Tagungen & LehreTagungen sind Drehscheiben des Wissens – weit im Vorfeld einer Publikation ineiner Fachzeitschrift werden aktuelle Forschungsergebnisse vorgetragen, Schlussfolgerungendiskutiert, Modelle auf ihre Aussagekraft und Methoden auf ihreTauglichkeit geprüft. Tagungen und Workshops sind zwar nicht schneller als dasInternet, aber sie sorgen dafür, dass sich Menschen treffen, die gleiche Interessen,aber unterschiedliche Ideen und Lösungsansätze haben. Und das setzt allemalmehr kreative Energie frei als Datenverkehr im Netz.SARAWissenschaftliche Kongresse gibt es in allenDimensionen. In den vergangenen Jahrenwurde an dieser Stelle meist über großeTagungen berichtet. Für den wissenschaftlichenAustausch ebenso wichtig ist aberdie Fülle kleinerer Tagungen, wie die derSARA vom 8.–10. Mai 2009.Hinter SARA steht die Südliche ArachnologischeArbeitsgemeinschaft, unter derenDach die Spinnenkundler aus Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Saarland,Hessen sowie aus Österreich, der Schweizund Slowenien seit 1990 aktiv sind. Wieviele solcher wissenschaftlichen Verbündekooperieren Profis hier eng mit professionellarbeitenden Amateuren. Sie haben deshalbwichtige Scharnierfunktion. Das SARA-Jahres treffen fand 2009 auf Einladung vonDr. Joachim Holstein im <strong>Museum</strong> am Löwentorstatt und folgte dem klassischen Muster:Einem mit neuesten wissenschaftlichen Ergebnissenim Halbstundentakt gefüllten Vortragstagfolgte ein Exkursionstag, der die22 Teilnehmer auf den ehemaligen MünsingerTruppenübungsplatz in das BiosphärengebietSchwäbische Alb führte.Das anregende Programm ließ aber genugZeit für das, was solchen Treffen ihren besonderenWert gibt: Begegnungen zwischenForschern, Austausch zwischen Jung und Altund die Diskussion ganz konkreter wissenschaftlicherFragen, einschließlich der gemeinsamenBegutachtung und Überprüfungschwierig zu bestimmender Arten.... keine EintagsfliegeÜber die internationale Fachtagung fürWasserinsekten (Eintagsfliegen und Steinfliegen),zu der sich im Jahr 2008 über 110Teilnehmer aus der ganzen Welt trafen,um ihre Forschungsergebnisse auszutauschen,wurde schon berichtet Jahresbericht2008/2009 S. 38.Damit aus der Eintagsfliegen-Tagung keineEintagsfliege wurde, gab Dr. Arnold Staniczek,Organisator derTagung und Wasserinsektenforscheram<strong>Museum</strong>, eine 750Seiten starke Konferenz-Nachleseheraus:„InternationalPerspectives inMayfly and StoneflyResearch“ erschienals Supplement derFachzeitschrift „Aquatic Insects“. Unteranderem ist die Beschreibung sieben neuerArten zu finden. Der Stammesgeschichteund Verbreitung sind ebenfalls zahlreicheStudien gewidmet. Einen weiteren Schwerpunktstellen neueste Untersuchungen zurÖkologie der Gruppen dar, die von Biologenals wichtige biologische Zeigerorganismengerne zur Beurteilung der Wasserqualitätherangezogen werden.Tagungen und Workshops im <strong>Museum</strong>7.2: Floristische Kartierung Baden-Württemberg;73 Teilnehmer21.2.: Jahresversammlung der OrnithologischenGesellschaft Baden-Württemberg;150 Teilnehmer8.–10.5: Jahrestagung der Südlichen ArachnologischenArbeitsgemeinschaft; 25 Teilnehmeraus Deutschland, Österreich undder Schweiz24.10: Sesien-Tagung (Lepidoptera); 15 Teilnehmeraus sechs europäischen Staaten23.-25.10: 52. Deutsches Koleopterologentreffen(Beutelsbach); 200 Teilnehmer auszehn europäischen Staaten40 41LehreNicht nur dem Austausch mit Fachkollegen,auch der Ausbildung wissenschaftlichenNachwuchses fühlen wir uns verpflichtet.Das tun wir einerseits über wissenschaftlicheVolontariate, Praktika und die Betreuungvon Diplom- und Doktorarbeiten,andererseits über Lehraufträge an den Universitäten.Ein zweiwöchiges Blockpraktikum „Systematik,Taxonomie, Evolution“ führte Studentenaus Hohenheim, <strong>Stuttgart</strong> und Tübingenauch im Jahr 2009 in die praktischeund wissenschaftliche Arbeit an einem <strong>Naturkunde</strong>museumein.Für Lehrer, Studenten und Referendare verschiedenerSchularten veranstalteten wir 46Seminare zur <strong>Museum</strong>spädagogik, Ausstellungsdidaktikund zur Aufgabe der <strong>Naturkunde</strong>museenin der modernen Forschungslandschaft.ENatural history museums are hubs of knowledge,and communicating it is an importantpart of science. The SMNS has a track-recordof supporting scientific conferences and engagingwith universities.
NetzwerkeDie Erkenntnis ist ebenso alt wie banal: Gemeinsam ist man stärker. Die gewachseneStruktur der deutschen und internationalen <strong>Museum</strong>slandschaft hatte allerdingsüber lange Zeit ein eher individuelles Selbstverständnis zur Folge. Umso wichtiger,dass sich die Museen mit international bedeutenden Sammlungen und einem klarenForschungsprofil in den letzten Jahren zunehmend und gezielt vernetzen. Dasgeschieht sowohl auf der nationalen als auch auf der internationalen Ebene.Humboldt-RingAm 24. September 2009 schlossen sich fünfgroße, international tätige Forschungssammlungenzu einem Konsortium zusammen: das<strong>Museum</strong> für <strong>Naturkunde</strong> Berlin, das ZoologischeForschungsmuseum Alexander Koenigin Bonn, die Staatlichen Museen für <strong>Naturkunde</strong>in <strong>Stuttgart</strong> und Karlsruhe und dieStaatlichen Naturwissenschaftlichen SammlungenBayerns. Wenig später stieß der BotanischeGarten und das Botanische <strong>Museum</strong>Berlin-Dahlem als sechstes Mitglied dazu.Mit einem Umfang von nun über 80 MillionenSammlungsobjekten, etwa 320 Wissenschaftlernsowie zahlreichen Laboren undBibliotheken stellt der Ring die größte Forschungsinfrastrukturfür Biodiversitäts- undEvolutionsforschung in Deutschland dar.Der Name des neuen Verbunds wurde zu Ehrendes großen deutschen Naturforschers Alexandervon Humboldt (1769–1859) gewählt.Seine auf intensiver und gut durchdachterGelände- und Sammlungsarbeit beruhendeganzheitliche Erforschung und Vermittlungder Natur macht ihn zum Vorbild.Das Ziel des Humboldt-Rings ist in ersterLinie die Förderung und der Ausbau innovativer,integrativer Forschung samt derdazu notwendigen Infrastruktur. Schwerpunktthemensind Biodiversität, Evolutionund die „System-Erde-Forschung“, die denWechselwirkungen zwischen unbelebter undbelebter Natur gilt.Das Konsortium wird sich auch beim Erwerbvon herausragenden naturkundlichen Sammlungenund Einzelobjekten abstimmen, umsicherzustellen, dass sie der Forschung langfristigzugänglich bleiben.Der Humboldt-Ring strebt, bei gleichzeitigerBewahrung der föderalen Eigenständigkeitender verbundenen Institutionen, eine gemeinsameVertretung in nationalen und internationalenAngelegenheiten an.ESix internationally significant research museumsEDIT published the ‘Manual on field recordingin Germany joined forces in a fede-techniques and protocols for All Taxa Biodi-ral consortium, the „Humboldt-Ring“. Withversity Inventories and Monitoring (ATBI+M)‘ Es wird erwartet, dass das Handbuch großenmore than 80 million objects, 320 scientistsas a special volume of ‘ABC Taxa‘. Its free Anklang unter Feldbiologen sowohl in gemäßigtenand numerous facilities, this new networkelectronic version is a valuable resource andRegionen als auch in den Tropenrepresents Germany‘s largest infrastructureanticipated to be particularly popular with und Subtropen finden wird.for innovative and integrated researchyoung biologists worldwide.of biodiversity, evolution and the Earth as42a biosystem.43EDITEDIT (European Distributed Institute ofTaxonomy) ist ein Konsortium aus 29 EuropäischenInstituten und Partnern in denUSA und Russland, die alle wissenschaftlichin der Taxonomie tätig sind – der Wissenschaftvon der Beschreibung, Benennungund Bestimmung derArten und der Erforschungihrer evolutionären Verwandtschaftsbeziehungen.Dieses Exzellenznetzwerkwird von der EuropäischenKommission für insgesamtfünf Jahre bis Februar 2011gefördert.Zu den Zielen von EDIT gehörtauch die Erfassung dergesamten Artenvielfalt ineinigen ausgesuchten Gebieten.Von <strong>Stuttgart</strong> auswird die Arbeit im französischen AlpennationalparkMercantour koordiniert Jahresbericht2009, S. 40.Ob, welche und wie viele Tierarten erfasstwerden können, hängt nicht zuletzt an derSammelmethode. Für viele Tiergruppen gibtes aber keine verlässlichen Standards. Dieseoffensichtliche Lücke schließt das Teamvon EDIT nun mit einem Handbuch überFeldtechniken und Methoden.EBei einem Workshop im kanarischen botanischenGarten „Viera y Clavijo“ warensich die 35 Teilnehmer schnell einig, dassdie Feldforscher vor allem von praktischenAspekten und vielen in teils jahrzehntelangerErfahrung gesammelten Tipps undTricks profitieren.Das Handbuch wird unter demTitel „Manual on field recordingtechniques and protocolsfor All Taxa BiodiversityInventories and Monitoring(ATBI+M)“ im April 2010 vonder Zeitschrift „Abc Taxa“ publiziertund auch an interessierteForschungsinstitute inEntwicklungsländern verteiltwerden. Eine digitale Versionwird frei verfügbar sein.70 Autoren geben ihre Erfahrung in fünf Abschnittenweiter:1. Allgemeines (EDIT und das ATBI+M Konzept,Planung und Implementierung großangelegter Sammelvorhaben)2. Standardisierte Datenaufnahme3. Besondere Techniken (Bioakustik, Camera-trapping,Aufbewahrung für spätereDNA-Analyse)4. Habitatspezifische Methoden (Sammelnauf Baumkronen, im Boden, in Süßgewässern,im marinen Bereich)5. Taxonspezifische Methoden (Pilze, Moose,höhere Pflanzen, Insekten, Säugetiere, Reptilien,Vögel, Fische)