Entstehung und Bedeutung des Harmel ... - Institut für Zeitgeschichte
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<strong>Entstehung</strong> <strong>und</strong> <strong>Bedeutung</strong> <strong>des</strong> <strong>Harmel</strong>-Berichtes der NATO von 1967 171<br />
Partner ein. Sie fand sich in der mißlichen Lage, daß sie aufgr<strong>und</strong> der Politik Moskaus<br />
weiterhin allen Anlaß hatte, der Sowjetunion zu mißtrauen, zugleich aber auch nicht<br />
mehr darauf vertrauen konnte, daß ihre Verbündeten ihre Position in der deutschen<br />
Frage bedingungslos unterstützen würden. Mit der „Friedensnote" vom März 1966<br />
unternahm Bonn daher den Versuch, seine Entspannungsbereitschaft zu dokumentieren<br />
<strong>und</strong> zugleich an den hergebrachten Positionen in der Deutschland-Politik festzuhalten<br />
6 . Im Dezember 1966 gelang es Bonn noch einmal, die Verabschiedung einer<br />
Deutschland-Erklärung der Vier Mächte zu erreichen. Anstatt jedoch den Anspruch<br />
der B<strong>und</strong>esregierung zu bekräftigen, sie handele als allein legitimierte Sprecherin<br />
Deutschlands, hieß es in der Erklärung lediglich, eine Lösung der deutschen Frage auf<br />
der Gr<strong>und</strong>lage <strong>des</strong> Selbstbestimmungsrechts <strong>und</strong> in einem Klima der Entspannung sei<br />
eine Voraussetzung <strong>für</strong> eine Verbesserung der Beziehungen zwischen Ost <strong>und</strong> West.<br />
Außerdem wurden die von der B<strong>und</strong>esrepublik eingeleiteten menschlichen Erleichterungen<br />
<strong>und</strong> Schritte zur Ost-West-Entspannung hervorgehoben 7 .<br />
Gleichzeitig stagnierte die Westeuropäische Integration. 1963 war der Beitritt Großbritanniens<br />
zur EWG am Veto de Gaulles gescheitert. Auch die Verhandlungen über<br />
den „Fouchet-Plan" zur Errichtung einer Politischen Union kamen nicht voran;<br />
Frankreich weigerte sich, im Rat Mehrheitsbeschlüsse - wie in den Römischen Verträgen<br />
vorgesehen - zu akzeptieren, <strong>und</strong> praktizierte statt <strong>des</strong>sen eine Politik <strong>des</strong> „leeren<br />
Stuhls". 1966 wurde zwar ein Kompromiß gef<strong>und</strong>en, durch den aber die supranationalen<br />
Elemente der Gemeinschaft zugunsten der Rechte der nationalen Regierungen geschwächt<br />
wurden.<br />
Zu weiteren Belastungen im Bündnis führten der Streit über die gültige NATO-<br />
Strategie. Seit der Rede McNamaras auf der Frühjahrssitzung <strong>des</strong> NATO-Rates im<br />
Mai 1962 in Athen drängten die Vereinigten Staaten auf Änderungen im strategischen<br />
Konzept der Allianz. Sie wollten die damals noch gültige Strategie der „Massiven Vergeltung"<br />
(MC 14/2) durch eine solche der „Flexiblen Erwiderung" ersetzen, nachdem<br />
erstere unter den Bedingungen <strong>des</strong> „nuklearen Patt" an Glaubwürdigkeit verloren<br />
hatte. Außerdem forderten die USA von den Verbündeten größere konventionelle Anstrengungen<br />
8 .<br />
Ein erster Versuch, ein neues strategisches Konzept zu entwickeln <strong>und</strong> darauf bezogene<br />
Streitkräfteziele aufzustellen, war von der französischen Regierung im November<br />
6 Vgl. Zirkularnote der B<strong>und</strong>esregierung zur Friedenspolitik vom 25. März 1966, in: Europa-Archiv,<br />
Folge 7/1966, S.D 171-175. Zu ihrer <strong>Entstehung</strong> <strong>und</strong> Wirkung vgl. Helga Haftendorn, Die Politik<br />
<strong>des</strong> Gewaltverzichts, in: Sicherheit <strong>und</strong> Entspannung. Zur Außenpolitik der B<strong>und</strong>esrepublik<br />
Deutschland 1955-1982, Baden-Baden 2 1986, S. 269-294.<br />
7 Vgl. Kommunique über die Tagung <strong>des</strong> NATO-Ministerrates am 15. <strong>und</strong> 16. Dezember 1966 <strong>und</strong> die<br />
von den Ministern verabschiedete Erklärung über Deutschland, in: NATO Final Communiqués,<br />
1949-1974, Brüssel 1975, S. 177-182; ferner L(othar) R(ühl), Das Kommunique verdeckt Differenzen,<br />
in: Die Welt, 20. Dezember 1966.<br />
8 Vgl. Secretary Robert S. McNamara, Speech to NATO Council, Athens, 5 May 1962, in: U. S. Nuclear<br />
Strategy. A Reader, hrsg. v. Philip Bobbitt, Lawrence Freedman, Gregory F. Treverton, London<br />
1989, S. 205-222.