gute besserung 2012/1
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14 Brustkrebs<br />
Kein Grund<br />
zur Panik<br />
Brustkrebs in der Schwangerschaft<br />
– wenn sich zur Vorfreude auf den<br />
Nachwuchs Fragen nach Chemotherapie<br />
und Operation stellen, ist<br />
die Belastung besonders groß. „Doch<br />
Brustkrebs ist kein Notfall“, beruhigt<br />
Prof. Dr. Gerhard Gebauer.<br />
von REbEcca bERnSTEin<br />
Lange galt brustkrebs in der<br />
Schwangerschaft als besonders<br />
kompliziert. in der Folge wurde<br />
schnell, meist zu schnell, mit der Therapie<br />
begonnen. Doch mittlerweile steht<br />
fest, dass die Prognose für die betroffenen<br />
gut ist – auch wenn die behandlung<br />
erst verzögert einsetzt. Prof. Dr.<br />
Gerhard Gebauer, chefarzt der Frauenklinik<br />
am Kath. Marienkrankenhaus legt<br />
großen Wert darauf, das vermeintlich<br />
lebensbedrohliche Dilemma zu entkräften.<br />
„Es gibt keine Erkenntnisse darüber,<br />
dass die Schwangerschaft Entstehung<br />
oder Wachstum der Tumoren<br />
fördert. brustkrebs wächst langsam, er<br />
entsteht nicht von heute auf morgen.“<br />
Frauen sollten daher bei der Entscheidung<br />
über art und Zeitpunkt der behandlung<br />
nichts überstürzen.<br />
Erst das Kind, dann ich, lautet häufig<br />
die Devise der Frauen. aus medizinischer<br />
Sicht muss aber ein Weg für<br />
die behandlung gefunden werden, der<br />
die Gesundheit von Mutter und ungeborenem<br />
Kind berücksichtigt. „Es spricht<br />
nichts gegen eine operative behand-<br />
lung in der Schwangerschaft“, erklärt<br />
Prof. Dr. Gebauer. „auch eine medikamentöse<br />
Therapie, beispielsweise<br />
chemotherapie, ist prinzipiell möglich.<br />
Der Mutterkuchen schützt den Fötus<br />
„Eine besondere Situation“<br />
Ein Interview mit Prof. Dr. Gerhard Gebauer,<br />
Chefarzt der Frauenklinik mit den Schwerpunkten<br />
Gynäkologie, Gynäkologische Onkologie und<br />
Mammachirurgie und Leiter des Zertifizierten<br />
Brustzentrums am Marienkrankenhaus.<br />
Gibt es besondere Anforderungen<br />
an Brustkrebsbehandlungen in der<br />
Schwangerschaft?<br />
Wir sprechen hier über eine für alle Beteiligten<br />
besondere Situation, weil die<br />
Behandlungsmöglichkeiten begrenzt<br />
sind. Außerdem wird der Tumor oft<br />
später diagnostiziert als außerhalb<br />
einer Schwangerschaft. Eine umfassende<br />
Diagnostik und ein interdisziplinäres<br />
Behandlungskonzept, das alle<br />
Therapieoptionen beinhaltet, sind deshalb<br />
von entscheidender Bedeutung.<br />
Dürfen Brustkrebspatientinnen stillen?<br />
Wenn sie noch therapiert werden,<br />
vor den schädlichen Substanzen. Ein<br />
Restrisiko bleibt aber.“<br />
Die Frage nach der bestmöglichen Therapie<br />
steht deshalb im engen Zusammenhang<br />
mit dem Schwangerschafts-<br />
müssen Mütter auf das Stillen verzichten,<br />
weil die Muttermilch belastet ist.<br />
Umgekehrt reduziert Stillen aber das<br />
Brustkrebsrisiko!<br />
Sollten Frauen nach einer Brustkrebsbehandlung<br />
auf eine Schwangerschaft<br />
verzichten?<br />
Bis vor kurzem haben Ärzte ihren<br />
Patientinnen geraten, nach einer<br />
Brustkrebsbehandlung auf Kinder zu<br />
verzichten. Seit wir wissen, dass die<br />
hormonellen Veränderungen im Zuge<br />
einer Schwangerschaft keine Auswirkungen<br />
auf den Krebs haben, ist diese<br />
Empfehlung vom Tisch.<br />
Zertifizierte Brust-<br />
zentren finden Sie<br />
unter anderem hier:<br />
• Agaplesion Diakonie-<br />
klinikum Hamburg<br />
• Helios Mariahilf Klinik<br />
Hamburg<br />
• Krankenhaus Jerusalem<br />
• Kath. Marienkrankenhaus<br />
alter zum Zeitpunkt der Diagnose. in<br />
den ersten drei Schwangerschaftsmonaten<br />
ist eine medikamentöse<br />
Therapie nicht möglich, weil die organe<br />
des Kindes noch ausgebildet<br />
werden. Wird der Tumor in den letzten<br />
Monaten der Schwangerschaft<br />
entdeckt, kann entweder die Geburt<br />
abgewartet und anschließend mit einer<br />
behandlung begonnen werden,<br />
oder ein Teil der behandlung bereits<br />
in der Schwangerschaft erfolgen.<br />
Grundsätzlich sind bestrahlung,<br />
Hormon- oder antikörper-Therapie<br />
schon wenige Wochen nach der<br />
Entbindung möglich.<br />
Individuell behandeln<br />
allerdings wird brustkrebs bei<br />
Schwangeren meist etwas später<br />
entdeckt. Tastbefunde sind schwieriger<br />
zu erheben, die Tumore daher<br />
zum Zeitpunkt der Diagnose<br />
oft bereits größer. Zudem zählen<br />
schwangere Frauen zu den jungen<br />
brustkrebspatientinnen, deren Tumor<br />
häufig aggressiver wächst.<br />
Drängt die Zeit, kommt auch eine<br />
frühzeitige Entbindung nach der<br />
34. Schwangerschaftswoche in betracht.<br />
„Dadurch können wir zeitnah<br />
mit der Therapie beginnen, ohne Leben<br />
und Gesundheit des Kindes zu<br />
gefährden“, sagt Prof. Dr. Gerhard<br />
Gebauer. Mit den Therapieoptionen,<br />
die damit zur verfügung stehen, hat<br />
die Diagnose brustkrebs viel von<br />
ihrem ursprünglichen Schrecken<br />
verloren. Für arzt und Patientin. •<br />
„Ich träumte von<br />
weißen Pferden“<br />
Aus dem Leben 15<br />
brustkrebs – ein Schock für jede Frau. Plötzlich scheint nichts<br />
mehr, wie es einmal war. Dass es gerade jetzt hilft, an Träumen<br />
festzuhalten, zeigt die Geschichte von Gunda M.<br />
ch stand völlig im nebel“, erinnert sie<br />
Isich an den Moment der Diagnose.<br />
„Mit brustkrebs habe ich nie gerechnet.“<br />
Dann ging alles ganz schnell: Die Gynäkologin<br />
riet zur oP in einem brustzentrum,<br />
wo Ärzte verschiedener Fachrichtungen<br />
zusammenarbeiten und die bestmögliche<br />
Therapie gewährleisten.<br />
Gunda M. entschied sich für das brustzentrum<br />
Hamburg-Süd in der Helios<br />
Mariahilf Klinik. Zur Leitenden oberärztin,<br />
angela bernhardt, fasste sie schnell<br />
vertrauen. „in dieser Situation ist es<br />
wichtig, Menschen um sich herum zu<br />
haben, die wissen, wie sie einem Ängste<br />
nehmen und Mut machen“, so die<br />
Patientin. Die Therapie ging ihren Gang.<br />
oP, chemotherapie, bestrahlung und die<br />
anschlussheilbehandlung auf Sylt – das<br />
Leben kreiste um die Krankheit. Trotzdem<br />
musste es normal weitergehen,<br />
„Andalusien weckte<br />
in mir ein ganz neues<br />
Lebensgefühl.“<br />
das stand für Gunda M. von anfang<br />
an fest. Sie ging unter Leute, war viel<br />
unterwegs, genoss ihre Spaziergänge<br />
– erst an der alster, später am Strand<br />
von Westerland. „nur mit den fehlenden<br />
Haaren konnte ich mich nie anfreunden“,<br />
blickt sie zurück. „ohne Perücke<br />
bin ich nicht rausgegangen.“ Doch der<br />
Wunsch, den Kopf nicht mehr zu verstecken,<br />
wuchs. Sie wollte frei sein und lernen,<br />
sich ohne Perücke zu zeigen – am<br />
liebsten irgendwo, wo sie keiner kannte.<br />
Gunda M. und Nueblo: auf einem <strong>gute</strong>n Weg.<br />
15 Monate nach der Diagnose saß sie<br />
mit ihrem Mann im Flieger nach andalusien.<br />
„Die Sonne, das baden im atlantik,<br />
die Wildtiere – ein ganz neues Lebensgefühl“,<br />
schwärmt Gunda M. beste be-<br />
dingungen, um sich einen Traum zu erfüllen:<br />
Schon immer wollte sie reiten,<br />
doch irgendwie hatte ihr der Mut gefehlt.<br />
Und genau jetzt war es an der Zeit, den<br />
Traum zu leben. Der Wille war auf einmal<br />
stärker als die angst, sie wagte sich für<br />
einen ausritt auf das große weiße Pferd.<br />
ob der neue Mut mit ihrer Krankheit zu<br />
tun habe? „Schon – ich wollte mir selbst<br />
beweisen, dass ich stark bin und immer<br />
noch etwas kann.“ Das tolle Pferd, das<br />
Freiheitsgefühl – auch einige Monate später<br />
zehrt Gunda M. von diesem Erlebnis.<br />
„Wer weiß, vielleicht nehme ich im Sommer<br />
mal ein paar Reitstunden“, sagt sie<br />
optimistisch. „Und übrigens: die Perücke<br />
hat seit der Reise ausgedient.“ se