Entstehung und Bedeutung des Harmel ... - Institut für Zeitgeschichte
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<strong>Entstehung</strong> <strong>und</strong> <strong>Bedeutung</strong> <strong>des</strong> <strong>Harmel</strong>-Berichtes der NATO von 1967 217<br />
wiesen war. Die Vereinigten Staaten hatten dagegen unter Effektivitätsgesichtspunkten<br />
vorgeschlagen, diese Gespräche im DPC unter den 14 weiterzuführen. Angesichts der<br />
Zwänge <strong>des</strong> Vietnam-Krieges <strong>und</strong> <strong>des</strong> Druckes im Kongreß, die in Europa stationierten<br />
Truppen zu reduzieren, wünschten sie die baldige Aufnahme von Verhandlungen<br />
mit der Sowjetunion über beiderseitige Reduzierungen 92 .<br />
Der dornigste Punkt war die Frage, wie mit der Empfehlung <strong>des</strong> <strong>Harmel</strong>-Berichtes<br />
verfahren werden sollte, „politische Maßnahmen zu prüfen, die darauf gerichtet sind,<br />
eine gerechte <strong>und</strong> dauerhafte Ordnung in Europa zu erreichen, die Teilung Deutschlands<br />
zu überwinden <strong>und</strong> die europäische Sicherheit zu fördern" (Ziff. 12). Die B<strong>und</strong>esregierung<br />
verwies in diesem Zusammenhang auf die in Ziff. 11 <strong>des</strong> <strong>Harmel</strong>-Berichtes<br />
explizit anerkannte besondere Verantwortlichkeit der Drei Mächte <strong>und</strong> der<br />
B<strong>und</strong>esrepublik. Sie forderte, daß bei der Behandlung der mit einer europäischen Friedensordnung<br />
zusammenhängenden Fragen vorherige Konsultationen unter den Vier<br />
stattfinden müßten, sobald die Deutschland-Frage berührt würde. Im übrigen war sie<br />
angesichts <strong>des</strong> geringen Maßes an im Bündnis verbliebener Übereinstimmung bemüht,<br />
die Erörterungen über die deutsche Frage möglichst an das Ende der Beratungsagenda<br />
zu schieben. Vor allem die Niederlande drängten jedoch nicht nur auf eine Diskussion,<br />
sondern auch auf die Entwicklung von neuen Ansätzen, die auch die deutsche Haltung<br />
zu „Staaten <strong>und</strong> NichtStaaten" einschließen müßten. Aus Bonner Sicht sollte jedoch<br />
nicht über spezifische Deutschland-Probleme diskutiert, sondern diese in die Frage<br />
einer Europäischen Friedensordnung eingebettet werden.<br />
Im Zusammenhang mit der Implementierung <strong>des</strong> <strong>Harmel</strong>-Berichtes beschäftigte den<br />
Politischen Ausschuß auch die Frage, wie die Konsultationen mit den östlichen Staaten<br />
fortgeführt werden sollten, insbesondere welches Maß an Abstimmung innerhalb <strong>des</strong><br />
Bündnisses erfolgen müßte, wenn die Interessen eines anderen Partners oder der Allianz<br />
als ganzer berührt wurden. Die Vertreter der „Gruppe der Zehn" (Belgien, die<br />
Niederlande, Dänemark <strong>und</strong> Norwegen, drei östliche Staaten <strong>und</strong> vier neutrale Staaten),<br />
die untereinander einen intensiven Ost-West-Meinungsaustausch pflegten, hielten<br />
bündnisinterne Konsultationen zur Vorbereitung ihrer Gespräche mit Ostblockstaaten<br />
nicht <strong>für</strong> angemessen. Sie erklärten sich lediglich bereit, den Rat rechtzeitig<br />
über ihre Gespräche zu informieren <strong>und</strong> <strong>des</strong>sen Meinung anzuhören. Aus ihrer Sicht<br />
war eine Weiterentwicklung der Entspannung <strong>und</strong> eine Auflockerung <strong>des</strong> Ostblocks<br />
durch bilaterale Kontakte notwendig, die durch Konsultationen im Bündnis nicht beeinträchtigt<br />
werden sollten. Dem widersetzten sich jedoch die größeren Partnerstaaten,<br />
die zwar die Nützlichkeit bilateraler Kontakte zugaben, jedoch ausreichende vorherige<br />
Konsultationen in allen Fragen forderten, die <strong>für</strong> die Allianz <strong>und</strong> <strong>für</strong> einzelne<br />
Partnerstaaten wichtig waren. Die B<strong>und</strong>esregierung berief sich in dieser Diskussion<br />
auf die Ziff. 7 <strong>und</strong> 12 <strong>des</strong> <strong>Harmel</strong>-Berichtes, <strong>des</strong>sen Zweck nicht erfüllt werde, wenn<br />
künftig jeder Staat auf eigene Faust vorginge.<br />
Am 22. April nahm der Politische Ausschuß seine Beratungen über ausgewogene<br />
92 Vgl. Phil Williams, The Senate and U. S. Troops in Europe, London/Basingstoke 1985, S. 139 ff.