boards. Nach Klärungdes Sachverhaltes führt das Board eine vertrauliche Beratung durch, um zu einereinstimmigen Empfehlung zu gelangen. Diese wird den Parteien mit der Bitte umZustimmung und Übernahme der Empfehlung übergeben.In einer Variante des Verfahrens ist vorgesehen, dass den Parteien die Empfehlungdes Boards vorab übergeben wird und diese somit noch die Gelegenheit haben,innerhalb von sieben Tagen weitere Argumente vorzubringen. Diese Argumentewerden dann von dem Board berücksichtigt und ggf. in dieStreitbeilegungsempfehlung eingearbeitet. 305 Die Empfehlung ist für dieStreitparteien nicht bindend. Sollte eine Partei mit der Empfehlung nichteinverstanden sein, bedarf es somit keiner Anfechtung, sondern der Streit mussdann in einem nachfolgenden anderen Streitregulierungsverfahren geklärt werden. 306Abb. 32 zeigt den Ablauf des Verfahrens mit einem Dispute Review Board imÜberblick.304 Gluklick, Why Every Construction Project Needs a DRB, 21305 Wiegand, Beschleunigte außergerichtliche Streitbeilegungsverfahren im englischen Baurechtund im internationalen FIDIC-Standardvertragsrecht, 197306 Schramke, Neue Formen des Streitmanagements im Bau und Anlagenbau, NZBau 8/2002, 409 ff.120


Vereinbarung eines DRBim BauvertragBestellung der Mitgliederdes BoardsEinarbeitung des Boardsin die Vertragsunterlagenund laufende Informationüber die BautätigkeitAnrufung des Boards imStreitfall durch einenVertragspartnerSachverhaltsermittlung undunverbindlicheEntscheidung des BoardsEinigung der ParteienAnderesStreitregulierungsverfahrenAbb. 32: Dispute Review Board (DRB) 307Auch wenn das Board des DRB üblicherweise aus drei Mitgliedern besteht, kannvertraglich auch ein Einpersonen- oder auch Mehrpersonenboard bestimmt werden.Es besteht so die Möglichkeit, der jeweiligen Projektgröße Rechnung zu tragen.Aufgrund der Komplexität von Großprojekten kann hier die Anzahl derBoardmitglieder soweit ausgebaut werden, dass ausreichend Sachverständige derunterschiedlichen Schwerpunkte zur Verfügung stehen. 308307 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 124308 Wiegand, Beschleunigte außergerichtliche Streitbeilegungsverfahren im englischen Baurechtund im internationalen FIDIC-Standardvertragsrecht, 201121


3.11.2 Dispute Adjudication BoardDas Dispute Adjudication Board (DAB) ist ein Gremium zur Entscheidung vonStreitigkeiten. 309 Das DAB ist in den FIDIC-Verträgen grundsätzlich als Standardvorgesehen. Dabei ist es den Vertragspartnern unbenommen, die Regelungen für ihrDAB in allen Punkten abweichend von diesen Standards zu formulieren. Das DABkann aus einem oder drei Mitgliedern bestehen. FIDIC empfiehlt bei Verträgen abeinem Volumen von 25 Mio. US-Dollar ein dreiköpfiges Board. 310 Als Mitgliederwerden regelmäßig Ingenieure und andere Baufachleute berufen. 311 Bei einemdreiköpfigen Schlichtungsgremium bietet sich die Besetzung des Vorsitzes mit einemJuristen an. 312 Die Bestimmung der Mitglieder des Boards erfolgt in der gleichenWeise wie die Festlegung der Mitglieder des Boards eines DRB. Das Red Book fürBau- und Anlagenbauverträge nach den FIDIC-Standardbedingungen ist fürBauleistungen konzipiert, die größtenteils vor Ort ausgeführt werden. Da bei derAbwicklung von Bauleistungen regelmäßig Streitigkeiten zu erwarten sind, ist hier einständiges Dispute Adjudication Board vorgesehen. Im Gegensatz hierzu sind in demSilver- und Yellow-Book vorwiegend Leistungen behandelt, die nicht auf derBaustelle zu erbringen sind, z. B. Planungen. In diesen Verträgen wird das DisputeAdjudication Board erst im Streitfall konstituiert, da sich gezeigt hat, dass eineständige Einrichtung hierfür nicht erforderlich ist. 313 Die Wahl zwischen ständigemoder Ad-hoc-DAB ist maßgeblich von den dadurch entstehenden Kosten beeinflusst.Denn bei einem ständigen DAB beanspruchen unter Umständen drei fachlich hochqualifizierte Ingenieure über einen Zeitraum von mehreren Jahren Honorare. Bei sehrgroßen Vorhaben kann sich die Tätigkeit eines Mitgliedes des DAB zurVollzeitbeschäftigung entwickeln. 314 Der Nachteil des ständig eingerichteten DisputeBoards, bereits Kosten zu verursachen, auch wenn kein Streitfall eingetreten ist, wirddurch den Vorteil, dass ein geringerer Aufwand bei einem auftretenden Streitfallentsteht, ausgeglichen. 315 Im Gegensatz zum ständigen DAB, bei dem die Mitgliederdes Boards direkt bei Vertragsabschluss berufen und eingesetzt werden, ist ein Ad-309 Haghsheno/Kilian, Dispute Adjudication Board (DAB) – Ein alternatives Verfahren zur Konfliktbeilegungbei der Abwicklung von Bauprojekten, 321310 Corbett, FIDIC 5 th or a new Style Red Book?, 288311 Molineaux, Real Time Dispute Resolution, 258312 Mallmann, Bau- und Anlagenbauverträge nach dem FIDIC-Standardbedingungen, 290313 Kröll, Ergänzung und Anpassung von Verträgen durch Schiedsgerichte, 289314 Wiegand, Beschleunigte außergerichtliche Streitbeilegungsverfahren im englischen Baurechtund im internationalen FIDIC-Standardvertragsrecht, 201315 Goedel, Was ist ein Dispute Adjudication Board?, IBR 2000, 299122


hoc-DAB erst 28 Tage, nach dem eine Partei einen Streitfall dem Board vorlegenmöchte, vorgesehen.Zu Beginn der Maßnahme arbeiten sich die Mitglieder des ständigen DAB in dieVertrags- und sonstigen Projektunterlagen ein. Darüber hinaus sind regelmäßigeBaustellenbesuche in einem Turnus von 70-140 Tagen vorgesehen.Die Besuchstermine sowie die Inhalte der Visiten werden von den Bauvertragsparteienund den Mitgliedern des Boards gemeinsam festgelegt.Die Regulierung eines Streitfalles beginnt mit einer Eingabe durch eine Partei.Eingereicht werden können grundsätzlich alle Streitpunkte, die den Vertrag bzw.dessen Ausführung betreffen. Vorausgesetzt wird dabei, dass es sich um eine nichtmehr einvernehmlich zu lösende Streitfrage handelt. Ist dies nicht offensichtlich,muss das DAB zunächst diese Frage entscheiden. Dies bedeutet, dass das DABnicht ohne einen Versuch der einvernehmlichen Lösung eines Streitfalles angerufenwerden darf. 316Der Antrag der Streit auslösenden Partei muss in schriftlicher Form vorgelegtwerden. In das Streitverfahren involviert sind die Vertragsparteien sowie dieMitglieder des DAB. Der Ablauf des Verfahrens wird durch die Mitglieder des DABbestimmt. Das DAB ist berechtigt, Unterlagen von den Parteien anzufordern,mündliche Verhandlungen und auch eigene Tatsachenermittlungen durchzuführen.Es ist grundsätzlich nicht an die Beweisanträge der Streitparteien gebunden.Grundsätzlich hat das DAB fair und unparteiisch zu handeln und den Streitparteienausreichend Zeit einzuräumen, zur Sache vorzutragen. Soweit nichts anderes in denVertragsunterlagen geregelt ist, hat das DAB innerhalb von 84 Tagen nach Eingangdes verfahrenseinleitenden Antrages eine Entscheidung zu treffen. 317 Dieunterlegene bzw. unzufriedene Partei kann die Entscheidung des DAB anfechten.Dann steht ihr der Weg zum Schiedsgericht offen. 318 Dabei ist die Wahrung einerAusschlussfrist von 28 Tagen nach Zugang der DAB-Entscheidung zu beachten. DerWiderspruch muss schriftlich erfolgen und ausreichend begründet sein.316 Mallmann, Bau- und Anlagenbauverträge nach dem FIDIC-Standardbedingungen, 292317 Wiegand, Beschleunigte außergerichtliche Streitbeilegungsverfahren im englischen Baurechtund im internationalen FIDIC-Standardvertragsrecht, 199318 Red Book, Bau- und Anlagenbauverträge nach den FIDIC-Standardbedingungen, Klausel 20.4,Absatz 5.123


Abschließend wird der Streitfall durch ein Schiedsgericht entschieden. Zwischen derWiderspruchserklärung einer Partei und der Einleitung des nachfolgendenSchiedsgerichtsverfahrens müssen weitere 56 Tage liegen. In dieser Zeit haben dieParteien nochmals den Versuch einer gütlichen Einigung zu unternehmen. 319 Wenninnerhalb der Frist von 28 Tagen keine Partei die Entscheidung des DAB anficht, giltdie Entscheidung für beide Seiten als verbindlich. Unabhängig von demvorgenannten Einspruchsverfahren ist in jedem Fall die Entscheidung des DAB fürdie Parteien vorläufig bindend.Klausel 20.7 des Red Book lässt den Parteien auch nach Ablauf der 28-Tage-Fristden Gang zum Schiedsgericht offen, wenn die in der DAB-Entscheidung unterlegenePartei ihre Pflicht nicht erfüllt. Dies ist insofern notwendig, da die DAB-Entscheidungnicht vollstreckbar ist und die obsiegende Partei somit über kein Zwangsmittelverfügt. Einen vollstreckbaren Titel kann sie nur durch einen Schiedssprucherreichen. 320 Abb. 33 zeigt in einer vereinfachten Form den Ablauf eines Verfahrensmit dem DAB.Vereinbarung eines DABim BauvertragBestellung der Mitgliederdes BoardsEinarbeitung des Boardsin die Vertragsunterlagenund laufende Informationüber die BautätigkeitAnrufung des Boards imStreitfall durch einenVertragspartnerSachverhaltsermittlungund vorläufig verbindlicheEntscheidung des BoardsUmsetzung derEntscheidungWiderspruch gegen dieEntscheidungSchiedsgerichtsverfahrenAbb. 33: Dispute Adjudication Board (DAB) 321319 Wiegand, Beschleunigte außergerichtliche Streitbeilegungsverfahren im englischen Baurechtund im internationalen FIDIC-Standardvertragsrecht, 202320 Mallmann, Bau- und Anlagenbauverträge nach den FIDIC-Standardbedingungen, 294321 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 127124


Wie bei dem DRB wird auch bei dem Dispute Adjudication Board eine Kostenteilungzwischen den Parteien vorgenommen. Die beiden Verfahren sind also grundsätzlichvergleichbar. Sie unterscheiden sich in der Verbindlichkeit ihrer Entscheidung. 322Mitglieder von Dispute Boards werden üblicherweise aufwandsbezogen vergütet.Eine Vergütung nach dem Streitwert ist nicht vorgesehen. 323Die Vergütung der Mitglieder der Dispute Boards erfolgt nach den FIDIC–Vertragsmustern mit einer Bereitschaftsgebühr für die laufende Bereithaltung undeiner Tagesgebühr bei einer konkreten Streitschlichtung. 324 Erfahrungswerte zeigen,dass die Kosten für ein baubegleitendes Dispute Board bei 0,1 – 0,3 % derBaukosten liegen können. 325 Neben der schnellen Verfügbarkeit eines DisputeBoards ergibt sich ein weiterer Vorteil aus dessen Besetzung mit Fachleuten. Sokann in vielen Streitfällen die Beweiserhebungsphase verkürzt werden, daentsprechend sachkundige Ingenieure in das Board berufen sind. 326 Auf dieser Basiskann bei einer entsprechenden Ausgestaltung des Verfahrens unter Umständen derStreitfall bereits innerhalb einer einzigen Verhandlungsphase entschieden werden.3.11.3 Bewertung der Dispute BoardsBei dem DRB handelt es sich um eine baubegleitende Schlichtungsstelle und beidem DAB um ein baubegleitendes Schiedsgericht. Sie unterscheiden sich durch dieVerbindlichkeit ihrer Entscheidungen. Bei beiden sind die Entscheidungen nichtvollstreckbar, so dass entsprechendes im Nachhinein erwirkt werden muss. DerVerfahrensablauf ist durch wenige Zeitvorgaben geprägt, die nicht ausreichend sind,da eine Verzögerung des Verfahrens durch eine Partei nicht ausgeschlossen werdenkann. Auch bei Dispute Boards ist die Qualität des Verfahrens stark durch die zuberufenden Mitglieder der Boards geprägt. Bei sachgemäßer Zusammensetzungkann die Qualität des Verfahrens jedoch hoch sein. Durch die baubegleitendeBearbeitung und die zeitnahe Entscheidung reduziert sich das Risikopotential für dieProjektbeteiligten. Die Dispute Boards stellen somit eine gute Möglichkeit der322 Genton, Streitbeilegung im Bauwesen, das Potenzial der ADR-Verfahren, 39 f.323 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 129324 Haghsheno/Kilian, Dispute Adjudication Board (DAB) - ein alternatives Verfahren zurKonfliktbeilegung bei der Abwicklung von Bauprojekten, 326 f.325 Schramke, neue Formen des Streitmanagements im Bau und Anlagenbau NZ-Bau 8/2002, 410326 Goedel, Was ist ein Dispute Adjudication Board?, IBR 2000, 299, ebenfalls Ax/Schneider, 16125


alternativen Streitbeilegung dar. Da sie jedoch die Elemente der Verhandlung undder Mediation nicht berücksichtigen, sind sie nicht als vollwertige Verfahren zurStreitbeilegung anzusehen. Die Verfahrensinhalte der Dispute Boards sollten ineinem gesamtheitlichen Modell zur Streitbeilegung berücksichtigt werden.3.12 Sonderformen von Streitbeilegungsverfahren3.12.1 Mini TrialDas 1977 in den USA entwickelte Verfahren des Mini Trial kann alsVergleichskonferenz übersetzt werden. Das Mini Trial ist eine strukturierteVergleichsverhandlung, an der bereits zu einem frühen Konfliktstadium hochrangigeund zum Vergleichsabschluss bevollmächtigte Vertreter der Parteien teilnehmen. 327Die Parteien tragen einem neutralen Dritten vor und können sich anwaltlich beratenlassen. Dem neutralen Dritten kommt die Aufgabe zu, die Vergleichsbereitschaftzwischen den Parteivertretern aufrecht zu halten, zu fördern und die Rolle desMediators einzunehmen. Für den Fall, dass im Rahmen der Mediation keineEinigung zwischen den Parteien zu erzielen ist, kann der neutrale Dritte eineBewertung des Streitfalles vornehmen. Diese Bewertung gilt als unverbindlicheBasis, an der sich die Parteien orientieren können, wie ggf. ein ordentliches Gerichtoder ein Schiedsgericht den Fall beurteilen würden. Aufgrund dieserVorgehensweise handelt es sich um eine förmliche Variante der Mediation, bei derder Mediator einen Einigungsvorschlag unterbreitet. Der Unterschied des Mini Trialszur Mediation liegt jedoch darin, dass der neutrale Dritte eine Bewertung seinerSichtweise zur Lage des Streitfalles vornimmt. Erst, wenn im Rahmen desVerfahrens keine Einigung zwischen den Parteien zu erzielen ist, trifft er eineunverbindliche Entscheidung, auf deren Basis die Parteien nochmals einenVergleichsversuch unternehmen.327 Ebert/Friedrich, Alternative Streitbeilegung im zivilen Baurecht, BauR 2/2002, 258126


Die Beurteilung des neutralen Dritten wird für die Parteien nur dann verbindlich,wenn sie dieses einvernehmlich beschließen. Kann sich eine Streitpartei derEntscheidung des neutralen Dritten nicht anschließen, kann der Konflikt vor einemSchieds- oder ordentlichen Gericht weiter behandelt werden. 328 Abb. 34 zeichnet denAblauf eines Mini Trial übersichtlich nach.Vereinbarung des MiniTrial im BauvertragAuswahl und Bestellungdes neutralen DrittenBenennung derParteienvertreter aus derGeschäftsleitungParteienvortrag(ein bis zwei Tage)VergleichsverhandlungenMediation und Bewertung durchneutralen DrittenVergleichsverhandlungenVergleichKeine Einigung: unverbindlicheEntscheidung des neutralen DrittenVergleich auf BasisEntscheidung desneutralen DrittenGerichts- oderSchiedsgerichtsverfahrenAbb. 34: Ablauf eines Mini-Trials 3293.12.2 FactfindingDas Factfinding ist ein aus den USA stammendes Verfahren. Es wurde zurBegutachtung streitiger Fragen entwickelt. Die Parteien bestellen bei einemneutralen Dritten ein Gutachten zum strittigen Fall. Je nach vertraglicherVereinbarung zwischen den Parteien sind die Feststellungen des Gutachtersverbindlich oder unverbindlich. Bei der unverbindlichen Variante handelt es sichdabei um das bereits beschriebene Verfahren des Privatgutachtens. Bei der328 Mackie/Miles/Marsh,Commercial Dispute Resolution, 43329 Duve, Alternative Dispute Resolution (ADR) – Die außergerichtliche Streitbeilegung in den USA,BB 1998,12127


verbindlichen Form des Factfinding handelt es sich dagegen um das bereitsbeschriebene Verfahren des Schiedsgutachtens. Eine weitere Erläuterung desFactfinding erübrigt sich somit.3.12.3 Early Neutral EvaluationDie Early Neutral Evaluation (ENE) oder die vergleichbaren Verfahren der Evaluationbzw. Arbitral Referee stehen im Grundsatz für die Bewertung der Sach- bzw.Rechtslage durch einen neutralen Dritten. 330 Dies soll zu einem möglichst frühenZeitpunkt des Streitfalles erfolgen, bevor eine Eskalation des Konfliktes eingetretenist. Die unverbindliche Beurteilung des Dritten ist ein Entscheidungs- oderKompromissvorschlag, der von den Parteien angenommen oder abgelehnt werdenkann. 331 Die Early Neutral Evaluation ist ein Schlichtungsverfahren. Daher wird hierim Detail auf die Erläuterungen in 3.4 verwiesen.3.12.4 Private JudgingDas Private Judging stellt ein Verfahren aus den USA dar, das auch Private Trialoder Rent a Judge genannt wird und als Expertenmeinung übersetzt werden kann.Bei dem Verfahren, das dem bereits dargestellten Mini Trial gleicht, beauftragen dieParteien eine neutrale geeignete Person mit der rechtlichen Beurteilung desKonflikts. 332 In den USA werden hierbei vornehmlich pensionierte Richter odererfahrene Rechtsanwälte eingesetzt. Diese beurteilen den Streitfall auf Basis derihnen vorgelegten Unterlagen und Informationen und übergeben ihre Bewertung denParteien. Auf dieser Basis führen die Parteien Vergleichsverhandlungen mit demZiel, den Streit einvernehmlich zu beenden. Die Vergütung des Private Judge(Privater Richter) erfolgt zu jeweils gleichen Teilen durch die Parteien. Der Ablaufdes Verfahrens ist in Abb. 35 dargestellt.330 Ebert/Friedrich, Alternative Streitbeilegung im zivilen Baurecht, Baurecht 2/2002; 258331 Wirth, Handbuch der Vertragsgestaltung, Vertragsabwicklung und Prozessführung im privatenund öffentlichen Baurecht, 1930, Rdn 75332 Duve, Alternative Dispute Resolution (ADR) – die außergerichtliche Streitbeilegung in den USA,BB 1998, 14128


Auswahl und Beauftragung des Private Judge.AGZusammenstellung und<strong>Dokument</strong>ation derrelevanten FaktenANZusammenstellung und<strong>Dokument</strong>ation derrelevanten FaktenPrivate Judge erstellt seine Bewertungeigenständige Vergleichsverhandlungen der Parteienerfolgreiche Einigungweiteres Verfahren von denParteien frei wählbarAbb. 35: Ablauf eines Privat Judging-Verfahrens 3333.12.5 Med-Arb-VerfahrenDas Med-Arb-Verfahren ist ein Modell zur Konfliktlösung, das zunächst alsMediationsverfahren durchgeführt wird und nach Scheitern der Mediation mit einemSchiedsgerichtsverfahren fortgesetzt wird. Diese Kombination der Mediation und derArbitration entspricht der Michigan-Mediation, die bereits dargelegt wurde.Eine Variante des Med-Arb-Verfahrens stellt das Medaloa-Verfahren dar. Bei diesemVerfahren werden die Vorteile der Mediation und des Last-Offer-Schiedsverfahrenskombiniert. 334 Da die beiden Verfahrensinhalte aufeinander aufbauen und nichtgemischt werden, wird an dieser Stelle auf die bereits dargelegtenVerfahrensbeschreibungen verwiesen.333 Duve, Alternative Dispute Resolution (ADR) – die außergerichtliche Streitbeilegung in den USA,BB 1998, 14334 Risse, Neue Wege der Konfliktbewältigung, Last-Offer-Schiedsverfahren, High-Low-Arbitration undMichigan-Mediation, BB, 2/2001, 19 ff.129


3.12.6 Summary Jury TrialDas Summary Jury Trial basiert auf dem Rechtssystem der USA. Dort werdenZivilprozesse, also auch Bauprozesse, als Jury Prozesse geführt und entschieden.Das Verfahren und der Ablauf gleichen einem Mini-Trial, wobei der neutrale Drittejedoch nicht als Mediator tätig wird.Bei vertraglicher Vereinbarung eines Summary Jury Trial wird eine Jury aus einemoder mehreren neutralen Experten und Vertretern der Geschäftsleitung bzw. derBauleitungsebene beider Parteien gebildet. Die Besetzung der Jury erfolgtparitätisch. Hiernach tragen die Parteien ihre Standpunkte mit Hilfe von Anwälten ineinem verkürzten Verfahren von ein bis zwei Tagen gegenüber der Jury vor. AufBasis dieser Informationen entwickelt die Jury eine einvernehmliche Entscheidung,die jedoch für die Parteien unverbindlich ist und als Basis fürVergleichsverhandlungen dienen soll. Wird im Rahmen der Vergleichsverhandlungenkein Ergebnis erzielt, bleibt den Parteien der Weg zum ordentlichen oderSchiedsgericht offen. Die Kosten für den oder die externen neutralen Dritten werdendurch die Parteien jeweils zur Hälfte getragen. Abb. 36 verdeutlicht den Ablauf desSummary Jury Trial.VereinbarungSummary Jury TrialBildung der Jury:- neutrale(r) Experte(n)- Geschäftsleitung / Bauleitung derParteienParteienvortrag(ein bis zwei Tage)UnverbindlicheEntscheidung der JuryVergleichsverhandlungenVergleichGerichts- oderSchiedsgerichtsverfahrenAbb. 36: Ablauf eines Summary Jury Trials 335335 Duve, Alternative Dispute Resolution (ADR) – Die außergerichtliche Streitbeilegung in den USA,BB, 1998, 9 ff.130


3.12.7 Baubegleitende Einigungsstelle (BEST)Die baubegleitende Einigungsstelle (BEST) stellt die für Deutschland entwickelteForm des international erfolgreichen Dispute Boards dar. 336 Die baubegleitendeEinigungsstelle muss vertraglich zwischen den Parteien vereinbart werden und regeltdie Vorgehensweise bei Konfliktfällen. 337 Da die baubegleitende Einigungsstelle imWesentlichen deckungsgleich mit dem DAB/DRB ist, die bereits in 3.11 behandeltwurden, wird hier nur noch auf Ergänzungen bzw. Änderungen eingegangen.Den Kernpunkt der Vereinbarung zwischen den Parteien stellt die Besetzung desDreiergremiums dar. Im Gegensatz zum DAB/DRB wird das Gremium nur auf Antrageiner Partei und dann innerhalb einer Woche tätig. Das Gremium ist berechtigt, zurSachverhaltsaufklärung und Erörterung Sachverständige zu beauftragen. Dieabschließende Entscheidung des Dreiergremiums wird den Parteien in schriftlicherForm zugestellt. Die Entscheidung ist so lange verbindlich, bis sie durch einnachfolgendes Gerichtsverfahren aufgehoben wird. Eine Besonderheit der BEST istdie Festlegung, dass ein gerichtliches Verfahren erst zwei Monate nach Abnahmedes Bauwerkes eingeleitet werden darf. 338 Diese Regelung führt zu einer zeitlichenTrennung von Streitregulierung und Widerspruch gegen die Entscheidung. Dies solldazu führen, dass eine zunächst nicht akzeptierte Entscheidung im Verlauf der Zeitdoch noch als akzeptabel angesehen wird und somit eine erneute Entscheidungentfallen kann. 339Ein wesentlicher Unterschied zu den Dispute Boards liegt darin, dass das Gremiumder BEST nicht zu regelmäßigen Baustellenbesuchen und somit zur Begleitung desProjektes verpflichtet ist. Da das Gremium nur tätig wird, wenn Streitigkeiten anfallen,entstehen so geringere Kosten. 340336 Hauschka, Die baubegleitende Einigungsstelle (Best) – Eine deutsche Version des Dispute AdjudicationBoard, aus: Kapellmann/Vygen, Jahrbuch Baurecht 2002, 299 ff.337 Berkling, Modernes Streitmanagement – Konflikte am Bau kosten Zeit und Geld, die man durchdie Anwendung von zeitgemäßen Strategien einsparen könnte, Baumarkt 5/2003, 25, 26338 Hauschka, Die baubegleitende Einigungsstelle (Best) – Eine deutsche Version des Dispute AdjudicationBoard, aus: Kapellmann/Vygen, Jahrbuch Baurecht 2002, 299 ff.339 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 133340 Berkling, Modernes Streitmanagement – Konflikte am Bau kosten Zeit und Geld, die man durchdie Anwendung von zeitgemäßen Strategien einsparen könnte, Baumarkt 5/2003, 25, 26131


3.12.8 KooperationsmodellBei dem Kooperationsmodell handelt es sich um ein von Franz Josef Schlapkaentwickeltes Modell zur Beilegung von Streitigkeiten am Bau. 341 Das bereits in 3.4.6beschriebene Schlichtungsmodell basiert auf dem hier abgehandeltenKooperationsmodell. Es bestehen somit aufgrund des gleichen UrsprungsÄhnlichkeiten zwischen den Modellen.Das Kooperationsmodell muss zwischen den Vertragsparteien vertraglich vereinbartwerden. Das Ziel des Kooperationsmodells ist eine kurzfristige einvernehmlicheBeilegung eines Streitfalles unter möglichst geringer Einflussnahme Dritter. ZurKonfliktbeilegung ist das Modell in drei Ebenen gestuft:1. Ebene: ArbeitsebeneDurch direkte Verhandlungen wird auf Ebene der Bauleitungen zwischenAuftraggeber und Auftragnehmer die Beilegung des Konflikts versucht. Esbesteht eine Verpflichtung zum Austausch der erforderlichen Unterlagen wieBautagebuch, Auftragskalkulation sowie sonstiger Projektunterlagen. Bleibendie Verhandlungen auf dieser Ebene ergebnislos, wird der Konflikt auf dieLenkungsebene übertragen.2. Ebene: LenkungsebeneDie Lenkungsebene ist vergleichbar mit den bereits beschriebenen DisputeBoard Verfahren. Ein entscheidungsbefugtes Gremium versucht, durchVerhandlungen Lösungsvorschläge zu erarbeiten, die zur Streitbeilegungführen sollen. Die Mitglieder des Gremiums sind mit dem Projekt vertraut undverfügen über bauspezifische Fachkenntnisse.Der Lenkungsausschuss verfügt über Weisungsbefugnis gegenüber derArbeitsebene. Scheitern die Verhandlungen in der Lenkungsebene, wird derStreitfall an die Schiedsebene übertragen.341 Schlapka, Kooperationsmodell – Ein Weg aus der Krise, BauR 2001, 1646 ff.132


3. Ebene: SchiedsebeneDie Schiedsebene besteht aus einem Schiedsgutachter für Mängel, einemSchiedsgutachter für baubetriebliche und einem Schiedsgremium fürvertragliche Fragen. Die in diesen Positionen tätigen Experten sind bereits beiVertragsabschluss einvernehmlich durch die Parteien zu bestimmen. Insofernkann bei auftretenden Konflikten direkt gehandelt werden. DasSchiedsgremium für vertragsrechtliche Fragen ist mit jeweils der gleichenAnzahl von Rechtsanwälten der Parteien und mit einem neutraleneinvernehmlich bestimmten Juristen besetzt. Die Sachverständigen oder dasSchiedsgremium werden je nach Lage des Streitfalles gemeinsam odereinzeln angerufen und entscheiden verbindlich über die Streitigkeit. 342Bei diesem Verfahren erhalten die Parteien keine mediative Unterstützung. DasModell überspringt somit die Stufe der nicht bindenden Streitbeilegungsverfahrenzwischen Verhandlungen und verbindlichem Gutachten. Es erfolgt somit keinevermittelnde, schlichtende oder strukturierende Hilfe seitens Dritter bei denVerhandlungen. Abb. 37 zeigt das Kooperationsmodell in einer Übersicht.AGVertragAbwicklungBauvertragANBauleitungAGBauleitungANArbeitsebeneWeisungWeisungLenkungsausschussLenkungsausschussErgebnisBeschlussErgebnisSchiedsgutacherMängelSchiedsgremiumVertragSchiedsgutacherBaubetriebSchiedsebeneAbb. 37: Kooperationsmodell nach Schlapka 343342 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 132343 Oberndorfer, Claim-Management und alternative Streitbeilegung im Bau- und Anlagenvertrag, 190133


3.12.9 Außergerichtliche Streitregulierung in EnglandIn England wurde 1998 für das Bauwesen eine gesetzliche Änderung eingeführt.Diese Gesetzesänderung beruht auf dem Bericht von Sir Michael Latham. 344 DieserReport beinhaltete eine Vielzahl von wichtigen Empfehlungen zur Beilegung vonStreitigkeiten und zur Regelung von Zahlungen. Mit dem „Housing GrantsConstruction and Regeneration Act 1996“, kurz HGCRA, wurde jeder Vertragsparteidas Recht eingeräumt, Baustreitigkeiten einem Schiedsrichter zur Entscheidung(Adjudication) vorzulegen. Dieses Adjudication-Verfahren entspricht den in denFIDIC-Verträgen vorgesehenen Verfahren. Wenn sich eine Partei entscheidet, vorder Einreichung einer Klage bei einem ordentlichen Gericht keine Adjudicationdurchzuführen, können die Kosten des Gerichtsverfahrens dem Kläger angelastetwerden. 345 Der HGCRA gibt somit im Streitfall nicht nur ein Recht, sondernbegründet eine Verpflichtung für die Parteien. Das Adjudication-Verfahren wird indem Gesetz in den Sections 104 - 117 geregelt. Die Kernregelung findet sich inSection 108 und sagt verkürzt folgendes aus:- Die Parteien haben das Recht, einseitig die Entscheidung durch einAdjudication-Verfahren einzuleiten.- Innerhalb von 7 Tagen nach der Anzeige eines Streitfalles ist dem zubestellenden Adjudicator der Streitfall vorzulegen.- Der Adjudicator hat innerhalb von weiteren 28 Tagen zu entscheiden. DieseFrist darf mit Zustimmung des Antragstellers um 14 Tage verlängert werden.- Der Adjudicator ist befugt, selbständig Tatsachen zu ermitteln undfestzustellen, soweit er diese für seine Entscheidung benötigt.Die Auswahl des Adjudicators erfolgt einvernehmlich zwischen den Parteien. DasAdjudication-Verfahren bestimmt sich im Detail nach den jeweils vereinbartenSchiedsordnungen von Verbänden oder Vereinigungen. Für den Fall, dass sich dieParteien nicht auf einen Adjudicator einigen können, bestimmen die Verbändeabschließend den Schiedsrichter. 346344 Wiegand, Beschleunigte außergerichtliche Streitbeilegungsverfahren im englischen Baurecht undim internationalen FIDIC-Standardvertragsrecht, 197345 Baur, Wandlung in der Bauindustrie durch Gesetzgebung im vereinigten Königreich, Baumarkt +Bauwirtschaft, 5/2004, 14346 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 149134


Die Entscheidungen des Adjudicators sind für die Parteien bindend. Diese Bindunggilt solange, bis ein Schieds- oder Gerichtsverfahren sie aufhebt. Die Entscheidungdes Adjudicators ist, wenn auch bindend, so doch nicht direkt vollstreckbar. Diesesmuss in einem weiteren Schritt durch ein ordentliches Gericht (Summary Judgement)erfolgen. Das prüft die Entscheidung nicht inhaltlich, sondern nur die Zuständigkeitdes Adjudicators und die Einhaltung des Verfahrens.Entscheidet der Adjudicator nicht innerhalb der vorgegebenen Fristen, kann jedePartei das Verfahren einem anderen Adjudicator übergeben, der jedocheinvernehmlich zwischen den Parteien bestimmt sein muss. Das Verfahren läuftdann erneut an. Unabhängig von der Vollstreckbarkeitserklärung kann dieEntscheidung des Adjudicators vor einem ordentlichen Gericht oder einemSchiedsgericht angefochten werden. Bei der Durchführung dieses Verfahrens wirddann die Entscheidung des Adjudicators inhaltlich überprüft. Die Erfahrung zeigtjedoch, dass eine Anfechtung des Spruches eines Adjudicators nur selten erfolgt. 347Ein Grund liegt darin, dass in England Rechtsstreitigkeiten vor staatlichen Gerichtensehr teuer sind und sich deshalb die vermeintlich unterlegene Partei sehr genauüberlegt, ob sie wegen eines geringen weiteren Vorteils diese hohen zusätzlichenKosten auf sich nimmt. Ein weiterer Grund für den Erfolg der Adjudication-Verfahrenliegt darin, dass gerichtliche Anfechtungen in den seltensten Fällen erfolgreich warenund somit auf Basis dieser Erkenntnis eine Anfechtung schon deshalb nichtvorgenommen wird. 348Das Adjudication-Verfahren ist im Vergleich zu den Kosten von Verfahren vorstaatlichen Gerichten in England sehr günstig. Die Adjudicatoren rechnen nachZeitaufwand ab und verlangen Stundensätze zwischen 150 Pfund und 200 Pfund,bzw. Tagessätze von ca. 1.500 Pfund. Die Rolle des Adjudicators wird in England zu40 Prozent von Quantity Surveyors, zu 22 Prozent von Rechtsanwälten, zu 17Prozent von Ingenieuren und zu 9 Prozent von Architekten übernommen. 349347 Winter, Adjudication: Kulturschock oder Gebot der Stunde?, IBR, 03/2007, 113, 114348 Baur, Wandlung in der Bauindustrie durch Gesetzgebung im vereinigten Königreich, Baumarkt +Bauwirtschaft, 5/2004, 14349 Winter, Adjudication: Kulturschock oder Gebot der Stunde?, IBR, 03/2007, 112135


Die erfolgreichen Adjudication-Verfahren in England sind nicht in gleicher Weise aufDeutschland zu übertragen. Das liegt daran, dass Gerichtsverfahren in Englandwesentlich teurer sind als in Deutschland und somit der Kostendruck zurVereinfachung der Streitbeilegung größer ist.3.12.10 Bewertung der SonderformenBei der Sonderform des Mini Trial handelt es sich um eine strukturierteVergleichsverhandlung, an der bereits in einem frühen Konfliktstadium hochrangigeund zum Vergleichsabschluss bevollmächtigte Vertreter der Parteien teilnehmen.Dies ist gleichzeitig ein Nachteil, da schon früh hochrangige Vertreter eingebundensind und somit eine stufenweise Annäherung über die verschiedenenHierarchienebenen der Unternehmen in den Verhandlungspositionen nicht gegebenist. Das Mini Trial berücksichtigt nicht die Möglichkeiten einesSchlichtungsverfahrens.Die Early Neutral Evaluation beinhaltet in ihrem Kern ein Schlichtungsverfahren, dasdie Vorteile der Verhandlung, Mediation und Entscheidung nicht einbindet. ZeitlicheRahmen zur gestrafften Durchführung des Verfahrens sind nicht gesetzt.Das Factfinding entspricht einem Schiedsgutachten und ist im Grunde nur für dieFälle geeignet, bei denen es um eine reine Tatsachenfrage geht. Die Elemente derVerhandlung, Schlichtung, Mediation und Entscheidung sind in dem Verfahren nichtbeinhaltet. In Bezug auf zeitliche Vorgaben bleibt das Verfahren unverbindlich.Das Private Judging entspricht dem Grunde nach dem Mini Trial. Das Med-Arb-Verfahren ist eine Kombination aus Mediation und Schiedsgerichtsverfahren. Hierbeibleiben die Ansätze der Verhandlung und der Schlichtung unberücksichtigt. DasSummary Jury Trial kombiniert die Verfahrensinhalte der Verhandlung und derEntscheidung und negiert die Vorteile der Schlichtung und der Mediation. Diebesonderen Risiken des Verfahrens liegen in der sehr kurzen Durchführungszeit, dieden Parteien unter Umständen nicht die Möglichkeit gibt, einen ausreichendenSachvortrag vorzubringen. Da in der Jury auch Mitglieder der Geschäftsführungen136


der einzelnen Parteien involviert sind, wird hierdurch die Entscheidungsfindungerschwert.Die baubegleitende Einigungsstelle (BEST) ist die auf Deutschland übertrageneForm der Dispute Boards und stellt somit einen guten Ansatz zur außergerichtlichenStreitbeilegung dar.Das Kooperationsmodell berücksichtigt die Verfahrensinhalte der Verhandlung undder Entscheidung. Die Vorteile der Mediation und Schlichtung werden nicht in dasVerfahren eingeführt. Im Mittelpunkt des Modells steht die Beilegung von Konfliktendurch Kooperation der Vertragsparteien. Sollten Gutachten bei Scheitern der direktenVerhandlung erforderlich werden, ermöglicht dieses Modell keine unverzüglichebaubegleitende Lösungsfindung. Die unterschiedlichen Strukturen der in derBauabwicklung tätigen Unternehmen bleiben bei dem Kooperationsmodellunberücksichtigt. Die im Modell durchgeführten Verhandlungsabläufe bleiben auf derZeitschiene unverbindlich und können zu einem lang andauernden Verfahrensablaufführen. Aufgrund der hohen Anzahl der Beteiligten ist der Verfahrensablauf durchhohe Kosten geprägt.Die außergerichtliche Streitregulierung in England stellt dem Grunde nach einverkürztes Gerichtsverfahren dar. Es steht somit die Entscheidung von Streitfällen imMittelpunkt. Die Elemente der Verhandlung, Schlichtung und Mediation sind imVerfahren nicht implementiert. Der Ansatz der schnellen Entscheidung vonStreitfällen sollte aufgrund der auch in Deutschland zu langen Verfahrensdauern vorden ordentlichen Gerichten beachtet werden.3.13 GerichtsverfahrenDas Gerichtsverfahren, also ein Prozess vor dem ordentlichen Zivilgericht, ist dievom Staat vorgesehene Möglichkeit zur Durchsetzung von zivilrechtlichenAnsprüchen. Es ist das einzige Streitbeilegungsverfahren, um behauptete Ansprüchegegen andere durchzusetzen, wenn diese die Erfüllung bzw. Verhandlung einer137


Forderung verweigern. 350 Ein Gerichtsverfahren ist quasi das letzte Mittel, die Ultimaratio. Dies ist dadurch gegeben, dass der Bundesgerichtshof (BGH) durch seineEntscheidungen zur Kooperationspflicht von Bauvertragspartnern verlangt, dassdiese zunächst eine einvernehmliche Lösung von Streitigkeiten versuchenmüssen. 351Bei einem ordentlichen Gerichtsverfahren ist die Zivilprozessordnung (ZPO)zwingend anzuwenden. Die Vorschriften der ZPO regeln den Verfahrensverlauf unddie Einwirkungsmöglichkeiten der Streitparteien. Nach Beginn des Verfahrens sinddie Vorschriften weder durch die Parteien noch durch das Gericht abänderbar. Esbesteht lediglich die Möglichkeit, ein Verfahren ruhen oder vorzeitig enden zu lassen.Die Zuständigkeit der Gerichte wird durch den Streitwert bestimmt. Für Streitsummenbis 5.000,00 € sind in einer 1. Instanz Amtsgerichte und für Streitwerte ab 5.000,00 €Landgerichte zuständig. Bei einem Verfahren vor den Landgerichten besteht gemäߧ 78 ZPO Anwaltszwang. Bei einem Verfahren vor den Amtsgerichten können sichdie Parteien auch selbst vertreten. Die Beteiligten des Streitverfahrens sind somit dieParteien, ihre Anwälte und das Gericht. Einzelheiten hierzu regeln die §§ 50 ff. ZPO.Es besteht die Möglichkeit, dass eine Partei von mehreren anderen verklagt wirdoder dass sie auch gegen mehrere andere klagen kann, wenn der Streitgegenstandaus demselben tatsächlichen oder rechtlichen Grund besteht. 352 Für Dritte steht dieMöglichkeit offen, einem Rechtsstreit als Nebenintervenient beizutreten. In gleicherWeise ist es den Parteien möglich, über eine Streitverkündung gemäß § 72 der ZPODritte in beliebiger Anzahl in das Verfahren einzubeziehen. Grund dieserVorgehensweise ist, für den Fall des Unterliegens in einem Streitfall einen Anspruchgegen diesen Dritten erheben zu können. Da die Streitregulierung vor demordentlichen Zivilgericht gängige und regelmäßig geübte Praxis ist, wird auf eineweitere Darlegung des Verfahrens und seiner Inhalte an dieser Stelle verzichtet. InAbb. 38 ist vereinfacht und in schematischer Form der Ablauf einesGerichtsverfahrens dargestellt.350 Ebert/Friedrich, Alternative Streitbeilegung im zivilen Baurecht, BauR 2/2002, 250351 Wirth, Handbuch der Vertragsgestaltung, Vertragsabwicklung und Prozessführung im privatenund öffentlichen Baurecht, 1884, Rdn. 4352 Baumbach/Lauterbach, Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und anderen Nebengesetzen,§ 59, Rdn. 4138


Einreichen derKlageSchriftsatzwechselMündliche VerhandlungBeweisaufnahmeSchriftsatzwechsel, evtl.mündliche VerhandlungUrteilRechtsmittelAbb. 38: Ablauf eines Gerichtsverfahrens 3533.14 Bewertung der EinzelverfahrenDas Mahnverfahren kann als Vorstufe zu einem ordentlichen Gerichtsverfahrenangesehen werden und führt in der Regel nicht zu einer Anerkenntnis des geltendgemachten Anspruches. 354 Zu einer endgültigen Streitregulierung kann dasMahnverfahren im üblichen Geschäftsverkehr kaum beitragen. Unter Umständenkann es dazu führen, dass Verhandlungen wieder aufgenommen oder beschleunigtwerden. Das selbständige Beweisverfahren stellt eine separat durchgeführteBeweisaufnahme eines ordentlichen Gerichtsverfahrens dar und trägt im Regelfallebenfalls nicht zur endgültigen Streitbeilegung bei. Die Sachverhaltsaufklärung kannjedoch Streit reduzierend wirken. Gleiches gilt für Schiedsgutachten, die mit einemgerichtlichen Beweisverfahren zu vergleichen sind, auch wenn die Gutachterwahl inden Händen der Parteien liegt.353 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 41354 Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 53139


Die vorgenannten Verfahren beinhalten weder die Vorteile der Schlichtung, derMediation noch der Entscheidung. Sie können deshalb nicht als eigenständige,vollwertige Streitbeilegungsverfahren angesehen werden. Aufgrund fehlenderZeitvorgaben in den Verfahrensabläufen sind diese Verfahren nicht zurBeschleunigung der Streitbeilegung geeignet.Die Entscheidung des Ingenieurs beinhaltet lediglich die Verfahrensinhalte derEntscheidung. Der Ansatz der Verhandlung, Schlichtung und Mediation bleibtgänzlich unberücksichtigt. Es handelt sich somit lediglich um ein „schnellesGerichtsverfahren“. Die in Bezug auf die Entscheidungsabfolge festgelegten Zeitenverhindern ein langwieriges Verfahren und führen zu einer schnellen Entscheidung.Die Entscheidung des Ingenieurs ist dem Grunde nach nicht als eigenständigesVerfahren zur Streitbeilegung zu betrachten.Das Gerichtsverfahren stellt den ultimativen Weg der Streitbeilegung dar. Es kannbezüglich seiner sehr langen Verfahrensdauer nur als Rückfallebene bei derStreitregulierung für den Fall angesehen werden, wenn im Vorfeld alle Versuche dereinvernehmlichen Streitbeilegung gescheitert sind.140


3.15 Gesamtüberblick der StreitbeilegungsverfahrenNeben den Erkenntnissen aus Kapitel 2 dieser Arbeit, in der die Leitliniengeschäftlicher Beziehungen im Bauwesen betrachtet wurden, zeigt die Analyse derStreitbeilegungsverfahren interessante Ansätze auf, die als Basis oderRandbedingungen für das eigene Modell herangezogen werden können.Eine Entscheidungsgrundlage für die Entwicklung eines Streitbeilegungsmodellsstellt die Betrachtung der Kosten für die Streitbeilegung dar. Oberndorfer 355 hat dieKosten der Streitbeilegung in Abhängigkeit vom Grad der Feindseligkeit betrachtet(Abb. 39).Kosten der StreitbeilegungVerhandlungBaustellenschlichtungnicht bindende Streitbeilegung, MediationDispute Review,Mini TrialDispute Review BoardSchiedsgerichtOrdentliches Gericht (mit Vergleich bzw. ohneVergleich bis zum Ende in 3. Instanz)mehr Kontrolle(Vertragspartner entscheiden selbst)Kontrolle desErgebnissesGrad der Feindseligkeitwenig Kontrolle(Dritte entscheiden über Konflikt)Abb. 39: Kosten der Streitbeilegung in Abhängigkeit vom Grad der Feindseligkeit 355355 Oberndorfer, Claim-Management und alternative Streitbeilegung im Bau- und Anlagenvertrag, 158141


Das Diagramm zeigt zum einen auf, dass die Kosten bei Zunahme der Feindseligkeitund zum anderen mit zunehmendem Verlust der Kontrolle über denVerfahrensverlauf ansteigen. Interessant für die Modellbildung ist dabei, dass dieVerhandlungsverfahren die kostengünstigste Streitbeilegungsmethodik darstellen.Gleichzeitig wird deutlich, dass die Kosten für Schlichtungsverfahren und Mediationdeutlich niedriger sind als die für ein ordentliches Gerichtsverfahren. Selbst beiEinsetzung eines Dispute Review Board (DRB), bzw. eines Mini Trial und auch beiSchiedsgerichtverfahren liegen die Kosten niedriger als bei den Verfahren vor demordentlichen Zivilgericht. Gleichzeitig kann der Kontrollverlust über denVerfahrensverlauf bei den kostengünstigen Verfahren als am geringsten angesehenwerden. Diese Prämissen sind bei der Entwicklung des eigenen Modells zurberücksichtigen.Zur besseren Transparenz und Übersichtlichkeit sind die Streitbeilegungsverfahren inder nachfolgenden Übersicht zusammengestellt (Abb. 40 und 41).142


VerfahrensinhalteEntscheidungverb.unverb.Zeitvorgabenim VerfahrenGebräuchlich inDeutschlandFreie Verhandlung x x x x x x xStep Negotiation x x x x x x xVariante freie Verh. x x x x x x xPrivatgutachten x x x x xkeine gering ausr. ja neinja nein ja neinÜbersichtderStreitbeilegungsverfahrenVerfahrensregelungenVerhandlungSchlichtungMediationDisponibelIndisponibelVerfahrensformVerbindlichkeitModellrelevantKonsensual§ 18 Nr. 2 VOB/B x x* x x x x x x* x x§ 18 Nr. 3 VOB/B x x x§ 18 Nr. 4 VOB/B x x x x x x xVOB-Ausschuss x x x x x x xSchlichtungsstellen x x x x x x x xSOBau x x x x x x xSchlichtungsmodell x x** x x x x x x x xMediation x x x x x x x xGöttinger Modell x x x x x x x xMichigan Mediation x x x x x x x xMahnverfahren x x x x x xselbständigesBeweisverfahrenx x x x x xSonstigeSchlichtungsverf.Mediationsverf.KontradiktorischVOB-VerfahrenVerfahren zurVerhandlungSchiedsgutachten x x x x x xAbb. 40: Übersicht der Streitbeilegungsverfahren, Teil 1 356 * nur für Behörden verbindlich** in eingeschränkter Form356 in Anlehnung an Duve, Streitregulierung im Bauwesen, 153143


unverb.SchiedsgerichtsordnungenLast-Offer-Arbitrationverb.x x x x x x xx x x x x x xHigh-Low-Arbitration x x x x x x xIncentive Arbitration x x x x x x x xEntscheidung desIngenieursVerfahrensinhalte Zeitvorgabenim VerfahrenEntscheidungGebräuchlich inDeutschlandkeine gering ausr. ja neinx x x x x x xDRB x x x x x x x xDAB x x x x x x x xModellrelevantVerhandlungSchlichtungMediationDisponabelindisponabelKonsensualja neinÜbersichtderStreitbeilegungsverfahrenVerfahrensregelungenVerfahrensformVerbindlichkeitja neinMini Trail x x x x x x x x xFactfinding x x x xENE x x x x x x xPrivate Judging x x x x x x x xMed.-Arb. x x x x x x x xSummary Jury Trail x x x x x x x xBest x x x x x x x xSonderformenDisputeBoardKontradiktorischSchiedsgerichtsverf.Kooperationsmodell x x x x x x x xStreitreg. England x x x x x x xGerichtsverfahren x x x x x x xAbb. 41: Übersicht der Streitbeilegungsverfahren, Teil 2 357357 In Anlehnung an Duve, Streit-Regulierung im Bauwesen, 153Seite 144


Die vorhergehende Übersicht zeigt, dass kein Verfahren alle Elemente derVerhandlung, Schlichtung, Mediation und Entscheidung verbindet. VereinzelteModelle, die verschiedene Verfahrensinhalte kombinieren, haben den Nachteil, dasssie wichtige andere Elemente zur Streitbeilegung nicht berücksichtigen. Z. B. bleibenbeim Schlichtungsmodell die Vorteile der Mediation unberücksichtigt und wird derAnsatz der Schlichtung nur begrenzt in das Verfahren eingebracht. Bei den DisputeBoards bleiben die Ansätze der Mediation und der Verhandlung außen vor. AndereModelle wie das Göttinger Modell, das die Vorteile der Verhandlung und derMediation kombiniert, berücksichtigen nicht die Elemente der Schlichtung und derEntscheidung.Wenige Modelle oder Verfahren geben klare Bearbeitungszeiten für einzelneArbeitsschritte an. Dies sind hauptsächlich Verfahren, die nicht in Deutschlandeingeführt sind. Dieses Defizit, das zu lange Verfahrensdauern bewirkt, soll bei dereigenen Modellbildung durch entsprechende Zeitvorgaben beseitigt werden.Da Streitbeilegung durch Verhandlungen zum einen am kostengünstigsten und zumanderen am erfolgreichsten ist, sollte ein optimiertes Streitbeilegungsmodell dieseKomponente beinhalten. Da sowohl die Schlichtung als auch die Mediation Erfolgversprechende Ansätze zeigen, sind entsprechende Komponenten in einemStreitbeilegungsmodell zu übernehmen. Da die Verfahrensanalyse darüber hinausergeben hat, dass die Komponente der Entscheidung (Adjudication) zurBeschleunigung der Streitbeilegung beigetragen hat, sollte diese ebenfalls Inhalteines verbesserten Streitbeilegungsmodells sein.In Bezug auf die in der Schlichtung, Mediation und Entscheidung handelndenPersonen hat die Recherche ergeben, dass nicht nur Rechtsanwälte hierfür geeignetsind, sondern auch Fachleute des Bauwesens, die über eine breite baubetrieblicheWissensbasis verfügen. Letztere verfügen gerade bei Baustreitigkeiten über dennotwendigen Sachverstand, um komplexe technische wie baubetriebliche Störungenzutreffend erfassen zu können.145


Modelle wie das Kooperations- oder Schlichtungsmodell oder auch die Step-Negotiation berücksichtigen die unterschiedlichen Führungsebenen der beteiligtenParteien, wobei sie jedoch nicht auf die Besonderheiten der am Markt tätigenUnternehmen eingehen. Dies zeigt sich darin, dass vor allem die Firmenstruktur unddamit die Anzahl der existierenden Führungsebenen nicht betrachtet werden.146


4 Entwicklung des optimierten StreitbeilegungsmodellsAusgehend von den in Kapitel 2 und 3 gewonnenen Erkenntnissen wird nun einStreitbeilegungsmodell für das Bauwesen in Deutschland entwickelt. Hierbei wird dasZiel verfolgt, die vorhandenen Einigungspotentiale systematisch zu fördern, umEskalationen zu bremsen.4.1. Stufenmodell der StreitbeilegungAufgrund der Organisation der Bauabwicklung auf deutschen Baustellen erweist sichein stufenweises Vorgehen als vorteilhaft, welches angepasst ist an dieFührungsstruktur. Dabei ist in einem ersten Schritt die Streitbeilegung aufProjektebene und durch direkte Verhandlung zwischen den Parteien zu versuchen.Im fortgeschrittenen Stadium der Verhandlung auf der Projektebene ist zurOptimierung der Chancen zur Streitbeilegung die Expertise eines neutralen Dritteneinzuholen. Hierbei werden die Vorteile der Mediation in das Verfahren eingebracht.Bei endgültigem Scheitern der Verhandlungen auf der Projektebene wird der Streitfallin die Leitungsebene der Unternehmen, sowohl auf Auftraggeber- als auch aufAuftragnehmerseite, gehoben. Unter Ausschluss der Verhandlungsteilnehmer derProjektebene soll hier über die nächsten Verhandlungsstufen der Versuch derEinigung durch die Niederlassungsleiter bzw. technischen Leiter der Unternehmenund damit der Zielerreichung in Bezug auf den konkreten Streitfall erfolgen. Hierzuwerden auf dieser Ebene die Vorteile der Schlichtung in das Verfahren eingebracht.Aufgrund der positiven Erfahrungen mit dem Einsatz der Dispute Boards, ist zurweiteren Verbesserung der Chance einer Einigung im Streitbeilegungsmodell eineinstitutionalisierte Unterstützung zweckmäßig.Sollten die Verhandlungen und Schlichtung auch auf der Leitungsebene scheitern,wird die Zielfindung auf die nächsthöhere Unternehmenshierarchieebene, die obersteLeitungsebene verlegt. Der Ansatz der Streitbeilegung erfolgt unter Begleitung durchein Expertengremium, das die Vorteile eines Dispute Review Board (DRB) in dasVerfahren einbringt. Hierbei handelt es sich um einen letztmaligen Versuch aufEbene der Geschäftsführer bzw. Vorstände, eine einvernehmliche Lösung des147


Streites herbeizuführen. Da die Parteien auf dieser Ebene eher durch Generalistendenn durch Spezialisten vertreten sein werden, nimmt das Expertengremium einebesondere Stellung ein.Sollte auf dieser dritten Stufe ebenfalls kein Ergebnis zu erreichen sein, kann vordem endgültigen Gang zum ordentlichen bzw. Schiedsgericht zunächst eineExpertenentscheidung vorgelagert werden. Das Expertengremium entscheidet dabeiden Streitfall vorläufig bindend, vergleichbar dem Dispute-Adjudication-Board (DAB).Eine Aufhebung der Entscheidung ist wie bei dem Adjudication-Verfahren nur durcheinen Gang zum Schieds- bzw. ordentlichen Gericht möglich. Der Weg zum Gerichtstellt somit wie bisher die letzte und endgültige Stufe der Streitbeilegung, sozusagendie letzte Rückfallebene dar.Die Methodik des Stufenmodells der Streitbeilegung ist in der folgenden Übersichtdargestellt (Abb. 42).148


StreitfallVereinbarungProjektebeneBauleiter,Oberbauleiter,Projektleiter,Experte BaubetriebVereinbarungLeitungsebeneTechnischer Leiter,Niederlassungsleiter,Stabs-Abteilungen,Experten-GremiumVereinbarungobersteGeschäftsführer,Vorstände,Experten-GremiumLeitungsebeneExperten-EntscheidungExperten-GremiumSchiedsgericht,ordentliches GerichtSchiedsrichter,RichterAbb. 42: Überblick Stufenmodell der StreitbeilegungNachfolgend werden für die Stufen des Modells einzelne Module entwickelt, die denAblauf detaillieren und eine geregelte Vorgehensweise bei der Bearbeitung vonStreitfällen vorgeben.149


4.2 Berücksichtigung bewährter StreitbeilegungskriterienDas in Kapitel 3 dargestellte und in den USA entwickelte Verfahren zur Verhandlungder Step-Negotiation, bildet die Grundlage für das im vorhergehenden Abschnittmethodisch dargestellte Stufenmodell zur Streitbeilegung. Der Grundgedanke desstufenweisen Vorgehens im Rahmen von festgesetzten Bearbeitungsfristen und derAustausch der Verhandlungspartner in den einzelnen Verhandlungsstufen werdenaufgrund ihrer Sinnhaftigkeit übernommen. Da die Methodik der Verhandlungen derParteien gleichzeitig die erfolgreichste und kostengünstigste Variante derStreitbeilegung darstellt, wird im Modell mit dieser begonnen.Um die Erfolgschancen der Verhandlungen zur Streitbeilegung zu erhöhen, werdendie erfolgversprechenden Ansätze der Mediation, der Schlichtung sowie derAdjudication und der Dispute-Boards (DB) in das Modell eingeführt. Durch dieKombination der einzelnen Verfahren können so die Vorteile gebündelt underfolgversprechend eingesetzt werden. So wird bereits auf der Stufe derProjektebene ein externer neu-traler Baubetriebsexperte berufen, der auf Basis derdurch die Parteien vorbereiteten Unterlagen durch die Methoden der Mediation denVersuch der Streitbeilegung unternimmt. Die Berufung dieses Experten als ersteexterne Instanz beruht auf den Erfahrungen aus den FIDIC-Verträgen mit derFunktion des Engineers und aus der englischen Adjudication, bei der überwiegendBaubetriebsexperten zur Streitbeilegung herangezogen werden. Darüber hinauskann er aufgrund seiner Ausbildung fachliche Fragen des Bauens neben denbaubetrieblichen Zusammenhängen bewerten. Die Einbindung der juristischenExpertise erfolgt im Regelfall in einer späteren Stufe.Auf der Stufe der Leitungsebene ist eine Ergänzung des Verhandlungsverfahrensund der Mediation durch die Schlichtung erfolgversprechend. Der bereits auf derProjektebene involvierte Baubetriebsexperte fungiert hier als Schlichter zwischen denParteien und zeigt ihnen die Risiken und Chancen des weiteren Verfahrens auf undversucht auch mit eigenen Vorschlägen, die Parteien zu einem Ergebnis zu führen.Sollte mit diesen Instrumenten kein Ergebnis zu erreichen sein, werden die Elementedes Dispute Review Boards (DRB) in das Verfahren eingeführt. Neben dem bereits150


estellten Baubetriebsexperten wird ein auf das Baurecht spezialisierter Jurist in einBoard berufen. Die Festlegung auf den Baubetriebsexperten und den Baujuristen hatdabei bei Vertragsabschluss zwischen den Parteien einvernehmlich zu erfolgen,vergleichbar mit den in den FIDIC-Standardbedingungen eingeführten Dispute-Review-Board (DRB) bzw. Dispute-Adjudication-Board (DAB). Dies hat den Vorteil,dass bei Entstehen eines Streitfalles keine Zeit bei der gemeinsamen Suche nachMitgliedern für das Expertengremiums verloren wird.Auf der Stufe der obersten Leitungsebene werden ebenfalls die Elemente desDispute-Review-Board (DRB) mit dem bereits auf der Leitungsebene eingeführtenExpertengremium zum Einsatz gebracht. Auch hier erfolgt im Sinne der Step-Negotiation der Austausch der Teilnehmer, die seitens der Parteien verhandelndürfen.Die vierte Stufe des Streitbeilegungsmodells stellt die Vorstufe zur Rückfallebeneordentliches Gericht bzw. Schiedsgericht dar. Das Expertengremium, das hier dieFunktion eines Dispute-Adjudication-Board übernimmt, besteht aus dem bereits aufder Leitungsebene eingesetzten externen Baubetriebsexperten und dem externenBaujuristen. Dieses Zweiergremium ist ein kostenmäßig vertretbarer Kompromisszwischen einem Einzelentscheider (Adjudicator) und dem bei dem DRB und demDAB eingesetzten Dreiergremium. Die einvernehmliche Berufung desExpertengremiums durch beide Vertragsparteien sichert dabei die notwendigeNeutralität. Das Expertengremium ist entsprechend der Kompetenz eines Dispute-Adjudication-Board (DAB) berechtigt und autorisiert, vorläufig bindendeEntscheidungen zu treffen. Die Entscheidungen müssen einvernehmlich von beidenExperten getroffen werden. Eine fachbezogene Entscheidungsmacht wird wederdem Baubetriebsexperten noch dem Baujuristen eingeräumt. Die Entscheidung desExpertengremiums ist kurzfristig umzusetzen und kann nur durch einen Entscheidvor einem Schieds- oder ordentlichen Gericht nachträglich abgeändert werden.151


4.3 Entwicklung von StreitbeilegungsmodulenAlle nachfolgend entwickelten und aufgezeigten Module haben Gemeinsamkeitenund Grundvoraussetzungen, die hier zusammengefasst dargestellt werden.Die in den Modulen benannten Verhandlungsteilnehmer der Parteien sollten sich imVorfeld von angesetzten Verhandlungsterminen mit ihren vorgesetzten Instanzenüber die Strategie und den akzeptablen Einigungskorridor abstimmen. EinVerhandlungsgespräch darf auf den einzelnen Ebenen nur geführt werden, wenn dieVerhandlungsteilnehmer mindestens in definierten Grenzen Verhandlungsvollmachtmitbringen. Dies deckt sich mit der in 2.12 beschriebenen Vollmachtsregelung. Dieseflexibel gehaltene Entscheidungskompetenz auf den einzelnen Verhandlungsebenenist einer starren, absolut definierten maximalen Verhandlungssumme vorzuziehen.Starre Grenzen für einzelnen Ebenen können dazu führen, dass der Streit bei hohenStreitwerten direkt in die Führungsebene getragen wird. Hierbei würden die Vorteileder stufenweisen Erarbeitung eines Verhandlungsergebnisses frühzeitig aufgegeben.Die einzelnen Schritte der Verhandlung sind durch die Teilnehmer in einemgemeinsamen Ergebnisprotokoll einvernehmlich zu dokumentieren und durchUnterschriften zu bestätigen. Die einzelnen Teilergebnisse sind dabei ebenso zudokumentieren wie das Scheitern einer Verhandlung. Bei einer Einigung über einenStreitfall kann auf dieser Basis die endgültige Vertragsanpassung erfolgen. Bei derFortsetzung des Streites dient das gemeinsame Protokoll als Basis für die weiterenVerhandlungen, aus dem zu entnehmen ist, wo bereits eine Einigung erzielt werdenkonnte und wo Dissens besteht.Bei einer fehlenden Einigung sind die Fallunterlagen noch am Tag der gescheitertenVerhandlung an die Teilnehmer der nächsthöheren Ebene zu übergeben. Die in deneinzelnen Modulen erstellten Unterlagen werden dabei fallweise in einer Fallaktezusammengefasst. Die Übergabe der Unterlagen ist grundsätzlich zu dokumentieren.Diese <strong>Dokument</strong>ationspflicht besteht auch für die in den Modulen vorgegebeneÜbergabe von Schriftsätzen.152


Innerhalb der in den Modulen vorgegebenen Fristen haben sich die Teilnehmer mitihrer übergeordneten Ebene abzustimmen. Hierbei kann auch fachlicheUnterstützung in technischen und juristischen Fragen eingeholt werden. Dies istinsofern bedeutsam, da die richtige Einschätzung der eigenen Chancen und Risikeneine größere Verhandlungssicherheit gewährleistet und darüber hinaus vorüberzogenen Forderungen bewahrt. Unter Umständen führt dies schneller zu einerEinigung zwischen den Parteien. Die Einschaltung der Fachunterstützung erfolgtlediglich intern und ist nach außen nicht sichtbar.Bei den Verhandlungen sind seitens der Parteien bis einschließlich ModulLeitungsebene III jeweils zwei Verhandlungsteilnehmer zu entsenden. Dies hat denVorteil, dass ein entsprechend besetzter Verhandlungskreis weniger Möglichkeitenzum Verstoß gegen ethische Grundsätze zulässt und die gegenseitige Unterstützungder Teilnehmer einer Partei zu einer ausgeglicheneren Verhandlungsführungbeiträgt. Die Fehlerhäufigkeit bei der Lösungsfindung kann so reduziert undpersönliche Empfindungen können geglättet werden.Für den Fall, dass sich eine Partei entgegen dem generellen kooperativenGrundgedanken der Projektabwicklung nicht an die zeitlichen Vorgaben der Modulehält, werden die Verhandlungen in den jeweiligen Modulen als gescheitert erklärt undder Streitfall durch die nach wie vor kooperativ tätige Partei mit einementsprechendem Hinweis an die nächste Handlungsebene weitergeleitet. ImWiederholungsfall ist dieses Fehlverhalten durch Austausch der Person oderPersonengruppe zu sanktionieren. Nur durch diese stringente Vorgehensweise inBezug auf die Einhaltung der vorgegebenen Zeiten wird die Durchführung derStreitbeilegung in der beschriebenen Weise möglich sein.Die Kosten, die durch den Einsatz der externen Experten entstehen, werdenunabhängig vom Verhandlungsergebnis von beiden Parteien zu gleichen Teilengetragen. Durch diese Regelung wird das Streitpotential zwischen den Parteien aufdas notwendige Maß reduziert. Darüber hinaus hat sich diese Vorgehensweise, wiein Kapitel 3 beschrieben, bewährt.153


Spätestens ab dem Modul „Leistungsebene I“ ist zu prüfen, ob die Zusammenlegungmehrerer Einzelstreitfälle in ein Streitfallpaket zur weiteren Behandlung sinnvoll ist.Die externen neutralen Experten sind autorisiert, sich in den gesetzten Fristenzusätzliche Fachexpertise einzuholen. Eine entsprechende Vergütungsregelung istim Vertrag zwischen Experten und Parteien vorzusehen.4.3.1 Module der Projektebene4.3.1.1 Modul Baustellenvereinbarung IIm Mittelpunkt des Moduls Baustellenvereinbarung I steht der Versuch derProblemlösung auf Ebene der direkt mit der Bauausführung befassten Bauleiter desAuftraggebers und des Auftragnehmers durch Einsatz der Verhandlungstechnik.Die Vertragspartner verpflichten sich, wie beim New Engineering Contract (NEC),den jeweiligen Vertragspartner direkt nach Kenntnisnahme einer Vertragsänderungzu informieren. Diese Frühwarnung steht grundsätzlich im Einklang mit der VOB/B,die den Auftragnehmer verpflichtet, rechtzeitig auf Behinderungen hinzuweisen(VOB/B, § 6 Nr. 1). Hierauf aufbauend wird der Vertragspartner verpflichtet, der eineVertragsabweichung feststellt, diese sofort bei Kenntnisnahme dem anderenVertragspartner mitzuteilen. Innerhalb von fünf Werktagen nach Anmeldung derVertragsabweichung ist diese zu konkretisieren. Hierzu gehört eine kurzeErläuterung der Vertragsabweichung mit Darstellung des Bau-Soll und des Bau-Istsowie deren Auswirkungen in Bezug auf Kosten, Termine und Qualität. DerAnspruchsteller hat sicherzustellen, dass die erarbeitete Unterlage spätestens amEnde des fünften Werktages der anderen Vertragspartei zugestellt wird.Der Betroffene hat seinerseits innerhalb von fünf Werktagen eine nachvollziehbare,auf die Details des Vortrags des Anspruchstellers eingehende Stellungnahme zuerarbeiten und spätestens am Ende des fünften Werktages der anderenVertragspartei zu übergeben. Sollte zu vermuten sein, dass die durch denAnspruchsteller übergebenen umfangreichen Unterlagen über einen längerenZeitraum als fünf Werktage erarbeitet wurden, ist der externe, neutrale154


Baubetriebsexperte anzurufen. Dieser kann nach Prüfung der Unterlagen in eigenemErmessen die Erwiderungszeit für den Betroffenen um bis zu zehn Werktageverlängern.Sollte sich bei der Überprüfung der Unterlagen herausstellen, dass derAnspruchssteller gegen die Verpflichtung der Frühwarnung verstoßen hat, ist dieseszu sanktionieren. Die Sanktionierung erfolgt durch den Verlust von Teilansprüchenaus dem gerade zu behandelnden Streitfall. Zur Festlegung der Höhe desAnspruchsverlustes, der auf zehn Prozent des aus dem Streitfall resultierendenKosten- oder Zeitmehrbedarfs begrenzt ist, wird der externe, neutrale Baujuristhinzugezogen. Gemeinsam entscheiden der Baubetriebsexperte und der Baujuristüber die prozentuale Höhe des Anspruchsverlustes. Die Entscheidung berücksichtigtdabei nicht nur die möglichen Folgen des Verstoßes, sondern auch, ob sich dieseVorgehensweise wiederholt. Die Festlegung des „Strafmaßes“ auf maximal zehnProzent verhindert zum einen, dass die betroffene Partei unverhältnismäßig hochfinanziell oder zeitlich belastet wird und stellt zum anderen doch durch ihre Höhe, dieoberhalb der im Bauwesen üblichen Gewinnmargen liegt, eine Schwelle dar, dienicht unbeachtet bleiben wird.Innerhalb von weiteren fünf Werktagen sind die Parteien zur Durchführung einesVerhandlungsgespräches mit dem Ziel der Einigung verpflichtet. Der Regelzeitraumfür die Verhandlungen im Modul Baustellenvereinbarung I beträgt 15 Werktage undkann sich im Ausnahmefall aufgrund der Einschaltung des Experten um maximalzehn Werktage verlängern. Die Dimensionierung der Zeitvorgaben orientiert sich anden Zeitvorgaben der Step-Negotiation, die jedoch für die Verhandlungen auf derBauleitungsebene zu kurz sind und deshalb auf arbeitstägliche Belastung derBauleiter bei der Projektabwicklung angepasst werden.4.3.1.2 Modul Baustellenvereinbarung IISollten auf Bauleitungsebene keine Ergebnisse erzielt werden, wird der Streitfall aufdie nächsthöhere Ebene, die der Oberbauleiter und Projektleiter gehoben. Da imVorfeld der eigentlichen Verhandlung im Modul Baustellenvereinbarung I bereits155


Abstimmungsgespräche zwischen Bauleitung und deren vorgesetzten Instanzen zumStreitfall durchgeführt werden, ist den Verhandlungsteilnehmern der Oberbauleiter-/Projektleiterebene die Problematik bekannt. Um die im Modul BaustellenvereinbarungI involvierten Bauleiter von ihrer täglichen Arbeit nicht weiterabzulenken und zur gleichzeitigen Vermeidung einer durch die Verhandlungenzusätzlich belasteten Beziehung auf der Bauleitungsebene zwischen AuftraggeberundAuftragnehmerseite entgegen zu wirken, werden die Verhandlungen im ModulBaustellenvereinbarung II ausschließlich durch die nächsthöhere Führungsebenegeführt.Zur Vorbereitung eines Verhandlungstermins konkretisiert der Anspruchsteller seineSichtweise und überreicht die hierbei erarbeiteten Unterlagen spätestens am fünftenWerktag nach Scheitern der Verhandlungen im Modul Baustellenvereinbarung I demAnspruchsbetroffenen. In gleicher Weise hat der betroffene Vertragspartnerinnerhalb von fünf Werktagen seine Stellungnahme an den Anspruchsteller zuübergeben. Innerhalb weiterer fünf Werktage ist dann ein Verhandlungsgesprächdurchzuführen. Die Dimensionierung der Zeitvorgaben orientiert sich an denErfahrungen der Step-Negotiation, die auf dieser Ebene zehn Tage vorsieht.Aufgrund des vorgeschalteten Schriftsatzaustausches, der bei der Step-Negotiationnicht vorgesehen ist, wird die Bearbeitungszeit in diesem Modul auf insgesamtfünfzehn Werktage festgelegt. Dies gibt den Beteiligten ausreichend Zeit, sich mit derProblematik zu beschäftigen und berücksichtigt gleichermaßen das Ziel derzeitnahen Streitbeilegung.Sollten die Verhandlungen ergebnislos bleiben, reicht der Anspruchsteller diebisherigen Fallunterlagen an den bereits bei Vertragsabschluss benannten externenBaubetriebsexperten innerhalb von zwei Werktagen nach Scheitern derVerhandlungen weiter. Der Betroffene bekommt zur Prüfung der Vollständigkeit eineKopie der an den Baubetriebsexperten übergebenen Unterlagen. Sollten nachdessen Überzeugung Unterlagen fehlen, so hat er innerhalb von zwei Werktagendarauf hinzuweisen und vervollständigt seinerseits die Unterlagen.156


4.3.1.3 Modul BaustellenmediationDer bereits bei Vertragsabschluss zwischen den Parteien gemeinsam bestimmteexterne, neutrale Baubetriebsexperte übernimmt im Modul Baustellenmediation dieRolle des Mediators.Mit seiner Beauftragung durch die Parteien erhält der Baubetriebsexperte gleichzeitigalle relevanten Vertragsunterlagen. Mit den bereits in zwei Verhandlungsstufenaufbereiteten Unterlagen ist er somit kurzfristig in der Lage, sich innerhalb von zehnWerktagen einen Überblick über den Streitfall zu verschaffen. Innerhalb weiterer fünfWerktage führt der Baubetriebsexperte vertiefende Einzelgespräche zur Sachverhaltsklärungmit den Parteien. Gesprächspartner ist dabei die Oberbauleiter-/Projektleiterebene.Spätestens fünf Werktage nach den Einzelgesprächen ist einMediationstermin zwischen den Parteien unter Führung des Baubetriebsexperten,mit dem Ziel der Einigung durchzuführen. Die Verhandlung wird durch denBaubetriebsexperten protokolliert.Sollte sich im Rahmen der Bearbeitung des Streitfalles ergeben, dass die zuklärende Thematik mehr rechtlicher Natur ist, hat der Baubetriebsexperte den bereitsbei Ausführungsbeginn benannten Baujuristen in das Verfahren einzubinden. DieEinbindung erfolgt zu diesem Zeitpunkt jedoch nur in beratender Funktion gegenüberdem Baubetriebsexperten.4.3.2 Module der Leitungsebene4.3.2.1 Modul Leitungsebene IDieses Modul ist durch das Auswechseln der Verhandlungsteilnehmer der Parteiengeprägt und versucht, weiterhin die Streitbeilegung durch Verhandlungen zuerreichen. Im Rahmen der Verhandlungen auf der Leitungsebene I sind dieVertragspartner verpflichtet, innerhalb von zehn Werktagen nach Vorlage derStreitfallakte einen Verhandlungstermin auf Ebene der technischen Leiter (TL) bzw.Niederlassungsleiter (NLL) durchzuführen. Will eine Partei neue157


Sachverhaltskenntnisse in das Streitbeilegungsverfahren einbringen, so hat dies bisdrei Werktage vor dem Verhandlungstermin zu erfolgen. Um die neue Verhandlunglosgelöst von den Befindlichkeiten der ersten Verhandlungsrunden durchführen zukönnen, werden die bisherigen Gesprächsteilnehmer aus der Verhandlungausgeschlossen. Zur Vorbereitung müssen sich somit die TL/NLL in internen,sachverhaltsaufklärenden Gesprächen auf die Verhandlung vorbereiten. Sollte keinErgebnis erreichbar sein, werden die in Modul Leitungsebene I neu in den Falleingebrachten Unterlagen sowie das Ergebnisprotokoll umgehend an den bereitsinvolvierten Baubetriebsexperten übergeben.4.3.2.2 Modul Leitungsebene IIIm Rahmen des Moduls Leitungsebene II wird der bereits in das Verfahreneingeführte Baubetriebsexperte, in diesem Fall auf Ebene der technischenLeiter/Niederlassungsleiter als Schlichter eingesetzt. Da alle Verhandlungsteilnehmerbereits in den Streitfall involviert sind und eine Einarbeitung entfällt, ist das im ModulLeitungsebene II durchzuführende Schlichtungsgespräch zwischen dem zehnten undfünfzehnten Werktag nach Scheitern der Verhandlungen im Modul Leitungsebene Idurchzuführen. Der Baubetriebsexperte wird dabei auf Basis seiner bereits im ModulBaustellenmediation gesammelten Erfahrungen die Chancen und Risiken und derenFolgen aus baubetrieblicher Sicht darlegen, bewerten und darauf aufbauend eineExpertise erstellen, die eigene Lösungsvorschläge für den Streitfall beinhaltet.Hiernach wird der Baubetriebsexperte das Gespräch mit dem Anspruchsteller unddem Anspruchsbetroffenen in Form einer Schlichtung führen und auf einenKompromiss zwischen den Parteien hinwirken, wobei er hier seine eigenenLösungsvorschläge in das Verfahren einbringt. Durch diese Form unterscheidet sichdas Modul von den Vorigen und hat zum Ziel, durch den Einsatz der Techniken derSchlichtung ein Ergebnis zu erreichen. Sollte in diesem Termin keine Einigung zuerzielen sein, werden die Verhandlungen im Modul Leitungsebene III fortgeführt. Diebereits existierende Streitfallakte wird durch den Baubetriebsexperten ergänzt und andie Beteiligten der nächsten Verhandlungsebene übergeben.158


4.3.2.3 Modul Leitungsebene IIIIn diesem Modul werden neben den Elementen der Verhandlung, Mediation undSchlichtung, die Vorteile des DRB in das Verfahren eingebracht. Zunächst werdendie bisherigen im operativen Geschäft der Unternehmen tätigenVerhandlungsteilnehmer ausgetauscht. Die weiteren Verhandlungen werden vonParteiseite, durch direkt dem Vorstand oder der Geschäftsführung unterstellteStabsstellenmitarbeiter durchgeführt. Hierbei sollen durch die Parteien vornehmlichMitarbeiter der Stabsstellen Vertrags-/Nachtragsmanagement eingesetzt werden, dieüber entsprechendes Fachwissen verfügen.Der drohende jeweilige Wechsel der Verhandlungsteilnehmer soll auf dervorhergehenden Verhandlungsebene im Modul Leitungsebene II bereits zu einemerhöhten Einigungswillen führen, da die Entscheidungskompetenz ab der nächstenVerhandlungsstufe nicht mehr in den operativen Einheiten liegen wird.Neben dem bereits im Gesamtverfahren eingeführten Baubetriebsexperten wird imModul Leitungsebene III erstmals auch offiziell ein bereits bei Vertragsabschlusszwischen den Parteien einvernehmlich bestimmter Jurist, mit besonderenKenntnissen im Bauvertragsrecht in die Lösungsfindung eingebunden. DasVerhandlungsboard setzt sich im Modul Leitungsebene III aus sechs Mitgliedernzusammen. Die jeweiligen Vertragsparteien entsenden dabei zwei Teilnehmer, dieüber umfangreiche Kenntnisse im baubetrieblichen Bereich und im Bauvertragsrechtverfügen. Das aus dem Baubetriebsexperten und dem Baujuristen bestehendeexterne Expertengremium führt dabei die Verhandlung und bringt im Sinne derSchlichtung eigene Lösungsvorschläge ein.Da der Baujurist wie auch der Baubetriebsexperte bereits bei Vertragsabschluss dievollständigen Bauvertragsunterlagen erhalten haben und die bisherigenfallbezogenen Unterlagen in einer Streitfallakte zusammengeführt sind, ist eine kurzeEinarbeitungszeit von zehn Werktagen gerechnet ab dem Abbruch der Verhandlungim Modul Leitungsebene II für den Baujuristen als ausreichend anzusehen.Bedingung hierfür ist die umgehende Übergabe der Streitfallakte an den Baujuristen.Am Ende der Einarbeitungszeit, somit spätestens am zehnten Werktag, erfolgt eine159


Abstimmung zwischen dem Baubetriebsexperten und dem Baujuristen mit folgendemInhalt: Erörterung der rechtlichen Thematik Erörterung der baubetrieblichen Thematik Wertung der haftungsbegründenden und haftungsausfüllendenKausalitäten Vorläufige Erarbeitung eines gemeinsamen LösungsvorschlagesIn den folgenden fünf Werktagen wird das Expertengremium die Parteien inEinzelgesprächen anhören. Sollten hierbei durch neue Sachvorträge weitereErkenntnisse erzielt werden, so sind diese durch das Expertengremium an diejeweiligen Parteien zur Grundlage für die weiteren Verhandlungen weiterzuleiten.Innerhalb der nächsten maximal fünf Werktage erfolgt eine endgültige Ausarbeitungeines Lösungsvorschlages durch das Expertengremium. Innerhalb der sich darananschließenden fünf Werktage ist ein ganztägiger Verhandlungstermin unter Führungder externen Experten anzusetzen. Der Ablauf der Verhandlung erfolgt im Regelfallwie folgt: Zusammenfassende Darlegung einzelner Parteistandpunktedurch das Expertengremium Vorstellung des durch das Expertengremium erarbeitetenLösungsvorschlages Ergänzender Sachvortrag durch die Parteien Gemeinsame Chancen-/Risikoanalyse Parteiinterne Bewertung und Ergebnisfindung Abschließende Verhandlung zur ErgebnisfindungDie inhaltliche Führung erfolgt nach den in Kapitel 3 behandelten Prinzipien desHarvard-Konzeptes. Die Dimensionierung der Zeitvorgaben erfolgt auf Basis derRegelung des Moduls Baustellenvereinbarung II, wobei ein Zeitzuschlag von fünfWerktagen für die zu erstellende Expertise gegeben wird. Bei Scheitern derVerhandlungen wird die Streitbeilegung auf der obersten Leitungsebene fortgesetzt.160


4.3.3 Modul oberste LeitungsebeneDie Verhandlungen im Modul Oberste Leitungsebene werden durch das bereitseingeführte Expertengremium weitergeführt. Die Parteien werden je nachUnternehmensform durch ihren zuständigen Geschäftsführer oder ihren zuständigenVorstand vertreten. Das Verhandlungsboard besteht somit im Modul ObersteLeitungsebene aus vier Personen. Die Durchführung der Verhandlung hat innerhalbvon 15 Werktagen nach Scheitern der Verhandlungen im Rahmen des ModulsLeitungsebene III stattzufinden. Dieser Zeitkorridor berücksichtigt, dass die obersteEbene der Unternehmensführung zeitlich stark belastet ist und eine gemeinsameTerminfindung einen größeren Zielkorridor benötigt. Zur Beschleunigung desStreitbeilegungsverfahrens ist jedoch ein möglichst frühzeitiger Termin anzustreben.Die Verhandlung, für die mindestens ein halber Tag anzusetzen ist, soll dabei diebereits erläuterten Grundsätze für eine Schlichtung beinhalten und wie folgt ablaufen: Vorstellung der Verhandlungsgeschichte durch das Expertengremium Darstellung der aktuellen Verhandlungsergebnisse Darstellung des bisherigen Lösungsvorschlages der Experten Gemeinsame Chancen-/Risikoanalyse Moderierte ErgebnisfindungSollte kein Ergebnis im Rahmen der Verhandlung zu erzielen sein, bleibt entwederder Ausweg zur Rückfallebene Schiedsgericht bzw. dem ordentlichen Gericht oder,falls dies ausdrücklich vertraglich vereinbart wurde, zum Modul Experten-Entscheidung.4.3.4 Modul Experten-EntscheidungDie Experten-Entscheidung stellt ein Wahlmodul dar, das zusätzlich zu den bereitsdargelegten Modulen vertraglich zwischen den Parteien vereinbart werden muss. Dain Deutschland zumindest vorläufig die Experten-Entscheidung, die der englischenDispute Adjudication entspricht, vor allem bei öffentlichen Auftraggebern aufWiderstand stoßen wird, würde eine zwangsweise Vereinbarung dieses Moduls imRahmen des Streitbeilegungsmodells dessen Einführung deutlich erschweren.161


Dieser Situation Rechnung tragend ist für die Experten-Entscheidung keineModulverpflichtung vorgesehen, sondern es wird als Wahlmodul freigestellt. Der zuerwartende Widerstand liegt vor allem darin begründet, dass es für viele imBauwesen Beteiligte ungewöhnlich ist, sich dem Spruch eines privatenSchiedsgremiums zu beugen. Bei öffentlichen Auftraggebern wird diese Problematikverschärft, da sie aufgrund der Haushaltsordnung gehalten sind, sich nach denGesetzen zu richten.Im Modul Experten-Entscheidung besteht das Gremium aus den beiden bereits imVerfahren eingeführten Experten des Baubetriebs und des Baurechts. Auf Basis derumfangreich vorliegenden Unterlagen und der geführten Gespräche liegenausreichend Informationen und Fakten für eine Entscheidung des Streitfalls vor. DieEntscheidung des Expertengremiums ist dabei nach dem Adjudication-Verfahren fürbeide Vertragsparteien vorläufig bindend. Aufgrund der umfangreichen Informationenhat die Experten-Entscheidung innerhalb von zehn Werktagen nach Scheitern der imModul Oberste Leitungsebene durchgeführten Verhandlungen zu erfolgen. EineAufhebung/Änderung des Expertenspruches ist nur durch ein ordentliches Gerichtoder ein Schiedsgericht möglich. Hierbei muss die anfechtende Parteientsprechendes innerhalb einer Frist von fünfzehn Werktagen erklären. Wird dieEntscheidung innerhalb dieser Frist nicht angefochten, gilt sie von beiden Parteienals endgültig angenommen. Die Frist von fünfzehn Werktagen lässt den Parteienausreichend Zeit, das Ergebnis des Verfahrens zu reflektieren. Eine längere Frist,wie beispielsweise von 28 Kalendertagen bei dem DAB-Verfahren, bringt keineerkennbaren Vorteile. Im Sinne einer beschleunigten Streitbeilegung sind möglichstkurze Fristen anzustreben.Eine Anfechtung der Entscheidung bleibt auch nach Ablauf der fünfzehnWerktagefrist für den Fall möglich, dass die Experten-Entscheidung offenbar unbilligim Sinne von § 319 BGB ist.Auch wenn die Experten-Entscheidung für die Parteien vorläufig bindend ist, kann siein dieser Form nicht vollstreckt werden. Hierzu bedarf es derVollstreckbarkeitserklärung gemäß § 1060 der ZPO durch ein ordentliches Gericht.Siehe hierzu Abschnitt 3.9.1.162


Eine weitere Möglichkeit der Herbeiführung der Vollstreckbarkeit ist die Beurkundungdurch einen Notar gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO, siehe hierzu Abschnitt 3.4.2.3.Vereinfacht wird die Vollstreckbarkeit, wenn die Experten-Entscheidung als Urkundeniedergelegt wird. Bei Vorlage eines Urteils oder einer notariellen Urkunde gemäß §794 ZPO wird die Vollstreckung aufgrund einer mit der Vollstreckungsklauselversehenen Ausfertigung des Urteils durchgeführt. Die Zustellung an die betreffendePartei ist zwingende Voraussetzung zur Umsetzung.4.4 Rückfallebene GerichtsbarkeitSollten alle einvernehmlichen Lösungsversuche scheitern und, falls durchgeführt, dieExperten-Entscheidung seitens einer Partei angefochten werden, bleibt nach wie vorder Weg der Gerichtsentscheidung offen.Die im Rahmen des Verfahrens zum Streitbeilegungsmodell erstellten Unterlagen,Vergleichsvorschläge und Expertisen bilden dabei umfangreiche Unterlagen zurErstellung der Klageschrift und zur Entgegnung der Klageschrift. Hierdurch könnendie Schritte eines Schieds- bzw. ordentlichen Gerichtsverfahrens effizienter unddamit kostengünstiger gestaltet werden. Insofern werden die für die außergerichtlicheStreitbeilegung aufgewendeten Kosten hierdurch ggf. neutralisiert. Unter Umständenwerden deutsche Gerichte der Experten-Entscheidung folgen, was zu derenAkzeptanz beitragen würde. Das Beispiel der vergleichbaren Dispute Adjudication inEngland zeigt zumindest diesen Weg auf.4.5 Verknüpfung der Streitbeilegungsmodule4.5.1 VerfahrensablaufDie in Abschnitt 4.3 entwickelten Module zur Streitbeilegung definieren den Ablaufder Verhandlung in einzelnen Stufen. Zur Erhöhung der Transparenz und zumbesseren Verständnis der Ablauforganisation des Streitbeilegungsmodells werdendie Module in dem nachfolgenden Ablaufdiagramm miteinander verknüpft dargestellt.163


StreitfallBL-EbeneModulBaustellenvereinbarung IZielerreichungjaEinigung?ZielerreichungjaneinPL/OBL-EbeneEinigung?neinModulBaustellenvereinbarung IIVereinbarungProjektebeneexterner neutralerBaubetriebsexperteModulBaustellenmediationZielerreichungjaEinigung?neinNL/TLEbeneModulLeitungsebene IZielerreichungjaEinigung?neinZielerreichungjaNL/TL Ebeneund externerBaubetriebsexperteEinigung?neinModulLeitungsebene IIVereinbarungLeitungsebene externer Juristexterner Baubetriebsexperte1 Teilnehmer GF/AG1 Teilnehmer GF/ANModulLeitungsebene IIIZielerreichungjaEinigung?neinZielerreichungja externer Juristexterner Baubetriebsexperte1 Teilnehmer GF/V AG1 Teilnehmer GF/V ANneinEinigung?ModulOberste LeitungsebeneVereinbarung obersteLeitungsebeneneinneinEntscheidungjaVorläufig bindende(vollstreckbare)Entscheidung desExpertengremiumsModulExperten-EntscheidungExperten-EntscheidungjaAnfechtungneinOrdentlichesGerichtZielerreichungSchiedsgerichtZielerreichungZielerreichungEndgültigeAnnahmeRückfallebeneGerichtsbarkeitAbbildung 43: Ablaufdiagramm Streitbeilegungsmodell164


4.5.2 Zeitvorgaben im VerfahrensablaufNeben dem Ansatz der systematischen Streitbeilegung verfolgt das Modell das Ziel,den Streitbeteiligten soviel Zeit wie notwendig für die Streitbeilegung einzuräumen,aber gleichzeitig dafür Sorge zu tragen, dass die Verhandlungen in einem klardefinierten Zeitkorridor durchgeführt werden. In den in 4.3 entwickeltenStreitbeilegungsmodulen werden aus diesem Grund bereits feste Zeitrahmen für dieeinzelnen Verhandlungsschritte definiert.Dabei wurde die Zeitvorgabe in Form von Werktagen gewählt, um die üblichenBearbeitungspausen an Sonntagen zu berücksichtigen. Bei Vorgaben inKalendertagen könnte sonst bei den kurz gesetzten Terminen eine Benachteiligungeiner Partei auftreten. Die Dimensionierung der einzelnen Vorgangszeiten ist denjeweiligen Modulen zu entnehmen.Die Zeitvorgaben in den Modulen sind als Maximalzeiträume für die einzelnenSchritte definiert. Eine Verkürzung des Verfahrenszeitraumes ist durch optimaleNutzung der Zeitfenster möglich. Sollte aus projektbedingten Belangen heraus eineVerlängerung einzelner Modulzeiträume erforderlich sein, so kann dies beiVertragsabschluß grundsätzlich zwischen den Parteien vereinbart werden. Dies kannder Fall sein, wenn Dritte, wie z. B. weitere Auftragnehmer des Auftraggebers oderNachunternehmer des Auftragnehmers mit eigenständigen Verfahren imStreitbeilegungsmodul in den Zeitablauf eingebunden werden müssen, um dienotwendigen Entscheidungsgrundlagen im jeweils übergeordneten Verfahrenrechtzeitig vorliegen zu haben. Eine Abänderung der Zeitfolgen im Verfahren selbstist nur mit Autorisierung der obersten Leitungsebene möglich. Bei Verfahrensablaufverlängernden Entscheidungen ist grundsätzlich darauf zu achten, dass derGesamtablauf des Verfahrens nicht mehr als aus organisatorischen Gründennotwendig verlängert wird.Zur Erhöhung der Transparenz und zur Vereinfachung der Terminverfolgung werdendie Zeitvorgaben nachfolgend am Verfahrensablauf orientiert dargestellt.165


1. Modul Baustellenvereinbarung I• Anspruchdarlegungmax. 5 WT• Erwiderungmax. 5 WT• Erwiderungsverlängerung max. 10 WT• Verhandlungmax. 5 WTGesamtmodul max. 25 WT max. 25 WT2. Modul Baustellenvereinbarung II• Anspruchskonkretisierung max. 5 WT• Erwiderungmax. 5 WT• Verhandlungmax. 5 WT• Experteneinbindungmax. 2 WTGesamtmodul max. 17 WT max. 17 WT3. Modul Baustellenmediation• Baubetriebliche Einarbeitung max. 10 WT• Parteiengesprächemax. 5 WT• Mediationmax. 5 WTGesamtmodul max. 20 WT max. 20 WT4. Modul Leitungsebene I• Verhandlungmax. 10 WTmax. 15 WT5. Modul Leitungsebene II• Expertisemax. 10 WT• Verhandlungmax. 5 WTGesamtmodulmax. 15 WTmax. 10 WT6. Modul Leitungsebene III• Juristische Einarbeitung max. 10 WT• Parteiengesprächemax. 5 WT•Expertise max. 5 WT• Verhandlungmax. 5 WTGesamtmodul max. 25 WT max. 25 WT7. Modul Oberste Leitungsebene• Verhandlung max. 15 WT max. 15 WT8. Modul Experten-Entscheidung• Entscheidung max. 10 WT max. 10 WTVerfahrenszeitraumBei 25 WT / Monat im Mittelmax. 137 WTmax. ca. 5,5 MonateAbb. 44: Übersicht der Zeitvorgaben im Verfahrensablauf166


4.6 VerfahrensausstiegGrundsätzlich ist ein Ausstieg aus dem Verfahren des Streitbeilegungsmodellsmöglich. Hierzu bedarf es einer einvernehmlichen schriftlichen Vertragsänderungdurch die Parteien. Eine entsprechende Ausstiegsvereinbarung darf imStreitbeilegungsmodell nur mit Autorisierung der obersten Leitungsebene erfolgen.Entsprechendes ist in der generellen Vertragsvereinbarung festzulegen. Bei einerKündigung des Gesamtvertrages durch eine Partei führt dieses selbstredend zurBeendigung der Streitbeilegung. Die Parteien vereinbaren jedoch für den Fall derangestrebten Vertragskündigung, auch diesen Streitfall im Rahmen desStreitbeilegungsmodells ab der Stufe Modul Leitungsebene I zu behandeln. Die hierhandelnden Personen sind aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrungen in der Lage,auch diese Problematik zu behandeln. Die Projektebene wäre im Regelfall mit derBehandlung eines solchen Streitfalls überfordert.4.7 Auswahl des Experten-Gremiums4.7.1 Qualifikation des BaubetriebsexpertenDer von beiden Parteien einvernehmlich beauftragte und zu gleichen Teilenvergütete Baubetriebsexperte hat unparteiisch und somit ohne Eigeninteresse zuagieren. Neben umfangreichen Erfahrungen aus Baubetrieb und Baumanagementhat er auf Grund seiner vorgesehenen Tätigkeit im Verhandlungsprozess alsMediator, Schlichter und Entscheider einschlägige Kenntnisse und Erfahrungen aufdem Gebiet der Verhandlungstechnik mitzubringen.Aus baubetrieblicher Sicht muss der Baubetriebsexperte über ein breitesErfahrungsspektrum in den einzelnen Segmenten des Bauens verfügen. Breitangelegtes Fachwissen geht hier eindeutig vor vertieften Spezialkenntnissen nurweniger Bereiche des Bauens. Neben dieser breit angelegten technischenQualifikation sind vertiefte Kenntnisse in Bezug auf die Ablauforganisation vonBaustellen erforderlich. Bezogen auf das Baumanagement ist zum besserenVerständnis der Denk- und Handlungsweise der im Bauerstellungsprozess tätigen167


Personen Fachwissen zur Aufbauorganisation von Unternehmen und Behördenerforderlich. Diese Kenntnisse dürfen nicht nur theoretisch erarbeitet sein, sondernmüssen durch eigene praktische Tätigkeit in Führungspositionen eines im Bauwesentätigen Unternehmens unterlegt sein, da ansonsten die Verständnisebene zwischendem Baubetriebsexperten und den Vertragsparteien eingeschränkt sein könnte.Ein hoher Qualitätsanspruch besteht an den Baubetriebsexperten in Bezug auf dasVertragswesen. Er sollte in der Lage sein, die baubetrieblichen Erkenntnisserechtssicher in das Vertragswerk der Parteien einordnen zu können.Neben dieser hoch anzusetzenden fachlichen Qualifikation ist bei der Auswahl undFestlegung des Baubetriebsexperten auch auf seine persönliche Eignung zu achten.So ist ein realistisches Verständnis der eigenen Stärken und Schwächen einfundamentales Erfordernis für seine Tätigkeit. Das Eigenbild und Fremdbild sinddabei in idealer Weise deckungsgleich. Der Erfolg seiner Tätigkeit ist geprägt durchseine authentische Wirkung auf die Parteien. Durch seine Aufrichtigkeit undGradlinigkeit, die keine Eigeninteressen bei der Streitbeilegung vermuten lassen, istes ihm möglich, als effektiver Katalysator tätig zu werden.Die Fähigkeit zur kritischen Beobachtung ist eine der elementaren Fähigkeiten, überdie der Baubetriebsexperte verfügen muss. Die Fähigkeit, sich dessen bewusst zusein, was die Parteien in einer Verhandlungssituation bewegt, ist ein elementaresWerkzeug zur Selektion der situationsgerechten Interventionsmethode. Gleichfallsmuss er in der Lage sein, durch Beobachtung den Zielerreichungsgrad abschätzenzu können, um hieraus ein ausgewogenes Urteil in Bezug auf einen möglichenKompromiss ableiten zu können. Überdurchschnittlich gute Kommunikationsfähigkeitrundet seine Persönlichkeit ab und hilft ihm, positive Veränderungen auf dem Wegzur Zielfindung bei dem Streitbeilegungsprozess zu fördern.Diese im Gesamten sehr hohen Anforderungen an die Qualifikation des externenBaubetriebsexperten fördern und beschleunigen den Einigungsprozess und sindGrundlage der erfolgreichen Streitbeilegung.168


4.7.2 Qualifikation des BaujuristenDie Qualifikationsansprüche an den durch die Parteien einvernehmlich zubestimmenden Juristen sind auf Grund seiner ebenfalls bedeutsamen Rolle imStreitbeilegungsverfahren in gleich hoher Weise wie bei dem Baubetriebsexpertenanzusetzen. In Bezug auf die fachlichen Qualifikationen ist der Anforderung derArbeitsgemeinschaft Baurecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) Rechnung zutragen. Im Detail wird hierzu auf 3.4.4 verwiesen.Bei der persönlichen Qualifikation sind bei der Auswahl die gleichen Maßstäbe, wiebei dem Baubetriebsexperten anzusetzen.4.7.3 Vergütung des ExpertengremiumsIm Rahmen des Streitbeilegungsmodells wird das Expertengremium direkt nachVertragsabschluss durch die Parteien einvernehmlich bestimmt. Bei den dabei mitdem Juristen und dem Baubetriebsexperten abzuschließenden Verträgen wird nebender Definition der Aufgaben auch die Vergütungsthematik geregelt. Die Vergütungerfolgt in Form von Stunden- oder Tagessätzen. Die Höhe der Vergütung richtet sichnach der jeweiligen Qualifikation des Experten und der jeweiligen Marktlage. AufGrund der hohen Qualifikationsanforderung sind Stundensätze von 150,00 € bis400,00 € zu erwarten. Die Tätigkeit der Experten wird in einem monatlichenRhythmus entsprechend des geleisteten Aufwands vergütet.169


5 Implementierung des Streitbeilegungsmodells5.1 Berücksichtigung der UnternehmensgrößeDas in Kapitel 4 entwickelte Modell zur Streitbeilegung erfasst stufenweise allemöglichen Beziehungsebenen der in der Bauabwicklung tätigen Unternehmen. Derzugehörige Verfahrensablauf ist in 4.5.1 vollständig und als Ganzes dargestellt.In der Praxis ist der Einsatz aller Streitbeilegungsmodule in einem Gesamtablauf nurdurch im Baubereich tätige Großunternehmen zu realisieren. Um alle möglichenStufen des Streitbeilegungsmodells durchlaufen zu können, hat das jeweiligeUnternehmern über vier Führungsebenen und eine direkt dem Vorstandnachgeordnete Stabsstelle zu verfügen. Über eine entsprechende Struktur verfügenin Deutschland nur die großen Bauaktiengesellschaften oder sehr großemittelständische Bauunternehmen. Für die Bauherren- und damit Auftraggeberseitegilt das Vorgenannte sinngemäß. Um das Streitbeilegungsmodell auch für dieBauprojekte akzeptabel zu gestalten, bei denen kleinere Unternehmenseinheitentätig sind, ist eine entsprechende Anpassung erforderlich. Durch dieBerücksichtigung der Unternehmensgröße ist im Regelfall auch eine gewisseProjektgröße impliziert. Die Zuordnung nach der Anzahl von Hierarchieebenen machteinen flexibleren Einsatz des Streitbeilegungsmodells möglich.Die Auswahl des jeweiligen Umfangs des Streitbeilegungsmodells richtet sich dabeigrundsätzlich nach der Unternehmensform mit den wenigsten Hierarchieebenen, daansonsten das Gleichstellungsprinzip („Verhandlung auf gleicher Augenhöhe“) beiden Verhandlungen nicht mehr gegeben wäre.Durch den modularen Aufbau des Streitbeilegungsmodells ist die notwendigeAnpassung an die Unternehmensstruktur leicht möglich.170


5.1.1 Unternehmung mit vier Führungsebenen und StabstelleWie zuvor bereits ausgeführt, ist die Anwendung aller Module desStreitbeilegungsmodells nur für Firmen mit vier Führungsebenen und einer direkt derobersten Leitungsebene nachgeordneten Stabstelle möglich. Hierbei ist eserforderlich, dass sowohl Auftraggeber als Auftragnehmer vergleichbareUnternehmensstrukturen aufweisen. Dies ist notwendig, da ansonsten nicht dasPrinzip des „Verhandelns auf gleicher Augenhöhe“ möglich ist. Zur Anwendung desGesamtmodells sind somit folgende Hierarchieebenen Voraussetzung:- Bauleitungsebene- Oberbauleiter-/Projektleiterebene- Technische Leiter-/Niederlassungsleiterebene- Vertrags-/Nachtragsmanagementstabstelle- Geschäftsführer-/VorstandsebeneDas zu dieser Unternehmensgröße gehörende Ablaufdiagramm ist bereits in 4.5.1dargestellt.5.1.2 Unternehmung mit vier FührungsebenenGrößere mittelständische Bauunternehmen oder entsprechende Auftraggeberorganisationenverfügen im Regelfall über vier Führungsebenen. Diese stellen sichwie folgt dar:- Bauleitungsebene- Oberbauleiter-/Projektleiterebene- Technische Leiter-/Niederlassungsleiterebene- Geschäftsführer-/Vorstandsebene171


Da bei dieser Unternehmensform keine Stabsstelle für Vertrags- undNachtragsmanagement vorhanden ist, muss das Streitbeilegungsmodelldementsprechend angepasst werden. Durch Entfall des Moduls Leitungsebene IIIkann das Modell an diese Gegebenheit angepasst werden.Da der Baujurist dann zum ersten Mal im Modul „Oberste Leitungsebene“ in dasVerfahren einbezogen ist, benötigt er in diesem Modul zum Zweck der Einarbeitungeinen Zeitzuschlag. Zehn Werktage werden hierfür als ausreichend angesehen.Dieses entspricht auch dem Zeitrahmen, der ihm im Rahmen der Einarbeitung imModul Leitungsebene III eingeräumt wird. Spätestens am zehnten Werktag derEinarbeitungszeit erfolgt eine Abstimmung mit dem externen Baubetriebsexperten,bei der die Verhandlungsführung abgestimmt wird. Der Zeitraum von maximalfünfzehn Werktagen bis zur Verhandlung kann ebenfalls zur Vorbereitung genutztwerden. Der maximale Zeitrahmen für die Streitbeilegung, unter Anwendung der hierbestimmten Module, beträgt somit 122 Werktage, also ein Zeitraum von ca. 4,9Monaten.Der Ablauf für das Streitbeilegungsmodell für Unternehmen mit vier Führungsebenenstellt sich somit entsprechend der Abb. 45 dar.172


StreitfallBL-EbeneModulBaustellenvereinbarung IZielerreichungjaEinigung?ZielerreichungjaneinPL/OBL-EbeneEinigung?ModulBaustellenvereinbarung IIVereinbarungProjektebeneneinexterner neutralerBaubetriebsexperteModulBaustellenmediationZielerreichungjaEinigung?neinNL/TLEbeneModulLeitungsebene IZielerreichungjaEinigung?neinNL/TL Ebeneund externerBaubetriebsexperteModulLeitungsebene IIVereinbarungLeitungsebeneZielerreichungjaEinigung?neinZielerreichungja externer Juristexterner Baubetriebsexperte1 Teilnehmer GF/AG1 Teilnehmer GF/ANneinEinigung?ModulOberste LeitungsebeneVereinbarung obersteLeitungsebeneneinneinEntscheidungjaVorläufig bindende(vollstreckbare)Entscheidung desExpertengremiumsModulExperten-EntscheidungExperten-EntscheidungjaAnfechtungneinOrdentlichesGerichtZielerreichungSchiedsgerichtZielerreichungZielerreichungEndgültigeAnnahmeRückfallebeneGerichtsbarkeitAbbildung 45: Ablaufdiagramm „Vier Führungsebenen“173


5.1.3 Unternehmung mit drei FührungsebenenDem Prinzip der Verhandlung auf „gleicher Augenhöhe“ folgend, muss bei nochkleineren Unternehmensgefügen der Gesamtablauf auf die Struktur vonUnternehmen mit drei Führungsebenen angepasst werden. Bei dieser, gerade imMittelstand häufig anzutreffenden Unternehmensstruktur, werden folgende Ebenenvorausgesetzt:- Bauleitungsebene- Oberbauleiter-/Projektleiterebene- GeschäftsführerebeneEs entfällt nun neben der Stabsstellenebene auch zusätzlich die Ebene dertechnischen Leiter und Niederlassungsleiter. Dies führt dazu, dass die Oberbauleiterbzw. Projektleiter die Aufgaben im Modul Leitungsebene I übernehmen müssen. Dadies nur dann im Sinne des Streitbeilegungsmodells möglich ist, wenn diese Ebenenicht schon vorher im Verfahrensablauf eingebunden ist, muss deshalb das ModulBaustellenvereinbarung II entfallen. Auch bei dieser Abstufung ist ein Zeitzuschlagfür die Einarbeitung des Baujuristen erforderlich, wie in 5.1.2 erläutert. Der maximaleZeitrahmen für die Streitbeilegung unter Anwendung der hier bestimmten Modulebeträgt somit 105 Werktage, also ein Zeitraum von ca. 4,2 Monaten.Diese Anpassung führt zu dem in Abb. 46 dargestellten Gesamtablauf desStreitbeilegungsmodells für Unternehmen mit drei Führungsebenen.174


StreitfallBL-EbeneModulBaustellenvereinbarung IZielerreichungjaEinigung?neinexterner neutralerBaubetriebsexperteModulBaustellenmediationVereinbarungProjektebeneZielerreichungjaEinigung?neinPL/OBL-EbeneModulLeitungsebene IZielerreichungjaEinigung?neinPL/OBL-Ebeneund externerBaubetriebsexperteModulLeitungsebene IIVereinbarungLeitungsebeneZielerreichungjaEinigung?neinZielerreichungja externer Juristexterner Baubetriebsexperte1 Teilnehmer GF/AG1 Teilnehmer GF/ANEinigung?neinModulOberste LeitungsebeneVereinbarung obersteLeitungsebeneneinEntscheidungjaVorläufig bindende(vollstreckbare)Entscheidung desExpertengremiumsModulExperten-EntscheidungExperten-EntscheidungjaAnfechtungneinOrdentlichesGerichtZielerreichungSchiedsgerichtZielerreichungZielerreichungEndgültigeAnnahmeRückfallebeneGerichtsbarkeitAbbildung 46: Ablaufdiagramm „Drei Führungsebenen“175


5.1.4 Unternehmung mit zwei FührungsebenenKleinere mittelständische Bauunternehmungen und auch entsprechend kleineBauherrenorganisationen verfügen häufig nur über zwei Führungsebenen.- Bauleitungsebene- GeschäftsführerebeneDa die Oberbauleiter-/Projektleiterebene dann fehlt, entfällt das ModulBaustellenvereinbarung II, sodass bei einem Scheitern der Verhandlungen imRahmen des Modul Baustellenvereinbarung I direkt der externe, neutraleBaubetriebsexperte im Modul Baustellenmediation eingebunden wird. Da beiUnternehmen mit zwei Führungsebenen nur die Projekt- und oberste Leitungsebeneexistieren, entfallen die Module Leitungsebene I, Leistungsebene II undLeitungsebene III.Auch bei dieser Abstufung ist ein Zeitzuschlag für die Einarbeitung des Baujuristenerforderlich wie in 5.1.2 erläutert. Der maximale Zeitrahmen für die Streitbeilegungunter Anwendung der hier bestimmten Module beträgt somit 80 Werktage, also einZeitraum von ca. 3,2 Monaten.Zusammenfassend stellt sich der Ablauf im Streitbeilegungsmodell fürUnternehmungen mit zwei Führungsebenen wie in Abb. 47 aufgezeigt dar.176


StreitfallBL-EbeneModulBaustellenvereinbarung IZielerreichungjaEinigung?neinexterner neutralerBaubetriebsexperteModulBaustellenmediationVereinbarungProjektebeneZielerreichungjaEinigung?neinZielerreichungja externer Juristexterner Baubetriebsexperte1 Teilnehmer GF/AG1 Teilnehmer GF/ANEinigung?ModulOberste LeitungsebeneVereinbarung obersteLeitungsebeneneinneinjaVorläufig bindende(vollstreckbare)Entscheidung desExpertengremiumsModulExperten-EntscheidungExperten-EntscheidungjaEntscheidungAnfechtungneinOrdentlichesGerichtZielerreichungSchiedsgerichtZielerreichungZielerreichungEndgültigeAnnahmeRückfallebeneGerichtsbarkeitAbbildung 47: Ablaufdiagramm „Zwei Führungsebenen“177


5.2 Vereinbarung des Streitbeilegungsmodells5.2.1 Festlegung auf das StreitbeilegungsmodellZur grundsätzlichen Festlegung auf das Streitbeilegungsmodell sind zwei Wegevorgezeichnet. Entweder gibt der Auftraggeber durch seine Ausschreibung dieVerwendung des Streitbeilegungsmodells vor oder der Auftragnehmer schlägt diesesin Form eines Nebenangebots vor. Auf die Thematik der Wertung desNebenangebots bei öffentlichen Auftraggebern wird im Weiteren der Arbeiteingegangen.Unabhängig davon, wie das Streitbeilegungsmodell in das Vergabeverfahreneingeführt wird, hat vor Vergabe bzw. vor Vertragsabschluss die endgültigeFestlegung auf das Expertengremium zu erfolgen, bestehend aus demBaubetriebsexperten und dem Baujuristen. Durch die frühzeitige Festlegung undvertragliche Bindung des Expertengremiums ist sichergestellt, dass bei Auftreteneines Streitfalles keine unnötig langen Vorlaufzeiten erforderlich werden. Sollten dieVertragspartner feststellen, dass sich ein Mitglied des Expertengremiums bei derAusübung seiner Tätigkeit als Fehlbesetzung darstellt, ist bei Einvernehmlichkeitzwischen den Parteien der Austausch der entsprechenden Person möglich. Um denGesamtverfahrensablauf nicht zu verzögern, haben sich die Parteien vor demendgültigen Austausch auf einen neuen Experten zu einigen und diesen vertraglichzu binden.Da sich Streitigkeiten auch auf Dritte am Bau auswirken können, muss dasStreitbeilegungsmodell in den weiteren Verträgen als separates Verfahren zwischenden jeweiligen Parteien vereinbart werden. Der Bauherr/Auftraggeber hat somit füralle durch ihn beauftragten und im Bauablauf tätigen Unternehmen entsprechendeszu berücksichtigen. Der Auftragnehmer hat dies bei der Vergabe von Leistungen anNachunternehmer zu beachten. Gleichzeitig muss er auch seine Nachunternehmerverpflichten, das Streitbeilegungsmodell mit deren Nachunternehmern im Vertrag zuvereinbaren.178


Der Ablauf der Festlegung auf das Streitbeilegungsmodell ist der Abb. 48 zuentnehmen.AGANFestlegungStreitbeilegungsmodellAusschreibungLVAngebotAngebotVorschlagStreitbeilegungsmodellprivaterAGVerhandlungenprivaterAGöffentl.AGFestlegungExpertengremiumVergabe / VertragAbbildung 48: Ablauf Festlegung auf das StreitbeilegungsmodellDie Ausgestaltung der vertraglichen Details des Streitbeilegungsmodells zurEinbindung in das Gesamtvertragswerk ist grundsätzlich juristischer Natur und kannauf der Basis des in dieser Arbeit entwickelten Modells durch einen Baujuristenerfolgen.5.2.2 Auswahl des ExpertengremiumsDa die Festlegung auf den externen Baubetriebsexperten und den externenBaujuristen einvernehmlich erfolgen muss, hat jede Partei ein Vorschlagsrecht zuden zu besetzenden Positionen. In einem gemeinsamen paritätisch zu besetzendenBerufungsausschuss bewerten und prüfen die Parteien die vorgeschlagenenExperten. Sollte in einem ersten Durchgang kein einvernehmliches Ergebnis zuerzielen sein, muss der Vorgang mit neuen Vorschlägen zweimal wiederholt werden.Sollte hierbei keine Einigung erreicht werden, ist die ARGE Baurecht einzuschalten.Diese bestimmt dann verbindlich das Expertengremium. Die im Auswahlverfahrenbereits benannten Experten dürfen nicht mehr vorgeschlagen werden. DieseRegelung basiert auf der SO Bau. Die ARGE Baurecht müsste hierzu ihre bereits179


existierende Juristenliste um eine Liste für zuzulassende Baubetriebsexpertenerweitern. Infolge dessen wird im Rahmen einer gemeinsamen Anfrage durch dieParteien ein Angebot von dem Baubetriebsexperten und dem Baujuristen eingeholt.Auf Basis dieses Angebotes erfolgt die gemeinsame Beauftragung desExpertengremiums. Die Abb. 49 gibt einen Überblick über den Ablauf desAuswahlverfahrens.Auswahlverfahren ExpertengremiumVorschlag AGVorschlag ANBerufungsausschussBewertung / Prüfung2 xneinEinigung ?2 xneinja3 x neinFestlegungARGE-BaurechtGemeinsameAnfrageBaubetriebsexperte/JuristGemeinsame BeauftragungLeistungsbeginnAbbildung 49: Ablauf Auswahl Expertengremium5.2.3 Anpassung § 25 VOB/AFür den Fall, dass ein öffentlicher Auftraggeber das Streitbeilegungsmodell in seinerAusschreibung nicht vorgesehen hat, aber der anbietende Unternehmer diesesModell in den Bauvertrag einführen möchte, ist dies in Form eines Nebenangebotesmöglich. Da der Vorschlag der Verwendung des Streitbeilegungsmodells keinNebenangebot im herkömmlichen Sinne darstellt, wäre eine Anpassung des § 25 Nr.180


5 der VOB/A erforderlich, damit die Annahme und Wertung eines solchenNebenangebotes für den öffentlichen Auftraggeber möglich und sogar verpflichtendwürde.Der§ 25 (Wertung der Angebote) wäre hierzu in Absatz 5 durch folgendenabschließenden Satz zu ergänzen:„Ein Nebenangebot zur Einführung des Streitbeilegungsmodells istgrundsätzlich zu werten. Dies gilt auch für den Fall, dass der Auftraggeberansonsten in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen ausgeführthat, Nebenangebote nicht zuzulassen.“Im gleichen Sinne wäre der § 25 in Nr. 1, Absatz 1 d wie folgt zu ergänzen:„Nebenangebote, wenn der Auftraggeber in der Bekanntmachung oder inden Vergabeunterlagen erklärt hat, dass er diese nicht zulässt, so weit essich nicht um ein Nebenangebot zum Streitbeilegungsmodell handelt.“Auch wenn andere Veränderungen der VOB/A bis hin zur generellen Vereinbarungdes Streitbeilegungsmodells möglich wären, stellt die vorgenannte Art und Weiseden zum heutigen Zeitpunkt einfachsten und gangbarsten Weg dar. Die öffentlichenAuftraggeber müssten sich dann auf die Erfordernisse des Streitbeilegungsmodellseinstellen.5.2.4 Anpassung § 18 Nr. 2 VOB/BWie bereits in Kapitel 3 vorgetragen, handelt es sich bei § 18 Nr. 2 der VOB/B um einauftraggeberseitig dominiertes Streitbeilegungsverfahren. Bei Vereinbarung desStreitbeilegungsmodells verliert § 18 Nr. 2 der VOB/B aufgrund der im Modellumfangreich geregelten Streitbeilegung seine Grundlage. Insofern müsste die VOB/Bin diesem Punkt angepasst werden. Es empfiehlt sich eine Anpassung durchHinzufügen eines 3. Absatzes in § 18 Nr. 2 der VOB/B in folgender Weise:181


„(3) Bei Vereinbarung des Streitbeilegungsmodells entfallen die Regelungendes Absatz 1 und 2.“Diese Regelung empfiehlt sich auch unter der Prämisse, dass die Durchführung desVerfahrens nach § 18 Nr. 2 VOB/B für die Parteien nicht verpflichtend ist. Auf dieseWeise wird sichergestellt, dass alle Kräfte zur Beilegung von Streitigkeiten auf dasStreitbeilegungsmodell gebündelt werden.5.2.5 Berücksichtigung § 18 Nr. 4 VOB/BDas Verfahren nach § 18 Nr. 4 VOB/B, das in 3.3.3 erläutert wurde, ist grundsätzlichauch bei Vereinbarung des Streitbeilegungsmodels sinnvoll. Das hierbei zuerstellende Schiedsgutachten kann für die in Betracht kommenden Streitfälle zu einerschnellen Lösung führen, was zur Reduzierung der Anzahl der imStreitbeilegungsmodell zu behandelnden Fälle beiträgt. Da bei der Anwendung von §18 Nr. 4 VOB/B das begonnene Verfahren zur Streitbeilegung auszusetzen ist, solltezur Klarstellung hierzu vertraglich festgehalten werden, dass dies nur für den direktbetroffenen Streitfall gilt und die Beilegung aller weiteren Streitfälle imStreitbeilegungsmodell fortgesetzt wird.5.3 Projektstart mit dem StreitbeilegungsmodellZur Vertiefung des kooperativen Gedankens verpflichten sich die Parteien innerhalbvon 20 Werktagen nach Vertragsabschluss zur Durchführung einerProjektstartveranstaltung. Dieser Zeitrahmen ist ausreichend für die Vorbereitungdes Termins. Gleichzeitig liegen den handelnden Personen bereits ersteInformationen und Erkenntnisse zum Projekt vor.Die Leitung und Moderation dieser eintägigen Veranstaltung liegt in den Händen desexternen Expertengremiums. Seitens der Parteien nehmen alle mit derBauausführung und der Streitbeilegung befassten Personen an dieser Veranstaltungteil. Neben der Vertiefung des gemeinsamen Verständnisses für die Bauaufgabe wird182


den handelnden Personen das Streitbeilegungsmodell und dessen Intentiondargelegt. So wird vermieden, dass aufgrund unterschiedlicher WissensständeMissverständnisse auftreten, die zu ersten Disharmonien führen können. Gleichzeitigwird das Verständnis zum Projekt und zur Streitbeilegung vereinheitlicht. Für dasExpertengremium ist diese Veranstaltung eine gute Möglichkeit, sich bereits in dasProjekt einzuarbeiten und es bringt Informationen über die Verhaltensmuster derhandelnden Personen.Die Startveranstaltung führt somit bereits zu einem frühen Zeitpunkt zu einer„Harmonisierung“ der am Verfahren Beteiligten.183


6 Validierung des StreitbeilegungsmodellsEine praktische Prüfung des Streitbeilegungsmodells am Bauvorhaben selbst, imVergleich mit der herkömmlichen Vorgehensweise, scheitert an der Tatsache, dassBauprojekte sich nicht wiederholen und somit nicht direkt miteinander zu vergleichensind. Da die am Bauvorhaben beteiligten Personen eine nicht berechenbareKomponente darstellen, die selbst in vergleichbaren Situationen nicht immer in dergleichen Art und Weise reagieren, ist eine vergleichende Betrachtung auch ausdiesem Grund nicht möglich.Auf Basis dieser Erkenntnis wird im Folgenden geprüft, wie dasStreitbeilegungsmodell auf extreme Konfrontationen eingestellt ist und ob es auchunter besonderen Randbedingungen einsetzbar ist. Wenn dies der Fall sein sollte,kann daraus abgeleitet werden, dass das Modell auch bei vergleichsweiseeinfacheren Problemstellungen einsetzbar und damit gebrauchstauglich ist.6.1 Verhandlungsunwillige ParteiProblemstellung:Es soll geprüft werden, wie das Streitbeilegungsmodell auf den Fall reagiert, wennsich bei Kenntnis des Streitfalls eine Partei unkooperativ verhält und weder Stellungbezieht noch an Verhandlungen teilnimmt und somit die gesetzten Fristenverstreichen lässt.Lösung:In 4.3 – Entwicklung von Streitbeilegungsmodellen – ist hierzu generell für alleModule festgelegt, dass für den Fall des unkooperativen Verhaltens einerVertragpartei in einem Streitbeilegungsmodul die Verhandlungen für diese Ebene alsgescheitert erklärt werden. Die nach wie vor kooperativ tätige Partei leitet darauf hinden Fall an die nächste Handlungsebene weiter. So ist sicher gestellt, dass durchdas verhandlungsunwillige Verhalten eines Vertragspartners keine Verzögerungenoder Stillstände im Verfahrensablauf eintreten. Durch die vorgeseheneSanktionierung dieses Fehlverhaltens, im Wiederholungsfall durch Austausch derunkooperativen Mitarbeiter, steht den Beteiligten ein ausreichend dimensioniertes184


Werkzeug zur geregelten Durchführung der Streitbeilegung zur Verfügung. Da einAustausch für den betroffenen Mitarbeiter auch arbeitsrechtliche Konsequenzenhaben kann, wird er schon aus diesem Antrieb heraus den Intentionen derStreitbeilegung folgen.6.2 Taktische StreitnegierungProblemstellung:Im Rahmen dieser Thematik ist zu prüfen, ob das Streitbeilegungsmodell auf den Falleingestellt ist, bei dem eine Partei zwar einen Streitpunkt identifiziert hat, diesen aberaus taktischen Gründen nicht zur Kenntnis gibt, um sich zum einen einen Vorteildurch eine verlängerte Vorbereitungszeit zu verschaffen und zum anderen durch dieverlängerte Bearbeitungszeit die Möglichkeit eröffnet, den Anspruchsgegner durcheine umfangreiche Stellungnahme in eine Position zu bringen, die es diesemerschwert, in der vorgesehenen Reaktionszeit fundiert zu antworten.Lösung:Das Modul Baustellenvereinbarung I sieht vor, dass bei einem entsprechendenVerdacht der neutrale Baubetriebsexperte angerufen wird. Dieser ist autorisiert, nachPrüfung der Unterlagen in eigenem Ermessen die Erwiderungszeit für denBetroffenen um bis zu zehn Werktage zu verlängern. Das Argument derunzureichenden Reaktionsfrist ist somit für das Modell nicht relevant. Erhärtet sichder Anfangsverdacht des Verstoßes gegen die im Modul Baustellenvereinbarung Iimplementierte „Frühwarnung“, ist der Baubetriebsexperte verpflichtet, den externenBaujuristen in das Verfahren einzubinden. Beide prüfen den Fall und können eintatsächlich feststellbares Fehlverhalten sanktionieren. Die Sanktionierung erfolgtdurch den Verlust von Teilansprüchen aus dem zu behandelnden Streitfall. Näheresist in Abschnitt 4.3.1.1 beschrieben.185


6.3 Taktische StreitverlängerungProblemstellung:Es gilt zu prüfen, ob das Streitbeilegungsmodell zur Verlängerung des Vorgangs derStreitbeilegung missbraucht werden kann, um den Ausgleich von Forderungen einerPartei hinaus zu zögern.Lösung:Sollte sich der Versuch der taktischen Streitverlängerung durch Untätigkeit einerPartei äußern, ist in 6.1 bereits dargelegt, dass das Modell durch Abbruch derVerhandlungen in dem jeweiligen Modul reagiert und somit der Verfahrensablaufdurch ein beschleunigtes Durchlaufen der Module verkürzt wird. Das Modell reagiertsomit durch Beschleunigung auf den vorgenannten Versuch der taktischenStreitverlängerung.Der Fall, dass die Mitarbeiter einer Partei zwar in den Modulen agieren, aber nichtwirklich einigungswillig sind, führt zu folgendem Ergebnis.Bei Vereinbarung des Modul Experten-Entscheidung erfolgt nach spätestens 137Werktagen (ca. 5.5 Monaten) eine Streitentscheidung, die bei nichtordnungsgemäßer Vorbereitung durch die taktisch agierende Partei für diese negativausfallen kann. Bei einer Anfechtung der Entscheidung der Experten besteht das„Risiko“, dass in einem nachgeschalteten Gerichtsverfahren eine Entscheidung aufBasis der Experten-Entscheidung getroffen wird. Erfahrungen aus der englischenGerichtsbarkeit zeigen diesen Weg auf.Sollte das Modul Experten-Entscheidung zwischen den Parteien nicht vereinbartsein, verkürzt sich der Verfahrensablauf auf maximal 127 Werktage (ca. 5 Monate).Dieser Zeitraum stellt eine sehr gestraffte Vorgehensweise bei der Streitbeilegungdar, die bei Bauprojekten im Regelfall sonst nicht realisiert wird. Ohne dieZeitvorgabe des Streitbeilegungsmodells lässt sich durch entsprechendesdestruktives Verhalten leicht ein wesentlich längerer Bearbeitungszeitraum erreichen.Hieraus wird deutlich, dass sich das Streitbeilegungsmodell nicht für eine taktischeStreitverlängerung eignet. Aufgrund der Kostenregelung hat jede Streitpartei 50Prozent der Kosten der externen Experten zu tragen. Auch diese Festlegung wirktzusätzlich gegen den möglichen Missbrauchversuch.186


6.4 BauzeitverzögerungenProblemstellung:Bei Bauprojekten kommt es häufig zu Störungen im Bauablauf, die Auswirkungen aufdie Bauzeit haben können. Die Folgen hieraus sind nicht in jedem Fall direktbestimmbar.Lösung:Auch diese Fälle werden direkt in das Streitbeilegungsmodell eingeführt. Im Rahmender Streitbeilegung werden die haftungsbegründenden Kausalitäten behandelt unddie Teile der haftungsausfüllenden Kausalitäten abschließend geregelt, die zudiesem Zeitpunkt bestimmbar sind. Mehr- oder Minderkosten, die beispielsweise auseiner Bauzeitverlängerung oder Verkürzung oder aus einer Verschiebung einerBauphase in eine andere Jahreszeit resultieren, werden abschließend behandelt,sobald diese bestimmbar sind. Die Entscheidung hierzu wird somit zunächstzurückgestellt.187


6.5 Einbindung von NachunternehmernProblemstellung:Bei Bauprojekten wird seitens der Bauausführenden regelmäßig auf den Einsatz vonNachunternehmern zurückgegriffen. Bei Eintritt eines Streitfalles kann sich dieProblematik auf die Nachunternehmerebene auswirken. Ein Generalunternehmer istunter Umständen erst in der Lage, in dem zwischen ihm und seinem Auftraggeberlaufenden Streitbeilegungsverfahren zu agieren, wenn er eine Reaktion seinesNachunternehmers vorliegen hat.Lösung:Bei der vertraglichen Festlegung eines Streitbeilegungsverfahrens wird die bauausführendeUnternehmung verpflichtet, dieses auch für die Nachunternehmerverhältnissezu vereinbaren. In gleicher Weise werden die Nachunternehmerverpflichtet, wiederum ihre Nachunternehmer an das Streitbeilegungsmodell zubinden.Auch wenn die jeweiligen Verfahren eigenständig laufen, ist so durch die Parallelitätder Abläufe ein geregelter Informationsfluss gewährleistet. Das Modell sieht für dieEinbindung der Nachunternehmer in 4.5.2 – Zeitvorgaben im Verfahrensablauf – vor,dass die Bearbeitungszeiträume in den Modulen aus organisatorischen Belangendieser Art um einige wenige Werktage angepasst werden können.Für die Verhandlungsführung gibt es für einen „übergeordneten“ Unternehmer dieMöglichkeit, sich an dem Verhandlungsstand mit seinem Nachunternehmer zuorientieren oder, falls sich dieser sich beispielsweise verhandlungsunwillig zeigt bzw.der Einfluss der Nachunternehmerleistung nur von geringer Bedeutung ist, eineunternehmerische Entscheidung zur Streitbeilegung mit seinem Auftraggeber zutreffen. Seine Entscheidung wird ihm durch die im Streitbeilegungsverfahren gezieltgewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen erleichtert. Die sich hieraus ergebendenChancen und Risiken entsprechen der Natur der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit,wobei das Streitbeilegungsmodell das Fehlerpotential eingrenzt.188


6.6 Einbindung von VorunternehmernProblemstellung:Bei Bauprojekten wird ein Bauherr, wenn er nicht die Leistungen durch einenGeneralunternehmer oder Generalübernehmer ausführen lässt, mehrereEinzelvergaben vornehmen und damit mehrere Vertragspartner in derBauausführung zu steuern haben. Bei Eintritt eines Streitfalls kann sich dieseProblematik auf die Leistung der nachfolgend ausführenden Unternehmer auswirken.So kann der Bauherr unter Umständen erst mit einem vorleistenden Unternehmenüber die Auswirkungen einer Bauverzögerung verhandeln, wenn ihm die Ansprüchedes nachfolgend leistenden Unternehmens bekannt geworden sind.Lösung:Bei der vertraglichen Festlegung auf das Streitbeilegungsmodell, ist der Auftraggeberverpflichtet, das Streitbeilegungsmodell auch für weitere in der Bauausführung für ihntätige Unternehmen zu vereinbaren. Die Beziehungen und Wirkungen sind in derFolge vergleichbar mit den Ausführungen zu 6.5 – Einbindung vonNachunternehmern –, nur dass sich die Darlegungen nicht auf das VerhältnisAuftragnehmer zu Nachunternehmer, sondern von Bauherr zu vorleistendenUnternehmen beziehen.189


7 Zusammenfassung/Ausblick7.1 ZusammenfassungBaustreitigkeiten werden in Deutschland in nicht ausreichender Form von denVertragsparteien selbst gelöst. Die unterschiedliche Auslegung der vertraglichgeschuldeten Bauleistung zwischen den Parteien wird immer häufiger zum Inhalt vonvor Gericht ausgetragenen Streitigkeiten. Die Anzahl und die Komplexität derStreitfälle führt zu einer Überlastung der Gerichte mit der Folge von meistmehrjährigen Verfahrensdauern, die in einzelnen Fällen mehr als ein Jahrzehntandauern können. Die hieraus resultierenden Rechts- und Finanzunsicherheitenkönnen für die Prozessbeteiligten weitreichende Konsequenzen bis hin zur Insolvenzmit sich führen. Die in Deutschland übliche Projektstruktur Auftraggeber –Generalunternehmer – Nachunternehmer führt schon in dieser einfachenKonstellation dazu, dass parallele Rechtsstreitigkeiten in ein und derselben Sacheauftreten können. Unterschiedliche Gerichtsstandsklauseln in den einzelnenVertragsebenen bewirken, dass aufgrund unterschiedlicher Beteiligter derselbeStreitfall an verschiedenen Gerichtsständen behandelt werden muss. Die Ergebnisseder einzelnen Verfahren können dabei unterschiedlich ausfallen. Auf Basis dieserRandbedingungen wird der Wunsch vieler Baubeteiligter nach einer schnelleren,effektiven Streitbeilegung für das deutsche Bauwesen immer größer.Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird den Vertragsbeteiligten ein Weg aufgezeigt,der die Häufigkeit von langwierigen und risikobehafteten Gerichtsprozessenreduziert. Auf Basis der maßgeblichen Streitbeilegungsverfahren wird hierzu ein aufdie Anforderungen des Bauwesens angepasstes Streitbeilegungsmodell entwickelt.Im deutschen Bauvertragswesen sind die Inhalte der außergerichtlichenStreitbeilegung nicht oder nur rudimentär implementiert. InternationaleBauvertragsmuster greifen einzelne Elemente der außergerichtlichen Streitbeilegungauf, lassen aber ein ganzheitliches Modell vermissen. Zur Streitbeilegung existierenVerfahren zur Verhandlung, Schlichtung, Mediation und Entscheidung, die entwederkonsensual oder kontradiktorisch wirken. Ein Modell, das die gegebenenMöglichkeiten der außergerichtlichen Streitbeilegung in vollem Umfang nutzt, wurde190


isher nicht passend für die deutschen Rahmenbedingungen entwickelt. EineAnpassung von Streitbeilegungsverfahren auf die jeweiligen Aufbauorganisationender am Bau beteiligten Unternehmen wurde bisher nicht vorgenommen.In der Arbeit werden in einem ersten Schritt die Leitlinien der geschäftlichenBeziehungen im Bauwesen betrachtet und hinsichtlich ihrer Wirkung aufStreitbeilegungsmechanismen bewertet. In einem zweiten Schritt werden dieinternational gebräuchlichen Verfahren zur Streitbeilegung vorgestellt, analysiert undbewertet. Unter Anwendung der Analogie- und Variationsmethodik werdenbestehende und bewährte Ansätze zur Streitbeilegung aufgenommen, kombiniertund zu einem verbesserten Streitbeilegungsmodell weiterentwickelt. ZurImplementierung des modular aufgebauten Modells wird unter Berücksichtigung derunterschiedlichen Größen der im Bauwesen tätigen Unternehmen eine Anpassungdes Systems vorgenommen. In einem weiteren Verfahrensschritt werden Wege zurVereinbarung geeigneter Streitbeilegungsmechanismen zwischen denVertragsbeteiligten aufgezeigt. Im Rahmen der Validierung des Modells wird durchdie Anwendung auf extreme Systemkonfrontationen aufgezeigt, dass dasStreitbeilegungsmodell auch unter besonderen Randbedingungen einsetzbar ist.Der Stand der Wissenschaft wird im Bereich der Streitbeilegung umfassendaufbereitet. Es wird ein Verfahren entwickelt, das erstmalig die Vorteile derVerhandlung, Schlichtung, Mediation und Entscheidung vollständig in ein Modell zurStreitbeilegung im Bauwesen implementiert. Durch definierte Verfahrensabläufe wirdden Vertragsparteien eine strukturierte, zielorientierte Vorgehensweise zur Beilegungvon Streitigkeiten vorgegeben. Die systematisierte Aufbereitung begünstigt undbeschleunigt die außergerichtliche Streitbeilegung und reduziert im Ergebnis dieAnzahl von vor Gerichten auszutragenden Streitfällen. Der modulare Aufbau desStreitbeilegungsmodells ermöglicht flexible Reaktionen auf unterschiedlicheAnforderungen. Die Berücksichtigung der Unternehmensgrößen durch Variation derzu verwendenden Module ermöglicht eine große Einsatzbreite des Modells.Gleichzeitig wird auch durch die Definition des Moduls „Experten-Entscheidung“ alsWahloption die Verwendung des Streitbeilegungsmodells den Parteien ermöglicht,die sich einer Experten-Entscheidung nicht beugen wollen oder dürfen. DenVertragsparteien werden Wege zur Vereinbarung des Modells aufgezeigt und ein191


Auswahlverfahren zur Bestimmung des externen Expertengremiums vorgegeben.Zur Vereinfachung der Implementierung des Streitbeilegungsmodells werdenÄnderungsvorschläge zur Anpassung der VOB/A und VOB/B unterbreitet.7.2 AusblickDa die baubetriebliche Betrachtung der Theorie der Streitbeilegung, unterBerücksichtigung einiger rechtlicher Randaspekte, den Mittelpunkt dieser Arbeitdarstellt, ist eine Vertiefung der rechtlichen Komponente des Streitbeilegungsmodellsin der Zukunft als sinnvoll zu erachten. So würde die Entwicklung von modulartigenKomponenten für die heute verwendeten Vertragsformen auf Basis des hierentwickelten Streitbeilegungsmodells die Implementierung nicht nur unterstützen,sondern beschleunigen. In einem weiteren Schritt wäre die Entwicklung eineseigenständigen Streitbeilegungsvertrages ratsam, der die baubetrieblichen Inhaltedes Streitbeilegungsmodells mit den erforderlichen rechtlichen Bedingungen zu einerEinheit zusammenführt.Zur Vereinfachung und Vereinheitlichung der Einbindung der externen Experten wäredie Entwicklung eines Standardvertrages wünschenswert, der die Problematik der„Dreiecksbeziehung“ Auftraggeber – Auftragnehmer – Experte berücksichtigt. Hierbeisollte gleichzeitig die Problematik der Beauftragung von zusätzlichen Fachexpertendurch das Expertengremium geregelt werden.192


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LebenslaufName:Norbert KrudewigGeburtsdatum: 12.06.1960Familienstand:verheiratet, drei KinderSchulausbildung: 1966 – 1970 Grundschule Siegburg1970 – 1976 Realschule Siegburg1976 – 1978 Fachoberschule für Technik, TroisdorfPraktikum: 1976 Dr. Fink-Stauf GmbH & Co. KG, MuchBundeswehr: 1978 – 1979Studium: 1979 – 1983 Fachhochschule KölnFachrichtung BauingenieurwesenAbschluss: Dipl.-Ing.1995 – 1999 Fachhochschule BiberachFachrichtung UnternehmensführungAbschluss: Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH)Beruflicher Werdegang: 1984 – 1987 Westdeutsche Asphalt-Werke, KölnBauleitung1987 – 1993 Bayer AG, LeverkusenProjektsteuerung,stellvertretender Betriebsleiter1993 – 1994 Lanwehr Bau GmbH, AhlenTechnischer Leiter1994 – 2000 Heilit + Woerner Bau-AG, DüsseldorfProjektleitung Großprojekte2000 – 2002 Dr. Fink-Stauf GmbH & Co. KG, MuchGeschäftsführerseit 2002Krudewig Baumanagement GmbHGesellschafter2004 – 2005 Fachhochschule KoblenzVertretungs-Professur für Baubetriebund Baumanagementseit 2005Fachhochschule KoblenzProfessor für Baubetrieb undBaumanagement

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