Die Frau mit der Friedenspfeife Naomi Pfenningers Indianer-Festivals Dorothee Vögeli Wer in der Schweiz die indianische Kultur hautnah erleben möchte, kann dies tun. An sogenannten Indianer-Fe- Naomi Pfenninger Foto: Walter Maissen 58 stivals. Organisiert werden solche Festivals von Naomi Pfenninger. Was möchte die Amerikanerin mit indiani- schen Wurzeln mit dieser Form der Kulturvermittlung erreichen? Dorothee Vögeli hat die Schweizer ‹Squaw› be- sucht ❙ ‹Native American›: Naomi Pfenninger gehört zur Bevölkerungsgruppe der ‹Native Americans›. Für die zierliche Frau mit dem langen Haar und den schmalen, dunklen Augen hat der entsprechende Ausweis vor allem eine symbolische Bedeutung: Im Vergleich zu ihren im Reservat der Onondaga lebenden Stammesgenossen war Naomi Pfenninger schon immer privilegiert. Aufgewachsen ist sie im weissen Amerika, als Tochter eines Indianers und einer eingewanderten Irin. Sie heiratete dort einen Schweizer, der als Austauschstudent in ihrem Elternhaus wohnte, und folgte diesem ins Limmattal. Hier zog sie zwei Töchter gross, daneben arbeitete sie als Sekretärin in amerikanischen Grossfirmen. Doch je älter Naomi Pfenninger wird, um so stärker beschäftigen sie ihre indianischen Wurzeln. Vor zehn Jahren hat sie mit ihrem Lebenspartner begonnen, in der Schweiz Indianer-Festivals zu organisieren. Ziel ist es, der Bevölkerung die indianische Kultur näher zu bringen. «Wir wollen zeigen, dass es diese Kultur noch gibt und gleichzeitig die Winnetou-Mystifizierungen relativieren», sagt sie. Das Konstrukt ‹Indianer› ist ein moderner Mythos. Es waren die Eroberer und Siedler, aber auch die frühen Touristen und Fotografen wie Edward S. Curtis (1868 – 1952), die mit ihrem nostalgischen Blick auf die untergehende Kultur der nordamerikanischen Ureinwohner dieses Konstrukt genährt haben. Nach wie vor gelten Federschmuck und Tipi als <strong>Pro</strong>totypen der indianischen Kultur. Dabei wurde und wird immer noch übersehen, dass die Indianer in verschiedene Volksgruppen mit sehr unterschiedlichen Sprachen und Bräuchen aufgesplittert sind. Einen Einblick in diese Vielfalt möchte Naomi Pfenninger der Schweizer Bevölkerung geben. Denn: «Die originäre indianische Kultur lebt in den Reservaten weiter.» Dort beobachtet sie, wie die Bewohner – auch dank der vom Staat geförderten Autonomie – wieder Stolz auf ihre verschüttete, von den Europäern vereinnahmte Vergangenheit entwickeln und ihren eigenen Zugang zu ihren kulturellen Wurzeln zu finden versuchen. Indianische Tänze, indianische Musik und natürlich das indianische Kunsthandwerk werden nicht zuletzt auch aus ökonomischen Gründen wieder gepflegt. Dass dabei manche Klischees weitergetragen werden, ist ihr bewusst. Doch auch das sei Teil der lebendigen indianischen Kultur. Erdverbundenheit: Ihr wichtigster Besitz ist eine kleine Dose, gefüllt mit Erde aus der Heimat. Als die damals 20jährige ihr Dorf und ihre Familie verliess, gab ihr der Vater dieses symbolische Geschenk in die Fremde mit. Die Erdverbundenheit ihres Vaters, die gleichzeitig Ausdruck des indianischen Lebensgefühls sei, präge auch sie, sagt die Amerikanerin, die ein hervorragendes Schweizerdeutsch mit amerikanischem Akzent spricht. Ihr Vater – Buchhalter von Beruf – hat seine leiblichen Eltern nie kennengelernt. Im Zuge der damals üblichen Assimilation der Indianer wurde er als Säugling von Weissen adoptiert. Die Frage nach seinen wahren Wurzeln sei nie ein Thema gewesen, erinnert sich Naomi Pfenninger. Auch sie hat ihre Abstammung nie sonderlich beschäftigt, wollte sie doch als Jugendliche möglichst so sein wie alle anderen. Schon als Kind haben sie jedoch die indianischen Volksfeste (Powwow) im Reservat des Onondaga-Stamms fasziniert, das in der Nähe ihres Heimatdorfs im US-Bundesstaat New York liegt und das sie mit ihrer Familie regelmässig besucht hat. Der prachtvolle Federschmuck, die leuchtenden Farben der Kleidung, der Rhythmus der Trommeln und das oft tagelang dauernde Geschichtenerzählen gehören zu ihren eindrücklichsten Kindheitserinnerungen. Heute möchte sie mehr über die indianischen Traditionen wissen. Weil dieses Wissen nicht über schriftliche Quellen, sondern in Form von erzählten Geschichten, Bräuchen und Zeremonien weitergegeben wurde, lässt es sich laut Naomi Pfenninger intellektuell nicht erschliessen. Gerade deshalb sei die indianische Kultur zweifellos anfällig für Esoterik. Gleichzeitig fasziniert die Halbindianerin die Möglichkeit des individuellen Zugangs. Die sinnlich-archaische Symbolik der indianischen Kultur kann sie problemlos mit dem christlichen Glauben verknüpfen. Sie ist deshalb ein aktives Mitglied der christlich-amerikanischen Kirche geblieben. «Ob ich nun Gott oder Grosser Geist sage, ist nicht so wichtig. Doch soll man dankbar sein für das, was man hat.» Im Reservat: Ihre Informationen über die indianischen Ausdrucksformen holt die Wahlschweizerin direkt vor Ort, bei ihren Freunden in den Reservaten, die sie regelmässig besucht. «Mich schrecken die Armut und das soziale Elend nicht ab – im Gegen-
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